Eine Geschichte über Egoismus von minikeks ================================================================================ Kapitel 9: Kapitel 9 -------------------- Ich brauche einen ruhigen Ort, an dem ich das Ritual vorbereiten kann. Ich darf unter keinen Umständen einen Fehler machen. Es könnte verheerende Konsequenzen haben, wenn ich etwas Falsches tue. Finkelsteins Labor ist leer. In einem der Hinterzimmer finde ich Fiona. Sie hat sich schrecklich zugerichtet und letztendlich die Waffe gegen sich erhoben. Im Labor wische ich die letzten Arbeiten des Wissenschaftlers vom Tisch. Die Glasgefäße gehen geräuschvoll zu Bruch. Ich nehme ein Sauberes aus einem der Hängeschränke und erhitze darin Wasser. Von draußen vom Platz habe ich einen Finger von Finkelstein mitgebracht, den ich dazugebe. Dann nehme ich eines der Skalpelle aus der Schublade und ritze in meine Handfläche. Ich spüre nichts mehr. Kein Schmerz der Welt könnte so sehr weh tun wie Shocks bohrender Blick in dem Moment, als sie von meinem Verrat erfuhr. Mein Blut tröpfle ich ebenfalls in das Gefäß. Danach durchforste ich die Zimmer auf der Suche nach einem Stift und etwas Papier. In Finkelsteins Büro werde ich fündig. Ich schreibe zwei Namen auf das Blatt, Oogies und meinen, verbrenne es und sammle die Asche, die zum blutroten Gemisch im Labor dazukommt. Noch einmal umrühren und fertig ist meine einzige Waffe gegen diesen Bastard. Mehr kann ich nicht ausrichten. Zu mehr bin ich nicht fähig. Nachdem ich das Gebräu in eine Phiole gefüllt und verkorkt habe, eile ich schnell zur Fabrik. Ich wüsste nicht, wo Oogie sonst sein sollte. Als ich ankomme, steht Oogie zwischen den veralteten Maschinen und hat seine Hand an Shocks Gurgel. Sie hängt einige Zentimeter über dem Boden und keucht. Ihr Gesicht ist blau angelaufen und ihre Arme rudern wild durch die Luft. Ich werfe eine Rohrzange in Oogies Richtung, die lautstark neben ihm zu Boden geht. Sofort sieht er mich, grinst sein schönstes Grinsen und schleudert Shock zur Seite. Bewusstlos bleibt sie liegen, wo sie aufkommt. „Oh, wie schön. Du beehrst uns mit deiner Gegenwart. Shock und ich hatten schon befürchtet, du kämst nicht mehr zu unserer kleinen Party.“ Ich würde ihm gern soviel an den Kopf werfen, soviel Schmerzen zufügen wie nur irgend möglich, ihn leiden sehen wie er uns hat leiden lassen. Ich kann einfach nichts mehr sagen. Ich kann nur in meine Hosentasche greifen, die Phiole hervorholen und sie Oogie entgegenschleudern. Sie trifft ihn auf der Brust und zerbirst. Oogie schaut an sich hinab und wirft mir dann einen mitleidigen Blick zu. „Wir sind beim Showdown und alles was dir einfällt, ist mich mit dem Essen von gestern zu bewerfen? Schäm dich, Lock. Ich hatte mehr von dir erwartet.“ Er grinst. Warts nur ab, das Grinsen wird dir gleich vergehen. „Ich dachte, ich hätte dir beigebracht wie man Leute WIRKLICH beseitigt. Darin hast du doch schon Übung.“ Mit einer beiläufigen Geste wischt er sich die Glassplitter vom Hemd, auf dem jetzt nur noch ein großer roter Fleck zu sehen ist. Er geht zu einem Käfig seiner geliebten kleinen Monster und sperrt ihn auf. „Guten Hunger, meine lieben Kinder.“ Die Monster schießen daraus hervor und direkt auf mich zu. Oogie kontrolliert sie; sie wissen nicht, dass ich noch vor wenigen Tagen ihre Wunden geheilt habe. Es interessiert sie nicht. Mich auch nicht. Ich schließe die Augen. Es ist mir sehr egal. Ich habe meine Aufgabe erledigt. Ich büße. Jetzt muss ich nur noch warten. Die Monster geben ein ohrenbetäubendes Lechzen und Kreischen von sich, während sie in meine Richtung hasten. Ich warte, aber nichts geschieht. Ein lautes, zerreißendes Geräusch, etwas heißes Feuchtes trifft mich und dann ist es still. Ich öffne die Augen wieder. Die Kreaturen liegen zerfetzt am Boden. Die Einzelteile, aus denen sie ursprünglich bestanden hatten, sind auseinandergeplatzt und liegen überall verstreut. Ihr Blut benetzt die Maschinen, den Boden, selbst die einige Meter entfernte Shock hat einen Blutschwall abbekommen. Es tropft auch von meinem Gesicht. Schnell schaue ich zu Oogie, der vollkommen verblüfft dasteht und auf die Stelle starrt, an denen seine Lieblinge geplatzt sind. Dann fixiert er mich mit schmalen Augen. „DU…“ In blinder Wut stürmt er auf mich los. Es muss ihn fuchsen, dass er sich nun doch selbst die Finger an mir schmutzig machen muss. Er streckt die Hände beim Laufen nach mir aus, aber bevor er mich erreicht, stockt er und erbricht Blut. „Was…“ Er starrt auf seine Hände und erbricht sich erneut. „…passiert hier?