Schloss Tegel von KaethchenvHeilbronn ================================================================================ Kapitel 34: XXXIV ----------------- Soviel wie Alexander an diesem und den letzten Tagen geweint hatte, so viele Tränen hatte er in seiner gesamten Kindheit nicht vergossen. Seine Mutter hätte ihm da sicher widersprochen, aber – ach!, sie war es doch, die er beweinte! Ihr Grab war es doch, das er nicht verlassen wollte, ihre sterblichen Überreste, in diesem Sarg, in diesem kalten Gemäuer, die er nicht alleine lassen wollte… Caroline schlang einen Arm um seine Hüfte, und er ließ sich doch tatsächlich schluchzend an sie sinken, so hilflos fühlte er sich, so alleingelassen. Heinrich hatte in den vergangenen drei Tagen nicht auf seinen Brief geantwortet; gestern Abend hatte er noch einmal an ihn geschrieben – er brauchte ihn jetzt! So dringend brauchte er ihn, jemanden, der ihn verstand, der ihn liebte, der sich ihm annehmen würde… „Komm.“, sagte Caroline leise, und er ließ sich von ihr aus der Familiengruft führen. Gemeinsam gingen sie den Trauernden hinterher, alle in Schwarz – es stand seiner Schwägerin und auch seiner Mutter hatte es gestanden, ihm selbst, wie er behaupten darf, jedoch nicht; er hasste es. Genauso wie er Ferdinand hasste. Diese Ausgeburt der Hölle war heute natürlich zur Beerdigung erschienen, mit neuer Kutsche, persönlichem Chauffeur und Koffern, die darauf hindeuteten, dass er vorhatte, mindestens bis zur Testamentsverkündigung zu bleiben. Ein Schmarotzer! Alexander hätte ihn schlagen können, würgen, zerreißen…! „Ruhig.“, kam es von Caroline. So viel Einfühlungsvermögen hätte er ihr gar nicht zugetraut. Alexander hasste das Wort »Leichenschmaus«. Es klang zu fröhlich für das Essen nach einer Beerdigung. Jedenfalls für die Beerdigung seiner Mutter. Er kam sich wie ein kleines Kind vor, musste sich beherrschen, nicht weiter zu weinen. Dass er nichts aß würde man ihm verzeihen können, aber er sollte wirklich aufhören zu weinen. Wilhelm hingegen hatte heute noch keine einzige Träne vergossen. Er war unglaublich gefasst gewesen, hatte die Beileidsbekundungen mit einem höflichen Nicken angenommen, dem Pfarrer gedankt, das Essen zusammen mit Rousseau organisiert… Alexander bewunderte ihn. Ferdinand hingegen benahm sich unaussprechlich. Er schlemmte wie ein mittelalterlicher König, zu dessen Ehren man gerade eine Sau geschlachtet hatte, stürzte den guten Wein wie Wasser hinunter, und musste für all das keinen Taler bezahlen. Was dieser Mann sich erlaubte, erlaubt hatte – schon deswegen hätte ihn seine Mutter enterben sollen, verstoßen! Aber sie war eben eine Person gewesen, die niemals den Konflikt gesucht, die es beherrscht hatte, wie niemand sonst, um des Anstandes Willen gute Miene zum bösen Spiel zu machen. Und nun folgte ihr Wilhelm in dieser Kunst, ließ die verwunderten Blicke der Gäste, die anscheinend Anstoß am Betragen seines Halbbruders gefunden hatten – was ihnen wahrlich nicht zu verübeln war – wie Öl an sich abperlen. Alexander bewunderte ihn. Die Gäste blieben bis kurz nach Drei und verabschiedeten sich in stets großer Trauer. Diejenigen, die auch auf der Gartenfeier zugegen gewesen waren, hatte der Tod der Baronesse wohl noch am ehesten ernsthaft zugesetzt, denn einen Menschen einen Tag vor seinem Ableben noch so munter erlebt zu haben und sein Gast gewesen zu sein, berührte einen doch schon. Wer schließlich noch immer an der Tafel saß und sein letztes Glas Wein genoss, war Ferdinand. Alexander wäre ja schon längst aufgestanden und auf sein Zimmer verschwunden, doch wollte er es Wilhelm und seiner Schwägerin nicht zumuten, das Ungeziefer alleine vors Schlosstor befördern zu müssen. „Ferdinand, wir würden dann gerne ein wenig für uns sein.