Watching your Footsteps von TayaTheStrange ================================================================================ Kapitel 1: Number One --------------------- Number One "Gott, das war vielleicht anstrengend!" Seung-Hyun nahm sein Basecap ab und fuhr sich durch das verschwitze Haar. Ein breites Grinsen krönte sein Gesicht. Das war das letzte Konzert der Tour gewesen und es hatte ihnen Einiges abverlangt, da sie sich für ihre Fans etwas ganz Besonderes ausgedacht hatten. Aber es hatte sich gelohnt. "Und jetzt erstmal zwei Tage Ferien", freute sich Ji-Yong und rempelte den Älteren von hinten an. Einen Moment lang trafen sich ihre Augen, dann begann der Jüngere laut zu lachen und wetzte durch den Flur davon, da er die Rache seines besten Freundes fürchtete. Dieser bekam ihn fast am Schal zu fassen, rannte ihm aber nicht nach, sondern schüttelte nur grinsend den Kopf. Ja, es war anstregend gewesen und trotzdem steckte noch soviel Energie in Ji-Yong. Er konnte nichts dagegen tun. Er musste seine Freunde etwas ärgern. Dass Seung-Hyun trotz seiner Erschöpfung darauf ansprang, konnte ihm nur noch mehr Freude bereiten, weshalb sein Lachen laut durch die Gänge schallte. "So ein Kind" "Wem sagst du das..." "Mir tun vielleicht die Füße weh." Endlich waren sie an ihrer Garderobe angekommen und Dae-Sung, der sie als Erster betrat, wich geschickt der Mütze aus, die ihm aus der Richtung ihres Leaders entgegenflog und auch Seung-Hyun nur knapp verfehlte. "Meine Rache wird fürchterlich sein!", drohte er und ließ sich auf seinen Garderobenplatz sinken. Der Älteste streckte sich, dass seine Wirbelsäule knackte und ließ seinen Kopf rückwärts über die Stuhllehne hängen, so dass er freie Sicht auf Ji-Yongs Platz hatte, der sich dem seinen schräg gegenüber befand. Gerade wollte er eine weitere Spitze in Richtung des Jüngeren schicken, der lachend hinter dem aufgestellten Schirm verschwunden war, um sich umzuziehen, da blieb sein Blick auf einem in buntes Papier eingewickelten Päckchen hängen. "Hyung, wirst du denn nie müde?", hörte Ji-Yong die Stimme Seung-Ris hinter dem Wandschirm sagen. Der Leader wollte ihn gern zurechtweisen, doch in diesem Moment rief Seung-Hyun bereits seinen Namen. "Ji-Yonga?" "Hmm?" "Da liegt was auf deinem Platz." "Ach ja? Was denn?" Von Neugier gepackt zog er sich lediglich eine frische Jeans an und warf sich das T-Shirt über die Schulter, um so schnell wie möglich dieses Etwas in Augenschein zu nehmen. Als er zu seinem Platz kam, hatten sich Dae-Sung und Young-Bae bereits darum geschart. Ji-Yong schob beide zur Seite und schnappte sich das hübsch verschnürte Päckchen. Sofort schüttelte er es, doch es war nichts als ein leises Rascheln daraus zu vernehmen. "Was kann es wohl sein? Kein Absender? Vielleicht ein Geschenk von einer heimlichen Verehrerin?", neckte Young-Bae und stieß dem Jüngeren in die Rippen. Ji-Yong begann zu grinsen. "Wer weiß?", meinte er nur und setzte sich auf seinen Garderobentisch, um das Papier herunterzureißen. Darunter kam eine einfache weiße Schachtel zum Vorschein, deren Deckel er gespannt lüftete. Allerdings war der Inhalt des Geschenks mehr als enttäuschend. Ein Strauß Rosen könnte wirklich ein romantisches Present sein, jedoch nicht wenn sie nahezu tot waren. Und dies waren sie. Ein Strauß verdorrter Rosen, deren Blüten bereits eine schwarze Farbe angenommen hatten. "Was soll das denn?", flüsterte Dae-Sung. "Vielleicht ein Scherz?", mutmaßte nun Seung-Ri, der ebenfalls hinzugekommen war. Ji-Yong war eigentlich nicht beunruhigt und doch zitterten seine Hände leicht, als er nach dem Zettel griff, der neben dem lag, was einmal Blumen gewesen waren. 'Sie haben zu lang auf dich warten müssen', stand in krakeliger Schrift darauf geschrieben. Er hob den Kopf und blickte zu Seung-Hyun herüber, einen fragenden Ausdruck in seinen Augen. Er wusste nicht, was er von alle dem halten sollte. "Zeig mal her", bat der Ältere und langte nach dem Zettel, ohne auf eine Antwort zu warten. Er las ihn einmal, las ihn zweimal, dann blickte wieder hoch, direkt in Ji-Yongs verwundertes Gesicht. Ein kaum wahrnehmbarer Schatten der Sorge hatte sich auf das seine gelegt, die ausgelassene Stimmung von eben war wie weggeblasen. "Und kein Absender?", kam es neugierig von ihrem Jüngsten, der sich über die Schulter Seung-Hyuns beugte, um die rätselhafte Nachricht ebenfalls zu lesen. Dieser drehte das Kärtchen zwischen seinen Fingern, um die Rückseite zu begutachten. "Nein, kein Absender, aber dafür das hier." In der linken Ecke der Karte befand sich die verschmierte Zeichnung eines Auges. "Das ist ja gruselig", flüsterte Seung-Ri und griff nach dem Ärmel Young-Baes, der neben ihm stand und ihm daraufhin einen leichten Knuff in die Seite verpasste. Seung-Ris Meinung zu der Zeichnung auf der Rückseite, wie auch die Neckereien mit Young-Bae ignorierend, betrachtete Ji-Yong Seung-Hyun. Er bemerkte sie sofort, die Sorge in dessen Gesicht. Aber ihm erschien es zu albern, sich den Abend aufgrund ein paar verrotteter Blumen kaputt machen zu lassen. Dem Älteren jedoch lief bei ihrem Anblick ein Schauer den Rücken herunter, das konnte einfach nichts Gutes bedeuten. Doch ihren Leader schien die Sache nicht einmal halb so sehr zu irritieren. Mit einem verschmitzen Grinsen auf den Lippen ließ er sich auf seinen Stuhl fallen und wischte die Schachtel mit den stinkenden Rosen von seinem Garderobentisch. "Macht euch keine Sorgen, das ist garantiert nur ein übler Scherz", erklärte er locker und griff nach einem Papiertuch, um sich das vom Schweiß verschmierte Make-up aus dem Gesicht zu wischen. Seung-Hyun war verdattert, wie der Andere so sorglos bleiben konnte. Selbst ihn hatte das makabre Geschenk erschreckt und er war nun wahrhaftig keine Person, die schnell zu ängstigen war. "Ich finde, wir sollten dem Boss Bescheid sagen, oder zumindest den Securityleuten. Vielleicht haben sie ja jemanden gesehen" Mit der Schachtel war für Ji-Yong auch das Thema vom Tisch, aber für seinen Freund allem Anschein nach noch nicht. Er hielt inne, als er gerade dabei war, sich das Augen-Make-up zu entfernen und nahm durch den Spiegel hindurch wieder Blickkontakt zu dem Älteren auf, der noch immer hinter ihm stand. Es war ihm sehr ernst. Der Leader versuchte ein verständnisvolles Schmunzeln aufzusetzen und warf das Tuch, das er noch in der Hand hielt, auf den Tisch. "Hyung, komm schon. Warum willst du so ein Gewese darum machen? Lass uns lieber einen schönen Abend haben. Außerdem..." Er drehte sich auf dem Stuhl herum und ließ seinen Blick durch den Raum schweifen. "...ist es bestimmt nur ein Streich. Vielleicht sogar von einem von euch!" In einer Sache war Ji-Yong sich sicher: er würde niemandem den Gefallen tun, sich zu fürchten. Dae-Sung schaute etwas beleidigt drein, als ihr Leader gerade ihn bei seiner Vermutung ansah und wandte sich ab, seinem eigenen Platz zu. "Warum immer ich?" Seung-Ri und Young-Bae begannen zu lachen. Ihr Ältester ärgerte sich ein wenig, dass offenbar keiner seine Befürchtungen teilte, stimmte aber um des lieben Frieden willens in das Gelächter mit ein. Wie aufgesetzt es sich anhörte, schien nur er selbst zu bemerken, die Anderen waren schon wieder am Rumalbern, als wäre überhaupt nichts passiert. Seufzend bückte er sich nach der Schachtel, um sie in den nächsten Mülleimer zu werfen. Da dieser allerdings nur ein kleiner Papierkorb war und das Päckchen nicht ganz hineinpasste, musste er einmal kräftig nachtreten. Seung-Hyun dachte darüber nach, ober er womöglich doch überreagiert hatte und die ganze Situation nicht annähernd so furchteinflößend war, wie er sie empfand, als auch er hinter dem Schirm verschwand, um sich seiner Kleidung zu entledigen. Vielleicht hatte Ji-Yong ja recht und es handelte sich wirklich nur um einen Streich, versuchte er sich einzureden, aber dennoch blieb ein schaler Nachgeschmack zurück. Und wenn es nun doch... "Seung-Hyun Hyung, was ist mit dir, willst du noch etwas Trinken gehen?", schallte die Stimme Dae-Sungs zu ihm herüber und unterbrach seine düsteren Grübeleien. Scheinbar hatte er darüber eine Diskussion zum weiteren Verlauf des Abends verpasst. "Eigentlich nicht. Von mir aus können wir gleich nach Hause und uns dort etwas machen." "Gut, dann steht es drei zu zwei, wir gehen nicht mehr aus!" "Uuuuh, Hyung!", kam es in beleidigtem Tonfall von ihrem Leader. "Immer musst du gegen mich sein!" "Sei nicht beleidigt. Du wärst so oder so wieder der Erste, der auf dem Tisch einschläft", feuerte der Ältere zurück und trat fertig umgezogen wieder in den Raum. Ji-Yong streckte ihm die Zunge heraus, doch wollte er jetzt nicht anfangen, sich kindisch zu streiten. Sie hatten bestimmt noch Bier im Kühlschrank. Das sollte ihm reichen. Die gesamte Gruppe packte eilig den letzten Rest ihrer Sachen zusammen und machte sich dann auf den Weg zum Hinterausgang, begleitet von einigen Staff-Mitgliedern. Sie alle unterhielten sich ausgelassen über das Konzert und von überall her erschallte Lob für die gelungene Performance. In ihrem Appartement angekommen ging es für jeden erst einmal unter die Dusche. Young-Bae durchsuchte den Kühlschrank nach etwas, das man zum Kochen verwenden könnte, doch es sah schlecht aus. Letztlich beschloss er auf Drängen Dae-Sungs und Seung-Ris einfach etwas zu bestellen. Sie waren alle sehr hungrig und ein Bringdienst würde wohl am schnellsten Abhilfe schaffen. Währenddessen befanden sich Seung-Hyun und ihr Leader gemeinsam im Bad. Ji-Yong duschte, während der Ältere, der bereits fertig war, mit einem Handtuch um die Hüften gelegt am Waschbecken stand und sich die Zähne putzte. "Hyung, du wärst mir beim vorletzten Song im Konzert beinah auf die Füße getreten. War das Absicht?", fragte er, nicht ohne ein Grinsen auf den Lippen und spülte sich das Shampoo aus den Haaren. Er mochte es, Seung-Hyun Dinge zu fragen, wenn dieser den Mund voller Schaum hatte. "Natschhhl!!", versuchte dieser zu kontern, doch das einzige, was er erreichte, war, dass ihm weißer, nach Menthol schmeckender Schaum über das Kinn lief. Energisch spuckte er ins Waschbecken und wischte sich über den Mund. "Natürlich!", setzte er erneut an. "Das war mein Plan von Anfang an, ich wollte dich vor hunderten von Fans lächerlich machen, wie immer!" Er lachte und stellte sich die Situation weiter vor. Ji-Yong wäre gestolpert, er hätte ihn auffangen können und für den Bruchteil einer Sekunde hätte er ihn in den Armen gehalten. Ihre Blicke hätten sich getroffen und dann... Das Publikum wäre ausgerastet. Auf eine positive Art und Weise. "Aha, sowas habe ich mir gedacht! So, ich bin jetzt fertig." Seung-Hyun hörte, wie das Wasser abgedreht und der Duschvorhang zur Seite gezogen wurde. Dieser Junge hat kein bisschen Schamgefühl, dachte er, als Ji-Yong wie Gott ihn geschaffen hatte aus der Dusche stieg und nach einem Handtuch griff, um sich die Haare trocken zu reiben. Durch den beschlagenen Spiegel konnte Seung-Hyun einen Blick auf den schmalen Rücken erhaschen und musste einen Moment gegen den Drang ankämpfen sich umzudrehen, und das Bild ohne den milchigen Dampfschleier auf dem Spiegel genießen zu können. "Äh, Ji-Yonga, soll ich vielleicht rausgehen?" "Wieso, ist dir vielleicht etwas peinlich?", fragte der Angesprochene und drehte sich um, ein freches Grinsen auf den Lippen. 'Er weiß nicht, was er da tut, er will dich nur ärgern!', hämmerte es in Seung-Hyuns Kopf. Kurz musste er die Augen schließen, um sie davon abzuhalten, zu tief zu wandern. Dann spürte er eine Hand durch seine Haare wuscheln. "Ich wusste gar nicht, dass du so prüde bist!", frotzelte Ji-Yong und dann war er auch schon aus dem Badezimmer. Ein Schwall kalter Luft traf auf Seung-Hyuns Haut und ließ ihn frösteln. Er musste sich zusammenreißen. Was der Ältere nicht wusste, war, dass auch Ji-Yong eine derartige Bühnenszene im Kopf herumgegangen war. Allerdings hätte ihn die Reaktion tausender Fangirls eher interessiert, als die Arme des Älteren, die seinen Körper umschlangen. Er hatte sie schon so oft gespürt, dass dieses Gefühl nahezu selbstverständlich für ihn geworden war. Umso mehr amüsierte es ihn, dass Seung-Hyun es wirklich zu vermeiden schien, ihn anzusehen, als er aus der Dusche stieg. Sie lebten seit beinahe vier Jahren zusammen und schliefen im selben Zimmer, ab und an sogar im selben Bett und trotzdem schien ihm die Situation peinlich zu sein. Er konnte gar nicht anders, als sich seinem Freund zu nähern und ihn noch etwas zu triezen, bevor er aus dem Bad verschwand. "Worüber freust du dich denn so?", kam es dem Leader aus dem Flur entgegen. Young-Bae hatte soeben das Essen entgegen genommen und war damit auf dem Weg ins Wohnzimmer. "Ach über nichts", antwortete Ji-Yong mit einem noch breiteren Grinsen und verschwand in ihrem Zimmer, um sich umzuziehen. Achtlos warf er das Handtuch auf sein Bett und zerrte die Boxershorts und das T-Shirt, welche er zum schlafen trug, unter dem Kissen hervor. Als er gerade fertig geworden war, ging die Tür auf und Seung-Hyun trat ein. Der Jüngere drehte sich zu diesem um und ging schnurstracks auf ihn zu. "Beeil dich Hyung, ich hab Hunger", warf er ihm entgegen und zupfte im Vorbeigehen an dessen Handtuch, welches daraufhin gefährlich von den Hüften des Älteren rutschte. In stummer Verzweiflung ließ sich Seung-Hyun auf sein Bett fallen. Er fragte sich schon seit geraumer Zeit, wie lange das noch gut gehen würde und derartige Aktionen Ji-Yongs ließen ihn zu dem Entschluss kommen, dass es mit seiner Beherrschung bald vorbei sein könnte. Warum musste soetwas ausgerechnet ihm passieren? Kurz tauchte wieder das Bild von Ji-Yongs nacktem Rücken vor ihm auf, von seinem breiten Grinsen, doch er versuchte es schnell wieder zu vertreiben. Und da auch sein eigener Magen wütend zu knurren begann, zog er sich schließlich an und gesellte sich zu den anderen ins Wohnzimmer, um das wohlverdiente Abendessen zu sich zu nehmen. Es war fast eine Selbstverständlichkeit, dass die Jungs ihm den Platz neben Ji-Yong auf der großen Couch freigehalten hatten. "Bier, Hyung?" Ji-Yong hielt ihm eine offene Dose hin, doch Seung-Hyun wehrte ab. "Nein, danke, ich trink lieber Cola. Was habt ihr überhaupt bestellt?" Wie aufs Stichwort kam Young-Bae aus der Küche, auf den Händen balancierte er zwei riesige Pizza-Kartons und mehrere Getränkedosen. "Das ist schlecht für die Figur, aber gut für die Seele", konstatierte Dae-Sung und öffnete einen der beiden Kartons. "Guten Appetit", wünschte er, dann löste er das erste Stück aus der Pizza und zog dabei lange Käsefäden hinter sich her. Ji-Yong hatte leider absolut keine Ahnung, was er seinem Freund Tag für Tag antat. Er war derart sorglos in seinem Umgang mit ihm, dass er dessen Blicke und wie zufällig erscheinende Berührungen nie bemerkte. Aber vielleicht war es besser so. Daher änderte sich auch nichts an seinem Verhalten, als sich der Ältere neben ihm niederließ. "Moralapostel!", zischte er ihm entgegen, als dieser das Bier ablehnte und nahm genüsslich einen Schluck aus der Dose. Das Gefühl des kühlen Alkohols, der seinen Rachen entlang lief, war angenehm und mit ihm zusammen schmeckte die Pizza noch um einiges besser. Auf Dae-Sungs Aussage hin musste Ji-Yong allerdings kurz husten. "Was erzählst du da? Bei dem ganzen Work-out, das du jeden Tag durchziehst, solltest du dir um deine Figur die wenigsten Gedanken machen, Dae-Sungi." "Du hast leicht Reden, Ji-Yong", wies ihn Young-Bae gleich darauf zurecht. "Du kannst doch alles in dich reinstopfen und nimmst kein Gramm zu." Dies war wohl oder über die volle Wahrheit, weshalb Ji-Yong sich nun etwas beleidigt zurücklehnte und stumm sein Stück Pizza beseitigte. "Er hat recht, andere Leute müssen für ihre Figur hart arbeiten", motzte Dae-Sung und stopfte sich wie zur Bekräftigung den Rest seines Stücks auf einmal in den Mund. Seung-Hyun grinste in sich hinein. Diese Diskussion hatten die beiden nicht zum ersten Mal und er vermutete, dass von Dae-Sungs Seite auch eine kleine Portion Neid mit hineinspielte, doch solange alle es noch mit Humor nehmen konnten, war das kein Grund zur Sorge. Er griff nach einer Dose Cola Light und öffnete sie, schrie aber entrüstet auf, als die Hälfte des Inhalts sich schäumend über seinen Schoß und den Tisch ergoss. "Verdammt, was für eine Sauerei, kann mir jemand bitte mal die Servietten geben?" Notdürftig trocknete er sich wieder ab, dann konnte er sich endlich wieder auf sein Abendessen konzentrieren. Eine Stunde später saßen alle fünf fest in Decken gekuschelt vor ihrem großen Fernseher, Seung-Ri, Ji-Yong und Dae-Sung hielten Controller in der Hand. Sie hatten sich für einen gemütlichen Ausklang des Abends entschlossen noch eine Runde Mario-Cart zu spielen. Seung-Ri hatte sich lauthals beschwert, als Ji-Yong ihm das Gamepad aus der Hand gerissen und ihm Peach zugeteilt hatte und alle hatten herzhaft gelacht und beteuert, wie gut das passen würde. Doch er rächte sich indem er die erste Runde haushoch für sich entschied. Irgendwann hatte Seung-Hyun den Controller aus der Hand gelegt, ein Kissen in Ji-Yongs Schoß gedrückt und sich darauf gelegt, um ein wenig zu dösen. Nun lag er mit angewinkelten Beinen auf der Couch und hörte dem Gewitzel und den Frotzeleien der anderen zu und genoss, dass der Jüngere ihm gedankenverloren durch die Haare strich, während er versuchte, Dae-Sung zu überrunden. Eigentlich war Ji-Yong ziemlich gut in Mario-Cart. Neben Musik hören, mixen und produzieren war das Spielen von Videospielen seiner Lieblingsbeschäftigungen. Doch heute Abend verlor er nahezu jedes Mal. Die ersten Spiele liefen noch wunderbar und außer Seung-Ri konnte ihm niemand das Wasser reichen. Aber irgendwann wurde es spät, der Alkohol machte ihn müde und als Seung-Hyuns Kopf sich in seinen Schoß bettete, was für den Jüngeren ebenfalls nichts Außergewöhnliches war, da wollte sich seine Hand einfach nicht mehr an den Controller klammern und sich auf das Rennen konzentrieren. Zuerst war er nur wieder und wieder mit den Fingerknöcheln oder dem Handrücken gegen das weiche schwarze Haar seines Freundes gestoßen. Nach einer gewissen Zeit jedoch hatte sich ein Finger nach dem anderen von den Tasten gelöst, um sich tiefer in die Strähnen zu graben. Es endete darin, dass er Yoshi zum dritten Mal abstürzen ließ und verlor. "Hyung! Du bist nicht bei der Sache. Wenn du gegen uns spielst, dann richtig!", beschwerte sich Dae-Sung und wandte sich ihren beiden Freunden auf dem Sofa zu. "Sorry, aber Bier macht müde. Spielt doch allein weiter, ja?" Seung-Ri drehte sich bei diesen Worten um und grinste triumphierend. "Also wirst du doch mal müde." Ji-Yong allerdings gab nur ein schwaches Nicken von sich. Seine Augen waren noch immer auf den Fernseher gerichtet. Sie sahen ihn nicht. Sie starrten ins Leere und in dieser Leere erschien Seung-Hyun. Die Hände des Leaders gruben sich tiefer in die kräftigen Haarsträhnen und durchkämmten sie ein ums andere Mal. Seltsamer Weise gab ihm dies ein Gefühl von Sicherheit und Halt, wie er es sonst nie gefühlt hatte. Seung-Hyun spürte, wie der Jüngere ein wenig absackte und sich näher an ihn kuschelte, nachdem er endlich den blöden Controller aus der Hand gelegt hatte. Er drehte seinen Kopf leicht, um einen Blick auf das Gesicht seines besten Freundes zu erhaschen, der müde doch gleichzeitig glückliche Ausdruck daran war so niedlich, dass er lächeln musste. Es war schön hier zu liegen, fest an Ji-Yong gekuschelt und die Nähe einfach nur zu genießen. Die Finger, die über seinen Kopf strichen, ließen sein Herz ein wenig schneller schlagen und die Schmetterlinge in seinem Bauch wie wild durcheinander fliegen. Am liebsten hätte er den Moment für immer festgehalten, eingefroren. Lächelnd gab er sich dem Genuss und seinen Träumereien hin. Er bemerkte kaum noch, wie Ji-Yongs Handbewegungen immer langsamer und fahriger wurden oder wie er schließlich ruhig atmend zur Seite rutschte, dass sein Kopf auf der Brust Seung-Hyuns zum liegen kam. Und als die anderen Drei schließlich den Fernseher und die Playstation abschalteten und die leeren Getränkedosen und mit Tomatensoße verschmierten Pappkartons in die Küche brachten, waren beide selig eingeschlafen. "Sollen wir sie aufwecken?", flüsterte Seung-Ri und machte schon Anstalten, ihren Leader an der Schulter zu berühren, doch Young-Bae hielt ihn davon ab. "Die Couch ist groß genug, lass sie hier schlafen", erklärte er, griff nach einer auf dem Boden liegenden Decke und legte sie über die Beine Seung-Hyuns. Nachdem sie die beiden tief Schlafenden im Wohnzimmer zurückgelassen hatten, fanden sich Young-Bae, Dae-Sung und Seung-Ri gemeinsam in der Küche ein. So sehr ihr Jüngster auch protestierte, war Young-Bae unnachgiebig und zwang ihn und Dae-Sung noch ein wenig das Chaos, das sich in den letzten Tagen angesammelt hatte, zu beseitigen. Nach zehn Minuten gab Dae-Sung jedoch auf und verabschiedete sich für diese Nacht. Die zwei Zurückgelassenen arbeiteten somit schweigend allein weiter. Bis Seung-Ri die Stille nicht mehr aushielt. "Hyung, findest du nicht auch, dass Ji-Yong und Seung-Hyun manchmal etwas komisch sind?" Der Ältere zog seine Augenbrauen unter Unverständnis zusammen und blickte sein Gegenüber fragend an, während er die letzte Tasse in die Spülmaschine räumte. "Was meinst du?" "Naja...", gab Seung-Ri nach Worten ringend zurück und fuhr sich durch den Nacken. "...sie sind zwar beste Freunde, aber sie kennen sich doch genauso lang wie wir und trotzdem sind sie sich so... nah." Besser konnte er es einfach nicht beschreiben, denn bis jetzt hatte er nichts vollkommen Intimes zwischen den beiden Älteren beobachtet und trotzdem konnte er jedes Mal spüren, dass irgendetwas Besonderes zwischen ihnen war. Young-Bae selbst schüttelte über die Verwirrung seines jungen Freundes nur lächelnd den Kopf. "Bist du eifersüchtig?", fragte er, um ihn ein wenig zu triezen und schloss die Maschine. Der Jüngere hob abwehrend die Hände. "N-nein, natürlich nicht. Ich meine ja nur..." Die Hand seines Freundes unterbrach ihn. Sie legte sich auf seine Wange und in einer schnellen Geste fuhr ihr Daumen streichelnd über seinen Wangenknochen. In der nächsten Sekunde war sie wieder verschwunden und Young-Bae bereits auf dem Weg zur Tür. "Mach dir um sowas keine Gedanken. Das ist schon alles so in Ordnung. Und jetzt, lass uns endlich schlafen gehen, ja?" "Mh...ja, OK." Es war schon weit nach Mitternacht, als Seung-Hyun erwachte, weil sein Nacken schmerzte. Ji-Yong hatte im Schlaf die Beine so verdreht, dass diese kein bequemes Kissen mehr abgaben. So vorsichtig er konnte, rappelte er sich hoch und rieb sich den Schlaf aus den Augen. Dann gähnte er herzhaft und drehte sich zu seinem schlafenden Freund um. Seung-Hyun wollte so schnell es ging in sein eigenes Bett, aber er wollte den Jüngeren auch nicht einfach hier im Wohnzimmer liegen lassen. Kurz entschlossen schlug er die Deckenberge, in denen Ji-Yong sich verknotet hatte, zur Seite und schob einen Arm unter dessen Nacken, den anderen unter die Knie. Mit unerwartet wenig Anstrengung gelang es ihm, den schmalen Körper anzuheben und in ihr gemeinsames Schlafzimmer zu tragen, wo er ihn vorsichtig auf seinem Bett ablegte. Einen Moment blieb er neben ihm auf der weichen Matratze sitzen und betrachtete das vom diffusen Licht des Mondes beschienene Gesicht Ji-Yongs. Wenn er schlief, hatte es den frechen Ausdruck verloren, der es sonst den ganzen Tag über zu zieren schien, er sah so unschuldig aus, fast wie ein Engel. Und dieses Mal konnte er dem Drang nicht mehr wiederstehen, er hob die Hand und streichelte sanft über die heißen Wangen seines Freundes. Dann fuhren sie durch das halblange Haar, strichen es aus seiner Stirn. Fast hätte Seung-Hyun sich vorgebeugt, um den Anderen zu küssen, doch er konnte sich gerade noch zurückhalten. Minuten später lag er in seinem eigenen Bett, die Arme hinter dem Kopf verschränkt an die Decke starrend und dann war er auch schon wieder eingeschlafen. Dass Seung-Hyun irgendwann unter ihm erwachte und sich von ihm löste, störte Ji-Yong nicht im Geringsten. Er gehörte zu den Menschen, deren Schlaf nur durch Ereignisse größeren Ausmaßes gestört werden konnte (Laster, der durch Schlafzimmerwand rast etc.), daher war es nicht verwunderlich, dass er, selbst als seine Freund ihn von einer Schlafstätte zur anderen trug, völlig ruhig und in Träumen versunken blieb. Nur als dessen Fingerspitzen über seine Wangen bis in sein Haar hinein glitten, schaffte es diese Berührung, tief in sein Unterbewusstsein zu dringen und den Jüngeren leise Unverständliches murmeln zu lassen. In dieser Nacht schlief er wahrhaftig seelenruhig. Kapitel 2: Lalala ----------------- LaLaLa Leider begann der nächste Morgen nicht so zärtlich, wie der letzte Tag geendet hatte. Irgendjemand packte und rüttelte Ji-Yong, was ihm überhaupt nicht gefiel. Widerwillig zwang er sich dazu, seine Augen zu öffnen und gegen den Schmerz, den das Tageslicht darin verursachte, anzukämpfen. "Hyung! Jetzt wach schon auf. Ihr verschlaft noch das Frühstück. Dae-Sung macht Pfannkuchen und außerdem wollten wir heut doch noch weggehen." Es war Seung-Ri. Nur äußerst langsam kam der Leader zu Verstand und erinnerte sich an ihre Pläne für den ersten ihrer zwei freien Tage. Und jetzt konnte er auch den süßlichen Geruch, der aus der Küche herüber wehte, wahrnehmen. "Ist gut, ich bin wach. Ich bin gleich da." "OK!" Meinte ihr Jüngster daraufhin zufrieden und verschwand durch die weit geöffnete Tür. Das Nächste, was Ji-Yong zu sehen bekam, war Young-Bae, welcher ebenfalls gerade erst dabei war, sich aus seiner Decke zu arbeiten. Dieser grinste ihn nur schwach an und ruckte dann mit dem Kopf in Richtung Seung-Hyun. Es war kaum zu fassen, doch dieser war trotz all des Trubels noch im Schlaf versunken. Eine solche Gelegenheit gab dem Jüngeren sofort Kraft, sich aus dem Bett zu schwingen und zu seinem Freund hinüber zu laufen. Er wusste nicht, was ihn in diesem Augenblick ritt, aber die Art, in der Seung-Hyun nichts ahnend in sein Kissen gekuschelt da lag, verleitete ihn einfach zu dieser Tat. Voll Elan legte er die Hände auf beiden Seiten von Seung-Hyuns Gesicht nieder und gab ihm einen feuchten Kuss auf die Lippen. Die erwartete Reaktion trat ein. Der Ältere erwachte fast im selben Moment, riss die Augen auf und wich geschockt vor ihm zurück. "Ji-Yong! Was-" Der Jüngere unterbrach die gestammelten Worte, indem er seinem geschockten Freund in die Wangen kniff. "Du musst aufstehen, sonst kriegst du keine Pfannkuchen mehr.", lachte er ihm entgegen und wandte sich dann ab, ohne noch einmal zurück zu sehen. "Ich geh zuerst ins Bad!" Mit diesen Worten ließ er den armen, verwirrten Seung-Hyun hinter sich und freute sich noch weitere 5 Minuten über dessen Gesichtsausdruck. Young-Bae hatte die Szene mit erhobenen Augenbrauen verfolgt, bis zu dem Punkt, an dem Ji-Yong verschwunden war. Nun wandte er sich etwas ungläubig an den Älteren, welcher noch immer völlig überrumpelt in seinem Bett saß. Wie vom Blitz getroffen starrte dieser auf die offene Tür, in der gerade noch Ji-Yong gestanden hatte. Schließlich schaffte er es, seinen Kopf zur Seite zu drehen, um ihn das mehr als amüsierte Gesicht Young-Baes zu Blicken. "Was... was war das denn gerade?", stammelte er, während er immernoch versuchte, einigermaßen wach zu werden. "Ich würde sagen, das war Ji-Yongs ganz spezieller Weckservice." Young-Bae grinste über das ganze Gesicht, zwinkerte ihm einmal zu und verschwand, den bereitgelegten Stapel Kleidungsstücke von seinem Stuhl greifend, ebenfalls in Richtung Badezimmer. "Mach dir nicht zu viele Gedanken", riet er ihm noch, dann war auch er verschwunden. "Na toll, du bist mir vielleicht eine Hilfe", murmelte Seung-Hyun und ließ sich wieder nach hinten ins Bett fallen. Kurz schloss er die Augen, um sich genau an das Gefühl der weichen Lippen zu erinnern, die ihn nur kurz berührt hatten. Einen Moment ließ er seine Phantasie das tun, was sie wollte. Er stellte sich vor, wie er die Arme um seinen Freund schloss, ihn an sich zog und sie in einem zärtlichen Kuss versinken würden. Weiter kam er nicht, denn ein sanfter Knuff gegen die Schulter ließ ihn wieder aufschrecken. "Hyung, Ji-Yong hat gesagt, du bist wach, beeil dich lieber!" Es war Dae-Sung, der mit Bettelblick neben seinem Bett kiete. "Schon in Ordnung, ich schlafe nicht mehr", gähnte Seung-Hyun un schwang die Beine über die Bettkante. Gedankenverloren warf er sich ein Sweatshirt über und trottete in die Küche, wo alle schon auf ihn warteten. "Na ich dachte, ich hätte mir genug Mühe gegeben, dich zu wecken und jetzt sind die schönen Pfannkuchen kalt", moserte Ji-Yong, griff nach Seung-Hyuns Ärmel und zog ihn auf den Platz neben sich. Dieser vermied es, den Jüngeren anzusehen, er hatte Angst das seine Blicke sonst allen gesagt hätten, welche Empfindungen sich in ihm regten. Er murmelte nur etwas unverständlich Grimmiges und tat sich einen Berg der dicken, fluffigen Pfannkuchen auf, die Dae-Sung für sie gemacht hatte. "Kann mir mal jemand das Sirup geben?" "Hyung, du hast ja alle Erdbeeren alleine aufgegessen!" "Seid nicht so gierig!" Die Gespräche am Tisch flogen ungehört an Seung-Hyun vorbei. Er hörte, dass seine Freunde sich unterhielten, der Sinn ihrer Worte vermochte es aber nicht, in sein Bewusstsein einzudringen. Seine Erinnerung verweilte immernoch bei dem sanften Kuss, der ihn heute morgen aufgeweckt hatte. Und ein weiteres Mal fragte er sich, ob er sich vielleicht doch Hoffnung machen durfte. Aber diese Idee wischte er schnell wieder beiseite. Er würde verletzt werden, wenn er anfangen würde zu hoffen. Es war kaum zu fassen, dass ihr Ältester es geschafft hatte, zu spät zu kommen, obwohl dieser nach seinem Kuss nicht so gewirkt hatte, als könne er noch einmal die weit aufgerissenen Augen schließen. Voll Ungeduld wartend hatte Ji-Yong sich an der Obstbeilage bedient und auf die Tür gestarrt. "Gah nisch waaah...", brubbelte er, den Mund voller Erdbeeren, in Richtung Seung-Ri und musste dann anfangen zu lachen. Was für ein Morgen! An ihren freien Tagen, wenn sie wirklich Zeit für einander hatten, lief es nahezu immer derartig ab. Nur einer war heute nicht mit von der Partie. Ji-Yongs Blick wanderte zu Seung-Hyun, welcher in Gedanken versunken wirkte und noch keinen Bissen gegessen hatte, während der Jüngere bereits bei seiner zweiten Portion war. Ihm fiel nicht auf, dass er nun selbst begann, seinen Freund anzustarren und dabei das Essen vergaß. Der Ältere schreckte aus seinen Gedanken hoch, als er den Blick seines Freundes auf seinem Gesicht spürte. "He was ist denn, was guckst du so?", fragte er und versuchte mit aller Kraft, nicht rot zu werden. Ji-Yong verzog das Gesicht zu einer niedlichen Schnute. "Du hast noch gar nichts gegessen, dabei hat Dae-Sungi sich solche Mühe gegeben!" "Hmm." Ein Laut, der wohl eine Zustimmung sein sollte. Ziemlich lustlos griff er nach einem Pfannkuchen, streute ein wenig Zucker darauf und biss hinein. Erst jetzt, wo er etwas im Mund hatte, bemerkte er, wie hungrig er eigentlich war und langte tüchtig zu. Doch noch einmal zur Seite zu blicken und das triumphierende Grinsen auf Ji-Yongs Lippen zu sehen, das traute er sich nicht. Aber es war kein triumphierendes Grinsen, das sich auf dem Gesicht des Leaders zeigte. Seine Lippen wurden lediglich von einem sanften Lächeln umspielt, welches er sich selbst nicht einmal vollkommen erklären konnte. Ji-Yong wusste nur, dass der Anblick seines Freundes, welcher plötzlich mit weitaus mehr Genuss aß, zu liebenswürdig aussah. Schweigend wurden sie vom Rest der Gruppe beobachtet und Young-Bae war sich sicher, dass es keinen Sinn hatte, einem von beiden nun die Frage zu stellen, wo es am heutigen Tag eigentlich hingehen sollte. Sie schwebten in ihrer eigenen wirren Welt. Daher beschlossen er, Seung-Ri und Dae-Sung abzustimmen und am Ende stand es zwei zu eins. Es würde also in den Zoo gehen. "Waaaas???? In den Zoo? Sind wir Kinder?", entsprang es lauthals Ji-Yongs Mund, als er sich plötzlich mit dem Rest zusammen vor dem Eingang zum 'tierischen Freizeitvergnügen' wiederfand. An einem solchen Ort war er schon recht lang nicht mehr gewesen und irgendwie stellte er sich seinen Freizeitspaß doch anders vor. "Warum sind wir nicht nach 'Everland' gefahren?", wandte er sich entrüstet an Young-Bae, welcher etwas hilflos die Schultern zuckte. "Ich bin eben überstimmt worden und ihr beiden...", seine Hand deutete auf Ji-Yong und Seung-Hyun. "...wolltet euch scheinbar nicht an der Entscheidung beteiligen." Der Leader dachte an die Minuten, in denen er Seung-Hyun beim Essen beobachtet hatte und musste eingestehen, dass ihm das Gequatschte der anderen Drei dabei gar nicht aufgefallen war. Er musste wohl noch sehr müde gewesen sein. "OK, was solls, jetzt sind wie hier, also gehen wir rein.", gab er letztlich nach, was die Jubelschreie Dae-Sungs und Seung-Ris nach sich zog. Seung-Hyun fasste sich an den Kopf. Da konnte man mal wieder sehen, was es mit sich brachte, sich in seinen Schwärmereien zu verlieren. Er sollte irgendetwas tun, dass dies nicht mehr vorkommen konnte. Allein schon, weil es irgendwann sicher auffallen würde. Aber dass selbst ihr hyperaktiver Energiebolzen am Morgen abgelenkt worden war und sich nicht an der Abstimmung beteiligt hatte, gab ihm Rätsel auf. Wie spannend konnte schon ein essender Mensch sein, wenn man sonst nichts von ihm wollte. Kurz schüttelte er den Kopf. Nun waren sie einmal hier und er würde versuchen, das Beste daraus zu machen. Selbst wenn es noch so kindisch war, so hatten sie am Ende des Tages wenigstens einen netten Spaziergang gemacht. Bei Ji-Yongs entrüstetem Aufschrei musste er breit grinsen. So sehr ihr Leader sich jetzt noch beschwerte, so viel Spaß würde ihm der Ausflug am Ende doch machen. Seung-Hyun kannte ihn zu gut. Spätestens nach dem ersten Stand, an dem Zuckerwatte verkauft wurde, würde sein Unmut wie weggeblasen sein. Tatsächlich geschah dies allerdings noch früher. Sie waren kaum ein paar Schritte gegangen, da verwandelte sich Ji-Yongs Schmollmund in ein breites Lachen. "Affen? Es gibt hier Affen? Ich muss da hin! Bitte, lasst uns da zuerst hingehen!", bettelte er und zog gleichzeitig an Seung-Hyuns und Young-Baes Ärmel. Dass er die beiden Jüngeren nicht lange bitten musste, schien er zu wissen. "Also gut, von mir aus", seufzte Young-Bae und warf dem Ältesten einen leidgeprüften Blick zu, der so viel sagen sollte wie 'Was solls, wir können eh nicht viel dagegen machen'. Dieser zuckte mit den Schultern und so war es beschlossene Sache. Ji-Yong warf nochmal einen Blick auf den Wegweiser, auf dem er die Information entdeckt hatte, dann schlang er einen Arm um Seung-Ris Schultern und rannte los. Die beiden Ältesten schauten den anderen nach und fühlten sich fast wie die Erzieher bei einem Kindergartenausflug. Doch Young-Bae entging nicht, wieviel Wärme der Blick enthielt, den Seung-Hyun ihrem Leader hinterherschickte. "Natürlich gibt es Affen, wir sind im Zoo.", sagte Dae-Sung mit rollenden Augen. Auch er hatte geahnt, dass Ji-Yong am Ende den meisten Spaß haben würde und sie den gesamten Tag damit beschäftigt wären, ihm hinter her zu hetzen. Und genau dies geschah. "Hey nicht so schell!", ließ Seung-Ri erschrocken verlauten, als er von ihrem Leader gepackt und mitgezerrt wurde. Allerdings war es ihm recht, denn Affen hatte er selbst gern sehen wollen. Ji-Yong hatte, wie es schien, wieder einmal seine gesamte Vernunft über Bord gehen lassen und stürzte sich ins Vergnügen. Man musste aus allem etwas Gutes machen können und das glückte ihm so gut wie jedes Mal. Affen hatte er bereits als Kind mehr geliebt als jedes andere Tier, weshalb er sich wahrscheinlich zu jener Zeit jede Woche eine Verletzung beim Klettern zugezogen hatte. Nun stand er, noch immer den Arm um Seung-Ri gelegt, genau vor dem Käfig mit den verrücktesten Äffchen, die er finden konnte. Sie waren klein, braun und hatten abstehende Ohren und außerdem waren zwei von ihnen soeben dabei, sich zu prügeln. Komischer Weise sah die Kabbelei trotzdem sehr niedlich aus. Endlich hatten Seung-Hyun und Young-Bae ihren Flohzirkus wieder eingeholt. "Ihr hättet ruhig auf uns warten können!", beschwerte sich Seung-Hyun mit gespieltem Ärger und stellte sich neben ihren Jüngsten um herauszufinden, was sie so begeistert anstarrten. Kapuzineräffchen, las er auf dem Schild, das neben dem Käfig angebracht war. Die Tiere waren wirklich sehr süß, wie sie aufgebracht durch den Käfig und die angebrachten Klettergeräte flitzen, aufeinander herumturnten und sich gegenseitig mit Essen bewarfen. "Hey, Ji-Yonga," Seung-Hyun beugte sich vor, so dass er an Seung-Ri vorbei ihrem Leader ins Gesicht sehen konnte. "Der da hinten sieht fast aus wie du!" Alle brachen in zustimmendes Gelächter aus. "Wie gemein", ereiferte Ji-Yong sich und verschränkte die Arme vor der Brust. "Ich habe einen viel besseren Haarschnitt!" Auf seinen Einwand hin krallten sich sogleich mehrere Hände in sein Haar und begannen es in alle Richtungen zu zerzausen. "Aber natürlich hast du das!", rief Dae-Sung und Seung-Ri eiferte ihm nach. Ji-Yong versuchte unter den beiden hinwegzutauchen und sich zu befreien, was ihm aber erst mit etwas mehr Krafteinstaz gelang. In dieser Sekunde wurde der Leader von ihren Jüngsten losgelassen und taumelte mit zu viel Schwung rückwärts direkt gegen Seung-Hyun, welcher sofort die Arme um ihn schloss, um ihn festzuhalten. "Ji-Yonga, sei vorsichtig.", warnte sein Freund ihn milde. Er sah, dass der Jüngere noch leicht verwirrt war, weshalb dieser kurz in seiner Position verweilte. Er hatte sein Gleichgewicht noch nicht ganz wiedergefunden. Er brauchte sie noch, Seung-Hyuns Arme. Der Ältere hatte den Kabbeleien seiner Freunde lachend zugesehen, bis Ji-Yong gestolpert und fast zu Boden gestürzt wäre. Automatisch trat er einen Schritt näher und schlang die Arme um ihn. Sein Herz schlug schneller, als er den dünnen Körper an sich presste und er fragte sich, ob die anderen es nicht hören konnten. Lächelnd stellte er ihn wieder auf die Beine und fuhr ihm durch das zerstrubbelte Haar. "Irgendwann brichst du dir noch beide Beine, wenn du nicht aufpasst" Ji-Yong blickte kurz über die Schulter und schenkte ihm ein schiefes Grinsen, dann boxte er ihn leicht in die Seite. "Danke, dass du mich aufgefangen hast" Es war so leise, dass nur Seung-Hyun ihn hören konnte, so leise, dass er sich fragen musste, ob ihm nicht ein weiteres Mal seine Phantasie einen Streich gespielt hatte. Doch als sich Ji-Yong umdrehte, und seine Hand für einen Moment Seung-Hyuns eigene streifte, wusste er, dass er sich nicht verhört hatte. Was machte dieser Junge bloß mit ihm, was stellte er mit seinem Verstand an? "Und jetzt?", rief Ji-Yong und warf die Arme in die Luft. "Oh, ich will den Panda sehen! Und die Giraffen!" "Gehen wir zuerst ein Eis essen?" Drei Paar großer Kulleraugen waren auf Young-Bae gerichtet, dem am heutigen Tag wohl die Rolle des großen Entscheiders zufiel. "Äh... Eis klingt gut!" Ji-Yongs Dank war ehrlich. Seung-Hyun fing ihn immer auf. Er war sein bester Freund und bewies dies wieder und wieder. Bei ihm hatte er nichts zu befürchten. Und wie um ihm zu beweisen, dass er dies zu würdigen wusste, strich er mit der Hand unauffällig über dessen, ohne dass es die anderen mitbekamen. Dies sollte ihr Geheimnis bleiben. Das Eis-Essen war also beschlossen und sie machten sich auf den Weg, einen Stand zu finden, an dem man eine derartige Süßigkeit erwerben konnte. Dass sie bei ihrer Suche gleich durch das Kleintierhaus kamen, gab Ji-Yong genügend Gelegenheit sich zu rechnen. Vor einem Atrium mit ein paar besonders putzigen Tieren blieb er stehen und zog Dae-Sung zu sich heran, indem er ihm einen Arm um den Hals schlang. "Also wenn ich aussehe wie ein Kapuzineräffchen, dann sieht Dae-Sung aber aus wie ein Rosettenmeerschweinchen." Die anderen blickten sehr verdattert durch dieses plötzliche Kommentar und traten neugierig näher. Es war zwar ein bisschen gemein, aber... "Eine gewisse Ähnlichkeit ist wirklich nicht abzustreiten.",gab Young-Bae zu und ließ seinen Blick von den possierlichen Tierchen zu Dae-Sungs entrüstetem Gesicht schweifen. "Waaaas?????? Warum muss ich ein Meerschweinchen sein?" "Ich hatte mal eins als Haustier.", ließ Seung-Ri verlauten und hatte Glück, dass Ji-Yong Dae-Sung noch immer fersthielt. So konnte der Leader verhindern, dass er sich auf den Jüngsten stürzte. Es war schon spät am Abend, als die fünf lachend ihre Wohnung wieder betraten. "Und Dae-Sungs Gesichtsausdruck, als dieser blöde Fisch ihn fast getroffen hätte", kicherte Ji-Yong und warf seine Schuhe in die Ecke. "Hey, ich kann nichts dafür, wenn die bei der Fütterung nicht aufpassen können!" Immernoch lachend und scherzend ließen sie sich im Wohnzimmer auf die Couch fallen. Der Tag war wirklich sehr schön gewesen, wenn auch auf seine Weise und gerade für Seung-Hyun anstrengend, der ständig dem Drang zu wiederstehen hatte, seinen jungen Freund in die Arme zu schließen und mit zärtlichen Küssen zu bedecken. An den Tagen, an denen sie arbeiten mussten, konnte er sich unter Kontrolle halten, dann war er konzentriert und fokusiert, aber in ihrer Freizeit fiel es ihm umso schwerer. Aber auch so hatte ihnen der Tag einiges abverlangt. Wenn sie schon einmal hier waren, hatte Seung-Ri argumentiert, sollten sie auch kein Tier auslassen und der Zoo war groß. Besonders lange hatten sie bei den Raubkatzen und den Giraffen verbracht und am Ende hatte Ji-Yong darauf bestanden, sich nochmal die Affen anzusehen. "So ähnlich sehen die mir auch wieder nicht", hatte er gesagt und sich grinsend gegen Seung-Hyun gelegt. "Mir ist schlecht!" Seung-Hyun wurde unsanft in die Realität zurückgeholt. Dae-Sung lag mit zusammengekniffenen Augen auf dem Fußboden und hielt sich jammernd den Bauch. "Kein Wunder", schalt Young-Bae mit oberlehrerhaft erhobenem Zeigefinger. "So viel Müll wie du in dich reingestopft hast." Die Antwort war nur ein verkniffenes Stöhnen, doch Young-Bae hatte recht. Fast hatte man den Eindruck, Dae-Sung hätte heute mehr verschiedene Gerichte und Süßigkeiten gesehen, als Tiere. Konkurrenz konnte ihm in der Hinsicht nur Ji-Yong machen, doch der hatte einen sprichwörtlichen Pferdemagen. "Weißt du, was da hilft? Schlafen!", schlug Seung-Hyun vor und gähnte einmal herzhaft. Mit einem Anflug von Sorge sah der Leader auf Dae-Sung herab. Young-Bae sprach zwar nur die Wahrheit aus, aber letztlich war es ihr freier Tag und an diesem sollte es ihnen erlaubt sein, nach ihrem Belieben zu handeln. Selbst wenn es derart endete. Dae-Sung war ansonsten sehr diszipliniert bei dem, was er zu sich nahm, sodass Ji-Yong sich damit zurück hielt, ihn weiter zu ärgern. Er entschloss sich, die Strafpredigt Young-Bae zu überlassen und ging in die Küche. Dort warf er eine Brausetabeltte gegen Magenbeschwerden in ein Wasserglas und brachte es zurück ins Wohnzimmer. Langsam kniete der Leader sich neben seinen leidenden Freund und reichte ihm die bittere Medizin. "Hier, nimm. Dann wirds gleich besser.", sagte er mit ruhiger Stimme. Dae-Sung blickte ihn mit tief dankbaren Augen an und trank die Flüssigkeit in einem Zug. Danach ließ er sich wieder zu Boden sinken. "Danke, Hyung." "Schon OK.", lächelte Ji-Yong und stach ihm mit dem Zeigefinger behutsam in die Seite. Er dachte an das, was Seung-Hyun eben erwähnte, als bestes Hilfmittel gegen Bauchweh und nickte für sich selbst. "Ja, vielleicht sollten wir schlafen gehen." Auf diesen Vorschlag hin fragte Young-Bae lediglich, ob er ihm noch behilflich sein könnte, was Dae-Sung anging, doch der Jüngere winkte ab und beteuerte, dass sie ruhig ins Bett gehen könnten. Etwas verwundert aber mit der Sicherheit, dass ihr Ältester immer noch dort war, verließ Young-Bae somit das Wohnzimmer gefolgt von Seung-Ri. Und einige Minuten später fühlte auch Dae-Sung sich besser und brachte es fertig, dem Boden zu entsagen und sich in sein eigenes Zimmer aufzumachen. Ji-Yong allerdings blieb trotzdem am Boden sitzen. Er fühlte sich schläfrig und betrachtete abwesend seine Hand, während er den Tag Revue passieren ließ. Solch schöne Zeiten waren leider viel zu selten geworden. "Hyung?", sprach er Seung-Hyun an, in dem Wissen, dass dieser noch hinter ihm stand. Der Ältere fühlte sich aus einer weiteren Trance gerissen, in welcher er Ji-Yongs gekauernde Gestalt betrachtet hatte und musste sich kurz räuspern. "Ja?" "Ich will, dass es so bleibt, wie es jetzt ist. Du auch?" Seung-Hyun kniete sich hinter seinen Freund und legte ihm die Hand auf die Schulter, dann lächelte er und nickte, nicht daran denkend, dass Ji-Yong ihn gar nicht sehen konnte. "Ja", sagte er schließlich. "Es soll für immer so bleiben." Und es war in diesem Moment das, was er im tiefsten Inneren seines Herzens spürte. "Und selbst wenn sich etwas ändert, ich will, dass wir für immer so vertraut miteinander sind, wir alle." "Ja...", flüsterte Seung-Hyun und lehnte seinen Kopf gegen Ji-Yong. In seiner Kehle brannten drei Worte, die gern an die Oberfläche steigen würden, gern alles ausdrücken wollten, was er empfand. Doch er schaffte es, sie herunterzuschlucken. Es war nicht der Zeitpunkt dafür. Es würde wahrscheinlich niemals der Zeitpunkt dafür sein, aber damit konnte er sich abfinden. Ja, wie Ji-Yong sagte, er hoffte, dass sich nichts änderte. Die freundschaftlichen Berührungen, das offenen Lachen, Umarmungen. Und Ji-Yong, der so unschuldig war, dass er nicht wusste, was er eigentlich anrichtete. Aber wie könnte er auch... "Hyung, bist du auf meinem Rücken eingeschlafen?" Seung-Hyun schreckte auf und schubste Ji-Yong leicht, so dass er fast zur Seite kippte. Er konnte sich gerade noch auffangen, setzte sich auf seinen Hintern und grinste frech über seine Schulter. "Das liegt nur daran, dass du den ganzen Tag so anstrengend warst", rechtfertigte sich Seung-Hyun und erhob sich langsam. Daraufhin reichte dem Jüngeren die Hand, um auch ihm aufzuhelfen. Wortlos gingen sie zu Bett und während Ji-Yong schnell eingeschlafen war - es war an seinem ruhigen Atem zu erkennen - lag Seung-Hyun noch eine Weile wach und starrte durch die Dunkelheit auf das Bett, das dem seinen gegenüber lag. "Gute Nacht", flüsterte er schließlich und drehte sich zur anderen Seite, um einzuschlafen. Aber auch durch Ji-Yongs Kopf zogen für eine kurze Zeit noch Gedanken über Seung-Hyun. Über ihr Beisammensein im Wohnzimmer. Er wusste nicht, warum er dies gesagt hatte. Es war doch selbstverständlich, dass er sich wünschte, dass es immer so weiterging. Seinen Freunden ging es gut. Er konnte mit ihnen arbeiten und ungezwungen sein. Doch am liebsten ließ er sich in der Nähe des Älteren gehen, als würde ihn dieser nahezu dazu verleiten. Und vielleicht lag ein bisschen Wahrheit in dieser Vermutung. Kapitel 3: Hot Issues --------------------- Die Zeit, die die Jungs in Freiheit verbringen konnten, neigte sich unglücklicherweise viel zu schnell dem Ende zu. Nach einem weiteren Tag, an welchem sie dem Nichtstun fröhnten, mussten sie sich bereits wieder im Entertainment zusammen finden, um ihre Pläne und Vorhaben für die nächste Zeit zu besprechen. Und auch ihr Training musste wieder aufgenommen werden. Vier Tage nach ihrem Ausflug in den Zoo stand die Gruppe wieder im Studio und zeigte vollen Einsatz. Oder zumindest versuchte sie es, doch ihrem Leader schien dies nicht zu glücken. "Au! Ji-Yonga, was machst du?" Young-Bae starrte den Jüngeren etwas entrüstet an, als dieser ihm bereits zum zweiten Mal in die Quere kam und ihm nun sogar auf die Füße trat. Doch er bekam nichts weiter als einen konfusen Blick zugeworfen, woraufhin Ji-Yong zurückstolperte und sogleich gegen Seung-Ri prallte. "Hyung! Ist alls OK?", fragte dieser verwundert und half ihm, sein Gleichgewicht wieder zu finden. Ihr Leader nickte abwesen und fasste sich an den Kopf, dann schüttelte er diesen. "Tut mir Leid, ich war nur grad nicht bei der Sache. Sorry Hyung!", rief er Young-Bae zu und versuchte sein versöhnlichstes Lächeln aufzusetzen. "Schon gut, lasst uns einfach nochmal von vorn anfangen.", antwortete der Ältere und erntete aus der gesamten Gruppe zustimmendes Nicken. Sie nahmen ihre Positionen ein und begannen erneut. Jedoch, auch wenn es bis zum Ende des Trainings keine größeren Zwischenfälle mehr gab, schien sich Ji-Yongs Verwirrung noch nicht ganz aufgelöst zu haben. Natürlich war Seung-Hyun der kleine Zwischenfall im Tanzstudio nicht entgangen, doch während die anderen ihn schnell wieder vergaßen, konnte er ihn nicht so leicht abtun. Während des gesamten Trainings stand er entweder hinter oder neben Ji-Yong und so hatte er alle Gelegenheit der Welt, den Jüngeren genauer in Augenschein zu nehmen. Und nach zweieinhalb Stunden war er sich sicher: da war etwas, das ihren Leader bedrückte und ablenkte. Natürlich war Ji-Yong nicht die personifizierte Konzentration, aber normalerweise konnte er seine Schritte, wenn es darauf ankam und normalerweise bewies er ebenfalls eine schnelle Auffassungsgabe. Selbst wenn er nebenbei herumalberte und alle anderen ablenkte. Doch diesen abwesenden, nachdenklichen, fast könnte man meinen besorgten Blick hatte Seung-Hyun noch nie an ihm bemerkt. Er machte sich Sorgen. Aus diesem Grund beschloss er, dass er seinen Freund darauf ansprechen musste. Im Grunde erwartete er keine Antwort. Ji-Yong versuchte mit Problemen meist selber klarzukommen. Aber er sollte zumindest wissen, dass Seung-Hyun für ihn da sein würde, wenn er ihn brauchte. "Ji-Yonga? Kann ich kurz mit dir reden?" Seung-Hyun hatte gewartet, bis alle anderen nach dem Training aus der Umkleidekabine verschwunden waren, dann war er neben seinen Freund getreten. Er wusste, dass die andere noch nichts gemerkt hatten und er wollte sie nicht beunruhigen, vor allem wenn Ji-Yong vielleicht einfach nur schlecht geschlafen hatte. Der Jüngere zuckte zusammen, als er angesprochen wurde. Er hatte schon fast zwei Minuten mit dem T-Shirt in der Hand dagestanden und in seinen Spind gestarrt. Er drehte sich zu dem Älteren um und in seinen Augen erkannte Seung-Hyun, dass es mehr war, als nur ein schlechter Tag, der ihn derartig neben sich stehen ließ. "Hmm...?", war die unmotivierte Antwort. Seung-Hyun legte die Hand auf die Schulter des anderen und bugsierte ihn sanft auf die Bank, die zwischen den Spindreihen stand. Dieser ließ es ohne Gegenwehr mit sich machen. "Ich sehe doch, dass es dir nicht gut geht. Möchtest du mir nicht sagen, was dich bedrückt?" Ji-Young war nicht bewusst gewesen, dass er für eine derart lange Zeit einfach nur dagestanden hatte. Zu tief hatte er sich in seinen Gedanken vergraben, als dass er hätte mitbekommen können, wie der Ältere sich ihm näherte. In der Hoffnung, dass der Schrecken in seinen Augen nicht allzu groß war, er sich nicht allzu sehr verriet, ließ er sich von Seung-Hyun auf die Bank drücken und sah verunsichert zu Boden. Noch immer spürte er die Hand seines Freundes auf der Schulter, der einzig warme Punkt an seinem Körper wie es ihm schien. Das Auftauchen von dessen Frage ließ ihn den Kopf schütteln. Ji-Yong fuhr sich mit einer Hand über die Augen, um sich endlich von diesem unangenehmen Gefühl zu befreien, dass ihn beschlichen hatte. Er wollte seinem Freund keine Sorgen bereiten. "Es ist nichts. Tut mir Leid, ich war im Training wirklich schlecht. Ich fühl mich einfach nicht gut, vielleicht eine Erkältung oder sowas...", murmelte er und als wollte er diesen Verdacht bekräftigen, ließ er erschöpft seinen Kopf auf die Schulter des Älteren fallen. Ja, hier fühlte er sich wohl. Diese Erklärung hatte Seung-Hyuns Sorge allerdings nicht kleiner gemacht. Selbst wenn dies die Wahrheit darstellte, konnte er sich nicht erleichtert fühlen, wenn er wusste, dass der Jüngere plötzlich krank wurde. Zörgerlich wanderte seine Hand um dessen Schultern, bewegte sich über die Rechte hinauf, am Gesicht vorbei, bis sie sich auf der Strin Ji-Yongs niederlegte. Dieser öffnete leicht überrascht die Augen, doch sagte er kein Wort und rührte sich nicht vom Fleck. "Du hast kein Fieber", murmelte Seung-Hyun, ließ seine Hand aber noch ein wenig auf der Stirn des anderen verweilen. "Wenigstens etwas..." Seine Gedanken begannen zu kreisen. Konnte es wirklich eine Erkältung sein, machte sein Freund ihm da nicht etwas vor - vielleicht um ihn nicht zu beunruhigen? Um keinen von ihnen zu beunruhigen. Er glaubte es fast. Es ließ sich nicht genau fassen, aber es war etwas in Ji-Yongs Körperhaltung, das laut schrie: 'Bitte glaub mir und lass mich allein!' Fürs Erste beschloss er, es auf sich beruhen zu lassen und darauf zu warten, dass es dem Jüngeren besser gehen oder dieser von sich aus mit ihm sprechen würde. Er wollte schon seine Hand wegziehen, doch er fühlte, dass sein Freund sie festhielt, scheinbar brauchte er in diesem Moment seine Anwesenheit, die Anwesenheit eines Freundes, der ihn nicht ausfragte und Seung-Hyun beschloss, dieser Freund zu sein, wenn es auch seine Sorgen nicht schrumpfen ließ. Unwillkürlich tauchte vor seinem inneren Auge das Bild des verrotteten Blumenstraußes auf. Dann das verschmierte Auge auf der Rückseite der Karte und die beunruhigende Nachricht. Doch das war schon fast eine Woche her. "Ji Yonga, du weißt, dass ich für dich da bin, oder?", wisperte Seung-Hyun und drückte seinen Freund sanft an sich. Der sah kurz nach oben, seine Augen waren schwer und sorgenvoll, um seine Lippen spielte ein falsches Lächeln. Dann nickte er. Seung-Hyun würde bei ihm sein, das wusste er. Daher war zumindest sein Nicken erfüllt von ein wenig Zuversicht. In sein Lächeln jedoch konnte er diese nicht legen, denn als er zu seinem Freund aufsah, konnte er die Zweifel erkennen. Mit seinem Versprechen zeigte er Ji-Yong, dass er ihm nicht glaubte. Aber so lang er keine Fragen stellte und ihn nur bei sich behielt, war es in Ordnung. Es war doch alles in Ordnung. Er wünschte es sich. Von leisen Schuldgefühlen über seine Lüge und sein Schweigen zerfressen, senkte sich der Blick des Jüngeren wieder und er biss sich auf die Lippe. Als er spürte, wie Seung-Hyun ihn an sich drückte, gab ihm dies ein Gefühl von Sicherheit. Derart stark und beruhigend, dass er mehr davon wollte. Obwohl sein Oberkörper noch immer nackt war und ihm langsam kalt wurde, irgnorierte er es und schlang seine Arme nun selbst um den Körper seines Freundes, um sein Gesicht an dessen Brust zu verstecken. Diesmal war alles etwas anders als sonst. Er tat es nicht aus Spaß oder um ihn zu ärgern. Er tat es aus Angst. Der Abend brach an und sie kehrten erst spät heim. Alle Fünf begaben sich in die Küche, um etwas zu Essen zusammenzukochen, doch Ji-Yong beteiligte sich nicht an dem ruhelosen Treiben. Kraftlos ließ er sich auf einen Stuhl am Esstisch sinken und stützte seinen Kopf mit einer Hand darauf ab. Wieder in Gedanken verloren tastete sein Blick über ihren Ältesten und er rief sich in Erinnerung, wie lang sie noch dort zwischen den Schränken gesessen hatten. Wieviel Zeit er in dessen Armen verbracht und wie gut dies seiner Seele getan hatte. Ja, Seung-Hyun war sein bester Freund. Ein Freund, der wusste, was er brauchte. Das Klirren von Schüsseln und Gläsern brachte ihn wieder in die hiesige Welt zurück. Seung-Ri und Dae-Sung deckten den Tisch ein. Niemand beschwerte sich, dass er nicht mithalf. Er war ihnen sehr dankbar. Young-Bae und Seung-Hyun waren es, die die dampfenden Schüsseln mit Reis und das Tablett mit den Beilagen heranschaften. Der Geruch von frischem Gemüse und gebratenem Fleisch stieg Ji-Yong in die Nase, doch er verspürte keinen Appetit. Auch Seung-Hyun langte nicht sehr kräftig zu, er war mit den Gedanken bei seinem Freund. Doch diesmal waren es nicht romantische Phantasien, die ihn vom Essen abhielten sondern unruhige Sorge. Er bemerkte, dass Ji-Yong kaum etwas von der leckeren Mahlzeit anrührte und musste unwillkürlich an den Morgen denken, an dem ebenfalls keiner von ihnen viel gegessen hatte. Doch heute war es anders. Er versuchte zumindest ein wenig Nahrung zu sich zu nehmen, um den anderen zusätzliche Sorgen um ihn zu ersparen. Das Gespräch am Tisch war bei weitem nicht so lebhaft wie sonst. Es fehlte der andauernde Input ihres Leaders und eine graue Regenwolke schwebte über ihrer aller Köpfe. Seung-Ri und Dae-Sung versuchten immer wieder ein Gespräch anzukurbeln doch es war fast traurig wie fruchtlos ihr Bemühen war. "Ich gehe ins Bett!" Unvermittelt erhob Ji-Yong sich vom Tisch und stellte seinen noch vollen Teller ohne jemanden anzusehen in die Spüle. "Was bloß mit ihm los ist?", wunderte sich Seung-Ri und führte ein Stückchen Fleisch zum Mund. Er schaute Seung-Hyun an und schien eine Aufklärung zu erwarten. Immerhin hatten die beiden nach dem Training eine ganze Weile auf sich warten lassen. Doch dieser konnte auch nicht mehr tun, als den Kopf zu schütteln und mit den Schultern zu zucken. "Er hat gesagt, er ist nur erkältet. Vielleicht stimmt es ja..." Auf diese Antwort hin tauschten Young-Bae, Seung-Ri und Dae-Sung argwöhnische Blicke aus und widmeten sich dann wieder stumm ihrem Essen. Scheinbar wollte am heutigen Abend niemand mehr auch nur ein Wort von sich geben. Ji-Yong hatte genug. Warum verfielen sie nahezu in Schweigen, wenn er sich einmal nicht beteiligte? Er hatte sich gefühlt, als wären aller Augen insgeheim auf ihn gerichtet gewesen. Als wollten sie ihn still und heimlich aber unerbittlich dazu zwingen, mit der Wahrheit heraus zu rücken. Aber das konnte er nicht. Wenn er es vergessen wollte, dann konnte er es sich nicht eingestehen, indem er es laut aussprach. Ji-Yong wollte nicht wahrhaben, dass er Angst hatte. In ihrem Schlafzimmer zog er sich um und bemerke dabei etwas, das zu Boden gefallen war, als er sein T-Shirt für die Nacht unter seinem Kissen hervorgezogen hatten. Sein Herz setzte einen Schlag lang aus und mit bebender Hand ergriff er es, um es zu betrachten. Von Horror gelähmt starrte er darauf und es starrte zurück. Er konnte sich nicht bewegen. In dieser Sekunde sprang die Zimmertür auf und Seung-Hyun trat ein. Seung-Hyun, der beobachtete, wie Ji-Yong etwas in der Hand hielt, das er in diesem Moment hastig unter sein Kissen stopfte. Der Ältere trat näher. Ji-Yong war nervös. Mit fahrigen Händen schlug er seine Decke zurück. "Hyung...w-willst du auch schon ins Bett gehen?", stellte er eine ausweichende Frage und setzte sich in das seine. Seung-Hyun zog eine Augenbraue nach oben, sagte aber nichts. Er konnte Ji-Young nicht zwingen, mit ihm zu reden, wenn er es nicht wollte. "Eigentlich nicht, ich wollte nur nach dir sehen. Möchtest du, dass ich dich lieber alleine lassen?" Er blieb im Türrahmen stehen und betrachtete den Jüngeren unverwandt. Dieser wandte den Blick ab, als würde er ihm nicht standhalten können. Dann schüttelte Ji-Yong den Kopf, zuckte die Schultern. "Weiß nicht...", antwortete er leise und starrte weiter das Muster seiner Bettdecke an. Seung-Hyun blieb noch einen Moment stumm in der Tür stehen, beobachtend, analysierend. Da war etwas. Und es schien schlimm zu sein. So schlimm, dass Ji-Yong sich ihnen nicht anvertrauen konnte. Seung-Hyun war ein bisschen gekränkt, auch wenn sein Verstand ihm sagte, dass ihr Leader einfach so war und es nicht mangelndes Vertrauen war, welches ihn verstummen ließ. "Ich lass dich dann schlafen", sagte er schließlich und drehte sich um. Er würde den ganzen Abend nichts tun können als sich zu sorgen, aber er spürte, dass es besser war, wenn er Ji-Yong nun alleine lassen würde. Tatsächlich verbrachte Seung-Hyun den gesamten Abend auf dem Dach des Appartementgebäudes, sich eine Zigarette nach der anderen ansteckend, Bier um Bier trinkend, den Himmel anstarrend, grübelnd. Dass es kalt wurde und er anfing zu zittern, bemerkte er kaum, seine Gedanken waren die ganze Zeit bei Ji-Yong und bei dem, was er unter seinem Kopfkissen versteckt hatte, als er das Zimmer betrat. Erleichtert ließ sich