“ Noch eine Flut Erbrochenes, aber dieses Mal kein Blut, sondern Geziefer. Tausende von Käfern kriechen aus seinem Mund und seiner Nase. Seine Augen weiten sich angsterfüllt. „NEIN! Wie kann…“ Es ist fast ein Kreischen. Noch einmal und noch einmal und noch einmal erbricht er sich. Und dann ist es nur noch ein Röcheln. Er kriecht auf allen Vieren über den Boden. Dann ersterben die Geräusche von ihm. Sein Körper sinkt leblos in sich zusammen. Augenblicklich zerfällt er zu Staub. Endlich ist es geschafft. „Ist er jetzt wirklich tot?“ Ich schaue nach links. Shock richtet sich zitternd auf und sieht mich unsicher an. Ich weiche ihrem Blick nicht aus. Jetzt nicht mehr. „Dieses Mal gibt es für ihn keine Möglichkeit zurückzukommen.“ Ich lächele. Ich bin so erleichtert, ich kann nicht anders. Ein Stein, nein, ein ganzer Berg fällt mir vom Herzen. Ein Kreischen. Shocks Augen sind aufgerissen, sie starren auf meinen Arm. Ich folge ihrem Blick. Die Haut reißt auf. Blut, immer mehr Blut tritt daraus hervor. Auch der andere Arm sieht so aus und ich fühle die Risse unter meinem Shirt und der Hose und in meinem Gesicht. „Ach ja, da war ja was.“ Erschöpft taumele ich rückwärts gegen einen Betonpfeiler. Das hatte ich fast vergessen. Das Gegenopfer. Shock eilt herbei, reißt den Ärmel ihres Pullovers ab und versucht verzweifelt, ihn auf die Wunden zu pressen. „Du musst das hier festhalten und draufdrücken, hörst du? Wir müssen die Blutung stillen...!“ „Hör auf damit.“ Ich schiebe die Stofffetzen fort. „Es hat keinen Sinn.“ Meine Stimme klingt seltsam. Entspannt, gelöst. Ich kann nicht anders. Es ist alles rot gefärbt. Jetzt ist alles gut. Ich halte ihre aufgeregten Hände fest und zwinge sie mich anzusehen. „Jetzt ist alles gut.“ sage ich ihr ruhig. „So soll es sein. Der Zauber, der ihn erledigt hat, wirkt nur, wenn man ein Gegenopfer bringt. Etwas, das einem lieb und teuer ist. Ich hätte auch dich opfern können, du bist am Allerwichtigsten.“ Es fällt mir schwer zu sprechen, ich bin schrecklich müde. „Aber dich und alle anderen hab ich schon einmal geopfert, meinen eigenen Hintern dagegen hab ich bisher am Besten beschützt. Der erschien mir irgendwie passender.“ Ich lächele. Barrel hechelt, als er bei der Fabrik ankommt. Verzweiflung macht sich auf seinem müden Gesicht breit, als er Shock und mich so sieht. „Hat er wieder Dummheiten gemacht?“ fragt er leise und sieht mich traurig an, während er sich neben Shock auf dem Boden niederlässt. „Große. Sieh dir doch nur diese Sauerei an! Das kriegen wir doch nie wieder weg!“ Stumme Tränen fließen über ihre Wangen, aber ihre Stimme ist fest und klar und sie lächelt zurück. Ich kann ihre Hände nicht länger festhalten, mir fehlt die Kraft. Meine Hände sinken auf meine Brust. „Du bist ein Dummkopf. Ein Idiot. Ein Hornochse sondergleichen! Ein großer, großer Riesenarsch! Mit Ohren!“ Die Beiden lachen und weinen gleichzeitig, ich kann das Lächeln nicht lange halten. Meine Augenlider sind schwer. „Das weiß ich doch, erzähl mir was Neues, du verrückte Ziege.“ flüstere ich. Barrel boxt behutsam meine Schulter. „Und glaub ja nicht,“ fügt Shock hinzu, „dass du dich so leicht aus der Affäre ziehen kannst, du Blödmann!“ „Schon klar. Ich fang dann mal an aufzuräumen.“ Ich versuche zu lächeln, aber es gelingt mir schon nicht mehr. Sie ist immer noch das dumme Mädchen, in das ich mich verliebt habe. Immer noch eine rechthaberische Kuh, die sich von niemandem etwas sagen lässt. Eine außergewöhnliche Ziege mit einem Dickkopf und dem wunderschönsten Lächeln. „Da ist noch eine Sache, die ich dir sa… sagen… muss…“ "I will die alone and be left there. Well I guess I'll just go home, Oh God knows where. Because death is just so full and mine so small. Well I'm scared of what's behind and what's before." („After the storm“ by Mumford and Sons) Hosted by Animexx e.V. 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