“, fing Caroline an, in einem viel zu netten Ton, als dass ihre Bitte Wirkung zeigen würde. „Aber, aber“, entgegnete der Angesprochene mit einem genüsslichen Grinsen, „Wir sind doch für uns.“ Alexander schnaubte. Ferdinand lehnte sich in seinem Stuhl zurück und blickte ihn abschätzig an. „Mich wundert’s, dass ihr den Päderasten noch hierbehaltet.“ „Noch eine solche Bemerkung und du gehst!“, fuhr Wilhelm dazwischen, bevor Alexander antworten konnte. „Jaja, ist ja gut.“, beteuerte Ferdinand, „Immer mit der Ruhe. Ich verschwinde ja gleich nach oben, meine Koffer auspacken, nur dachte ich mir, es interessiert euch noch, dass die Madame von Pannwitz ihre Anteilname schickt.“ „Wie?“, „Wem?“, kam es von Alexander und Wilhelm gleichzeitig. „Mir.“, antwortete Ferdinand mit einem Grinsen und erhob sich, „Per Post. Und sie entschuldigt sich tausendmal für ihre Drohung mit der Presse, das habe sie nur gemacht, da ihr doch so viel am Wohl ihres Neffen liegt.“ Alexander schnaubte verächtlich. „Ach, ja.“, begann Ferdinand und wandte sich ihm noch einmal zu, „Und sie lässt dir ausrichten, Bruderherz, dass du es bitte unterlassen sollst, ihm zu schreiben, es kommt ja doch kein Brief bei ihm an.“ Sämtliches Porzellan klirrte, als Alexander auf den Tisch schlug. „Diese verdammte…!“ Wilhelm legte ihm eine Hand in den Nacken, was ihn ein wenig zähmte. Ferdinand griff höchstzufrieden nach seinem edlen Stock, den er an den Tisch gelehnt hatte, und ließ ihn neben sich durch die Luft kreisen. „Ich freue mich schon auf die Testamentseröffnung.“, flötete er, während er guter Dinge aus dem Raum stolzierte. Alexander hatte schon Angst vor sich gehabt, angesichts dieses tief empfundenen Hasses, doch als er sah, dass sogar Caroline ihre Hände zu Fäusten geballt hatte, fühlte er sich nur in seinem Gefühl bestätigt. Robert hatte fest daran geglaubt, dass die Beisetzung der Baronesse den jungen Baron von seiner schrecklichen Trauer und Niedergeschlagenheit heilen würde. Begräbnisse hatten seiner Erfahrung nach stets eine reinigende Wirkung. Die Tränen, die man vergoss, schwemmten die Trauer und den Gram hinaus, und nun konnten die aufgerissenen Wunden nach dieser Reinigung wieder heilen. Doch bei seinem Herrn hatte der heutige Tag anscheinend nicht das gewünschte Ergebnis erzielt. Ganze zehn Minuten saß Alexander an seinem Schreibtisch – er hatte sich von Robert einige Geschmacksproben bringen lassen – dann fing sein Körper wieder an, unter Tränen zu beben. „Nicht doch…“, sagte der Kammerdiener sanft und lief sofort zu ihm hinüber, um ihm beruhigend über den Rücken zu fahren, „Alexander.“ Alexander vergrub schluchzend seinen Kopf in seinen Armen. „Sie hat meine Briefe an Heinrich vernichtet!“ Roberts Augen weiteten sich. „Die…die Madame?“, fragte er. „Ja!“, kam es vom Baron, „Ich kann ihm nicht mehr schreiben! Entführen muss ich ihn – aber wohin?!“ Verzweifelt sah er zu seinem Diener auf. „Ich habe doch nichts! Wenn Mama mir nicht das Gut vermacht hat, dann habe ich nichts!“ Robert wusste nicht, was er darauf antworten sollte. Deshalb beugte er sich nur zu seinem Herrn herab und schloss ihn fest in die Arme. Sofort krallte sich Alexander haltsuchend in seinem schwarzen Frack fest. In der Nacht hielt er es nicht in seinem Bett aus. Er zog sich seine Hose und ein Hemd über und auf leisen Sohlen schlich er hinüber in den Ostflügel, wo das Schlaf- und nun Sterbezimmer seiner Mutter lag. Dorthin ging er, setzte sich auf das kalte, leere Bett, und weinte. Weinte. Er schrak zusammen, als sich irgendwann die Tür öffnete. „Wil- “ Seine Stimme verweigerte ihren Dienst. „Oh, entschuldige.“, kam es von Wilhelm, der noch in der Tür stand. Alexander wischte sich mit dem Handrücken die Tränen aus den Augen. „Schon gut.