Ji-Yong nach hinten fallen, nachdem Seung-Hyun das Zimmer freiwillig verlassen hatte. Die Last, die auf seine Lungen drückte und ihm beinahe das Atmen unmöglich machte, löste sich langsam auf. "Hyung...", flüsterte er in den Raum hinein, aber der Ältere kehrte nicht zurück. Ji-Yong löschte das Licht und rutschte tief unter seine Decke. Doch sie gab ihm keinerlei Sicherheit. In seiner Kindheit hatte sie ihn gegen Monster und Geister verteidigt. Im Hier und Jetzt schien sie gegen alles Übel nutzlos geworden zu sein. Er nahm kaum wahr, dass Tränen aus seinen Augen flossen, während er einschlief. Young-Bae hatte ein ungutes Gefühl, als er Seung-Hyun dabei beobachtete, wie er aus dem Kühlschrank einige Dosen Bier entnahm und daraufhin das Apartment verließ. Er verbrachte den Rest des Abends mit Dae-Sung und Seung-Ri in dem Versuch, die Stimmung zwischen ihnen nicht ganz in den Keller sinken zu lassen, doch es gelang ihm kaum. Als die beiden sich letztlich entschieden nun selbst ins Bett zu gehen, warf der Ältere einen Blick in das Zimmer, welches er sich mit Seung-Hyun und Ji-Yong teilte. Durch die Dunkelheit konnte er erkennen, wie ihr Leader in seinem Bett lag. Er schien zu schlafen, aber das Bett ihres Ältesten war leer. Er entschied sich ihn aufzusuchen. Und er fand Seung-Hyun genau dort vor, wo er ihn vermutet hatte. Mit einem Seufzen setzte er sich neben den Älteren und sah ihn von der Seite her an. "Sowas solltest du nicht zu oft machen." Er deutete auf die zur Hälfte geleerte Zigarettenschachtel und drei zerdrückte Dosen. Als Seung-Hyun als Reaktion darauf nur noch eine weitere Dose öffnete, nahm der Jüngere sie ihm aus der Hand und trank selbst einige Züge davon. "Ich weiß, dass du dir Sorgen um ihn machst. Aber du solltest deshalb nicht hier draußen sitzen und melancholisch in der Gegen herumstarren. Das hilft ihm nicht und dir auch nicht." Er nahm einen letzten Zug und räusperte sich. "Er schläft übrigens schon und du solltest seinem Beispiel folgen." "Ja, vielleicht hast du recht", seufzte Seung-Hyun, machte aber keine Anstalten dem guten Rat Young-Baes zu folgen. Stattdessen griff er nach der offenen Dose und nahm sie dem Freund aus der Hand, um einen großen Schluck daraus zu trinken. Dann ließ er sich nach hinten auf den kalten Steinboden fallen und starrte nur weiter in den Himmel, als könnte der ihm Antworten auf all seine ungestellten Fragen geben. "Naja, du wirst schon wissen, was du tust", sagte Young-Bae, nachdem er das Gesicht des Aelteren noch eine Weile betrachtet hatte. Dann rappelte er sich hoch und machte Anstalten zu gehen, nicht ohne sich vorher nach den noch geschlossenen Bierdosen zu bücken und diese zu beschlagnahmen. Seung-Hyun hatte für heute eindeutig genug getrunken. Als er schon fast zur Tür herein war, hörte er noch einmal die Stimme seines Freundes. Leise, aber dennoch zu verstehen. "Er wird schon wieder, oder?" "Natürlich!" Seung-Hyun wusste nicht genau, wieviel Zeit verging, bis auch er endlich das Dach verließ, aber er schätzte, dass es ungefähr eine Stunde gewesen sein musste. Erst als er wieder auf den Beinen war, wurde ihm die Wirkung des Alkohols bewusst, welcher die Welt vor seinen Augen verschwimmen liess. So leise er konnte, betrat er das Zimmer, das er sich mit Ji-Yong und Young-Bae teilte. Ihr Leader schien tief und fest zu schlafen und auch von Young-Baes Bett konnte er gleichmäßigen Atem vernehmen. Eine leise Melancholie überkam ihn, als er Ji-Yong betrachtete, sein unschuldiges Gesicht, das ihn im Schlaf so sanft und sorglos aussehen ließ. Aus einem inneren Impuls heraus, ließ er sich neben ihn auf die Matratze sinken, um ihn noch eine Weile beobachten zu können. Ob es der Alkohol war, der ihm in dem Moment den Mut dazu gab oder das tiefe Bedürfnis seinen Freund zu trösten und zu beschützen, konnte er später kaum noch sagen, doch in diesem Moment spielte es auch keine Rolle. Er beugte sich vor, zögerte, sog den Geruch seines Freundes in sich ein. Dann schloss er die Augen und drückte einen sanften Kuss auf die unerwartet weichen Lippen, die er so lang begehrt hatte. In diesem Moment schossen viele Gedanken durch seinen Kopf wie Gefühle durch seine Brust, dass er sie kaum auseinanderhalten konnte. Die lauteste Stimme in seinem Inneren wollte, dass er diesen kurzen, innigen Augenblick genoss und ihn dann für immer in seinem Herzen einschloss. Eine andere sagte ihm, dass es falsch war, die Situation so auszunutzen und dass Ji-Yong niemals davon erfahren durfte. Dann löste Seung-Hyun sich von dem Jüngeren und hinderte sich mit aller Kraft daran zu denken, was passiert wäre, wenn er ihn geweckt hätte. Doch Ji-Yong atmete so ruhig wie vorher. Gerade wollte er aufstehen, schlafen, alles vergessen, da fiel sein Blick auf eine Ecke Papiers, das unter dem zerknautschten Kissen hervorblitzte. Das Geheimnis, der Schlüssel, fuhr es Seung-Hyun durch den Kopf. Kurz versuchte er dem Drang zu wiederstehen, doch die Sorge um seinen besten Freund gewann die Oberhand und er zog das gefaltete Blatt unter dem Kissen hervor. Das darauf gekritzelte Auge verriet ihm sofort, dass er die richtige Entscheidung getroffen hatte. Mit zitternden Händen entfaltete er den Zettel und musste einen Moment die Augen zusammenkneifen, denn die Schriftzeichen verschwammen vor seinen Augen. Nach einigen Sekunden erholten er sich endlich und konnte im fahlen Mondlicht die Worte erkennen. Es war ein Liebesbrief. Mein geliebter Engel, Jeden dieser Tage, an denen ich dich nicht zu Gesicht bekomme, verlangt es mich umso mehr nach dir. Mein Geschenk hat dir gefallen, nicht wahr? Ich hatte es schon sehr lang für dich aufbewahrt. Vor den anderen hast du so getan, als würdest du mich nicht kennen, aber das ist in Ordnung. Wir müssen unsere Liebe geheimhalten. Genauso wie ich wünschst du dir doch auch, dass niemand unser Glück kaputt macht. Ich hätte es nicht für möglich gehalten, einmal etwas so Perfektes wie dich zu treffen. Du bist mein gesamtes Leben und ich werde nicht zulassen, dass du mich je verlässt. Warte nur noch ein wenig. Bald werden wir zusammen sein. Seung-Hyun Finger gruben sich immer weiter in das weiße Papier. Er starrte auf die Worte, als könnte er sie auf diese Weise auslöschen. Die Unruhe, welche sich nun durch seine Fassungslosigkeit ausbreitete, erreichte auch Ji-Yong, dessen Schlaf leichter wurde. An seine Ohren drang das leise Knistern und Knacken des Papiers, das sich allmählich der aufkommenden Wut des Älteren beugen musste. Dies veranlasste den Leader, seine Augen zu öffnen. In seinem Blickfeld erschien sein Freund, doch er realisierte noch nicht ganz, was dieser dort tat, oder dass er überhaupt da war. Erst nachdem noch einige Sekunden verstrichen waren, stütze er sich mit den Ellbogen im Bett ab, um auszumachen, was vor sich ging und darüber den Grund dafür zu erfahren, warum Seung-Hyun auf seinem Bett saß. "Hyung, was..." Der Brief. Diese krakelige Schrift. Das Auge. Entsetzt hefteten sich die Pupillen des Jüngeren an sein Gegenüber. Er hatte ihn gelesen. Er wusste alles. Beschämt neigte sich sein Gesicht der Bettdecke zu und wandte sich ab. Seine Lippen waren fest aufeinander gepresst, verschlossen von Schulgefühlen und einer Befürchtung. Er wusste, was nun geschehen würde. "Was soll das, warum...", setzte Seung-Hyun an, doch er war so entgeistert, dass es ihm für den Moment die Sprache verschlug. Er starrte nur auf Ji-Yong, der seinem Blick auswich. Der Ältere musste sich zusammenreißen, um seine Wut zu kontrollieren, um nicht loszuschreien. Vor allem Wut auf den kranken Perversen, der seinem Freund so etwas antat, aber auch Wut auf Ji-Yong selbst, dessen falschen Stolz, seine Unvorsichtigkeit, sein fehlendes Vertrauen oder was auch immer es gewesen war, das ihn davon abgehalten hatte, mit ihnen, nein, mit ihm darüber zu sprechen. "Du hättest etwas sagen müssen." Der Zorn ließ Seung-Hyuns Stimme beben. Und dass sein Freund ihm immer noch nicht in die Augen schaute, verbesserte die Situation nicht. Seine Finger gruben sich fester in das Papier, das dem Druck nachgeben musste. "Hälst du das ganze immernoch für einen Scherz, Ji-Yong? Kannst du immer noch lachen und alles vom Tisch fegen, was dich bedroht? Warum verdammt noch mal vertraust du mir nicht?" Unwillkürlich hatte er die Stimme erhoben, sollten sie die anderen doch aus dem Schlaf reissen. Ji-Yong schüttelte zuckend den Kopf und wenn man genau hingesehen hätte, man hätte eine kleine Träne in seinem Augenwinkel funkeln sehen können. "Nein...", flüsterte er und auch seine Stimme bebte. Doch es war nicht Wut, es waren Unsicherheit und Angst. "Ich..." Doch dann verstarb seine Stimme wieder. "Sieh mich endlich an und sag mir, was du dir dabei gedacht hast, falls du dir überhaupt etwas gedacht hast!" Seung-Hyun packte seinen Freund und drehte ihn mit Gewalt zu sich herum. Er schrie fast und es war die angestaute Verzweiflung, die angesammelte Sorge, die aus ihm herausbrach. "Was ist denn hier los?" Für einen Moment hätte man glauben können, die Stimme Young-Baes, welche von der anderen Seite des Raumes her kam, würde die Spannung der Situation auflösen, doch weit gefehlt. "Frag doch Ji-Yong, was hier los ist. Frag ihn doch, warum er heute so schlecht drauf war. Und dann frag ihn nochmal nach diesem verdammten Blumenstrauß!" Ji-Yong spürte sie. Sie überrollte ihn mit all ihrer Gewalt. Seung-Hyuns Wut und Verzweiflung. Er fühlte einen Kloß in seinem Hals, der ihm das Schlucken erschwerte. Er konnte nicht sprechen, den Älteren nicht ansehen. Seine Aufen wurden heiß, als er die Hände spürte, welche ihn hart packten und herumdrehten. Doch noch immer starrte er nur auf die Bettdecke, verweigerte jeden Blickkontakt mit Seung-Hyun, dessen Augen sich in seinen Kopf zu bohren schienen. Warum dachte sein Freund sofort, sein Vertrauen verloren zu haben? Nur wegen dieser dummen Zeilen, von denen er nichts erzählt hatte? Wenn Ji-Yong ihm beweisen wollte, dass dies alles ihn nicht beeindrucken konnte, musste er seine Fassung zurückerlangen. Doch seine Schultern zuckten bereits heftig in Seung-Hyuns Armen. Dass Young-Bae nun erwachte und seine Lampe entzündete, erleichterte ihm die Sache nicht. Stattdessen schien es den Ältesten noch mehr in Rage zu bringen. Ji-Yong konnte nicht mehr. Er wollte dies alles nicht hören. Nicht von diesem Menschen. "Hör auf!!!", brüllte er ihm entgegen und schaffte es endlich, ihm in die Augen zu sehen. Ihr Ausdruck traf ihn wie ein Schlag. Nun begannen seine Tränen zu rollen. "Nichts bedroht mich! Gar nichts! Ich habe keine Angst, weder vor einem Brief, noch vor einem Blumenstrauß, hörst du???!! ICH HABE KEINE ANGST!!!" Diese letzten Worte brachen aus ihm hervor, als könne er die Bedrohung und Furcht, die er spürte, mit ihnen hinfortschreien. Aber nichts besserte sich. Der Jüngere wollte fort. Weit weg von all dem. Mit aller Kraft stieß er den Seung-Hyun von sich, sodass dessen Hände sich von seinen Armen lösten und er sich aus der Decke freistrampeln konnte. Er stolperte aus dem Bett heraus und rannte los. Auf dem Flur kamen ihm Dae-Sung und Seung-Ri engegen, die noch zu verschlafen schienen, um wirklich zu begreifen, was sie sahen. Ohne einen Blick zurück zu werfen, riss Ji-Yong die Eingangstür auf und stürmte ins Treppenhaus davon. "Hyung!", rief Dae-Sung ihm nach, der nun endlich seine Sinne beisammen hatte. Er und Seung-Ri standen jetzt ebenfalls an der Tür und sahen ihrem Leader nach, wie dieser die Stufen erklomm. Er war auf der Flucht. "Seung-Hyun Hyung! Was ist passiert?", kam es plötzlich von ihrem Jüngsten, der den Älteren zuerst bemerkt hatte. Aber Seung-Hyung stürmte ohne eine Antwort an ihnen vorbei, Ji-Yong hinterher. Young-Bae würde ihnen alles irgendwie erklären müssen. Seine nackten Füße erzeugten dumpfe Geräusche auf der gefliesten Treppe. Er rannte immer höher. Ji-Yong bemerkte seine Erschöpfung kaum. Er musste fort. Nur fort von hier. Und endlich erreichte er die letzte Tür auf seinem Weg. Er riss sie auf und stolperte hinaus aufs Dach. Der Ort, an den Seung-Hyuns sich vor Stunden schon aus seiner eigenen Verzweiflung heraus geflüchtet hatte. Er lief weiter, Schritt für Schritt über den geteerten Boden. Der Nachtwind war kalt und stark. Er zerrte an seiner spärlichen Bekleidung. Aber das hatte keine Bedeutung. Er sog die klare Luft ein, während noch immer Tränen aus seinen Augen flossen. "Ich muss vor nichts Angst haben." Keuchend erreichte auch Seung-Hyun das Dach und schoss wie tollwütig durch die noch offen stehende Tür. Für einen Moment dachte er, Ji-Yong würde sich etwas antun, so wie er vor dem Geländer stand mit geschlossenen Augen unter welchen noch Tränen glänzten und dem Wind in seinem viel zu großen T-Shirt. Unwillkürlich tauchte das selbe Bild aus vielen Filmen vor seinem inneren Auge auf und er musste fast lachen. Der Gedanke war abwegig. Seung-Hyun stand nun einige Meter hinter seinem Freund, schwer atmend und auf das leiseste Geräusch horchend. War er eben noch in wildem Lauf hinter ihm her gewesen, so traute er sich nun nicht mehr näher heran. Er fürchtete eine Explosion, sollten sie sich zu nahe kommen. "Ji-Yong...", sagte er schließlich, obwohl er Angst hatte. Es war als hätte die kalte Nachtluft alle Wut aus ihm gejagt. Ji-Yong reagierte nicht. Bewegte sich nicht. Sagte nichts. "Bitte, es tut mir leid. Ich wollte nicht so aufbrausen, ich... Es ist nur so, ich habe Angst um dich. Und ich weiß, du hast auch Angst. Es ist in Ordnung, wenn du stark sein möchtest. Aber du musst auch einsehen, wann es falscher Stolz ist und im Moment ist es das." Wieder keine Reaktion. Ji-Yong stand noch immer unbewegt am Geländer und starrte in die Nacht hinaus. Nichts ließ erahnen, ob er ihn überhaupt gehört hatte. Seung-Hyun war der Verzweiflung nahe. Er wollte etwas für ihn tun, wollte ihm erklären, wie er sich fühlte, wie verletzt und welche Ängste er durchzustehen hatte. Das war kein Spiel und auch kein Scherz mehr. Das war Ernst, so hart wie ihn bis jetzt noch keiner von ihnen zu spüren bekommen hatte. "Ich will dich doch nur beschützen!" Dies schien den Bann zwischen ihnen zu brechen. Ji-Yong drehte sich um, seine Wangen feucht, sein Blick stumpf und er stolperte in Seung-Hyuns Arme. Dieser wusste kaum wie ihm geschah, begriff aber, dass er endlich zu seinem besten Freund durchgedrungen war. Zärtlich schloss er die Arme um den von stummen Schluchzern geschüttelten Körper und drückte ihn an sich. Jedes Wort hatte er vernommen. Von der Sekunde an, in welcher sein Name hinter ihm erklungen war, hatte der Jüngere unter Tränen gelauscht, aber nicht gewagt, sich umzusehen. Er fürchtete sich vor dem, was passieren könnte, wenn er seinen Freund in diesem Zustand sah. Daher hatte er gewartet. Und jedes von Seung-Hyuns Worten versetzte ihm einen Stich in die Brust. Er wusste, dass dieser recht hatte. Vielleicht gründete sich sein Schweigen tatsächlich auf falschem Stolz, aber in dem Moment als er diesen Brief in seiner Tasche vorgefunden hatte und seine Zeilen las, hatte er das Gefühl gehabt, sich übergeben zu müssen, wenn er auch nur ein Wort darüber verlöre. Er dachte, durch Schweigen könnte er vergessen. Jetzt und hier in den Armen des Älteren kam ihm dieser Gedanke sehr dumm vor. Er hatte Angst. Und er wollte, dass jemand bei ihm war. Er wollte dass Seung-Hyun bei ihm war. Ungebremst ließ er seine Tränen rollen, welche er so lang zurück gehalten hatte und fühlte sich mit jeder von ihnen ein wenig besser. Vor Kälte zitternd drückte Ji-Yong sich noch näher an seinen Freund und konnte ihn nicht loslassen. Diese Umarmung durfte nicht enden. "Möchtest du nicht lieber ins Warme? Ich verspreche dir, ich bleibe bei dir, wenn du willst. Und morgen reden wir nochmal in Ruhe über alles." Seung-Hyun rieb die eiskalten Arme des anderen und versuchte ihn sanft in Richtung Treppenhaus zu schieben. Doch Ji-Yong klammerte sich so fest an ihn, dass sich dies als äußerst schwierig herausstellte. Sanft fuhr er seinem Freund durch die trotz der Kälte schweißnassen Haare. "Nun komm schon..." Dae-Sung ließ sich vollkommen verwirrt auf Young-Baes Bett sinken, während Seung-Ri immernoch durch die geöffnete Apartementtür starrte, als hätte sie soeben der Geist seiner verstorbenen Urgroßmutter durchschritten. "Seung-Ri, schlaf nicht ein", rief Dae-Sung, sprang auf und zerrte ihn ins Zimmer ihrer drei Ältesten. "Was ist bloß mit den beiden los?" Young-Bae streckte den beiden den zerknitterten Brief entgegen, den er vom Boden aufgehoben und gelesen hatte. Sie zeigten die gleiche Reaktion wie auch Seung-Hyun vor ihnen - entsetzes Begreifen. "Lass mich lesen!", forderte Dae Sung. Seine Augen wurden immer größer, als sie über die wenigen Zeilen wanderten "Das ist... aber... ich verstehe nicht, warum er sowas für sich behält!" "Vielleicht weil er unser Leader ist...", führte Seung-Ri unsicher an. Ji-Yong wollte immer der Unberechenbarste von ihnen sein. Wenn er zugeben müsste, beunruhigt zu sein, würde dies sicher seinen Stolz verletzten. Young-Bae gab ein lautes Seufzen von sich. Auch ihn schockierte diese Nachricht sehr. Dies war die Arbeit eines krankhaften Fanatikers. Sie hatten wirklich sehr leidenschaftliche Fans, doch es war das erste Mal, dass einem von ihnen etwas derartiges passierte. Wie sollten sie nur damit umgehen? "Was sollen wir jetzt tun?", stellte Dae-Sung endlich die wichtigste Frage. "Wir müssen zum Präsidenten gehen. So unangenehm es auch werden wird, wir werden zusätzliche Security brauchen." Seung-Ris Augen weiteten sich erstaunt. Ein Blumenstrauß, ein Brief und sogleich wurde ihr gesamtes Leben unsicher. Trotz Seung-Hyuns Versprechen fiel es Ji-Yong schwer auch nur einen Fuß anzuheben. Etwas fesselte ihn hier. Noch einmal wurde er von einer Welle der Furcht ergriffen, als der Ältere die Umarmung lockerte. Doch als dieser ihm durch das zerzauste Haar strich, zwang er sich, wieder zu Verstand zu gelangen. "Ja", gab er heiser von sich. Noch immer Seung-Hyuns Arm um sich wissend entkam er mit ihm gemeinsam dem Wind und sie traten den Weg zurück in ihr Apartment an. Erst hier, wieder zurück in der Wärme dieser Räume, fiel ihm auf, wie sehr er fror. Er vollbrachte großartige Dummheiten, wirklich. Und schimpfte sich ihr 'Leader'. Diesem Bild wurde er in dieser Nacht, von der niemand hatte ahnen können, wie sie enden würde, nicht im geringsten gerecht. Fast hätte er darüber lachen können, aber ihm fehlte jede Energie. Als die Tür sich hinter ihnen schloss, traten ihre drei Freunde auf den Flur. Mit erwartungsvollen Mienen. Ji-Yong vermied es, sie anzusehen, er konnte ihnen jetzt einfach nichts erklären. "Ji-Yong Hyung.." Dae-Sung trat mit sorgvollem Blick auf ihren Leader zu, der noch immer an Seung-Hyun lehnte. Doch der Älteste schüttelte den Kopf und bedeutete den anderen mit einer Geste, jetzt still zu sein. "Morgen", versprach er, "Morgen können wir alles in Ruhe besprechen, aber jetzt ist es spät und das hier ist für keinen von uns leicht, am allerwenigsten für Ji-Yong, also lasst uns einfach schlafen gehen." Young-Bae nickte und schob die beiden Jüngsten in Richtung ihres Zimmers und begleitete sie noch hinein. Er vermutete, dass die beiden anderen einen Moment für sich brauchen würden. In diesem Moment kam er sich sehr hilflos vor. Er hätte gern mehr getan, doch das Wichtigste war, dass ihr Leader sich vorerst wieder beruhigt hatte. Seung-Hyun und Ji-Yong verschwanden in ihrem Zimmer. Der Jüngere war noch immer nicht gefasst genug, um die Situation ohne die Nähe seines besten Freundes zu ertragen und so löste er die Umarmung noch nicht einmal, als er wieder unter seine Decke kroch. Er zog Seung-Hyun einfach mit sich auf die Matratze. Als er endlich lag und seine Muskeln sich entspannten, begann er erneut zu zittern. "Möchtest du, dass ich heute Nacht in deinem Bett schlafe?", fragte Seung-Hyun und stellte sich im gleichen Atemzug die Frage, ob er sich damit nicht zu weit aus dem Fenster lehnte. Doch Ji-Yong klammerte sich noch fester an ihn und nickte gegen seine Sicherheit spendende Brust. "Danke...", wisperte er, als sie nebeneinander in dem schmalen Bett lagen, Ji-Yong fest gegen Seung-Hyun gepresst. Und dann, als sie schon fast wieder eingeschlafen waren: "Es tut mir leid..." Auch wenn er sich dabei wie ein Kind fühlte, Ji-Yong war froh, dass Seung-Hyun von sich aus diese Frage stellte und er ihn nicht darum bitten musste. Nur die Nähe seines Freundes würde ihm helfen können, wieder in Schlaf zu versinken. Während ihm auch die letzten Sinne schwanden, hoffte der Jüngere mit seiner leisen Entschuldigung wenigstens einen kleinen Teil von dem, was heute geschehen war, wieder gut machen zu können. Und obwohl sein Schlaf durch unangenehme Träume unruhig wurde, so sorgte doch Seung-Hyuns Anwesenheit dafür, dass er diese Nacht heil überstand. Kapitel 4: A Fool´s only Tear ----------------------------- Seung-Hyun wurde am nächsten Morgen durch ein sanftes Rütteln an seiner Schulter geweckt. Ji-Yong war im Schlaf nicht von seiner Seite gewichen. Das Gesicht des Jüngeren war fest in seine Halsbeuge gepresst und dessen linker Arm lag noch immer über seiner Brust. Es war Young-Bae, der zu ihnen ins Zimmer geschlichen war, um den Ältesten zu wecken. Bei dieser Tat beschlich ihn regelrecht ein schlechtes Gewissen, da seine beiden Freunde unsagbar friedlich zusammen aussahen. Aber sie hatten wichtige Dinge zu besprechen. Der eben Geweckte löste sich so vorsichtig wie möglich und er hatte Glück. Ji-Yong schlief derart tief und selig, dass ihn nichts zu wecken vermochte. Und sie entschieden sich, ihn in diesem Zustand verweilen zu lassen. Erst als sie sich zu viert in der Küche eingefunden hatten, begannen sie wieder zu sprechen. Young-Bae machte den Anfang, indem er den Brief auf den Tisch legte, der den Albtraum der letzten Nacht verursacht hatte. "Leider haben wir das Kärtchen mit den Blumen zusammen weggeworfen, aber ich denke dies und unsere Aussagen werden reichen, um klar zu machen, wie ernst es ist." "Mal ganz abgesehen von Ji-Yong Hyungs...Zustand...", setzte Dae-Sung zurückhaltend nach und rief sich unweigerlich dessen Erscheinung in Erinnerung. Er hatte grauenvoll ausgesehen. Mit hängendem Kopf, zitternd, auf wackeligen Beinen. Selten hatte ihn etwas derartig in Schrecken versetzt. "Wie geht es ihm jetzt, Hyung?" Seung-Ri wandte sich an Seung-Hyun. In seiner Stimme schwang die Angst um ihren Leader mit. Natürlich, Ji-Yong war das Vorbild ihres Jüngsten, das wusste jeder von ihnen. Doch was tat man, wenn das eigene Vorbild plötzlich in sich zusammenbrach? "Den Umständen entsprechend gut. Er hat die Nacht durchgeschlafen und ist auch nicht aufgewacht, als ich aufgestanden bin", informierte Seung-Hyun sie so knapp wie möglich. Sie mussten nicht wissen, wie ihr Leader sich in der Nacht an ihn geklammert hatte. Nichts von den unruhigen Phasen, in denen er gewirkt hatte, als würde er in seinen Träumen von den schlimmsten Monstern verfolgt, die man sich nur vorstellen konnte. Dae-Sung nickte. "Das ist gut." "Und was machen wir jetzt? Ich meine, wir können die Geschichte nicht einfach so auf sich beruhen lassen." Young-Bae nickte und drehte dabei irgend etwas Kleines nervös in der Hand, das er soeben vom Tisch aufgelesen hatte. "Also", begann er schließlich und man merkte, dass ihm dieser Schritt nicht sehr leicht fiel, "es wurde zwar noch niemand verletzt, aber ich denke der Brief ist Drohung genug. Wir sollten zum Boss gehen. Oder zur Polizei. Seung-Hyun hatte das schon nach dem Auftauchen des Blumenstraußes verlangt und ich denke, es war ein großes Versäumnis, dass wir nicht auf ihn gehört haben. Das sollten wir jetzt nachholen." "Ji-Yong wird das aber gar nicht schmecken", warf Seung-Ri ein und sprach damit aus, was allen auf dem Herzen lag. Dann nahm er Young-Bae den kleinen Gegenstand aus der Hand und legte ihn zurück auf den Tisch. Es war nur ein Feuerzeug. "Hör auf damit, du machst mich nervös!" Seung-Hyun atmete tief ein, dann schaltete auch er sich wieder in das Gespräch ein. "Wir müssen einfach sehen, was wichtiger ist. Ji-Yongs Stolz oder seine Sicherheit. Ich glaube, das müssen wir gar nicht lange diskutieren. Wir müssen das weiterleiten, so schnell wir können, bevor noch etwas wirklich Schlimmes passiert. Und ich denke, Ji-Yong wird das auch so sehen." Er sprach mit einer derartigen Überzeugung, die er tief aus seinem Herzen schöpfte, dass die anderen gar nicht anders konnten, als zu lächelnd zu nicken. Endlich konnte wieder etwas Ruhe in ihre Gemüter einkehren. Jetzt, da ihr Ältester entschieden hatte, was zu tun sei, erschien es, als seien sie auf dem besten Wege, das Problem zu lösen. "Seung-Hyun, ich denke, du solltest noch einmal mit ihm darüber reden. Er wird auf dich hören. Davon bin ich überzeugt." In Young-Baes Tonfall mischte sich tiefer Ernst. "Ich hoffe, du behältst recht", erwiderte er, doch hielt Seung-Hyun sofort inne. Alle Vier merkten auf. "Habt ihr das auch gehört?" Ji-Yong erwachte und war allein. Eine seltsame Last lag auf seinem Brustkorb und er benötigte einige Zeit, um zu begreifen, was ihm fehlte. Seung-Hyun war bereits fort. Die Sonne schien fahl durch die geschlossenen Vorhänge und erhellte den Raum mit sanftem Licht. Am Tage wirkte die Bedrohung, welche er gespürt hatte, nicht mehr derart groß. Langsam manifestierten sich die Bilder der Nacht vor seinem inneren Auge. Seung-Hyun, der ihn anschrie, der kalte Wind auf dem Dach, die Arme seines Freundes...es war doch völlig natürlich, dass er sich an ihn klammerte, wenn er sich derart hilflos fühlte. Warum stieg ihm dann aber die Hitze ins Gesicht, wenn er daran dachte? "Verdammt...", gab er von sich und drückte sich sein Kopfkissen ins Gesicht. Von einem unverständlichen Gefühl der Nervosität gepackt, rollte er sich auf dem Bett hin und her, nicht darauf achtend, wie nah er dem Rand kam. Mit einem leisen Aufschrei des Erschreckens purzelte er darüber hinweg und landete auf dem Parkettboden. "Fuck!", fluchte der Leader und setzte sich stöhnend und seinen Rücken reibend wieder auf. Der Schmerz hatte allerdings wenig Zeit auf ihn zu wirken, denn ihm blieb beinahe das Herz stehen, als die Tür aufflog und vier aufgeregte junge Männer in sein Zimmer stürmten und sich dabei gegenseitig fast über den Haufen rannten. Allen voran Seung-Hyun, der sich sofort neben seinen Freund auf den Boden kniete und ihn besorgt betrachtete. "Alles in Ordnung, Ji-Yonga?" Er hatte Angst, dass sein Freund vielleicht zusammengebrochen war, als er versucht hatte aufzustehen. Dass seine Beine ihn nicht mehr hatten tragen können oder... aber Ji-Yong grinste nur. "Alles in Ordnung! Ich hoffe, ihr habt noch nicht den Krankenwagen gerufen, ich bin nur aus dem Bett gefallen." Er rieb sich das Knie, welches unsanft mit dem harten Dielenboden Bekanntschaft gemacht hatte. "Guckt doch nicht so, es ist wirklich alles okay!", fügte er hinzu, als er die ungläubigen Blicke seiner Freunde auf sich spürte. Seung-Hyuns Mund stand offen, als würde er etwas sagen wollen, aber es schwammen nur inhaltslose Gedanken durch seinen Kopf, derart unwirklich kam ihm dies vor. Sie waren aufgesprungen in dem Glauben, es sei wieder etwas passiert und dann saß ihr Leader in seinem Zimmer in seine Decke gewickelt auf dem Fußboden und grinste, als wäre alles wieder in bester Ordnung. Ein warmes Gefühl durchströmte Seung-Hyun und er konnte nicht anders, als die Arme um seinen Freund zu legen. Eine Viertelstunde später saßen sie - nun vollzählig - wieder um den Küchentisch. Young-Bae hatte vorgeschlagen, dass Seung-Hyun sich zuerst unter vier Augen mit Ji-Yong beratschlagen sollte, doch dies hatte ihr Leader abgelehnt und darauf bestanden, dass alle dabei waren. Im Moment sprach niemand ein Wort, weil keiner von ihnen wirklich wusste, wie er das Gespräch beginnen sollte. Doch schließlich fasste sich Seung-Hyun ein Herz. "Ji-Yonga, wir müssen jemanden einschalten. Die ganze Sache ist zu heiß. Du weißt, wir hatten solche Probleme noch nie, und wissen nicht, wie wir richtig mit ihnen umgehen müssen, also sollten wir lieber zu vorsichtig sein, bevor hinterher jemand... bevor du verletzt wirst. Wir haben es mit einem Verrückten zu tun!" Der Jüngere reagierte mit einem bedachten Nicken. Er sah die Dinge nun klarer. Genau aus diesem Grund hatte er sich entschieden, mit allen gemeinsam zu sprechen. "Du hast recht. Ihr habt alle recht. Und ich wollte mich entschuldigen." Demütig stützte er seine Hände auf seinen Knien ab und neigte den Kopf weit nach unten, um ihnen zu beweisen, dass er es nun wirklich verstanden hatte. "Ich bin mir nun im Klaren darüber, dass diese Sache nicht nur für mich sondern auch für euch gefährlich werden kann. Das habe ich vorher nicht bedacht... eigentlich habe ich überhaupt nicht nachgedacht. Bitte verzeiht mir, dass ich euch in Gefahr gebracht habe." In seiner geneigten Haltung verharrend erwartete er eine Antwort, doch das, was ihn zu allererst erreichte, war ein Klaps auf den Hinterkopf. Mit verdutztem Gesicht suchte er nach dem Übeltäter. Young-Bae hatte sich über den Tisch gebeugt und betrachtete ihn vorwurfsvoll. "Ya! Seit wann sprichst du mit uns so förmlich?" "Aber-" "Hyung, du brauchst dich nicht zu entschuldigen. Wichtig ist, dass wir nun das Richtige tun.", unterbrach ihn Dae-Sung und lächelte sein glückliches Lächeln, welches auch Ji-Yongs Mundwinkel dazu brachte, sich wieder etwas heben. "Danke." Dieser Dank ging an jeden von ihnen. Jedoch hatte er das Bedürfnis für eine Person im Raum noch ein klein wenig mehr zu tun. Allerdings würde er sich dies für einen späteren Zeitpunkt aufheben müssen. "Ja, vielen Dank, das wird eine große Hilfe sein. Ja. Auf Wiederhören." Seung-Hyun hängte den Hörer wieder ein und drehte sich zu seinen Freunden um, welche ihn während des Telefonats, in dem er ausführlich die ungewöhnlichen Vorkommnisse geschildert hatte, aufmerksam betrachtet hatten. Sie hatten beschlossen, als erstes ihren Manager zu informieren, dieser sollte alles weitere mit dem Entertainment abklären. "Und, was ist nun, was hat er gesagt?", drängte Dae-Sung auf gute Neuigkeiten. "Also", begann Seung-Hyun und setzte sich zu seinen Freunden, "wir bekommen auf jeden Fall verstärkte Security, wenn wir unterwegs sind und es wird sofort ein Wachmann vor dem Gebäude postiert. Sollten wir noch einen Vorfall bemerken, sollen wir ihm unverzüglich bescheid geben. Er macht sich große Sorgen um Ji-Yong. Zudem ist er froh, dass wir ihm davon erzählt haben. Es sei sehr unvorsichtig von uns gewesen, das auf die leichte Schulter zu nehmen." Der letzte Satz war nicht als Seitenhieb auf Ji-Yong gedacht, doch Seung-Hyun bemerkte, wie sein Freund neben ihm den Blick senkte und wieder beschämt in seinen Schoß starrte. Von allen anderen unbemerkt wanderte Seung-Hyuns Hand auf den Rücken des Unglücklichen und streichtelte ihn sanft, um ihn wieder aufzumuntern. Er war froh, dass auch Ji-Yong die Nähe genoss, die er so freudig geben wollte. Ihr Ältester hatte wirklich ein Talent dafür, dies in die Hand zu nehmen. Er hörte sich gefasst und sachlich an, als er das Telefonat führte. Ji-Yong war sich sicher, dass er es niemals fertig gebracht hätte, darüber zu sprechen. Natürlich, es betraf ihn direkt und doch...es war seine Schuld, dass es erst soweit kommen konnte. Das Streicheln, das von Seung-Hyun kam, ließ ihn wieder aufsehen, genau in dessen Augen und er spürte, wie diese Berührung ihm Kraft gab. Tief atmete er ein und aus. Endlich konnte ihn Erleichterung durchfließen. "Gut, dann werden wir heute Abend zu Präsident Yang gehen und ihn noch einmal persönlich in Kenntnis setzen. Mit dem Brief." Young-Bae nahm das Papier an sich, welches die gesamte Zeit auf der Tischplatte gelegen und Ji-Yong in seinen Gedanken dreckig angelacht hatte. Er war froh, als es aus seiner Sicht verschwand. Da Young-Bae nichts Besseres einfiel, steckte er es in eine verschließbare Plastiktüte, gerade wie ein Beweisstück. Nun hieß es für sie den Abend abzuwarten. Ji-Yong war nervös. Sie betraten das Gebäude des Entertainments unter Aufsicht und fuhren mit dem Fahrstuhl ins oberste Stockwerk. Den gesamten Tag über hatte der Leader sich gut gehalten. An der Seite von Seung-Hyun war es ihm möglich gewesen, den Termin, den sie nun antraten, zu vergessen. Doch jetzt knetete er seine Hände unruhig und schien gar nicht mehr damit aufhören zu können. Nur ungern wollte er dem Präsidenten in die Augen sehen und von allem berichten. Nachdem sie in sein Büro getreten waren, erhob sich ihr Vorgesetzter und Ziehvater Yang Hyun-Seok sofort von seinem Schreibtisch und kam auf die Gruppe zu. "Da seid ihr ja. Wie geht es euch? Ji-Yong, ist alles soweit in Ordnung?" Er legte dem Leader, welcher zwischen den anderen stand, beide Hände auf die Schultern und sah ihn besorgt an. Der Präsident hatte sich wirklich immer gut um sie gekümmert, schoss es Ji-Yong durch den Kopf. Gerade deshalb fühlte er sich schlecht dabei, das Problem verheimlicht zu haben. Der Angesprochene räusperte sich und nickte. "Ja, es ist alles in Ordnung. Mir geht es gut." "Das erleichtert mich. Aber es war wirklich dumm von euch, euch nicht sofort mit der Security in Verbindung zu setzen. Schon beim ersten Vorfall hättet ihr das tun müssen." "Nein, bitte, das war meine Schuld. Die anderen haben nichts damit zu tun", räumte Ji-Yong hastig ein und hob abwehrend die Hände. Sie alle konnten nicht für seinen Fehler verantwortlich gemacht werden. Der Präsident nickte und ließ das Thema der Schuld fürs Erste auf sich beruhen. "Bitte setzt euch doch", bat er und deutete auf eine mehrteilige, mit schwarzem Leder bezogene Couchgarnitur, die auf einer Seite des Büros stand. Yang selbst setzte sich in einen Sessel, während die Jungs sich auf dem gewinkelten Sofa niederließen. Jeder von ihnen saß gerade und mit in den Schoß gelegten Händen da, darauf bedacht einen möglichst guten Eindruck zu machen. "Nun, euer Manager hat mir schon in den Grundzügen berichtet, was geschehen ist, aber er hatte wirklich nicht viel Zeit, deswegen würde ich euch bitten, mir nochmal alles zu erzählen, damit wir die geeigneten Maßnahmen einleiten können" Ji-Yong wollte ansetzen zu berichten, aber Seung-Hyun, der bemerkte, wie bedrückt und nervös dieser war, nahm ihm zumindest den ersten Teil der Erläuterung ab und vermied dabei wohlweißlich zu erwähnen, was er zu dem Zeitpunkt schon geraten hatte und wie unverantwortlich ihr Leader mit der Situation umgegangen war. Dankbare, braune Augen zwinkerten ihm von der Seite zu, doch dann war schließlich der Zeitpunkt erreicht, an dem Seung-Hyun nicht mehr weiterwusste. "Ji-Yong,", sprach Yang noch einmal die Hauptperson des Falls an. Sie mussten nun zu den wirklich wichtigen Fragen kommen. "Ich bitte dich, genau darüber nachzudenken. Ist dir jemand aufgefallen, der öfter in deiner Nähe zu sein schien? Jemand, der sich seltsam verhalten hat? Wenn er oder sie in eure Garderobe eindringen und das Päckchen liefern sowie den Brief in deine Tasche stecken konnte, könnte es sogar einer unserer Mitarbeiter sein." Der Leader merkte auf und ließ sich diese Frage durch den Kopf gehen. Seine Augen wanderten an der gegenüberliegenden Wand hinauf, während er versuchte sich jedes Ereignis der letzten Wochen in sein Gedächtnis zu rufen. Dann schüttelte er den Kopf. "Nein. Ich kann mich an niemanden erinnern. G-glauben sie wirklich, dass es jemand vom Staff sein könnte?", hakte er mit einem Zittern in der Stimme nach. Dieser Gedanke bereitete ihm noch weitaus mehr Unbehagen. Wenn dies so wäre, könnte derjenige ohne großes Aufsehen in ihre Nähe kommen und ihm überall hin folgen. Ji-Yongs Haltung verkrampfte sich und ihr Boss seufzte. "Ja, leider muss ich zugeben, dass ich davon fast überzeugt bin. Natürlich gibt es keinen Beweis, aber wir sollten auf jeden Fall alle Mitarbeiter, die regelmäßig mit euch zusammen sind, überprüfen. Macht euch keine Sorgen, ich werde das anordnen. Und ihr seid von jetzt an vorsichtiger. Geht nirgends mehr allein hin und versucht auch eventuell für eine Weile nicht auszugehen. Ich weiß, das wird anstrengend, aber es ist nur zu eurem Besten." Sie nickten, um zu signalisieren, dass sie die Anordnung verstanden hatten. Dies würde nun eine schwere Zeit für sie werden, aber sie würden es überstehen. Sie hofften es alle, als sie sich tief verneigten und sich vom Präsidenten verabschiedeten. Auf dem gesamten Weg zurück zu ihrem Apartement sprach die Gruppe kaum ein Wort miteinander. Seung-Ri beobachtete Ji-Yong von der Seite her und es hatte den Anschein, als ob dieser vor Erschöpfung nicht einmal mehr denken konnte. Seine Augen waren halb geschlossen und stumpf. Er wollte ihn gern fragen, ob er etwas bräuchte, doch eigentlich war dies offensichtlich. Daher hielt der Jüngste sich zurück und schwieg. Allerdings lag Seung-Ri falsch mit seiner Vermutung. Ji-Yong konnte noch denken und er dachte viel. Die Warnung des Präsidenten zog Kreise in seinem Kopf und ließ ihm keine Ruhe. Die Nervosität, die ihn seit Tagen festhielt, wurde schlimmer. Wenn jeder es sein könnte, wie war es dann möglich, den Sicherheitsleuten zu vertrauen? Durften sie in diesem Fall überhaupt noch jemandem Vertrauen schenken? Seung-Hyun streckte ihm seine Hand entgegen, um ihm aus dem Wagen zu helfen, als sie angekommen waren. Und er hielt sie noch während sie durch den Regen - das Wetter war am Abend umgeschlagen - bis zum Haupteingang rannten. Ji-Yong hatte den Verdacht, dass dies das Einzige war, was ihn dazu bringen konnte, weiterzulaufen. Und dieser Verdacht sollte zur Wahrheit werden. Kaum, dass sich die Tür ihres Apartments hinter ihm schloss und der Ältere sich wieder von ihm entfernte, begann sich die Welt um ihn zu drehen. Er verstand nicht ganz, was geschah, doch als er die Rufe seiner Freunde aus der Ferne hörte, ahnte er, dass es irgendetwas Schlimmes sein musste. Dann wurde es dunkel um ihn. Seung-Hyun hatte sich abgewendet, um sich aus seiner nassen Jacke zu schälen und war dann kurz in die Küche verschwunden, um Teewasser aufzusetzen. Sie waren zwar nur ein paar Meter durch den Regen gelaufen und doch schienen sie bis auf die Knochen durchnässt. Die sorgenvolle Stimme Seung-Ris erschallte hinter ihm und dieser erschien Türrahmen. "Hyung, schnell! Ji-Yong er ist..." Doch das genügte schon. Seung-Hyun drängte sich an dem Jüngeren vorbei und erreichte nach ein paar großen Schritten die Stelle, an der Ji-Yong vor zwei Minuten noch gestanden hatte. Jetzt lag er halb, lehnte halb an der Wand, den Kopf auf die eigene Schulter gebettet. Seine Aguen waren leer und seine Wangen leichenblass. Neben ihm kniete Dae-Sung, die Augen vor Schock weit aufgerissen und schien nicht zu wissen, wie er mit der Situation umgehen sollte. Seung-Hyun ließ sich neben seinem Freund auf den Boden fallen und zog ihn sanft in die Arme. Während er ihm zärtlich über das glühend heißte Gesicht schreichelte, drehte er sich zu Dae-Sung um und zischte ihm mit solcher Eindringlichkeit zu, dass er beinahe Angst bekam: "Geh endlich ein Glas Wasser holen! Siehst du nicht, dass Ji-Yong ohnmächtig ist?!" Dann wandte er sich wieder seinem Freund zu, und sofort wurde sein Blick wieder sanft. "Ji-Yonga...", wisperte er und beugte sich tief über ihn. "Ji-Yonga, wach auf. Es ist alles in Ordnung..." Neben ihnen standen Young-Bae und Seung-Ri. Sie wollten helfen, irgendetwas tun können, doch in diesem Moment würde ihr Ältester die beste Medizin sein. In Young-Baes Brust breitete sich erneut ein Gefühl der Hilflosigkeit aus und in Seung-Ris Gesicht konnte man etwas sehr ähnliches lesen, gepaart mit der Angst, ihren Leader zu verlieren. Endlich öffnete Ji-Yong die Augen. Doch es war, als würde er nichts von seiner Umgebung wahrnehmen. Seine Augen blickten ins Leere und sein Mund war leicht geöffnet. In diesem Moment kam Dae-Sung mit dem Glas und Seung-Hyun riss es ihm beinahe aus der Hand. Ohne jegliche Anstrengung stemmte er den zerbrechlichen Körper seines Freundes hoch, sodass er in fast aufrechter Position an seiner Schulter lehnte und hielt ihm das Glas an die Lippen. "Trink einen Schluck, das ist wichtig. Du warst ohnmächtig" Ji-Yong schien nicht zu hören, doch als Seung-Hyun das Glas ein wenig ankippte, trank er begierig einige Schlucke. Danach stellte der Ältere es beiseite und drehte sich zu seinen Freunden um. "Ich würde ihn gern in sein Bett tragen, aber ich bekomme ihn nicht alleine hoch, ohne ihm wehzutun, kann mir bitte jemand helfen?", bat er und Young-Bae trat sofort nach vorn. "Schon gut ich...", kam es mit brüchiger Stimme aus dem Häufchen Elend in Seung-Hyuns Armen. "Ich kann schon alleine gehen..." "Nein, kannst du nicht. Young-Bae und ich werden dich jetzt tragen!" Ji-Yong fühlte kaum noch etwas. Als er in Seung-Hyuns Armen wieder zu sich kam, wusste er nicht einmal, ob er lag oder stand. Und auch das plötzliche Fieber, das ihn überkam, hatte der Jüngere nicht kommen gespürt. Das kühle Wasser in seiner Kehle gab ihm die Fähigkeit zu sprechen, doch seine Worte waren nicht viel Wert, deshalb fügte er sich. Ihm fehlte die Kraft, sich zu wehren. Sein Körper war wie tot. Young-Bae hatte die dünnen Beine ihres Leaders ergriffen. Ihn wunderte es nicht, dass dieser zusammengebrochen war. Vorsichtig brachten sie ihn in ihr Zimmer und legten ihm auf seinem Bett ab. Der Jüngere sah grauenvoll aus. "Ich werde noch etwas zu trinken holen", kündigte er mit gedämpfter Stimme an und zog Ji-Yong dabei seine Schuhe aus, um sie mitzunehmen. Dann verschwand er in der Küche, wobei er an Dae-Sung und Seung-Ri im Flur ein paar Aufgaben verteilte, um sie zu beschäftigen. Beide waren ihm mehr als dankbar dafür. Orientierungslos bewegte sich Ji-Yongs Kopf von einer auf die andere Seite, während sich seine Augen durch den Raum tasteten. Endlich realisierte er, dass sie sich jetzt in ihrem Zimmer befanden. Neben ihm bewegte sich etwas. Durch den Schleier vor seinen Pupillen erkannte er die Umrisse seines Freundes. Ji-Yong versuchte seinen Oberkörper anzuheben, um ihm näher zu kommen. Er hatte ihm doch danken wollen. Er musste es doch wieder gut machen. "Hyung...", krächzte er, doch es war kaum ein Flüstern, das seinen Mund verließ. Trotzdem strengte der Jüngere sich weiter an. Auch als er kaum noch Luft bekam. Seine Finger erreichten das Oberteil des Älteren und krallten sich daran fest. Ji-Yong lächelte. Seine Augen waren glasig. Aber das Gesicht Seung-Hyuns war direkt vor ihm. "Hyung, ich ....muss dir....noch....danken....für...für..." Ein Zittern erfasste seinen gesamten Körper und schnitt ihm das Wort ab. Der Jüngere wusste nicht, wie ihm geschah, als ihn ein heftiger Schüttelfrost überkam, der ihm jegliches Sprechen versagte. Ihm war plötzlich eiskalt. "Psssst, du darfst jetzt nicht sprechen!", befahl Seung-Hyun sanft doch bestimmt und legte wieder die Arme um den zitternden Freund. "Aber..." wisperte Ji-Yong, doch dann erstarb seine Stimme vollends. Seung-Hyun versuchte ihm so viel Wärme zu spenden, wie es ihm möglich war, doch er konnte den ungehemmten Zitteranfall nicht stoppen. "Young-Bae!", rief er so laut er es sich getraute und sofort kam der Jüngere ins Zimmer gelaufen, in der Hand eine Flasche Mineralwasser und zwei Plastikbecher. "Gibt mir die Decke aus meinem Bett und sieh zu, dass du im Wohnzimmer noch welche auftreiben kannst. Und sag den Kleinen, dass sie eine Wärmflasche machen sollen. Ji-Yong hat Schüttelfrost." Young-Bae nickte und war sofort wieder aus dem Zimmer verschwunden. Beide Gestalten saßen einfach nur da, ineinander verschlungen. Einer zitternd wie Espenlaub und mit aller verbliebenen Kraft erneute Tränen unterdrückend, der andere mit sorgenvollem Blick, so gut er konnte die starke Schulter bietend, die Ji-Yong so dringend zu benötigen schien. Erst, als er seinen Freund in weitere zwei Decken eingepackt und ihm eine Wärmflasche unter diese gesteckt hatte, begann das unkontrollierte Zittern sich zu legen und seine Augen fielen langsam zu. Als Seung-Hyun sich sicher war, dass der andere schlief, bettete er ihn vorsichtig auf sein Kissen und stand auf, um sich selbst umzuziehen. Er bemerkte, wie Ji-Yong wieder unruhig wurde, sobald er vom Bett aufgestanden war und versuchte, sich zu beeilen. Doch er kam nicht umhin, noch einen Abstecher in die Küche zu machen und noch ein paar Worte mit dem Rest der Gruppe zu wechseln. "Ji-Yong ist eingeschlafen", informierte er die drei neuierigen Augenpaare, die sich ihm sofort zugewandt hatten, sobald er die Küche betrat. "Young-Bae", wandte er sich dann an ebenjenen, "ich weiß, du hast schon in der letzten Nacht nicht in deinem Bett geschlafen, aber würde es dir etwas ausmachen, auch heute...?" Seung-Hyun kam sich ein wenig unverschämt vor, so etwas zu fordern, aber es war schließlich zu Ji-Yongs Bestem. Young-Bae stimmte sofort zu. "Natürlich. Ich konnte letzte Nacht bei Seung-Ri schlafen, vielleicht lässt er mich ja wieder. Ansonsten schlafe ich im Wohnzimmer." "Nein, kein Problem, schlaf ruhig bei mir." Seung-Ri nickte und einen Moment fragte Seung-Hyun sich, ob er da einen leichten Rotschimmer auf seinen Wangen entdeckt hatte. Doch er hatte gerade nicht die Muße sich mit etwas derartigem auseinanderzusetzen. Er wollte so schnell wie möglich wieder zu Ji-Yong, bevor dieser noch aufwachte. Und er würde die ganze Nacht wachbleiben, wenn es sein musste. "Danke!" er verbeugte sich leicht, schnappte sich eine Packung Schokoriegel aus dem fast leeren Vorratsschrank und verschwand wieder in sein Zimmer. Es war tatsächlich schon spät, als Seung-Hyun endlich einschlief, den einen Arm unter Ji-Yongs Halsbeuge, den anderen um seine Hüfte gelegt. Sein Freund war noch immer blass, aber er zitterte nicht mehr und die unruhigen Bewegungen, die er am Anfang gezeigt hatte, waren nun auch fast gänzlich verschwunden. "Ach Ji-Yong, was machst du nur immer wieder für Sachen", flüsterte er, dann schlief auch er ein. Traumlos ging diese Nacht an ihnen vorbei. Seung-Hyuns Anwesenheit machte Ji-Yong ihm möglich, einen totengleichen Schlaf zu durchleben. Ein Schlaf, der es ihm erlaubte, sich von den Dingen zu lösen, die ihn beinahe von innen zerfressen hätten. Das Erste, was der Jüngere früh am nächsten Morgen verspürte, war Hitze. Schweiß stand ihm auf der Stirn und lief an seinen Schläfen herunter. Dies weckte ihn gänzlich. Seine Sicht schärfte sich innerhalb weniger Sekunden und auch sein Denken verlief wieder in normalen Bahnen. An den gestrigen Abend konnte er sich kaum erinnern. Was war geschehen im Büro vom Präsidenten? Sie waren doch dort gewesen. Alles von diesem Punkt an hätte auch nur Teil eines Traumes sein können. Ein sanfter Luftzug streichelte sein linkes Ohr. Er war angenehm kühl und ließ ihn aufatmen. Ji-Yong wollte sich umdrehen, doch seine Bewegungsfähigkeit war durch mehrere Decken eingeschränkt worden. Er versuchte sich ins Gedächtnis zu rufen, warum er derart einschnürt war, aber es gelang ihm nicht. Mit etwas Kraft brachte der Leader es fertig, die Decken zu lösen und sich herumzurollen. Wenige Zentimeter vor ihm, tief in das Kopfkissen gedrückt, befand sich das Gesicht Seung-Hyuns. Seine schönen Augen waren von seinen Lidern verdeckt und sein flacher Atem verriet Ji-Yong, dass er noch immer im Land der Träume schwebte. "Wieder eine Nacht, in der du mich gerettet hast.", wisperte er. Wie oft würde dies noch passieren? Wie tief würde er am Ende in des Älteren Schuld stehen? Vorsichtig richtete er sich auf und beugte sich über seinen Freund. Ohne zu zögern näherten sich seine heißen Lippen dessen Wange und er drückte einen zarten Kuss darauf. Es war viel zu wenig, das er geben konnte. Als Ji-Yong seinen Kopf wieder anhob, wobei er gegen einen aufkommenden Schwindel ankämpfen musste, bemerkte er nicht das Zucken von Seung-Hyuns Augenlidern. Er hatte ihn unbeabsichtigt geweckt. Nicht allzu weit entfernt befand sich Seung-Ri in seinem Bett und hatte seine wachenden Augen auf Young-Baes schlafendes Gesicht gelegt. Er war bereits seit einer Stunde dem Schlaf entkommen und hatte sich seither nur dieser Beschäftigung hingegeben. Einer Beschäftigung, der er sich den gesamten Tag widmen könnte, wenn er nicht gezwungen wäre, in die reale Welt zurück zu kehren. Die Sorgen um ihren Leader waren nicht verflogen, aber es genügte ihm, diesen Menschen so nah bei sich zu haben, um ihm Ruhe und Zuversicht zu geben. Seung-Hyun öffnete langsam die Augen und blickte in das schwach lächelnde Gesicht seines besten Freundes. Er konnte nicht genau sagen, was ihn geweckt hatte, aber er fühlte die Schmetterlinge in seinem Bauch und ein Glücksgefühl in seiner Brust, welches nichts mehr mit den sorgvollen Stunden des letzten Abends gemein hatte. Es war, als wären mit der Dunkelheit auch die Angst und die Unsicherheit gegangen. Sie würden dies zusammen durchstehen, davon war er überzeugt. "Guten Morgen, Ji-Yonga", gähnte er und vergrub das Gesicht nochmal in den Kissen, bis seine Augen sich an das Licht gewöhnt hatten. Dann schaffte er es endlich, sich aufzurappeln. Er stützte seinen Kopf in die Hand und betrachtete seinen Freund eine Weile. "Na, geht es dir wieder besser?" Fast hätte er 'Schatz' angehängt, aber er biss sich gerade noch rechtzeitig auf die Zunge. Das hätte ein wenig peinlich werden können. Ji-Yong nickte und lächelte. "Ja, mir ist noch ein bisschen schwindelig, aber es geht wieder. Dank deiner Hilfe!" Es war ein wunderschönes Gefühl hier neben Ji-Yong zu liegen. Zu sehen, dass es ihm gut ging, Seine Wärme zu spüren. Seung-Hyun fühlte, dass der Fuß seines Freundes sanft sein Schienbein streifte, als dieser sich zu ihm umdrehte und ein wohliger Schauer jagte über seinen Körper. Wie schon viele Male zuvor musste er mit aller Kraft den Drang niederkämpfen, ihn zu küssen. Im Nebenzimmer, in dem Dae-Sung noch friedlich schnarchte, hatten zwei andere es aufgegeben, gegen diesen Drang anzukämpfen. Die Sonne schien genau auf das Bett, in dem Young-Bae und Seung-Ri geschlafen hatten und es war, als würde sie die beiden Liebenden wohlwollend betrachten. Seung-Ri spürte die Schmetterlinge in seinem Bauch Achterbahn fahren und er hatte den Eindruck, als sei die frische Winterluft von Engelsgesang und Glockengeläut erfüllt(XD). Kichernd ließ der Jüngere sich auf den Rücken fallen und zog den Älteren mit sich. Er konnte nicht recht glauben, was gerade passierte. Es war so unwirklich und gleichzeitig wunderschön, sodass er noch nicht überzeugt war, dass es wahr sein konnte. "Hast du da auch gerade jemanden kichern hören?", durchbrach Seung-Hyun die Stille und horchte angestrengt auf die Geräusche aus dem Nebenzimmer. Ji-Yong ließ sich wieder in sein Kissen sinken, doch merkte er sofort auf, als der Ältere etwas von einem Kichern erzählte. Er spitzte seine Ohren und tatsächlich, ein leises Lachen erklang von nebenan. Der Jüngere wandte sich wieder Seung-Hyun zu und zuckte mit den Schultern, so gut es ihm im Liegen möglich war. "Vielleicht hat Seung-Ri einen schönen Traum, wer weiß...wo ist eigentlich Young-Bae?" Er stützte sich auf seiner Matratze ab und drehte sich auf die andere Seite, um das Bett ihres Freundes leer und unangetastet vorzufinden. Ein Umstand, der ihm schon früher aufgefallen war. Dann drehte er den Kopf nach hinten, um Seung-Hyun wieder ins Gesicht zu sehen. "Hat er meinetwegen woanders... geschlafen?" Bedrückung spiegelte sich in seinen Zügen wieder. Seung-Hyun hob erstaunt die Augenbrauen, als ihm diese Frage gestellt wurde und im gleichen Zug kam ihm eine Idee, was Seung-Ri in diesen frühen Morgenstunden einen derartigen Spaß bereiten könnte. Allerdings hielt ihn der Ausdruck in den Augen des Jüngeren davon ab, etwas in jene Richtung zu erwähnen. "Ja schon, aber es war besser so. Außerdem macht es ihm wirklich nichts aus. Also keine Sorge..." Seine Hand fand sich im schweißfeuchten Haar Ji-Yongs wieder und wanderte dann tiefer, um dessen Temperatur zu erfühlen. Sie war noch immer zu hoch, jedoch sah sein Freund bereits um einges besser aus. "Hyung..." "Mh?" "Wir waren gestern Abend beim Boss, oder?...O-oder war das ein Traum?" "Doch, waren wir. Es lief alles sehr gut und du hast dich tapfer gehalten", antwortete Seung-Hyun lächelnd. Er zögerte einen kurzen Augenblick, bevor er fortfuhr, denn er ahnte, dass es diese Information gewesen war, die Ji-Yong dermaßen aus der Bahn geworfen hatte. Aber es totzuschweigen, würde auch keinen Sinn machen. "Er hat vermutet, dass einer aus dem Staff für das alles verantwortlich ist." Er hielt kurz die Luft an, als wartete er auf einen erneuten Zusammenbruch Ji-Yongs, doch dieser nickte nur leicht. "Ja, das liegt... nahe... Es macht die Sache nicht einfacher, aber irgendwie kommen wir schon damit klar." Es war als wollte er sagen: Ich komme schon damit klar, solange ich dich habe. Wieder lächelten sie sich einfach nur an, doch plötzlich würde die Ruhe von einem leisen Stöhnen und einem darauffolgenden Lachen durchbrochen. Young-Bae wusste selbst nicht, was in ihn gefahren war. Alles, was ihm klar wurde, als er erwachte und Seung-Ri in die überraschten Augen sah, war, dass er zutiefst verliebt war. Sobald jener Gedanke sich vollkommen in seinem Kopf ausgebreitet hatte, hatte er einfach gehandelt. Der Ältere hatte genügend Vertrauen in seine Menschenkenntnis, um sich sicher sein zu können, dass sein Freund ihn nicht hassen würde. Und er wurde nicht entäuscht. Nun lag er mit von Glück erfüllter Brust auf ihm und verging sich an seinem schlanken Hals, während er genüsslich Seung-Ris leisem Kichern lauschte. "Haha, Hyung pass auf, sonst wecken wir noch Dae-Sung auf", flüsterte Seung-Ri gegen das strubbelige Haar des anderen und musste sich sehr zurückhalten, nicht in lautes, albernes Lachen auszubrechen. Doch Young-Bae ignorierte ihn vollkommen und platzierte seine Küsse ein wenig tiefer. Und noch ein wenig tiefer. Ließ seine Zunge über das Schlüsselbein des anderen fahren. Schmeckte salzigen Schweiß. Er wollte ihn. Wollte ihn mehr als alles andere auf der Welt und nur noch davon war sein Denken eingenommen. Seung-Hyun mochte überhaupt nicht daran denken, was die beiden im Nebenzimmer trieben. Allein der Gedanke an den Gedanken trieb ihm die Schamesröte ins Gesicht. Er war nicht prüde, Gott bewahre. Aber dieses Kichern klang ganz eindeutig nach etwas Unanständigem. "Ji-Yonga, sag doch, hast du schön geträumt?", versuchte er die eindeutigen Geräusche aus dem benachbarten Raum zu übertönen, doch er stotterte dabei ein wenig. "Hyung, was ist denn auf einmal los, du glühst ja wie eine Tomate", stellte Ji-Yong leicht besorgt fest und legte dem Älteren eine Hand auf die Stirn. "Nicht, dass ich dich angesteckt habe!" "Äh nein, es geht mir gut", versicherte Seung-Hyun und konnte sich nicht davon abhalten weiter auf die Laute aus dem Nebenzimmer zu lauschen. Hatte er da etwa eine voyeuristische Ader an sich entdeckt? Er ließ sich wieder in die Kissen sinken und drehte sich so auf die Seite, dass er seinem Freund in die Augen sehen konnte. "Ich freue mich, dass es dir wieder besser geht. Ich hab mir wirklich große Sorgen gemacht" Ji-Yong wollte gerade zu einer Entschuldigung ansetzten, doch große Hände zerzausten ihm das Haar. "Wage es ja nicht, dich zu entschuldigen", lachte Seung-Hyun, als hätte er die Gedanken des Jüngeren gelesen. "Ich glaube, jeder in deiner Situation hätte so reagiert." Das plötzliche Stöhnen hatte Seung-Ri nicht zurückhalten können. Young-Bae hatte seine Zunge überraschend tief in seinen Bauchnabel gepresst und diese obszöne Berührung jagte einen Stromschlag durch seinen empfindlichen Körper. Als er es geschafft hatte, dem Jüngeren noch andere Laute als dessen Lachen zu entlocken, war der Ältere bereits sehr befriedigt, doch leider mussten sie ihrem Spiel nun ein Ende setzte. Dae-Sung regte sich gefährlich stark in seinem Bett und schien langsam aber sicher zu erwachen. Enttäuscht bemerkte Seung-Ri, wie sein Freund von ihm abließ und wieder höher rutschte. Er zog sein T-shirt zurecht und legte seinen Kopf entspannt auf dessen Brust. Aber sein Mund blieb verschlossen. Der Jüngere wagte es nicht, alles zu zerstören, indem er etwas Falsches von sich gab. "Hey, hör auf!", lachte Ji-Yong und versuchte sich vergeblich den Händen des Älteren zu entziehen. All dies tat so gut. Jede Berührung war seine Medizin. Und während Seung-Hyun wieder von ihm abließ und sie noch einige Minuten einfach nebeneinander lagen und sich ansahen, dachte er, dass ihre Beziehung sehr besonders war. Er schloss noch einmal die Augen und genoss es, dass sein Freund begann, seinen Rücken zu streicheln, was ihm ein sanftes Lächeln auf die Lippen zauberte. Beinahe hätte der Schlaf Ji-Yong erneut eingeholt. Er spürte, wie die Müdigkeit über ihn herfiel und seinen Atem wieder erflachen ließ. Doch bevor dies vollständig geschah, zwang er sich, wieder zu erwachen und stemmte sich aus den Kissen. Seine Kleidung war vollkommen durchgeschwitzt. Er musste dringend unter die Dusche. Entschlossen schwang er die Beine aus seinem Bett. Seung-Hyun erschrack über das abruppte Aufstehen des Jüngeren und erhob sich selbst. "Ji-Yonga, was tust du? Sei vorsichtig." "Ganz ruhig, Hyung. Ich will nur ins Bad." Mit dieser Erklärung kam er auf die Beine, taumelte leicht und fand letztlich sein Gleichgewicht. Zwei Hände griffen stützend seinen Arm, aber er wies sie von sich. "Ich schaffe das schon.", versprach er so zuversichtlich wie nur möglich und sah Seung-Hyun bittend in die Augen. Dieser ließ nur ungern von ihm ab, hatte aber keine andere Wahl. "Aber wenn etwas ist dann-" "Ich werde sofort um Hilfe rufen", verkündete der Jüngere und setzte sich in Bewegung. Zwar fühlte er sich schwach und als würde er über schwankenden Boden laufen, aber wenn er an Seung-Hyuns große Sorge dachte, breitete sich ein warmes Gefühl in ihm aus. ...Ich will dich doch nur beschützen... Dieser Satz war für die Ewigkeit in sein Gedächtnis eingebrannt. Nie würde er ihn vergessen können. Seung-Hyun blieb noch eine Weile im Bett sitzen, eine Decke über die Beine gebreitet und an die Wand gelehnt, die zum Bad abschloss. Erst als er das Wasser rauschen und Ji-Yong leise vor sich hinträllern hörte, konnte er aufhören, sich Sorgen zu machen. So lange sein Freund noch unter der Dusche sang, war alles in Ordnung. Er registrierte außerdem, dass die obszönen Töne aus dem Zimmer auf der anderen Seite aufgehört hatten und dass stattdessen Dae-Sung laut und ungebremst irgendetwas erzählte. Was genau, konnte er durch die Wände nicht verstehen. Endlich erhob auch Seung-Hyun sich endgültig und schlenderte in die Küche, um das Frühstück vorzubereiten. Auf seinem Weg dorthin klopfte er ein paar Mal fest gegen die Tür des Nebenzimmers. "Los Jungs, aufstehen, ich werde das Frühstück sicher nicht alleine machen!" "Wie ich sehe, geht es dir wieder besser", stelle Seung-Ri fest, der als letzter zum Frühstück erschien, einen großen Handtuchturban um den Kopf gewickelt und in einem feuchten T-Shirt Ji-Yong von hinten umarmend. "Ja!", nickte dieser und grinste über die Schulter ihrem Jüngsten ins Gesicht. Seung-Hyun kam es vor wie Weihnachten und Geburtstag an einem Tag. Das ständige Lächeln auf den Lippen seines Freundes beobachten und seit einer gefühlten Ewigkeit endlich mal wieder kräftig zulangen zu können war herrlich. Und auch Ji-Yong aß wie ein Scheunendrescher. Dieser Morgen erweckte den Anschein, sie hätten die Krise schon längst überwunden. Während der Leader kauend seinen Blick über ihre Gesichter wandern ließ und den Gesprächen lauschte, welche nun entspannt und ausgelassen waren, begann in ihm die Sicherheit zu wachsen, dass keine Macht der Welt ihren Frieden stören könnte. Allerdings, sollte dies jemand versuchen, würden sie ihm sehr genau klar machen, was sie von dieser Idee hielten. Hier und jetzt war er wirklich glücklich. "Sag mal Seung-Ri, was hast du eigentlich Schönes geträumt?" Der Jüngere verschluckte sich an einem Stück Toast und