“, murmelte er. Zögerlich betrat sein Bruder also doch das Zimmer und nahm neben ihm auf dem Bett Platz. Beide saßen sie stumm nebeneinander und blickten an die bilderlose Wand. Dem jüngeren Baron gelang es nicht, die Tränen zu unterdrücken, und nicht lange dauerte es, bis sein Körper wieder bebte. „Wie schaffst du das nur, Wilhelm?“, flüsterte er verzweifelt, „Schon den ganzen Tag bist du so gefasst und…hast alles organisiert und…“ Alexander hielt inne, als er meinte zu hören, wie der andere die Nase hochzog. Als er sich seinem Bruder zuwandte, musste er sehen, wie diesem die Tränen über die Wangen liefen. „Einer muss das ganze ja in die Hand nehmen, jetzt wo Mama nicht mehr da ist…“, entgegnete Wilhelm mit einem traurigen Lächeln, „Und Ferdinand wollte ich’s ehrlichgesagt nicht überlassen.“ Alexander wusste nicht, was er tat, aber in diesem Moment musste er seinen Bruder einfach packen, sich ihm an die Brust werfen, mochte er auch noch so laut schluchzen. Wilhelm umfasste seinen bebenden Körper; Alexander spürte, wie sich seine Hände in sein Hemd krallten, wie auch der Ältere von ihnen unter den Tränen zu zittern begann. Weinend lagen sie sich in den Armen, wie es das letzte Mal geschehen, als sie drei und fünf Jahre gewesen waren und ihnen Belcastel davongelaufen war. Am Morgen wachte Alexander in den Armen seines Bruders auf. Durch seine unbeholfenen Bewegungen weckte er den Älteren, der ihn trostvoll anlächelte. „Wir schaffen das schon.“, sagte Wilhelm leise und fuhr Alexander sanft über die Wange. Dieser wusste nicht ganz, was der andere damit genau meinte, aber es klang gut. Er nickte. Wilhelm erhob sich langsam vom Bett ihrer Mutter und hielt ihm eine Hand entgegen, an der er ihn hochzog. In dem Moment sprang die Tür auf und eine hysterische Caroline stürzte herein. „Wilhelm!“, versetzte sie, wobei ihr die Erleichterung ins Gesicht geschrieben war, „Gott, hier bist du!“ Sie fiel ihm um den Hals. „Weiß du, was für einen Schrecken ich bekommen habe, als ich aufwachte, und deine Bettseite war leer?!“ „Entschuldige.“, sagte er und gab ihr einen versöhnlichen Kuss. Alexander musste lächeln. Sie würden es schon schaffen. All seine Hoffnungen zersprangen wie eine Glaskapillare, die auf Marmorboden aufschlägt, als Ferdinand noch am Nachmittag des selben Tages von seinem Ausflug in die Stadt zurückkam und verkündete, er habe Neuigkeiten vom Notar. Im Salon, wo das Ehepaar von Humboldt gerade zum Tee beisammen gesessen war, ließ er sich neben Caroline und ihre Tochter aufs Kanapee nieder und schlug seine Beine übereinander. Er sah viel zu siegessicher aus. „Du weißt schon, was im Testament steht?!“, griff ihn Alexander gleich an, der von Robert soeben herbeigeholt worden war, „Das ist nicht möglich!“ „Nun…“, begann Ferdinand, „Es wäre sicherlich nicht möglich, wenn unser Herr Notar seine Testamentsschriften nicht von einer äußerst redefreudigen jungen Dame ins Reine übertragen lassen würde.“ „Du verdammter…!“ „Alexander.“, bat Wilhelm den jungen Baron um Fassung, die dieser gerade so noch bewahren konnte, da ihm Robert kurz eine Hand auf die Schulter legte. „Und was hast du also erfahren?“, wollte Wilhelm, der sich nicht wieder gesetzt hatte, von ihrem Gast wissen. „Dass du“, begann Ferdinand, „leider, leider – ich muss mich geschlagen geben – das Schloss erbst.“ „Das sind keine Neuigkeiten.“, entgegnete Wilhelm trocken. „So?“, kam es von Ferdinand übertrieben erstaunt, „Für mich schon. Nun, dann eben zum zweiten Punkt.“ Er sah grinsend hinüber zu Alexander. „Ich erbe das Gut.“ Alexanders Augen weiteten sich. „Das…“ Er ballte die Fäuste. „Das stimmt nicht!“ Ferdinand erhob sich. Man sah ihm deutlich an, wie er sich darüber freute, dem anderen mit seinen Worten den Boden unter den Füßen wegzureißen. „Doch, du wirst es früh genug noch selbst erfahren.“ „Dir?!?“ Alexander schrie so laut, dass Caroline ihrer Tochter die Ohren zuhalten musste. „Dir hat sie das Gut vermacht?? Demjenigen, der die Dreistigkeit in Person ist, der wie ein Schmarotzer nur immer das Beste für sich selbst herausholen will?! Demjenigen, der ein junges Mädchen für immer unglücklich gemacht hat, nur weil er seine Triebe nicht unter Kontrolle hat?!?“ Ferdinand lachte auf. „Ich will gar nicht wissen, wie viele Knaben du unglücklich gemacht hast.“ Robert musste seinen Herrn zurückhalten, der sich auf den anderen stürzen wollte. „Sie haben Geld bekommen!“, rief Alexander, „Genügend! Und sie müssen kein Kind von mir austragen! – Aber was rechtfertige ich mich hier, du bist tausendmal schrecklicher! Du saßt an Mutters Totenbett!, seit du hier aufgetaucht bist, hast du auf ihren Tod gelungert! Und sie hat es gesehen! Mutter wusste, dass du nur gekommen warst, um ihr beim Sterben zuzusehen! – und so einem vermacht sie ihr Gut?!?“ Ferdinand schenkte ihm ein überlegenes Grinsen. „Tja.“, begann er, sich den obersten Knopf seines Rocks reibend, „Unsere sogenannte Mama war eben doch nicht die Schlauste.“ Da konnte Robert den jungen Baron nicht mehr halten; Alexander stürzte sich auf Ferdinand und schlug ihm so heftig ins Gesicht, dass dieser zu Boden ging. Geschockt und derartig sprachlos, wie ihn alle noch nie erlebt hatten, starrte der Älteste der Brüder mit blutender Nase und aufgeplatzter Unterlippe zu ihnen auf. Fast schon hilfesuchend huschte sein Blick zu Wilhelm. Schwer schnaufend drehte sich auch Alexander zu ihm um. Der neue Herr des Schlosses bedachte ihn jedoch nur mit einem undefinierbaren Blick. War das ein Lächeln? „Erwarte nicht, dass ich dich jetzt zurechtweise, Alexander“, fing Wilhelm langsam an, „Mutter wird es mir verzeihen, wenn ich dich stattdessen für diese wahrhaft überfällige Aktion beglückwünsche.“ Ferdinand war einen Moment geschockt. Als sich Alexander ihm wieder zuwandte, ein unberechenbares Funkeln in den Augen, rappelte er sich schnell auf. „Wenn die Nase gebrochen ist, rechne mit einer Klage auf Schmerzensgeld!“, drohte er, während er sich seinen Weg zur Tür bahnte, wie ein Mensch, der ein wildes Raubtier nicht zu sehr reizen wollte, „Und wenn das alles ist, mit dem ich dich vor der Öffentlichkeit belasten werde, dann kannst du dich glücklich schätzen!“ „Du kannst dich glücklich schätzen, dass ich dir nicht den Hals breche, Kanaille!“, rief ihm Alexander hinterher. „Und wenn wir kein Vaterschaftsgeld für unser Dienstmädchen einfordern.“, setzte Wilhelm nach. Ferdinand drehte sich in der Tür noch einmal um. Hass brannte in seinem Blick, und tiefste Verbitterung. „Richard!“, rief er, als er die Treppen hinunterrannte, „Meine Koffer! Ich will so schnell wie möglich diesen verdammten Ort verlassen!“ Dann waren nur noch die Schritte des Dieners unten in der großen Halle zu hören, während im Salon Stille eingekehrt war. Alexanders Atem ging noch schwer. Seine wachsende Verzweiflung über das eben Erfahrene wollte ihn nicht zur Ruhe kommen lassen. Wilhelm trat auf ihn zu und legte ihm eine Hand an den Rücken. Alexander konnte jedoch momentan auf Mitleidsbekundungen jeder Art verzichten. „Robert, lass mir ein Pferd satteln!“ „Äh – J-jawohl, mein Herr.“ „Nein, warte, ich komme gleich mit.“ „Alexander, wohin - ?!“ Der junge Baron schüttelte die Hand seines Bruders ab. „Heinrich unser Ende verkünden.