hustete, wobei Young-Bae heimlich zu grinsen begann. "W-was meinst du?", fragte er innerlich betend dass ihm die Wahrheit nicht ins Gesicht geschrieben stand. Ji-Yong kam dies etwas komisch vor, aber er konnte nicht ahnen, dass Young-Bae die Nacht bei ihrem Jüngesten verbracht hatte. "Dein Lachen war nicht zu überhören. Oder hat Dae-Sung eine komödiantische Morgeneinlage gebracht?" "Das war wohl eher Young-Bae Hyung", fiel Dae-Sung ein, bevor ihn jemand davon abhalten konnte. Der Erwähnte zuckte leicht zusammen und fühlte sich ertappt, begann dann aber zu lachen. "Warum lacht ihr?", fragte Ji-Yong. "Young-Bae hat heute Nacht bei Seung-Ri und Dae-Sung geschlafen...wahrscheinlich hat er ihn geärgert", antwortete Seung-Hyun beschwichtigend, um das Gespräch nicht in die falsche Richtung laufen zu lassen. Es wäre den beiden sicher mehr als peinlich, jetzt über ihr Bettgeflüster sprechen müssen. Ji-Yong allerdings war etwas entrüstet. "Was? Warum hast du mir das nicht schon vorher erzählt?" "D-das ist doch nicht so wichtig. Bist du fertig, wenn ja, dann räumen wir ab. Du musst ins Bett." Der Jüngere war nicht zurfrieden mit dieser Antwort, doch ließ ihm sein Freund keine Wahl und scheuchte ihn zurück ihn ihr Zimmer, damit er sich wieder hinlegte. Der Tag verlief sehr ruhig und entspannt, obwohl Seung-Hyun seine liebe Mühe hatte, ihren Leader dazu zu bewegen im Bett zu bleiben. "Aber Hyuuu~ung!", jammerte er immer wieder. "Ich bin überhaupt nicht müde und mir geht es doch schon viel besser!" Und es stimmte, Ji-Yongs Temperatur hatte sich fast wieder normalisiert und auch sein ueberschwängliches Gemüt war zurückgekehrt. Doch Seung-Hyun blieb erbarmungslos. "Nichts da, du warst ohnmächtig und hattest Fieber, du bleibst heute brav liegen!" Und um dies zu gewährleisten, blieb er den gesamten Tag bei seinem Freund und versuchte ihn so gut es ging zu beschäftigen. Auch die anderen gesellten sich von Zeit zu Zeit zu ihnen und ihre Gespräche waren so ausgelassen wie eh und je. Nach dem Frühstück hatte Seung-Hyun einen weiteren Anruf bei ihrem Manager getätigt und dieser hatte ihnen allen einen weiteren Tag frei gegeben und sogar angeordnet, dass Ji-Yong sich auch in den folgenden Tagen weitestgehend schonen sollte. Ein kranker Leader war schon schlimm genug, aber ein Leader, der sich nicht auskurieren konnte, war für das Entertainment nicht haltbar und so war Ji-Yong zumindest für die Termine der nächsten Tage freigestellt. Doch wie Seung-Hyun schon erwartet hatte, war jener davon alles andere als begeistert. "So ein Quatsch, ich bin doch nicht totkrank. Und hier langweile ich mich nur zu Tode", hatte er gesagt und sein Mund zu einem sehr niedlichen Schmollen verzogen. Seung-Hyun hatte nur nachsichtig gelächelt. "Wir werden sehen!" Kapitel 5: Strong Baby ---------------------- Strong Baby Es war schon spät und die Gruppe saß wieder in Decken eingewickelt im Wohnzimmer und ließ sich das Essen schmecken, das Young-Bae für sie gekocht hatte.. Nebenbei ließen sie mit niedriger Lautstärke irgendein Drama im Fernsehen laufen, das eigentlich keinen so recht interessierte. "Das schmeckt wunderbar, Hyung", lobte Seung-Ri und die anderen stimmten begeistert nickend zu. Sie gaben, wenn sie allein aßen, nie viel auf Tischmanieren und so lehnte sich Ji-Yong mit dem Rücken an Seung-Hyun und schaufelte sich das Essen regelrecht in den Mund, wobei der die Hälfte über das Sofa verteilte. "Pass doch ein bisschen besser auf, du isst wie ein Affe!", schalt Seung-Hyun den Jüngeren lachend und langte über seinen Kopf hinweg, um die Reisklümpchen von der Decke aufzulesen. Ji-Yong verdrehte seinen Kopf so, dass er dem Älteren in die Augen sehen konnte und einen Moment grinsten sich beide breit an. Dann piekste er diesen lachend mit dem Löffel in die Wange und widmete sich wieder seinem Abendessen. Dabei störte es Ji-Yong nicht im Geringsten, dass der Arm seines Freundes sich um seine Schultern legte. Scheinbar genügte eine einzelne Berührung seiner Hand, um ihn wieder zu Kräften kommen zu lassen. Deshalb genoss er dessen Nähe umso mehr und kostete sie aus, als die Teller leer waren und er sich entspannt zurücklehnen konnte. Wenn es dies war, was ihm erlaubte, jeden Abend zu genießen, wenn er krank war, dann würde er es vielleicht auch überstehen, die nächsten Tage im Apartment zu bleiben. Nur der Gedanke daran, für einige Stunden allein sein zu müssen, bereitete ihm Unbehagen. Seine Hände griffen die Seung-Hyuns und er ließ seine Fingerkuppen verträumt darüber streicheln, während er sie betrachtete. "Ist schon Ok, Seung-Ri und ich räumen ab, ihr könnt euch ruhig fertig machen.", verkündete Young-Bae, als sie sich eine halbe Stunde später dazu entschieden, endlich aufzuräumen. Und ihr Leader, dem bereits die Augen zufielen, war an dieser Entscheidung nicht ganz unbeteiligt. Seung-Ri nickte mit etwas zuviel Eifer und schnappe sich alle Teller, die er greifen konnte, um sie in die Küche zu balancieren. Young-Bae folgte ihm so schnell er konnte. Kaum dass er endlich mit ihrem Jüngesten allein war, ließ er das Geschirr neben der Spüle stehen und zog ihn in seine Arme. Schnell fanden ihre Lippen zueinander und er versuchte sogleich, seine Zunge in den süßen Mund seines Freundes zu pressen. Sie hatten den ganzen Tag kaum etwas voneinander gehabt, da sie fast die gesamte Zeit mit Dae-Sung verbracht hatten. Aber seitdem er am Morgen diese weichen Lippen kosten durfte, wollte Young-Bae nichts lieber, als wieder über sie herzufallen. Seung-Ri kicherte sein liebenswertes Kichern und vergrub sofort die Hände in den kurzen Haaren des Älteren. In ihrem erneuten Spiel nahmen beide keinerlei Notiz davon, dass sich die Küchentür öffnete. Seung-Hyun hatte Ji-Yong wieder etwas wach gerüttelt und ins Bett geschickt, um im Wohnzimmer Ordnung zu machen. Dabei war ihm aufgefallen, dass ihre Freunde ein Paar Stäbchen vergessen hatten. Er hatte sie eigentlich nur schnell wegbringen wollen, aber mit dem Anblick, welcher sich hinter dem Holz der Tür für ihn bot, hatte er bei Weitem nicht gerechnet. Seung-Hyun war, als würde alles Blut, das sein Körper nicht zum Erhalt lebenswichtiger Funktionen benötigte, in seinen Kopf steigen. Einen Moment lang war er zu überrascht, um sich zu rühren, doch dann schloss er die Tür so vorsichtig er konnte. Mit klopfendem Herzen blieb er im Flur stehen und versuchte nicht über das Gesehene nachzudenken, doch das Bild hatte sich fest in seinen Kopf gebrannt und ließ ihn nicht mehr los. Natürlich hatte er etwas in dieser Richtung vermutet, nachdem er am Morgen die mehr oder weniger eindeutigen Töne aus dem zweiten Schlafzimmer vernommen hatte und auch die kleinen Blicke, welche sich Young-Bae und Seung-Ri am Tag zugeworfen hatten, waren ihm nicht entgangen. Aber nun den Beweis so eindeutig vor seiner Nase zu sehen - das war etwas ganz anderes. Und unweigerlich wanderten seine Gedanken wieder zu Ji-Yong und er stellte sich vor, wie es wohl gewesen wäre, wenn sie beide es gewesen wären, die in der Küche gestanden und sich so leidenschaftlich geküsst hätten. In derart angenehme Gedanken versunken betrat Seung-Hyun schließlich das gemeinsame Schlafzimmer und bemerkte gar nicht, dass er immer noch das Paar Stäbchen in der Hand hielt. Ji-Yong lag nun schon umgezogen im Bett und hatte sich in seine Decke eingekuschelt. Er grinste zufrieden, als der Ältere ins Zimmer getapst kam und sich neben ihn auf das Bett setzte. "Du sahst so müde aus. Ich dachte, du würdest sofort einschlafen." Seung-Hyun lächelte und fuhr seinem Freund durch das weiche Haar. Das war nicht das, was er eigentlich sagen wollte, aber er wusste nicht genau, wie er es anstellen sollte und so begann er mit einer Banalität. Ji-Yong schüttelte den Kopf. "Ich wollte dir wenistens noch gute Nacht sagen und mich dafür bedanken, dass du dich so gut um mich gekümmert hast. Das hat mir wirklich sehr geholfen." Der Ältere fasste sich ein Herz. "Meinst du... möchtest du, dass ich heute Nacht wieder bei dir schlafe?" Sein Herz begann erneut schneller zu schlagen. Sehr gerne hätte er die Nacht wieder im Bett seines Freundes verbracht, ihn in den Armen gehalten und ihm Sicherheit geben. Die Nähe spüren, die auch ihm über seine Sorgen hinweghalf. Ji-Yong schien einen Moment über das Angebot nachzudenken. "Nein", antwortete er jedoch schließlich, "das kann ich nicht von dir verlangen, du hast schon viel zu viel für mich getan. Und mir geht es wirklich schon besser!" Ein dankbares Lächeln breitete sich auf seinem Gesicht aus. "In Ordnung." Seung-Hyun fiel es schwer, die Enttäuschung in seiner Stimme zu verbergen, doch er musste die Entscheidung seines Freundes akzeptieren. Er konnte ihm seine Nähe schließlich nicht aufdrängen. Und im Endeffekt war es für Ji-Yong doch nur ein Freundschaftsdienst, den er ihm geleistet hatte, so sehr die Erkenntnis auch schmerzte. Wieder tauchte das Bild von Young-Bae und Seung-Ri vor seinem inneren Auge auf, wie sie sich sanft und doch voller Leidenschaft küssten und es versetzte ihm einen kleinen Stich der Eifersucht. "Wenn du mich brauchst... ich habe einen leichten Schlaf...", schluckte Seung-Hyun seine Enttäuschung hinunter und erhob sich vom Bett seines Freundes. "Ja, das weiß ich", antwortete der Jüngere zwar schläfrig aber noch frech genug. Mit müden Augen beobachtete er, wie sich sein Freund auf sein eigenes Bett setzte und begann, sich umzuziehen. Irgendetwas in seinem Gesichtsausdruck hatte sich verändert, als er sein Angebot abgelehnt hatte. Ji-Yong konnte es nicht als Enttäuschung erkennen, da ihm Seung-Hyuns Hintergedanken nicht bekannt waren. Die Bedrückung jedoch war für ihn sehr wohl auszumachen. Einen Moment lang überlegte er, ob er den Älteren danach fragen sollte, aber er entschied sich dagegen. Der Schlaf legte sich bereits auf ihn und so schob er Seung-Hyuns Gefühlsumschwung den immer noch bestehenden Sorgen in dessen Kopf zu. Wenn er ihm bewies, dass alles wieder in Ordnung war, würden sich auch die dunklen Wolken, die über ihnen zu schweben schienen, bald verzogen haben. Wenige Sekunden später war Ji-Yong ruhig und selig eingeschlafen. Begleitet von einigen Männern in schwarzer Uniform, auf deren Rücken das Wort 'Security' geschrieben stand, gelangten Big Bang in die 'Coex-Mall', eines der größten Einkaufszentren in Seoul, wo ihre Autogrammstunde stattfinden sollte. Ihr Leader hatte sich nach wenigen Tagen absoluter Ruhe, zu welcher er trotz allem noch immer gezwungen werden musste, wieder vollständig erholt und war wie ausgewechselt. Es lag nicht die geringste Spur von Nervosität in seinen Bewegungen, als sie das Apartment verlassen und sich auf den Weg gemacht hatten. Seung-Hyun achtete zwar darauf, immer in Ji-Yongs Nähe zu bleiben, doch schien es ihm, als ob dies nicht mehr nötig wäre. Ein Umstand, der ihn beinahe etwas traurig stimmte. Sie betraten die Halle, welche angefüllt war mit schreienden und klatschenden Fans und wie jedes Mal war es ein erhebendes Gefühl. Selbst jetzt noch, wo in ihrer aller Köpfe der Gedanke an die Gefahr verankert war, die hier auf sie lauern konnte. "Annyeonghaseo! Uri neun Big Bang imnida!", rief die Gruppe laut und selbstbewusst. Dann setzten sie sich auf ihre vorgegebenen Plätze, um mit ihrer Arbeit zu beginnen. Es war an ihrem Leader, seine Unterschrift als Erster auf jede Autrogrammkarte zu setzen, da der Stapel bedruckter Karten neben ihm stand. Und er tat es mit einem breiten Lachen, welches er jedem Fan schenkte und auch nicht, ohne sich über das zurückhaltende Gekicher der Mädchen zu amüsieren. Alles in allem verliefen die Stunden, die Big Bang Autogramme schreibend im Einkaufscenter verbrachten, sehr ruhig. Sie setzten eine Unterschrift nach der anderen auf die Karten, und nahmen freundlich dankend Geschenke entgegen. Während der automatisierten Bewegung begannen Seung-Hyuns Gedanken ein wenig abzuscheifen und seine Augen wanderten immer wieder kurz zu Ji-Yong, der neben ihm saß. Sein Lächeln wirkte so echt und derart strahlend, dass Seung-Hyun warm ums Herz wurde. Auch wenn er es gut überspielen konnte, die ständige Sorge um seinen besten Freund hatte auch ihn angestrengt. Dass seine Gefühle noch immer nicht erwidert wurden und dies wahrscheinlich auch niemals passieren würde, trat vor der Tatsache, dass es Ji-Yong endlich wieder gut zu gehen schien - und dass es zu einem Teil auch sein Verdienst sein durfte - fast vollkommen in den Hintergrund. "Vielen Dank, ich freue mich wirklich sehr!", sagte Ji-Yong gerade und drückte sich grinsend den Plüschhasen gegen die Wange, den er soeben von einem bis über beide Ohren rot angelaufenem Schulmädchen geschenkt bekommen hatte. Er setzte seine Unterschrift neben das Abbild seines Gesichts und malte schwungvoll ein kleines Herz daneben. Kichernd ging das Mädchen einen Platz weiter, während Ji-Yong die Autogrammkarte zu seinem Freund schob. Kurz berührten sich ihre Hände und ein angenehmes Kribbeln breitete sich von der Stelle in Seung-Hyuns ganzem Körper aus. Er schloss kurz die Augen und konzentrierte sich wieder auf seine Arbeit. Es waren auch Journalisten anwesend und er wollte morgen nicht in der Zeitung lesen, er würde seine Fans nicht gut behandeln, nur weil er sich leicht ablenken ließ. Schließlich war der große Stapel Autogrammkarten fast abgearbeitet und die Mall hatte sich beinahe geleert. Hinter den Fünfen türmten sich Berge von Geschenken und ihre Hände schmerzten. Doch auf einmal bemerkte Seung-Hyun, wie sich sein Freund neben ihm verkrampfte. "Hyung... ich...", flüsterte er, "schau doch..." Der Jüngere hatte es zuerst gar nicht bemerkt. Nachdem er die letzte Karte unterschrieben und sie seinem Freund zugeschoben hatte, waren seine Augen für einige Sekunden an diesem hängen geblieben, bevor sie über den Tisch zurückwanderten. Und nun sah er, was sich unter der Letzten befand. Ein verschmiert gemaltes Auge glotze ihm von einem weißen Stück Papier entgegen. Ji-Yong stockte der Atem. Dies traf ihn derart unerwartet, dass er kaum sprechen konnte. Zu seinem Glück hatte er Seung-Hyun bei sich. Der Ältere war nicht weniger geschockt und drehte sich zu allen Seiten um. Vielleicht in der Hoffnung, den Überltäter ausmachen zu können. Aber natürlich war ihm dies nicht möglich. Zu viele Leute befanden sich um sie herum. "Komm, wir müssen gehen.", flüsterte er Ji-Yong eindringlich zu, packte ihn an den Schultern und zog ihn von seinem Stuhl. Dieser nickte nur und riss sich zusammen. Die anderen folgten ihnen automatisch, auch wenn sie nicht genau wussten, was los war. Die Security umringte sie sogleich und fragte, was passiert sei. Ihr Ältester deutete zum Tisch, dann sah er zu, dass sie so schnell wie möglich aus dem Gebäude verschwinden konnten. "Hyung, was war denn los?", fragte Dae-Sung mit beängstigter Miene und wandte sich an Seung-Hyun. Sie saßen bereits alle im Wagen, als der Jüngere es endlich schaffte, ein Wort an ihn zu richten. "Du bist so plötzlich losgerannt..." Der Gefragte setzte an, aber Ji-Yong kam ihm zuvor. "Unter dem Stapel Autogrammkarten hat ein Zettel gelegen. Es war wieder dieses Auge darauf gezeichnet." Er berichtete sehr gefasst davon, während die Mienen seine Freunde nach dieser Neuigkeit eher befangen wirkten. Seltsamerweise war ihr Leader erstaunlich ruhig. Und auch Ji-Yong selbst hatte geglaubt, er würde einen Rückfall erleiden, einen erneuten Nervenzusammenbruch. Aber nichts geschah. Die anderen waren bei ihm, Seung-Hyun hatte sofort richtig reagiert...er musste vor nichts Angst haben. "Und... dir geht es gut?", hakte Seung-Hyun nach, der fast erstaunt darüber war, wie stark sein bester Freund in dieser unangenehmen Situation blieb. Dieser nickte und sah dem Älteren fest in die Augen. "Ja, es ist wirklich alles in Ordnung, mach dir keine Sorgen." Seung-Hyun lächelte erleichtert und ließ sich ein wenig nach hinten in den weichen Autositz fallen. Es war nur ein Zettel gewesen, kein Angriff. Keine Verletzten. Aber die eindeutige Erinnerung daran, dass sie mit der Sache noch nicht fertig waren. Wer auch immer dahinter steckte, er war dicht hinter ihnen. Seung-Hyun wollte sich gar nicht vorstellen, wie es in Ji-Yong aussehen musste, wenn er selbst sich davon derartig stark mitnehmen ließ. Dabei war er überhaupt nicht das eigentliche Ziel des Stalkers. Stalker... das war das erste Mal, dass er diesen Ausdruck bewusst gebrauchte. Er hatte allen auf der Zunge gelegen und er hatte wie eine dunkle Wolke über ihnen gehangen, doch bis jetzt hatte ihn niemand ausgesprochen. Allein aus dem Grund, dass sie noch nie mit einem derartigen Problem konfrontiert waren. Umso mehr bewunderte er es, dass Ji-Yong scheinbar die Stärke gefunden hatte, die schwierige Situation zu meistern. "Und wie soll es jetzt weitergehen?", fragte Seung-Ri schließlich. "Ich meine, es ist doch ziemlich sicher, dass es einer aus dem Staff ist." Young-Bae nickte zustimmend. "Ja, kein anderer hätte den Zettel unter die Autogrammkarten legen können. Wäre es einer der Fans gewesen, wäre uns das sicher aufgefallen. Und wie sollte auch sonst der Blumenstrauß in unsere Garderobe gekommen sein, da hat ja kaum jemand Zutritt..." "Es wird uns wohl nichts anderes übrig bleiben, als noch mehr Security anzufordern. Mit Zetteln kann ich umgehen, aber ich könnte es nicht verkraften, wenn einer von euch meinetwegen verletzt wird! Wir müssen einfach nur sicherstellen, dass er uns nicht zu nahe kommen kann." Ji-Yong lehnte den Kopf an die Schulter seines besten Freundes und ging die weiteren Möglichkeiten durch. "Eine komplette Überprüfung des Personals wird wohl in so kurzer Zeit kaum möglich sein, aber wir müssen sehr auf Auffälligkeiten achten. Schließlich ist dieser Kerl immer in unserer Nähe." Er musste die Situation nur mit genügend rationaler Kälte betrachten. Die Alternativen, die ihnen blieben, zu überdenken und auszusprechen, beruhigte ihn ungemein. Und als er die verdutzten aber zustimmenden Reaktionen seiner Freunde sah, fühlte er sich beinahe wieder wie ihr unberechenbarer Leader. Ja, er konnte damit umgehen. Er konnte es in die Hand nehmen und alles wieder unter Kontrolle bringen. So war es ihm möglich, sie zu beschützen. Young-Bae lächelte leicht und bestaunte es, dass Ji-Yong sich derart gut gefangen hatte. Nach allem, was passiert war, hatte er befürchtet, dass sie diese Seite ihres Leaders nicht so schnell wiedersehen würden. Gut, dass er sich geirrt hatte. Seine Hand tastete nach der Seung-Ris und umschloss sie insgeheim, was dem Jüngeren ebenfalls ein Lächeln entlockte. Seung-Hyun entging diese Geste nicht, weshalb sein Kopf sich zu Ji-Yong wandte, welcher an ihm lehnte. Er atmete tief ein und aus, um seinen Geruch in sich aufzunehmen, indessen legte sich der Arm des Älteren um den schmalen Rücken. Leider konnten sie nicht lang in dieser Position verweilen. Der Wagen hielt einige Minuten später vor ihrem Apartment und sie verließen ihn in Eile. Es wäre gefährlich, sich zuviel Zeit zu lassen. Weiterhin von Sorge erfüllt ergriff Seung-Hyun die Schulter ihres Leaders und achtete darauf, seinen Rücken zu schützen, während sie wieder einmal auf den Eingang zueilten. Ji-Yong hatte die Augen nur nach vorn gerichtet, auf das Ziel. "Was meint ihr, soll ich uns einen Tee aufsetzen?", erkundigte sich Seung-Hyun, den Arm immer noch um den Freund gelegt, wartete aber nicht auf eine Antwort. Er löste sich von Ji-Yong, streifte die Schuhe von seinen Füßen und verschwand in der Küche, ihren Leader dicht hinter sich wissend. Es war seltsam, aber es kam Seung-Hyun fast so vor, als sei überhaupt nichts passiert, als sei alles so, wie es noch vor einigen Wochen gewesen war. Irgendwie war das Gefühl... unaufhaltsam. In sich hineinlächelnd füllte er den Wasserkocher auf und stellte ihn auf die Station, wobei er stumm eine kleine Melodie summte. "Merk dir das", witzelte Ji-Yong, der sich mit verschränkten Beinen auf den Küchentisch gesetzt hatte, "das wird unser nächster Megahit!" Seung-Hyun stimmte in das Lachen des Jüngeren mit ein und versetze ihm einen leichten Knuff gegen die Schulter. Immer noch grinsend kramte er nach dem Tee, fand ihn recht schnell und entpackte zwei Teebeutel. "Wir schaffen das schon, oder?" In diesem Moment ging Seung-Hyun durch den Kopf, dass sein Freund wohl doch nicht wieder ganz der Alte war. Er hatte in den letzten Tagen einiges mitgemacht und schien ernster zu sein, nachdenklicher. Wieder überkam ihn das Bedürfnis, Ji-Yong in die Arme zu nehmen und nie wieder loszulassen. Dem Jüngeren fiel der nachdenkliche Blick auf, den Seung-Hyun ihm zuwarf. Er legte den Kopf leicht schief und grinste seinem Freund zu. Dieses Mal jedoch war es wieder erzwungen und nicht von Herzen. Unglücklicherweise ließ sich eine Veränderung nach derartigen Ereignissen nicht vermeiden und Ji-Yong bemühte sich, auf eine verantwortungsvollere Art damit umzugehen. Trotz dieser vernünftigen Sicht der Dinge hätte er nichts dagegen, wenn der Ältere ihn ein weiteres Mal in die Arme schließen würde. Seung-Hyun war auch bereits einige Schritte auf ihn zugegangen, als wollte er seinem eigenen Verlangen nachkommen, aber sie wurden unterbrochen. Ein lautes gläsernes Klirren, welches sich mit einem Schrei vereinte, schallte zu ihnen herüber. Für den Bruchteil einer Sekunde trafen sich ihre Blicke, dann bewegte sie Young-Baes entsetzter Ausruf von Seung-Ris Namen dazu, der Quelle des Lärms entgegen zu stürmen. Kapitel 6: Pray --------------- "Was ist passiert?", brüllte Ji-Yong, als sie das Wohnzimmer betraten. Eisiger Wind kam ihnen entgegen. Die Hälfte des großen Fensters war in Scherben über den Boden verteilt. Der Leader erkannte Young-Bae, der sich über ihren Jüngsten beugte, welcher zwischen den Spilttern kauerte. Stockenden Schrittes lief er auf die unwirkliche Szene zu, doch Seung-Hyun hielt ihn fest, um ihn davor zu bewahren, in das scharfe Glas zu treten. "Young-Bae..." Der Angesprochene drehte sich um und Ji-Yong wich zurück. In seinen Augen lag der Schock, aber auch ein Vorwurf und er richtete sich gegen ihn. Seung-Ri wandte sich nun ebenfalls um. Ein dünnes Blutrinnsal zog sich aus einem Schnitt über seine Wange seinen Hals hinunter. Seine blutenden Hände bebten. "Hyung, d-das lag auf dem Boden." Dae-Sung sprach ihn vorsichtig an und hielt ihm einen in Papier gewickelten Gegenstand vor die Augen. Ji-Yong nahm ihn aus einem Refelx heraus an sich und wickelte das Papier ab. Darunter kam ein Stein zum Vorschein. Aus der Innenseite des schmutzigen Blattes blickte ihn wieder das Auge an und darunter waren wenige Zeilen hingekritzelt. Die Schrift war zitterig und undeutlich, als wären die Worte im Zustand größter Erregung geschrieben worden. Er hat schon wieder deine Hand gehalten und dich angefasst. Immer ist er dir so nah und ich darf es nie sein. Weißt du nicht, wie sehr mich das verletzt? Ich glaube, ich werde ihm weh tun müssen, damit du es verstehst. Ji-Yong ließ den Stein fallen und taumelte zurück. Für wenige Sekunden erschienen schwarze Punkte vor seinen Augen und er hatte das Gefühl wieder ohnmächtig zu werden. Dann spürte er Seung-Hyun hinter sich, der ihn festhielt und die Welt wurde wieder klar. Der Älteste betrachtete entgeistert die Szene und konnte nichts anderes tun, als die Arme um Ji-Yong zu schlingen, der besorgniserregend schwankte. "Hyung das...", stammelte er mir leichenblassem Gesicht, "der Stein sollte dich treffen..." Ji-Yongs Beine schienen im den Dienst zu versagen, denn auf einmal war es für Seung-Hyun unsagbar schwer, den anderen weiter aufrecht zu halten. Aber es waren nicht die Beine seines Freundes, die schwächer wurden, es waren seine eigenen Arme. "Was... wieso...? Ich..." Es war, als wäre Seung-Hyuns Kopf mit schwarzem Rauch gefüllt, der ihm eine klare Sicht verhinderte. Seung-Ri am Boden. Gerade so schweren Verletzungen entgangen. Young-Bae daneben knieend. Eigentlich hätte er dort liegen sollen, wie konnte es sein, dass es nicht so war? Er müsste dort liegen und bluten. Für einen Moment kam es Seung-Hyun vor, als wäre die Realität aus den Angeln gehoben und es war nicht er, der Ji-Yong stützte, wie er es die letzten Tage getan hatte, es war umgekehrt. Doch auf einmal veränderte sich der Blick in Ji-Yongs Augen, seine Brauen senkten sich und seine gesamte Gesichtsmuskulatur schien sich zu verhärten. Er riss sich von Seung-Hyun los und stürmte zum Fenster um sich weit aus dem klaffenden Loch zu lehnen. Dass die Fensterscherben ihn ebenfalls verletzen könnten, schien er in diesem Augenblick gar nicht wahrzunehmen. "Das Schwein muss noch da unten sein!!", brüllte er, drehte sich mit wildem Blick um und rannte auf die Haustür zu. Seung-Hyun benötigte einen Moment zu lang, um zu verstehen, was vor sich ging, benötigte einen Moment zu viel, die Fassung wiederzuerlangen. Und schon war Ji-Yong aus der Wohnungtür. "Worauf wartest du noch, halt ihn zurück!" Mit den fast gekreischten Worten holte Young-Bae ihn aus der Schreckensstarre und so schnell er konnte, nahm er die Verfolgung auf. Er rannte die Treppen hinunter, sodass er fast stolperte, doch das war egal. Seung-Hyun musste seinen Freund davon abhalten, eine sehr große Dummheit zu begehen, sich für sie in Gefahr zu begeben. Doch als er die Haustür aufriss, stand ihm plötzlich etwas im Weg. Nein, jemand. Es war der Wachschutz. "Was ist hier los?", fragte dieser mit träger Stimme. Seung-Hyun war kurz davor, ihm an die Kehle zu gehen. "Aus dem Weg, Mann!!", brüllte er und versuchte, sich an ihm vorbeizudrängen. "Nicht so schnell, Herr Choi, erst erklären sie mir..." Seung-Hyun unterbrach ihn. "Lassen Sie mich sofort duch!" Seine Stimme überschlug sich vor Panik. "Sie machen den größten Fehler ihres Lebens! In welche Richtung ist er gerannt?!" Er ließ sich nicht die Zeit für Erklärungen und wartete auch nicht auf eine Antwort, sondern schubste mit aller Kraft, die ihm blieb, den großen Mann beiseite und wollte wieder losrennen. Doch es war schon zu spät. Seung-Hyun hörte Reifen quietschen, dann einen langezogenen Schrei und einen dumpfen Aufprall. "Ji-Yong!!" Seung-Ri mit blutigen Händen, den Blick voll Angst, dieses Bild tanzte vor seinem inneren Auge, als er an dem Mann, der eigentlich für ihre Sicherheit zuständig war, vorbeihetzte. Ji-Yong konnte nicht mehr denken. In ihm staute sich blinde Wut und er wollte sie herauslassen. Er wollte sie an IHM auslassen, IHM so lang Schmerzen zufügen, bis er um seinen Tod bettelte. Die schlimmste Befürchtung des Leaders war zur Realität geworden und er hatte keine Kontrolle mehr über sich. Es war nichts so, wie er es sich erhofft hatte. Mit rationaler Kälte hatte er Seung-Ri nicht beschützen können und wenn auch Seung-Hyun etwas zustossen sollte... Er stürmte um das Gebäude herum, auf die Straße zu, an der dieser Wahnsinnige gestanden haben musste. Regen presselte auf ihn hernieder, während er sich suchend umsah. Um das Fenster zu treffen, musste er auf der anderen Seite gestanden haben, doch dort war niemand. Sich das Wasser in einer energischen Geste aus dem Gesicht wischend rannte er über den Asphalt, nur das Gefühl der Rachsucht in sich spürend. Es geschah so schnell, dass Ji-Yong nicht einmal versuchen konnte, aus dem Weg zu springen. Scheinwerfer blitzen plötzlich im Regen auf und blendeten ihn. Als er auf die Motorhaube des Wagens gehoben wurde, schrie er, obwohl er keine Schmerzen spürte. Das Auto bremste und schleuderte seinen Körper zurück auf die Straße. Sein Kopf prallte hart auf dem Boden auf, danach wusste er nichts mehr. Ein in eine schwarze Regenjacke gehüllter Mann stieg aus und ging auf den Bewusstlosen zu. Er hatte die Kapuze tief ins Gesicht gezogen. Vorsichtig kniete er sich neben Ji-Yong und ließ seine zitternden Hände über dessen Züge fahren. Seine Finger streiften das nasse Haar von seiner Stirn und griffen dann ein Taschentuch. Er wischte das Blut, das langsam aus einer Platzwunde sickerte und sich an Ji-Yongs Schläfe vorbei seinen Weg suchte, von dessen Haut. Dann hörte er Schritte. "Ji-Yong! Wo bist du!!!! Ji-Yongaaaaaa!!!!" Seung-Hyun brüllte sich die Kehle aus dem Leib. Panisch suchte er in allen Richtungen, durch den Regen und die Dunkelheit war kaum etwas zu erkennen, doch dort stand ein Wagen, dessen Scheinwerfer brannten. Das Licht wurde für einen kurzen Moment durchbrochen. Es rannte jemand davon. "Ya! Stehen bleiben!" Er wollte der Gestalt folgen, doch dann erblickte er Ji-Yongs Körper, der regungslos auf dem Asphalt lag. Sein erster Drang war dem Mann dennoch hinterherzurennen, der so brutal in ihr Leben eingegriffen hatte, doch Ji-Yong war wichtiger. Mit einigen großen Schritten war er bei ihm und ließ sich neben ihm auf die Knie fallen. Die Kleidung seines Freundes war dreckig und durchnässt, doch das schlimmste war die Platzwunde an der Stirn, die nicht aufhören wollte zu bluten. Seung-Hyun spürte heiße Tränen in seinen Augen und einen heiseren Aufschrei der Wut und des Hasses in seiner Kehle brennen, als er sich über Ji-Yong beugte und in diesem Moment schwor er sich, dass er dieses Arschloch erwischen und kalt machen würde. Der schwere Rauch in seinem Kopf hatte Platz gemacht für ein hell loderndes Feuer, dass nur durch Vergeltung zu löschen sein würde. Da, Schritte! Seung-Hyun drehte sich um und erwartete fast, den fremden Mann hinter sich zu sehen, wollte schon aufspringen um auf ihn einzuprügeln, doch es war nur Young-Bae, der mit sorgenvollem und schockierten Blick hinter ihm zum stehen gekommen war. Einige Meter entfernt, stand der Mann vom Wachschutz und auch er war bleich. "Was ist passiert?" Young-Baes Stimme war panisch, er konnte nicht begreifen, was sich in den letzten Minuten abgespielt hatte. Zwei seiner Freunde blutend, verletzt. "Steh nicht so dumm rum!", brüllte Seung-Hyun den Jüngeren an, "Ruf sofort einen Krankenwagen!!" Mit zitternden Fingern kramte Young-Bae nach seinem Handy. Als er es endlich gefunden hatte, ließ er es fast fallen. Der Schreck saß ihm tief in den Knochen. Endlich hatte er die Nummer eingetippt. Seung-Hyun kam es wie eine Ewigkeit vor, bis er endlich zu sprechen begann. Die Sekunden verrannen wie Sand zwischen seinen Fingern und je mehr Zeit verging um so größer wurde seine Angst um Ji-Yong. Warum hatte er nicht die Macht, die verdammte Zeit zu stoppen, sie anzuhalten, um ein wenig zu Atem kommen zu können? Er wollte es nicht, doch er konnte die Tränen nicht mehr zurückhalten. Verzweifelt schluchzend über Ji-Yong gebeugt kniete er hier und fühlte sich so hilflos und unnütz wie noch nie zuvor in seinem Leben. Er wollte Ji-Yong an sich ziehen, ihn in den Arm nehmen, doch er konnte es nicht, zu groß war die Angst, ihn noch mehr zu verletzen. Hinter ihm stand immer noch Young-Bae, der sich nicht traute näher zu kommen. Sich noch nicht einmal traute, ein aufmunterndes Wort zu sagen. Aber was hätte in dieser Situation auch schon aufmunternd sein können? Seung-Hyun kniete noch immer auf dem harten Asphalt, als der Krankenwagen eintraf und es war ein Sanitäter, der ihn schließlich vom Boden aufhob und in die Hände Young-Baes übergab. Eine Ewigkeit schien zu vergehen, nachdem sie das Krankenhaus betreten hatten. Die Vier mussten warten und sie taten es in betroffenem Schweigen. Seung-Hyun hatte beinahe darum gefleht, zusammen mit Ji-Yong im Krankenwaren fahren zu dürfen, aber es war ihm versagt worden. Der Einzige von ihnen, dem diese Möglichkeit offen stand, war Seung-Ri, da er selbst Verletzungen davon getragen hatte. Er und Dae-Sung hatten den selben Schock erlebt, wie die beiden Älteren, als sie den Ort des Geschehens erreichten. Der Jüngste versprach, sofort anzurufen, wenn er etwas erführe, bevor der Rest in der Klinik einträfe. Die drei Verbliebenen hatten sich das nächste Taxi gerufen und waren ihnen so schnell es ging gefolgt. Seung-Ri war nun wieder bei ihnen, ein Pflaster auf der Wange und Verbände an den Händen. Die Schwester hatte ihm mitgeteilt, dass keine Narben zurückbleiben würden. "Meine Herren?", erklang plötzlich eine Stimme neben der Gruppe. Voll Hoffnung richtete sich Seung-Hyuns Blick auf den Mann, der nun vor sie trat. Aber es war nur ein Polizeibeamter, der ihnen einige Fragen zum Unfall stellen wollte, kein Arzt mit guten Nachrichten. Er bat den Ältesten, ihm eine genaue Beschreibung der Person zu geben, die er hatte weglaufen sehen. Mehr jedoch, als dass die Person groß und von dünnem Körperbau gewesen zu sein schien, konnte er nicht berichten. Wäre er diesem Perversen nur gefolgt, er hätte ihn hier und heute ausliefern können! Doch niemals hätte Seung-Hyun es über sich gebracht, Ji-Yong einfach liegen zu lassen. "Und das Auto? Er...er hat es stehen gelassen. Können sie darüber nichts rausfinden?", hakte Dae-Sung verzweifelt nach, als es ihm einfiel. Das musste doch ein Hinweis sein. Er erntete ein enttäuschendes Kopfschütteln. "Leider nicht. Der Wagen ist heute als gestohlen gemeldet worden. Wer auch immer dieser Kerl ist, er plant die Dinge, die er tut. Sie müssen sehr vorsichtig sein." "Wir sollen vorsichtig sein??!!" Seung-Hyun fuhr hoch. Er war kurz davor zu explodieren. Wenn dieser Securitytyp seine Aufgabe richtig erledigt hätte, wäre dies alles nicht passiert. "Was nützt Vorsicht!??? Ji-Yong...er....er..." "Es geht ihm gut." Ihre Köpfe schnellten herum. Diesmal trug die Person, die sie ansprach, einen weißen Kittel. "Es...es geht ihm gut?" "Nun ja, den Umständen entsprechend. Er hatte sehr viel Glück. Ein paar Prellungen, eine Gehirnerschütterung und ein Schleudertrauma, aber es hätte ihn weitaus schlimmer treffen können. Wenn sie wollen, können sie jetzt zu ihm. Er ist allerdings noch nicht aufgewacht." Mit diesen Wortetn deutete der Arzt den Gang hinunter und nannte den Vieren die Zimmernummer. Ohne zu zögern stürmten sie los. Erst kurz vor der Tür hörten sie auf zu rennen und öffneten die Tür so leise wie möglich. Seung-Hyun war der Erste, der den Raum betrat. Es war ein sauberes und helles Zimmer, doch das nahm er kaum wahr, seine einzigen Gedanken galten seinem verletzten Freund. Ji-Yong sah sehr zerbrechlich aus, wie er mit einer dicken Halskrause und einem Verband um die Stirn in dem großen Bett lag, zwischen den Kissen fast versinkend. Die Vier stellten sich um das Bett herum, doch keiner sagte ein Wort. Die Situation war ihnen viel zu fremd, als dass ihnen etwas angemessenes eingefallen wäre. Ihre Gedanken kreisten nur um den Verletzen. "Wenn wir Glück haben, wacht er heute noch auf." Der Arzt war hinter ihnen ins Zimmer getreten und aus Höflichkeit in einigem Abstand zu ihnen stehen geblieben. Seung-Hyun drehte sich um und seine Augen flehten förmlich, dass der Mann in weiß Recht behalten sollte. "Wie lange wird es dauern, bis er wieder gesund ist?" Die Frage kam von Seung-Ri, der nervös am Zipfel seiner Jacke herumfummelte. "Das ist schwer zu sagen. Ein Schleudertrauma ist eine schwerwiegende Verletzung, die auch chronische Beschwerden nach sich ziehen kann. Es ist uns allerdings unmöglich, die Schwere der Verletzung festzustellen, solange ihr Freund schläft und wir nicht einige Tests mit ihm gemacht haben", kam die Antwort in einstudiert bedauerndem Tonfall. Seung-Ri nickte und senkte den Kopf, als gäbe es im Moment nichts interessanteres als seine Turnschuhe. Seung-Hyun trat noch näher an das Bett und betrachtete das bleiche Gesicht seines Freundes, nahm seine Hand in die eigene und streichelte sie sanft. "Ji-Yonga... wach schnell wieder auf", wisperte er. Aber Ji-Yong wachte nicht auf. Seung-Hyun bettelte ihn in Gedanken an. Das Gesicht ihres Leaders blieb stumm und unbewegt. Young-Baes Hand legte sich auf die Schulter des Ältesten und und drückte sie, um ihm zu signalisieren, dass sie alle bei ihm waren. Niemand von ihnen musste dies allein durchstehen. Die Hand ihres Jüngsten zuckte nervös. Auch er war unfähig gewesen, etwas zu tun, als Ji-Yong sich direkt neben ihm aus dem zerstörten Fenster gelehnt hatte. Er betrachtete die Verbände, die seine Handflächen bedeckten, dann fiel sein Blick auf die bewusstlose Gestalt im Bett. Tränen drängten sich zurück in seine Augen und Dae-Sung konnte dies nun nicht mehr weiter mitansehen. Seine Arme schlangen sich um Seung-Ri und er drückte ihn fest an sich. Wenige Sekunden später schluchzte jener an der Schulter des Älteren laut auf und es war, als würde er für sie alle weinen. Ihr Manager betrat im Laufe des Abends ebenfalls das Zimmer, um ihnen gut zuzusprechen. Er informierte sich über Ji-Yongs Zustand, klärte wichtige Dinge mit dem Krankenhaus und verweilte noch einige Zeit bei ihnen. Als die Uhr beinahe zwölf schlug, brachte er drei von den Vieren endlich dazu, nach Hause zu fahren, damit sie sich ausruhen konnten. Ihr Apartment war bereits untersucht und danach gesäubert worden, sie müssten sich somit keine Sorgen darum machen. Nur Seung-Hyun wollte unter keinen Umständen von Ji-Yongs Seite weiche. Er argumentierte, dass jemand bei ihm sein müsste, wenn er erwachte...sonst würde er Angst bekommen. Jenem Argument gab es nichts entgegenzusetzen und so ließen sie ihren Ältesten gemeinsam mit ihrem Leader im Krankenhaus zurück. Auch Young-Bae, Seung-Ri und Dae-Sung war bei diesem Gedanken etwas wohler. Ji-Yong sollte nicht allein sein. Nicht, wenn dieser Verrückte hatte entkommen können. Wie Seung-Hyun die nächsten Stunde verbrachte, löschte sich nach dieser Nacht völlig aus seiner Erinnerung. Ohnmächtig irgendetwas für den Menschen, den er liebte, tun zu können, saß er einfach nur neben ihm. Er wagte sich nicht einmal aufzustehen. Beide seiner Hände hatten Ji-Yongs umschlungen. Sie war kalt und er versuchte sie zu wärmen, indem er unaufhörlich darüber streichelte. Wieder und wieder Tränen seinetwegen vergießend glitt der Ältere irgendwann in einen unruhigen Schlaf über, in dem sein Kopf sich neben Ji-Yongs Körper bettete. Es musste breits gegen 3 Uhr morgens sein, als der Jüngere sich zum ersten Mal wieder regte. Die Regung war nur ein leichtes Zucken seiner Augenlider, doch langsam begann er sich aus seinem Unterbewusstsein vorzuarbeiten und wahrzunehmen, wie gedämpftes Licht hinter seinen Lidern erschien. Und er spürte noch mehr. Ein Luftzug streifte seine rechte Hand. Sie war umschlungen von einer anderen und sie war warm. Nun kehrte Ji-Yongs Erinnerung langsam zurück und sein Kopf begann wieder zu arbeiten. Sein Kopf pochte und schmerzte. Der Unfall! Vor Schreck über das plötzlich zurückkehrende Bild von auf ihn gerichteten Autoscheinwerfern riss er die Augen auf und versuchte sich zu bewegen. Dies war eine schlechte Idee, sofort zuckten stechende Schmerzen durch seinen gesamten Körper. Stöhnend sank er in die Kissen zurück, wobei sich seine Hand fest um die Seung-Hyuns geschlungen hatte. Dieser schreckte sofort auf, als er die Bewegung Ji-Yongs registrierte. Er brauchte kurz, um den Schlaf aus seinen Augen zu blinzeln, dann fand er sich wieder in der Wirklichkeit ein. Und tatsächlich, Ji-Yong war wach, sein Gesicht schmerzverzerrt. "Ji-Yonga, endlich bist du wieder wach. Ich hatte solche Angst", wisperte er und presste die Hand seines Freundes an die Brust. Wieder brannten ihm Tränen in den Augen. Er vergrub sein Gesicht an Ji-Yongs Brust, um sie zu verstecken. Um seinen Freund zu spüren. "Ich... aua... mein Nacken...", stöhnte Ji-Yong und versuchte den Kopf zur Seite zu drehen, um einen Blick auf die Umgebung und auf Seung-Hyun zu werfen. Doch Schmerzen und eine Halskrause verwehrten ihm dies. "Möchtest du, dass ich die Schwester rufe oder dem Arzt bescheid sage?" "Nein, ich... ich bin so müde... es tut so weh..." "Dann schlaf schnell wieder, du musst dich erholen." In seinem Inneren fügte Seung-Hyun noch hinzu, dass er schnell wieder der Alte werden sollte, aber es blieb wohl kaum zu erwarten, dass die schrecklichen Ereignisse seinen Freund nicht verändern würden. Als er schließlich aufsah, waren Ji-Yongs Augen wieder geschlossen, doch er konnte nicht sagen, ob dieser schlief oder nicht, denn er atmete schwer und ab und zu ging ein leichtes Zucken durch seinen Körper. Seung-Hyun rechnete damit, dass er in dieser Nacht kein Auge mehr zutun könnte und tatsächlich zeichnete sich bereits Helligkeit am Horizont ab, als ihm endlich die Augen zufielen. Sein Schlaf war kurz und unstet, bei jeder Bewegung Ji-Yongs zuckte er ebenfalls zusammen. Kapitel 7: Emotion ------------------ Die Sonne hatte gerade ihre ersten Strahlen über die Häuser gestreckt und ein helles Licht erfüllte das Zimmer, als Seung-Hyun fühlte, dass ihm die Hand, die er die ganze Nacht gehalten hatte genommen wurde. "Ji-Yonga..?", fragte er verschlafen und richtete sich auf. Ji-Yong hatte die Arme gehoben und sie über die Augen gelegt. "...so hell..." Sofort war Seung-Hyun auf den Beinen. "Wenn du möchtest, ziehe ich die Vorhänge zu." "Nein... in Ordnung... muss mich nur daran gewöhnen..." Seung-Hyun nickte, auch wenn sein Freund nicht sehen konnte und beschloss nun auch die Schwester zu rufen. Neben Ji-Yongs Kopfkissen sah er die Schaltleiste mit dem roten Knopf. "Gleich wird der Arzt kommen und nach dir sehen. Wie geht es dir?" Man musste das Gesicht des Älteren nicht sehen, um die Besorgnis zu erkennen, die aus ihm sprach. "Ich weiß nicht...", murmelte Ji-Yong und hob endlich die Arme von seinem Gesicht. Er blinzelte gegen die helle Morgensonne an. "Kopfschmerzen... und mein Nacken... ich kann mich nicht bewegen..." "Erinnerst du dich daran, was passiert ist?" Es schien, als müsste Ji-Yong einen Moment lang in seinen Erinnerungen kramen, doch dann antwortete er und seine Stimme zitterte leicht. "Ja... er hat mich angefahren... Ich war dumm... es..." Seung-Hyun legte seinem Freund einen Finger auf die Lippen, dann strich er ihm sanft über die ein wenig zu heiße Wange. "Schon in Ordnung..." Die Erinnerungen des gestrigen Abends kehrten nun gänzlich zu dem Jüngeren zurück. Sie überrannten ihn regelrecht, gemeinsam mit den Schmerzen, die seinen gesamten Körper durchzogen. Seine Lippen bebten unter der Fingerspitze des Älteren. Er konnte sich nicht beruhigen. Ji-Yong war so verwirrt, in seinem Inneren herrschte Erregung und Angst, die er nicht unterdrücken konnte. Seung-Ri war verletzt worden und dieser Brief, der ihn dazu gebracht hatte, diese Dummheit zu begehen. Der Brief, der ihm drohte, dass Seung-Hyun... Ji-Yong riss die Augen vor Panik weit auf und packte den Arm seines Freundes. Tränen rannen über seine Wangen, als er zu sprechen begann. "Hyung! Hyung....er...er will dir weh tun...du musst dich verstecken...du darfst nicht hier sein!", schluchzte er ihm entgegen, während seine Hände sich immer fester an dessen Arm krallten. Er hatte keine Angst mehr um sich selbst. Er hatte Angst um Seung-Hyun. "Ji-Yonga, du... mach dir keine Sorgen, er wird mich schon nicht kriegen". Seung-Hyun versuchte zu lächeln, doch es fiel ihm sehr schwer und wirkte so unglaublich gezwungen, dass er es sofort wieder aufgab. "Es ist wichtig, dass es dir besser geht" Er schluckte den großen Kloß herunter, der ihm in der Kehle saß und ihm fast die Stimme versagen ließ. Sanft streichelte er über die dünnen Finger, die noch immer in seinen Unterarm gekrallt waren. Es war unmöglich zu begreifen. Ji-Yong lag hier, war schwer verletzt und dachte zuerst an ihn. Es trieb ihm die Tränen in die Augen, seinen Freund so zu sehen. "Du darfst so nicht denken, Ji-Yong", sagte er ihm beruhigendsten Tonfall zu dem er fähig war und streichelte ihn weiter. Redete ruhig auf ihn ein. Langsam verschwand der panische, wilde Ausdruck aus Ji-Yongs Augen und er ließ sich stumm weinend in den Kissenberg zurücksinken. "Ich weiß genau, er wird dir etwas antun, Hyung", schluchzte er, "Er wird dich verletzen und es wird meine Schuld sein!" Seung-Hyun hätte gern etwas erwidert, etwas, das die Kraft hatte, seinen Freund von allen Sorgen zu befreien. Aber es war nicht wie im Film. Ihm lag keine geistreiche Bemerkung auf den Lippen. Er hörte nur ein Surren in seinem Kopf und fühlte sein Herz bis zum Halse klopfen. Wieder verspürte er den Drang, Ji-Yong an sich zu ziehen, um ihm wenigstens ein bisschen Wärme zu spenden, doch im Moment konnte er noch nicht einmal das. "Ah, wie ich sehe, sind Sie endlich aufgewacht!" Ji-Yongs verweinte Augen wandten sich in die Richtung, aus welcher die Stimme kam. Sein Arzt stand im Zimmer, die Tür noch nicht ganz geschlossen. Einen Augenblick sah er etwas überrascht aus. Der Patient wirkte sehr aufgewühlt und die Art, in der er den Arm seines Besuchers noch immer umklammerte, deutete daraufhin, dass er soeben in eine ungünstige Situation geraten war. Der Mann im weißen Kittel trat nicht näher. "Ist es ihnen lieber, wenn ich später wiederkomme?", stellte er vorsichtig seine Frage. Ji-Yong schien nicht in der Lage zu sein, sich untersuchen und Fragen zu seinem körperlichen Zustand stellen zu lassen. Es brauchte einige Sekunden, bis er eine Antwort erhielt. Der Jüngere ließ von Seung-Hyuns Arm ab und atmete tief durch, um sich wieder zu beruhigen. "Nein, ist schon in Ordnung", sagte er mit belegter Stimme und der Arzt kam an sein Bett. Mit einer routinierten Handbewegung maß er seinen Puls und untersuchte seine Pupillen. Dann bat er Ji-Yong abwechselnd seine Beine und Arme zu bewegen, um sich zu versichern, dass der Unfall keine unentdeckten Schäden verursacht hatte. Seung-Hyun war vom Bett zurück getreten und beobachtete dies alles, betend, dass nichts Schlimmeres bei der Untersuchung herauskommen würde. "Sie haben etwas erhöhte Temperatur. Wir werden Ihnen ein fiebersenkendes Mittel verabreichen und gegen die Schmerzen bekommen Sie auch etwas. Wie steht es mit dem Hals? Haben sie das Gefühl, ihn überhaupt nicht bewegen zu können?" Ji-Yong verneinte dies und brachte es sogar fertig, ein sehr leichtes Kopfschütteln von sich zu geben, musste aber sofort wieder innehalten. Ihm war schwindelig. "Dann können sie wirklich von Glück reden. Nach einigen Wochen Erholung werden Sie mit Sicherheit wieder auf den Beinen sein." Seung-Hyun ließ den angehaltenen Atem entweichen. Das klang gar nicht so übel. "Sie werden auf jeden Fall Krankengymnastik machen müssen, die Halskrause richtet auf die Dauer mehr Schaden an, als sie wieder gut macht. Nur für den Anfang ist es wichtig, dass der Nacken ruhig gestellt ist. Ich werde gleich die Schwester zu ihnen schicken, sie soll Ihnen die Medikamente geben und Ihnen ihr Frühstück bringen. Außerdem wird sie Ihnen den Verband um die Stirn wechseln. Und wenn wir Glück haben, können wir heute Abend die Halskrause schon abnehmen." Er trat an das Fußende des Bettes und machte eine kleine Notiz in der Patientenakte, dann verabschiedete er sich lächelnd, um seine Visite weiterzuführen. Seung-Hyun trat wieder ans Bett seines Freundes. Sein Gesichtsausdruck zeugte von der großen Angst, die er gehabt hatte und der Erleichterung, die ihn nun durchströmte. "Ich bin so froh!" Er hatte wieder nach Ji-Yongs Hand gegriffen und drückte diese liebevoll. Dieser lächelte ihn an. Sein Blick sagte beinahe, dass alles wieder gut werden würde, wenn nicht in seinen Tiefen noch immer Angst und Schuldgefühle lauernd darauf warten würden, wieder hervorbrechen zu können. Gerade wollte Seung-Hyun noch etwas sagen, da flog die Tür auf und eine rundliche Krankenschwester mit freundlichem Gesicht kam hereingewuselt. "Na Herr Kwon, erzählen Sie mal, wie geht es Ihnen denn heute?" "Äh... ganz gut..." Sie benahm sich , als würden sie sich bereits lang kennen und Seung-Hyun wusste, dass Ji-Yong bei ihr in guten Händen sein war. Sie strahlte etwas derart beruhigendes, fast mütterliches aus, dass er entschied, seinen Freund ein paar Minuten mit ihr alleinlassen zu können. "Ich rufe kurz die anderen an und sage ihnen, dass du aufgewacht bist. Ist es in Ordnung, wenn sie herkommen? Ich glaube, sie werden dich sehen wollen!" Ji-Yong nickte, woraufhin Seung-Hyun leicht lächelte, dann schloss er die Tür hinter sich. Oh Gott, er brauchte eine Zigarette. Auf dem Weg auf die Terasse, welche sich auf diesem Stockwerk befand, durchwühlte er die Taschen seiner Jacke, aber natürlich konnte er keine finden. Sein Päckchen lag immernoch auf dem Küchentisch. "Na da liegt es gut", seufzte er und steckte sich stattdessen einen Kaugummi in den Mund, den er in seiner Hosentasche gefunden hatte. Wie er seine Freunde kannte, existierte jenes Päckchen inzwischen nicht mal mehr. Als Seung-Hyun nach draussen trat und eine kühle Brise im Gesicht fühlte, entspannte er sich zum ersten Mal seit den letzten Tagen wirklich, wenn auch nur für einen kurzen Moment. Young-Bae sprang sofort auf, als er das Telefon klingeln hörte und wäre im Flur fast mit Dae-Sung zusammengestoßen, der offenbar dem gleichen Impuls gefolgt war. "Seung-Hyun, bist du das?!" "Ja, ich bins. Ji-Yong ist vorhin aufgewacht und es scheint ihm den Umständen entsprechend gut zu gehen. Der Arzt war auch schon da und er sagt, dass wahrscheinlich keine bleibenden Schäden entstanden sind." Young-Bae atmete erleichtert aus und gab die gute Neuigkeit gleich an die beiden Jüngeren weiter, die aufgeregt neben ihm standen. Alle begannen zu grinsen, es fiel ihnen ein riesiger Stein vom Herzen. Die drei hatten sich fast die gesamte Nacht um die Ohren geschlagen, keiner hatte große Lust gehabt zu schlafen. Auch wenn sie kaum ein Wort gewechselt hatten, wussten sie doch, was der andere dachte. Nicht einmal Seung-Ri hatte sich dazu bewegen lassen, ins Bett zu gehen, auch wenn Young-Bae ihn liebevoll dazu hatte drängen wollen. Immerhin war der Jüngste ebenfalls verletzt und der Schock saß bei ihm noch tiefer. "Das ist... ich bin so erleichtert!" "Ja, ich auch." Young-Bae konnte das Lächeln Seung-Hyuns nahezu durch das Telefon hören. "Wenn ihr wollt, könnt ihr um die Mittagszeit herkommen. Gerade ist noch die Krankenschwester bei ihm und er muss noch etwas essen, aber ab zwölf ist Besuchszeit." Dae-Sung und Seung-Ri wurden neben Young-Bae fast verrückt, da der Ältere nur noch nickte und ein zustimmendes 'mh' von sich gab, während Seung-Hyun noch mehr zu erzählen schien. Dann lächelte er glücklich. "Ja, wir werden auf jeden Fall da sein. Und richte ihm aus, dass er dann lieber nicht schlafen sollte." Seung-Hyun begann ebenfalls leise zu lachend und es war so befreiend, dass es nicht wieder verschwand. "Ja, das werde ich tun. Bis später." Young-Bae legte auf und wandte sich den Jüngeren zu, sein Blick war erfüllt von Erleichterung. "Wir werden gegen Mittag ins Krankenhaus fahren." "Yay!!!", kam es von Dae-Sung und Seung-Ri zugleich und sie umarmten ihn. Beinahe fühlte es sich an, als hätten sie irgendetwas gewonnen, aber wahrscheinlich hatten sie dies auch. Auf seine Art stimmte das Gefühl. Die Schwester kam Seung-Hyun entgegen, als er zu Ji-Yongs Zimmer zurückkehrte. Da sie fertig war, trat er unbehelligt ein und sah sofort zum Bett hinüber. Die Rückenlehne war hochgestellt und vor seinem Freund stand das Frühstück, doch er hatte es nicht angerührt. Stattdessen hatte der Jüngere den Kopf zurück gelehnt und die Augen geschlossen. Er sah sehr erschöpft aus. "Ji-Yonga?", fragte er leise und setzte sich zu ihm an die Bettkannte. Aber sein Freund schlief nicht. Sogleich blickte dieser den Älteren an und lächelte leicht. "Die war ganz schön anstrengend." "So wie du manchmal?" Der Jüngere lachte leise und bediente sich dann an dem Obst, welches bereits kleingeschnitten auf einem Teller lag. Er durfte die Medikamente erst nehmen, wenn er gegessen hatte. "Hier...", sagte er plötzlich und hielt Seung-Hyun eine Erdbeere hin. "Du hast bestimmt noch nichts gegessen oder?" Der Gedanke daran, wie sein Freund die gesamte Nacht über ihn gewacht hatte, stimmte Ji-Yong traurig und glücklich zugleich. Grinsend nahm Seunh-Hyun ihm die rote, süß duftende Frucht aus der Hand und biss hinein. Erst als er den köstlichen Geschmack auf seiner Zunge spürte, bemerkte er, dass sein Magen wütend knurrte und Nahrung forderte. "Bedien dich", bot Ji-Yong an, doch der andere schüttelte den Kopf. "Du brauchst das nötiger als ich. Ich kann auch gleich noch zum Kiosk gehen und mir dort etwas kaufen. Iss du erstmal, du musst wieder zu Kräften kommen." Lächelnd lehnte er sich in dem Stuhl zurück, in dem er die letzte Nacht verbracht hatte und beobachtete Ji-Yong dabei, wie dieser langsam sein Frühstück verzehrte. "Danke, dass du da warst", sagte der Jüngere plötzlich in die Stille hinein. Er sah seinem Freund dabei nicht in die Augen, als wäre es ihm peinlich, dass er sich schon wieder bedanken musste. Seung-Hyun beugte sich vor und zauberte das breiteste Lächeln, dass er im Moment zustande brachte, auf seine Lippen. "Hey, versteht sich doch von selbst, wozu sind Freunde denn sonst da?" Er griff nach einem Stück Melone und steckte es seinem Freund in den Mund, als dieser ihn öffnen wollte, um zu protestieren. Bedanken konnte er sich noch, wenn er wieder gesund war und Schuldgefühle wollte Seung-Hyun nicht in seinem Gesicht sehen. Wenn er schon so wenig tun konnte, dann wollte er hier zumindest vollen Einsatz bringen. Ji-Yong kaute und schluckte das Obst herunter, dann lächelte auch er. Und wieder fragte Seung-Hyun sich, wo ihr Leader diese unglaubliche Kraft hernahm. Schließlich hatte Ji-Yong aufgegessen und auch seine Medikamente geschluckt. "Du solltest noch ein wenig schlafen, bis in ein paar Stunden die Jungs kommen", riet der Ältere, denn er nahm zur Kenntnis, wie die Augen seines Freundes schwer wurden. Er suchte kurz nach dem Knopf, der das Bett wieder in seine waagerechte Position bringen konnte, schob den Tisch mit dem Tablett beiseite und schüttelte die zerknautschte Bettdecke auf. "Ich werde mir schnell etwas zu essen besorgen und dann komme ich sofort wieder. Wenn du aufwachst, sitze ich wieder neben dir." Ji-Yong sagte zwar nichts mehr, da er fast schon wieder eingeschlafen war, doch das leichte Lächeln auf seinen Lippen war Dank genug. Die Schmerztabletten wirkten schnell, sodass der Jüngere nicht mehr durch das nahezu unerträgliche Pochen, welches sich von seinem Nacken durch seinen Kopf zog, wach gehalten wurde. Die Worte Seung-Hyuns klangen dumpf in seinen Ohren nach. Er wollte ihm gern noch antworten, aber selbst seine Lippen waren zu schwer, als dass er sie hätte öffnen können. Zwei Stunden verbrachte Ji-Yong traumlos und friedlich. Seung-Hyun war wie versprochen zurückgekehrt. Auch er fühlte sich nun besser, nachdem er gegessen und sich etwas bewegt hatte. Daher lief er trotz anhaltender Müdigkeit nicht noch einmal Gefahr, neben seinem Freund einzuschlafen. Zur Mittagszeit hin wurde Ji-Yongs Schlaf leichter. Seine Hand, die der Ältere nun schon aus Gewohnheit hielt, zuckte ab und an heftig zusammen und er murmelte unverständlich. Seung-Hyun beobachtete dies mit Unbehagen, immer darauf wartend, dass sein Freund wieder mit der selben Panik im Blick erwachen würde, die er schon am Morgen hatte ertragen müssen. "...Hyung...Hyung..." Dies war das einzige Wort, das er wieder und wieder unter dem Gemurmel ausmachen konnte und es quälte Seung-Hyun, dass Ji-Yong seinetwegen so schlecht zu träumen schien. Dessen Kopf begann mit einem mal heftig herumzurucken und er stöhnte auf, schien aber nicht wirklich zu erwachen. "Ji-Yong, ganz ruhig...Ji-Yonga...wach auf...", sprach er ihn eindringlich an, während er sich tief über dessen Gesicht beugte und seinen Kopf mit beiden Händen hielt, um die Bewegungen aufzuhalten. Wenige Minuten zuvor waren ihre drei Freunde in der Klinik eingetroffen und hatten sich angemeldet. Nun waren sie, alle mit Besorgnis und freudiger Erregung im Blick, beinahe vor dem Zimmer ihres Leaders angekommen. "Hört zu", Young-Bae drehte sich zu den beiden Jüngeren um und hob den Zeigefinger, um sie zu belehren, "auch wenn ich das genauso gern will wie ihr, keine überschwänglichen Aktionen da drin. Ji-Yong ist bestimmt sehr erschöpft und braucht Ruhe, klar?" "Hyung, hör auf, so zu tun, als wären wir dumme Kinder und mach endlich die Tür auf." Seung-Ri piekste ihn in die Seite und übernahm diese Aufgabe dann selbst. Die Tür öffnete sich und der Mund des Jüngsten tat es ebenfalls. "Hyung... was..." "Er träumt schlecht", erklärte Seung-Hyun die Situation. Ihm wurde bewusste, wie verfänglich dies aussehen musste. Aber er hatte wirklich nichts anderes im Schilde geführt. Endlich öffnete auch Ji-Yong die Augen. Kleine Schweißperlen standen auf seiner Stirn. "...Hyung?" Seine Stimme wirkte noch immer sehr schwach. "Hey... geht es dir gut?" Seung-Hyun streichelte ihm sanft über die Wange. "Hmm... ja... geht so..." Die anderen versammelten sich um das Bett und betrachteten ihn mit besorgten Mienen. "Guckt doch nicht so, als würde ich im Sterben liegen", begrüßte der Leader seine Freunde schwach und rang sich zu einem kleinen Grinsen durch, "Ich hab nur schlecht geschlafen. Schön, dass ihr hier seid." "Meinst du, ich soll nochmal die Schwester rufen?", erkundigte sich Seung-Hyun da sein Freund immernoch recht blass war. Doch dieser schüttelte den Kopf. "Ist wirklich okay, die Schmerzen sind nicht so schlimm. Ich hab nur schlecht geträumt." "Wir haben uns große Sorgen um dich gemacht", sagte schließlich Young-Bae nachdem alle eine Weile geschwiegen hatten und die Stille kurz davor stand, unangenehm zu werden. "Es tut mir leid... es war dumm von mir, einfach rauszurennen. Ich wollte nicht, dass so etwas passiert. Ich war nur so wütend. Ich möchte nicht, dass ihr in diesen Mist mit reingezogen werdet!" Ji-Yong schaute keinem von ihnen direkt ins Gesicht, sondern starrte an Seung-Ri vorbei, der an seinem Fußende stand. Seung-Hyun fühlte sich einen Moment in der Zeit zurückversetzt. Er erinnerte sich daran, wie er auf der Straße gekniet und die Wut in ihm gebrannt hatte. Etwas Ähnliches musste in seinem besten Freund vorgegangen sein und er konnte es ihm noch nicht einmal verübeln. "Würde... würde es euch etwas ausmachen, mich einen Moment mit Seung-Ri allein zu lassen?" Seung-Ri sah ungefähr so überrumpelt aus, wie Seung-Hyun sich fühlte, doch sie taten ihm den Gefallen und verließen den Raum. "Weiß du, was los ist?", fragte Young-Bae ihren Ältesten, als sie sich in den ungemütlichen Plastikschalensitzen, die in regelmäßigen Abständen im Flur aufgestellt waren, niedergelassen hatten. Doch dieser konnte nicht viel mehr, als mit den Achseln zu zucken. Ji-Yong schwieg. Er schwieg auch noch, als die anderen den Raum längst verlassen hatten. Seung-Ris Überraschung wurde von Nervosität abgelöst. Unsicheren Schrittes lief er um das Bett herum, um sich an die Seite des Älteren zu stellen. Natürlich ahnte er, worum es ihm ging, aber er wagte es nicht, ihn zuerst darauf anzusprechen. Ihr Leader war sehr eigensinnig und er hatte sich sicher vorgenommen, sich ihm auf seine Weise mitzuteilen. Bis jetzt starrte er nur auf seine Bettdecke, doch Ji-Yongs Blick wanderte, bis er an den bandagierten Händen des Jüngeren hängen blieb. Er konnte ihm nicht in die Augen sehen. Der Stein hatte ihn verfehlt...hatte nur das Fenster zerstört...sie hatten Glück gehabt...aber er sollte treffen... "Hat Young-Bae dich gestern Abend verarztet?" "N-nein." Aus dem Konzept gebracht von der doch recht unerwarteten Frage, benötigte Seung-Ri einen Moment, um seine Gedanken zu sammeln. "Ich bin mit...naja mit dir zusammen hierher gefahren. Hier haben sie mich verbunden", versuchte er zu berichten, doch seine Stimme wurde zum Ende hin leiser und er betrachtete nun selbst sein Hände. Es war wirklich ein Schock gewesen. Die Scheibe schien neben ihm zu explodieren und erst als Young-Bae bei ihm gewesen war, hatte er realisiert, was geschehen war. Seine umhüllten Hände ballten sich kurz zu Fäusten, doch er musste diese sofort wieder entspannen, da die Bewegung sie schmerzen ließ. Nun bekam er mit, wie Ji-Yong sich langsam und mühevoll im Bett aufsetzte und ihm zuwandte. "Hyung, was tust du? Du musst liegen bleiben-" "Hast du Angst?" "Was?" Der Ältere schob jetzt bereits seine Beine von der Matratze. Er erschauderte, als sich die Schmerzen wie Stiche durch seinen Körper zogen, aber er gab nicht auf. Vorsichtig brachte er Gewicht auf seine Füße. Sie würden ihn nicht lang tragen, doch es würde reichen. Dafür würde es genügen. "Du kannst ruhig Angst haben, es ist Ok." Seung-Ri fühlte indessen leichte Panik in sich aufwallen. Seine Hände wollten sich auf Ji-Yongs Schultern legen, um ihn davon abzuhalten, aufzustehen. Dieser jedoch schien derart entschlossen, dass er sich letztlich nicht traute, es zu tun. Mit einem leisen Stöhnen und einem von Schmerz verzerrten Gesicht richtete der Ältere sich völlig auf. Er schwankte. "Es ist Ok... wirklich... sich zu fürchten ist..." "Hyung, bitte..." Ji-Yongs Arme legten sich fest um Seung-Ri. Seine Finger krallten sich in die Schultern seinen Freundes, während er weiter sprach. Immer weiter, während seine Augen wieder überquollen. Er hatte gedacht, dass er nicht mehr weinen könnte. Aber Seung-Ri hier zu sehen brachte ihn wieder aus der Fassung. Und dann schaffte er es nicht einmal, sich vernünftig bei ihm zu entschuldigen. "Sich zu fürchten ist nicht schlimm...gar nicht schlimmm... es... es tut mir so Leid...", entkam es endlich seiner Kehle. Er umklammerte den Jüngeren mit all seiner Kraft und betete, dass etwas dergleichen nie wieder passieren würde. Er konnte es nicht rückgängig machen. Nun musste selbst sein Freund mit dieser Angst leben, mit der selben wie er. Das war ein Verbrechen. "Es tut mir leid", wiederholte Ji-Yong noch einmal und vergrub sein tränennasses Gesicht in Seung-Ris Halsbeuge. "Das ist alles nur meine Schuld. Ich weiß nicht, wie du hier stehen und lächeln kannst. Ich habe das nicht verdient, nur meinetwegen wurdest du verletzt." Dann ertönte nur noch unkontrolliertes Schluchzen. Seung-Ri wollte irgendetwas sagen. Aber jedes Mal, wenn er ansetzte, blieben ihm die Worte in der Kehle stecken. Auch er hatte angefangen zu weinen, aber es waren stumme Tränen, die ihm über die Wange kullerten. Das Einzige, was er tun konnte, war die Arme ebenfalls um seinen Freund zu schließen und ihn so fest zu halten, wie er selbst gehalten wurde. So standen sie da, weinend, einander umklammernd. Ja, ängstlich. Natürlich hatte Seung-Ri Angst, doch die Angst um Ji-Yong war größer als die um sich selbst. "Hyung... das musst du nicht tun, du bist nicht Schuld an dem Ganzen. Du hast doch am meisten von uns allen zu leiden." Seine Stimme klang gepresst und in seinen Ohren wie die eines Fremden. Er wollte die Umarmung lockern, wollte Ji-Yong ins Gesicht sehen, damit dieser erkennen konnte, wie ernst es ihm war, doch es gelang ihm nicht. Er hatte das Gefühl, dass die Beine seines Freundes ihn nicht tragen würden, wenn sie sich losließen. "Es tut mir so leid...", es war jetzt lediglich noch ein Wimmern, aber es versetzte dem Jüngsten einen Stich ins Herz. Er wollte ihren Leader nicht so sehen, wollte seinen Freund nicht so sehen. "Bitte... Hyung..." Plötzlich fühlte Seung-Ri wie der verzweifelt feste Griff Ji-Yongs sich lockerte und bevor er überhaupt verstand, was geschah, hatten dessen Beine ihm den Dienst versagt. Er hockte auf dem Boden, die Hände immer noch um Seung-Ri geschlungen. Fast hätte es ihn von den Beinen gerissen. Seung-Ri spürte Panik aufsteigen. Er würde Ji-Yong nicht heben können. Was, wenn er ohnmächtig würde? "Young-Bae!! Seung-Hyun!!", brüllte er mit sich überschlagender Stimme, während er versuchte, seinen Freund wieder auf die Beine zu zerren. Doch als die Tür aufflog, waren es nicht ihre beiden Ältesten, die zur Rettung eilten. Dae-Sung hatte es nicht ausgehalten, nur dazusitzen und zu schweigen. Deshalb war er bereits nach wenigen Minuten wieder aufgestanden und hatte seine Kreise vor dem Zimmer ihres Leaders gedreht, sich schwer davon abhaltend zu lauschen. Gott-sei-Dank hatte er es am Ende gegen all seine Prinzipien getan. "Seung-Ri!", rief er nur, während er auf diesen zurannte und Ji-Yong sofort unter den Armen packte, um ihn nach oben zu ziehen. Die Hände des Leaders jedoch schienen an den Jüngsten gefesselt zu sein. Obwohl dieser kaum noch Kraft hatte, ließ er einfach nicht los. Dies brachte den Seung-Ri letztlich aus dem Gleichgewicht. Er kippte nach hinten und landete auf seinem Hintern. Dae-Sung gelang es in dieser Sekunde glücklicherweise Ji-Yongs Hände endlich zu lösen und dessen Arm über seine Schulter zu ziehen, um ihn wieder aufzurichten. Doch zu mehr war er nicht fähig. Der Ältere hing an ihm wie eine Puppe. Aber noch waren seine Augen geöffnet. "Hyung! Ji-Yong Hyung, komm zu dir!", presste er heraus, denn lang könnte er ihn nicht mehr halten. "Warum ist er nicht im Bett?!", brüllte da mit einem Schlag Seung-Hyuns Stimme durch den Raum. Sofort war er bei Dae-Sung und nahm ihm die Last des Körpers ab, um ihn zurück auf die Matratze zu legen. Ji-Yong atmete schwer und stoßweise, seine Beine zitterten, doch er war noch bei Bewusstsein. Young-Bae hatte sich unterdessen zu Seung-Ri gekniet, welchem einige Tränen des Schrecks über die Wangen gerollt waren. Darauf war er nicht vorbereitet gewesen. "Ich... ich wollte ihn aufhalten, aber er ist einfach aufgestanden", stotterte er eine Erklärung, indessen half Young-Bae ihm auf die Beine. Er legte ihm eine Hand an die Wange und entfernte die Tränen mit einem sanften Streicheln. "Shhht~, schon gut." "Schon gut?!", kam es entrüstet von Seung-Hyun, welcher sich nur halb zu ihnen drehte. "Was soll daran gut sein?" Young-Bae funkelte den Älteren wütend an und legte schützend einen Arm um Seung-Ri. "Krieg dich wieder ein", zischte er, "es führt zu überhaupt nichts, wenn du dich hier aufführst wie ein Verrückter." Seung-Hyun musste tief durchatmen, um nicht auf den anderen loszugehen. "Okay, du hörst mir jetzt ganz genau zu. Ji-Yong geht es beschissen. Uns allen geht es beschissen. Ich weiß, es war Ji-Yongs Wunsch, aber es kann doch nicht angehen, dass so etwas passiert, sobald ich aus dem Raum bin! Habt ihr denn alle kein Verantwortungsgefühl?!" Die letzten Worte spie Seung-Hyun in Richtung des Jüngsten, der sich immernoch an Young-Bae klammerte. Er schrie und wahrscheinlich würde er alle anderen Patienten in diesem Flur wecken und alle Ärzte und Schwestern auf die Barrikaden bringen, aber das war ihm in diesem Moment scheißegal. Er konnte das alles nicht glauben und langsam aber sicher hatte er das Gefühl, die Kontrolle über sich zu verlieren. "Hyung, vielleicht solltest du kurz...", kam es zaghaft von Dae-Sung, der die Szene bis jetzt nur ungläubig betrachtet hatte. Er hatte noch neben Ji-Yong auf dem Bett gesessen, doch nun stand er auf und ging mit leicht erhobenen Händen einen Schritt auf Seung-Hyun zu, wollte sich zwischen ihn und die anderen beiden schieben. "Halt's Maul und hau ab! Halt dich da raus, Dae-Sung!!" Der Ausdruck in Seung-Hyuns Augen war furchteinflößend. Plötzlich stand jedoch Young-Bae vor ihm und packte ihn an den Oberarmen. Fast hätte er den Älteren geohrfeigt, um ihn wieder zu sich zu bringen, doch den Drang konnte er gerade noch unterdrücken. "Das ist nicht sehr hilfreich!" Young-Bae schrie nicht, aber er sagte es fest und bestimmt, wobei er Seung-Hyun tief in die Augen sah. Einen Augenblick herrschte Stille, doch es genügte, um Seung-Hyun das leise Schluchzen wahrnehmen zu lassen, welches vom Bett zu ihm herüberklang. Aller Blicke richteten sich wieder auf ihren Leader, welcher es geschafft hatte, sich zur Seite zu drehen und auf der Matratze abzustützen. Sein Kopf hob sich Stück für Stück, bis er dem Ältesten in die Augen sehen konnte. „Ya, Choi Seung-Hyun!... Ich will... dass du aufhörst.“ Obwohl sein Atem nur stockend aus seinen Lungen entfloh, sprach er mit ungewöhnlich viel Nachdruck in der Stimme. Entgeistert starrte der Ältere ihn an. In Ji-Yongs Tonfall lag keine Schwäche, keine Verzweiflung und auch kein Flehen. Trotz seines schlechten Zustandes und der Tränen, die noch immer nicht aufhörten zu fließen, war sein Blick unerbittlich. „Es war... meine... Entscheidung und du hast... kein Recht so... mit ihnen zu sprechen. Ihnen geht es nicht anders als dir!“, stieß der Jüngere hervor und nun spiegelte sich Wut in seinem Gesicht wieder. Er konnte es einfach nicht glauben. Konnte nicht verstehen, wie Seung-Hyun seine Gefühle anderen derart aufbürden konnte. Ihre gesamte Situation schien sich zu verschlechtern und er musste etwas dagegen unternehmen, so sehr er sich auch sträubte. „Ji-Yonga, du solltest dich nicht so anstrengen“, versuchte Young-Bae ihn zu besänftigen, während Seung-Hyun noch immer vollkommen paralysiert schien. „Seung-Hyun Hyung... ich danke dir dafür... dass... du bei mir warst. Versteh das... nicht falsch, aber ich will, dass du jetzt gehst.“ Ein Schlag fuhr durch Seung-Hyuns Körper. Er hörte die Worte, aber er verstand sie nicht. Er starrte in die Augen des Jüngeren, doch sie wurden blank und dieser sackte zusammen. Aus Reflex packte er ihn, um ihn davor zu bewahren, vom Bett zu fallen. Aber dessen Hände wiesen ihn fort. „Ich hab gesagt, du sollst gehen.“ Er brachte es nicht mehr fertig, mit derart viel Kraft zu sprechen wie zuvor, doch der Ernst in seiner Stimme reichte aus, um den Älteren zurückweichen zu lassen. Sie waren alle geschockt. Dae-Sungs Mund stand weit geöffnet. Er wollte widersprechen, da Seung-Hyun es in seiner Lähmung nicht fertigbrachte, aber es kam kein Ton aus ihm heraus. Ihr Ältester schien nicht ganz zu begreifen, was soeben geschah, doch seinem Gesicht war anzusehen, wie verletzt er sich fühlte. Als Ji-Yong keine Anstalten machte, das, was er verlangt hatte, wieder zurückzunehmen, drehte er sich um und verließ ohne ein Wort den Raum. Sein Körper war wie betäubt. Vor dem Krankenhaus sank Seung-Hyun auf den Boden, lehnte sich an das Mäuerchen, das das dämliche Grünzeug einschloss und vergrub das Gesicht in den Händen. Er versuchte in sich zu gehen und zuzugeben, sich daneben benommen zu haben, aber es fiel im äußerst schwer, die gesamte Situation mit Abstand zu betrachten. Seine Gedanken wirbelten nur in einem wilden Strudel durcheinander und verhinderten jede Reflektion. "Verdammt...!" Ein Teil von ihm wollte zurückgehen und sich entschuldigen, ein kleinerer aber sehr viel lauter Teil hatte jedoch viel mehr Lust zu brüllen und alles in seiner Umgebung kurz und klein zu schlagen. Aber er blieb einfach sitzen wo er war. Mit wütendem Blick kramte er die Zigaretten hervor, die er sich zusammen mit seinem Frühstück gekauft hatte und steckte sich eine an. Er konnte auch einfach nichts richtig machen! "Vollidiot", schimpfte er sich selbst und hatte plötzlich das Verlangen, sich einige Ohrfeigen zu verpassen, damit er wieder zu Verstand kaeme. "Hyung?" Seung-Hyun drehte sich um und sah in Dae-Sungs Gesicht, der sich unbemerkt neben ihn auf die Backsteinmauer gesetzt hatte. Er antwortete nicht. "Ich wollte nur sehen... ich dachte mir schon, dass du hier bist. Ji-Jonga ist ganz schön wütend und Young-Bae ist es auch." Immernoch bekam der Jüngere keine Antwort. "Wenn du nicht mit mir sprechen willst, ist das okay." Dae-Sung zuckte mit den Schultern und erhob sich wieder, "aber vielleicht solltest du nach Hause gehen und dich wieder beruhigen. Dein Ausraster war ganz schön unnötig." Und mit diesen Worten war Dae-Sung auch schon wieder veschwunden. "Ach FUCK!!" Seung-Hyun warf die Zigarettenkippe auf die Straße und sprang hoch. Unnötig, der hatte gut Reden. In seiner Situation hätte er genauso... okay, hätte er vielleicht nicht. Einen Augenblick schwankte Seung-Hyun zwischen 'wieder ins Krankenhaus gehen, sich entschuldigen und im schlimmsten Fall einen neuen Streit provozieren' und 'Dae-Sungs Rat befolgen und nach Hause fahren'. Er entschied sich für Letzteres. Als er im Bus saß und lange genug missmutig aus dem Fenster gestarrt hatte, kramte er sein Handy hervor, tippte nur einen kurzen Satz ein und schickte diesen an Ji-Yong. Kurz nachdem Dae-Sung das Zimmer verlassen hatte, um nach Seung-Hyun zu suchen, war ihm eine Schwester entgegen gekommen und in ihr Zimmer gestürmt. Natürlich war der Aufruhr im Gang bemerkt worden und als sie Ji-Yongs aufgewühlten Zustand zu Gesicht bekam, war auch sie sehr verärgert über das Verhalten seiner Freunde. Mit energischen Bewegungen steckte sie ihn wieder unter seine Decke, wobei sie ihnen eine Verwarnung aussprach. Dae-Sung kehrte gerade zurück, als sie ihrem Leader ein Beruhigungsmittel gespritzt hatte. Dieser war bereits dabei, wieder einzuschlafen, wobei er Young-Baes Hand ergriffen hatte und ihm mit leiser Stimme etwas sagte. Der Ältere nickte verstehend und wandte sich dann den anderen zu, um mit ihnen den Raum zu verlassen. Die Schwester hatte sie gebeten, zu gehen und frühestens am nächsten Tag zurückzukehren. Kapitel 8: Oh my Friend ----------------------- Young-Bae, Seung-Ri und Dae-Sung kamen mies gelaunt ins Apartment zurück. So hatte ihr Besuch nicht laufen sollen und Young-Bae war seit einer Stunde damit beschäftigt, Seung-Ri klar zu machen, dass jeder von ihnen nur gestresst war und ihr Streit nicht seine Schuld war. Wenn sie allein gewesen wären, hätte er ihn einfach geküsst, solang bis er jeden Gedanken aus seinem Kopf gelöscht hätte, aber das waren sie nicht. "Hyung, sollte ich vielleicht zu ihm gehen und mich entschuldigen?", fragte der Jüngste mit belegter Stimme und blickte zur Tür des Zimmers herüber. Da Seung-Hyuns Schuhe am Eingang standen, konnten sie davon ausgehen, dass er wirklich hier war. Young-Bae schüttelte den Kopf und streichelte ihm über den Rücken. "Ich denke, das ist keine gute Idee. Ich werde erstmal sehen, ob er sich wieder beruhigt hat, vorher lasse ich dich nicht in seine Nähe." Letzteres sagte er mit einem kleinen Zwinkern und trotzdem war es sein voller Ernst. Er gab es ungern zu, aber in diesem instabilen Zustand würde er ihrem Ältesten sogar zutrauen, handgreiflich zu werden. "Komm Seung-Ri, wir machen was zu Essen." Dae-Sung nahm den Jüngeren nun am Oberarm und zog ihn fort, da er noch immer nicht überzeugt schien und Young-Bae war ihm dankbar dafür. Nun konnte er sich endlich ganz in Ruhe Seung-Hyun widmen. Vorsichtig trat er in ihr Zimmer und schloss die Tür direkt hinter sich. Der Ältere saß auf seinem Bett, dem Fenster zugewandt. "Hyung, wir sind wieder zurück.", eröffnete er mit einer banalen Information. Für einen kurzen Moment lag Seung-Hyun eine sehr unfreundlich Bemerkung auf den Lippen, aber er schluckte sie herunter und sagte lieber überhaupt nichts. Seit er vor einer halben Stunde zuhause angekommen war, hatte er mit angezogenen Beinen auf seinem Bett gesessen und die Wand gegenüber angestarrt. Er hatte sich beruhigt, aber seine Laune war nicht besser gworden. Young-Bae kam einige Schritte auf ihn zu. "Hör mal, wir müssen reden." "Ach was du nicht sagst!" Seine Stimme klang gepresst, so als müsste er sich eine ganze Menge verkneifen. Am liebsten hätte Young-Bae sich zu dem Älteren auf das Bett gesetzt, aber er hielt es in der momentanen Situation für angebrachter, in der Mitte des Raumes stehen zu bleiben. Nervös setzte er einige Male an, nach den richtigen Worten suchend. Und während er dies tat, fragte er sich, ob er Seung-Hyun erzählen sollte, was Ji-Yong ihm im Dämmerzustand noch eindringlichst aufgetragen hatte. Zu guter Letzt ließ er sich auf sein eigenes Bett fallen und entschied sich, einfach zu beginnen. "Im ersten Moment hab ich das Selbe gedacht, wie du. Ich fragte mich auch, warum sich Seung-Ri nicht mehr darum bemüht hat, dass Ji-Yong im Bett bleibt. Aber...du kennst Ji-Yong und du kennst Seung-Ri, du weißt wie sie zueinander stehen, genauso gut wie ich." Er bemerkte wie Seung-Hyuns Kopf sich unruhig bewegte, als wollte er ein Gegenargument bringen, aber letztlich schien er sich zu entscheiden, den Jüngeren noch etwas weiter sprechen zu lassen. "Es liegt nicht daran, dass wir uns um Ji-Yong nicht genauso viele Sorgen machen würden wie du. Manchmal wissen wir einfach nicht, wie wir uns verhalten sollen. Wir wollen so sehr darauf achten, dass dem anderen nichts zustößt, dass wir dabei ein bisschen blind für seine Gefühle werden. Ji-Yong wollte sich unter allen Umständen entschuldigen und er hat keinen anderen Weg gesehen als diesen und Seung-Ri hat nichts dagegen getan, weil er wusste, dass es ihm danach besser gehen würde." Young-Bae war sich nicht vollkommen sicher, aber die Haltung seines Freundes erschien ihm nicht mehr ganz so verkrampft. Vielleicht könnte er es wagen, ihm etwas näher zu kommen. Bedächtig erhob er sich von seinem Bett und ließ sich neben dem anderen nieder. Seung-Hyun rutschte nicht von ihm weg, dies nahm er als Zeichen der angehenden Versöhnung. Er sollte es ihm sagen. "Bevor... bevor wir gegangen sind, hat er meine Hand genommen. Der Griff war nicht fest, weil er fast schon wieder eingeschlafen war, aber wenn er wach und bei Kräften gewesen wäre, hätte er mir sicher die Finger zerquetscht. Er hat gesagt, dass ich dich so schnell wie möglich finden und in Sicherheit bringen soll. Selbst wenn du dich wehren solltest." Seung-Hyun hatte das Gefühl, es sei ein Messer, dass ihm diesen Stich versetzte, aber es waren nur die Worte Young-Baes. Nein, die Worte Ji-Yongs. "So eine verdammte Scheiße!!" Er vergrub den Kopf in seinen Armen und kämpfte gegen die bitteren Tränen an, die ihm die Kehle hinaufstiegen. Etwas in ihm, dass diesen ganzen Schlamassel verursacht hatte, war gebrochen, zersplittert und nun floss es aus ihm heraus. Verdammt ja, er hatte sich daneben benommen, viel mehr, er hatte große Scheiße gebaut und sich all seinen Freunden gegenüber wie der letzte Dreck verhalten und nun musste er irgendwie damit klarkommen. Er hob seinen Kopf erneut und versuchte zu grinsen. "Ich bin ein beschissener Freund, oder?" Es klang sehr bitter. Young-Bae legte ihm die Hand auf die Schultern. "Niemand ist dir böse. Aber versuch in Zukunft, dich ein bisschen besser unter Kontrolle zu haben. Und du solltest dich vielleicht bei Seung-Ri entschuldigen, er hat sich große Vorwürfe gemacht." "Okay, ich... lass mich bitte noch einen Moment in Ruhe." Young-Bae nickte und verließ das Zimmer. Bevor er es betreten hatte, hatte er Angst gehabt, dass es wieder zu einem Streit kommen würde, nun fühlte er sich sehr beruhigt. Er betrat die Küche, in der Seung-Ri und Dae-Sung sich leise unterhaltend über einem Berg Gemüse standen, um dieses zu schälten und kleinzuschneiden. "Ich habe ihm ein wenig ins Gewissen geredet, es geht ihm wieder besser", berichtete Young-Bae und ließ sich seufzend auf einen der Küchenstühle sinken. Im Moment sehnte er sich nur nach einem ruhigen Tag. Oder auch nur eine ruhige Stunde. Einen Augenblick nur mit Seung-Ri, in dem er alles um sich herum vergessen konnte. Aber er hatte das dumpfe Gefühl, dass er damit in nächster Zeit nicht rechnen konnte. Resigniert griff er nach einer Paprika und begann sie in kleine Würfel zu schneiden. Nur kurze Zeit später vernahmen sie ein leises Hüsteln aus Richtung des Türrahmens. Es war Seung-Hyun, der ein wenig aussah wie ein begossener Pudel. "Ich glaube, ich muss mich bei euch entschuldigen..." Sein Blick war unruhig, als er dies sagte und er blieb weiterhin am selben Fleck, Abstand zwischen sich und seinen Freunden wahrend. "Ich war einfach total daneben. Besonders deinetwegen fühle ich mich mies, Seung-Ri. Ich hoffe, du kannst meine Entschuldigung annehmen." Es war, als käme Seung-Ri an seine Brust geflogen. Auf einmal stand er vor ihm und schlang seine Arme glücklich lächelnd um den Hals des Ältesten. Der Stein, der ihm vom Herzen genommen wurde, als Seung-Hyun sich derart ehrlich bei ihm entschuldigte, war riesig. So leicht wie er sich fühlte, war es einfach auf seinen Freund zuzurennen und ihn zu umarmen. Beinahe hatte er befürchtet, dass der Ältere ihn wirklich verachten würde, weil er Ji-Yong in eine gefährliche Situation gebracht hatte. Young-Bae und Dae-Sung warfen sich unterdessen vielsagende Blicke zu und lächelten über diese herzerweichende Szene. Dann könnten sie ja endlich zur Ruhe kommen und etwas essen. "Ob Ji-Yong Hyung ohne uns klar kommt?", rutschte es Seung-Ri während ihrer Mahlzeit heraus, was ein Innehalten aller zur Folge hatte. Wie schon so oft an diesem Tag trat eine unbehagliche Stille zwischen sie. Seung-Hyun musste unweigerlich daran denken, dass nun niemand bei ihrem Leader war, der ihn aufwecken könnte, wenn er wieder Albträume hätte. "Ich denke er ist ohne uns erstmal besser dran. Wenn wir da sind, regt er sich viel zu schnell auf", versuchte Dae-Sung die Stimmung wieder ins Lot zu bringen. "Ja, da hast du wahrscheinlich recht", stimmte der Jüngere mit einem verunglückten Lächeln zu, doch eigentlich war es überhaupt nicht zum Lachen. Sie verbrachten den Rest des Tages größtenteils im Wohnzimmer. Keiner von ihnen hatte wirklich die Energie, etwas zu tun und doch wollten sie beisammen sein. Jedes Gespräch, das sich nicht um ihre Situation drehte, wirkte erzwungen gelassen und so endete es damit, dass sie den Fernseher sprechen ließen. Young-Bae war der Erste, der sich nach Stunden, wie es schien, erhob, wobei er über Seung-Ris Nacken streichelte. Daraufhin verschwand er auf sein Zimmer. Der Jüngere ließ sich noch einige Minuten Zeit, dann entschuldigte er sich ebenfalls und folgte seinem Freund. Als er ihn fand, saß dieser leise lächelnd auf seinem Bett und wartete. "Komm her." Seung-Ri lächelte sanft und trat auf den anderen zu, um sich dann vor das Bett sinken zu lassen und seinen Kopf in Young-Baes Schoß zu betten. Er spürte die sanfte Hand in seinem Nacken und genoss den ersten Moment der Nähe seit einer gefühlten Ewigkeit ausgiebig. Wäre er eine Katze gewesen, hätte er auf der Stelle zu schnurren begonnen. Als Young-Bae sich vorbeugte und einen zarten Kuss in das kurze Haar hauchte, hob der Jüngere den Kopf wieder, um seinem Freund in die Augen sehen zu können. Er lächelte breit und erwartete den Kuss, der ihm geschenkt wurde. Er war sanft. "Und was machen wir, wenn einer von den anderen reinkommt?", kicherte Seung-Ri. "Dann reden wir ihnen ein, dass sie unter Wahnvorstellungen leiden!" Young-Bae lachte und schloss die Arme um den Jüngeren, um ihn aufs Bett zu ziehen, was dieser lachend mit sich machen ließ. Wie der Ältere es sich erhofft hatte, waren zumindest für diesen Moment alle Sorgen wie weggeblasen. Er ließ sich auf die Matratze sinken und zog den dünnen Körper Seung-Ris mit sich, dann küsste er ihn erneut, diesmal leidenschaftlicher. "Gott, wie habe ich das vermisst", flüsterte er, als sie sich kurz voneinander lösten, um nach Luft zu schnappen, dann zog er den anderen wieder an sich, rollte sich auf den Rücken. Als sie sich das erste Mal geküsst hatten, hatte keiner von ihnen etwas gesagt und auch in den wenigen Minuten, die sie in den letzten Tagen für sich gehabt hatten, hatte sie sich nicht getraut, die magischen drei Worte auszusprechen. Nun wo Seung-Ri hier lag, halb über Young-Bae gebeugt, seine Zunge spürend, seine Hände, seine Wärme, brannten sie in seiner Kehle, aber er traute sich noch nicht. Er hatte Angst, er könnte alles kaputt machen und so ließ er sich einfach in die starken Arme Young-Baes fallen und hoffte, dass seine Gefühle ebenso stark erwidert würden. Wieder wurde er umgedreht. Young-Bae packte den Körper seines Freundes und drehte nun ihn auf den Rücken. Küsste erst seine verführerischen Lippen, dann seinen Hals, das Schlüsselbein, das keck unter dem großen T-Shirt hervorblitzte. Seung-Ris Atem ging ein wenig schneller. Er vergrub die Hände in den Haaren seines Freundes, krallte sich in sein Shirt, versuchte ihn mit Bewegungen seiner Beine dazu zu bringen, sich wieder nach oben zu bewegen, um seine wartenden Lippen zu liebkosen. Doch Young-Bae grinste nur still in sich hinein und rutschte noch weiter nach unten, schob seine Hand unter Seung-Ris Shirt, streichelte dessen Oberkörper und platzierte feuchte Küsse knapp über seinem Hosenbund. Ein leises Stöhnen war seine Belohnung. Diesmal kicherte der Jüngere nicht mehr. Er wollte es nicht mehr als Spiel sehen, was sie taten. Es war ihm ernst und so zogen Wellen der Erregung durch seine Glieder, welche ihm ein angenehmes Kribbeln auf der Haut bescherten. Young-Baes Küsse waren hinterhältig platziert und jeder Punkt, den er berührte, wurde glühend heiß. Seung-Ris Atem stockte, als der Ältere seine Zunge in seinen Bauchnabel stieß und ihn voller Verlangen auskostete. Dessen Hand war in dieser Zeit schon zu seinem Bein gerutscht. Er hob es an und legte es über seine Schulter. Allein die obszöne Pose ließ den Jüngeren erneut und lauter stöhnen, sodass er sich vor Schreck die Hände vor den Mund schlug. Die anderen durften sie nicht hören. "H-hyung", entkam es hastig seinem Mund, bevor er ein Keuchen ausstieß. "Bitte, sei nicht so gemein zu mir, sonst..." Doch Young-Bae ignorierte die schwachen Beschwerden und ließ seine Zähne in die weiche Haut am Bauch gleiten, um genüsslich daran zu saugen. Das gefiel ihm. Das ließ ihn alles vergessen. Und den Tönen nach zu urteilen, die Seung-Ri von sich gab, als er dessen T-Shirt noch höher schob und seine Zunge jetzt um die harte, kleine Brustwarze kreisen ließ, schien es diesem auch zu gefallen. Young-Bae dachte gar nicht daran, jetzt aufzuhören, dazu bereitete ihm das hier viel zu viel Vergnügen. "Ich... Hyung...", es war mehr ein Hauchen, unterbrochen von einem unterdrückten Laut der Entzückung, als der Ältere sanft in die Brustwarze biss, die er eben noch liebkost hatte. "Bitte... wenn jemand reinkommt..." Doch Seung-Ris Mund und der Rest seines Körper sprachen eine andere Sprache, denn er schlang die Beine fest um den Körper des anderen, drückte ihn an sich, hob seine Hüfte, um ihn noch näher an sich zu spüren. "Oh Gott...!", seufzte er und kam sich dabei erneut sehr obszön vor, doch dies alles war so gut, so richtig, dass er es um keinen Preis der Welt beenden wollte. Am liebsten hätte er sich dem anderen ganz hingegeben, doch das Bewusstsein, dass im Nebenzimmer zwei seiner Freunde saßen, die von alledem keinen blassen Schimmer hatten, war zu stark. Dieser Gedanke war auch der einzige, der Young-Bae davon abhielt, dem Jüngeren sämtliche Kleidung vom Leid zu reißen und ihn zu verwöhnen, bis er nicht mehr sehen noch stehen konnte. So begnügte er sich damit, Seung-Ri wenigstens ein bisschen die Sorgen der letzten Tage vergessen zu lassen. Er schlang sanft die Arme um den Oberkörper des anderen und zog ihn eng an sich, um erneut seine süßen Lippen zu kosten. Erleichtert ließ dieser sich gegen den Älteren fallen und atmete in tiefen Zügen dessen Geruch ein. Sein wild schlagendes Herz beruhigte sich langsam und er musste fast grinsen. Es hätte nicht mehr viel gefehlt und sie hätten ein Problem gehabt. Dabei drängte sie die Vorstellung in seinen Geist, wie sie sich beide still und heimlich in ein Stundenhotel einschlichen, um ungestört zu sein. Er lachte leise. "Was ist so lustig?" "N-nichts.", stammelte der Jüngere und blickte Young-Bae mit hochrotem Gesicht an. Wieder durfte er dessen streichelnde Hände spüren und sich in der Berührung verlieren. Er konnte wirklich an nichts anderes denken als an diesen Mann. "Hyung, ich würde so gern heute Nacht mit dir zusammen sein...", sprach er in traurig sehnsüchtigem Tonfall seine Gedanken aus. Und Young-Baes Seufzen zeigte ihm, dass es wirklich nicht möglich wäre. "Ich verspreche dir, dass ich dich bald, wenn alles sich gebessert hat, an einen schönen Ort einladen werde. Und dort werden nur wir beide sein." "Was für ein Ort denn?" "Das ist ein Geheimnis." Lächelnd tippte er dem Jüngeren auf die Nase und verwickelte ihn erneut in einen Kuss. Jemand strich ihm durchs Haar, er spürte es ganz deutlich. Die Berührung war sanft und vertraut. Die Finger gingen vorsichtig und langsam vor, arbeiteten sich tiefer, bis sie sogar über seine Wangen streichelten. Sie schienen das, was sie taten zu genießen. Und Ji-Yong, er genoss es ebenfalls. Er konnte sich noch daran erinnern, dass er nach dem Mittag müde geworden war. In der Hoffnung, dass die anderen heute wieder in heiterer Laune zu ihm kommen - dass Seung-Hyun zu ihm kommen würde - war er eingedöst. Seine Hoffnung schien erfüllt worden zu sein. Selig seufzte er auf und begann seine Augen zu öffnen. Kurzzeitig lag ein Schatten über ihm, doch noch bevor er völlig erwacht war und klar sehen konnte, verschwand die streichelnde Hand und er vernahm Schritte, die sich entfernten, zu letzt das Geräusch der Tür, welche ins Schloss fiel. Verwirrt rieb er sich den Schlaf aus den Augen und blinzelte ins helle Tageslicht. Niemand befand sich im Raum, aber er wusste genau, dass jemand bei ihm gewesen war. Und dieser jemand schien kurze Zeit später wieder zu ihm zurück zu kommen. Seung-Hyun kam ihn besuchen. Ji-Yong setzte sich sogleich auf, als er ihn sah. Er konnte sich bereits besser bewegen als am Vortag. Wie vorhergesagt, hatte der Arzt ihm die Halskrause schon am gestrigen Abend abgenommen. Der Ältere wagte sich nicht, näher heranzutreten und Ji-Yong verstand warum. "Ich wollte dir nicht weh tun", gab er leise von sich, um seinem Freund zu zeigen, dass er ihm gegenüber keine Wut mehr verspürte. "Das alles... tut mir leid...", sagte Seung-Hyun, wobei es ihm schwer fiel, seinem Gegenüber in die Augen zu sehen. "Du hast das Richtige getan, als du mich rausgeschmissen hast. Ich war echt ziemlich dumm. Ich habe auch mit Young-Bae geredet und mich bei Seung-Ri entschuldigt. Und... und bei dir wollte ich mich auch entschuldigen." Er war sehr froh, als Ji-Yong ihm die Hand entgegenstreckte und fühlte ein freudiges Kribbeln von der seinen aus den Arm hochwandern, als er sie ergriff. Er trat wieder nah an das Bett heran und versuchte, den Freund in die Arme zu schließen. Als dieser keine Anstalten machte, zu protestieren, drückte er ihn sanft an sich. Endlich war dieser dumme Streit vergessen. "Ich werde mich in Zukunft am Riemen reißen", versprach er und ließ sich neben Ji-Yong sinken. "Warum bist du eigentlich eben so schnell wieder abgehauen, hast du Angst vor meiner fürchterlichen Rache gehabt?", fragte der Jünggere lachend und legte den Kopf auf die Schulter seines Freundes. Da er jedoch keine Antwort erhielt, hob er diesen wieder und blickte in ein verständnisloses Gesicht. "Wie meinst du das?" "Du... du warst doch gerade schonmal hier, oder nicht?" Seine Augen weiteten sich in unguter Vorahnung. "Ich hab doch genau gespürt, dass jemand bei mir war, als ich aufgewacht bin. Ich dachte, du wärst das gewesen..." Seine Stimme hatte leicht zu zittern begonnen und auch Seung-Hyun hatte Angst vor dem, was er sagen musste. "Ji-Yonga... ich bin gerade erst gekommen...!" "W-wirklich?" Der Ältere drückte ihn ein Stück von sich und sah ihm fest in die Augen. Ji-Yong war noch sehr durcheinander, er war eben erst erwacht, vielleicht... "Bist du dir sicher, dass es kein Traum war?" "Ja, ich bin sicher. Da war eine Hand in meinen Haaren und ich hab jemanden atmen hören und Schritte. D-du warst es nicht?" Seung-Hyuns Augen blickten toternst. Er schüttelte entgeistert den Kopf und vernahm, wie zusehens Unruhe in den Jüngeren einkehrte. Dieser hob seine Hand unsicher und legte sie an seine Stirn. Er bemühte sich, Ruhe zu bewahren. In den letzten Tagen war viel passiert, er hatte eine Gehirnerschütterung erlitten, er hatte Albträume. Es könnte auch eine Halluzination gewesen sein. Vergebens versuchte Ji-Yong sich selbst von dieser These zu überzeugen, bis ihm der kleine zusammengefaltete Zettel auffiel, der in seinem Schoß lag. Mit bebenen Händen nahm er ihn an sich und entfaltete ihn. Eigentlich wollte er nicht lesen, was dort stand. Er fürchtete sich davor, doch etwas trieb ihn dazu. Obwohl du wusstest, dass wir uns noch nicht treffen dürfen, hast du mich gesucht. Ich verstehe , dass du dich nach mir verzehrst, aber du hast gegen die Regeln verstoßen. Deshalb musste ich dich bestrafen. Ich hoffe, dass du es verstanden hast und ab jetzt brav sein wirst. Schone dich für mich, bis ich wieder zu dir komme, mein Engel. Mit einem Mal schien das Papier in seinen Händen glühend heiß zu werden. Er schleuderte es von sich, sodass es zu Boden fiel. Mit angstverzerrtem Gesicht wandte er sich seinem Freund zu. "Er war hier", lüsterte er heiser. Er war hier gewesen und er hatte ihn berührt, hatte ihn gestreichelt. Ein grauenerregender Schauer ging durch seinen Körper. "Das kann doch alles nicht wahr sein!" Seung-Hyuns Stimme klang, als würde dieser am liebsten rüde Flüche durch in den Raum brüllen. Und so war es auch, aber er hielt sich zurück. Das würde die Situation auch nicht verbessern. Stattdessen öffnete er die Arme, um Ji-Yong aufzufangen. Dieser erwiederte die Umarmung, wirkte aber unerwartet gefasst. "Irgendwie kommen wir damit schon klar" Und in diesem Moment war es mehr Wut als Angst die aus ihm sprach. Ji-Yong kuschelte sich eng an den anderen. "Das ist doch alles nicht zu fassen. Ich will, dass es aufhört! Was habe ich bloß getan, dass ich soetwas verdient habe?" Seung-Hyun wusste keine Antwort, wie konnte er auch. Es war nicht Ji-Yongs Schuld, dass dieser Verrückte hinter ihm her war. Er trug keine Verantwortung für die Situation, genausowenig wie der Baum vor dem Fenster es tat. Vielleicht war er nur einmal zur falschen Zeit am falschen Ort gewesen. Aber sie mussten endlich wissen, wer der Mensch war, der ihr Leben derart durcheinander brachte, der alles kaputt machte, was sie jemals gehabt hatten. Sie mussten es wissen, bevor noch etwas viel Schlimmeres passierte. Seung-Hyun malte sich die grauenvollsten Horrorvisionen in seinem Kopf aus. Er wollte es nicht zulassen und wollte kein Wort darüber verlieren, aber in seinen Gedanken zogen sich dicke, schwarze Wolken zusammen. Doch im Moment genoss er den schmalen Körper in seinen Armen und war sehr froh, dass Ji-Yong den erneuten Angriff so gut zu verkraften schien. "Wenn du es willst, werde ich sofort dem Entertainment Bescheid geben, damit sie auch hier Security anfordern. Das Krankenhaus scheint ja keinen besonders großen Wert auf die Sicherheit seiner Patienten zu legen. Ich versteh sowieso nicht, warum sie das noch nicht gemacht haben. Sie können ja nicht automatisch davon ausgehen, dass es im Krankenhaus sicherer ist, als bei uns im Appartement." Seung-Hyun streichelte sanft über den Rücken seines Freundes. Sein Blick fiel auf den zerknüllten Zettel am Boden und wieder spürte er, wie die Funken der Wut sich entzündeten und seine Seele malträtierten. Wie konnte dieser Perverse es wagen, so in ihr Leben einzugreifen?! "Ja, du hast recht. Ich glaube, das wäre sicherer." Für einen Moment wusste der Ältere nicht, wovon Ji-Yong sprach, die Wut hatte ihn zu sehr eingenommen, doch dann fiel es ihm wieder ein. "Wenn du denkst, dass ich duch kurz alleine lassen kann, würde ich sofort anrufen. Ansonsten kommen die anderen in ungefähr einer halben Stunde und ich kann warten, bis sie da sind." "Ich weiß, es ist wichtig... aber ich hätte dich gerne noch ein wenig bei mir..." Ji-Yong kuschelte sich an Seung-Hyuns Brust und ließ sich die beruhigenden Streicheleinheiten gefallen. Dieser nickte. Er würde gerne noch eine Weile hier sitzen und die Nähe genießen, auch wenn sie unter unerfreulichen Umständen zustande gekommen war. Gut, dass Seung-Hyun hier war. Gut, dass sein Freund bei ihm war, ging es dem Jüngeren wieder und wieder durch den Kopf. Wenn er völlig allein gewesen wäre, hätte die Gefahr bestanden, dass die Panik wieder von ihm Besitz ergriff. Aber darüber musste er sich keine Sorgen mehr machen. Während er in der Umarmung verweilte und den Schutz spürte, welchen sie ihm gab, verdrängte er jeden Gedanken an die fremde Person, die bei ihm gewesen war, als er schlief. Es würde ihnen nicht weiterhelfen, wenn er wieder einen Rückfall erlitt. Er wollte dies nicht. Nicht für sich und nicht für seine Freunde. Ihre Freunde, die, wie Seung-Hyun es angekündigt hatte, eine halbe Stunde später zu ihnen stießen und auf den ersten Blick erkennen konnten, dass sie sich wieder vertragen hatten. Aber lang konnte sich niemand darüber freuen. Dae-Sung entdeckte den Zettel auf dem Boden, das Auge darauf und Ji-Yong berichtete erneut. "Ich werde unseren Manager anrufen. Es ist nicht zu fassen, dass dieser Verrückte sich hier so leicht reinschleichen konnte." Beinahe wäre Young-Bae noch ein 'was er alles hätte anstellen können' herausgerutscht, aber er schluckte den Satz wieder herunter. Ji-Yong selbst schien sich diese Frage bereits gestellt zu haben und es wäre nicht hilfreich, über Dinge zu sprechen, die nicht passiert waren. "Ich werde mich beim Personal beschweren gehen." Dae-Sung erhob sich nun ebenfalls von seinem Stuhl und folgte dem Älteren zur Tür hinaus. Ji-Yong kam sich etwas nutzlos vor. Natürlich, was sollte er tun? Und doch, als die anderen die Situation sofort in ihre Hände nahmen, hatte er das Gefühl, keinerlei Verantwortung mehr zu tragen. Seung-Hyun schien seine Gedanken erraten zu können, denn er streichelte ihm beschwichtigend durch das Haar. Lächelte ihn aufmunternd an, auch wenn ihm nicht danach zu mute war. "Wir machen das schon und du wirst gesund." "...ja..." Kapitel 9: V.I.P. ----------------- Zwei Tage später wurde Ji-Yong mit vielen guten Ratschlägen und der Adresse einer Physiotherapeutin beladen aus dem Krankenhaus entlassen. Die dicke Schwester verabschiedete sich von ihm, als würde es kein Morgen geben und Ji-Yong war ein bisschen beschämt, lachte aber als Seung-Ri ihm in die Seiten stieß. "Da hat sich wohl jemand in dich verguckt!" Natürlich waren seine Freunde gekommen, um ihn nach Hause zu begleiten und sie alle hatten das Gefühl, als hätte lang keine so gute Stimmung mehr zwischen ihnen geherrscht. Zur Feier des Tages gingen sie groß und teuer Mittagessen, auch wenn Ji-Yong zu versichern versuchte, dass das nicht nötig sei. Aber die Jungs hatten es sich in den Kopf gesetzt, die Rückkehr ihres Leaders gebührend zu würdigen, also taten sie es auch. Die Gespräche waren ausgelassen und selten ernst. Es wurde nur kurz still, als Seung-Hyun wie beiläufig erwähnte, dass sie ab diesem Tag einen Bodyguard zur Seite gestellt bekommen würden. Ein Bodyguard würde ihnen sicher den nötigen Schutz geben, den sie bräuchten. Würde ihn Ji-Yong geben. Zudem konnte Young-Bae berichten, dass der vor ihrem Haus postierte Securitymann den Dienst quittieren musste und nun von einem qualifizierteren, extra für derartige Situationen ausgebildeten ersetzt worden war. Soeben waren sie von dem Treffen mit ihrem Manager zurückgekehrt, der ihnen ihren neuen Bodyguard vorgestellt hatte. Er hatte sich höflich als Park Min-Ho vorgestellt und berichtet, er sei schon länger für "YG-Entertainment" tätig gewesen, allerdings bis zum jetzigen Zeitpunkt nicht als Begleitschutz. Er habe allerdings vor einigen Jahren Kurse und Fortbildungen besucht und sei bestens für die Tätigkeit als Bodyguard geeignet. Park Min-Ho war ein freundlicher, höflicher und unscheinbarer Typ. Obwohl er recht groß war und auch stark aussah, war Seung-Hyun der Meinung, dass ihm ein solcher Mensch niemals lange im Gedächnis geblieben wäre. Vielleicht war dies nicht einmal von Nachteil für sie. Er wollte sich gar nicht vorstellen, was die Boulevard-Presse sonst aus dieser Geschichte alles herausholen würde. Ji-Yong sollte ab jetzt das Haus nicht mehr ohne Min-Ho verlassen, selbst dann nicht, wenn sie in der Gruppe unterwegs waren. Nachdem sie ihre neue Bekanntschaft wieder verlassen hatte, konnten sich die Fünf nicht mehr beherrschen, sogleich ihre Meinungen über ihn auszutauschen. "Ich weiß nicht", stellte Dae-Sung fest, "Ich finde ihn nicht sehr sympathisch." "Es kommt ja auch nicht darauf an, ob er sympathisch ist. Hauptsache er macht seinen Job gut. Und ich hoffe für ihn, dass er das wird. Noch so eine Pleite wie mit diesem Securityidioten und ich mache höchstperönlich eine Ausbildung zum Personenschützer!" Alle lachten, doch sie bemerkten auch, wie ernst es Seung-Hyun damit war und er hatte recht. Noch so ein Versager und sie könnten alle in Gefahr schweben. Obwohl Ji-Yong ebenfalls in Gelächter ausgebrochen war, gefiel ihm die Idee, ihren Ältesten als Beschützer zu haben, sehr gut. Eigentlich war er es ja bereits. Er hatte ihn schon gerettet. Eine angenehme Wärme breitete sich in ihm aus, während er an diese Momente zurückdachte. Sie enthielten so viel Schrecken und es waren keine schönen Erinnerungen. Jedoch wenn Seung-Hyun darin vorkam, dann verloren sie einen Teil des Grauens. "Hyung, wie findest du ihn?", fragte Seung-Ri und starrte ihren Leader neugierig an. "Mh? Wen?" "Wen wohl? Deinen persönlichen Bodyguard natürlich!" "Also ich denke er ist ganz nett..." "Nett ist der kleine Bruder von Scheiße", übersetze Young-Bae für die anderen, aber Ji-Yong blickte ihn scharf von der Seite an. Derartige Bemerkungen waren trotz all ihrer Gelassenheit unpassend. "Seung-Hyun hat Recht, solang er gut arbeitet ist er mir auch sympathisch. Auch wenn es anstrengend werden sollte, ich fühle mich auf jeden fall wohler, wenn er mich begleitet." "Und ich mich ebenfalls", beendete Seung-Hyun die Diskussion über Herrn Park. Er fing Ji-Yongs Blick auf, welcher tief in den seinen eintauchte. Die Augen des Jüngeren lächelten. Sein Mund war still, aber seine Augen schenkten ihm ein warmes Lächeln. Ji-Yong saß allein auf seinem Bett, als die Dunkelheit langsam über sie hereinbrach. Er schaltete die Nachttischlampe ein, um die Noten besser sehen zu können. So schlimm die letzte Zeit auch gewesen war, soviel Stoff hatte sie ihm doch für neue Texte geliefert. Endlich hatte er die Ruhe gefunden, einige seiner Ideen besser ausformuliert zu Papier zu bringen, aber jetzt begannen sein Nacken und sein Rücken zu streiken. "Ah, mist...", fluchte er leise, während er versuchte, sich zu strecken und seine Schulter zu massieren. Dabei rutschten die Notizzettel von seinen Beinen zu Boden. Er wollte sich vorbeugen und sie aufheben, doch es kam ihm jemand zuvor. "Ich mach das schon", sagte Seung-Hyun, der eben vom Duschen kam und bückte sich, um alles einzusammeln. Nach einem kurzen Blick auf die Blätter hob er anerkennend die Augenbrauen und gab sie seinem Freund wieder in die Hand. "Die sind echt gut. Ich würde fast sagen, das ist das Beste, was du je geschrieben hast!" "Ach hör auf, die sind doch noch gar nicht fertig!", jammerte Ji-Yong und faltete die Blätter, um sie unter sein Kissen zu schieben. "Soll ich dich noch ein bisschen schreiben lassen?" Seung-Hyun wusste, dass ihr Leader am liebsten alleine war, wenn er textete und ihm schien es zudem, als hätte Ji-Yong im Moment eine ganze Menge angestaut, das er in die Musik stecken konnte. "Nee!" Der Jüngere legte sich auf den Bauch und bettete den Kopf grinsed auf das Kissen. "Massier mir lieber den Rücken!" Ein Lächeln huschte über Seung-Hyuns Gesicht. Es gab im Moment wohl kaum etwas, das er lieber täte. Ausser vielleicht leidenschaftliche Küsse auf seinem Freund zu verteilen, aber dies stand absolut außer Frage. "Dürfte ich mich möglicherweise vorher anziehen, Herr ´Von-und-zu´?", erkundigte sich der Ältere lachend, da er noch immer lediglich ein Handtuch um die Hüften trug. "Na gut, wenn es unbedingt sein muss..." Wieder ein Lachen, dann beeilte er sich aber sehr, Boxershorts und ein frisches T-Shirt aus dem Schrank zu kramen und in diese hineinzuschlüpfen. Während er sich anzog, streifte sein Freund sich das Oberteil über den Kopf und warf es in irgendeine Ecke. Seung-Hyun hatte diesen wahrlich schon des Öfteren nackt gesehen, aber aus irgendeinem Grund begann sein Herz diesmal besonders laut zu klopfen. Dieser Moment kam ihm auf eine gewisse Weise besonders und sehr intim vor. "Aber sag mir, wenn ich dir weh tue. Ich hab nicht wirklich Ahnung von Massagen", riet er, als er sich neben seinen Freund auf das Bett kniete und begann, seine Hände aneinanderzureiben, damit sie nicht zu kalt waren. Ji-Yong versprach es und schloss dann die Augen in freudiger Erwartung. Vorsichtig begann Seung-Hyun über den Nacken des anderen zu streichen, über seine Schultern und den Rücken. Er versuchte sich an alles zu erinnern, was er über die Anatomie des menschlichen Rückens wusste, aber der Geruch des Jüngeren und das Gefühl der warmen Haut unter seinen Fingern vernebelten ihm den Verstand. Zärtlich fuhr er mit den Daumen neben Ji-Yongs Wirbelsäule entlang und entlockte ihm damit ein wohliges Schnurren. Er stellte sich vor, er würde seine Arme um den Oberkörper vor sich schlingen, ihn fest an sich ziehen und seinen verletzten Nacken küssen und wieder klopfte sein Herz wie wild. Allein das erste Auflegen der Hand des Älteren bewirkte, dass Ji-Yong sich besser fühlte. Seufzend verfolgte er die Berührungen, die zärtlich und kraftvoll seine Muskeln massierten. Als die Hände seines Freundes langsam tiefer wanderten und mehr Druck auszuüben begannen, fuhr ein angenehmes Kribbeln durch seinen Bauch, das ein leises Lächeln auf seine Lippen zauberte. Selten fühlte er sich so wohl bei jemandem. Er ließ sich fallen und alles war aus seinen Gedanken gestrichen. Es gab keine schlechten Erinnerungen mehr, keine Sorgen, keine Schmerzen. Seung-Hyun hatte wirklich Talent und er liebte dessen Berührungen. Vor sich selbst musste der Jüngere zugeben, dass er am Ende einer jeden Umarmung, eines jeden Streichelns, welches dieser ihm gab, immer eine leichte Traurigkeit verspürte. Über all diese Gedanken vernahm Ji-Yong nicht, wie er sich vollends entspannte und begann, schläfrig zu werden. Seine Augen schlossen sich fester und sein Atem erflachte schon bald darauf. Am nächsten Morgen würde er sich dafür hassen, dass er eingeschlafen war. Seung-Hyun bemerkte, dass die Massage seinem Feund wirklich gut zu tun schien. Seine Verspannungen lösten sich auf und er musste nicht mehr soviel Kraft anwenden. "Reicht es dir jetzt oder soll ich noch weitermachen?", fragte er ihn daher und hielt kurz inne. Aber er bekam keine Antwort. Etwas verdutzt beugte der Ältere sich vor, um Ji-Yong besser ins Gesicht sehen zu können. "Ji-Yonga, hörst du?" Nichts. Nicht einmal die kleinste Regung. Planlos tasteten sich die Augen des Älteren gemeinsam mit seinen Händen zurück über den bloßen Rücken, die blasse Haut. Er begehrte dies alles. Fahrig glitten seine Fingerspitzen zur Taille und er hielt sich daran fest, als bräuchte er diesen Halt. Allmählich senkte sich sein Haupt. Ji-Yong schlief. Der Jüngere schlief unschuldig und ruhig. Er sollte es nicht tun. Die Situation nicht ausnutzen. Seine Lippen trafen auf warme Haut und er konnte sie nicht mehr lösen. Geschlossener Augen setzte Seung-Hyun einen weiteren Kuss, arbeitete sich langsam nach oben. Es schmeckte so köstlich, ließ seine Lippen glühen und das Blut durch seine Adern schießen. Er wollte mehr. Kurz schoss die Frage durch seinen Kopf, was er hier eigentlich tat, aber er konnte nicht aufhören, wollte dieses wunderschöne Gefühl nicht aufgeben. Seine Lippen kosteten immer mehr der weichen Haut und am liebsten hätte Seung-Hyun den anderen umgedreht und sie auf dessen Mund sinken lassen. Fast schon hatte er die Hand unter Ji-Yongs schlafenden Körper geschoben, um ihn an sich zu ziehen, doch ein leises Seufzen ließ ihn hochschrecken. Es war nicht das erregte Seufzen, das er in diesem Moment gerne gehört hätte. Es war der Laut, den ein Schlafender von sich geben konnte, wenn seine Ruhe gestört wurde. Langsam wurde Seung-Hyuns Kopf wieder klar und Schamgefühl stieg in ihm hoch. Er fühlte, dass das, was er getan hatte, falsch war, doch er wollte es auch nicht rückgängig machen. Zwiespältige Gedanken zerrissen ihm den Verstand. Doch mit dem bisschen, das ihm noch geblieben war, entschied er, dass er an dieser Stelle aufhören musste, wenn er sich nicht in eine sehr unangenehme Situation bringen wollte. Auch wenn er nicht die ganze Zeit das Gefühl haben konnte, Ji-Yong nur als Objekt benutzt zu haben. Sanft strich er diesem durch das dunkle Haar und war kurz davor, noch einen letzten Kuss auf seine Wange zu setzen, doch er hielt sich zurück. Weil es nicht richtig war. Stattdessen zog er die Decke unter dem Schlafenden hervor und breitete sie liebevoll über ihn. Er selbst konnte lange nicht schlafen, zu sehr war er gefesselt von dem süßen Gesicht auf der anderen Seite des Raumes. Selbst als Ji-Yong sich im Schlaf zur Wand drehte, konnte er seinen Blick nicht von ihm lösen. Viele Gedanken gingen ihm durch den Kopf, unzählige Phantasien. Auch Erinnerungen an Berührungen, die sie ausgetauscht und die Gefühle, die sie in ihm ausgelöst hatten. Seung-Hyun lag auch noch wach, als Young-Bae leise das Zimmer betrat und sich in sein Bett legte. Er konnte nicht sagen, wie spät es war, aber es war sehr spät, als er endlich die Augen schließen konnte. Jedoch auch seine Träume kreisten um seinen besten Freund. Den geliebten Menschen. Ji-Yong gähnte, während er ins Auto einstieg. Es war der Wagen, der ihn zu seinem ersten Termin bei der empfohlenen Physiotherapeutin bringen sollte. Er wusste, dass die Übungen zu seiner schnellen Genesung beitragen würden und doch hatte er wenig Lust dazu. Seung-Hyun hatte sich an ihrem letzten freien Tag - ab dem nächsten würden Big Bang zumindest zu viert wieder Termine wahrnehmen - an seine Seite gestellt. Der Jüngere hatte ihm gesagt, dass dies nicht nötig wäre, aber ihn plagte die Neugier und die Sorge. Er wollte selbst herausfinden, wie gut Ji-Yongs neuer Bodyguard war und er hatte sich vorgenommen, der Therapeutin ein paar Fragen zu stellen. Herr Park begrüßte sie freundlich, als beide zu ihm stießen. Da er älter war, siezten sie ihn, doch er bot ihnen an, da sie ja nun öfter zusammen wären, ihn zu dutzen, da dies sicher komfortabler wäre. Sogleich erschien er Ji-Yong um einiges netter, als bei ihrem ersten Treffen. Aber dort hatten sie auch nur wenig Zeit gehabt, miteinander zu sprechen. "Wir sind gleich da. Ich hoffe, wir werden einen Parkplatz in der Nähe finden. Da Seung-Hyun bei dir ist, wird es reichen, wenn ich mich im Warteraum der Praxis aufhalte. Aber wenn es dir lieber ist, wenn ich in der Stunde dabei bin, dann kann ich auch..." "Nein nein, ist schon OK. Du kannst draußen warten", erwiderte Ji-Yong und fiel ihm dabei ins Wort. Min-Ho schien wirklich alles zu überdenken. Das war professionell. Langsam hatte auch Seung-Hyun das Gefühl, dass seine Sorgen unbegründet waren. Wenige Minuten später hatten sie bereits einen Parkplatz nahe der Praxis gefunden. Min-Ho öffnete Ji-Yong sogleich die Tür und sah sich immer wieder um, auch während sie auf den Eingang zuliefen. "Guten Tag, Kwon Ji-Yong und Begleitung", kündigte der Bodyguard sie an der Rezeption an. Die Schwester blätterte in ihren Aufzeichnungen und hatte schnell den passenden Eintrag gefunden. "Bitte nehmen Sie noch einen Moment im Wartezimmer Platz, man wird Sie so schnell wie möglich aufrufen. Wir sind leider heute ein wenig in Verzug." Sie verbeugte sich leicht und deutete auf den anliegenden Raum. Min-Ho ging vor, setzte sich aber nicht, sondern blieb neben Ji-Yong stehen, immer wieder in die Praxis hinausspähend. Seung-Hyun spürte den Ellbogen seines Freundes in den Rippen, dann wisperte dieser: "Das macht er wirklich gut!" Wohl oder übel und ganz von seinem allgemeinen Vertrauen in die Sicherheitskräfte von YG-Entertainment abgesehen, musste er zustimmen. Also nickte er. Es dauerte nicht lange, bis die Schwester hereinkam und sie zum Behandlungsraum führte. Seung-Hyun erkundigte sich, ob es ein Problem darstellen würde, wenn er Ji-Yong begleiten würde und die Schwester überlegte kurz, verneinte dann aber. Der Raum war recht groß und bestand aus einem durch einen Schirm abgetrennten Bereich mit Liege und Wärmelampe und einem größeren Teil, in dem Matten und mehrere einfache Geräte lagen. Die Therapeutin war eine schlanke Frau mit zu einem Zopf gebundenen blond gefärbten Haaren, die noch sehr jung wirkte und die beiden freundlich begrüßte. Sie stellte sich ihnen als Jeon Hannah vor. "Wir werden mit einer einfachen Wärmebehandlung und einer leichten Massage zur Entspannung der Nacken- und Rückenmuskulatur anfangen, dann zeige ich ihnen Übungen und sage ihnen, welche sie wie oft zu Hause machen können. Würden Sie sich dann bitte frei machen und auf den Bauch legen?" Ein Schauer der Erinnerung ging durch Seung-Hyun, als der andere das T-Shirt über den Kopf streifte und er versuchte mit aller Macht nicht rot zu werden. Stattdessen wandte er sich der Therapeutin zu, die sich pietätvoll abgewandt hatte und stellte ihr ein paar Fragen. "Sagen sie, wenn er Schmerzen hat, kann ich ihn dann auch massieren? Könnten sie mir zeigen, auf was ich achten muss?" "Natürlich, ich werde Ihnen erklären was ich tue, wenn ich mit der Massage beginne." Sie zwinkerte ihm zu. "Auch bei den Übungen können Sie ein Auge darauf werfen, wie sie richtig gemacht werden und Herr Kwon notfalls korrigieren, wenn er sie zu Hause nachmachen sollte." Seung-Hyun nickte. Ji-Yong hatte es sich inzwischen auf der Liege bequem gemacht und wartete darauf, dass es endlich losging. Die Therapeutin deckte seine Beine zu und stellte die Wärmelampe so ein, dass sie seinen Nacken bestrahlte. "Sie sollten sich erst einmal entspannen. Unterdessen könnte Herr Choi mich vielleicht nach draußen begleiten." Frau Jeon lächelte freundlich, so freundlich, dass sie Seung-Hyun kaum eine Möglichkeit ließ, zu widersprechen. "Bitte, wenn es Ihnen nichts ausmacht, würde ich lieber hier bleiben." "Nun, wenn unser Patient nichts dagegen hat, können Sie dies natürlich", meinte sie und sprach dabei in Ji-Yongs Richtung. Dieser schüttelte sofort den Kopf ein wenig. "Ist OK. Er kann hier bleiben." Lieber hätte er die Worte 'Er soll hier bleiben' gewählt, doch dies würde vielleicht etwas zu dramatisch und einem Befehl gleich klingen, daher entschied er sich um. Das Wichtigste war, dass, als Frau Jeon den Raum verließ, sein Freund noch da war und ihm näher kam. Der Jüngere bewegte sich nun nicht mehr, damit die angenehme Wärme ihre Wirkung gut entfalten konnte, aber er wollte zumindest etwas sagen. "Danke, dass du mitgekommen bist. Mir ist... irgendwie nicht so wohl dabei, wenn ich den Raum nicht überblicken kann." "Das mache ich alles in eigenem Interesse", antwortete der Ältere mit einem Grinsen und setzte sich auf den Stuhl neben der Liege. Wieder tasteten seine Augen den nackten Rücken herunter und diesmal konnte er nicht verhindern, rot zu werden. Zum Glück hatte Ji-Yong seine eigenen Augen geschlossen. "Sag mal..." "Mh?" "Willst du jetzt mein persönlicher Heimtrainer werden?" Er hatte schmunzeln müssen, als Seung-Hyun die Therapeutin um Rat gefragt und sie ihm erklärt hatte, dass er ihn nicht nur massieren sondern auch überwachen könnte. Die Vorstellung war befremdlich. Sie hatten immer gemeinsam trainiert und jetzt sollte der Ältere ihm zusehen und ihm Anweisungen geben. Nicht, dass er sich dagegen sträuben würde und doch kam ihm dies alles so ernst vor. Ernster als er es zugeben wollte. "Ich will nur ein Auge auf dich haben", erklärte Seung-Hyun und versuchte es so beiläufig wie möglich klingen zu lassen, aber es war ihm sehr ernst damit. Er hatte sich in die Beschützerrolle eingefunden und fühlte sich sehr wohl darin. Umso wohler, da Ji-Yong ihn widerstandslos zu akzeptieren schien. Dass nun ein gewisser Min-Ho versuchte, ihm seinen Platz streitig zu machen, gefiel ihm zwar nicht besonders gut, aber auch damit würde er sich arrangieren können. Schließlich stimmte es: Er war für nichts dergleichen ausgebildetet und wie die Vergangenheit gezeigt hatte, stellte sein unausgeglichenes Temperament sich ihm von Zeit zu Zeit in den Weg. Lächelnd zog er seinen Stuhl näher an die Liege und legte seinen Kopf neben den seines Freundes. "Puh, ganz schön heiß hier drunter!" Der Rest der Stunde verlief recht ereignislos. Seung-Hyun stellte immer wieder Fragen, wollte alles ganz genau wissen und hatte zwischendurch das unbestimmte Gefühl, dass Frau Jeon ziemlich genervt von dem Besucher war, es sich aber nicht anmerken lassen wollte. Interessiert beobachtete er die krankengymnastischen Übungen und prägte sich die Erklärungen genau ein. Einmal kam ihm der Gedanke, dass nur noch ein Schreibblock und eine Brille fehlten und er würde wirken wie ein hochprofessioneller Inspektor irgendeiner physiotherapeutischen Monopolfirma. Fast hätte er laut losgelacht, schaffte aber, es sich zu verkneifen. Ihre Therapeutin verabschiedete sich schließlich kurz angebunden, da bereits ihr nächster Patient auf sie wartete und erklärte, sie sollten sich an der Rezeption einen weiteren Termin für diese Woche geben lassen, am besten schon für den übernächsten Tag. Seung-Hyun dachte daran, dass er seinen Freund dann wohl nicht mehr würde begleiten können und seufzte kurz. "Hyung, wir sind wieder da!", schallte Seung-Ris Ruf durch ihr Apartment, als er es als Erster betrat. Achtlos warf er seine Schuhe neben den Eingang, woraufhin ihm Dae-Sung einen leichten Schlag gegen den Kopf versetzte. "Wie oft hab ich dir schon gesagt, dass du das ordentlich machen sollst?" Der Jüngere verdrehte die Augen und hockte sich hin, um seine Schuhe in Reih und Glied neben die der anderen zu stellen. Dae-Sung nickte zufrieden und folgte Seung-Hyun in Richtung Wohnzimmer. Dieser vermutete, ihren Leader dort vorzufinden, welcher heute den zweiten Termin seiner Physiotherapie hatte antreten müssen. Der Rest von ihrer Gruppe wiederum hatte eine Pressekonferenz zum Thema ihrer neuen Single gegeben. Die Frage danach, wo sich denn 'G-Dragon' derzeit aufhalten würde, war natürlich wie erwartet gestellt worden, daher hatten sie schon vorab klären können, was sie antworten und wieviel sie verraten würden. Mit einem Seufzen beim Gedanken an schrecklich aufdringliche Journalisten öffnete Seung-Hyun die Tür. "Ji-Yonga?" Doch niemand befand sich im Zimmer. Der Fernseher war schwarz und das Sofa leer. "Vielleicht schläft er?", führte Dae-Sung an und lief hinüber zu seinem Zimmer, um nachzusehen. Aber auch dieser Raum war verlassen, Ji-Yongs Bett gemacht und nicht mehr angerührt worden. "Er müsste aber längst zurück sein." "Ich denke nicht, dass wir uns jetzt schon Sorgen machen müssen", beschwichtigte Young-Bae ihren Ältesten und zog ihn mit in die Küche, damit sie endlich etwas essen konnten. Seit zwei Stunden hatte er einen gigantischen Hunger und niemanden interessierte es, außer Seung-Ri. "Wann war sein Termin gleich?" "Um 11 Uhr." "Na dann ist er ja noch nicht mal seit einer Stunde fertig." "Ja schon, aber..." "Ich weiß, was du sagen willst. Warte einfach noch ein bisschen." Das 'bisschen Warten' stellte Seung-Hyuns Nerven allerdings auf eine harte Probe. Es war noch nicht lang her, dass Ji-Yong im Krankenhaus von diesem Verrückten 'besucht' worden war. Auch wenn er einen Aufpasser hatte, ihm war nicht wohl dabei, dass sein Freund nicht pünktlich war. Nach weiteren 15 Minuten hielt er es nicht mehr aus. Er zog sein Handy hervor und wählte Ji-Yongs Nummer. "Ich ruf ihn jetzt an und wenn er nicht sofort rangeht, dann-" Leise Musik drang durch den Flur zu ihnen herüber. Verwundert erhob der Älteste sich, noch mit seinem Handy am Ohr und lief in die Richtung, aus der sie kam. Die Melodie kam ihm seltsam bekannt vor und sie schien direkt hinter ihrer Eingangstür zu spielen. "Hallo?" Der Ton endete und er riss die Tür auf. "Ji-Yong!" Überrascht erblickte er den Jüngeren, welcher nicht weniger verdutzt im Flur stand, noch mit seinem eigenen Telefon am Ohr. "Hyung...ach, hast du mich etwa...?" Ji-Yong blickte nun endlich auf den Display des Telefons und erkannte Seung-Hyuns Namen. "Oh, welch ein Zufall." Min-Ho stand schräg hinter seinem Freund und verbeugte sich nun zum Gruß. Seung-Hyun tat es ihm gleich, noch immer etwas durcheinander. "Gut, da ich sehe, dass alles in Ordnung ist und die anderen bereits da sind, werde ich jetzt gehen. Solltest du mich heute noch brauchen, dann kannst du mich jederzeit erreichen." "Ja, danke. Und einen schönen Tag noch." Ji-Yong nickte seinem Bodyguard freundlich lächelnd zu und wandte sich dann