“ Der Wind sauste an Alexanders Ohren vorbei. Das Gepolter der Hufe auf dem Feldweg wurde zu einem monotonen Herzschlag, der keinen Besitzer kannte. Alexanders Herz schlug ohne Zweifel genauso schnell. Die Post hatte ihm sagen können, welcher Weg zum Gut der von Pannwitz führte. Er hätte ihn für herrlich erklärt, hätte er Zeit gehabt, die Natur zu betrachten. Das Wäldchen hatte er schon längst hinter sich gelassen, die Felder nahmen so langsam auch ihr Ende, als er sein Ziel erblickte: Es war kein sehr großes, aber doch stattliches Haus mit Hof und Scheune und für die Verhältnisse großem Garten. Alexander galoppierte vorbei; er wusste, dass er dort nicht eingelassen würde, auch wenn er nur gekommen war, Heinrich zu verkünden, dass sie keine Zukunft mehr hatten. Also hielt er das Pferd erst vor dem nächsten, ans Grundstück angrenzenden Wäldchen an. Er stieg aus dem Sattel und führte es mit sich ein Stück in den Wald hinein. Als er das Rauschen eines Gewässers vernahm, band er das Pferd an einem Baum fest und ging alleine weiter. Tatsächlich entdeckte er einen kleinen Bach, den Heinrich in seinem Brief wohl als das »bescheidene Gewässer« bezeichnet hatte, und als er näher kam, erblickte er seinen Geliebten. In Uniform saß Heinrich am Wasser, zu einem Knäuel zusammengesunken, und weinte. „Heinrich.“, rief ihn Alexander, „Mein Heinrich.“ Der junge Leutnant zuckte zusammen und sah erschrocken zu ihm auf. Er konnte seinen Augen nicht trauen. „A…Alexander….!“ Mit solch einem lebhaft freudigen Gesicht sprang er auf, dass es Alexander innerlich schmerzte, ihn sogleich derartig enttäuschen zu müssen. Doch der junge Mann sprang über den Bach, sodass seine Stiefel ganz nass wurden, und fiel ihm in die Arme. „Alexander…mein Alexander…Wie schrecklich hab ich dich vermisst, wie verzweifelt ich war…!“ Alexander unterbrach ihn, indem er ihn am Kopf fasste und das linke, blutunterlaufene Auge anstarrte. „W-wer…?!?“ Heinrich senkte den Kopf. „Sie hat es meinem Onkel erzählt. Zur Strafe muss ich wieder in die Armee.“ Alexander stiegen die Tränen in die Augen und er drückte seinen Geliebten ganz fest an sich. „Heinrich…Oh, Heinrich…“ „W-was ist? Was ist, mein Liebster? Wieso weinst du?! Nicht weinen, mein Alexander, nicht…“ Ihm kamen selbst die Tränen. Es bedurfte nun nicht mehr als eines Satzes, „Ferdinand weiß vom Notar, dass er das Gut erbt.“, und sie brachen beide eng umschlungen und schluchzend auf dem Waldboden zusammen. „Es tut mir so Leid, Heinrich…Ich hatte es dir doch versprochen, es hätte doch uns gehören sollen, uns…“ Heinrich zog die Nase hoch. Seinen Alexander so zu sehen, schmerzte ihn. Mit großer Beherrschung richtete er sich etwas auf und fuhr ihm sanft durch die Haare, über die Wange. „Weine nicht, mein Alexander, bitte. Es wird alles in Ordnung gehen. Alles. Wir lieben uns, das wird reichen.“ „Wir können uns aber nicht von unserer Liebe ernähren…!“, jammerte der Ältere und warf sich ihm an die Brust. Heinrich streichelte ihm über den Rücken, küsste ihm die Haare. „Von der Liebe deiner Mutter zu dir schon.“ „A-aber…!“ „Ich weiß, sie hat Ferdinand angeblich das Gut vermacht, aber…Sie hat es doch gesagt: Sie hat dir doch gesagt, dass sie dich viel mehr liebt als ihn! Wieso sollte sie dich also leer ausgehenlassen, hm?“ „Weil ich sie enttäuscht habe!“ „Wenn sie dich wirklich so sehr geliebt hat, dann kannst du sie nicht enttäuschen. Sicher nicht. Wann ist die Testamentseröffnung?“ „Diesen Montag.“, brachte Alexander heraus. „Siehst du“, flüsterte Heinrich, „Die warten wir ab. Am Montag warte ich wieder hier am Bach auf dich, und dann wird die Welt wieder glücklicher für uns aussehen, glaub mir.“ Alexander presste sich enger an die geliebte Brust. „Wie gerne will ich dir das glauben, mein Heinrich, wie gerne…“ ------------------- Ich war mir lange nicht sicher, ob ich das Kapitel zweiteilen soll, eigentlich könnte man sogar zwei Schnitte machen, aber dann wären die einzelnen Teile zu kurz geworden, befürchte ich. Naja, ich bin mir immer noch nicht sicher, aber ihr habt es dann jetzt eben als Ganzes bekommen^^ Ich hoffe, die einzelnen Schwerpunkte, die ich gelegt hab, kommen trotzdem raus^^ Und…ich muss sagen, wir nähern uns (schon) dem Ende O.o Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)