um, um endlich ins Apartment zu treten. "Wo bist du gewesen?" "Wir waren nur noch etwas essen, sonst nichts." "Du hättest sofort nach hause kommen sollen", murmelte Seung-Hyun leicht gereizt und legte ihm eine Hand an den Oberarm. Der Jüngere war irritiert und ließ sein Handy in seine Tasche gleiten. "Aber Min-Ho war doch bei mir. Er ist wirklich nett und er hatte auch Hunger. Außerdem langweile ich mich hier zu Tode, also war es ganz angenehm. Mach dir keine Sorgen." "Du weißt, das ist leicher gesagt als getan, bei allem was in letzter Zeit passiert ist" Seung-Hyun schaffte es noch immer nicht, so freundlich zu klingen, wie er wollte. Aber gut, Ji-Yong hatte ja wohl das Recht, mit Min-Ho zu Mittag zu essen, wenn sie Hunger hatten. Nur wäre es ihm lieber, wenn er ihm vorher Bescheid geben würde. "Schreib mir einfach das nächste Mal kurz eine Mail, dann muss ich mir auch keine Sorgen machen." "Jaja, schon in Ordnung, werd ich machen", versprach Ji-Yong und streifte die Schuhe von den Füßen, um sie genau so stehen zu lassen, wie sie auf den Boden fielen. Sofort war Dae-Sung zur Stelle um auch ihn zurechtzuweisen. "Hyung, was bist du denn für ein Vorbild!? Stell sofort deine Schuhe richtig hin, wie alle anderen auch. Wenn du das nicht machst, wird Seung-Ri es nie lernen. Du weißt doch, dass er dir alles nachmacht!" Lachend schob Ji-Yong seine Schuhe einigermaßen gerade zur Seite, dann zog er seine Jacke aus und hing auch diese zur Seite. "Was ist denn jetzt, ich habe Hunger!" schallte es aus der Küche. Es war Young-Bae der einen Schrank nach dem anderen aufriss und nach etwas Essbarem suchte, wobei er allerdings nur mäßig Erfolg zu haben schien. "Na toll, mal wieder nichts außer Reis und Instantnudeln im Haus. Wer genau ist nochmal für den Einkauf verantwortlich?" "Wenn du mich so fragst, bist diese Woche du an der Reihe", stichelte Seung-Ri lachend und setzte sich auf den Küchentisch. Fast schon wollte Young-Bae sich umdrehen und ihn küssen, wenn auch nur kurz, aber da kamen bereits die anderen in die Küche und ließen sich ebenfalls um den Tisch herum nieder. "Ji-Yong hat schon gegessen, er war mit Min-Ho weg", informierte Seung-Hyun sie, auch wenn er mal wieder das Gefühl hatte, dass es eigentlich keinen interessierte. "Was gibt es?" "So wie es aussieht, müssen wir mal wieder was bestellen", seufzte Young-Bae. "Seung-Ri! Sofort gehst du mit deinen dreckigen Straßenklamotten vom Tisch runter, wir ESSEN davon!" Dae-Sung versuchte mit aller Kraft den Jüngeren vom Tisch zu stoßen, doch dieser wehrte sich lachend. "Mach doch nicht gleich so einen Aufstand!" "Ya, Dae-Sungi", Ji-Yong zog ihn von Seung-Ri weg, "wirst du Mutter oder was sind das für Anwandlungen, die du in letzter Zeit hast?" Alle bis auf Dae-Sung brachen in schallendes Gelächter aus, aber auch er konnte sich ein schiefes Grinsen nicht verkneifen. "Ich bin nur dafür, dass ihr ein bisschen mehr Ordnung haltet, das ist alles!" "Und ich dachte immer, Young-Bae wäre unsere Haushälterin!" Nach einem ausgewogenen Mittagessen, welches aus einer Lieferung Jajjangmyeong bestanden hatte, war die Gruppe äußerst schläfrig ins Wohnzimmer getaumelt, um sich dort etwas Ruhe zu gönnen. Young-Bae beobachtete dabei die gesamte Zeit Seung-Ri, welcher, den Rücken an das Sofa gelehnt, eine Zeitschrift durchblätterte. Erneut ergriff ihn der Wunsch, mit diesem allein zu sein und so begann es, in seinem Kopf zu arbeiten. Und eine Idee ließ nicht lang auf sich warten. "Also da heute nichts mehr ansteht, melde ich mich freiwillig, doch noch einkaufen zu gehen. Damit wir wenigstens mal wieder irgendwas da haben. Würde mich jemand begleiten?" Alle hatten die Köpfe erhoben, aber sie schienen nicht wirklich zu verstehen, was er von sich gab. Mittagsmüdigkeit war der Mörder jeglicher Gehirntätigkeit. Sein Blick erfasste Seung-Ri, welcher etwas hellhöriger geworden war und er hob die Augenbrauen. "Seung-Ri, du vielleicht?" "J-ja, ich helfe dir. Ich brauche sowieso frische Luft." "Gut, dann los." Noch bevor die anderen ganz verstanden hatten, was vor sich ging, waren beide bereits an der Eingangstür. "Seid vorsichtig ja?", warnte Seung-Hyuns Stimme sie noch vom Wohnzimmer her. Beide grinsten wissend und nickten sich zu. "Aber natürlich!" Die Straßen waren erfüllt mit Menschen, wie eigentlich immer nachtmittags. Sie begrüßten den neuen Wachmann vor ihrer Tür und machten sich dann auf den Weg zur U-bahn. Da es unter der Woche und mitten in der Unterrichtszeit war, war die Chance gering, dass sie auf Fans treffen könnten, trotzdem hatten sich beide mit einer Kopfbedeckung getarnt "Wo fahren wir hin?" "Zum Markt, dachte ich." "Oh...", war Seung-Ris enttäuschte Antwort und er senkte den Blick. Sofort nahm Young-Bae seine Hand und lächelte ihn an. "Keine Angst, vorher gehen wir noch woanders hin. Aber nicht für lang, sonst machen sich die anderen noch Sorgen." Mit diesen Worten zog er den Jüngeren in die Bahn. Mit klopfendem Herzen lehnte sich Seung-Ri gegen die Waggontür, die sich gerade hinter ihm geschlossen hatte. Er hatte sich sehr nach diesem Moment gesehnt. Seit Young-Bae ihm versprochen hatte, dass er ihn "an einen schönen Ort einladen" würde, war kein Tag vergangen, an dem er sich nicht die wildesten Geschichten ausgedacht hatte und nun sollte der Moment also endlich gekommen sein. Seung-Ri konnte sein Glück kaum fassen. Er wollte irgendetwas sagen, um es deutlich zu machen, doch ihm fehlten die passenden Worte, was in der unromantischen Atmosphäre der Seouler U-Bahn auch nicht weiter verwunderlich war. Doch eigentlich musste er auch nichts sagen, denn seine vor Glück strahlenden Augen sprachen Bände. Young-Bae nahm unauffällig die Hand des anderen in die seine und streichelte sie sanft. Auch ihm klopfte das Herz bis zum Hals, wenn man es ihm auch weit weniger ansah als dem Jüngeren. Beiden war in diesem Moment klar, dass sehr bald der Zeitpunkt erreicht sein würde, an dem sie sich ernsthaft über das unterhalten müssten, was zwischen ihnen vor sich ging. Aber in diesem Augenblick der Vorfreude schien dies so unwichtig, unwirklich und banal, dass sie nicht lang ihre Gedanken daran verschwendeten. "Wir sind da!" Sie waren nicht weit gefahren, aber Seung-Ri bemerkte, dass er noch kein einziges Mal in dieser Gegend gewesen war. Die Bauwerke um die Station herum waren groß, imposant und sahen sehr edel aus, weswegen der Jüngere sich in schlampiger Alltagskleidung so fühlte, als würde er nicht hierher gehören. Young-Bae, der noch immer seine Hand hielt, zog ihn grinsend auf den Eingang eines der fast turmhohen Häuser zu. Davor war ein teurer roter Läufer ausgerollt. Ein Hotel! Seung-Ris Herz schlug noch ein wenig schneller und er hörte das Blut in seinen Ohren rauschen. Das konnte ja nur bedeuten, dass... Er dachte den Gedanken nicht zuende, wollte alles, was kommen sollte, einfach kommen lassen. "Ich habe gebucht. Ein Zimmer auf den Namen Dong Young-Bae." Die Rezeptionistin, welche fast noch steifer wirkte als der Portier, nickte knapp und händigte ihnen eine Schlüsselkarte mit emailliertem Anhänger aus und wies in Richtung des Fahrstuhls. "Oberstes Stockwerk, bitte. Wenn Sie Gepäck haben, der Portier wird Ihnen-" "Nein danke, kein Gepäck!", unterbrach Young-Bae sie und verschwand schneller, als die Frau es registrieren konnte mit seinem Freund im Fahrstuhl. Als die Türen sich lautlos hinter ihnen schlossen, konnte der Ältere sich nicht mehr zurückhalten. Er schlang die Arme um Seung-Ri und zog ihn an sich, um ihn leidenschaftlich zu küssen. Dass ihm dabei die Mütze vom Kopf rutschte, bemerkte er gar nicht. Sanft ließ er seine Zunge in den leicht geöffneten Mund des anderen eintauchen. Erst als der Fahrstuhl mit einem leichten Ruck stehen bliebt, lösten sie sich wieder von einander. Beide atmeten schwer und Seung-Ri hatte es die Hitze ins Gesicht getrieben. Kichernd schlang er den Arm um Young-Baes Hüfte, als sie durch den kleinen, mit dickem roten Teppich ausgelegten Flur wankten und ein wenig kam er sich vor wie ein verliebtes Schulmädchen kurz vor dem ersten Mal. Und vielleicht traf diese Metapher die Situation doch ganz gut. Ihm verschlug es die Sprache, als sie in das riesige Zimmer eintraten. Es war recht puristisch eingerichtet, aber doch sehr edel und geschmackvoll. Das Schlafzimmer war riesengroß, allein das Bett schien größer als der Raum, den er sich sonst mit Dae-Sung teilte. Ihm musste der Mund offen stehen geblieben sein, denn Young-Bae lachte und versetze ihm einen weiteren Schock. "Warte, bis du erst das Bad siehst!" "Oh mein Gott, das hier reicht schon. Das muss doch ein Vermögen gekostet haben.” Sein älterer Freund verschloss ihm mit einem Kuss die Lippen und schob ihn sanft aber bestimmt in Richtung der Badezimmertür. Als er sie öffnete, schwand Seung-Ri der Atem. Das Bad war komplett verspiegelt, mindestens zehn Quadratmeter groß und bestand zur Hälfte aus einem riesigen Jakuzzi. Daneben waren große Handtücher ausgebreitet und noch nicht angezündete Kerzen sowie Rosenblätter waren über den gesamten Raum verteilt. Wäre es nicht so unglaublich romantisch gewesen, dachte Seung-Ri, hätte man es fast für kitschig halten können. "Das ist... unglaublich...", flüsterte er und dann bemerkte er noch etwas: eine Schale Erdbeeren und eine Flasche Champagner von ungewöhnlich großem Ausmaß. Ihn beschlich die leise Vermutung, dass aus einem "schnell wieder nach Hause kommen" nichts werden würde. "Na Seung-Riya, Lust auf ein Bad?", fragte Young-Bae mit verführerischer Stimme, wobei er von hinten die Arme um den Jüngeren schlang und begann sanft seinen Nacken zu küssen. "Ja, lass uns ein...Bad nehmen...", entkam es ihm halb erstickt. Noch immer konnte er nicht fassen, was er vor sich sah. Die Haut in seinem Nacken wurde glühend heißt und er verfiel den Liebkosungen des Älteren sofort. Young-Bae führte diese auch trotz Seung-Ris Antwort noch etwas weiter, ließ sie intensiver werden. Es waren nun nicht mehr nur seine Lippen, die sich dem süßen Hals widtmeten, sondern auch seine Zunge, die ab und an hervorblitze. Währenddessen ließ er sich alle Zeit, die Jacke von den schmalen Schultern zu streifen und begann damit, die Hemdknöpfe über der sich schwer hebenden und senkenden Brust zu öffnen. Mit jedem Einzelnen war es dem Älteren möglich, einen neues Stückchen Haut freizulegen, das er mit Küssen übersähen konnte. Obwohl sie erst begonnen hatten, kam es Seung-Ri so vor, als würde er bereits zu Anfang verrückt werden. Jetzt, wo er wusste, dass sie wirklich ungestört waren, dass Young-Bae dies alles für sie hatte vorbereiten lassen, tummelten sich Nervosität wie Erregung gleichermaßen in ihm. Er wusste nicht, was er zuerst denken sollte. "Hyung...", presste er hervor und seufzte wohlig auf. Sofort grinste der andere und ließ nun endlich von ihm ab. "Na dann werde ich uns mal etwas zu trinken eingießen.", sagte sein Freund mit einem vielsagenden Grinsen und nicht ohne seine Hand über den Hintern vor sich streicheln zu lassen. "Und wehe du legst auch nur eine Hand an deinen eigenen Körper." Drohend zeigte Young-Baes Finger auf den Jüngeren, welcher ihn leicht erschrocken ansah und dann noch ein kleines bisschen mehr errötete. Er war so unschuldig. Fast fragte der Ältere sich, ob er ihn wirklich derart verführen könnte. Dann betrachtete er ihn wieder. Die roten Wangen, das halb offene Hemd, welches ihm bereits von der Schulter fiel, die langen schlanken Beine...ja, er konnte! Mit diesem Gedanken reichte er seinem süßen Freund das Glas gefüllt von goldenem Saft und zog ihn an sich, um sich gemeinsam mit ihm für einen kurzen Moment neben dem Jacuzzi niederzulassen und mit ihm anzustoßen. Young-Bae langte über den Rand des Beckens und drehte den Wasserhahn voll auf. Die Wanne war groß genug, sodass sie in Ruhe in Stimmung kommen könnten, bis sie vollgelaufen war. Sie ließen leise die Gläser klirren. Er nahm einen tiefen Schluck des süßen Schaumweines, während Seung-Ri nur leicht daran nippte. Lange konnten sie ihre Finger allerdings nicht voneinander lassen. Young-Bae hatte sein Glas noch nicht einmal zur Hälfte geleert, als er es schon nicht mehr aushielt. Er fasste den anderen am Hinterkopf und zog ihn stürmisch zu sich heran. Fast hätten sie beide das Gleichgewicht verloren und wären in die Wanne gekippt, aber dies geschah nicht. Sie stellen ihre Gläser auf den Boden und sahen sich einen kurzen Augenblick in die Augen, es war nur allzu klar, was beide wollten. Dann trafen sich ihre Lippen. Kapitel 10: We belong together ------------------------------ Erst küssten sie sich zärtlich, dann wilder, leidenschaftlicher, wollüstiger. Fast wie von selbst wanderten Seung-Ris Hände unter das T-Shirt des Älteren, kosten den festen Bauch, schoben den Stoff immer höher, bis sich ihre Lippen voneinander lösten und er ihm das Oberteil über den Kopf streifte. Young-Bae erhob sich von dem Badewannenrand und zog den anderen bestimmt mit sich. Seine Hände wanderten streichelnd über seinen Rücken während sie sich erneut küssten, dann weiter nach unten, verschwanden unter dem Hosenbund. Seung-Ri stöhnte leicht auf, als er die kräftige Hand an seinem Hintern fühlte und ein wohliger Schauer ging durch seinen ganzen Körper. Langsam öffnete er die Knöpfe der Hose des anderen, die ihres Haltes beraubt zu Boden glitt. Nur kurze Zeit später waren sie beide nackt, standen noch immer in der Mitte des Badezimmers und küssten sich. Der Jacuzzi war inzwischen voll, doch das bemerkten sie kaum. Völlig entblößt, Haut auf Haut reibend. Das war eine neue Erfahrung, die Seung-Ri regelrecht überwältigte. Seine Hände entwickelten ein Eigenleben, in welchem es keine Scham gab. Sie ertasteten jeden Punkt, jede Kurve, jeden Muskel an Young-Baes Oberkörper und er nahm all die Eindrücke in sich auf, wieder und wieder in den Kuss keuchend. Der Ältere fühlte, dass Seung-Ris Bewegungen neugierig und eine Spur unsicher waren, doch er liebte jede Berührung, die dieser ihm schenkte. Ohne ihren Kuss zu lösen, zog er seinen Freund wieder zur Badewanne und erst dort trennten sie sich voneinander, um hineinsteigen zu können. Er ließ dem Jüngeren den Vortritt, nicht uninteressiert seinen Po betrachtend, bevor er ihm in das warme Wasser folgte. Der Dampf, der von der Oberfläche aufstieg, umhüllte sie beide und schien sie von aller Vernunft abzuschotten. Auf Seung-Ris seidiger gebräunter Haut glänzten Wasserperlen und Young-Bae hielt es nicht aus. Er konnte dies nicht einfach nur mit seinen Augen genießen. Begierig packte er die Oberarme des Jüngeren und stieß ihn, vielleicht etwas zu forsch, gegen den Rand. Seine Zunge fand sich an dessen Schlüsselbein wieder und las dort die Tropfen auf, bevor sie verschwinden konnten. Jetzt hatte er Blut geleckt. Seung-Ri entließ sofort ein überraschtes Keuchen, nahm den Schmerz an seinem Rücken aber nicht wahr. Young-Baes Zunge hinterließ eine Spur, die sich in ihn zu brennen schien. Und sie endete nicht. Er hatte keine Chance, als ihn sein älterer Freund stärker gegen die Wand presste und dessen Lippen seine Brustwarze umschlossen, die auch ohne jede Berührung hart geworden war. Als Young-Bae seine Zähne in die rosige Erhebung fahren ließ, war ein Stöhnen seine Belohnung. Ein Stöhnen, das so wunderschön war, das er es noch einmal hören wollte. Und so entlockte er es Seung-Ri einmal, zweimal, unzählige Male, indem seine Zunge immer intensiver und seine Hände immer dreister wurden. Sie kosten den kleinen Po, massierten ihn, was mitreißende Schauer durch dessen Körper jagte. Irgendwann hatte der Ältere genug von der Brust seines Freundes. Er musste ihn weitertreiben, ihm zeigen, welche Freuden er ihm bereiten konnte. Mit kräftigem Griff packte er die Oberschenkel und schob den Jüngeren, dessen Kopf sich sehr benebelt anfühlte, ein Stück nach oben. Eine angenehme Kühle erreichte seine nasse Haut und ließ ihn zusammenfahren. Young-Baes Hände hielten seine Beine noch immer, während Seung-Ris zitternd durch dessen Haar fuhren und daran zerrten. Aber ihm wurde keine Pause gegeben. Wieder war es die Zunge des Älteren, welche ohne jede Vorwarnung in seinen Bauchnabel stieß und sich darin wandte. Unkontrolliert bog sich der Rücken des Jüngeren nach hinten. Er stöhnte langgezogen auf und lehnte dabei halb über dem Rand der Wanne. Es müsste schmerzen, das wusste er, aber er spürte nichts außer Erregung und Hitze. Während Young-Bae feuchte Küssen auf dem Bauch des anderen verteile und er ihn mit einer Hand festhielt, wanderte die andere von seinem Hintern über seinen Oberschenkel, wo sie kurz verweilte, doch dann jegliche Beherrschung fallen ließ und zwischen den Beinen des anderen untertauchte. Seung-Ri schlang die Arme um den Oberkörper des anderen und bemerkte gar nicht, wie sich das streichelnde Klammern verwandelte und er blutige Striemen auf dem Rücken des anderen hinterließ. "Ah... Hyung..." Die Töne, die Seung-Ri von sich gab, klangen so wollüstig, dass er nicht mehr an sich halten konnte. Er küsste noch einmal die geöffneten, feuchten Lippen, dann packte er ihn kurzerhand an der Hüfte und drehte ihn um. Der Jüngere, der nun den kalten Marmor unter seiner Brust spürte, wusste kaum wie ihm geschah, die Erregung hatte ihm jegliches Denken genommen, doch da war doch noch etwas... Er spürte die Zähne Young-Baes, die sich in sein Schulterblatt gruben und ein kleiner, lustvoller Aufschrei entfuhr ihm. Er war nur noch da, um zu spüren. Sein gesamter Körper war Empfindung. Und er wollte Young-Bae, wollte alles, was dieser ihm zu geben hatte. Seung-Ri spürte die Hand des anderen, die sich streichelnd wieder seiner erregbarsten Stelle näherte. Keuchend presste er sich fester an den anderen, versuchte den Kopf zu drehen, wieder seine Lippen zu schmecken, doch er schaffte es nicht. In seinem Kopf drehte sich alles. Mit jeder Bewegung schwappte ihnen heißes Wasser um die Hüften. "Wollen wir... wirklich hier?", presste Seung-Ri schwer atmend hervor. "Ich will dich jetzt und hier..." Diese wenigen Worte waren derart schmutzig und erotisch, dass der Jüngere ihnen nichts entgegen zu setzen hatte. Wenn sein Freund es so wollte, dann sollte er seinen Körper nehmen und damit nach Belieben verfahren. Young-Bae spürte, dass Seung-Ri leicht befangen ihrem Tun gegenüber wurde. Er hatte keine Hemmungen, seine Gefühle zu zeigen und doch war es sicher ungewohnt, unter diesen Umständen, auf diese Art. Doch er war schon viel zu erregt, um sich jetzt noch bremsen zu können. Er würde ihm nicht weh tun, niemals. Er würde ihm den schönsten Moment seines Lebens bescheren. Da von dem Jüngeren keine Proteste mehr kamen, begann er seine Beine zu spreitzen. Wieder waren es Young-Baes Zähne, die sich in der Haut vergruben, jedoch diesmal nicht nur zum Vorspiel, sondern zur Ablenkung. Als der Jüngere ein weiteres Mal aufschrie, drängte er seinen Finger tief in ihn hinein, um ihn lustvoll zu weiten. Das befremdliche Gefühl bemerkte der Jüngere erst, nachdem die Zähne seines Freundes sich wieder zurück gezogen hatten. Und er konnte nicht sagen, dass es ihm missfiel. Der unterschwellige Schmerz in der Berührung verschwand schnell und er drängte sich unersättlich keuchend gegen den Finger Young-Baes. Jetzt konnte der Ältere sich sicher sein, dass er das Richtige tat. Sein zuckersüßer Freund hatte sich ihm gegenüber willenlos geöffnet und er nahm die Einladung mit Freuden an. Er zog seine Finger wieder aus ihm zurück und griff mit der Hand dessen Hüfte, um sogleich in ihn einzudringen. Seung-Ri schrie vor Schmerz auf und verkrampfte sich, doch der Ältere stieß gleich ein zweites Mal in ihn. Ein weiterer Schrei folgte und Seung-Ri glaubte, er würde ohnmächtig werden. Jedoch widmete sich ihm die andere Hand seines Freundes weiterhin intensiv, sodass er zwischen Lust und Schmerz hin und her gerissen war. Aber auch dieser verschwand mit jeder neuen Bewegung in ihm ein bisschen mehr, sodass es bald nur noch ihr wolllüstiges Stöhnen und das Plätschern des heißen Wassers zwischen war, das den Raum erfüllte. Young-Bae musste darauf achten, vor lauter Verlangen nicht die Kontrolle zu verlieren und seinen Freund zu verschrecken. Aber Seung-Ri selbst war es bereits egal geworden. "Hyung...bitte schneller..." Mit diesen Worten beseitigte er das letzte bisschen Verstand, welches in Young-Baes benebeltem Kopf noch überlebt hatte. Er ließ alle Hemmungen fallen und stieß so kraftvoll in ihn, dass ihre beiden Körper in Ekstase erbebten. Das Blut schoss zwischen seine Lenden und er spürte wie die Muskeln des Jüngeren sich zusammenzogen. Ein Schlag fuhr durch diesen hindurch und er stöhnte voll Begierde auf. Kurz danach erklang Young-Baes befreiendes Stöhnen hinter ihm. Beide sackten zusammen und hielten inne, um wieder Atem zu schöpfen. Vor Seung-Ris Augen tanzte ein Feuerwerk aus bunten Punkten, er konnte nichts mehr sehen, spürte nur noch den anderen. Seine Stirn berührte die kalten Fliesen unter ihm, der Bewusstlosigkeit nahe. Noch immer schwer keuchend löste Young-Bae sich von dem Freund, hielt ihn aber weiter in seiner Umarmung gefangen. Auch er lehnte sich gegen den Rand der Wanne, ließ seinen Nacken durch die kalten Fliesen abkühlen. Dann zog er Seung-Ri wieder näher an sich, küsste ihn sanft und streichelte ihm durch das Haar, das nass war von Schweiß und Wasser. Kapitel 11: Stay ---------------- Seung-Ri kehrte langsam in die Wirklichkeit zurück, die Farben vor seinen Augen lösten sich auf. Er spürte die Lippen des anderen und eine neue Welle des Verlangens spülte seine Erschöpfung hinfort. Er rutschte ein wenig näher an den anderen heran und beugte sich über ihn, um ihn zurückzuküssen. "Du hast wohl immer noch nicht genug", raunte Young-Bae und hob ihn auf seinen Schoß. Im Wasser wirkte er federleicht. Seung-Ri grinste nur, schlang die Arme um Young-Baes Hals und verteilte heiße Küsse auf seiner Wange und seinem Nacken. Er fühlte, dass das hier richtig war, dass es nie etwas in seinem Leben gegeben hatte, das sich besser angefühlt hatte. "Ich glaube, ich werde niemals genug von dir haben." Young-Bae jagte es einen wohligen Schauer durch den Körper, denn das selbe hatte er auch gedacht, als er Seung-Ri gespürt hatte. Er würde hiervon niemals genug bekommen. Zärtlich küsste er den sehnigen Hals seines Freundes, biss leicht hinein, achtete aber darauf, keine verräterischen Male zu hinterlassen. In diesem Moment wollte er nichts mehr, als seinen Freund noch ein weiteres Mal zu spüren, für immer hier zu bleiben in ihrer eigenen kleinen Welt, ihrem Hotelzimmer, doch zu seinem Bedauern kroch langsam der Verstand in seinen Kopf zurück. Sie hatten ihre Stunde gehabt und sie würden sie definitiv wiederholen, doch es wurde Zeit, dass nicht nur ihre Gedanken sondern auch ihre Körper in die Wirklichkeit zurückkehrten. Zudem wurde das Wasser langsam kalt. Zärtlich küsste er Seung-Ri noch ein weiteres Mal, streichelte sanft seinen Nacken, seinen Rücken, dann löste er sich von ihm. "Wir müssen gehen..." Er konnte in den Augen des anderen wahres Bedauern lesen. "Ich würde so gerne noch länger bleiben." "Wir werden das hier so schnell wie möglich wiederholen", versprach Young-Bae und lächelte sanft. Auch wenn die Erregung langsam abebbte, sein Herz machte jedes Mal einen kleinen Hüpfer, wenn er Seung-Ri sah und er war sich sicher, dass das hier mehr als nur simples Verlangen war. Seufzend erhob Seung-Ri sich von seinem Freund, der sich nicht zurückhalten konnte und noch einmal die Arme um ihn schlang und ihn in die Pobacke biss, als er über den Rand des Jacuzzis steigen wollte. Der Jüngere lachte und küsste den anderen erneut. Dann schnappte er sich ein Handtuch, um seinen Körper trockenzureiben, doch sofort stand Young-Bae hinter ihm und nahm es ihm aus der Hand. "Habe ich nicht gesagt, du sollst nicht Hand an deinen eigenen Körper legen?", fragte er breit grinsend und begann seinerseits den anderen mit dem weichen Tuch zu trocknen. Seung-Ri war froh, dass der Zauber zwischen ihnen nicht verloschen war. Und er betete, dass es so bleiben würde. Er fürchtete, dass, wenn sie dieses Zimmer verließen, die graue Realität alles davonwischen würde. Dass Young-Baes Gefühle für ihn vielleicht doch nur von dieser kurzen Dauer wären und mit dem heutigen Tag verschwinden würden. Sie gingen hinüber ins Schlafzimmer, um sich umzuziehen, wobei sie sich in die bereit liegenden Bademäntel gehüllt hatten. Das Badezimmer war nahezu überschwemmt und die Rosenblüten klebten jetzt unangenehm an ihren Füßen. Als Seung-Rin das riesige Bett sah, schien es ihn regelrecht zu rufen. Young-Bae hatte ihm derart viel abverlangt, dass seine Beine ihn nicht mehr ganz tragen wollten. Er wusste, dass sie gehen mussten, aber sein Körper bewegte sich wie von selbst und ließ sich schwer in die Kissen fallen. Der Ältere beobachtete den schlurfenden Schritt seinen Freundes mit leichter Sorge. War er doch zu hart gewesen? Vorsichtig setzte er sich neben die erschöpfte Gestalt auf das Bett und strich ihm noch einmal durch das dunkle Haar. "Du siehst müde aus. Willst du schlafen?" "Am liebsten ja, aber wir müssen los..." Der Ältere seufzte bei diesen Worten und kratzte sich am Kopf. Vielleicht könnten sie doch noch etwas bleiben. Er könnte ihnen beiden noch ein wenig mehr Zeit kaufen. "Ich werde die anderen anrufen und ihnen irgendwas erzählen. Überlass das mir. Dann haben wir noch mehr Zeit für uns." "Aber Hyung-" "Shht~ schlaf jetzt." Damit legte sich sein Zeigefinger auf die rosé-farbenen Lippen und brachte sie zum schweigen. Seung-Ri sah ihn zweifelnd an, da er nicht wusste, ob dies eine gute Idee war, aber Young-Baes streichelnde Hand und dessen Lächeln beruhigten ihn so sehr, dass er schon nach wenigen Minuten fest eingeschlafen war. Er wusste nicht, wie lange er dem Schlaf verfallen war, als er wieder erwachte. Ein unschönes Gefühl hatte ihn geweckt. Ein Gefühl von Kälte, das sich aus seinem Traum bis in die Realität zu ziehen schien. In diesem Traum war er allein gewesen und nun, wo er erwachte, musste er festellen, dass dies die Wirklichkeit war. Young-Bae, von dem er gehofft hatte, dass dieser neben ihm liegen oder zumindest auf dem Sofa sitzen würde, war gegangen. Seung-Ris Augen wanderten suchend durch den Raum. Dessen Kleidung war fort, sein Bademantel war achtlos über die Sofalehne geschmissen worden. Er war einfach gegangen, ohne ihn zu wecken. Warum? Plötzlich keimte in dem Zurückgelassenen ein furchtbarer Gedanke, den er nicht aufhalten konnte. Seine Hand an seine Stirn legend kniff er die Lider fest zusammen und schüttelte den Kopf. "Nein, nein, nein! Ich...Idiot!" Es schien genau das eingetroffen zu sein, was er schon seit ihrem ersten Kuss befürchtet hatte. Es gab keine Gefühle, das war ein dummer Wunsch. Er sollte es realistisch sehen, versuchte er sich zu überzeugen. Sie hatten eine Weile ihren Spaß gehabt und nun war es vorbei. Er sollte aufhören zu träumen. Wie hatte er sich das auch vorgestellt? Er mit Young-Bae, für immer in Liebe vereint? Zu kitschig. Zu kitschig... Tränen begannen über seine Wangen zu rollen. Es waren viele und sie waren unaufhaltsam. Energisch wischte er sie weg. "Hör auf zu heulen!", schimpfte er mit sich selbst. Doch er konnte es nicht. Mit bebendem Körper vergrub er das Gesicht in den über den Knien verschränkten Armen. Irgendwo in ihm war ein Hahn geöffnet worden, der durch nichts mehr zu schließen zu sein schien. Er war so dumm gewesen, so unendlich dumm und nun musste er damit klarkommen. Angst stieg in ihm auf, als er daran dachte, wie er sich Young-Bae gegenüber verhalten sollte, wenn er nach Hause zurückkäme. Vielleicht sollte er dieses dumme Hotelzimmer wirklich einfach nicht mehr verlassen. Er wurde durch ein leises, aber eindeutiges Geräusch aus seinem Selbstmitleid aufgeschreckt: die Klinke! Schnell wischte Seung-Ri sich die Tränen aus dem Gesicht. Das konnte doch nicht... sicher nur das Zimmermädchen, dass die Sauerei hinter ihnen aufwischen sollte und die ihn nun vor die Tür setzen würde. Aber es war Young-Bae, der grinsend und leise eine Melodie summend ins Zimmer trat. Seung-Ri war so verblüfft, dass er einfach sitzen blieb und den anderen anstarrte, als wäre er ein Geist. "Na, du bist ja schon wieder wach, ich dachte... sag mal, hast du etwa geweint?" Young-Bae trat näher an den anderen und strich ihm sanft über die noch feucht glänzenden Wangen. Er ließ die Tüte fallen und hob auch die andere Hand an Seung-Ris Gesicht. Es in den Händen haltend küsste er sehr zärtlich seine Stirn, dann strich er ihm das noch feuchte Haar zur Seite. "Sag, habe ich dir weh getan?" Seine Augenbrauen hoben sich sorgenvoll. "Nein, ich... ich bin aufgewacht und du warst nicht da und ich dachte..." Seung-Ris Stimme versagte ihm und plötzlich kam er sich sehr albern vor. "Du dachtest, ich wäre gegangen?" Der Ältere bemerkte, wie der andere seinem Blick auswich und wie wieder salzige Tränen in seinen Augenwinkeln schimmerten. Er küsste sie weg und nahm ihn wieder in den Arm. Seung-Ri hörte, an die Brust seines Freundes gekuschelt, den gleichmäßigen Herzschlag und fühlte sich auf einmal wieder sehr geborgen. Er war ein von Zweifeln befallener Dummkopf! "Es tut mir leid.", wisperte Young-Bae und streichelte ihn sanft, "Ich hätte nicht einfach verschwinden dürfen, kein Wunder, dass dir solche Gedanken kommen. Ich wollte dich nicht aufwecken, als ich die anderen angerufen habe und dann habe ich uns etwas zu essen geholt." Er setzte sich zu Seung-Ri auf das Bett, nahm dessen Hände in die seinen und bemerkte, dass sie leicht zitterten. Er sah dem anderen ernst in die Augen. "Das, was ich dir jetzt sage, habe ich noch keinem Menschen zuvor gesagt und ich möchte, dass du mir genau zuhörst." Young-Bae holte tief Luft, sein Herz und seine Gefühle fuhren Achterbahn mit ihm. Auf dem Gesicht seines Freundes breitete sich atemlose Anspannung aus und er empfand ihn dabei als sehr süß aussehend. "Seung-Riya... Ich liebe dich!" Trotzdem der Jüngere sich ein solches Geständnis erhofft hatte, machte es ihn doch für einen Moment sprachlos. Ein Moment, den Young-Bae ihm ließ, um es zu verstehen. Es sickerte nur langsam in jede Faser seines Körpers, bis es auch in seinem Herz angekommen war, welches in dieser Sekunde seinen Rhythmus zu unterbrechen und neu zu beginnen schien. "Das ist die Wahrheit... kein Traum, oder?" Der Ältere lächelte und nickte. Dieser verdutze Gesichtsausdruck, welcher sich ihm bot, war wirklich zu liebenswert. Seine Arme schlangen sich erneut um den Jüngeren, ohne seine Antwort abzuwarten. "Die Wahrheit und nichts als die Wahrheit," wisperte er in sein Ohr, wobei sein Atem dieses umschmeichelte. Seung-Ri spürte, wie sich eine Gänsehaut von diesem Punkt her ausbreitete und seinen Rücken herunter lief. Dies brachte seinen Kopf wieder in Schwung. Er konnte es kaum fassen, wie viel Glück ihm dieser graue Tag zu bescheren schien. Fast zu viel, als dass er es verdient hätte. Noch ein paar Tränen der Freude waren es, die sich nun aus seinen Augen stahlen, aber auch diese küsste Young-Bae davon, konnte allem Anschein nach gar nicht mehr aufhören, ihn mit seinen Lippen zu berühren. "Ich liebe dich auch. Schon sehr lange. Ich will dich schon so lang für mich...", gestand er nun endlich und es war, als würde endlich alles aus ihm herausgespült werden, was er geheim gehalten hatte. Seung-Ri war glücklich. Ineinander verschlungen ließen sie sich nach hinten auf die weiche Matratze fallen. Endlich war es heraus und es war gut gegangen. Endlich waren diese elenden Zweifel weggewischt, die auch Young-Bae geplagt hatten. Er musste sich immer wieder, wenn er alleine einschlief, fragen, ob es nicht bloß eine Phase war, ob Seung-Ri sich nicht vielleicht nur ausprobieren wollte. Und nun hatte er endlich Gewissheit. Die unbändige Freude schien im beinahe den Brustkorb zu sprengen und er konnte sie nur mit einem lauten Jauchzer zähmen, der sich auf einmal seiner Kehle entrang. Er zog den Jüngeren wieder fest an sich und bedeckte sein Gesicht mit Küssen, die mit großer Freude erwidert wurden. Und nur mit Widerwillen warf er schließlich einen Blick auf seine Armbanduhr woraufhin er stöhnend verkündete, dass es schon spät war und sie langsam gehen mussten. "Ich will aber hier bleiben!", beschwerte sich Seung-Ri lachend und legte sich quer über den Bauch des anderen, um ihn im wahrsten Sinne des Wortes ans Bett zu fesseln. Doch er musste natürlich einsehen, dass sie nicht ewig hierbleiben konnten. Auch er zog sich endlich an, auch wenn ihm Unwillen und Bedauern ins Gesicht geschrieben standen. Sie nahmen sich noch kurz die Zeit, die inzwischen eiskalten Hühnerspieße zu essen, die Young-Bae für sie besorgt hatte, dann hasteten sie los. Seung-Ri musste sich sehr zurückhalten, nicht den ganzen Weg über an seinem Freund zu kleben und so die Blicke aller Passanten auf sich zu ziehen, aber das breite Grinsen konnte er einfach nicht aus seinem Gesicht wischen und Young-Bae schien es ähnlich zu ergehen. Er fuhr immer wieder mit den Fingern durch das kurze schwarze Haar des Jüngeren und wenn er sich unbeobachtet fühlte, küsste er Seung-Ri kurz auf die Wange. Es war natürlich schon sehr spät, als sie endlich und bis unter das Kinn mit Einkäufen vollgepackt wieder im Appartement eintrafen. "Der Film hatte Überlänge und es war sehr voll auf dem Markt!", entschuldigte Young-Bae sie, als er Seung-Hyuns hochgezogene Augenbraue bemerkte. Er schien ihm nicht zu glauben, aber da alle anderen es taten, stellte er keine weiteren Fragen. Wieder einmal waren sie fort. Ein Auftritt bei einer TV-Show, welche nicht einmal live gesendet wurde, weshalb Ji-Yong sie sich nicht im Fernsehen ansehen konnte. Bereits eineinhalb Wochen waren seit seiner Entlassung vergangen und er hielt sich, nicht zuletzt dank der wachenden Augen Seung-Hyuns, an die Erholungsempfehlung des Arztes. Tagelang hatte der Leader sich nur im Apartment aufgehalten und war lediglich aufgrund seiner Physiotherapietermine ab und an vor die Tür gekommen. Derartig eingesperrt zu sein hielt er normalerweise keine drei Tage aus. Doch auch die noch nicht verschwundene Sorge um den Verrückten, der ihn angefahren und ihnen gedroht hatte, trug zu seiner Disziplin bei. Heute war allerdings der Tag gekommen, an dem die Wände um ihn herum näher zu rücken schienen und die Stille fast greifbar war, sodass selbst der Fernseher und laute Musik nichts dagegen ausrichten konnten. Ji-Yong starrte seit Minuten aus dem Fenster, verzweifelt nach etwas suchend, das sein Interesse wecken könnte. Nichts als grau. Graue Tage, wie sie im Februar nicht ungewöhnlich waren. Aber es gab keinen Schnee, nur nasse Kälte, die durch jede Ritze kroch. Ein Tag also, an dem niemand vor die Tür gehen wollte. Er rief Min-Ho an und bat diesen, mit ihm spazieren zu gehen. Diese Herumsitzerei musste endlich ein Ende haben, zumindest für ein oder zwei Stunden. "Du hörtest dich am Telefon wirklich verzweifelt an." "Das bin ich auch." Ji-Yong kickte einen Stein mit den Füßen vor sich her über den Bürgersteig. Sie waren eine Zeit lang schweigend gelaufen und hatten die belebteren Straßen schnell hinter sich gelassen. Min-Ho hatte sich in einen dicken Mantel gehüllt, um Schutz vor dem grauenvollen Wetter zu finden. Der Jüngere wiederum war seiner Meinung nach etwas zu dünn angezogen. Nur mit einer einfachen Jacke und einer seiner tausend Mützen bekleidet lief er immer vorran, nicht einmal zurückblickend. Min-Ho bedachte ihn eines mitleidigen Blickes und legte ihm seine Hand auf die Schulter. Fragend wurde er angesehen, aber er lächelte sein freundliches, brüderliches Lächeln. "Bald wird die Warterei sicher ein Ende haben. Du musst nur geduldig sein", kam es in einem weisen Tonfall aus seinem Mund. Fast wirkte er tatsächlich wie ein älterer Bruder. Ji-Yong rang sich nun selbst ein Lächeln ab, um nicht zu unhöflich zu sein, dann trotteten sie weiter. In einem der vielen kleinen Parks Seouls ließ er sich auf eine Bank fallen, während Min-Ho stehen blieb, um die Umgebung besser im Blick zu haben, ein Umstand, der dem Jüngeren trotz all seiner Wichtigkeit sehr auf die Nerven ging. Die Wolken über der Stadt verdichteten sich zusehens, je weiter die Zeit voranschritt. Während sie sich unterhielten, begannen die ersten Tropfen zu fallen, aber Ji-Yong ignorierte sie. Auch als Min-Ho fragte, ob er ihn nicht nach Hause bringen sollte, winkte er ab. Ihn erfüllte ein unangenehmes Gefühl, wenn er daran dachte, allein an diesen leeren Ort zurückzukehren, dem er grade erst entkommen war. Das Wasser durchweichte seine Kleidung und lief ihm in Strömen über das Gesicht, als die Regenfälle stärker wurden und erst dann konnte der Ältere ihn überzeugen zu gehen. Wie jedes Mal brachte Min-Ho ihn auch jetzt bis hoch vor die Eingangstür des Apartments. Er wischte sich in einer beiläufigen Geste mit einem Taschentuch das nasse Gesicht ab. "Tut mir leid...", murmelte Ji-Yong, welcher sich völlig gleichgültig seinem Begleiter gegenüber verhalten hatte, was ihm nun endlich bewusst wurde. Aber Min-Ho schüttelte den Kopf. "Das ist OK. Ich kann das gut nachvollziehen, glaub mir. Nur solltest du ein heißes Bad nehmen." Mit diesen Worten verabschiedete sich sein Bodyguard wieder und verschwand im Treppenhaus. Dieser hatte recht, er war wirklich vollkommen durchnässt und zitterte am gesamten Körper. Wieso war ihm dies nicht aufgefallen? Außerhalb des Hauses hatte er die fallenden Teperaturen nicht einmal bemerkt. Über sich selbst den Kopf schüttelnd trat Ji-Yong endlich in ihre Wohnung ein, welche ihn wieder schweigend begrüßte. Ein Seufzer entfuhr ihm und er ließ seine Jacke einfach zu Boden fallen, genauso wie die Mütze. Das Schlottern, welches seinen Oberkörper bereits ergriffen hatte, ignorierend, kramte er in ihrem Zimmer nach frischen Klamotten, um sich umzuziehen. Da glaubte er plötzlich, Stimmen im Flur zu hören. Seine gesamte Situation vergessend und fast freudig erregt sprintete der Leader zur Tür und riss sie auf, um seine Freunde zu begrüßen. "Da seid ihr ja wieder!" Seung-Hyun blickte auf und was er sah, gefiel ihm überhaupt nicht. "Du bist ja pitschnass!", begrüßte er den breit grinsenden Ji-Yong, dessen Lachen gleich ein bisschen weniger breit wurde. "Ja und? Ich war draußen im Park. Hier ist mir die Decke auf den Kopf gefallen!", beschwerte er sich mit einem deutlichen Seitenhieb gegen seine Freunde. Kopfschüttelnd klaubte Seung-Hyun Ji-Yongs nasse Jacke vom Fußboden und hängte sie zusammen mit der eigenen an die Garderobe. "Du weißt genau, dass das nicht gut für deine Gesundheit ist, Hyung", mahnte Dae-Sung im Vorbeigehen, klang dabei aber weniger besorgt als der Ältere. Seufzend verschwand Seung-Hyun im Badezimmer und kam mit einem Handtuch über der Schulter wieder zurück. "Ich weiß ja, dass das nicht leicht für dich ist, aber musst du dir unbedingt einen so kalten Tag für deinen Ausbruch aussuchen?" Ji-Yong zuckte nur die Schultern, dann verschränkte er die Arme vor der Brust und gab den Beleidigten. Immer wieder eine sehr überzeugende Vorstellung, doch der Älteste ließ sich davon nicht irritieren. Noch einmal seufzte er und kam sich dabei ein bisschen wie Ji-Yongs Mutter vor, dann nahm er ihn am Ärmel und schob ihn ins gemeinsame Zimmer. "Pell dich erstmal aus den nassen Klamotten, ich setz inzwischen Wasser für einen Tee auf." Als Seung-Hyun mit einer damfenden Tasse grünen Tees in der Hand zurück kam, stand Ji-Yong vor Kälte zitternd, aber keck grinsend und nur mit grellbunt bedruckten Boxershorts bekleidet in der Mitte des Raums. "Du lässt auch keine Gelegenheit aus, mich nackt zu sehen, stimmt's Hyung?" Seung-Hyun grinste breit, verkniff sich aber einen Gegenkommentar. Nicht, dass es ihn stören würde den anderen so zu sehen. Er stellte den Tee auf den Schreibtisch und nahm sich stattdessen eine dicke Wolldecke, in die er Ji-Yong einwickelte. Dann setze er ihn auf sein Bett, wobei er sich noch mütterlicher vorkam als zuvor und begann ihm mit dem großen Handtuch die Haare trockenzureiben. Er sah aus wie ein in Wasser getunktes Kätzchen, als er mit großen Augen unter dem Handtuch hervorblinzelte. Es bereitete dem Jüngeren wiedereinmal ein unglaubliches Vergnügen, von Seung-Hyun derart fürsorglich behandelt zu werden. Daher ließ er sich mit einem Lächeln alles gefallen und spielte das unschuldige ahnungslose Kind, das sich bemuttern ließ. Jetzt, wo die anderen wieder da waren, wirkte ihr Zuhause so warm und freundlich, dass er sich fragte, warum er es überhaupt verlassen hatte. Ji-Yong fing den Blick des Älteren auf, welcher ihn warmherzig betrachtete und nahm dann die Teetasse entgegen, um vorsichtig zu trinken. Er spürte, wie die Hitze sich in seinem gesamten Körper ausbreitete. Angetan seufzend lehnte er seinen Kopf an die Schulter seines Freundes. "Hyung, kannst du nicht einfach hier bleiben?" Etwas verwundert wandte der Angesprochene seinen Kopf zur Seite, doch Ji-Yong sah ihn nicht an. In diesem Moment wirkte der Jüngere wieder so zerbrechlich, wie es im Krankenhaus den Anschein gehabt hatte. Reflexartig legte sich der Arm Seung-Hyuns um die von der Decke verhüllten Schultern. "Ich bin doch hier..." "Ja schon, aber ich meine, bis ich wieder gesund bin. Ich werde einfach unseren Manager bitten, die nächsten Termine zu streichen und dann-" "Ji-Yonga." "W-was denn?" Tief sog der Ältere seinen Atem ein und stieß ihn schwer wieder aus. Es tat ihm weh, zu sehen, wie unglücklich sein Freund war. Nichts wäre ihm lieber, als den gesamten Tag nur mit ihm zu verbringen, das war die Wahrheit. Aber sie hatten Pflichten. "Du weißt, dass das nicht geht. Wir müssen unsere Termine wahrnehmen, gerade jetzt. Wenigstens damit sich die Presse nicht wieder tausend Geschichten ausdenkt, die uns schaden." "Ich scheiß auf die Presse!", rutschte es dem Jüngeren unwillkürlich heraus. "Ja, das weiß ich..." Seung-Hyuns Hand strich über den Kopf seines Freundes, um ihn zu beschwichtigen. Dann ließ er den eigenen in dessen Richtung kippen und lehnte ihn an Ji-Yong. "Aber ich weiß auch, dass dir als unserem Leader bewusst ist, dass wir unserem Ansehen nicht schaden dürfen." Natürlich war ihm dies bewusst. Nur in Zeiten wie diesen wollte er gern alles hinter sich lassen, auch das, was das gesamte Leben eigentlich ausfüllte. Er sagte nun nichts mehr, sondern trank und genoss die wohltuende Nähe seines Freundes. Bald würde sie ihm wieder genommen werden. Es wurde recht früh dunkel und Young-Bae, sowie Seung-Ri und Dae-Sung kamen etwas in Feierlaune. In der letzten Zeit hatte sich nichts Schlimmes mehr ereignet, ihr Leader erholte sich zusehens und es fühlte sich beinahe so an, als wäre der böse Spuk endlich vorbei. Der Fluch, der auf ihnen gelastet zu haben schien, war gebrochen und dies wollten sie begießen. Ji-Yong selbst hatte ebenfalls sehr große Lust auszugehen. Endlich wieder etwas unternehmen. Doch zur Überraschung aller, sagte er ohne bestimmten Grund ab. Er behauptete, dass er müde sei und daher auf das Apartment 'aufpassen' würde. Um ihn dies nicht allein tun zu lassen, entschied sich Seung-Hyun ebenfalls zuhause zu bleiben. Von Seiten der beiden Jüngsten gab es heftige Proteste, aber Young-Bae zerrte sie einfach aus der Tür. "Macht euch einen schönen Abend", hatte er Seung-Hyun noch zugezwinkert, welcher völlig verdattert am Eingang stehen geblieben war, bis Ji-Yong ihn in die Küche zerrte, um endlich etwas zu Essen zu machen. Jetzt hatten sie auch wieder ein paar Zutaten im Schrank. "Bist du verspannt?", fragte der Ältere, nachdem sie im Wohnzimmer gegessen und sich nebenbei einen Film angesehen hatten. Ji-Yong saß einfach nicht still, was keine Seltenheit war, aber er war auch ständig dabei, sich zu strecken und seinen Nacken mit einer Hand zu massieren. "Ja, ein bisschen. Aber es geht schon." Seung-Hyun nickte leicht skeptisch, wandte sich dann aber wieder dem Fernseher zu. Wenn es sein müsste, wüsste er, was er zu tun hätte. Der Schmerz kam völlig unerwartet. Zu Beginn hatte er gedacht, es wäre nur ein einfacher Muskelkater, dann schien es ihm doch eher eine Zerrung zu sein, nur wusste er nicht, woher sie hätte stammen sollen. Aber das, was jetzt geschah, traf ihn sehr plötzlich Ji-Yong befand sich gerade auf dem Weg vom Bad zurück ins Wohnzimmer, als sein Rücken und Nacken sich völlig verkrampften. Geschockt nach Luft schnappend sank er in die Knie und presste eine Hand gegen die kühle Wand neben sich. Es fühlte sich an, als würden sich all seine Muskeln zusammenziehen und jemand wieder und wieder mit Messern auf ihn einstrechen. "Oh mein Gott... Hyung...", keuchte er, erst leise, noch zu überwältigt. Dann rief er mit aller Kraft. "Ahhhhh! Hyung!!!" "Ji-Yong?!" Sofort ließ der Ältere alles stehen und liegen und lief in den Flur. Der Jüngere kniete auf dem Boden, den Rücken so sehr gekrümmt, dass sein Gesicht fast seine Kniee berührte und sich mit verzerrtem Gesicht den Nacken haltend. Er hatte wieder Schmerzen! "Ji-Yonga, alles in Ordnung, ich helf dir irgendwie." Der Angesprochene versuchte zu nicken, aber wieder zog ein Schmerz wie von tausend kleinen Nadeln duch seinen Nacken. Vorsichtig halft Seung-Hyun ihm wieder auf die Beine, versuchte dabei, seinen Nacken nicht zu belasten und bugsierte ihn sachte ins Wohnzimmer, da dieses näher war, als ihr eigenes. Er setzte Ji-Yong vorsichtig auf die Couch, schnappte sich ein Kissen und bedeutete dem anderen sich so hinzulegen, dass das Kissen seinen Nacken stützen konnte. Er wimmerte immer noch leise. "Verdammt, das tut so weh. Es kam ganz plötzlich, keine Ahnung..." Seung-Hyun setzte sich neben dem Sofa auf den Boden und streichelte die Wange des Freundes, um ihn zu beruhigen. "Weißt du noch, was der Arzt gesagt hat? Du sollst deinen Nacken warm halten! Ich glaube, ein Spaziergang im Regen mit dünnem Sweater ist da nicht ganz das Richtige." Es hätte vorwurfsvoll klingen können, das tat es aber nicht. "Erstmal müssen wir dich wärmen und zwar besser als nur mit Decken!" Seung-Hyun erhob sich und drehte erstmal die Heizung auf. "Ich bin kurz in der Küche!" Immer wieder hörte er leise, schmerzvolle Töne aus dem Wohnzimmer zu ihm herüberschallen, während er in der Küche Wasser kochte und alles nötige zusammentrug. Es tat ihm in der Seele weh, dass Ji-Yong derartige Schmerzen hatte. Umso mehr wollte er sich bemühen, sie ihm zu nehmen. "Da wir kein Heizkissen haben, werde ich dir warme Handtücher auf den Rücken legen", kündigte Seung-Hyun an, als er alles ins Wohnzimmer zurück balancierte. Die Schüssel mit Wasser brannte in seinen Händen und er musste sich auf die Lippen beißen, damit er sie nicht fallen ließ. Ji-Yong gab etwas, das sich wie eine Zustimmung anhörte, von sich, dann versuchte er sich aufzurichten, schaffte es aber nicht ganz und wäre fast auf das Sofa zurückgesunken, aber Seung-Hyun war schon zur Stelle, um ihn zu halten. Sanft half er ihm aus dem T-Shirt und bettete ihn wieder auf das Sofa, diesmal auf den Bauch. "Danke, dass du dich immer so gut um mich kümmerst...", kam es gedämpft aus den Kissen und Seung-Hyun musste lächeln. Dass ihm Ji-Yong selbst mit so großen Schmerzen noch dankte, war sehr süß. "Keine Ursache, dafür sind Freunde da." Außerdem habe ich dir versprochen, dass ich immer da sein und dich beschützen werde, fügte er in Gedanken noch an. Ji-Yongs Finger vergruben sich im Stoff des Kissens, als das erste Handtuch seine Haut berührte. Es war eher heiß als warm und er zuckte zusammen. Seung-Hyun ging sehr vorsichtig vor und ließ keine Stelle aus. Das letzte Tuch platzierte er im Nacken des Jüngeren und strich ihm daraufhin sofort wieder durchs Haar, was dieser mit einem wohligen Seufzen quittierte. Obwohl er es hasste, derart hilflos zu sein, erschien doch alles nicht so unerträglich, wenn sein bester Freund bei ihm war. Wenn Seung-Hyun seine Hand hielt, was dieser auch jetzt wieder tat, konnte er Schmerzen und Angst vergessen. Das Gefühl, das sich bei jeder von dessen Berührungen in seinem Körper ausbreitete, schien alles Schlechte von ihm zu nehmen und es durch leises Glück zu ersezten. Als die Verspannungen sich langsam lösten und er seinen Kopf wieder bewegen konnte, drehte Ji-Yong ihn zur Seite und erblickte den Älteren, welcher direkt vor ihm hockte. Er lächelte ihm schwach entgegen und betrachtete dann ihre verschlungenen Hände. Ein seltsamer Wunsch tat sich dabei zwischen seinen Gedanken auf, ein kleiner Wunsch, den er gern erfüllt hätte. Er wollte, dass Seung-Hyun ihn streichelte. Er wollte diese vertraute Geste in diesem Moment umso mehr bewusst spüren denn je. Sein Herz schlug schneller, während er dessen Hand zu seinem Kopf führte und sie darauf niederlegte. Sein Freund schien leicht verwirrt und Ji-Yong fragte sich bereits, ob er einen Fehler begangen hatte, doch dann verstand Seung-Hyun. Er war ein wenig verwundert darüber, dass der Jüngere auf eine solche Weise die Initiative ergriff, hütete sich aber mit aller Kraft davor, dieses Zeichen überzuinterpretieren. Ji-Yong brauchte seine Nähe, das war in Ordnung, aber wenn er sich jetzt einbildete, dieser erwiedere seine Gefühle, konnte das nur in Schmerzen und Enttäuschung enden. Er hatte sich mit der Situation arrangiert und durfte keine falschen Hoffnungen in sich aufkeimen lassen. Sanft fuhr er ihm durch die Haare, streichelte seinen Nacken, seine Wange und betrachtete das entspannende Lächeln, dass sich auf Ji-Yongs Gesicht ausbreitete. Wieder spürte er den Wunsch, den anderen zu küssen und Erinnerungsfetzen tauchten vor seinem inneren Auge auf, fast höhnisch lachend als wollten sie ihm klar machen, dass er es nur konnte, wenn Ji-Yong tief und fest schlief. Müde ließ er sein Gesicht neben das seines Freundes sinken, löste jedoch nicht die Augen von ihm und stoppte auch nicht die Bewegung seiner Hand. Es tat so gut, die warme Haut unter seinen Fingerspitzen zu fühlen, den gleichmäßigen Atem auf seiner Wange. Nach einer Weile bemerkte Seung-Hyun, dass die Handtücher auf dem Rücken des anderen schon merklich abgekühlt waren. "Soll ich dir neue Tücher auflegen?", fragte er und hielt dabei in der Bewegung inne, doch Ji-Yong schüttelte den Kopf. "Bleib einfach so...", wisperte er und es klang so ungewohnt, dass Seung-Hyuns Herzschlag sich beschleunigte. Vielleicht, aber nur vielleicht hatte er ja doch eine kleine Chance? Er wischte den Gedanken weg. Keine falschen Hoffnungen, sagte er sich immer wieder, hämmerte es sich fast in den Kopf. Aber er konnte nichts gegen das warme Gefühl tun, das sich in seiner Brust ausbreitete und ihm sagte, dass es so gut war und dass es noch besser würde. Seung-Hyun schloss die Augen und sog einfach alle Empfindungen in sich ein. Plötzlich spürte er etwas Warmes an seiner Wange und öffnete die Augen. Es war Ji-Yong, der näher an ihn herangerutscht war und nun lagen sie so da, Gesicht an Gesicht, die Hände einander berührend und nun konnte er sich dem Bild eines Liebespaares nicht länger erwehren. Der Atem des anderen schmeichelte seinen Lippen und wollte sie verführen. Ihre Lippen, welche nur weniger Zentimeter voneinander entfernt lagen. Die wunderschöne Berührung, welcher er mit ihm teilen wollte, war für ihn zum greifen nah. Seine Hand, deren Daumen noch immer sanft über den Wangenknochen des Jüngeren gestreichelt hatte, verstummte nun völlig. Sie legte sich etwas fester auf das engelsgleiche Gesicht. Seung-Hyun spürte ein Beben durch seinen eigenen Körper fahren, hin und her gerissen zwischen dem, was sein Wille war und dem, was sein Gewissen war. So aufgeregt wie er nun die Luft in Richtung seines Gegenübers ausstieß, müsste Ji-Yong längst verwundert die Augen öffnen. Sie zuckten bereits leicht unter dessen Lidern, als würde er etwas erwarten. Aber das konnte nicht sein. Niemals. Der Ältere schürzte seine Lippen, noch im Kampf mit sich selbst, wobei der erste Schritt in die richtige Richtung für ihn schien, seine Hand von der leicht geröteten Wange zu entfernen. Sie wanderte zu Ji-Yongs Nacken, in welchem das Tuch lag, das schon eiskalt geworden war. Wenn er verhindern wollte, dass die Schmerzen wieder schlimmer wurden, musste er endlich zu Verstand kommen. Seung-Hyun rappelte sich auf und begann die klammen Handtücher von dem schmalen Rücken zu sammeln. Die Haut darunter war kalt. "Wie fühlst du dich?" "Geht so..." Der Jüngere wandte den Kopf zur anderen Seite. Hatte er dies eben richtig vernommen? Der Ton, in dem er gesprochen hatte, klang beinahe beleidigt. Seung-Hyun war für wenige Sekunden sprachlos, aber dann schob er es auf dessen Frustration. Seine Hand tastete über dessen Schultern und er stellte fest, wie verspannt sie waren. Sein Freund stöhnte leise auf. In einer Bewegung, die nahezu einstudiert wirkte, begann der Ältere ihn wieder zu massieren und ließ sich dabei jedes angetane Seufzen, das Ji-Yongs Mund entfloh, gefallen. Er musste nur vorsichtig sein, um seine Phantasie nicht mit sich durchgehen zu lassen. "Danke", flüsterte der Jüngere ein weiteres Mal, als Seung-Hyun letztlich von ihm abließ. Endlich waren die Schmerzen vergangen und er konnte sich wieder bewegen. Sein Freund kniff ihm leicht in die Wange und lächelte ihn warm an. "Hör endlich auf." Dann wandte er sich ab und brachte alles, was er gebraucht hatte, zurück in die Küche. Als Seung-Hyun zurückkehrte, saß Ji-Yong noch immer mit feiem Oberkörper da, auf das Fenster starrtend. Das Fenster, durch welches der Stein gekommen war. "Hey, denk nicht wieder daran", sagte der Ältere sorgenvoll, doch Ji-Yong senkte den Kopf, als hätte er ihn gescholten. Langsam ließ er sich hinter der kauernden Gestalt nieder und seine Handfläche über dessen Schulterblatt gleiten, da drehte der Jüngere sich um. Er sah ihn nicht an. Sagte kein Wort. Der zerbrechliche Körper drängte sich nah an seine Brust. Seung-Hyun, der nicht genau nachvollziehen konnte, was passiert war, lehnte sich nach hinten und legte seine Arme um Ji-Yong, welcher nun zwischen seinen Beinen hockte und sich so klein zu machen schien, wie es es nur ging. "Ji-Yonga..." "Sag nichts...bitte...halt mich..." Das Herz des Älteren sprang kurz aus dem Takt. Die Worte kamen derart verzweifelt an sein Ohr, dass er die Umarmung weiter festigte und einen Kuss in das weiche Haar setzte. Und als dieser vergangen war, einen weiteren. Er konnte sich nicht aufhalten. Das konnte doch alles nur ein Traum sein! Seung-Hyun widerstand dem Drang, sich zu kneifen. Er fühlte den Körper des anderen in seinen Armen und auf eine wunderschöne Weise war es anders als sonst. Es war zärtlicher, tiefer. Wunderschön, aber auch sehr unwirklich. Doch im Moment wollte er sein Denken einfach nur ausschalten, nur damit ihm keine Zweifel kommen konnten. Er schloss die Augen und vergrub das Gesicht im wohlriechenden Haar des anderen. Fühlte, wie dieser sich an ihn schmiegte und genoss die Nähe. Langsam begann sein Denken wieder in Takt zu kommen und er versuchte eine Erklärung für das ungewöhnliche Verhalten des Jüngeren zu finden, die nicht darauf hinauslief, dass dieser ihn mochte. Doch er wollte das alles gar nicht denken. Seung-Hyun schloss die Arme noch ein wenig fester um den anderen, der dies mit einem wohligen Seufzer quittierte. Sie blieben einige Zeit so sitzen ohne sich zu rühren, jeder genoss einfach nur die Nähe des anderen und die Zuneigung, die sie für einander empfanden. Und es schien fast, als könnte dieser Moment ewig dauern. Doch schließlich lockerte Ji-Yong die Umarmung, in der ihn der Ältere gefangen gehalten hatte und hob grinsend den Kopf. "Du riechst gut", stellte er fest, dann rappelte er sich auf und griff nach seinem T-Shirt, um es sich wieder über den Kopf zu ziehen. Seung-Hyun hatte die ganze Situation und vor allem ihr abruptes Ende so verwirrt, dass er ersteinmal gar nichts sagte, dann begann auch er zu lachen, legte dem Freund eine Hand auf die Schulter und sagte: "Das kommt daher, dass ich mich regelmäßig wasche!" Der Zauber war vorbei, aber Seung-Hyun wusste, das irgendetwas anders war und Ji-Yong schien es auch zu spüren, sich aber noch nicht ganz sicher zu sein, was es war. Und der Ältere beschloss, dass er es auf sich beruhen lassen würde. Wenn seine Gefühle ihn nicht täuschten und er tatsächlich Zuneigung in Ji-Yongs Verhalten gelesen hatte und nicht nur Angst und den Wunsch nach Schutz, dann... Dann würde es die Zukunft zeigen, schloss er diesen neuen Gedanken. Dies war die Art von Gedanken, die er sich die gesamte Zeit über verboten hatte, die nun aber rastlos seinen Kopf durchwanderten und sich scheinbar nicht mehr einsperren lassen wollten. Nun, damit würde er schon irgendwie zurechtkommen. Seung-Hyun legte dem anderen den Arm um die Schultern und es war seltsam, wie freunschaftlich diese Geste wirkte, wo sie zuvor noch so zärtlich miteinander gewesen waren. "Wie geht es deinem Nacken?", erkundigte er sich. Ji-Yong streckte den Kopf prüfend in alle Richtungen. "Schon besser. Es zieht noch ein bisschen, aber das tut es schon die ganze Zeit." "Du solltest deine Übungen regelmäßiger machen." "Jaja, wenn ich Lust habe..." Ji-Yong sah im Moment nicht so aus, als würde er diese in nächster Zeit bekommen. "Sag mal...", setzte er dann erneut an, "Seid ihr morgen eigentlich mal wieder hier? Ich langweile mich so." "Nein, tut mir leid, wir haben Tanztraining. Aber es wird nicht so lange dauern, versprochen. Länger als drei Stunden werden wir nicht weg sein" "Ich würde so gerne wieder mitkommen", seufzte Ji-Yong und ließ sich gegen den Älteren sinken. Die viele Nähe, die ihm heute von seinem Freund geschenkt wurde, benebelte ihn nahezu. Daher musste er tief Luft holen und sich konzentrieren, um diesen nicht einfach wieder an sich zu ziehen. Seung-Hyun klopfte ihm auf auf den Rücken und zerzauste dem Jüngeren daraufhin das Haar. "Hör zu, wenn du deine Übungen ordentlich machst und es dir nächste Woche wieder besser geht, werde ich unseren Manager überreden, dich wieder zum Training zu lassen. Wie wäre das?" Ji-Yong begann breit zu grinsen und tippte dem Älteren auf die Nase. "Na das hast du dir ja fein ausgedacht. Aber ich glaube, dazu könnte ich mich überreden lassen.", gab er in einem gespielt überlegten Tonfall von sich und löste sich wieder von Seung-Hyun, welcher leise auflachen musste. "Das ist ja wundervoll. Dann fangen wir am besten gleich an." "Können wir das nicht morgen machen?" "Gute Ideen sollte man sofort in die Tat umsetzen. Und jetzt komm mit." Er packte Ji-Yong, der laut auflachte und hob ihn mit Leichtigkeit hoch, um ihn aus dem Wohnzimmer zu tragen. Dieser strampelte zwar etwas, wehrte sich aber nicht wirklich. Und noch bevor die anderen zurückkehrten, hatte er ihn tatsächlich dazu gebracht, mit ihm gemeinsam Gymnastik zu machen. Im Training am nächsten Tag brachte es Seung-Hyun kaum fertig, das Grinsen von seinem Gesicht zu bekommen, welches ihn seit der gestrigen Nacht gefangen hielt. Derart viel Spaß wie an diesem Abend hatten sie wirklich schon lang nicht mehr gehabt. Zu Beginn war ihre kleine Gymnastikstunde noch sehr disziplinert verlaufen, doch am Ende waren beide nur noch über den Boden gerollt und hatten miteinander gerangelt. Sehr langsam schien Ji-Yong doch wieder der Alte zu werden. Als die anderen von ihrer Tour durch diverse Lokale zurückgekommen waren, hatten Seung-Hyun und Ji-Yong schon geschlafen, aber trotzdem schien die positive Stimmung auf sie übergeschwappt zu sein und als ihre Leader ihnen am nächsten Morgen am Frühstückstisch vom großartigen Plan des Ältesten erzählt hatte, freuten sie sich wie Kinder. An diesem Tag schien es Ji-Yong nicht halb so schwer zu fallen alleine in der Wohnung zu bleiben. Er zwinkerte Seung-Hyun grinsend zu, als dieser mit den anderen die Wohnung verließ und wieder musste dieser sich sehr zurückhalten den anderen zu küssen. Kapitel 12: Just a Feeling -------------------------- Das Tanztraining lief wunderbar. Es schien als wären wirklich alle in Bestform. Besonders Young-Bae zeigte sehr gute Leistungen und war eine halbe Stunde vor Ende so verschwitzt, dass er kurzerhand das nasse Shirt über den Kopf zog und in die Ecke warf. Seung-Hyun, der in der Formation hinter ihm stand, bemerkte es nicht sofort, aber über den Rücken des Jüngeren zogen sich drei lange parallele Striemen, die zwar nicht mehr frisch aussahen, aber dennoch erst einige Tage alt sein konnten. Sie sahen nicht so aus, als seien sie ihm unbemerkt oder besonders schmerzfrei zugefügt worden. Es kam des öfteren vor, dass sich einer der ihren leicht verletzte, aber diese langen Kratzer kamen ihm auf eine unbestimmte Art und Weise seltsam vor und gingen Seung-Hyun während des restlichen Trainings nicht mehr aus dem Kopf. Die anderen hingegen schienen nichts zu bemerken, aber sie tanzen auch nie direkt hinter Young-Bae und so war zumindest dies nicht verwunderlich. Auf dem Weg zur Umkleidekabine - Young-Bae hatte sich sein Shirt zusammen mit einem kleinen Handtuch über die Schulter geworfen - nahm Seung-Hyun ihn kurzerhand am Ärmel und hielt ihn ein bisschen hinter den anderen zurück. "Was hast du denn am Rücken gemacht, das sieht echt nicht gut aus", fiel er direkt mit der Tür ins Haus. Er hatte einiges erwartet, aber nicht, dass der andere rot anlaufen und beschämt zur Seite schauen würde. Und da kam dem Ältesten auf einmal ein zündender Gedanke und er begann etwas zu ahnen. Jetzt wünschte er sich, er hätte nicht so forsch nachgefragt, aber dafür war es eindeutig zu spät. "Wenn du nicht willst, dann..." "Später, ja?" Er räusperte sich und nickte auf die Antwort seines Freundes hin. Wenn er recht hatte, wäre 'später' wahrscheinlich genau der richtige Zeitpunkt. Er hätte daran denken müssen, schimpfte Young-Bae mit sich selbst, als Seung-Hyun ihn darauf ansprach. Die Kratzer hatte er recht schnell nach ihrem wundervollen Nachmittag entdeckt, aber er konnte Seung-Ri nicht böse sein. Jedes Mal, wenn er die Narben im Spiegel sah oder mit den Fingerspitzen darüber tastete, kam ihm der Augenblick in den Sinn, in dem sie ihm zugefügt worden waren. Seung-Ris gesamter Körper in Ekstase, sein Gesicht von Erregung verzerrt. Das Grinsen des Jüngeren wurde auch jetzt wieder gefährlich breit und Seung-Hyun entging dies nicht. "Hyung, kommt ihr?" ,fragte Dae-Sung, der mit ihrem Jüngsten bereits fertig am Ausgang stand. Doch die beiden Älteren hatten extra getrödelt, weshalb Young-Bae ihm auch zurief, dass sie schon einmal vorgehen und draußen auf sie warten sollten. Mit einem Murren wurde der Vorschlag quittiert, aber sofort befolgt. Als Dae-Sung sich umdrehte, zwinkerte Young-Bae Seung-Ri aufreizend zu, was diesen beinahe rot anlaufen ließ. "So...", führte Seung-Hyung ihr kurzes Gespräch weiter. Sein Freund schien leicht nervös. Er fuhr sich mit der Hand durch den Nacken und ließ sich auf die Bank vor ihrer Spindreihe nieder. Da es den Anschein hatte, dass er nicht genau wusste, wo er beginnen sollte, lehnte der Ältere sich gegen seinen Schrank und versuchte ihm zu helfen. "Ahm...liege ich richtig, wenn ich annehme, dass es etwas mit ihm zu tun hat?", dass er sich dabei auf Seung-Ri bezog stand außer Frage und dies wusste auch Young-Bae nur allzu genau. Dieser nickte, ohne ihm in die Augen zu sehen und schon wieder grinste er in sich hinein. Doch dann erstarb dieses Grinsen und wich einem ernsten Ausdruck. Er blickte endlich zu dem Älteren auf, dabei die Finger fest ineinander verschlungen. "Ich liebe ihn, mehr als alles andere." "Oh, ähm..." Dies war unerwartet direkt gewesen, weshalb es dem Älteren erst einmal die Sprache verschlug. Er fand sie aber recht schnell wieder. "Und er? Mag er dich auch?" Young-Bae grinste, scheinbar erleichtert, dass der Ältere vor Schrecken nicht in Ohnmacht gefallen war. "Wonach sieht es denn aus?" "Das freut mich für euch, wirklich!", und es war tatsächlich nicht nur eine Floskel. "Ihr habt nichts gesagt, aber... ich dachte mir sowas schon. Ich glaube, die anderen haben nichts bemerkt, aber ich habe euch an dem einen Morgen gehört. Und die Blicke, die ihr euch zuwerft - eindeutiger geht es wohl nicht." Seung-Hyun stemmte die Hände in die Hüften und feixte, woraufhin der andere noch ein bisschen röter wurde, aber ebenfalls breit lächelte. "Ganz ehrlich, wir wollten das nicht geheimhalten oder so. Es ist nur, die ganze Situation ist noch verdammt neu für uns und sehr ungewohnt. Schön, aber ungewohnt. Wir wollten erstmal mit uns selbst klarkommen, bevor wir irgendetwas sagen." Seung-Hyun nickte und ließ sich in die Hocke sinken, damit er zumindest annährend auf der selben Augenhöhe wie der andere war. Er hatte das Gefühl, dass dieses Gespräch noch ein bisschen dauern könnte, denn auf einmal hatte er das Bedürfnis sich endlich bei jemandem auszusprechen und gerade schien es sehr verlockend, Young-Bae diesen Jemand sein zu lassen. "Ich... also...", begann er, stockte aber wieder. Er wusste nicht wirklich wie er anfangen sollte, war zwischen ihm und Ji-Yong die Situation ja wohl noch unklarer, als zwischen den anderen beiden. "Also... wie hat das mit euch angefangen?" Young-Bae zuckte die Schultern und schien einen Moment zu sehr von süßen Erinnerungen eingenommen, um etwas zu sagen. "Es ist einfach... irgendwie passiert. Ich mochte ihn schon länger und er mich scheinbar auch. Aber an dem Morgen nachdem ich zum ersten Mal bei ihm im Bett geschlafen hatte... da haben wir uns geküsst. Das heißt, ich habe ihn geküsst und er hat sich nicht gewehrt und jetzt... sind wir hier." Seung-Hyun lächelte. "Weißt du...", traute er sich endlich zu sagen, "Ich mag Ji-Yong und...", wieder blieben ihm die Worte in der Kehle stecken. "Ich weiß, Hyung." Young-Bae legte ihm die Hand auf die Schulter. "Ich bin auch nicht blind, weißt du?" "Ähm... fällt es so sehr auf?" "Es ist schwer, zwischen tiefer Freundschaft und Liebe eine klare Linie zu ziehen, aber mir zumindest ist es aufgefallen. Und, wie läuft's?" Seung-Hyun war ein wenig baff, wie locker der Jüngere mit dem Thema umgehen konnte. Ja, er hatte anfangs nervös gewirkt, aber nun da es raus war und niemand vor Entsetzen empört aufgeschrien hatte, konnte er sich der Sache gegenüber sehr entspannt verhalten, während Seung-Hyun selbst noch immer verkrampft war. "Keine Ahnung. Ji-Yong ist da ein bisschen wie ein kleines Kind. Er bemerkt nichts und er denkt nicht darüber nach, was er tut." Ein nachdenkliches aber zustimmendes Nicken kam von Young-Bae auf diese Beschreibung ihres Leaders. Er war tatsächlich in dieser Beziehung wie ein Kind. Er nahm das Leben, wie es kam, ohne lange darüber nachzudenken. Aber wie sollte man ihm derart wichtige Dinge wie Seung-Hyuns Gefühle klar machen, ohne ihn zu verschrecken? Niemand von ihnen beiden wusste, wie Ji-Yong über seinen besten Freund dachte. Young-Bae jedoch sah deshalb noch keinen Grund einfach aufzugeben. "Es ist so, wie du gesagt hast. Er denkt nicht darüber nach, aber... auch er hat etwas gemerkt. Wenn alles in Ordnung ist und man keine Probleme hat, kann man alles für selbstverständlich nehmen und ich glaube, das hat er getan. Doch jetzt..." Er musste nach Worten ringen, um sich nicht falsch auszudrücken. Aber Seung-Hyun würde ihn verstehen. "Ich will nicht sagen, dass alles Schlimme, was ihm wiederfahren ist, etwas Gutes hat. Aber jetzt, wo du immer für ihn da bist, auf ihn aufpasst, da merkt er, dass er sich bei dir wohl fühlt. Du bist seine Zuflucht, wenn er Angst hat. Und nur dir kann er gewisse Dinge anvertrauen. Er ist sich vielleicht noch nicht ganz sicher, was es ist, aber dass es nicht mehr nur Freundschaft ist, das weiß auch Ji-Yong." Natürlich war dies nur Young-Baes Überzeugung, entstanden aus all seinen Beobachtungen, allerdings war er sich sicher, dass er richtig lag. So wie er mit Seung-Ri richtig gelegen hatte. Daher schaffte er es auch, Seung-Hyun ein stärkendes Lächeln zu schenken. "Gib ihm einfach Zeit." "Ja, das werde ich." "Und wenn es soweit ist, nehmt euch ein Hotelzimmer." "Was?" Young-Bae begann über den entsetzten Gesichtsaudruck des Älteren laut zu lachen und verschwand dann einfach ohne eine Erklärung aus dem Umkleideraum. Eine regelrechte Masse von Menschen strömte Seung-Hyun entgegen, als er einige Tage nach seinem Gespräch mit Young-Bae versuchte, in die U-Bahn zu kommen. Er verfluchte sich regelrecht, so dumm gewesen zu sein, um diese Zeit an einem Sonntag vor die Tür zu gehen. Eigentlich hatte er auch nur zur Bank um die Ecke gehen wollen, um seinen Bargeldbestand wieder aufzustocken, aber noch bevor er zur Tür hinaus war, hatte die gesamte Bande nach Essen geschrien. Und am besten sollte es gleich etwas aus ihrem Lieblingsladen in Insa-Dong sein. So kam es, dass er letztlich doch die Bahn hatte besteigen müssen. Nun kämpfte er sich, vollgepackt mit zwei Tüten und wieder etwas Geld in der Tasche durch den Seouler Verkehr, nicht wissend, was ihn in wenigen Sekunden erwarten würde. Er zwängte sich gerade durch die Menschenmassen auf der Treppe, die hinunter zur U-Bahnstation führte, als es passierte. Auf einmal fühlte Seung-Hyun etwas zwischen seinen Beinen und er stolperte, verlor das Gleichgewicht. Bruchteile von Sekunden, die ihm wie eine Ewigkeit vorkamen, befand er sich ohne jeglichen Halt in der Luft und wäre die Treppe nicht so voller Menschen gewesen, er wäre sicher erst ganz unten und mit gebrochenem Genick zum Halt gekommen. So fiel er nur einige Stufen hinunter, aber es reichte um ihm die Schienbeine aufzuschlagen und die Handflächen zu zerschürfen. Fluchend saß er nun zwischen seinen verstreuten Einkäufen und versuchte sich wieder hochzurappeln. Die meisten Passanten gingen einfach weiter, doch einige blieben stehen, um zu gaffen und ein junger Mann erbarmte sich sogar und half Seung-Hyun seine - nun wahrscheinlich zermatschten - Essenspäckchen wieder in den Tüten zu verstauen. Was zum Henker war das denn gewesen? Seung-Hyun blickte die Treppe hoch. Da war nichts, worüber er hätte stolpern können. Entweder war er neuerdings zu blöd, seine eigenen Füße zu benutzen oder es hatte ihm jemand ein Bein gestellt. Ob unabsichtlich oder absichtlich wollte er sich gar nicht erst fragen. Verdammt, seine Beine schmerzten! Wenn einem etwas den Tag ruinieren konnte, dann sicherlich vor halb Seoul die Treppe hinunterzufallen. Das würde sicherlich blaue Flecken geben! Aber wenigstens hatte er sich nichts gebrochen und matschiges Essen hatte gefälligst noch genausogut zu schmecken wie ordentlich arrangiertes. Sich bedankend nahm er die Tüten von dem jungen Mann entgegen, der ihm geholfen hatte und setzte seinen Weg fort, immernoch überlegend, was genau eigentlich gerade passiert war. Die Frage wurde ihm beantwortet, als er in der U-Bahn stand, eingequetscht zwischen einer gefühlten halben Milliarde anderer Menschen. Er kramte in seiner Jackentasche nach seinem Handy und fand stattdessen einen Zettel mit der altbekannten Zeichnung eines Auges darauf. Ein eiskalter Schauer lief ihm den Rücken hinunter. Die letzten zwei Wochen war alles ruhig geblieben und sie hatten sich schon fast wieder in Sicherheit gewogen und nun das. Wut und Angst wogten in ihm auf. Nein, er musste nachdenken. Hatte er irgendwen gesehen, der ihm verdächtig vorgekommen war? Der Kerl musste ihm ganz nah gewesen sein! Natürlich hatte er niemanden bemerkt. Es war voll gewesen, viel zu voll, er hatte eine dunkle Sonnenbrille getragen und nach dem Sturz war er zu sehr damit beschäftigt, die verstreuten Einkäufe wieder einzusammeln und sich über das vermeintliche Missgeschick zu ärgern. "Du hast dir aber ganz schön viel Zeit gelassen, Hyung!", begrüßte Seung-Ri ihn, als er schließlich das Appartement betrat, verstummte aber sofort wieder, als er den ernsten Gesichtsausdruck des anderen bemerkte. "Hol die anderen in die Küche, ich muss mit euch sprechen!" Dem Jüngeren lagen einige Fragen auf der Zunge, aber er gehorchte, da es wirklich wichtig zu sein schien. Nur kurze Zeit später waren sie alle um den Esstisch versammelt, gespannt darauf horchend, was ihr Älteste ihnen zu sagen hatte. "Mir wurde eben auf der Treppe ein Bein gestellt." Young-Baes Augenbrauen wanderten skeptisch in die Höhe. "Bist du sicher, dass-" "Ja, bin ich!", unterbrach Seung-Hyun ihn. "Das hier war in meiner Jackentasche!" Er klatschte das zerknitterte Stück Papier auf die Mitte des Küchentisches. Ji-Yong zuckte heftig zusammen, als Seung-Hyuns Hand auf dem Tisch landete. Fragend und leicht verängstigt blickte er diesen von der Seite her an, betrachtete dann aber das, was sich nun auf der Tischplatte befand. Das verschmierte Auge starrte. Es starrte und lachte wieder. Dies nach ihrer Zeit in Frieden zu sehen, traf ihn mit unglaublicher Wucht. Seung-Hyun, er war gestürzt und wieder war es nur Glück gewesen, welches ihn beschützt hatte. Nicht er. Nicht Ji-Yong. Zitternd drehte er sich zu seinem Freund um und packte dessen Hände. Die Haut war zerschürft und einige Finger blutig geschlagen. Das Blut war bereits getrocknet, aber es sah trotzdem erschreckend aus. Ich werde ihm weh tun müssen, damit du es verstehst. Der Rest war etwas überrascht, als ihr Leader den Ältesten einfach auf den nächsten Stuhl drückte und dann stumm zum Küchenschrank hinüberging, um nach etwas zu suchen. "Hyung, was machst du?", fragte Dae-Sung und versuchte zu erkennen, was Ji-Yong aus dem Schrank holte. Dieser kehrte zurück, den Verbandskasten in den bebenden Händen. Er kniete sich vor Seung-Hyun und öffnete ihn, um einen Tupfer und eine Flasche heraus zu nehmen. "I-ich muss dich verarzten. Schnell..." Er ließ etwas von der braunen Flüssigkeit, die seltsam zäh war, auf den Wattebausch tropfen, wobei die Hälfte daneben ging und seine eigene Hand benetzte. "Ji-Yong, hör auf", sprach ihn Young-Bae eindringlich an. Es war nicht schwer zu erkennen, dass der Jüngere völlig aus der Bahn geworfen war. Aber als er ihm die Flasche aus der Hand riss, wehrte er sich. "Nein! Ich muss das desinfizieren. Ich muss ihm helfen!", brach es verzweifelt aus ihm heraus und er ergriff eine von Seung-Hyuns zerschundenen Händen, um sie zu säubern. Doch Young-Bae packte ihn und riss ihn zu sich herum, um ihm in die Augen sehen zu können. Dann hielt er ihm das Fläschchen vor sein Gesicht. "Ji-Yong, komm zu dir. Das ist Hustensaft." Das Stückchen Watte verließ Ji-Yongs Finger und traf geräuschlos auf den Boden auf. Wenige Sekunden später tat die erste Träne, die sich seinem Auge entwandte, es ihm gleich. Sein Gesicht verzerrte sich, geprägt von tiefstem Kummer und wiederkehrender Angst. Angst um diesen Menschen. Schluchzend sank er in sich zusammen und bettete seinen Kopf in Seung-Hyuns Schoß. 'Er wird dir weh tun und es wird meine Schuld sein.' Ja, es war geschehen. Wie er es befürchtete hatte. "Hyung! Hyung!!", rief es aus ihm heraus, doch Ji-Yong brachte es nicht fertig, ihn um Vergebung zu bitten. Er konnte nur dieses eine Wort rufen. Seung-Hyun hätte am liebsten seinen Kopf gegen die Wand geschlagen. Schon wieder hatte er nicht nachgedacht und auf Ji-Yongs Gefühle geachtet. Er war viel zu wütend gewesen, um daran zu denken, was er mit einer solchen Hauruck-Aktion bei dem Jüngeren auslösen könnte. Und nun hatte er ihn wieder zum Weinen gebracht, hatte die ganzen dummen, sinnlosen Schuldgefühle wieder in ihm aufwallen lassen. Er nahm Ji-Yongs Schultern und versuche ihn so weit von sich zu drücken,sodass er ihm in die Augen sehen konnte. "Hey, Ji-Yong, sieh mich an!", sagte er mit ruhiger, aber fester Stimme. Und es wirkte. Sein Freund schien sich zumindest so weit zu beruhigen, dass er ihn ansehen konnte. "Das alles ist nicht deine Schuld, okay? Ich war unvorsichtichtig, aber es ist mir nichts passiert. Verstehst du, Ji-Yong, es ist nicht deine Schuld!" Die letzten Worte sagte er mit Nachdruck. Die anderen standen betreten um sie herum. "Seung-Hyun hat recht", bekräftigte Young-Bae leise. "Hör auf dir Vorwürfe zu machen." Er hockte sich neben den Jüngeren und wollte ihm die Hand auf den Rücken legen, aber Ji-Yong schüttelte sie ab und vergrub sich wieder in Seung-Hyuns Schoß. Er begann lautlos zu schluchzen, nur das Beben seiner Schulter erzählte von den Tränenbächen, die in diesem Moment aus seinen Augen stürzen mussten. "Ich will das alles nicht mehr!!", schrie er auf einmal, aber es hörte sich seltsam unwirklich an, da seine Stimme so gedämpft war. Niemand von ihnen wünschte sich das, was um sie herum geschah. Aber es geschah und war unaufhaltsam, wie es schien. Die Nerven zu verlieren, war nicht die beste Taktik in einer solchen Situation. Doch Ji-Yong ging dies alles so sehr ans Herz, dass er es schwer hatte, bei Verstand zu bleiben. Seung-Hyun, welcher langsam spürte, wie seine Hose durchnässt wurde, blickte hilflos zu Young-Bae. Dieser schüttelte nur den Kopf. Es hatte keinen Sinn, mit ihrem Leader reden zu wollen. Sie mussten warten, bis er sich von selbst zusammenahm. Und am besten geschah dies wahrscheinlich, indem man ihn in Ruhe ließ. In Ruhe und in Seung-Hyuns Nähe. Daher winkte er Dae-Sung und Seung-Ri hinter sich her und verließ mit den beiden die Küche, aber ließ die Tür für alle Fälle ein Stück geöffnet. Nun konnte ihr Ältester tun, was er für richtig hielt. Endlich allein holte dieser einmal tief Luft und schloss die Augen, um sich zu sammeln, dann blickte er wieder auf den Hinterkopf seines unglücklichen Freundes. Und er tat das, was schon immer geholfen hatte. Er begann ihn zu streicheln. Als das Beben von Ji-Yongs Schultern tatsächlich abnahm, wagte der Ältere es, sein Gesicht vorsichtig zwischen beide Hände zu nehmen und ihn dazu zu bringen, ihn wieder anzusehen. Die großen Augen glänzten überlaufen von der salzigen Flüssigkeit und noch immer fanden die Tränen kein Ende. Bei diesem Anblick konnte Seung-Hyun sich nicht mehr zurückhalten. Er beugte sich vor und kam Ji-Yong sehr nah. Zärtlich nah und koste dessen Stirn mit seinen Lippen. Eine derart liebevolle und ungewohnte Berührung ließ den Jüngeren seinen gesamten Kummer vergessen. Und Seung-Hyun führte seine Küsse fort. An seiner Schläfe herunter bis zu seiner Wange und als noch immer Tränen aus ihnen hervortraten, setzte er auch einen Kuss auf die Augen Ji-Yongs. Diese Geste schien letztlich zu wirken. Sein junger Freund schniefte noch etwas, sah ihn nun aber mit einem weitaus gefassteren Blick an. "Wenn du willst, kannst du mich jetzt verarzten." Mit diesen Worten kramte er einen neuen Tupfer und das richtige Fläschchen hervor und drückte beides in Ji-Yongs Hände, welche nun vollkommen still hielten. "Aber diesmal ohne Hustensaft." "Ja...", flüsterte der Jüngere und lächelte verlegen, dann begann er und verarztete Seung-Hyun derart sorgfältig und umsichtig, dass dieser sich nicht ein einziges Mal beklagen konnte. "Und was machen wir jetzt?" Seung-Hyun war sich selbst nicht ganz sicher, was er damit meinte: die Situation um den Stalker oder die Bezeihung zwischen ihm und dem Jüngeren. Aber wahrscheinlich eher Ersteres. "Vielleicht sollten wir Min-Ho bitten, dass er in Zukunft auch dich begleitet", schlug Ji-Yong mehr im Scherz vor und es erleichterte den Älteren ein wenig, dass er schon wieder lachen konnte. Er hasste es, ihn zusammenbrechen zu sehen und noch mehr hasste er es, wenn seine eigene Dummheit und Unvorsichtigkeit dafür verantwortlich waren. "Ich hoffe, dass sie diesen Verrückten bald finden...", seufzte Ji-Yong und stützte den Kopf in die Hand. "Wem sagst du das..." "Hyung, versprich mir, dass du auf dich aufpassen wirst, wenn ich es nicht kann", bat sein Freund und der andere hatte das Gefühl, dass in seinen Augen schon wieder Tränen glänzten. "Ich werde nicht mehr allein aus dem Haus gehen", versprach Seung-Hyun, der bemerkte wie wichtig es seinem Freund war, ihn ebenfalls in Sicherheit zu wissen. Er nahm Ji-Yongs Hand in die seine und küsste noch einmal seine Wange. "Hyung, brauchst du noch lange?" Dae-Sungs Stimme drang vom Flur zu Ji-Yong ins Badezimmer. Er hatte gerade das Zähneputzen hinter sich gebracht und wollte das Bad schon verlassen, als sein Blick in den Spiegel gefallen war. Er sah erholter aus, das musste er selbst zugeben, aber seine Augen waren noch immer geschwollen. 'Heul nicht so viel', hatte er mit sich selbst geschimpft, dann waren seine Fingerspitzen über seine Wange gefahren. Die Stelle, die Seung-Hyun so liebevoll geküsst hatte. Obwohl nichts zu erkennen war, betrachtete er dieses Stückchen Haut von Glück erfüllt. Erst als der Jüngere ihn rief, schaffte er es, sich wieder vom Spiegel zu lösen. "Entschuldige", murmelte der Leader, als er endlich durch die Tür trat. Doch Dae-Sung versperrte ihm weiterhin den Weg, weshalb Ji-Yong ihn verwundert ansah. "Hyung, sag, geht es dir besser?" Wie immer, wenn er traurig war, schienen sich die Mundwinkel seines Gegenübers besonders weit nach unten zu ziehen und Ji-Yong entlockte es doch jedes Mal ein Lächeln, weil er so wie ein schmollender Junge wirkte. Grinsend kniff er ihm in die Wangen. "Mach dir keine Sorgen. Es ist alles wieder OK. Und jetzt mach dich fertig." Damit versetzte er ihm einen Klapps und verschwand in Richtung seines Zimmers. Dort fand er Seung-Hyun vor, Young-Bae war wahrscheinlich bei Seung-Ri - die beiden verbrachten außergewöhnlich viel Zeit miteinander, das war ihm aufgefallen. Der Ältere war gerade dabei sich in sein T-Shirt zu quälen, aber es schien ihm schwer zu fallen. Ji-Yong blieb stumm und ließ seine Blicke dessen muskulösen Rücken hinunter wandern. Er war wunderschön... Doch dann fielen ihm die blauen und violetten Felcken ins Auge, die sich darüber ausgebreitet hatten. Es musste sehr weh tun. Leise ließ er sich hinter seinem Freund auf dessen Bett nieder und legte seine Handflächen auf die warme Haut. Sie fühlte sich sehr angenehm unter seinen Fingern an und er begann sie streichelnd zu ertasten, zu erfahren, wobei er seine Stirn in Seung-Hyuns Nacken legte. Der Ältere war kurz zusammen gefahren, als hätte er sich erschreckt, aber schon nach wenigen Sekunden gab er sich den Berührungen hin und atmete entspannt durch. Ji-Yong wusste, dass er dieses Gefühl nicht verlieren wollte. Nach einigen Minuten richtete er sich auf und entzog seinem Freund das T-Shirt, um es zu Boden zu werfen. Dieser drehte sich daraufhin verwirrt zu ihm um. "Ji-Yonga..." "Hyung, ich weiß, dass es egoistisch ist, aber...bitte lass mich heute Nacht bei dir... bleiben..." Er spürte, wie seine Schultern ergriffen wurden, aber er schämte sich fast für seine Bitte und starrte auf die Matratze, auf welcher er noch immer kniete. "Bist du dir sicher?" "Ich habe Angst um dich!", rutschte es dem Jüngeren heraus und seine Hände legten sich an die starken Arme, die ihn hielten. Für einen kurzen Moment pressten sich seine beinahe farblosen Lippen aufeinander, dann sprach er weiter. "Ich muss wissen, dass du hier bist, sonst werde ich kein Auge zutun können. Bitte, Hyung." "In Ordnung, du kannst bei mir schlafen." Es klang ein wenig, als müsste er sich dazu durchringen, dem Jüngeren dies zuzugestehen, aber in Wirklichkeit musste er sich dazu durchringen vor Glück nicht laut zu jubeln. Es wäre wahrscheinlich ein wenig unangebracht gewesen. Aber es war wie Young-Bae gesagt hatte, jede schlechte Situation hatte auch etwas Gutes und dass er Ji-Yong im Moment genau das geben zu können schien, was er brauchte, dass sie sich endlich wirklich näher kamen, nicht nur im Scherz, machte ihn sehr glücklich. Friedlich kuschelten sie sich schließlich aneinander und Seung-Hyun legte seine Arme schützend um den Körper des Jüngeren. Es dauerte nicht lange, bis Ji-Yongs Atem gleichmäßig ging und kurz darauf glitt auch er ins Land der Träume hinüber. "Ich glaube, ich werde langsam ins Bett gehen." Seung-Ri löste sich nur widerwillig von der Brust Young-Baes, an die geschmiegt er die letzte halbe Stunde verbracht hatte. Doch ihm fielen die Augen fast zu vor Müdigkeit, weswegen er sich doch endlich entschloss zu gehen. Ji-Yong und Seung-Hyun schienen schon seit geraumer Zeit zu schlafen und auch Dae-Sung hatte sich vor einer Weile verabschiedet. Seung-Ri, der zwar ebenso müde war wie sein Zimmergenosse, hatte allerdings noch ein wenig Zeit mit dem Geliebten verbringen wollen. Aber jetzt konnte er sich nicht mehr wachhalten. Zudem wollte er den anderen nicht nötigen, mit ihm auf der Couch zu schlafen - was für die anderen am nächsten Morgen sicher ein seltsames Bild abgeben wuerde. Young-Bae hauchte einen sanften Kuss auf die Lippen des Jüngeren und wünschte ihm eine gute Nacht, machte aber selbst noch keine Anstalten ins Bett zu gehen. Er hatte die Nähe des anderen genossen, sanft seine Haare und seinen Nacken gestreichelt und dabei die freie Zeit genutzt und ein wenig gelesen. Müder war er dadurch allerdings nicht geworden und so blieb er einfach sitzen und las noch ein paar Seiten. Schließlich war allerdings der Zeitpunkt erreicht, wo auch seine Augenlider schwer zu werden begannen. Ein Blick auf die Uhr verriet ihm, dass es kurz nach Mitternacht war. Da sie morgen früh aufstehen wollten, hielt er dies für die geeignete Zeit, sich ebenfalls in Bett zu begeben und rappelte sich vom Sofa auf. Als er schließlich gewaschen und umgezogen das Zimmer betrat, das er sich mit Ji-Yong und Seung-Hyun teilte, bemerkte er als erstes, dass das Bett ihres Leaders leer war. Grinsend wanderte sein Blick zum Bett gegenüber und er erkannte die Silhouetten seiner beiden Freunde darin. Er würde also im Wohnzimmer nächtigen. Noch immer feixend nahm er die die Decke von seinem Bett, warf noch einen Blick auf die Schlafenden und stahl sich dann so leise wie er konnte davon. Einen Moment überlegte er, ob er nicht einfach zu Seung-Ri ins Bett kriechen sollte, aber so wie er die Zweisamkeit der beiden hier nicht stören wollte, so wollte er auch seinen Freund nicht wecken. Jedoch musste Young-Bae nicht zu diesem gehen, um ihn zu wecken. Seung-Ri erwachte von allein, kaum zwei Stunden nachdem er eingeschlafen war. Eine Weile starrte er durch die Dunkelheit zu Dae-Sung hinüber und fragte sich, wie dieser es schaffte, mit der Situation umzugehen. Er selbst hatte Young-Bae, Ji-Yong konnte sich in Seung-Hyuns Arme flüchten, aber Dae-Sung hatte niemanden. Derart düstere Gedanken erzeugten ein flaues Gefühl in seinem Magen. Seung-Ri schlang die Arme um seinen Oberkörper und obwohl sein Bett nicht besonders breit war, kam es ihm auf einmal weitaus größer vor als früher. Er blickte auf die Matratze neben sich, als erwartete er, dort etwas zu finden. Einem Schlafwandler gleich erhob er sich letztlich. Sein Verlangen, Young-Bae zu sehen, ließ sich nicht mehr unterdrücken. Leisen Schrittes verließ er sein Zimmer und machte sich auf den Weg zu seinem Freund. Er würde sehr umsichtig sein müssen, um Ji-Yong und Seung-Hyun nicht zu wecken. Sie sollten schließlich nichts bemerken. Er hatte ja keine Ahnung davon, dass Young-Bae bereits mit ihrem Ältesten über ihre Beziehung gesprochen hatte. Als ihn sein Weg durchs Wohnzimmer führte, das Zimmer der anderen war gleich neben an, fuhr ihm ein eiskalter Schauer die Wirbelsäule herunter. Da lag jemand auf dem Sofa und bei genauer Betrachtung stellte sich dieser jemand als sein Freund heraus. Etwas verwirrt, warum dieser nicht in seinem eigenen Bett schlief, schlich der Jüngere zu ihm und setzte sich neben ihn. Sehnsüchtig strich seine Hand über das entspannte Gesicht, dann küsste er ihn. Wie erwartet schlug der Ältere in der nächsten Sekunde die Augen auf, doch er erschreckte sich nicht, setzte sich stattdessen überrascht auf und schlang sofort die Arme um Seung-Ri. "Hey..." "Hey...", lächelte dieser und ließ sich einen weiteren Kuss gefallen. "Was machst du hier? Warum schläfst du nicht?" "Das könnte ich dich auch fragen. Warum bist du nicht im Bett?" Young-Bae seufzte leise und deutete mit den Augen zu seinem Zimmer. "Ji-Yong und Seung-Hyun brauchen diese Nacht nochmal für sich allein." Seung-Ris Augenbrauen hoben sich erstaunt, doch sein Freund schien kein Problem damit zu haben, sodass auch er seine Fragen vergaß und sich dem zuwandte, weswegen er hier war. Genießend kuschelte er sich an die Brust des Älteren und ließ sich von ihm wieder kraulen. Leider beendete dieser bereits nach zehn Minuten seine Streicheleinheiten und drückte ihn von sich, da er spürte, wie der Jüngere einzuschlafen begann. "Hyung...", murrte dieser. "Tut mir leid, aber du solltest wirklich wieder ins Bett gehen. Wenn du einschläfst, kommen wir hier nicht mehr weg." "Bitte, nur eine Stunde...nur eine..." Seung-Ris Augen wurden immer größer und größer. Ihr bittender Blick gleich dem eines Hundes wickelte Young-Bae sehr schnell ein. Eigentlich wollte er ja selbst, dass dieser bei ihm blieb. "Na gut, eine Stunde." Er lüftete die Decke und ließ seinen süßen Freund darunter schlüfen, welcher sich sofort nah an ihn drängte, das Gesicht in seine Halsbeuge drückend. Dessen Atem kitzelte seine Haut und seine Hände tasteten über seine Brust. Diese wenigen Berührungen genügten bereits, um sein Herz schneller schlagen zu lassen. In einer flinken Bewegung packte Young-Bae Seung-Ris dünne Handgelenke, presste sie auf das Sofa und seine Lippen auf dessen Mund. Dank des Überraschungseffekts konnte er seine Zunge sofort in ihn drängen und ihn ungestört auskosten. Er würde dafür sorgen, dass der Jüngere nicht einschlief. Bereits kurze Zeit später bewegten sich ihre Körper im Einklang, während sie sich leidenschafltich küssten. Young-Bae konnte sich dem Gedanken nicht erwehren, dass dies hier perfekt war. Sanft tasteten sich seine Zunge und seine Lippen über den Hals Seung-Ris. Sein Mund sog sich an der weichen Haut fest und hinterließ ein kleines, verräterisches Mal. Er wollte sich eigentlich zusammennehmen, kein Risiko eingehen, mitten in der Nacht im Wohnzimmer, aber mit dem süßen Körper unter sich, konnte er sich nicht lange zügeln. Langsam zog er dem Jüngeren das T-Shirt über den Kopf. Die Decke war schon lange zu Boden gefallen, aber Seung-Ri fröstelte nicht. Noch immer wurden seine Handgelenke über seinem Kopf festgehalten und er hatte keine Chance, die Zärtlichkeiten, die er erhielt, zurückzugeben. Da Young-Bae auf ihm lag, konnte er auch die Beine nicht rühren, er war so gut wie bewegungsunfähig. Es war ein hilfloses aber auch sehr erregendes Gefühl und so schmolz er unter den Lippen seines Freundes wie Butter in der Sonne. Es dauerte nicht lang, bis schwerer Atem die gespannte Luft erfüllte. Sie beide fühlten den Wunsch in sich, jegliche Zurückhaltung einfach fallen zu lassen, doch noch war ein Rest Vernunft in ihnen zurückgeblieben. Kapitel 13: Breakdown --------------------- "Ich habs schwarz auf weiß, ich darf heute mit zum Training!!" Ji-Yong kam wie von der Tarantel gestochen ins Wohnzimmer gerannt und warf fast Seung-Ri um, der so dumm gewesen war, in seiner Flugbahn zu stehen. Grinsend warf er sich auf Seung-Hyun, der auf dem Sofa gesessen und auf die Rückkehr ihres Leaders vom Arzt gewartet hatte. Am heutigen Nachmittag stand ihr nächstes Tanztraining an und Ji-Yong hatte sie alle lautstark an Seung-Hyuns Versprechen erinnert. Dieser sah zwar, dass es dem Jüngeren wieder besser ging, wollte aber doch die Bestätigung eines Fachmanns haben, dass er in der Lage war, die Belastungen des Trainings auszuhalten. Und wie es sich anhörte, hatte er sie bekommen. "Das freut mich!", grinste Seung-Hyun und zerstrubbelte Ji-Yong das Haar. Die Trainingsstunden ohne ihren quirligen Leader - auch wenn er im Moment nicht halb so aufgedreht war, wie man es von ihm gewohnt war - hatten seltsam leer und streng gewirkt. Heute würde es wieder ein solches Chaos werden, dass er sich wünschen würde, Ji-Yong hätte doch noch zu hause bleiben müssen. Die Warterei beim Arzt hatte den Jüngeren fast verrückt gemacht, doch nun konnte er sich selbst dafür danken, dass er so fleißig an sich gearbeitet hatte, um nun schon wieder fit zu sein. Daher lachte er glücklich, als Seung-Hyuns Finger durch sein Haar fuhren und schmiegte sich an ihn, so arglos wie zuvor. Ein Wagen holte sie ab und auch Min-Ho war darin, um sie zu begleiten. Seung-Hyun konnte nicht ganz nachvollziehen, warum er auch bei ihnen sein sollte, wenn sie alle geschlossen zum Training gingen, aber Ji-Yong schien sich in seiner Begleitung besser zu fühlen. Allerdings hatte dies nach dem Anschlag auf Seung-Hyun einen vollkommen anderen Grund. Da sie alle nun dazugelernt hatten, war ihr Manager am nächsten Tag informiert worden, was dazu geführt hatte, dass selbst das Trainingsgebäude auffallend stark bewacht wurde. "Scheinbar müssen wir uns um nichts mehr Sorgen machen." Mit diesen Worten wies ihr Ältester auf die gesamte Security hin, nicht ohne den Vorsatz, vor allem Ji-Yong Erleichterung zu verschaffen. "Ja, jetzt musst du keine Angst haben", gab dieser als Antwort von sich und versuchte ihn zu necken. Aber Seung-Hyun war viel zu gut gelaunt, um sich über den Seitenhieb zu ärgern. Alles schien wieder in Ordnung zu kommen. Das Training lief bereits seit drei Stunden, doch ihr Leader schien vor Energie fast zu platzen. Er zeigte keinerlei Anzeichen von Müdigkeit und war so aufnahmefähig und konzentriert wie noch nie. Die letzten Wochen mussten wirklich eine Qual für ihn gewesen sein, wenn er das Training jetzt so ernst nahm. Als Seung-Hyun bemerkte, wie dieser sich ab und an in Nacken fasste und sich streckte, begann wieder etwas Sorge in ihm aufzukeimen. Doch Ji-Yong winkte ab, als er ihn fragte, ob er nicht einmal eine Pause machen wollte. "Hyung, ich weiß selbst, wie es mir geht. Bitte, lass mich doch ein bisschen Spaß haben. Ich höre auch auf, wenn es schlimm wird. Versprochen." In einer Geste des Vertrauens hielt er dem Älteren seinen kleinen Finger entgegen. Seung-Hyun zögerte, den seinen darin einzuhaken, aber letztlich musste er sich geschlagen geben. Ji-Yong hatte sich seine Stunden in Freiheit wirklich verdient. So schickte er zwar immer wieder einen besorgten Blick in Richtung des Jüngeren, sagte aber nichts mehr. Wenn Ji-Yong sagte, er würde auf sich achtgeben, dann sollte er ihm vertrauen. Und wahrscheinlich war die Bewegung auch für seinen eingerosteten Körper nicht das Schlechteste. Heute war eindeutig der beste Tag seit langem und sie schienen weiter voranzukommen, als in den vergangenen zwei Wochen zusammen. Es tat eindeutig nicht nur Ji-Yong gut, dass er wieder hier war. Vielleicht würde es nicht mehr lange dauern, bis sie wieder funktionierten wie früher. Oder sogar besser. Am Ende der Stunde hatte selbst ihr Trainer eines seiner seltenen lobenden Worte für sie übrig und auch er erwähnte noch einmal, wie sehr er sich freute, dass ihr Leader mit von der Partie war. Sie alle keuchten schwer, als sie den Umkleideraum betraten und hatten es sehr eilig aus den verschwitzen Klamotten heraus und unter die Dusche zu kommen. Seung-Hyun war der Erste, der eine Kabine für sich beschlagnahmte und seufzte leise auf, als das lauwarme Wasser seine Haut berührte. Einen Moment später hörte er, wie auch das Wasser in den anderen Kabinen angestellt wurde. Er konnte tun, was er wollte, heute bekam er das Lächeln nicht aus seinem Gesicht. Noch nicht einmal, als er gestolpert und auf den riesigen blauen Fleck auf seinem Schienbein gefallen war, konnte er so richtig böse sein. Dazu war der Tag einfach viel zu gut verlaufen. Dazu ging es Ji-Yong viel zu gut. Er betete - zu wem auch immer - dass das Lächeln auf seinem Gesicht diesmal von längerer Dauer sein wuerde. Obwohl das Wasser aus dem Duschkopf sich langsam abkühlte - die Leitungen im Gebäude waren recht alt und wirklich warmes Wasser eine Seltenheit - wurde ihm auf einmal sehr warm. Ji-Yong... sie waren sich in den letzten Tagen so nah gewesen wie noch nie. Und Seung-Hyun wollte, dass das so blieb. Für immer. Er sah an sich herunter und zu seinem Grinsen gesellte sich eine tomatengleiche Färbung seines Gesichts. Kaltes Wasser war vielleicht doch nicht schlecht. Minuten später kam er in frischem T-Shirt und Boxershorts in den Umkleideraum zurück und musste fast lachen bei dem Bild, dass sich ihm dort bot. Ji-Yong saß zusammengekauert und mit einem Berg Wäsche im Arm auf dem Boden vor seinem Spind, den Kopf in den Nacken gelegt und den Mund leicht geöffnet. Ein leises Schnarchen durchbrach von Zeit zu Zeit die Stille. Es fehlte fast nur noch, dass er einen Daumen in den Mund steckte, so sehr ähnelte er einem kleinen Kind, das vor Erschöpfung eingeschlafen war. Der Ältere schüttelte den Kopf und ging leiser Schritte auf ihn zu, um sich vor ihn zu hocken. Es sah vollkommen friedlich aus, als wäre er mit sich und der Welt im Reinen. Seung-Hyun war froh, dass Ji-Yong scheinbar wieder soviel Vertrauen gefasst hatte, dass er selbst in ihrem Umkleideraum selig schlafen konnte. Wahrscheinlich hatte er die Anstrengung, die ein Training mit sich brachte, wirklich einmal wieder gebraucht. Er streckte die Hand aus und streichelte seinem Freund über die Wange, welcher sich daraufhin leicht bewegte. Dessen Kopf fiel seitlich auf seine Schulter, mehr tat sich nicht. "Na, da hast du dich aber ganz schön verausgabt." Der Ältere sah zu beiden Seiten über seine Schultern, als wollte er sich vergewissern, dass niemand ihn beobachtete. Die anderen waren noch nicht hier. Er setzte sich neben Ji-Yong und zog ihn langsam zwischen seine Beine, um seine Arme um ihn zu legen. Noch immer seelenruhig lehnte dessen Gesicht nun an seiner Brust und der Jüngere seufzte wohlig, ob der Wärme, welche ihm nun geschenkt wurde. Ein liebevolles Lächeln legte sich auf Seung-Hyuns Lippen, wobei er seinen Freund zärtlich streichelte und ab und zu einen Kuss auf dessen Scheitel setzte. Die Zeit und den Ort vergaß er dabei fast völlig. Mit Ji-Yong in seinen Armen schaffte er sich ein Refugium, aus dem es kein Entkommen geben sollte und er wünschte sich, es nie mehr auflösen zu müssen. "Ji-Yonga... ich liebe dich...", flüsterte er. Doch er wusste, dass der Jüngere es nicht hören konnte. Als er nach einigen Minuten die Stimmen der anderen drei aus der Dusche hörte, löste er sich schließlich von seinem Freund und kniete sich vor ihn, um ihn sachte zu wecken. "Hey, Ji-Yonga, es ist noch nicht Schlafenszeit!" Seung-Hyun rüttelte sanft an dessen Oberarm und als dies nichts nützte, schüttelte er ihn noch ein wenig fester. "Was ist mit Ji-Yong Hyung?" Plötzlich tauchte Dae-Sung neben ihm auf und betrachtete die Szene mit großen Augen. Es schien, als machte er sich Sorgen, aber Seung-Hyun grinste nur breit. "Er ist einfach eingeschlafen", lachte er, "und jetzt will er nicht mehr aufwachen." Aber das stimmte nicht ganz, denn Ji-Yongs Augenlider begannen leicht zu flattern und ganz langsam öffnete er sie. "Äh was...", kam es leise nuschelnd von ihm. "Bin ich etwa eingeschlafen?" "Sieht ganz so aus." Seung-Hyun strich ihm über die Wange. "Hast dich wohl doch ein bisschen überanstrengt, was?", lachte er und reichte Ji-Yong die Hand, um ihm wieder auf die Beine zu helfen. "Ich glaube, ich hab was schönes geträumt", sagte der Jüngere mehr zu sich selbst als zu einem der anderen, als er endlich wieder auf den Beinen stand. Seung-Hyun musste lächeln. Ja, das konnte er sich vorstellen. Der Jüngere lehnte sich noch einmal leicht gegen Seung-Hyun und kuschelte sich für einen kurzen Moment an ihn, dann jedoch schien er wieder richtig zu erwachen. Vor allem, da der Rest der Gruppe ihnen zusah. Es war ihm nicht unangenehm, keinesfalls, aber Berührungen dieser Art tauschte er doch lieber allein mit dem Älteren aus. Und auch wenn es diesen Abend nicht lang anhielt, da sie alle gemeinsam zu hause blieben, nutzte Ji-Yong doch unbewusst jede Sekunde, in der er diesen für sich hatte. Nach dem Erfolg beim Training war der Leader eigentlich davon ausgegangen, nun endlich wieder an den Promotion-Aktivitäten mitwirken zu dürfen. Daher hatte er auch voll Vorfreude am nächsten Tag ihren Manager angerufen, um ihm von seinem guten Zustand zu berichten. Als Ji-Yong wenige Minuten später äußerst schlecht gelaunt aus dem Schlafzimmer gestapft kam, ahnten seine Freunde bereits, dass dieses Gespräch nicht das Ergebnis gebracht hatte, welches er sich gewünscht hatte. Nicht einmal ihr Ältester schaffte es, ihn wieder aufzumuntern, trotz aller Versprechungen, die er ihm machte. Einige Tage vergingen, in denen sich ihr Leader wieder zusammennahm und setzte seinen nächsten Physiotherapietermin genau an einen Morgen, an dem der Rest der Gruppe ein Interview zu geben und einige Autogramme zu verteilen hatte. Auf diese Weise konnte er sich zumindest die Illusion schaffen, ebenfalls beschäftigt zu sein. "Sie haben große Fortschritte gemacht, Herr Kwon. Es scheint ihnen alles sehr viel leichter zu fallen." "Das liegt nur daran, dass ich so eine gute Ärzten habe", grinste Ji-Yong die junge Frau an, welche ihn schon seit einigen Wochen behandelte. Sie begann blöd zu kichern, blickte ihn dann aber streng an. "Ich hoffe, dass sie auch weiterhin so gut an sich arbeiten werden. Dann werden sie bald weitaus seltener zu mir kommen müssen." Er erhob sich von der Liege, um sich sein Shirt wieder überzuziehen, wobei er einen trauernden Ausdruck auf sein Gesicht brachte. Mit diesem verabschiedete er sich und trat aus dem Behandlungszimmer. Min-Ho tauchte vor ihm auf, so wie er es erwartet hatte. Er nickte seinem persönlichen Bodyguard zu und dieser folgte ihm. "Es ist Mittag. Wollen wir noch etwas essen gehen, bevor ich dich nach Hause fahre?" "Nein, die anderen werden auch bald kommen. Wir wollten zusammen essen." "Aber du weißt doch gar nicht genau, wann sie kommen." "Ist mir egal. Ich warte." Min-Ho zuckte mit den Schultern, es ging ihn ja nichts an. Daher fuhr er den Jüngeren direkt zurück zum Apartmenthaus. Er wechselte einige kurze Worte mit der Wache vor der Tür, welche neu war, da es am Vormittag einen Wechsel gegeben hatte. Als er Ji-Yong nach oben begleiten wollte, hielt dieser ihn allerdings davon ab, da er den Weg durch das Treppenhaus auch allein schaffen würde. Ja, er besiegte langsam seine Furcht. Er erklomm etwas erschöpft die Treppen und achtete überhaupt nicht auf seine Umgebung. Seine Gedanken lagen nur bei den anderen. Vor allem bei Seung-Ri und Seung-Hyun. Er konnte sie nicht sehen. Woher sollte er wissen, ob ihnen nicht längst etwas zugestoßen war? Letztlich konnte er nur hoffen. Die Wohnungstür schwang auf und sein Blick fiel zu Boden. Ein Zettel befand sich direkt vor ihm. Er wirkte, als wäre er unter der Tür hindurch geschoben worden. In seinen Gedanken noch an anderer Stelle hob er ihn arglos auf und las, was darauf geschrieben stand. Du solltest nicht allein irgendwo einschlafen. Das ist gefährlich, mein Engel. "Nein...", flüsterte er atemlos und schleuderte das Stück Papier von sich. Es drehte sich einige Male in der Luft, bis es verkehrtherum auf dem Parkett auftraf. Er wusste, was die Rückseite bedecken würde. Das Auge. Mit weit aufgerissenen Augen starrte er darauf. Seine Bewegungen kamen ihm steif und viel zu langsam vor, als er es endlich schaffte zurückzuweichen und die Tür zuzuknallen. Doch das rettete ihn nicht. Ein weiteres Auge blickte ihn von dieser her an. Ji-Yong spürte, dass er schreien wollte. Um Hilfe rufen. Die Security war gleich da unten, am Ende der Treppe. Er musste nur schreien. Aber seine Kehle schien zugedrückt zu werden, als er sich umwandte und mit Entsetzen festellte, dass das gesamte Treppenhaus mit dem Zeichen übersäht war. Die Wände waren damit bemalt worden. Es war überall und starrte ihn an. Wie hatte er es nur übersehen können? Er ist hier, schwirrte der Gedanke durch seinen Kopf, während stumme Tränen begannen seine Wangen hinunter zu laufen. Er musste endlich etwas tun. Zuerst war es nur ein heiseres Krächzen, das es aus seinem Mund schaffte. Beim zweiten Versuch schrie er wirklich. Der Schrei hallte laut in dem leeren Treppenhaus wieder, wurde von den beschmierten Wänden zurückgeworfen, verfielfacht. Als er unten an die Ohren Min-Hos traf, hörte er sich noch lauter, verzerrter, schmerzhafter an, als er eigentlich gewesen war und schien selbst dann noch nachzuhallen, als dieser bereits die Stufen zum Apartement seines Schützlings erklommen und ihn in kauernder Position vor der verschlossenen Tür vorfand. Ihm waren die Augen nicht entgangen und so konnte er ziemlich genau erahnen, was sich hier vor wenigen Sekunden abgespielt hatte. Ein Blick auf Ji-Yong verriet ihm, dass dieser im Moment nicht fähig sein würde, ihm Fragen zu beantworten und so versuchte er lediglich beruhigend auf ihn einzureden, doch es bewirkte nichts. Ji-Yongs Blick war leer. Es schien als hätte ihn dieser Schrei all seine Kräfte gekostet. Er bewegte sich kaum, starrte nur ins Nichts, in die Augen, die bedrohlich zurückstarrten und stumme Tränen rannen über seine Wangen. Er hatte sich tatsächlich in Sicherheit gefühlt und nun war wieder so hart in ihr Leben eingegriffen worden. Min-Ho kniete sich neben ihn, legte ihm eine Hand auf den Rücken und versuchte dabei sanft den Schlüssel, den Ji-Yong noch immer in seiner Hand hielt, aus seinem festen Griff zu lösen. Er schloss die Tür auf, dann versuchte er, ihm auf die Beine zu helfen, doch es war nicht sehr einfach, denn Ji-Yong schien überhaupt keine Kraft mehr in sich zu haben. Schließlich, hob er ihn einfach hoch und brachte ihn auf die Couch im Wohnzimmer. Den Zettel im Eingang bedeckte er mit seinem Fuß, als er ihn entdeckte, damit Ji-Yong ihn nicht wieder sehen musste. Dieser bekam kaum noch etwas von dem mit, was um ihn herum geschah. Er bemerkte nicht mehr, wie sein Bodyguard bei ihm ankam und wie er ihn in die Wohnung brachte. Er hörte nur das Rauschen in seinen Ohren. Sah nur die gekritzelte Augen, die vielen Augen, die ihn anstarrten, ihn durchbohrten, die immer hinter ihm waren. Immer dann auftauchten, wenn er es wagte, sich wieder besser zu fühlen. Diese verdammten Augen hatten sein Leben zerstört. 'Er wird ihnen wehtun' Der Gedanke ließ ihn nicht mehr los. Da war eine Stimme in seinem Kopf, die es brüllte und so sehr er sie auch niederkämpfen wollte, sie kam nicht zur Ruhe. Er wollte das alles nicht mehr. Wollte diese grauenvollen Augen nie wieder sehen, wollte nie wieder etwas von diesem Menschen hören. Er wollte stark sein und nicht jedes Mal zusammenbrechen und heulen wie ein kleines Kind. 'Er wird ihnen wehtun' Das Blut in seinen Ohren rauschte lauter, vor seinen Augen tanzten schwarze Punkte und nahmen ihm die Sicht. "HALT ENDLICH DEIN MAUL!!" Der Schrei brachte ihn endlich wieder in die Wirklichkeit zurück. Er befand sich im Wohnzimmer ihrer Wohnung, keine Augen an den Wänden. Er spürte fast so etwas wie Erleichterung. Hierher war er also noch nicht vorgedrungen. Neben ihm stand Min-Ho, er hielt ein Glas Saft in der Hand und schien sehr besorgt. "Ji-Yong, bist du wieder bei dir?", fragte er und setzte sich neben ihn, damit er nicht von oben herab mit ihm sprechen musste. "Hmm... ich glaube schon..." Ji-Yongs Stimme klang leise, als würde er mit Watte im Mund sprechen, aber vielleicht hörte es sich auch nur für ihn so an. Das Rauschen in seinen Ohren war immernoch da, ebbte aber langsam ab. Wieder legte Min-Ho die Hand auf den Rücken des Jüngeren und hielt ihm das Glas hin. "Hier, du solltest etwas trinken. Ich werde sofort die Polizei verständigen und sobald sie hier waren, werde ich jemanden anweisen, die Schmiereien im Hausflur zu beseitigen." Ji-Yong nickte schwach. Er war sich nicht sicher, ob er alles verstanden hatte, was sein Beschützer gesagt hatte, aber es klang beruhigend. Gierig trank er den Saft aus und ließ sich dann wieder gegen die Couch sinken. 'Er wird ihnen wehtun!' Während er spürte, wie er langsam seine Fassung wiedergewann, hörte er aus der Ferne Min-Ho, der telefonierte. Ji-Yong wollte ihm sagen, dass er sich nach den anderen erkundigen sollte. Er musste wissen, ob etwas Schlimmes passiert war. Als sein Bodyguard zurückkehrte, nahm er ihm das Glas aus der Hand und setzte sich neben ihn. "Geht es wieder? Oder brauchst du etwas?" "D-die anderen.", meinte der Jüngere mit schwacher Stimme. "Wie?" "Du musst sie...anrufen...Bitte. Frag, ob es ihnen gut geht." "Natürlich, wenn die Polizei hier war, werde ich sie anrufen." "Nein. Du musst sie sofort anrufen...sofort..." Ji-Yongs Hand griff Min-Hos Ärmel. Er meinte es ernst, doch der Ältere schien diesen Ernst nicht zu begreifen. Dieser ergriff seine Hand und streichelte sie seltsam vertraut. "Shhh~t. Ist ja gut. Ich werde sie anrufen." Mit diesen Worten ließ er seine Hand über den Kopf seines Schützlings gleiten, der seine Panikattacke scheinbar noch nicht ganz überwunden hatte. Ji-Yongs Sicht verschwamm allmählich, während der Stress abnahm. Er spürte wie sein Körper schwer wurde und er nach vorn sank. Min-Ho fing ihn auf und ließ den erschöpften Jungen an sich lehnen. Noch bevor die Polizei eintraf, war Ji-Yong fest eingeschlafen. Die anderen kehrten zurück und fanden zwei Männer im Treppenhaus vor, welche dabei waren, die Schmierereien an den Wänden zu beseitigen. Die Augen starrten auch ihnen entgegen und sie ahnten sofort, was vorgefallen war. "Ji-Yong!" Entkam es noch auf der Treppe Seung-Hyun, welcher sofort Angst um seinen Freund in sich aufwallen spürte. Er wusste nicht, was geschehen war. Was sollte er tun, wenn der Jüngere verletzt worden war? Und er war nicht hier gewesen! Der Rest folgte ihm. Sie hechteten die Treppe hinauf und stürmten die Wohnung. "Ji-Yong!", rief Seung-Hyun ein weiteres Mal. Er erhielt keine Antwort. Nein, das durfte nicht geschehen sein. "Hyung, im Wohnzimmer." Seung-Ri deutete auf die Tür am Ende des Flurs, welche weit geöffnet war. Der Ältestete ging schneller Schritte darauf zu, aber erstarrte sofort, als er sah, welcher Anblick sich ihm bot. Da war Min-Ho, diesmal jedoch war Seung-Hyun über seinen Anblick weder erfreut noch erleichtert. "Ji-Yonga...", entkam es ungläubig flüsternd seinem Mund. Der Jüngere hatte seine Augen fest geschlossen. Seine Wangen waren bleich und er lag in Min-Hos Armen. "W-was ist passiert?" "Du hast doch sicher die Augen gesehen. Er war wieder hier. Ji-Yong hat das alles ganz schön mitgenommen, er ist einfach eingeschlafen und ich wollte nicht, dass niemand bei ihm ist, wenn er aufwacht. Also bin ich hier geblieben." "Aha...", war das einzige, was Seung-Hyun dazu einfiel. Irgendwie gefiel ihm dies alles nicht, ganz und gar nicht. Abgesehen von der besorgniserregenden neuen Attacke des Stalkers war das hier etwas, das sich langsam in sein Hirn fraß und gesteigertes Unwohlsein auslöste. Ji-Yong schlafend in Min-Hos Armen. Nein, bei aller Liebe, das gefiel ihm nicht. War das etwa Eifersucht die in ihm aufwallte? Eifersucht, die die Sorge überdeckte? Seung-Hyun kam sich bei dem Gedanken ein bisschen schäbig vor, aber er konnte nichts dagegen machen, er wollte nicht, dass Ji-Yong in anderen Armen als den seinen schlief. Hinter ihm betraten die anderen nun ebenfalls das Wohnzimmer und erkundigten sich, was vorgefallen war. Min-Ho erklärte es ein weiteres Mal. "Das kann nicht sein, wie ist er hier reingekommen?" Young-Bae war der Erste, der diese Frage stellte, obwohl sie so naheliegend war. "Hat denn der Wachschutz nichts mitbekommen?" Min-Ho schüttele den Kopf. "Ich habe schon nachgefragt und ihnen ist nichts besonderes aufgefallen." "Dann war es entweder jemand, der hier unauffällig reinmarschieren kann oder jemand, der sehr lange auf den richtigen Moment gewartet hat und beides macht mir große Sorgen. Die Sache wird immer gefährlicher. Und die Polizei hat natürlich immernoch keine Hinweise!" Die Frustration war deutlich in Young-Baes Gesicht zu lesen, genauso wie in denen aller anderen. Doch in Seung-Hyun tat sich noch mehr. Je länger er sehen musste, wie Ji-Yong friedlich an den Bodyguard gelehnt schlummerte, umso wütender wurde er. Es hätte nicht mehr viel gefehlt und sein momentan recht dünnes Nervenkostüm wäre gerissen und er hätte erneut etwas ungeheuer Dummes getan. Aber Ji-Yongs Augenlider begannen nun zu flattern und langsam erwachte dieser. Seung-Hyuns Zorn war mit einem Mal wie weggeblasen. Er trat an das Sofa heran und kniete sich vor ihn auf den Boden. "Ji-Yonga, wie geht es dir?" Der Angesprochene schüttelte den Kopf, er schien immer noch nicht wieder ganz bei sich zu sein. Dann klappte er nach vorn, direkt auf den Älteren zu. Einen Moment dachte Seung-Hyun, er wäre in Ohnmacht gefallen, doch dann spürte er die zitternden Arme, die sich um seinen Körper schlangen und die heißen Tränen, welche seinen Hals benetzten. "Hyung...", erklang es brüchig neben seinem Ohr. Der Ältere legte seine Arme fest um seinen bebenden Freund und drückte ihn an sich, unaufhörlich über dessen Kopf streichelnd. "Ji-Yonga, es ist alles gut." Doch Ji-Yong schien ihm überhaupt nicht zu zu hören. "Ihr...ist euch was passiert...?" Wieder konnte Seung-Hyun nur erstaunt und traurig auf seinen Freund herabblicken, dessen einziger klarer Gedanke der um ihre Sicherheit zu sein schien. "Es ist nichts. Wir alle sind unverletzt." "Und dir...geht es dir gut?" "Ja...mir...gehts gut." Es fiel ihm schwer, dies zu sagen. Denn es war eine grässliche Lüge. Er fühlte sich grauenvoll, wenn er Ji-Yong so sah. Schon dessen erster Zusammenbruch hatte ihn schockiert, doch mit jedem Mal wurde es schlimmer und er wusste einfach nicht, wie er dies verkraften sollte. Warum wurden sie in Frieden gelassen, in Sicherheit gewogen? Nur, um sie dann noch härter zu treffen? Wut kochte in ihm auf, aber er drängte sie zurück. "Hyung, bitte...", flüsterte es wieder nah seinem Ohr, sodass nur er es hören konnte. "...bitte, bring mich weg..." "Natürlich." Ohne zu Zögern festigte er seinen Griff um den schmalen Körper und hob ihn hoch. Ji-Yong bat nicht einmal mehr darum, allein zu laufen. Er hoffte nur, dass sein Freund nicht aufgegeben hatte. Als er sich aufrichtete, fiel sein Blick in Min-Hos Augen, welcher sie die gesamte Zeit beobachtet hatte. Seung-Hyun hatte es gespürt. Der Ausdruck, der ihnen inne wohnte, verwirrte ihn für einen kurzen Moment. Für den Bruchteil einer Sekunde glaubte er, Wut zu erkennen, doch das Gefühl verschwand so schnell wie es gekommen war und Min-Ho blinzelte irritiert. "I-ist irgendwas?" "Nein. Überhaupt nichts.", antwortete Seung-Hyun knapp und trug Ji-Yong dann endlich in ihr Zimmer, um die Tür fest hinter ihnen zu verschließen. Doch anstatt ihn von sich zu weisen, damit er sich hinlegen konnte, behielt ihn bei sich. Er setzte sich auf sein eigenes Bett und ließ den Jüngeren auf seinem Schoß ruhen. Es herrschte Stille zwischen ihnen und Seung-Hyun ließ seine Gedanken davongleiten, während er fast automatisch seine Hand durch die Haare des anderen wandern ließ. War jener Abglanz von Wut in den Augen des Bodyguards vorhin Wirklichkeit gewesen oder spielten ihm seine nervösen Nerven einen üblen Streich? Er mochte Min-Ho nicht, hatte es von Anfang an nicht getan. Weil er ihm seinen Platz als Ji-Yongs Beschützer streitig machte und weil Ji-Yong ihn in dieser Rolle akzeptierte. Und dieser Blick schien zu bedeuten, dass es diesem ähnlich ging. Nahm er nur seinen Job ernst, oder steckte eventuell etwas anderes dahinter? Je länger Seung-Hyun darüber nachdachte, umso mehr verzog sich Min-Hos Gesicht in seiner Erinnerung zu einer wütenden, mordlüsternen Fratze und am Ende war er sich beinah sicher, dass es nur Einbildung gewesen war. Er war eifersüchtig und sah den anderen als Konkurrenz, es lag nicht allzu fern, dass seine Paranoia ihm einen Streich gespielt hatte "Hyung..." Er schreckte aus seinen schweren Gedanken hoch. "Haben sie dich auch so angestarrt?" Ji-Yongs Hand war fest in das T-Shirt des Älteren gekrallt. Seine Augen wirkten immernoch seltsam leer und doch zeichnete sich eine tiefe Verzweiflung in dessen Blick ab. "Äh... wer?" "Die Augen im Hausflur... Sie haben gestarrt, sie haben mich gesehen..." Seung-Hyun presste den Freund wieder fest an sich. Er spürte, dass er am Rande eines Nervenzusammenbruchs stand. "Es sind schon Leute da, die sie wegwischen, es wird alles wieder gut...", flüsterte der Ältere mit gezwungen ruhiger Stimme. In Wirklichkeit war auch er nicht mehr weit von einem Zusammenbruch entfernt, aber er musste stark sein. Musste für Ji-Yong da sein. "Vielen Dank für alles", verabschiedete Young-Bae den Bodyguard und schaute ihm noch eine Weile im Flur nach. Immernoch versuchten die Männer, die Zeichnungen von den Wänden zu entfernen, aber es schien, als würde es viel Anstrengung kosten, ihre Arbeit mit Erfolg zu krönen. Schließlich schloss er die Tür hinter sich. "Gut, dass er da war, stimmt's?" Seung-Ri stand auf einmal hinter ihm und legte ihm den Arm um die Hüfte. "Ja..." Young-Bae fühlte sich nicht wohl, Sorgen zerfraßen ihm den Geist, aber dass er wenigstens ein paar Sekunden mit Seung-Ri allein hatte, tat ihm gut. "Ich hoffe, dass Ji-Yong sich schnell wieder erholt, es ging ihm doch gerade wieder so gut." "Es ist, als würde er jedes Mal tiefer fallen..." Young-Bae sprach so leise, dass er seine eigene Stimme kaum hören konnte und er bezweifelte, dass die Worte an das Gehör des anderen gedrungen waren. Er nahm das Gesicht seines Freundes zwischen die Hände und küsste sanft seine weichen Lippen. Doch obwohl Young-Bae nur geflüstert hatte, hatte Seung-Ri seine Worte vernommen. Selbst während sie sich küssten, klangen sie noch in dem Jüngeren nach. Seine mit Narben übersähten Hände schlangen sich fest um den Hals des anderen und er drängte sich an ihn. Er wollte, dass dieser ihn küsste. So lang und innig, dass sein Atem schwinden und er vor Liebe bewusstlos werden würde. Die starken Hände des Älten legten sich um seinen Rücken, fuhren begehrend darüber und sorgten für eine Gänsehaut, die ihn sich noch weiter in ihren Kuss lehnen ließ. Young-Bae spürte, wie sehr dies an Seung-Ri nagte, genauso sehr, wie es sich in ihn selbst hinein bohrte. Ihr Leben könnte wundervoll sein, perfekt. Warum nur? In der nächsten Sekunde löste der Jüngere sich unsicher von ihm und sah ihm ängstlich in die Augen. Young-Bae legte eine Hand an dessen Wange und wollte fragen, ob es ihm nicht gefallen hätte, doch der Blick seines Freundes war zu ernst. "Hyung, hörst du das auch?" Nun lauschte auch er und vernahm gedämpfte Schreie. Schnelle Schritte waren zu vernehmen und eine Tür wurde aufgerissen. Seung-Hyuns Stimme hallte panisch durch die Wohnung. "Dae-Sung, schnell! Hilf mir!" "Hyung!" Und hinter diesem Wortwechsel konnten sie Ji-Yong vernehmen, aber sie verstanden nicht, was dieser aus sich herausschrie. Sofort rannten sie ebenfalls in Richtung des Schlafzimmers. "Ji-Yong Hyung...", wisperte Seung-Ri dessen Namen in seinem Entsetzen. Er konnte nicht fassen, was er sah. Seine Hand packte bebend den Arm Yong-Baes. Seung-Hyun hatte gehofft, ihren verstörten Leader mit seiner festen Umarmung beruhigen zu können, ihn mit seinen Worten wieder Sicherheit spüren lassen zu können. Aber der Blick seines Freundes hatte begonnen eine irre Verzweiflung anzunehmen. Dessen Finger hatten sich so fest in seine Schultern gegegraben, dass es schmerzte. Er hatte ihm gesagt, dass sie beobachtet würden, die gesamte Zeit. Dann hatte er begonnen ihn zu schütteln und panisch um sich zu blicken. Ji-Yong hatte erst eindringlich aber mit wirren Worten auf ihn eingeredet. Hatte gesagt, dass sie sich verstecken müssten, doch als Seung-Hyun ihn versuchte ruhig zu halten, da er nicht wollte, dass sich der Jüngere weh tat, hatte er zu schreien begonnen. Und auch jetzt schrie er noch. "Nein!!! Bitte, sie kommen!!! Wir müssen weg!!! Bitte!!!" Als Ji-Yong begann, um sich zu schlagen, hatte der Ältere ihn auf das Bett drücken müssen, wobei sein Freund ihm mit seinem Knie einen Treffer in den Magen versetzt hatte. Doch auch als Dae-Sung nun seine Beine festhielt, fiel es Seung-Hyun schwer, den Jüngeren auf der Matratze zu halten. "Ji-Yonga, hör mir zu! Niemand ist hier! Bitte, sieh mich an!". Verzweifelt rief er seinen Namen, aber dessen einzige Reaktion waren mehr Schreie und mehr Widerstand. Woher nahm er nur diese Kraft? Bald würde er ihn nicht mehr halten können. Und in diesem Moment sickerte eine Idee in sein Bewusstsein. Sie hatte schon einmal funktioniert. Diesmal würde er es wieder schaffen. Auch wenn die Situation, für die er sich diesen Schritt gewünscht hatte, eine vollkommen andere gewesen war, so war dies sein letzter Ausweg. Er griff die Handgelenke seines Freundes noch etwas fester, dann senkte er seinen Kopf blitzschnell herab und dämpfte dessen Schreie. Von einer auf die nächte Sekunde herrschte beinahe Stille im Raum und Ji-Yongs Bewegungen erstarrten verkrampft. Seung-Hyuns Lippen lagen fest auf denen des anderen und hielten ihn gefangen. Und tatsächlich hörte der Jüngere unter ihm auf zu strampeln und als er seine Lippen wieder von ihm löste, lag er mit weit aufgerissenen Augen aber ruhig da. "Tut mir leid, ich wusste nichts Besseres", entschuldigte er sich. Dieser Kuss hatte rein gar nichts Leidenschaftliches an sich gehabt, nichts Liebevolles, er war Mittel zum Zweck gewesen und es hatte gewirkt. Seung-Hyuns Herz schlug zwar schnell, aber nicht Schmetterlinge in seinem Bauch trugen Schuld daran, sondern die Sorge um seinen Freund und die Anstrengung, die es ihn gekostet hatte, ihn festzuhalten. Langsam löste auch Dae-Sung seinen Griff um die Beine Ji-Yongs. Er wirkte ein wenig unsicher und war sichtlich mit der ganzen Situation überfordert. "Ji-Yonga... ist alles in Ordnung?" Doch er erhielt keine Antwort. Immernoch stand der Älteste über den Leader gebeugt, hielt seine Handgelenke und hielt ihn fast ebenso stark mit seinem Blick. "Was...", hauchte Ji-Yong schließlich, "ich... Hyung...?" Er wirkte, als wäre er gerade aus einem Albtraum aufgewacht, so als wäre er die letzten Minuten überhaupt nicht bei sich gewesen. "Ich bin hier, in Ordnung?" Ji-Yong war sich keinesfalls sicher, ob alles in Ordnung war. Seung-Hyun war bei ihm. Daran konnte er sich auch erinnern. Aber warum lag er und weswegen raste sein Herz. Stöhnend setzte er sich auf und hielt seinen Kopf. "Ah...mir ist schwindelig. Was ist los?", murmelte er verwirrt vor sich hin und ließ dann seine Blicke über die anderen fahren. Dae-Sung, der ihn noch immer verstört anstarrte und Seung-Ri, welcher sich an Young-Bae klammerte. Entsetzen zeichnete sich weiterhin in seinem Gesicht ab. "Seung-Riya, was hast du?", fragte Ji-Yong ihn frei heraus. Er verstand wirklich nichts mehr. Die beiden kamen nun auf ihn zu. Er wollte aufstehen, doch Dae-Sung drückte ihn wieder auf das Bett. "Hyung, nicht. Du solltest lieber sitzen bleiben." Da es in seinem Kopf gefährlich schmerzhaft pochte, nickte er dem Jüngeren zu, dann erblickte er Seung-Ri, der sich vor ihn gehockt hatte und ihn von unten her voll Sorge ansah. "Hyung, erinnerst du dich denn nicht mehr?" "An was?" Die Züge des Jüngsten entglitten noch ein wenig mehr. Derartiges hatte er noch nie erlebt. Wie konnte die Szene, die sich ihnen eben geboten hatte, so schnell vorbei und aus dem Gedächtnis des anderen gestrichen sein? "Du...du hast geschrien und um dich geschlagen." Young-Baes Hände zuckten in Seung-Ris Richtung. Er wollte ihn davon abhalten, dies zu sagen, aber es war heraus, bevor er es in die Tat umsetzen konnte. Außerdem würde es nichts bringen, so zu tun, als wäre nichts geschehen. Ji-Yongs Augen weiteten sich. Der Jüngere blickte ihn zu ernst an, als dass dies ein Scherz sein könnte und sein Herzrasen konnte er ebenfalls nicht leugnen. Er wandte sich um, zu ihrem Ältesten und blickte ihm fragend entgegen. "Hyung...hab ich wirklich...?" Seung-Hyun hatte nicht die geringste Lust, ihm die Wahrheit zu sagen, aber es musste sein. "Ja..." Ji-Yongs Augen wurden größer und er schien sich selber zu fragen, wie er etwas, das gerade erst passiert war, derart schnell vergessen konnte. Er kniff die Augen zusammen und rieb sich die Schläfen als könnte das die Erinnerungen zurückbringen. "Wie kann das... ich meine... ich würde mich doch erinnern?" Seine Stimme klang so ängstlich, dass Seung-Hyun ihn, einem inneren Impuls folgend, wieder an sich zog. "Ji-Yonga, das ist okay. Das sind deine Nerven, zerbrich dir nicht den Kopf darüber." Seung-Ri, der noch immer vor dem Bett hockte, legte seine Hand auf Ji-Yongs Bein und nickte. "Kein Wunder, dass du das alles lieber vergessen würdest!", seufzte er und versuchte den anderen mit einem leichten Lächeln aufzuheitern, doch dieser schien es nicht einmal zu bemerken. Ji-Yong hatte sich wieder fest an Seung-Hyun gedrückt und versuchte, sein Denken wieder in gerade Bahnen zu lenken. Dass die anderen bei ihm waren und beruhigend auf ihn einredeten half, aber noch besser half es, dass der Älteste seine Arme um ihn geschlungen hatte. Das Bild der großen Augen war zwar noch immer nicht aus seiner Erinnerung getilgt, aber langsam verlor es an Schrecken und Macht über ihn. Er musste sich nur wieder beruhigen, musste auf den Boden kommen. "Wir lassen euch mal alleine", beschloss schließlich Young-Bae und nahm die beiden Jüngeren am Arm, um sie aus dem Schlafzimmer zu ziehen. Er merkte, dass Seung-Ri gerne noch geblieben wäre, aber es konnte Ji-Yong nicht gut tun, wenn sie alle um ihn herumstanden und ihn begafften wie einen Verrückten. Und er hatte recht. Selbst wenn Ji-Yong die Sorge seiner Freunde wertschätze und sich in ihrer Nähe wohlfühlte, so entspannte er sich doch erst völlig, als er mit dem Ältesten alleine war. Eigentlich hatte sein Plan für diesen Tag so friedlich ausgesehen. Er hatte vor gehabt, nach der Physiotherapie zu hause alles vorzubereiten und dann auf den Anruf der anderen zu warten, der ihm verkünden sollte, dass sie fertig wären. Danach hätte er begonnen zu kochen und das Essen wäre bereit gewesen, wenn sie angekommen wären. Sie hätten glücklich zusammen gegessen und der heutige Tag hätte schöner nicht sein können. Doch nun lag er hier, in Seung-Hyuns Armen und versuchte sich an etwas zu erinnern, von dem er sich nicht sicher war, dass es überhaupt passiert war. Der Ältere hatte zwar gesagt, er solle sich nicht den Kopf zerbrechen, aber dies gelang ihm nicht. Seine eigenen Hände anstarrend konzentrierte er sich auf alles, was er noch wusste, doch das Letzte, was als wirkliches Bild vor seinen Augen lag, waren die Augen an den Wänden und Min-Hos verschwommenes Gesicht, bevor die Müdigkeit ihn dahingerafft hatte. Er seufzte, weil einfach nicht mehr dabei herauskam. "Hyung, ich habe Angst, dass ich den Verstand verliere." Kapitel 14: Tonight ------------------- Dae-Sung trennte sich nach einem kurzen Gespräch im Flur von Young-Bae und Seung-Ri. Sie hatten beschlossen, die Geschehnisse auf sich beruhen zu lassen. Wenn sie jetzt begannen, Ji-Yong wie ein rohes Ei zu behandeln, würde dieser sich nicht besser fühlen. Daher waren sie sich einig, sich ihm gegenüber normal zu verhalten. Nur Seung-Ri wusste, dass ihm dies schwer fallen würde. Dae-Sung verzog sich in die Küche, um freiwillig zu kochen. Er war der Meinung, sich auf diesem Weg am besten beruhigen zu können. Um ihn nicht zu stören und da ihnen das Apartment plötzlich enger als zuvor erschien, flüchteten die beiden Zurückgebliebenen auf das Dach. Ein grauer Himmel waberte über ihnen dahin und ein frischer Wind wehte. Seung-Ri kuschelte sich nah an den Älteren und ließ seine Blicke über die Stadt schweifen. "Da unten ist er irgendwo und freut sich, dass Ji-Yong verrückt wird. Hyung...er macht mir fast Angst." "Glaub mir, mir geht es nicht anders. Ich traue mich gar nicht, mir vorzustellen, wie es Ji-Yong selbst erst gehen muss..." Er schlang seinen Arm von hinten um den Körper des Jüngeren und legte seinen Kopf so auf dessen Schulter, dass ihre beiden Wangen sich berührten. "Nein, ich möchte mir das auch nicht vorstellen. Ich glaube, ich an seiner Stelle... man hätte mich schon längst einliefern können." "Er kann froh sein, dass er jemanden wie Seung-Hyun an seiner Seite hat." Wieder herrschte Stille zwischen ihnen und sie genossen den kalten Winterwind, der ihnen das Haar zerzauste und die aufgewühlten Gemüter abkühlte. Ein Moment der Ruhe. "Weißt du... was das zwischen ihnen ist?" Young-Bae musste kurz daran denken, da er eine ähnliche Frage schon einmal von dem Jüngeren gehört hatte, konnte sie aber in keinen Zusammenhang einordnen. Seung-Ri drehte den Kopf, um den anderen ansehen zu können und wartete auf eine Antwort, die er nicht erhielt. Stattdessen huschte ein wissendes Lächeln über sein Gesicht, das mehr verriet als tausend Worte. Dann küsste er die Lippen seines Freundes flüchtig und damit schien für ihn das Thema erledigt. Ein langsames Nicken folgte auf diesen Kuss. Es entwickelte sich also, nur brauchten ihre beiden Freunde wohl noch etwas mehr Zeit als sie. Aber das war in Ordnung. Nur sein eigenes Glück würde er nun nie mehr hergeben, weswegen er sich zu dem Älteren umdrehte, um ihn in einen neuen innigereren Kuss zu verwickelten. Ihren Lippen berührten sich wie schon viele Male zuvor. Es war ein süßes Gefühl, welches seinen Geist vernebelte und ihn kaum spüren ließ, wie es begann auf sie herab zu regnen. Der Himmel hatte seine Pforten geöffnet, doch die beiden wollten sich in ihrer Zweisamkeit nicht stören lassen. Daher ignorierten sie das kühle Nass. Young-Bae, der trotz der in ihm aufwallenden Leidenschaft, welche er sogleich in den Kuss legte, noch immer an das Wohl seines Freundes dachte, streifte seine eigene Jacke von seinen Schultern und breitete sie über ihnen aus. Nun standen sie im halb Dunkeln und Seung-Ri kicherte wieder leise. Hoffentlich würde er nie aufhören, derartige Geräusche von sich zu geben. Er liebte sie so sehr. Aber etwas, das er nun noch viel lieber hören wollte, beschwor der Ältere herauf, indem er seine Hand wieder massierend unter den Hosenbund seines süßen Freundes fahren ließ und sich seinem Hintern widtmete. Dieser keuchte leise auf und gab sich der Berührung voll und ganz hin, während ihre Zungen ein anfeuerndes Gerangel in seinem Mund austrugen. Sie verweilten einige Zeit in ihrem leidenschaftlichen Traum, dann wurde das Wetter zu stürmisch und sie mussten sich lösen, um zurück ins Haus gehen. Aber auch als Dae-Sung sie zum Essen rief, waren die Lippen des Jüngsten noch nicht ganz abgeschwollen und pochten angenehm. Das Abendessen verlief sehr ruhig. Ji-Yong saß zwar bei ihnen, stocherte aber nur lustlos in der Mahlzeit herum. Keiner wollte etwas sagen, aber immer wieder wanderte ein verstohlener Seitenblick zu ihrem Leader. Alle versuchten sich so normal wie möglich zu benehmen, aber die Sorge stand ihnen ins Gesicht geschrieben und ein richtiges Gespräch wollte auch nicht in Gang kommen, da sie versuchten geschickt um das Thema Stalker und Ji-Yong herumzureden, obwohl alle Gedanken bei ihm weilten. "Ich geh ins Bett!" Schließlich hielt Ji-Yong die gequälte Stimmung nicht mehr aus, stand auf und verließ die Küche. "Möchtest du nicht hinterher, Hyung?", erkundigte sich Seung-Ri besorgt, als die Tür zum Schlafzimmer hinter ihrem Leader ins Schloss fiel. Seung-Hyun aber schüttelte den Kopf. "Ich glaube, er braucht eine Weile für sich alleine." Er schien in den letzten Wochen ein Meister darin geworden zu sein, die Bedürfnisse seines Freundes aus dessen Gesicht herauszulesen und auch diesmal lag er nicht daneben. Er nahm noch ein paar Mund voll von seinem Abendessen, dann schob auch er den Teller von sich. "Wenn ihr wollt, kann ich nachher den Abwasch machen", schlug er vor und da niemand protestierte, war es beschlossene Sache. Seung-Hyun war sich nicht ganz sicher, wie lange er warten musste, aber er wollte Ji-Yong nicht zu früh zu nahe treten. So beschäftigte er sich den gesamten Abend mit irgendwelchen Belanglosigkeiten und die anderen taten es ihm nach. Es war bereits spät, als der Älteste sanft an die Zimmertür klopfte und ohne Erhalten einer Antwort leise eintrat. Ein Blick verriet ihm, dass Ji-Yong schon schlief und er entschied sich, es ihm gleich zu tun. Nach diesem zermürbenden Tag würde auch ihm der Schlaf gut tun. Ji-Yong selbst war nicht im Stande gewesen zu beurteilen, ob Alleinsein wirklich das Beste für ihn war, aber Seung-Hyun hatte recht. Er brauchte ein paar Stunden für sich, in welchen ihm niemand Fragen stellte. In welchen ihn niemand sah. Letztlich konnte er es seinen Freunden nicht verübeln, dass sie wieder und wieder verstohlen zu ihm herüber geblickt hatten. Wäre einer von ihnen in einer derartigen Situation, auch wenn er sich nicht daran erinnern konnte, wie er selbst durchgedreht war, er hätte seine Augen auch nicht von ihm lassen können. Irgendwann musste er über seiner Grübelei eingeschlafen sein, denn Ji-Yong konnte nicht mehr nachvollziehen, wie lang er wach gelegen hatte. Er erwachte, als Young-Bae ebenfalls ins Zimmer kam, um ins Bett zu gehen. Der Jüngere wartete gespannt darauf, dass wieder Ruhe in den Raum einkehrte. Doch als dies geschah, verfiel er selbst in Nervosität. Er setzte sich auf und sein Blick wanderte zu Seung-Hyun, dessen Bettdecke sich sanft auf und nieder bewegte. Unbewusst begangen seine Finger über seine trockenen Lippen zu tasten, in Erinnerung an das Gefühl, welches ihn überschwemmt hatte, als der Ältere ihn küsste. Im ersten Moment war er zu eingenommen von Ereignissen und Gedanken gewesen, dass er es wirklich bemerkt hatte, aber mit zunehmender Zeit wurde es ihm immer bewusster. Dieses Gefühl war das Erste, an das er sich erinnern konnte, nach seinem 'Black Out'. Und ehe Ji-Yong es bemerkte, war er bereits zum Bett seines Freundes hinüber gelaufen und hatte sich darauf niedergelassen. Nun lag er ihm gegenüber und blickte in das entspannte Gesicht, welches ihn schon bei ihrer ersten Begegnung faszinierd hatte. Damals hatte er geglaubt, dass es schwierig werden würde, mit Seung-Hyun zusammen zu arbeiten oder sogar befreundet zu sein, da dieser ihm äußerst launisch erschien. Aber nachdem er dessen Lachen gesehen hatte, wusste er, dass dies sein bester Freund werden würde. Sein bester Freund und mehr... Ji-Yong legte seine Hand in die des Älteren, welche um sovieles kräftiger als die eigene wirkte und zog sie zu sich, um einen Kuss darauf zu setzen. "Danke, Seung-Hyuna", wisperte er und lächelte dabei. Wenige Minuten später hatte der Schlaf ihn sich ein zweites Mal geholt und diesmal, im Schutz seines Freundes, würde er hoffentlich von längerer Dauer sein. Der nächste Morgen schien alles in einem anderen Licht erstrahlen zu lassen und Ji-Yong ging es schon wieder ein wenig besser. Er verlangte sogar, dass er am darauffolgenden Tag wieder am Training teilnehmen durfte und nach einiger Diskussion ließen sich sowohl Seung-Hyun als auch ihr besorgter Manager erweichen. Sie hatten schon einmal beobachten können, wie gut ihm die Teilnahme an ihrem alltäglichen Leben tat und so entschieden sie sich, ihm den Wunsch zu erfüllen. Seung-Hyun bemerkte, wie der Jüngere kurz zögerte, bevor er das Treppenhaus an diesem Tag betrat. Er hatte das Apartment seit dem letzten Vorfall nicht verlassen und nun huschte wieder ein Schatten der altbekannten Angst über sein Gesicht. Doch dieser Schatten verblasste sehr schnell und ein willensstarker Ausdruck trat an seine Stelle. Die letzten Reste der Schmierereien waren bereits entfernt. Und tatsächlich schienen die Bewegung und die Zeit gemeinsam mit seinen Freunden Ji-Yong wieder aufblühen zu lassen. Es schien ihm sogar so gut zu gehen - oder spielte er die Rolle nur so überzeugend? -, dass sie beschlossen, ihn langsam wieder an ihren öffentlichen Auftritten teilnehmen zu lassen. Es war nun schon Wochen her, dass man ihn offiziell gesehen hatte und die Schreie der Fans und auch der Presse wurden allmählich lauter. Auch Ji-Yong selbst pochte immer lauter auf seine Pflichten als Bandleader und forderte seine Aufgaben fast mit verbissenem Zwang ein. Seung-Hyun sah, wie unnütz und schwach sein Freund sich vorkam und so schlug er vor, dass dieser noch diese Woche das Angebot des Radiosenders MKMF annehmen könnte, die sich schon seit einiger Zeit um ein exklusives Interview mit ihm bemühten. Es schmeckte dem Ältesten zwar nicht, dass keiner von ihnen würde mitgehen können und wieder nur Min-Ho an Ji-Yongs Seite sein würde, aber das würde sich nicht ändern lassen. Ji-Yong war von dem Vorschlag begeistert und umarmte Seung-Hyun stürmisch, als der Älteste verkündete, dass ihr Manager alles für ihn geregelt hätte und das Interview am nächsten Vormittag stattfinden sollte. Nun saßen Seung-Hyun und Ji-Yong einmal mehr allein im Wohnzimmer und vertrieben sich die Zeit mit Süßigkeiten und Videospielen. Dae-Sung war bereits am frühen Nachmittag verschwunden ohne zu sagen, wohin er ging und vor zwei Stunden hatten auch Young-Bae und Seung-Ri die Wohnung verlassen. Der Ältere bemerkte, dass der andere unruhig war, ein wenig ängstlich, aber vor allem gespannt in freudiger Erwartung. Immer wieder änderte dieser seine Sitzposition, schien keine so wirklich bequem zu finden und warf schließlich den Controller beiseite, um sich kopfüber von der Couch hängen zu lassen. "Ich hab sowas lange nicht mehr gemacht. Ich glaube, ich habe fast verlernt, wie man eine Moderatorin um den Finger wickelt!" Sein Freund legte seinen Controller ebenfalls beiseite und blickte den Jüngeren von oben herab an. Ji-Yong grinste unschuldig. Selbst dieser harmlose Spruch zeugte von seiner Nervosität. "Ich bezweifle, dass du das so leicht verlernst." "Hey, sag das nicht. Was, wenn ich mich blamiere?" "Aber doch nicht der große Mister G-Dragon." "Ya, lass das. Es hört sich total komisch an, wenn du meinen Nickname benutzt." "Ach ja?" Seung-Hyun rutschte näher und bemerkte, wie Ji-Yong ihn misstrauisch anblickte. In seiner jetzigen Position war er ihm hilflos ausgeliefert und dessen hochgerutschtes T-Shirt hatte den flachen Bauch verlockend freigelegt. Nicht wirklich darüber nachdenkend sondern nur seinem Velangen folgend legte der Ältere seine Hand darauf und streichelte zärtlich darüber. Sein Freund zuckte unter der Berührung leicht zusammen, sah ihn aber weiterhin an. "Hyung..." "G-Dragon." "Was?" "G-Draon, G-Dragon, G-Dragon~", begann der Ältere plötzlich einen Singsang und piekste dabei in den Bauch unter sich. "Ah~ hör auf!!!", presste der Malträtierte hervor und krümmte sich zusammen, um sich zu schützen. Kopfüber jedoch hatte er keine Chance. Der andere fand Gefallen an dem Spiel und nahm noch seine zweite Hand hinzu, und kitzelte ihn richtig durch. Ji-Yongs Lachen hallte laut in seinen Ohren nach. Dieser schaffte es erst nach einigen Sekunden endlich wieder richtig auf die Sitzfläche des Sofas zu kommen und ohne lang zu fackeln, stürzte er sich auf Seung-Hyun, der versuchte vor seiner Rache in Deckung zu gehen. "Hilfe!" "Ich mach dich fertig!" Die Finger des Jüngeren schienen überall zu sein und Seung-Hyun gelang es nicht, sie einzufangen. Bald standen ihm Tränen in den Augen und er rang verzweifelt nach Luft, während er wieder und wieder um Gnade flehte. Aber sein Freund wollte sie ihm nicht gewähren, sodass ihm irgendwann nichts anderes übrigblieb, als diesen zu packen und ganz an sich zu drücken. Der Jüngere allerdings wollte sich keinesfalls geschlagen geben und wehrte sich entschieden. "Lass los!" "Niemals!" Die Rangelei zwischen ihnen wurde immer heftiger und nahm erst ein Ende, als sie mit einem Mal über den Rand des Sofas rollten. Beide schrien erschrocken auf. Seung-Hyun packte Ji-Yongs Kopf und presste ihn an sich, als er auf ihm landete. Sofort rollte er sich herum, um den Jüngeren von seinem Gewicht zu befreien. Aber er konnte seine klammernde Umarmung nicht lösen. Hielt ihn noch immer fest. Spürte dessen Herzschlag nahe dem seinen. "Ji-Yonga...", flüsterte er. Er wollte fragen, ob alles in Ordnung war, brachte es jedoch nicht über seine Lippen. Der zerbrechliche Körper war so fest an ihn gedrückt, Ji-Yongs Atem streifte seinen Hals. Seine Hand berührte dessen nackten Rücken. Das T-Shirt seines Freundes war weit nach oben gerutscht und Seung-Hyun schaffte es nicht, den Wunsch niederzukämpfen, ihn zu streicheln. Deshalb ließ er beide seiner Hände die warme Haut des Jüngeren ertasten und spürte wie ein Beben dessen gesamten Körper einnahm. Ji-Yong, bitte hasse mich nicht, erschien die Bitte wie ein Gebet in seinem Kopf. Seung-Hyun erwartete fast, dass er gleich die Hände des anderen auf seiner Brust fühlen würde, die ihn von sich schoben und er versuchte, seine klammernde Umarmung zu lösen, konnte es aber nicht. Er erwartete eine schallende Ohrfeige oder einen dummen Spruch. Er erwartete alles mögliche, aber nicht das, was er bekam. Denn mit einem Mal spürte er die Arme Ji-Yongs um sich, spürte seine Hand zärtlich über seinen Nacken streicheln. Und dann lagen die Lippen des anderen auf den seinen und dessen Zunge strich sanft über seine trockene Oberlippe. Ein Kribbeln wie von einem elektrischen Schlag ging durch seinen gesamten Körper. 'Sei vernünftig, du bist gefallen und hast dir den Kopf am Wohnzimmertisch aufgeschlagen und jetzt bist du tot und im Himmel!' Aber das war er nicht. Und es war auch kein schöner Traum, der sofort zerplatzen würde, wie eine Seifenblase. Dieser Kuss war echt, auch wenn er eine Weile gebraucht hatte, um dies zu realisieren. Vorsichtig lösten sich ihre Lippen wieder voneinander und in Ji-Yongs Augen flackerte Unsicherheit. "Ich... tut mir leid, das war-" Schon wollte er sich von dem Älteren lösen, aber dieser hatte endlich begriffen, was hier vorging und verschloss nun seinerseits die Lippen des anderen mit den seinen. War der erste Kuss noch vorsichtig, unschuldig, tastend gewesen, so war dieser mehr. Er war fordernd und leidenschaftlich. Ihre Zungen fochten einen heißblütigen Kampf, ihre Hände wanderten erkundend über den Körper des anderen. Seung-Hyun schlang seine Arme um den Hals des Jüngeren, zog ihn über sich. Er fühlte einen schnellen Herzschlag - war es sein eigener? - und heißen, wilden Atem. Ein kleines Keuchen war zu vernehmen, als sie sich voneinander lösten. Ji-Yongs rotes Gesicht, der verklärte Ausdruck in dessen Augen. Die Welt um die Küssenden herum drehte sich wie in einem wilden Karussell, doch die Zeit schien stillzustehen. Nichts hatte mehr Bedeutung bis auf den anderen. Der Kopf des Jüngeren war leer. Er konnte keinen Gedanken fassen und erst recht nicht erklären, was vor sich ging. Aber dies war ein gutes Gefühl. Seung-Hyuns Hände schickten wohlige Schauer über seinen Körper und trieben ihn an, schneller zu atmen, sich stärker gegen ihn zu drängen. Im Gegensatz zu seinen eigenen Augen, über welchen ein leichter Schleier lag, blickten die des Älteren mit einem festen, heißblütigen Ausdruck zu ihm hinauf. Dieser wusste genau, was er wollte. Er wollte Ji-Yong und er würde ihn jetzt nicht mehr gehen lassen. Ji-Yong fühlte Seung-Hyuns Arme, wie sie sich um ihn festigten, dann rollten sie sich herum und sein Freund lag auf ihm. Sogleich packte er seine Handgelenke und drückte diese auf das kühle Parkett. Ihm derart ausgeliefert war sein Freund unglaublich verführerisch. "Hyung, bitte-" "Sei still", zischte er ihm zu und verschloss seine Lippen noch für kurze Zeit. Dann arbeitete er sich über dessen Kinn vor, ließ die Zunge gierig über den schlanken Hals wandern und lauschte dabei dem keuchendem Atem. Ji-Yong stöhnte auf. Die Zähne des anderen bohrten sich in seine Haut und schickten mit dem Schmerz auch eine Welle der Erregung über ihn, der so ahnungslos war. Dies waren sie also. Die Gefühle Seung-Hyuns. Seine Wünsche, welche er lange vor ihm zurückgehalten hatte. Er war überwältigt. "Bitte...", keuchte er noch einmal und der Ältere sah für einen kurzen Augenblick auf. Die Angst, dass der schöne Traum bald schon wieder vorbei sein könnte, rann ihm wie eiskaltes Regenwasser das Rückgrat hinunter. "Möchtest du, dass ich aufhöre?", raunte er und seine Stimme klang so süß und rau zur gleichen Zeit, dass dem anderen heiß wurde. Er konnte nicht anders als den Kopf zu schütteln. Daraufhin versuchte der Jüngere sich aufzurichten, um einen weiteren Kuss zu erhaschen, aber da er noch immer auf den Fußboden gepresst wurde, gelang ihm das nicht. Seung-Hyun grinste und näherte sich dem Gesicht Ji-Yongs, sodass er es fast erreichen konnte, aber doch nicht ganz. Dann ließ er es zu, küsste den so lange begehrten Mund erneut, schmeckte die süße Lust, die in ihm gärte. Das war es, was er sich so lang gewünscht hatte. Es fühlte sich gut an und er spürte, dass auch Ji-Yong so dachte. Er spürte die Arme um sich, die ihn festhielten, fast ebenso fest, wie er seinen Freund umklammerte und er wusste, dass es es richtig war. Schließlich löste er sich aber doch von dem Jüngeren und ließ sich wieder auf den Boden gleiten, seine Arme immernoch um den anderen geschlungen. Es war nicht, dass er nicht mehr gewollt hätte. Würde es nach ihm gehen, hätte er sich an diesem Abend alles genommen, was er so lang begehrt hatte. Seine Vernunft jedoch stellte ihm eine Hemmschwelle in den Weg. Ji-Yong hatte den ersten Schritt getan, er hatte ihn geküsst, aber das hieß bei weitem nicht, dass er für alles bereit war. Dieser stellte sich selbst jene Frage und wusste sehr schnell, dass er es nicht war. Seung-Hyuns Berührungen erregten ihn. Er liebte es bereits jetzt sich in ihnen gehen zu lassen. Sie wirkten weder befremdend noch falsch. Aber er hatte eine gewisse Ehrfurcht davor, weiter zu gehen. Die Lippen des Älteren auf seiner Haut brachten ihn fast um den Verstand und wenn sie in dieser Nacht sofort bis zum Äußersten gehen würden, könnte es vielleicht passieren, dass all diese Empfindungen an ihm vorbeirauschten, ohne eine Spur zu hinterlassen. Daher war Ji-Yong auch etwas erleichtert, als Seung-Hyun seine Lippen freiwillig von ihm nahm, denn er wusste nicht, ob er ihm hätte widerstehen können. Schwer atmend fühlte er seinen Körper langsam wieder abkühlen und horchte noch etwas dem Herzschlag des anderen, welcher nicht allzuweit entfernt von ihm seinen Rhythmus verbreitete. "Komm...", hörte er die tiefe Stimme seines Freundes sagen. "...legen wir uns auf die Couch, der Boden ist kalt." Er nickte und wollte aufstehen, aber der Ältere war schneller auf den Beinen und hob ihn einfach hoch, um ihn dann vorsichtig auf der Sitzfläche abzusetzen. Sogleich wurde er wieder in dessen Arme gezogen und er schmiegte sich mit dem Rücken an dessen Brust, ließ sich die Streicheleinheiten gefallen, die in dieser Nacht um sovieles intensiver waren. Sie hatten ihre Unschuld verloren. Und als vor Seung-Hyuns Augen Ji-Yongs verlockender Nacken auftauchte, musste er grinsen. Endlich war es ihm erlaubt. Er küsste ihn zärtlich, kostete, schmeckte. Es war derart befriedigend dies endlich tun zu können, dass er sich die Lippen lecken und es noch einmal versuchen musste. "Hyung, das kitzelt", hauchte der Junge in seinen Armen, doch dies störte ihn nicht. "Das wollte ich schon so oft tun." "W-wirklich?" "Ja, immer, wenn du ganz nah bei mir warst." Ji-Yong wurde rot bei diesen Worten und dachte daran, wie oft sie sich nah gewesen waren. Er wollte gern fragen, wie lang Seung-Hyun ihn bereits liebte, aber dies kam ihm im nächsten Moment taktlos vor. Außerdem war sein Freund schon damit beschäftigt, seinen Nacken nun auch mit seinen Zähne zu verwöhnen, sodass er wieder keuchte und seine Finger in die Knie des Älteren grub. Aber er musste keine Angst haben. Seung-Hyun hatte all seine Sinne beisammen und würde nicht mehr zu weit gehen. Nur noch ein kleines bisschen. Auch diese Nacht verbrachten sie gemeinsam in einem Bett, wie schon so viele Nächte zuvor, doch auch dies fühlte sich anders an, als gewohnt, besser. Sie waren sich so nah wie noch nie. Ineinander verschlungen trafen sich immer wieder ihre Lippen, immer wieder berührte sich heiße Haut unter verrutschter Kleidung. Seung-Hyuns Verlangen nach hätte es ewig so weiter gehen können, aber wieder kam ihm sein Verstand dazwischen. Ji-Yong würde morgen früh aufstehen müssen und auch wenn er nicht mehr annähernd so nervös wirkte wie noch vorhin, so müsste man es trotzdem nicht unnötig ausreizen. "Wir sollten langsam schlafen", flüsterte er daher und der Jüngere stimmte zu, ließ es sich aber nicht nehmen, ihn zur Guten Nacht noch ein weiteres Mal stürmisch zu küssen. Dann kuschelte er sich an ihn, eng, enger als jemals zuvor, die Arme in Seung-Hyuns T-Shirt vergraben. Der Ältere fühlte, wie zögerlich ein Bein zwischen die seinen geschoben wurde und er ließ es still in sich hineinlächelnd geschehen. "Schlaf gut, Ji-Yonga." Ein letztes Mal küsste er das weiche Haar des anderen und kraulte dabei sanft seinen Nacken. Das hier war das absolute Glück und zumindest für eine kurze Zeit hatte er alle Sorgen, die ihn geplagt hatten, aussperren können. Eine Weile lag er noch wach und genoss die Nähe zu seinem Freund, von der er nun endlich sagen konnte, dass sie auf beiden Seiten so liebevoll war, wie er es sich immer erhofft, immer ausgemalt hatte. Kurz bevor er einschlief, hörte er die Haustür ins Schloss fallen, aber er konnte nicht ausmachen, wer gerade nach Hause kam. Und dann hatte auch schon der Schlaf seinen dunklen Mantel um ihn geworfen. Es war bereits Mitternacht, als Young-Bae und Seung-Ri von ihrem kleinen 'Ausflug' zurückkehrten. Der Ältere hatte seine Hand fest um die Hüfte seines Freundes geschlungen, leicht angetrunken wieder und wieder seinen Hals küssend. Seung-Ri kicherte wie immer, verstummte aber, kaum dass sie die Wohnung betreten hatten. "Ich frag mich, ob Ji-Yong Hyung überhaupt schlafen kann...", meinte er, da er selbst bemerkt hatte, wie nervös ihr Leader noch vor einigen Stunden gewesen war. Young-Bae selbst wollte dieses Thema am liebsten noch bis zum nächsten Morgen vergessen, aber er wusste, wie viele Sorgen sich ihr Jüngster um seinen 'so-gut-wie' großen Bruder machte. "Lass uns nachsehen.", flüsterte dieser daher grinsend und zog ihn auf leisen Sohlen in das Schlafzimmer. Beide schlichen zu Seung-Hyuns Bett, da dieses als einziges belegt war. Im Halbdunklen hatten sie es wirklich schwer, ihren Leader überhaupt ausfindig zu machen, welcher so fest von ihrem Ältesten umschlungen war, dass sein Körper fast völlig zwischen dessen Armen verschwand. "Siehst du? Alles gut." Seung-Ri nickte zustimmend. Auch wenn sie nicht wussten, was heute Nacht zwischen ihren beiden Freunden geschehen war, so war doch zumindest zu spüren, dass sich etwas verändert hatte. "Kann ich wieder bei dir schlafen?" "Natürlich." Dae-Sung kehrte erst drei Stunden nach ihnen heim und er musste sehr angetrunken sein, denn seine Schritte waren äußerst unsicher. Young-Bae wachte kurzzeitig auf und beobachtete, wie der Jüngere sich unbeholfen zu seinem Bett vortastete. Er war sogar schon bereit ihm zu helfen, wenn es nötig wäre. Aber der Nachtschwärmer brachte es dann doch allein fertig sich umzuziehen und bald war auch dessen ruhiger Atem zu vernehmen. Kapitel 15: Lies ---------------- Trotz ihrer späten Heimkehr zwangen sich die Drei noch vor acht Uhr aufzustehen, um heimlich für ihren Leader ein stärkendes Frühstück zu zu bereiten. Es wäre sein erster öffentlicher Auftritt seit einigen Wochen. Ja, sie hatten auch ab und zu Pausen in ihrem Terminplan und doch waren sie nie so lang und nie derart belastet von verstörenden Ereignissen gewesen. Auch Ji-Yong erwachte noch vor dem Klingeln seines Weckers, da etwas Schweres auf ihm lag. Er benötigte einige Sekunden, um sich die gestrige Nacht ins Gedächtnis zu rufen, dann öffnete er seine Augen, wissend, was er vorfinden würde. Oder wen. Da war Seung-Hyun. Dessen Geruch, sein schwarzes Haar, sein Gesicht, welches allerdings im Kissen vergraben lag. Dessen Körper bedeckte den seinen fast ganz und obwohl Ji-Yong das Atmen etwas schwerer fiel, so wollte er dies noch länger genießen. Er lächelte. Seung-Hyun erwachte von dem Geruch frischem Toasts, der ihm in die Nase stieg. Aber es war nicht allein dies, der Duft war vermischt mit etwas, Anderem, etwas Süßerem und weitaus Verführerischerem. Er hatte einen wunderschönen Traum gehabt und versuchte im Erwachen die Fetzen davon zu eine Ganzen zusammenzusetzen. Erst als er die Augen öffnete und neben sich das lächelnde Gesicht seines Freundes ausmachte, tauchte die Wahrheit wieder in seinem Bewusstsein auf - dass es kein Traum gewesen war. Er hauchte einen Kuss auf dessen Wange und richtete sich langsam auf. "Oh, ich hoffe, ich war nicht zu schwer", nuschelte er verlegen und rieb sich den Schlaf aus den Augen, doch der andere lachte nur. Gerade überlegte Seung-Hyun, ob sie sich nicht noch einmal hinlegen und das Beieinandersein genießen sollten, da klopfte es an die Tür. Es war Young-Bae, der ihnen mitteilte, dass das Frühstück fast fertig wäre und dass sie sich mit dem Anziehen beeilen sollten. Bedauernd erhoben sie sich. Man konnte eben nicht alles haben. "Na, schon Bammel, Hyung?" Dae-Sung sah nicht gerade wie die peronifizierte Morgenfrische aus, aber er war munter und zu Scherzen aufgelegt. "Quatsch, ich doch nicht, schließlich bin ich der große Meister G-Dragon!" Bei diesen Worten boxte er den Ältesten leicht in die Seite, woraufhin sich dieser Lachen fast an seinem Frühstück verschluckte. Aber er wusste, dass diese Worte nicht ganz der Wahrheit entsprachen. Auch wenn Ji-Yong versuchte, ausgelassen zu wirken und zu spaßen wie immer, erschien es ihm wie eine Fassade. Natürlich freute sich ihr Leader auf das Interview, aber wenn man ihn genau studierte, sah man auch, dass er tatsächlich ein wenig nervös war. Nun, wie er diesen kannte, würde die Nervosität spätestens verschwinden, wenn er die Kopfhörer aufgesetzt bekäme. "Was habt ihr eigentlich gestern solange getrieben, ich habe euch gar nicht wiederkommen hören?", erkundigte sich Ji-Yong mit breitem Grinsen, um vom Thema abzulenken. Und aus irgendeinem Grund liefen alle drei Angesprochenen leicht rot an. Nun, was Young-Bae und Seung-Ri anging, so hatte Seung-Hyun durchaus seine begründeten Theorien, was die beiden gemacht hatten. Was zum Teufel hatte aber Dae-Sung angestellt, dass er rot wurde? Auch Ji-Yong schien die Veränderung in der Gesichtsfarbe seiner Freunde bemerkt zu haben und so beschloss er, noch ein wenig tiefer zu bohren. "Seung-Riya und ich waren nur essen und danach noch etwas trinken", beteuerte Young-Bae und über das Gesicht des Jüngsten schoss ein kleines Grinsen, das er aber sofort zu unterdrücken versuchte. Seung-Hyun war sich ziemlich sicher, dass es außer ihm keiner bemerkt hatte. "Und ich habe mich mit ein paar alten Freunden getroffen. Von der High-School noch. Wir haben uns wirklich lange nicht mehr gesehen, deswegen hat es ein bisschen länger gedauert." "Und da trinkt ihr so viel?" Es war Young-Bae, dessen Augenbraue skeptisch über seine Stirn nach oben wanderte. "Wie, wieso trinken?" "Ich bin aufgewacht, als du nach Hause gekommen bist. Du warst doch total besoffen und konntest dich kaum noch auf den Beinen halten!" "Was erzählst du denn da, Hyung?!" Dae-Sung klang sehr entrüstet, aber auch ertappt und seine Gesichtsfarbe machte einer überreifen Tomate Konkurrenz. Seung-Hyun hätte dieses hochinteressante Gespräch gerne noch länger verfolgt, aber ein Blick auf die Uhr verriet ihm, dass es nun Zeit für Ji-Yong war, sich fertig zu machen, da in zwanzig Minuten Min-Ho vor der Tür stehen würde, um ihn zu MKMF zu fahren. "Du musst gleich los", erinnerte er diesen also. Der Jüngere schaufelte sich so schnell er konnte den Rest seines Frühstücks hinein und verschwand dann für die nächste Viertelstunde im Bad. Seung-Hyun wäre ihm gerne gefolgt, um ihm Mut zuzusprechen und seine süßen Lippen noch einmal kosten zu können, aber er war sich sicher, dass sein Freund diese paar Minuten für sich alleine brauchte. Vielleicht käme er noch zum Zug, bevor Min-Ho eintreffen würde. Leider geschah dies nicht und so verabschiedete er sich nur mit einer Umarmung und einem "Viel Glück!" Auch Ji-Yong trauerte den Lippen Seung-Hyuns nach, welche er nun nicht mehr hatte schmecken dürfen. Mit einem Winken ließ er seine Freunde hinter sich und musste noch einmal zurück sehen, um sich zu vergewissern, dass sie alle dort waren. Sie würden auf ihn warten, bis er zurück wäre und sich das Interview anhören. Das war ein Versprechen gewesen und er nahm sie beim Wort. Ein letztes Mal lachte er ihnen zu, dann trieb Min-Ho ihn zur Eile an, da die Straßen am Morgen sehr voll waren. Kaum dass die Wagentür hinter ihm zufiel, fühlte er erneut die Nervosität, aber er schaffte es, sie unter KOntrolle zu halten. Er wäre nicht lang fort, Min-Ho war bei ihm. Alles war in bester Ordnung. "G-Dragon, es hat Gerüchte gegeben, dass du dich eigenen Projekten zugewendet hast, zudem kam noch eine längere Zeit in Abwesenheit. Die Fans wollen gern wissen, ob du an einem eigenen Album arbeitest, sowie Tae-Yang und Dae-Sung es bereits getan haben." Er nickte grinsend als ihm diese Frage gestellt wurde. Leider gab es keine Moderatorin, die er um den Finger wickeln und zum kichern bringen konnte. Dabei war dies doch eine seiner Lieblingsbeschäftigungen. Die Stunde, die für das Gespräch angesetzt war, neigte sich dem Ende zu und so würde nach seiner Antwort wahrscheinlich nur noch Zeit für eine weitere Frage bleiben. "Ahm, ja, davon hab ich auch schon gehört. Aber ich muss leider sagen, dass dies wirklich nur ein Gerücht ist. Derzeit ist Big Bang mein einziges Projekt." "Oh, so spricht ein wahrer Leader. Glaubst du, du könntest in der Zukunft an einem Soloalbum arbeiten? Die Fans wären sicher sehr angetan." "Naja..." Er kratzte sich am Kinn und überlegte. Seine Gedanken wanderten zu Seung-Hyun, welcher hoffentlich gerade zuhörte und er hatte eine Idee. "...interessieren würde es mich schon. Aber wenn dann doch lieber ein gemeinsam produziertes." "Und mit wem?" "Ich könnte es mir gut mit T.O.P. vorstellen. Wir beide haben einen sehr ähnlichen Geschmack." "Das würde euren Fans unter Garantie gefallen. Hoffentlich kommt es wirklich einmal dazu." Ein rotes Licht leuchtete auf und sie bekamen das Zeichen, dass in wenigen Minuten die Musik starten würde. Natürlich ein Lied von Big Bang. Der Moderator nickte und wandte sich ein letztes Mal an seinen Gast. "Ich bedanke mich sehr, dass du heute für uns Zeit gefunden hast." "Ich bedanke mich ebenfalls. Und an alle Ladies dort draußen: 'Don't stop dreaming about me.'" Das Interview war perfekt gelaufen. Er hatte keine Panikanfälle bekommen, keine Aussetzer und auch seine Nervosität war von ihm abgefallen, sobald er Platz genommen hatte. Ji-Yong schöpfte neuen Mut, als er die Radiostation erhobenen Hauptes und etwas erschöpft verließ. Hiermit hatte er sich selbst bewiesen, dass nichts ihn zu Boden bringen könnte. Ab jetzt würde es wieder bergauf gehen. "Das war wirklich klasse. Wie fühlst du dich?" Min-Ho öffnete ihm die Wagentür und Ji-Yong ließ sich in den Sitz fallen, nun weitaus gelassener als noch vor zwei Stunden. "Hast du es dir angehört?" "Natürlich." Der Jüngere lachte. "Ja, mir gehts ganz gut. Ich bin nur etwas müde. Die Nacht war etwas kurz...irgendwie." "Aha.", erwiederte sein Bodyguard tonlos und begann hinter seinem Sitz herumzukramen. Wenige Sekunden später hielt er ihm eine Flasche vor die Nase und lächelte. "Hier, trink etwas. Du siehst ein bisschen blass aus. Das ist ein Vitamindrink." Ji-Yong blickte leicht verdutzt, nahm die Flasche dann aber dankend an. Er schraubte sie auf, während sie bereits losfuhren und sah den Menschen zu, die auf dem Gehweg vorbeifuhren, da sie hier in der Innenstadt nur sehr langsam vorrankamen. Kaum dass der erste Tropfen seinen Gaumen benetzt hatte, spürte er, wie durstig er war. Durch die gesamte Aufregung und seine Konzentration beim Interview hatte er völlig vergessen, etwas zu trinken, daher leerte er in wenigen Zügen beinah die halbe Flasche. "Hmm, danke, das hat gut getan!" Ji-Yong wischte sich ein paar Tropfen aus seinem Mundwinkel und machte es sich auf der Hinterbank des Autos bequem. "Und jetzt? Zurück ins Appartement oder möchtest du vorher noch etwas essen gehen?", erkundigte sich Min-Ho mit einem Blick über die Schulter. "Lieber gleich zurück!" antwortete er herzhaft gähnend. Das Interview musste ihn doch mehr geschlaugt haben, als er sich selbst hatte eingestehen wollen, denn er spürte die Müdigkeit in seinen Knochen und mit einem leichten Lächeln dachte er daran, dass auch die letzte Nacht nicht ganz unschuldig an diesem Umstand sein könnte. Seufzend schloss er die Augen und ließ seine Gedanken schweifen. Immer wieder landeten sie bei Seung-Hyun. Er vermisste dessen Umarmung und das Gefühl seiner weichen Lippen. Schon jetzt konnte er es kaum noch erwarten, bis er wieder zuhause war. Nach einigen Minuten versuchte er die Augen zu öffnen, um zu sehen, wo sie jetzt waren, doch das stellte sich als nicht besonders einfach heraus. Seine Lider fühlten sich schwer an und auch über sein Denken legte sich langsam ein dunkler, schwerer Vorhang. "Na, mein Engel, wirst du langsam müde?" Ji-Yong benötigte einen Moment, bis er das Gesagte verstand, aber als der Sinn der Worte ihn endlich erreichte, schlugen sie mit voller Wucht in sein Bewusstsein ein und er begriff. Der Jüngere versuchte sich aufzusetzen. Er wollte die Wagentür aufreißen und zur Not auch bei voller Fahrt aus dem Fahrzeug springen, aber er schaffte es noch nicht einmal, den Kopf zu heben. Müde... er war so verdammt müde. "Du...", flüsterte er mit letzter Kraft. Die Angst klammerte ihre kalten, rauen Hände um sein Herz, er fürchtete, es müsste zerspringen. Panik. "Jetzt sind wir endlich vereint, nicht wahr? Du freust dich doch genauso wie ich." Sein Atem ging schnell, viel zu schnell. Er musste hier raus! Es war so wichtig, so unglaublich wichtig, doch die Müdigkeit trug ihren Sieg über den Jungen davon. Seung-Hyun war seit einigen Minuten dazu übergegangen ständig auf die Uhr zu sehen. Wenn er allerdings nicht auf die Uhr sah, blickte er zum Flur hinaus und lauschte. Young-Bae konnte es kaum mit ansehen und legte ihm beschwichtigend eine Hand auf den Arm. "Komm, das Interview war doch erst vor 20 Minuten zu Ende." "Aber müssten sie nicht längst hier sein?" "Der Verkehr ist wirklich schrecklich in der Innenstadt und außerdem sind sie bestimmt was essen gegangen." "Genau Hyung...", pflichtete Dae-Sung dem Älteren bei und nickte. Sie hatten das gesamte Interview im Wohnzimmer verfolgt und mussten alle zugeben, dass die anfängliche Angst um ihren Leader unbegründet gewesen war. Ji-Yong war witzig, charmant und schlagfertig wie immer gewesen. Beinahe so wie sie ihn kannten. "Und Hyung...", hakte Seung-Ri nach, um den Ältesten etwas abzulenken. "...wann machst du das Album mit Ji-Yong?" Der Gefragte begann verlegen zu grinsen und musste sich kurz mit den Händen über das Gesicht wischen. Als Ji-Yong seinen Namen in den Mund genommen hatte, war sein Herz doch tatsächlich ein klein wenig gesprungen. Er fühlte sich wie ein verliebtes Mädchen und dies frustrierte ihn genauso wie es ihn glücklich machte. "Ich weiß noch nicht. Vielleicht reden wir darüber, wenn er wieder da ist." "Cool, dann will ich aber mitmachen." "Und ich auch!" Seung-Hyun blickte ihre beiden Jüngsten zweifelnd an und schnipste ihnen gegen die Stirn. "Dann können wir auch gleich ein neues Big Bang Album produzieren, Idioten." Auf diese Weise unterhielten sie sich noch eine Weile, doch es konnte den Ältesten und auch die anderen nicht besonders lang auf andere Gedanken bringen. Es war jetzt bereits eine Stunde seit dem Interview vergangen und noch immer war keine Nachricht von ihrem Leader eingegangen. "Ich rufe ihn an. Wenigstens um zu sehen, ob alles OK ist." Schneller Finger wählte er die Nummer Ji-Yongs und hielt sich erwartend den Hörer ans Ohr, während der Rest verstummte. Sie alle hatten ihre Blicke auf ihn gerichtet. Doch das Warten nahm kein Ende. Nach dem zehnten Klingeln meldete sich der Anrufbeantworter und Seung-Hyun legte auf. Young-Bae konnte seine Gedanken sofort erraten und eigentlich plagten ihn Vermutungen der selben Art. Aber sie durften sich nicht verrückt machen lassen. Das wäre falsch. Er konnte ihren Ältesten überreden, dass Ji-Yong sein Handy wahrscheinlich nicht hören konnte, da er den Ton abgestellt hatte während des Interviews und dass er zumindest noch eine halbe Stunde warten sollte. Wenn er, wenn sie alle nur ahnen würden, wie lang diese halbe Stunde für Ji-Yong selbst werden würde, hätten sie wahrscheinlich anders entschieden. Geräusche drangen an seine Ohren, doch sie waren leise und dumpf. Er wollte die Augen öffnen, um wenisgtens sehen zu können, seine Lider jedoch schienen aneinander zu kleben. Was war passiert? Etwas strich durch sein Haar. Wieder und wieder. Dann berührte es seine Stirn. Es war eine Hand und eine zweite streichelte seinen Arm. Träumte er noch? Nein. Er wachte auf. Langsam geriet ein wenig Licht an seine Pupillen. Das Interview...er musste geträumt haben, dass es bereits gelaufen war. Er lag noch im Bett, in Seung-Hyuns Armen. Seung-Hyun, welcher ihn zärtlich weckte. Aber irgendetwas Befremdliches schlich sich nun in seinen benebelten Geist. Um seinen Körper schlang sich klamme Kälte und ein Geruch von altem Wasser und Moder stieg ihm in die Nase. Das konnte nicht sein Schlafzimmer sein. Verwirrt wollte er sich aufrichten. Aber auch als er all seine Kraft nutzte, zuckten seine Glieder nur leicht und er gab ein sehr leises Stöhnen von sich. "...endlich...mei...Engel...wacht." Fetzen von Worten erreichten Ji-Yong. Er konnte ihren Sinn nicht verstehen, doch er kannte die Stimme, welche ihm sanft ins Ohr hauchte. Langsam aber unaufhaltsam kamen die Erinnerungen wieder und mit ihnen die Angst. Das Interview war kein Traum gewesen und alles was danach geschehen war auch nicht. Der Saft, es musste etwas darin gewesen sein. Min-Ho, der ihn "mein Engel" nannte, der ihn auch jetzt im Arm hielt. Er war es gewesen, die ganze Zeit war er es gewesen. Er spürte die Kälte seinen Körper hochkriechen, spürte noch immer die Hände, die über seinen Kopf streichelten. Er wollte weg, nur weg von hier. Sein Herz schlug schnell vor Angst, pumpte Adrenalin durch seinen Körper. Ji-Yong nahm all seine Kraft zusammen und brachte es endlich fertig, die schweren Augenlider aufzureißen. Es war dunkel, sehr dunkel und seine Sicht blieb noch verschwommen, doch er erkannte, dass es tatsächlich Min-Ho war, der ihn in den Armen hielt. Ein Schrei kroch ihm die Kehle hoch, er wollte brüllen, er wollte sich wehren, aber er brachte nur ein leises Wimmern hervor. Er sah, dass Min-Ho den Mund öffnete, dieser schien etwas zu sagen, aber Ji-Yong konnte es nicht hören. Oder er konnte es nicht verstehen. Er wusste nur, dass er hier verschwinden müsste. Das hier war schlimm, schlimmer als alles, was er sich jemals ausgemalt hatte. Blut rauschte in seinen Ohren, in seinem Kopf. Angst. Panik. Nur weg von hier, weg. Ji-Yong wollte sich aus der viel zu sanften Umarmung des anderen reißen, doch er schaffte es nicht. Er wollte schreien, doch er schaffte es nicht. Hilfe, er brauchte Hilfe. Wieso konnte er nicht wieder einschlafen, das alles hier nicht mitbekommen? Das hier konnte nicht die Wirklichkeit sein, das konnte es einfach nicht. Es war ein böser Albtraum. Er war nach dem Interview im Auto eingeschlafen. Er träumte. Und gleich würde er aufwachen, Min-Ho würde lächeln und ihn zur Hautür bringen. Verdammt, das konnte doch alles nicht wahr sein! "Du freust dich sicher, dass wir endlich zusammen sein können..." Min-Ho sprach noch weiter, aber er verstand es nicht mehr. Er wollte es gar nicht hören, wollte aufwachen. Doch er konnte es nicht ausschalten. Er spürte, dass der andere ihn näher an sich zog, sanfte Küsse auf seiner Wange platzierte. Die Stellen, an denen seine Lippen Ji-Yongs Haut berührten, brannten, als hätte Säure sie verätzt. Eine eiskalte Hand streichelte seinen Nacken, wanderte über die Schulter nach vorn und verschwand für einen kurzen Augenblick unter seinem Hemd, strich über die Brust und es jagte ihm einen Schauer des Ekels durch den Körper. Warum verdammt nochmal konnte er sich noch immer nicht wehren? Er schaffte es, den Kopf abzuwenden, doch es war, als würde die Welt sich schneller bewegen als sein Blick und Übelkeit stieg in ihm auf. Und sie wurde schlimmer, als die Lippen nun über seinen freien Hals wanderten und daran nagten. Wieder stieß er ein Wimmern hervor. Es nützte nichts. Die andere Hand tastete seinen Arm hinab und hob ihn an. Ein Daumen streichelte seine Handfläche, dann pressten sich die widerlich feuchten Lippen auf ihr nieder. Sie küssten langsam, ekelerregend. Gingen weiter, berührten sein Handgelenk und beendeten ihren Weg erst in seiner Armbeuge. Er hatte das Gefühl, sein Blick würde klarer werden, doch dies war nicht sein Wunsch. Sein Wunsch war Schwärze. Kühle Luft drang an seine Brust. Der Stoff darüber verschwand langsam, als Min-Ho begann die Knöpfe seines Hemdes zu öffnen. Sein Herz raste. Es schlug in seinem Hals, schnürte ihm die Kehle ab. Er hatte ihm vertraut. Die gesamten Wochen waren sie so oft allein gewesen. Er hatte sich sicher gefühlt. Sicher! Der Mann, der ihn beschützen sollte, begann in diesem Moment, seine Hose zu öffnen und streichelte dabei gelegentlich über seinen Bauch, versenkte seinen Finger in den Nabel und stieß tief hinein. Ji-Yong spürte, wie seine Augen heiß wurden. Sie füllten sie mit Tränen. Aber Tränen konnten ihm nicht helfen. "...deine Haut ist so weich...ich wollte sie so oft steicheln und ich wusste, du wolltest es auch....von nun an werde ich es jeden Tag tun...." Sein schwerer Körper wurde näher an den seines Peinigers gezogen. Er lehnte an dessen Brust. Fühlte den Atem unangenehm auf der Haut. Sein Hemd wurde über seine Schultern nach unten geschoben und verschwand. Er wollte zugreifen, es bei sich behalten, doch er konnte nicht einen Finger heben. Wie hatte er ihm nur vertrauen können? Er war so dumm. So dumm gewesen. Seine Hose begann langsam, von seinen Hüften zu rutschen. "...nein..." Das Rauschen in seinen Ohren wurde leiser, doch er wünschte es sich zurück. Er wollte seinen Geist vor all dem hier verschließen, wollte alles einfach aussperren. Bei den Worten Min-Hos drehte es ihm den Magen um. "Ich liebe dich mein Engel. Ich habe deine Blicke gesehen, so oft. Ich wusste, dass du mich auch willst. Du warst genauso verrückt nach mir, wie ich nach dir. Ich habe mich nach dir verzehrt und nun können wir endlich beisammen sein." Während er sprach, beugte er sich tiefer über Ji-Yong küsste seinen Bauch und streichelte den zitternden Körper. "Wie sehr habe ich mich nach dir verzehrt..." Der Jüngere fühlte den heißen Atem auf seiner Haut, spürte wie die tiefe Stimme sie zum vibrieren brachte. In seinen Gedanken begann er zu schreien, nach Seung-Hyun zu schreien, der ihm doch immer geholfen hatte, wenn es ihm schlecht ging. Warum war er nicht hier, warum half er ihm nicht? Warum suchte niemand nach ihm, warum fand ihn keiner? Weitere heiße Tränen rollten aus seinen Augenwinkeln. Plötzlich tauchte wieder das lächelnde Gesicht Min-Hos vor seinen Augen auf und er schloss sie, kniff sie so fest zusammen, wie er nur konnte. Die Wirklichkeit ausschließen. Doch der feste Griff des anderen zwang ihn, den Kopf wieder in seine Richtung zu drehen. "Sieh mich an, mein Engel", raunte er ihm uns Ohr, wieder der heiße klebrige Atem. "Ich... will nicht...", wisperte Ji-Yong- In seinem Kopf hatte er es geschrien, aber was aus seinem Mund kam, war kaum mehr als ein brüchiges Flüstern. "Du bist wohl schüchtern? Aber keine Sorge, wir werden uns schnell aneinander gewöhnen und du wirst kaum noch genug von mir bekommen können. Zier dich nur nicht weiter, Engelchen, du brauchst deine Liebe nicht länger verstecken." Er legte die Hand sanft auf Ji-Yongs Gesicht und küsste seine Wange. Dieser Mann wahr wahnsinnig. Jene Erkenntnis tropfe in sein Bewusstsein, wenn sein Denken auch sonst sehr langsam war, von Panik und Drogen außer Gefecht gesetzt. Er war wahnsinnig und glaubte all das, was er sagte. Und mit diesem Wissen starb auch nach und nach der letzte Funken Hoffnung, den Ji-Yong noch in sich getragen hatte. Er konnte sich nicht rühren, konnte kaum sprechen und war diesem Verrückten hilflos ausgeliefert. Stumme Tränen quollen aus seinen Augen, Tränen der Angst und der Verzweiflung. Das hier war so aussichtslos. Und immer noch wanderten die Hände Min-Hos über seine nackte Haut. Dessen Gesicht verschwand wieder. Wenige Sekunden später grub dessen Zunge obszöhn in seinen Bauchnabel, wandt sich darin. Seine Muskeln verkrampften sich. Eiskalte Schauer zogen durch seine Arme. Eine seiner Hände schien aus ihrer Starre zu erwachen und griff angsterfüllt in den Stoff unter ihm. Er suchte Halt. Etwas, das sein Bewusstsein von hier fortbringen würde. Aber er fand nicht mehr als eine raue Decke. Die Zunge leckte weiter. Ihre nasse Spur über seine Brust, bis zu seinem Adamsapfel, welcher genauso stark dem Rhythmus seines rasenden Herzens unterworfen zu sein schien, wie jede Faser seines Körpers. Dann streichelte ein Finger über seine Lippen, schob sich durch sie hindurch und tief in seinen Rachen. "Du siehst überhaupt nicht mehr wie ein Engel aus, wenn wir das machen. Aber das gefällt mir..." Ein zweiter Finger kam hinzu. Ji-Yong spürte die Magensäure, welche seine Kehle hinaufstieg. Gleich würde er sich übergeben. Er würde sich übergeben und sterben. Min-Hos Gesicht über ihm wurde klarer. Dieser kam ihm nahe und begann einige seiner unzähligen Tränen fortzuküssen...eine Berührung, welche nur weitere hervorrief. In seinem Innern schrie er. Schrie aus Leibeskräften. Endlich verließen die Finger seinen Mund. Sie verteilten seinen Speichel auf seinen Brustwarzen. Min-Ho lachte leise, während er begann ihm seine Boxershorts zu entziehen. Ein panisches Schlottern ergriff Ji-Yongs Glieder. Mit weit aufgerissenen Augen starrte er an die Decke, hoffnungslos erwartend, wie geschehen würde, wovor ihn niemand mehr retten konnte. Wovor er sich selbst nicht gerettet hatte. Er hätte ein Feigling bleiben und sich für immer in Seung-Hyuns Armen verkriechen sollen. Seung-Hyun... Kräftige Hände packten seine Hüften und hoben sie an. Er wurde ein Stück nach unten gezogen und jetzt spürte er die nackte Haut des anderen zwischen seinen gespreizten Beinen. Dessen Hand streichelte die Innenseite eines Oberschenkels. Er setzte zärtlich einen Kuss darauf und biss hinein. Ein Winseln verließ Ji-Yongs Mund. "Nicht.....bitte nicht...", flehte er heiser und rollte seinen Kopf zur Seite. Was konnte er noch tun als betteln? Er bettelte, obwohl er wusste, dass es aussichtslos war. Min-Ho beugte sich über ihn. Dessen Hüften rieben an ihm. Ekel. Panik. Erneut die widerliche Stimme in seinem Ohr. "Oh~ du brauchst dich nicht zu fürchten. Es wird wunderschön werden. Ich werde dir unglaubliche Dinge zeigen. Dinge, die dieser unfähige Seung-Hyun nie mit dir hätte tun können." Seung-Hyuns Namen zu hören, ließ Ji-Yong geschockt aufsehen. In dieser Sekunde drückten sich Min-Hos Lippen auf die Seinen und dessen Zunge zwängte sich in seinen Mund. In Ji-Yongs Kopf drehte sich alles. Seung-Hyun hatte ihn geküsst. Geküsst und zärtlich gestreichelt. Nun musste er die Berührungen dieses durchgedrehten Fanatikers ertragen. Warum?! "Ich hab ihn jetzt drei mal angerufen. Er nimmt nicht ab! Ich rufe die Polizei!" Seung-Hyun hatte die halbe Stunde gewartet, um die Young-Bae ihn gebeten hatte, doch nun hielt er es nicht mehr aus. Das konnte doch nicht wahr sein. Das erste Mal ging Ji-Yong wieder allein zu einem Interview aus dem Haus und danach verschwand er. Ein ungutes Gefühl beschlich den Ältesten. Er war verschwunden. Ji-Yong. "Ich habe im Sender angerufen.", verkündete Dae-Sung mit beunruhigter Stimme und warf das Telefon auf den Wohnzimmertisch. Seung-Ri packte seine Oberarme und blickte ihn flehend an. "W-was haben sie gesagt?" "Dass er sofort nach dem Interview zusammen mit seinem Bodyguard gegangen ist." Young-Bae blickte auf seine Uhr. Ihr Leader hatte die Station seit über eineinhalb Stunden verlassen. Zeit, in der sovieles passieren könnte. Seung-Hyun gesellte sich zu ihnen, als er das Gespräch beendet hatte. Er hatte der Polizei auch Ji-Yongs Handynummer zur Überprüfung gegeben. Young-Bae packte ihn am Arm und zog ihn zum Sofa, damit er sich setzte. Alle Farbe war aus seinem Gesicht gewichen. "Was hat die Polizei gesagt?" "Sie werden nach ihm suchen. Sofort. Aber..." Seine Stimme brach ab und er presste die Lippen aufeinander."...ich habe das Gefühl, dass es schon zu spät ist-" "Ya! Choi Seung-Hyun, hör auf. Das bringt uns nicht weiter." Seung-Ri lehnte an Dae-Sung, da er scheinbar nicht mehr allein stehen konnte. Seine Hände bebten. Bebten wie die Ji-Yongs, welcher keine Chance mehr hatte. "Okay, ihr habt recht, ich entschuldige mich dafür." Aber eine Entschuldigung konnte seine Befürchtungen nicht auslöschen und diese fraßen sich immer tiefer in seinen Geist. Wenn auch nur die leiseste Chance bestünde, dass es etwas brächte, wäre er sofort aufgesprungen und hätte eigenhändig nach Ji-Yong gesucht. Aber dies wäre aussichtslos und so begnügte er sich damit, die Fernsehzeitschrift vor Nervosität und Angst in kleine Fetzen zu reißen. Die anderen betrachteten ihn mit sorgenvollem Blick. "Sie werden ihn schon finden, es ist sicher nichts passiert. Weißt du, die Polizei ist mit hochmoderner Technik ausgestattet. Ji-Yongs Handy hat GPS, sie werden ihn in null komma nichts geortet haben. Er sitzt sicher in irgendeinem Restaurant und scherzt mit Min-Ho und hat darüber die Zeit vergessen." Young-Bae setzte sich neben ihn und legte ihm die Hand auf die Schulter. "Ich wünschte, ich könnte auch so denken, wie du." Aber er konnte es nicht. Stattdessen malte der Ältere sich seine Horrorvisionen in den dunkelsten Farben aus und so gern er es verhindert hätte, er konnte es nicht. Seine Angst war viel zu gross. Kapitel 16: Heartbreaker ------------------------ Ji-Yong schaffte es die Hand zu heben und zu der Brust seines Peinigers zu führen. Er wollte ihn von sich stoßen, wollte ihn schlagen, ihn verprügeln bis das Blut spritzte. Doch er machte sich Illusionen, ihm fehlte noch immer jegliche Kraft. Er brachte es nicht einmal fertig, den anderen auch nur einen Zentimeter beiseite zu schieben. "Du kannst es kaum noch erwarten, stimmts? Mir geht es genauso. Ich verspreche dir, ich lasse dich den Himmel und die Sterne sehen, wenn wir es endlich miteinander tun." Ji-Yong spürte, wie Min-Ho die Hand unter seine Bein schob, während er sich mit der anderen neben seinem Kopf abstützte. Seine Gedärme verknoteten sich vor Angst. Sein Herz raste. Angst. Nein, er wollte nicht. Nein, nein! Sah denn niemand, was hier geschah? Das konnten sie nicht zulassen. Er kniff wieder die Augen zusammen, hob auch die andere Hand, nahm all seine Kräfte zusammen. Wieder scheiterte er. Er presste die Lippen zusammen als er wieder den Atem auf seinem Gesicht spürte. Diese widerliche Zunge, er wollte sie ihm abbeißen. Er wollte das alles vergessen, wollte sich fortträumen, aber er bekam mit, wie Min-Ho sich vor ihm platzierte, einen Moment innehielt. "Du wirst es lieben, das hier mit mir zu tun." Und dann spürte Ji-Yong den grässlichsten Schmerz seines gesamten Lebens. Es war, als würden ihm die Gedärme von innen zerrissen. Er hörte einen Schrei. Einen schrillen, schmerzverzerrten Schrei, der in seinen Ohren hämmerte und es dauerte eine Weile bis er begriff, dass er es selbst war, der schrie und dass der Schrei nur in ihm derart laut nachhallte. In Wirklichkiet war es kaum mehr als ein Wimmern, ein Stöhnen. "Das ist gut, nicht wahr? Willst du mehr davon?" Noch immer hatte Ji-Yong die Augen geschlossen, er wollte den Gesichtsausdruck dieses widerlichen Mannes nicht sehen, wollte nicht die Lust in seinen Augen sehen. Noch ein Stoß. Ji-Yong verkrampfte sich, krallte seine Hände fester in die Decke unter sich und wieder begannen die Tränen zu fließen. Er war schwach und hilflos, er konnte nichts tun. Er musste hier liegen und all das über sich ergehen lassen. Noch nicht einmal die Hoffnung, dass es schnell vorbei sein könnte, blieb ihm. Leises Keuchen drang an sein Ohr und nun wurde die Übelkeit so schlimm, dass sie kaum noch zum ertragen war. Doch sie war bei weitem nicht so schlimm wie jener Schmerz, den Min-Ho ihm zufügte, als er sich langsam in ihm bewegegte. Er konnte sich nicht übergeben. Er wollte es. Vielleicht würde es diesen Verrückten davon abhalten, das hier mit ihm zu tun. Aber er konnte nicht. Die Bewegungen wurden schneller, brutaler. Unnachgiebig rammte er in den zerbrechlichen Körper hinein. Für Ji-Yong war jeder Stoß die Hölle. Das feuchte erregte Keuchen erklang nah über seinem Gesicht und versagte ihm jede Traumwelt, in die er sich zu flüchten versuchte. Das Rauschen in seinen Ohren verstärkte sich wieder. Diesmal war es sein Blut, welches durch seine Adern raste. Es erhitzte seinen Körper, doch in ihm war es eiskalt. Min-Hos Hand streichelte über seinen Hals. Er stöhnte leise, kehlig. Genießend. "Ich sehe....es gefällt dir. Du hast das noch nie mit IHM getan oder? Du bist doch für mich rein geblieben." Ji-Yong verstand den Sinn der Worte kaum, die nur in Bruchstücken zu ihm durchdrangen. Ein Stoß in ihm. Brennender Schmerz. Ein Wort. "Du antwortest nicht. Also hast du mich doch schon betrogen. Sags mir! Hast du?!" Die Hand, die seine Kehle nur gestreichelt hatte, packte plötzlich zu und schnürte ihm die Luft ab. Ji-Yong hustete. Nun konnte kein Laut mehr seinen Mund verlassen. Nicht eine einzige Möglichkeit blieb ihm, seine Qualen hinauszuschreien. Schweiß rann ihm von der Stirn, aber er kühlte ihn nicht. "Wenn ja, dann werde ich dafür sorgen, dass du ihn vergisst. Du wirst nie mehr zu ihm gehen wollen, wenn ich fertig bin." Und dies war eine Prophezeihung. Die Hand verließ seinen Hals. Ji-Yong holte röchelnd Luft, spürte, wie Min-Ho seine Hüften fest hielt und sich fast völlig aus ihm zurückzog. Dann stieß er tiefer und brutaler in ihn als zuvor. Sein Rücken krümmte sich nach oben. Er riss seinen Kopf in den Nacken und öffnete die Augen. Schwarze Punkte tanzten davor. Die Bewegungen in ihm wurden schneller, härter. Das Keuchen lauter. Der Schmerz unerträglich. Wieder und wieder trafen die Hüften seines Peinigers gegen seine nackte Haut. Ji-Yong wimmerte unaufhörlich, stöhnte ab und zu vor Pein lauter auf, während sein Körper unter den Stößen zerrissen wurde. In diesem Moment wollte er sterben. Endlich erlöst werden. Der Tod war sein Ausweg. Der Tod war sein Freund. Warum konnte er nicht sterben?! Doch nicht einmal eine gnädige Ohnmacht legte sich über ihn. Alles, was ihm blieb, waren sein Wimmern, sein Flehen und der Stoff zwischen seinen Finger, den er beinahe zerriss. Und als er dachte, dass er es nicht mehr erdulden könnte, hielt Min-Ho plötzlich inne. Er stöhnte lang gezogen auf und Ji-Yong spürte, wie sich brennend heiße Flüssigkeit in ihn ergoss. Sein Inneres verätzte. Nach weiteren Sekunden löste sich sein Peiniger aus ihm. Ji-Yongs Körper zuckte heftig zusammen. Dann bewegte er sich nicht mehr. Vor seinen Augen wurde es schwarz, doch er war noch bei sich. Die Schmerzen, die noch immer seinen Körper zerfraßen, machten es ihm bewusst. Die Tränen, die über sein Gesicht rannen, fast zärtlich, wie um ihn zu trösten, machten es ihm bewusst. Sie rollten über seine Wangen, lösten sich von seiner Haut und zerplatzten ungesehen unter ihm. 'Bitte, bring mich jetzt um, bitte.' Min-Ho hatte sich von ihm gerollt und war aufgestanden, Ji-Yong hörte seine Schritte sich ein wenig entfernen. Endlich Abstand zwischen ihm und diesem Wahnsinnigen. Vielleicht hatte er ja doch genug, vielleicht würde er jetzt gehen. Und Ji-Yong blieb noch eine Chance. Er kniff die Augen zusammen, öffnete sie wieder und versuchte die Schwärze vor ihnen zum verschwinden zu bringen. Langsam wurde seine Sicht wieder klarer. Er drehte den Kopf zur Seite. Das Erste, was er sah, war seine eigene Hand, die immer noch fest um den kratzigen Stoff der Decke geschlossen war. Sie war vor Anstrengung weiß geworden, so sehr hatte er sie festgehalten. Dann der dreckige Boden, der darunter hervorblitzte. Dann stellte sich seine Sicht noch ein wenig schärfer und er konnte Min-Ho in den dunklen Schatten des Raumes ausmachen. Erneut stieg die Übelkeit seine Kehle hoch. Er drehte sich ruckartig zur Seite und übergab sich endlich. Er würgte so lange, bis er nichts mehr ihm Magen hatte und er würgte noch weiter, als könnte er das, was er gerade erlebt hatte, aus sich löschen. Er schmeckte bittere Galle. Ein letztes Husten, dann ließ er sich kraftlos zurück auf die Erde sinken. Bei jeder Bewegung raste der Schmerz wie glühendes Eisen durch seinen Körper Ji-Yong keuchte erschöpft und versuchte wieder zu Atem zu kommen. Er hatte nicht bemerkt, wie Min-Ho wieder näher gekommen war, doch jetzt kniete er neben ihm und fuhr ihm langsam durch das schweißnasse Haar. "Ist dir schlecht mein Engel? Wart nur ab, das vergeht schon wieder." Seine Stimme war dunkel und sanft. Als dieser wieder aufstand, um eine Decke über ihn zu breiten, wusste Ji-Yong, dass er nicht entkommen würde. Und er würde auch nicht sterben. Noch nicht. Er würde hier bleiben müssen, zusammen mit ihm, er würde für immer in seiner Gewalt bleiben. Das hatte er ihm versprochen und Ji-Yong glaubte es. Sein Körper wurde ungewollt nah an den anderen gezogen. Obwohl er spürte, dass er sich wieder rühren konnte, wehrte er sich nicht mehr. Er hatte aufgegeben. Der Albtraum hatte begonnen und er würde nicht vergehen, er würde nicht aufwachen. Egal, was er tat. Noch immer war er nackt, schutzlos und die Kälte legte sich um ihn. Min-Hos Hände streichelten über seinen schweißnassen Körper. Liebkosten ihn zärtlich. Er zwirbelte das wirre Haar um seinen Finger, ließ es sich gefallen, das tun zu können. Ji-Yong holte Luft, wieder und wieder. Er konnte seine Atmung nicht verlangsamen, konnte sich nicht mehr kontrollieren. Es war, als wäre es nie genug Sauerstoff, der seine Lungen füllte und als würde auch der widerliche Geruch von Moder und Schweiß ihn von innen beschmutzen. Er fühlte sich schäbig. Voll Schande. Schande, die für immer an ihm haften würde. "Ich liebe dich so sehr, mein Engel." Min-Ho setzte einen Kuss auf seine Stirn. "Von jetzt an werden wir das so oft wie möglich machen. Ich will dich nie wieder loslassen. Du wirst für immer in meinen Armen liegen. Und ich werde dir soviel Liebe schenken, dass du darin ertrinkst, damit deine Gedanken immer bei mir sein werden." Er hörte es. Jedes einzelne Wort. Sie drangen in seinen Kopf, brannten sich in sein Gedächtnis, würden nie mehr zu löschen sein. Die Hand streichelte noch einmal über seine Wange und ein Kuss wurde ihm auf die Lippen gesetzt. Er war sanft und zärtlich. Doch er spürte ihn kaum. Seine Lippen waren taub, sein Geist war tot. Irgendetwas in ihm war heute gestorben. Sie lagen noch eine Weile so da, dann löste sich Min-Ho von dem teilnahmslosen Jungen. Er hatte etwas gehört, das ihn beunruhigte. Polizeisirenen. Sie waren direkt vor dem Gebäude. Er kniete sich noch einmal zu Ji-Yong, welcher auf den Bauch gerollt da lag und legte eine Hand auf seinen Kopf. "Ich muss jetzt gehen. Sie kommen und wollen dich mir wegnehmen. Ich muss sie aufhalten. Sei nicht traurig, ja? Bald komme ich wieder. Sie werden dich nicht kriegen." Mit dieser Erklärung wandte er sich ab und flüchtete zur Tür hinaus. Von außen schloss er zu und rannte dann auf eine Hintertür zu, durch welche er heimlich aus dem Gebäude flüchtete. Ji-Yong ließ er in der Dunkelheit zurück. Die Polizei hatte nicht gezögert, als Seung-Hyuns besorgter Anruf eingegangen war. Der Fall des Stalkers hatte nun höchste Priorität und sobald sie die Möglichkeit hatten, orteten sie das Handysignal der vermissten Person. Es führte sie zum Hafen direkt in ein altes Lagerhaus, wo sie ebenfalls den Wagen vorfanden, welchen Min-Ho gefahren hatte. Der grausige Verdacht über den Täter erwachte. Als sie das Gebäude stürmten, war der Bodyguard gerade dabei, dieses zu verlassen. Er entwischte ihnen, doch die Beamten machten sich sofort daran, ihn zu verfolgen. Ein anderer Teil des Teams rammte die Tür auf, hinter der sie Ji-Yong vermuteten. Sie fanden ihn. Doch es war zu spät. Im fahlen Lichtkegel der Taschenlampen kam die Silouette einer Gestalt zum Vorschein, welche sich auf dem Boden unter einer Decke zusammengekauert hatte. Seine Kleidung lag verstreut um das 'Lager'. Sie ließen die ärztliche Unterstützung an ihn herantreten, welche versuchte, Ji-Yong anzusprechen. Doch der Junge lag nur da. Regunglos, halb geöffneter Augen starrte er vor sich hin. "Er muss sofort in eine Klinik geschafft werden." Totz der Aufruhe, die nun um ihn herum geschah, gab er auch weiterhin keinen Laut von sich. Regte sich nicht, wehrte sich nicht. Man brachte ihn in das nächste Krankenhaus, um ihm so gut es ging zu helfen. Aber die Hilfe, die er gebraucht hätte, war nicht eingetroffen. Unterdessen machten sich zwei Beamte auf den Weg zum Apartment der Gruppe, um sie über den Zustand ihres Leaders in Kenntnis zu setzen. Seung-Hyun sprang als Erster auf, als es an der Tür klingelte, die anderen folgten ihm auf den Fuß. Er betätigte den Summer und klopfte nervös auf die Türklinke, während er wartete, dass die Polizisten, auf ihrem Stockwerk ankamen. Sofort, als er Schritte auf der Treppe hörte, riss er die Tür auf. "Was ist mit Ji-Yong?!" rief er, ohne ein grüßendes Wort voranzustellen. Er machte sich so große Sorgen, dass es ihm fast die Brust sprengte. Die Beamten wechselten einen Seitenblick, der nichts Gutes verheißen konnte. Schließlich ergriff einer von ihnen das Wort. "Er ist auf den Weg ins Krankenhaus, wir haben ihn schnell gefunden, nachdem wir sein Handy geortet hatten." Er verstummte. "Was ist denn passiert, können wir zu ihm, wie geht es ihm?" Seung-Hyuns Stimme überschlug sich fast vor Angst um seinen Freund und die zurückhaltende Art der beiden Polizisten ließen ihn Schlimmes vermuten. "Wir haben Grund zu der Annahme, dass Herr Kwon vergewaltigt worden ist. Der Täter ist flüchtig, aber-" "Was?! Das ist nicht wahr!!" Während alle anderen ihre Sprache verloren haben zu schienen, fühlte sich der Älteste an den Rand eines Nervenzusammenbruchs gedrängt. Vergewaltigt... das Wort bohrte sich in sein Bewusstsein und drohte es zersplittern zu lassen. Ji-Yong vergewaltigt. Der unschuldigste und liebenswerteste Mensch, den er kannte. Das konnte nicht wahr sein, das durfte nicht wahr sein. Die glühend heiße Wut brannte in ihm, doch mit ihr kam der Schmerz. "Das kann einfach nicht sein!" Seine Stimme zitterte und in ihr schwang eine einsame Träne mit, die sich aus seinem Augenwinkel stahl und ungesehen seine Wange herablief. Eine Hand legte sich auf seine Schulter, aber er bemerkte es kaum. "Es tut uns wirklich leid", setzte der Polizist wieder an, doch in Seung-Hyuns Ohren klang es wie eine abgedroschene Phrase. "Der Täter ist nach unserer letzten Information noch flüchtig, allerdings glauben wir, dass es sich bei ihm um den Bodyguard handelt, der Herrn Kwon zur Seite gestellt wurde. Wir haben den Wagen, den er benutzte, vor dem Gebäude gefunden, in dem Herr Kwon sich befand." "Oh Gott, das kann doch nicht..." Seung-Ri hatte die Hände vor das Gesicht geschlagen und der Schock zeichnete sich deutlich in diesem ab, genauso wie in denen der anderen. Park Min-Ho! Seung-Hyun kochte innerlich und musste sich sehr zusammennehmen, seine Faust nicht in die Wand zu rammen, nur um sich abzureagieren. Wie konnten sie ihm bloß vertraut haben? Plötzlich erinnerte er sich an jenen hasserfüllten Blick, den Min-Ho ihm zugeworfen hatte, an jenem Tag nachdem die Augen im Treppenhaus aufgetaucht waren. Er hatte es als paranoide Einbildung abgetan, aber auf einmal wirkte alles so klar, so logisch, dass Seung-Hyun sich fragte, wie er es übersehen haben konnte. "Können wir ihn sehen?" Young-Bae gewann letztlich seine Fassung zurück und verstärkte den Griff um die Schulter des Ältesten, als könnte er somit etwas von seiner Ruhe auf ihn übertragen. "Das wissen wir nicht, das müssen die Ärzte im Krankenhaus entscheiden. Aber wenn Sie wollen, können wir Sie hinfahren und Sie können sich dort nach dem Wohlergehen Ihres Freundes erkundigen." Dae-Sung nickte gemeinsam mit Young-Bae auf das Angebot der Polizisten hin. Doch er machte es dem Älteren nur nach, denn die Neuigkeiten, die ihnen gebracht worden waren, schienen so fern der Realität, dass es ihm schwer fiel, die Worte nachzuvollziehen. Trotzdem brach er nicht zusammen. Vor sich sah er Seung-Ri, dessen Körper bebte, danach wanderte sein Blick zu Seung-Hyun, welcher jede Fassung verloren zu haben schien. Er würde Young-Bae jetzt sehr brauchen. Deshalb nahm er selbst sich vor, ihrem Jüngsten zu helfen. "Das wäre wirklich sehr freundlich.", entkam es Young-Baes Mund seltsam fern und steif. Er reagierte nur, dachte nicht wirklich. Doch ihr Ältester bewegte sich überhaupt nicht mehr. "Hyung, komm. Du musst dir deine Schuhe anziehen. Dann können wir zu... ihm gehen." Er schaffte es wirklich nicht, Ji-Yongs Namen auszusprechen. Young-Bae schluckte. Aber Seung-Hyun schien aus seiner Starre zu erwachen. Er nickte und sie alle kehrten wie in Trance noch einmal in den Flur ihres Apartments zurück, um kurze Zeit später den Parkplatz im Fahrzeug der Beamten zu verlassen. Die Fahrt verlief in vollkommenem Schweigen. Seung-Hyun sah nägelkauend aus dem Fenster. Neben ihm befand sich Young-Bae, welcher einfach gar nichts tat. Dae-Sung hielt einen Arm Seung-Ris. Der Jüngste starrte mit weit aufgerissenen Augen vor sich her, doch er sah ins Leere. Wie lang würde es dauern, bis sie realisierten, was geschehen war? Die Polizei übernahm ihre Anmeldung im Krankenhaus und sofort wurde der zuständige Arzt informiert. In weiterhin verbissener Stille erwarteten sie dessen Eintreffen, aber letztlich war es eine Schwester, die zu ihnen kam und sie in ein Büro führte. Der Mann im weißen Kittel, wandte sich ihnen zu, als sich die Tür hinter ihnen geschlossen hatte. In seinem Gesicht spiegelte sich wahre Bestürzung. Er räusperte sich. "Bitte setzen Sie sich. Das... wird nicht einfach für Sie werden." Seung-Hyun rührte sich nicht. Es war, als würde er sich weigern, sich in aller Ruhe auf ein Sofa zu begeben, während Ji-Yong vielleicht Höllenqualen litt. Während dieser ihn brauchte. Wieder war es Young-Bae, der ihn zur Vernunft brachte. "Hyung", ermahnte er ihn. "Das bringt doch nichts!" Als sie endlich alle Platz genommen hatten, holte der Mann derart tief Luft, als wollte er den gesamten Sauerstoff des Raumes auf einmal verbrauchen. "Ich gehe davon aus, dass sie von der Polizei bereits informiert worden sind." Eine kurze Pause, um ihnen Zeit für ein Widerwort zu geben, dann fuhr er fort. "Als Herr Kwon eingeliefert worden ist, befand er sich in einem Schockzustand. Das bedeutet, er war zwar bei Bewusstsein, aber nicht ansprechbar. Er reagiert auch bis jetzt auf nichts, was ihm gesagt wird. Seine Untersuchung ergab, dass ihm ein starkes Beruhigungsmittel verabreicht worden ist, das auch eine vorrübergehende Lähmung des Körpers hervorruft. Danach ist er zum Geschlechtsverkehr gezwungen worden. Dies hat anschließend die Starre ausgelöst, in der er sich noch immer befindet." Auch wenn dies eine andere Formulierung war, so verlor die Tatsache, was mit ihrem Freund geschehen war, nicht ihren Schrecken. Seung-Hyuns Finger bohrten sich in den Stoff der Couch. Er konnte es nicht glauben, wollte es nicht wahr haben. Wollte es sich nicht vorstellen. Er hörte Seung-Ri leise schluchzen und Dae-Sungs Stimme, die scheinbar versuchte, ihn zur beruhigen. Seine Gedanken drehten sich im Kreis. "Er hat keine größeren körperlichen Schäden davon getragen, aber Sie müssen sich bewusst machen, was dies für seine Psyche bedeutet. Ein solches... Verbrechen hinterlässt Spuren. Jede falsche Bewegung, jedes falsche Wort kann Erinnerungen hervorrufen und daher müssen Sie vorsichtig sein. Aber er braucht Sie auch. Um wieder Vertrauen zu fassen." "Können wir jetzt zu ihm?", fragte Young-Bae mit belegter Stimme, auf die gleiche Weise, wie er schon den Beamten die Frage gestellt hatte. Der Arzt bejahte und bat sie, ihm zu folgen. "Aber denken Sie an das, was ich gesagt habe." Sie alle nickten, doch keiner von ihnen wusste, ob sie bereit dazu waren, die Tür zu durchschreiten, welche ihnen nun geöffnet wurde. Ji-Yong bot einen wirklich erbärmlichen und mitleiderregenden Anblick. Er saß mit angezogenen Beinen auf dem Bett, den Kopf in den verschränkten Armen vergraben, am ganzen Körper zitternd. Sein Haar war zerzaust und nass. Keiner traute sich, etwas zu sagen oder nah an ihren Freund herazutreten, so sehr waren sie überrollt von der grausamen Realität, die in diesem Moment noch viel näher und brutaler schien, als sie es vorhin getan hatte. Langsam begannen sie alle zu verstehen, was in den letzten Stunden passiert war. "Ich werde Sie jetzt allein lassen." Die Stimme des Arztes riss sie aus ihrer Starre und endlich traten sie näher an ihren Freund. Nun standen sie im Kreis um das Bett herum und versuchten herauszufinden, wie man mit einer derart absurden und irrealen Situation umgehen musste. "Ji-Yonga...?" Seung-Hyuns Stimme war leise und er erwartete eigentlich keine Reaktion. Doch der Angesprochene hob leicht den Kopf und drehte ihn zur Seite, aber er schien den Älteren nicht wirklich wahrzunehmen und auch keinen der anderen. Sein Ausdruck war leer, sein Blick stumpf und es tat ihnen weh, den Freund so zu sehen und nichts tun zu können. Seung-Hyun überkam das Bedürfnis, ihn in den Arm zu nehmen, die Zärtlichkeit zu geben, die ihm schon so viele Male geholfen hatte und es schmerzte ihn, dass er es dieses Mal nicht durfte. Hilflosigkeit stieg in ihm auf. Er konnte einfach nichts tun. Noch immer sagte Ji-Yong nichts, starrte nur mit leerem Blick durch sie hindurch. Schließlich hielt Seung-Ri es nicht mehr aus und trat an das Bett heran. "Hyung, bitte sag doch was, sprich doch mit uns! Es tut uns so leid, was passiert ist, aber bitte friss es nicht in dich hinein!" Ji-Yong hob seinen Kopf noch ein wenig höher, es schien, als würde er den Jüngsten direkt ansehen, doch nach einigen schier endlos langen Sekunden sank sein Kopf kraftlos auf seine Arme zurück. Seung-Ri stiegen die Tränen in die Augen. Young-Bae wollte hinter ihn treten, ihn zur Seite nehmen. Er hatte das eindringliche Gefühl, dass er so nichts besser machen konnte. Aber es war schon zu spät. "Ji-Yong, sag doch was, bitte!" Er beugte sich nach vorn und legte seine Hände auf die Oberarme des anderen. Ein Zucken ging durch dessen Körper, sein Kopf fuhr in die Höhe und den Bruchteil einer Sekunde später zerriss ein gellender Schrei die Stille, die im Krankenhaus geherrscht hatte. Und in diesen Schrei legte er allen Schmerz und alle Furcht, die er hatte ertragen müssen. Alle Qualen, die ihm zugefügt worden waren schrie er hinaus. Endlich. Endlich konnte er schreien. Er hatte in ihm gesteckt, die gesamte Zeit. So lang hatte Ji-Yong schreien wollen. Während sich die vergangene Stunde in seinem Kopf immer wieder verschwommen, verdreht von Neuem ereignete, steckte ein Druck in seiner Kehle. Seung-Ris plötzliche Berührung brachte seine Gefühle zum Ausbruch. Brachte die Angst und Panik zurück. In dieser Sekunde befand er sich nicht im Krankenhaus. Er war nicht gerettet. Nicht in Sicherheit. Noch immer lag er dort auf dem Boden und Min-Ho war zurück gekehrt. So wie er es versprochen hatte. Seine Freunde zuckten geschockt zusammen, Dae-Sung machte sogar Anstalten, sich die Hände über seine Ohren zu legen. Ji-Yong stieß Seung-Ri von sich und trat nach ihm. Der Jüngere stolperte zurück, gegen Young-Bae und blickte fassungslos auf das Geschehen. "Nein!!!!!!!!!!! Fass mich nicht an!!!!!! Fass mich nicht an!!!!!!!!!!" Doch trotzdem sie alle vom Bett zurückgewichen waren, hörte er nicht auf. Es genügte nicht. Ji-Yong war in seinem eigenen Kopf gefangen. Er rutschte weiter von Seung-Ri fort und Seung-Hyun sah kommen, was nun geschah. Er rutschte über den Rand des Bettes hinaus und fiel, doch der Älteste reagierte sofort und fing ihn auf. Seung-Hyun hielt ihn fest und zog ihn auf die Beine. Dies jedoch war ein Fehler, den er sogleich bereute. Die Panik des Jüngeren erreichte ihre nächste Stufe und verwandelte sich in regelrechte Raserei. Er wollte sich losreißen. Wehrte sich mit Händen, Füßen und Zähnen. "Verschwinde!!!!!!!!!! HILFE!!!!!" Nur für einen Moment lockerte der Ältere seinen Griff, weil er Ji-Yong nicht mehr halten konnte, doch da war es auch schon passiert. Er wehrte sich und war einer derartigen Rage verfallen, dass er seine Umwelt nicht mehr wahrnahm. Seung-Hyun wollte wieder zupacken, bevor der andere sich noch selbst verletzte, griff aber ins Leere. Ji-Yong war einen Schritt zurückgetreten, über seine eigenen Füße gestolpert und auf dem Boden gelandet. Er versuchte wieder aufzustehen, schaffte es nicht und robbte so im Sitzen nach hinten, auf die Wand zu. Immer noch schrie er sich die angestaute Angst und den Schmerz von der Seele. Er trat nach Seung-Hyun, als dieser versuchte, sich zu nähern, traf ihn am Oberschenkel, sodass dieser einen Schritt zurücktreten musste und vor Schmerzen fast humpelte. "Lass mich in Ruhe, geh weg!!!" Ji-Yongs ängstliche Stimme klingelte in seinen Ohren. Von hinten trat Dae-Sung an ihn heran, versuchte ihn wegzuziehen, während Young-Bae immernoch versuchte, ihren Jüngsten zu beruhigen. "Hyung, das bringt nichts, ich werde einen Arzt rufen!" Doch Seung-Hyun hörte es kaum, riss sich aus dem sanften Griff des Jüngeren und stürzte wieder auf den Schreienden und um sich Schlagenden zu. Er ließ sich vor ihn auf die Knie sinken, packte ihn an den Oberarmen, diesmal fester und sah ihm fest und unnachgiebig in die Augen. "Ya!! Ji-Yong, beruhige dich endlich!" Seine Stimme war laut, aber er brüllte nicht. Er schaffte es, dass sie sich nicht überschlug. In diesem Moment hatte er keine Ahnung, ob das hier das Richtige war, ob er Ji-Yong so helfen konnte, ob es nicht vielleicht doch besser wäre, Dae-Sung den Arzt holen zu lassen, der dann alles für ihn regeln würde. Er folgte einfach nur einer inneren Eingebung. Und es half. Ji-Yong stockte die Stimme, seine Augen wurden für einen Moment klarer und er schien Seung-Hyun das erste Mal direkt anzusehen. "Hey, ich bin es, Seung-Hyun, siehts du? Es ist alles gut, du bist in Sicherheit!" Die kräftige laute Stimme des Älteren erklang in seinen Ohren und überdeckte das Geflüster Min-Hos, welches in ihnen garstig wiederhallte. Das Bild vom dunklen Lagerraum löste sich auf. Es wich einem anderen, einem schöneren Anblick. Seung-Hyun tauchte vor ihm auf. Nicht Min-Ho hielt ihn. Es war sein Freund. "Hyung..." Verließ das Wort seinen Mund. Und endlich verstand er. Seung-Hyun beobachtete ängstlich den Wandel in den Augen des Jüngeren. Eben noch klar, wirkten sie nun wässrig und dann liefen sie in Strömen über seine Wangen. Tränen, größer als schwere Regentropfen. Ein erster lauter Schluchzer erklang und Ji-Yong brach endgültig weinend zusammen. Jedem von ihnen versetzte es einen tiefen Stich in die Brust, als sie dieses Elend sahen und so sehr Seung-Hyun sich auch zur Ordnung zu rufen versuchte, ließ er doch alle Vorsichtig fallen. Seine Händen lösten sich von den Armen des Jüngeren, welche nur noch schlaff neben seinem Körper herunter hingen. Er schlang seine eigenen sanft um ihn. Letztlich konnte er es also doch tun. Konnte ihn trösten. Zumindest hatte er die Hoffnung, es zu können. "Ist ja gut... ich bin da... shhh~t..." Er sagte es immer und immer wieder. Sprach ruhig auf ihn ein. Blickte nur auf die Wand vor sich. Er wusste nicht, was die anderen taten. Wusste nur, dass Ji-Yong nun endlich bei ihm war. Kaputt, aber bei ihm. Solang er ihm nur Schutz geben konnte, da war er sich sicher, konnte alles wieder in Ordnung kommen. Aber so einfach war die Welt nicht. Die Schluchzer des Jüngeren wurden nur mäßig leiser, bis dieser sich endlich dazu druchrang, etwas zu sagen. "Hyung, bitte... lass mich los..." Der Blick des Älteren wanderte zu Ji-Yongs Kopf, welcher noch immer gesenkt an seiner Brust lehnte. "Bitte... geh..." Ji-Yong konnte nicht. Er ertrug diese Nähe nicht. Es war zuviel für ihn. Seung-Hyun rang mit sich. Er wollte ihn nicht loslassen. Wollte den zerbrechlichen Körper nicht sich selbst überlassen. Nicht, wenn er weinte. Aber er musste auf die Bitte eingehen, auch wenn er sich dagegen sträubte. Er löste seine Arme und stand langsam auf, den Blick noch immer auf die schluchzende Gestalt gerichtet. Kaum dass er einen Schritt zurück getreten war, rutschte Ji-Yong zur Seite und legte sich auf den Boden. Rollte sich zusammen und schluchzte weiter. "Hyung, wir... wir sollten jetzt... gehen..." Dae-Sung hatte Schwierigkeiten, seine Stimme nicht abbrechen lassen. Er zerrte an Seung-Hyun. Sie mussten endlich hier raus. Young-Bae war erstarrt und Seung-Ri leichenblass. Sie mussten fort. Langsam gab der Älteste den Widerstand auf und ließ sich aus dem Zimmer ziehen. Sie waren gerade in den Gang hinausgetreten, da kam ihnen der Arzt entgegen. "Die Schwestern haben Schreie gehört, was ist passiert?" Doch er wartete nicht auf eine Antwort, sondern war sofort im Krankenzimmer verschwunden, in welchem ihr Freund noch immer zusammengekauert auf dem Boden lag und weinte. "Wir haben versagt", flüsterte Seung-Hyun und schaffte es nicht dabei einem seiner Freunde in die Augen zu sehen. Was er eigentlich meinte, war, dass er versagt hatte und zwar auf ganzer Linie. Und das nicht nur hier im Krankenhaus. Er hatte Ji-Yong nicht beschützen können und selbst jetzt konnte er nichts für ihn tun. Erst als er endlich hochsah, in die verstörten Gesichter seiner Freunde blickte, bemerkte er, wie bleich Seung-Ri war, wie wächsern dessen Haut schien. Die tiefen Augenringe, über die sie sich immer lustig gemacht hatten, waren fast schwarz und gaben ihm das Aussehen eines Todkranken. Young-Bae hatte seine Arme um den Oberkörper des Jüngsten geschlungen und redete immer wieder leise, beruhigend auf ihn ein, aber es schien keinerlei Wirkung zu haben. Schließlich nahm Seung-Ri einen tiefen Atemzug, ein Zittern ging durch seinen gesamten Körper. "Es ist meine Schuld, allein meine Schuld", flüsterte er und schien bei diesen Worten noch ein wenig bleicher zu werden. "Nein!", rief Dae-Sung sofort und schüttelte heftig den Kopf. "Das darfst du nicht denken, du wolltest ihm nur helfen." Seung-Hyun spürte, dass er eigentlich ebenfalls etwas in diese Richtung sagen sollte, aber er konnte es nicht. In seiner Kehle saß ein dicker Kloß und er merkte, dass er bereits wieder kurz davor war, auszurasten und all seine Wut auf denjenigen zu projezieren, der in diesem Moment bereit war, sie auf sich zu ziehen. Aber das durfte er nicht. Er hatte es versprochen und er wollte fair bleiben. "Dae-Sung hat recht-", setzte er an, doch Seung-Ri hörte es schon nicht mehr. Er war gegen Young-Bae gesunken, der es gerade noch schaffte, ihn auf den Beinen zu halten und Tränen liefen aus seinen Augenwinkeln. "Ist er ohnmächtig?" Dae-Sung war sorgenvoll an ihn herangetreten und half Young-Bae dabei, ihn zu halten. Dieser schüttelte den Kopf. "Wir sollten ihn hinsetzen.", ordnete er an und die Beiden bemühten sich ihn in einer bequemen Position auf den kühlen PVC-Boden niederzulassen. Young-Bae setzte sich sogleich neben ihn und legte ihm einen Arm um die Schulter, hielt seinen Kopf. Seung-Hyun stand immer noch da, wie er es getan hatte, als er zu seinem Satz angesetzt hatte. Langsam wandte er sich um. Das alles war einfach zu viel. Zu viel brutale Realität auf einmal, zu viel Angst und zu viel Schmerz. "Wir fahren nach Hause, sobald es Seung-Ri besser geht", entschied er leise aber bestimmt. "Es bringt nichts, wenn wir hier bleiben und uns den Kopf zerbrechen, wir können sowieso nichts tun." "Bist du sicher? Ich meine, willst nicht wenigstens du hier bleiben?" Seung-Hyun schüttelte den Kopf. Er wollte es nicht aussprechen, aber er fühlte, dass es ihn kaputt machen würde, wenn er die Nacht hier bleiben würde und nicht in Ji-Yongs Nähe sein konnte. Auch wenn er ihn vorhin hatte umarmen können, das hier war nicht wie das letzte Mal, als dieser angefahren worden war. Diesmal konnte er nicht neben seinem Bett sitzen und darauf warten, dass er aufwachte. Diesmal konnte keine Umarmung seinen Freund retten. Diesmal konnte er nicht seine Hand halten und ihm nette Dinge sagen. In diesem Moment öffnete sich die Tür wieder und der Arzt trat heraus. Er schien nicht verwundert über die bleichen, abggeschlafften Gesichter, die ihn auf dem Flur erwarteten. "Ich musste Herrn Kwon ein Beruhigungsmittel geben, er schläft jetzt. Wenn Sie es wünschen, können Sie hier bleiben, aber ich kann Ihnen vorerst nicht erlauben, Ihren Freund zu sehen. Er braucht absolute Ruhe." Der Arzt wirkte um einiges reservierter als zuvor, aber sein Gesicht verriet, dass ihn das Dilemma seines Patienten fast ebenso berührte, wie dessen Freunde. Seung-Hyun nickte. "Wir wollten ohnehin gehen. Wann können wir wieder zu ihm?" Der Mann zuckte ein wenig hilflos mit den Schulter. "Das ist schwer zu sagen. Es ist wirklich nicht einfach, in einem Fall wie diesem verlässliche Prognosen zu stellen. Aber ich kann Ihnen versprechen, dass ich Sie morgen nach der ersten Visite sofort anrufen und über den Zustand Ihres Freundes informieren werde, wie klingt das?" Wieder nickte der Älteste und war in diesem Augenblick heilfroh, dass ihr Freund an einen so verständnisvollen und kompetenden Arzt geraten war. Er fühlte sich sicher, ihn die Nacht über alleine zu lassen. Sie warteten. Young-Baes Blick lag unverwandt auf Seung-Ri, welcher keinen Laut mehr von sich gab und nur weiter seine stillen Tränen weinte. Er konnte es verstehen. Er konnte nachvollziehen, warum es ihren Jüngsten so sehr mitnahm. Auch er hatte den Ausdruck in Ji-Yongs Gesicht gesehen. So voller Angst und Abscheu. Dieser hatte Seung-Ri angesehen als wäre er der Teufel. Gerade Ji-Yong, sein großer Bruder, welcher ihn immer umarmte, neckte, aufmunterte. Ihr früheres Leben schien auf einen Schlag vorbei zu sein. Dae-Sung war neben ihnen ebenfalls zu Boden gesunken und hatte sich gegen die weiße, glatte Wand gelehnt. Er hatte sein Handy aus seiner Tasche gezogen. Allerdings nicht, um jemanden anzurufen, sondern nur um es auf und wieder zu zu klappen. Auf und zu. Auf. Zu. Und dies war alles, was er denken konnte, um nicht ebenfalls zu weinen. Ja, sie alle warteten. Warteten darauf, dass Seung-Hyun, der in stillem Einverständnis ihren Leader ersetzte, ankündigte, dass sie nun aufbrechen würden. Aber der Ältestete lehnte nur an der Wand, auf die Tür, hinter welcher Ji-Yong schlief, starrend. Sie mit seinen Blicken durchbohrend. Er wollte zu ihm gehen. Er wollte nichts lieber als seine Hand halten. Warum war ihm etwas so Grausames zugestoßen? Etwas, das alles zerstört hatte! Irgendwann war es ihm nicht mehr möglich, sich zurückzuhalten. Er musste sich ablenken, gehen, um nicht doch in dieses Zimmer zu stürmen. "Wir gehen jetzt", sagte er mit leiser Stimme. Young-Bae blickte mit Protest zu ihm auf, wärend er Seung-Ri fester an sich drückte. "Hyung, ich glaube nicht, dass er schon aufstehen kann." "Dann trage ich ihn. Hilf mir." "Aber Hyung-" "Hilf mir." Der Jüngere sah ein, dass Seung-Hyun nicht umzustimmen war und daher nickte er letztlich. Er zog ihren Jüngsten, welcher noch kraftloser in seinen Armen hing als zuvor, auf die Beine, sodass Seung-Hyun ihn leichter greifen konnte. Seung-Ri war kaum schwerer als Ji-Yong, sodass es ihn nicht sonderlich anstrengte, ihn aus dem Krankenhaus zu schaffen. Dieser selbst schien überhaupt nichts mitzubekommen. Sie fuhren in einem Taxi nach Hause und während sich Young-Bae weiter um seinen süßen Freund sorgte, bemerkte er, dass dieser einfach eingeschlafen war. Doch auch als sie am Apartmenthaus ankamen, hob der Älteste ihn wie selbstverständlich auf seine Arme und trug ihn die Stufen zu ihrem Apartment hinauf. Es hatte den Anschein, dass er sich nun, wo er für Ji-Yong nichts tun zu können schien, an Seung-Ri klammerte. Wenigstens eine Person, welcher er helfen konnte. Und Young-Bae erwischte sich bei dem frustrierenden Gedanken, warum er nicht größer war und somit im Stande, den Jüngsten selbst zu tragen. Aber diese Überlegungen waren sinnlose Worte in seinem Kopf, nur erfunden, um sich aus der Realität zu flüchten. Kapitel 17: What can I do? -------------------------- Seung-Hyun brachte den Jüngeren sofort ins Bett, aber anstatt das Zimmer wieder zu verlassen, blieb er einfach dort. Setzte sich auf den Boden und verharrte. Young-Bae ließ sich neben Seung-Ri auf dessen Bett nieder und hielt seine Hand. Und genauso folgte ihnen Dae-Sung, welcher nicht von den anderen getrennt sein wollte. Sie alle hatten das Bedürfnis heute zusammen zu bleiben. Auch ohne zu sprechen. Einfach stumm einander beizustehen, um nicht verrückt zu werden. Niemand wollte schlafen. Ebenso wie Nahrung war dies keines ihrer Bedürfnisse. Es war erst Nachmittag und doch fühlte es sich an wie dunkle Nacht. Und Seung-Ri weinte noch immer. Sie blieben sitzen, schweigend, starrend, bis es wirklich dunkel geworden war und auch dann dauerte es noch eine ganze Weile, bis sich einer von ihnen rührte. Manchmal trafen sich ihre Blicke, doch es war zu schmerzhaft, um es lange auszuhalten, deshalb wandten sie immer den Kopf wieder an. Unterbrochen wurde die Stille nur von unregelmäßigen Schluchzern, die Seung-Ri von sich gab. Sie waren leise, fast stumm, aber es lagen alle seine Gefühle darin und so tat es ihnen weh, diese Laute mitanhören zu müssen. Young-Bae war irgendwann näher an den Jüngsten herangerutscht, hatte seinen Kopf auf den Schoß genommen, um ihn zustreicheln. Er wollte Seung-Ri ein wenig Sicherheit geben, aber in Wahrheit hielt es auch ihn selbst davon ab durchzudrehen. Es war Dae-Sung, der als Erster aufstand. Er knipste eines der kleinen Nachtlichter an und riss die Fenster auf, um ein wenig frische Abendluft hereinzulassen. Dann blieb er einfach am Fenster stehen und starrte auf die Lichter der Stadt hinab. "Wer tut denn so eine Scheiße?!" Er hatte sich umgedreht und schien seine Freunde mit seinem Blick fast herauszufordern. Er hatte genug davon, hier rumzusitzen und nichts zu tun. Hier herumzusitzen und in Selbstmitleid zu versinken konnte niemandem helfen, weder Ji-Yong noch ihnen. Seung-Hyun blickte überrascht auf und war erstaunt, einen derart festen Blick in den Augen des Jüngeren zu entdecken. Das hatte er nicht erwartet. Er wünschte sich in diesem Moment die selbe Stärke zu besitzen, aber es war Resignation, die sich wie Fesseln um seine Glieder gelegt hatte. Er hätte die gesamte Zeit da sei können, für Ji-Yong da sein können und nun konnte er es nicht mehr. Und so sehr er es auch wollte, er war zu schwach, um den anderen zu helfen, fühlte sich unnütz. Young-Bae fand schließlich seine Stimme wieder. "Er war bestimmt wahnsinnig. Du hast die Briefe gesehen. Er hat in seiner Traumwelt gelebt. Bestimmt war er der Überzeugung, dass er... dass er es auch wollte." Die letzten Worte kamen nur gepresst zwischen seinen Lippen hervor. Seung-Hyun wollte das alles nicht hören. Es tat viel zu sehr weh, über solche Dinge nachzudenken. Er wollte sich nicht damit auseinandersetzen, nicht jetzt. Er würde es tun, wenn es Ji-Yong helfen könnte, aber nicht jetzt. Ohne ein weiteres Wort stand er auf und verließ den Raum. Er fühlte sich schlecht dabei, aber er konnte in diesem Moment nicht anders, er konnte die Gedanken einfach nicht ertragen, wollte nicht mit ihnen konfrontiert werden. Ihm wurde übel und er konnte kaum die Bilder in seinem Kopf abschalten. Dae-Sung sah dem Älteren nach und stieß die Luft schwer in den Raum aus. Fast tat es ihm leid, mit einer derartig dummen Frage herausgeplatzt zu sein. Doch auch er musste seinen Gefühlen und Gedanken wenigstens für einige Sekunden freien Lauf lassen. Sein Blick traf wieder auf Young-Baes, welcher noch immer die Lippen aufeinander gepresst hatte. Beinahe so, als hätte er etwas Unaussprechliches von sich gegeben. Aber das, was Ji-Yong zugestoßen war, erschien wahrhaftig wie ein Ereignis, das nicht genannt werden durfte. Niemand von ihnen wollte daran denken oder darüber sprechen. Es war noch zu früh. Viel zu früh. Das Telefon begann zu klingeln. Dae-Sung und Young-Bae fuhren zusammen, ähnlich erschrocken wie in dem Moment, als Ji-Yong begonnen hatte zu schreien. Und wie dieser Schrei wirkte auch das Klingeln irreal. "Dae-Sung, könntest du vielleicht rangehen?" Sie benötigten beide einige Sekunden, um die Überraschung zu überwinden. Aber der Jüngere nickte sofort und verließ das Zimmer. Durch Young-Baes plötzliche Bewegung erwachte nun auch Seung-Ri endlich wieder aus seinem unruhigen Schlaf. Leicht verwirrt blickte er auf zu seinem Freund, welcher so gut über ihn gewacht hatte. "Hyung, du bist die ganze Zeit da gewesen." Er lächelte. Seung-Ri lächelte und Young-Bae zerriss es fast das Herz. Der Ältere griff den Oberkörper des anderen fest mit seinen Händen und zog diesen zu sich hinauf. Zog ihn an sich und gab ihm einen zärtlichen Kuss auf diese lächelnden Lippen. "Bitte, hör nie wieder auf zu lächeln. Bitte.", flehte er regelrecht, als er den Kuss wieder löste und Seung-Ri in seiner Umarmung hielt. "Tut mir leid, wenn ich dir Sorgen gemacht habe", flüsterte der Jüngere, hob den Oberkörper und klammerte sich förmlich an den anderen. "Es war nur... Ji-Yong ging es so schlecht und..." "Shhh, schon in Ordnung, es hat uns alle mitgenommen." Young-Bae streichelte sanft den Nacken des anderen und küsste seine Stirn. Seine Lippen schmeckten salzig. Sie verharrten in der Umarmung und genossen den kurzen Augenblick der Nähe, versuchten den schweren Tag zu vergessen, aber ganz gelang es ihnen nicht. Nur einen Moment später richtete sich Seung-Ri auf und schaute sich im Raum um. Als er eingeschlafen war, waren die anderen beiden bei ihnen gewesen, nun waren sie allein. Das Telefon hatte geklingelt, es hatte ihn geweckt, daran erinnerte er sich. "Wo ist Seung-Hyun?" Namenlose Ängste schwangen in seiner Stimme mit. "Er ist... keine Ahnung, er ist irgendwo. Dae-Sung hat angefangen über... über Ji-Yong zu sprechen und er hat es nicht ausgehalten. Ich glaube für ihn dies alles noch sehr viel schlimmer..." Seung-Ri nickte und kuschelte sich wieder an den anderen. Er wollte sich gar nicht vorstellen, wie es in Seung-Hyun aussehen musste, wenn es schon ihm so schlecht ging. Es musste vergleichbar sein mit dem Weltuntergang, mit dem Zusammenbrechen von allem, an was man jemals geglaubt und der Verlust von allem, in das man jemals seine Hoffnung gesteckt hatte. "Mach dir nicht so viele Gedanken." Young-Baes Stimme riss ihn aus seinen düsteren Überlegungen und er war dankbar dafür. Einen Moment lang hatte er sich gefühlt, als würde er am Rande des Wahnsinns stehen und einen kurzen Blick in seine endlosen Tiefen werfen. Auf einmal hörten sie laute Stimmen aus dem Nebenzimmer. Sie konnten keine Worte verstehen, erkannten aber Dae-Sungs Stimme. "Was ist denn da los?" Young-Bae zuckte die Schultern. Aber es brauchte keine Antwort, denn nur wenige Sekunden später kam Dae-Sung ins Zimmer geplatzt, am Ärmel zog er den Ältesten mit sich, der so aussah, als würde er jeden Moment explodieren. Seung-Hyuns Blick sagte etwas wie "lass mich bloß in Ruhe, sonst stirbst du!", aber der andere schien das gekonnt zu ignorieren. "Jungs, das war die Polizei. Sie haben Min-Ho geschnappt, er war es wirklich!" Dae-Sungs Stimme überschlug sich vor Aufregung und mit einem Mal waren sie alle voll da. Sogar Seung-Hyuns grimmiger Ausdruck war Verblüffung gewichen. Nachdem Dae-Sung das Telefonat mit einem kurzen Wortwechsel beendet hatte, hatte er sich zuerst auf die Suche nach Seung-Hyun begeben. Er fand ihn auf Ji-Yongs Bett liegend, dessen Kopfkissen umklammernd. Es war nicht einfach gewesen, ihn von diesem Ort zu lösen. Und nun standen sie hier, alle gemeinsam, nicht in der Lage, sich zu rühren. Was sollten sie nun fühlen? Erleichterung? Wut? Entsetzen? Jeder von ihnen schien sich dies zu fragen. Dae-Sung selbst wusste, dass keine Nachricht der Welt ihnen Erleichterung verschaffen könnte. Selbst wenn Min-Ho einen qualvollen Tod gestorben wäre, würde dies nichts ungeschehen machen. "S-sind sie sich sicher?", wagte Seung-Ri leise zu fragen. Wenn dies wirklich die Wahrheit darstellte, wenn Min-Ho es wirklich gewesen war, dann war ihr Freund die gesamte Zeit in der Nähe des Teufels gewesen. Und auch sie selbst hatten sich durch ihn in Sicherheit gewogen gefühlt. Dae-Sung senkte seinen Kopf. "Das habe ich sie auch gefragt. Und ja, sie haben Beweise gefunden." "Beweise?" "Er hatte einen Schlüssel bei sich...der...er passte zu dem Raum in dem...." Seine Stimme brach ab. Wieder konnte er es nicht aussprechen. Seung-Hyun fuhr sich mit der Hand übers Gesicht, in der Hoffnung, sich auf diese Art beruhigen zu können. Er fühlte sich schwanken. "W-was noch?", fragte er daher weiter, als würde dies irgendetwas besser machen. "Sie haben auch seine Wohnung durchsucht. Da waren überall Fotos. Nicht nur aus Zeitschriften, meinten sie. Auch private. Sie sagten, er muss ihn schon sehr lange beobachtet haben." Plötzlich sank Seung-Hyun neben ihm zu Boden. Er ließ sich einfach fallen. Gab dem Bedürfnis endlich nach, nun auch zusammen zubrechen. Den gesamten Nachmittag hatte er sich irgendwie halten können, aber nun, wo sie Gewissheit hatten, war es ihm nicht mehr möglich. Er hatte Min-Ho von Beginn an nicht gemocht. Jedoch war der Grund dafür ein anderer gewesen. Ein dummer Grund. Eifersucht. "An dem Tag als...als wir heim kamen und die Wände vollgemalt waren, da hat er in seinen Armen...geschlafen." "Hyung, hör auf.", versuchte Dae-Sung den Älteren zu beschwichtigen und hockte sich neben ihn. Aber dieser schüttelte den Kopf und blickte ihn direkt an. In seinen Augen tauchten die ersten Tränen auf. "Nein...du verstehst das nicht...", gab er heiser von sich. "Du hast nicht gesehen, wie er mich angesehen hat, als ich Ji-Yong in den Armen gehalten habe. Er...sein Blick...er war voller Wut und vielleicht auch...Mordlust. Ich hätte ahnen müssen, dass etwas nicht stimmt. Aber ich war zu blind..." Seung-Hyun weinte. Noch nie hatte er vor ihnen geweint. Aber jetzt war alles unwichtig. Es tat zu sehr weh. Jetzt hatte er ihnen gestanden, welchen Fehler er begangen hatte. Er hatte seine Chance verpasst und Ji-Yong musste nun die Konsequenzen tragen. "Nein, Hyung, du darfst dir nicht selbst die Schuld geben, das bringt doch alles nichts!" Dae-Sung war neben ihm auf die Knie gegangen und versuchte ihn irgendwie aus seiner Lethargie zu wecken. Aber das war in diesem Moment unmöglich. Seung-Hyun sah noch nicht einmal, dass der Jüngere vor ihm saß und mit ihm sprach, geschweige denn hörte er, was dieser sagte. Sie konnten ihn hassen, sie konnten ihm die Schuld geben, er hatte es nicht anders verdient. Es war, als sei eine Schleuse in ihm geöffnet worden und mit den salzigen Tränen wurden alle angestauten schlechten Gedanken durch seinen Kopf gespült, all der Schmerz kroch ihm das Rückgrad hoch und setze sich in seinem Kopf fest. Ji-Yong durfte ihn nicht hassen. Das würde er nicht ertragen können. "Hyung, sag doch was!!" Dae-Sungs Stimme war hoch, höher als gewöhnlich. Furcht schwang darin mit. Er wollte, dass Seung-Hyun schrie und Sachen zerschmiss, dass er wütend war, aber das hier, das passte nicht zu ihm. Derartig hatten sie ihren Ältesten noch nie gesehen und das machte ihnen Angst. "Lass ihn, er braucht das jetzt..." Young-Bae war zu dem Jüngeren getreten. "Wir können noch mit ihm reden, wenn er sich beruhigt hat, aber lass ihn jetzt erst einmal weinen." Dae-Sung blickte Young-Bae zweifelnd an. Er konnte sich nicht vorstellen, dass es gut war, Seung-Hyun sich selbst und seinen Tränen zu überlassen. Aber wahrscheinlich hatte der Ältere recht. Wenn Seung-Hyun nur so seinen Gefühlen Luft machen konnte, dann sollte er weinen, auch wenn es ein schrecklicher Anblick war. Und um genau diesen nicht mehr ertragen zu müssen, erhob er sich wieder. "Ich geh uns was zu essen machen.", murmelte er mehr zu sich selbst. Eigentlich hatte er keinen Hunger und er wusste, dass auch seine Freunde keinen Appetit entwickeln würden. Jedoch musste er irgendetwas tun. Etwas Normales, Alltägliches, um wieder zu sich zurück zu finden. Seung-Ri war ebenfalls aufgestanden, als ihr Ältester zu weinen begonnen hatte. Er sah Young-Bae fragend an. Fragend danach, was nun zu tun wäre. "Vielleicht sollten wir ihn allein lassen.", schlug der Jüngere vor, als er keine Antwort erhielt und nahm einen Freund am Arm, um ihn mit sich zu ziehen. Dieser nickte leicht abwesend und wollte ihm folgen, doch in dieser Sekunde schlangen sich die Finger Seung-Hyuns um sein Handgelenk und hielten ihn zurück. Young-Bae blieb stehen und sah auf ihn herab, aber der Ältere hatte seinen Kopf nicht gehoben. "Bitte, bleib hier.", stammelte er unterdrückt. Etwas unsicher blickte Young-Bae auf diese Bitte hin in Seung-Ris Augen, welche nun fest und klar waren. Er wollte sich sein Einverständnis holen. Er wusste selbst nicht, warum, aber es war ihm wichtig. Und Seung-Ri nickte. "Dann bleib hier, ich gehe zu Dae-Sung Hyung." Der Jüngere gab ihm einen Kuss auf die Wange und überließ ihn letztlich dem Weinenden, um den Raum zu verlassen. Young-Bae selbst seufzte kaum merklich, sich auf den Boden niederlassend, wartend. Nach wenigen Minuten fand sich der Kopf des Älteren auf seiner Schulter wieder. Young-Bae lächelte schmerzlich. "Was mach ich denn, ich werde ihm nicht mehr unter die Augen treten können..." Einige Zeit später war das unregelmäßige Schluchzen verklungen und Seung-Hyun fand wieder die Kraft, etwas zu sagen. Schuldgefühle zerfraßen ihn von innen. Er war so dankbar, dass Young-Bae bei ihm geblieben war. Bei ihm hatte er das Gefühl, er würde verstehen, was in ihm vorging, er hätte vielleicht die richtige Antwort parat, wo er keine finden konnte. Young-Bae schob den Älteren ein Stück von sich, um ihm in die Augen sehen zu können. "Du weißt, dass das nicht wahr ist. Du trägst an nichts, was passiert ist, die Schuld." Seung-Hyun wollte ihm so gerne glauben und sein Verstand wollte dies auch akzeptieren, aber sein Herz stellte sich dagegen. "Und Ji-Yong wird dir auch keine Schuld geben" Diese Worte versetzen ihm einen tiefen Stich. Nein, Ji-Yong würde ihm nicht die Schuld geben, dazu war er viel zu gut, aber es genügte bereits, dass er sich selbst Vorwürfe machte. Seung-Hyun hatte Angst, dass er ihm nie wieder in die Augen sehen können würde. Young-Bae wünschte sich nichts mehr, als etwas für die Seele des Älteren tun zu können. Er war der Einzige, der es fertig bringen konnte, Ji-Yong wieder auf die Beine zu helfen. Aber wie sollte dies gehen, wenn er sich selbst nicht mehr vertraute? Er dachte zurück ans Krankenhaus. Aber nicht bei ihrem Leader waren seine Gedanken, sie lagen bei Seung-Ri. Dessen zu Tode erschrockenes bleiches Gesicht. Wenn er sich nur für eine kurze Zeit vorstellte, dass ihm das Gleiche zugestoßen wäre, auch ohne vorherige Anzeichen...er wusste, dass er sich ebenfalls dafür hassen würde, nicht besser auf ihn Acht gegeben zu haben. Dies geschah einfach, im Kopf, wenn es einem geliebten Menschen schlecht ging. Er konnte Seung-Hyun nicht zwingen, seine Selbstvorwürfe aufzugeben. Lieber sollten sie den nächsten Tag abwarten und sehen, was er bringen würde. Vielleicht schaffte es der Ältere, wenn die Dunkelheit vergangen war, nach vorn zu blicken. Dies jetzt schon zu verlangen, war Wahnsinn, denn er konnte es selbst nicht. Trotz verweinter Augen setzte sich ihr Ältester letztlich zusammen mit ihnen an den Esstisch, welchen Dae-Sung und Seung-Ri mit einem einfachen Abendmahl eingedeckt hatten. Young-Bae beobachtete den Jüngsten sehr genau und war erleichtert, dass sich dessen Augenringe etwas gelichtet hatten. Er wirkte um Einiges gefasster. Kochen hatte allem Anschein nach eine heilende Wirkung. Doch leider keine Appetitanregende. Jeder von ihnen war durch die Ereignisse dieses von Schrecken erfüllten Tages vollkommen eingenommen. Wie Dae-Sung es vorausgesehen hatte, war niemand von ihnen auch nur bereit, seine Stäbchen zu berühren. Sie starrten lediglich auf ihre vollen Teller. Starrten, als wäre in dem Gewirr aus Gemüse, Fleisch und Reis eine Lösung versteckt. Obwohl jeder von ihnen wusste, dass dort nichts für sie verborgen lag. Dae-Sung sah zu, wie sich alles abkühlte. Der Reis hörte auf zu dampfen, das Gemüse schien zu erschlaffen. Wenn er jetzt nichts tat, wäre die Arbeit umsonst gewesen. Eine Verschwendung von Zeit. Er dachte daran, dass er seit dem Frühstück nichts mehr gegessen hatte. Eigentlich müsste er einen gigantische Hunger haben, also selbst wenn er keinen Appetit verspürte, könnte er essen. Plötzlich hatte er das Gefühl, dass er, wenn er es täte, diese Leere in sich überwinden könnte. Er wieder zu etwas fähig wäre. Fähig ihnen allen zu helfen. Diese letzte Erkenntnis bewegte seine Hand wie von selbst. Dae-Sung packte seine Stäbchen. Sie klapperten leise auf dem Tisch. Aller Augen schlichen sich zu ihm. Der erste Bissen war noch zaghaft, aber als der Geschmack endich seinen Mund erfüllte, wusste er, dass seine Entscheidung richtig gewesen war. Jetzt wo sein Magen sich langsam füllte, bemerkte Dae-Sung wie nötig er die Nahrung gehabt hatte und wie gut sie auch seiner Seele tat. Natürlich löste Essen keine Probleme, aber sie gab ihm Kraft, das Gefühl, dass sie alles schon irgendwie bewältigen können würden. Noch immer spürte er die Blicke der anderen auf sich. Und dann tat sich etwas und Dae-Sung spürte eine gewisse Wärme durch seinen Körper fluten. Der Ausdruck in Seung-Ris Augen veränderte sich, wurde entschlossen, fast grimmig und auch er griff nach den Stäbchen. Sie zitterten in wenig in seinen Händen, aber er führte einen kleinen Happen zum Mund und begann ebenfalls zu essen und kurz darauf folgte auch Young-Bae dem Beispiel der beiden Jüngeren. Noch immer sagte niemand etwas, aber die Stimmung in der unvollständigen Gruppe hatte sich deutlich verändert. Seung-Hyun konnte nicht genau erklären, was hier gerade passiert war, noch betrachtete er die Szene wie durch eine Fensterscheibe. Aber er bemerkte die Stärke, die in seinen Freunden erwachte. Er blickte von einem zum anderen, dann lenkte er seine Aufmerksamkeit auf seinen eigenen, noch unangerührten Teller. Wieder ein Blick in die Runde. Das Klappern der Stäbchen und das fast geräuschlose Kauen erfüllten die Luft. Schließlich griff auch er nach seinen Stäbchen. Nein, es nützte nichts, sich dem Essen zu verweigern. Nicht ihm und auch nicht Ji-Yong. Er setzte damit kein Zeichen sondern erreichte nur, dass er vor Hunger irgendwann überhaupt nicht mehr klar denken könnte. Auch wenn er noch immer keinen Appetit hatte und ihm bei dem Gedanken daran, etwas zu essen, fast schlecht wurde, führte er ein Stück Fleisch zum Mund und kaute langsam. Die anderen hatten für einen kurzen Moment innegehalten, ihre Blicke lagen auf dem Ältesten, der nun endlich auch etwas aß. Dae-Sung lächelte leicht, fast unsichtbar. Das war doch schonmal der erste Schritt in die richtige Richtung und wenn sie den gewagt hatten, konnte auch der Rest des Weges begangen werden. Jeden am Tisch durchfloss das gleiche Gefühl. Seung-Hyun kamen die entschlossenen Gesichter seiner Freunde, welche ihre Teller nun fleißig leerten, beinahe wie Kampfansagen vor. Sie würden sich nicht kaputt machen lassen. Sie würden niemandem erlauben, alles zu zerstören, wofür sie gearbeitet hatten und unter keinen Umständen sollte Min-Ho den Sieg über sie davon tragen. Ja, sie würden dafür Sorgen, dass Ji-Yong darüber hinweg käme und der heutige Tag in ferner Zukunft nur noch eine blasse Erinnerung sein würde, überdeckt von vielen strahlenden und schönen Zeiten. Dieser Entschluss stand unausgesprochen zwischen ihnen fest und sie beendeten das Mahl erst, als auch die letzte Schüssel geleert war. Ja, es war eine Kampfansage. In dieser Nacht schliefen die Vier gemeinsam in Seung-Ris und Dae-Sungs Zimmer. Die beiden Älteren hatten es sich auf dem Boden so bequem wie irgendmöglich gemacht und unterhielten sich leise, nachdem sie das Licht gelöscht hatten. Natürlich hätte Seung-Ri es lieber gesehen, wenn Young-Bae in seinem Bett geschlafen, ihn umarmt und gestreichelt hätte, aber um nicht ungerecht den anderen gegenüber zu sein, entschied dieser sich dagegen und der Jüngere sah es ein. Wenn es einem von ihnen schlecht ging, hatten sie alle ihren Preis zu zahlen. Noch lange lauschte Seung-Hyun den ruhigen Atemzügen der anderen, als sein Gespräch mit Young-Bae endlich beendet war. Nach dem Essen hatten sie sich Gedanken über ihr weiteres Verhalten gemacht. Speziell darüber, was sie tun sollten, wenn Ji-Yong aus dem Krankenhaus entlassen werden würde. Die beiden Ältesten hatten sich bereits entschieden, aus ihrem Schlafzimmer auszuziehen und auf dem Sofa im Wohnzimmer zu nächtigen. Auch wenn Seung-Hyun seinen Freund lieber im Auge hätte, so hatte ihm dessen Reaktion gezeigt, dass Nähe unerträglich war. Dieser Gedanke schmerze ihn so sehr, dass er wieder spürte, wie seine Augen heiß wurden. Das Telefon war es, welches ihn am nächsten Morgen als Ersten weckte. Der Älteste war erst viele Stunden später in einen leichten unruhigen Schlaf gefallen, welcher nicht schwer zu durchbrechen war. Fast war Seung-Hyun dankbar, dass ihn etwas zwang, zu erwachen und sich zu erheben. Die Traumbilder in seinem Kopf mussten verschwinden. "Hallo?", fragte er fast heiser in den Hörer. Seine Stimme klang brüchig und fremd. Aber diesen Gedanken vergaß er, als sich der Doktor vom gestrigen Tag meldete. Sofort blickte er auf die Uhr. Es war bereits nach neun Uhr. "Ich hatte Ihnen ja versprochen, nach meiner morgentlichen Visite anzurufen, um Sie zu informieren.", leitete der Mann am anderen Ende vorsichtig ein, da er allein am Klang vom Seung-Hyuns Stimme erkennen konnte, dass dieser eine nicht sonderlich erholsame Nacht hinter sich haben musste. Aber Seung-Hyun war nun hellwach. "Ja, danke, dass Sie sich so schnell melden. Wie steht es um Ji-Yong?" "Nun, Sie dürfen nach einer Nacht keine Wunder erwarten. Wir hatten gehofft, dass er wenigstens einige Stunden in Ruhe verbringen könnte, aber..." "Was aber? Was hat er? Sie hatten ihm doch ein Beruhigungsmittel gegeben." Er umklammerte den Hörer und bemerkte in seiner Angst nicht, dass Dae-Sung ebenfalls aufgestanden und ihm gefolgt war. Als der Jüngere bemerkte, mit wem der Ältere telefonierte, hatte er die Ohren gespitzt und war unauffällig neben ihn getreten. "Herr Choi, bitte bewahren Sie Ruhe. Ja, wir hatten ihm etwas gegeben, aber das Problem hier war, dass Herr Kwons Körper zuviel Adrenalien produziert hat, aufgrund seines Zustandes. Dabei kann es passieren, dass er beginnt, gegen das Beruhigungsmittel anzukämpfen, sodass es unwirksam wird und sein Adrenalienspiegel noch weiter steigt." "Und das bedeutet?" Er konnte nicht mehr klar denken. Was quatschte dieser Mann da? Er sollte ihm endlich sagen, wie es Ji-Yong ging! "Das bedeutet, Herr Kwon hat in dieser Nacht nicht allzu viel geschlafen, wenn überhaupt. Wir können das natürlich nicht mit Sicherheit sagen. Aber es geht ihm den Umständen entsprechend gut." "Den Umständen entsprechend? Was soll das heißen?" Seung-Hyun wollte sich nicht mit Phrasen abspeisen lassen. "Den Umständen entsprechend gut" konnte alles mögliche bedeuten, wie ging es einem denn unter solchen furchtbaren Umständen und wann war gut schon gut? "Herr Kwon hatte keine weiteren hysterischen Anfälle oder Panikattacken, allerdings hat er auch noch nicht wieder gesprochen. Er wird am heutigen Vormittag zu seiner ersten Therapiestunde gebracht und wir hoffen, wir können damit ein paar erste Erfolge erzielen, aber ich möchte Ihnen noch nicht zu viel Hoffnung machen. Die Erfahrung ist noch sehr frisch und es wird sicher noch sehr lange dauern, bis Herr Kwon diese schreckliche Tat verarbeitet haben wird." Seung-Hyun konnte nichts sagen. Einerseits war er erleichtert, dass Ji-Yong keinen weiteren Zusammenbruch gehabt hatte, andererseits machte er sich sehr große Sorgen um seinen Freund. Am liebsten wäre er sofort ins Krankenhaus gefahren, um sich selbst davon zu überzeugen, dass es ihm gut ging. Den Umständen entsprechend gut, erinnerte er sich. Die nächste Zeit würde für sie alle schrecklich werden, das wusste er. Dae-Sung hinter ihm starrte angestrengt auf den Telefonhörer. Er wollte wissen, was der Arzt gesagt hatte. "Herr Choi, sind Sie noch da?" "Äh, ja, natürlich." Seung-Hyun war zusammengezuckt, als die Stimme des Arztes ihn aus seinen Gedanken riss. "In Ordnung. Also ich halte es für angebracht, dass Sie Herrn Kwon heute nicht besuchen kommen, wenn er nicht explizit danach verlangt." Seung-Hyun erwartete fast einen Vorwurf in der Stimme des Arztes zu hören, weil sie Ji-Yong gestern so aufgewühlt hatten, aber er war sich nicht sicher. "Ansonsten werden wir ihn natürlich weiter unter regelmäßiger Beobachtung halten und wenn sich keine weiteren Schwierigkeiten ergeben, können wir ihn morgen entlassen." Ihm rutschten bei diesen Worten fast das Herz in die Hose und gleichzeitig wummerte es wie wild gegen seine Brust. Ji-Yong wieder bei ihnen und das so schnell. Er hatte Angst davor, doch er musste sich zusammenreißen. Langsam bedankte er sich beim Arzt und hängte den Hörer wieder ein. "Und? Wie geht es Ji-Yong Hyung?!" Er hätte vor Schreck fast aufgeschrieen, als die aufgeregte Stimme hinter ihm ertönte. Er hatte nicht bemerkt, dass Dae-Sung die ganze Zeit hinter ihm gestanden hatte. Mit seiner Hand auf seinem Herz ließ er sich gegen die Wand neben dem Telefon sinken und schloss für einige Sekunden die Augen und seufzte. "Den Umständen entsprechend gut." Die Phrase, welche er so hasste, wiederholend sah er den Jüngeren an und bemerkte sofort dessen Stirnrunzeln. "Das ist alles?" "Nein, das ist nicht alles. Lass uns Seung-Ri und Young-Bae wecken, dann erzähle ich es euch allen." Aber sie mussten nicht geweckt werden. Seung-Hyuns Telefongespräch war nicht wirklich zu überhören gewesen, daher fanden sie die beiden schon aufrecht vor, als sie ins Schlafzimmer zurückkehrten. Natürlich waren auch sie wissbegierig. Der Älteste nahm gemeinsam mit den anderen beiden auf dem Bett ihres Jüngesten platz. Es fiel ihm schwer zu berichten, was er gehört hatte. Er war sich nicht sicher, ob er alles zusammen bekam. Aber den wichtigsten Punkt hatte er noch im Kopf. Und nun rangen auch die anderen nach Atem. "Er soll schon morgen heim kommen?" "Wenn heute alles gut läuft..." "Aber, so schnell...nachdem was gestern...", stammelte Seung-Ri, welcher schon wieder etwas blasser geworden war. Die Aussicht, Ji-Yong derart früh wiederzusehen, schien ihm beinahe Angst zu machen. Eigentlich war er, und nicht nur er, davon ausgegangen, dass ihr Freund noch einige Tage in der Obhut von erfahrenen Ärzten sein würde. "Keine Angst. Wir machen das schon." Young-Bae versuchte ihn aufzumuntern und streichelte dem Jüngeren mit seinem Daumen über den Wangenknochen. Dieser erwiderte das Lächeln nur schwach und sah dann zu Seung-Hyun hinüber, der abwesend wirkte. "Hyung, vielleicht sollten wir es positiv sehen, dass er wieder so schnell zu uns kommt. Wir können ihm helfen.", meinte Dae-Sung verzweifelt zuversichtlich. Sollte die entschlossene Stimmung vom gestrigen Abend denn so schnell verschwunden sein? "Meinst du, das können wir wirklich?" Seung-Hyun hatte nicht vor, die anderen wieder runterzuziehen, aber dies war eine Frage, die ihn ernsthaft beschäftigte. Würde es Ji-Yong wirklich gut tun, wieder mit ihnen zusammen zu sein? "Ich meine, sieh uns doch an, im Moment sind wir nicht mehr als ein bemitleidenswerter Haufen, der sich selbst kaum zu helfen weiß. Und da sollen wir einem anderen helfen können, dem es noch viel schlechter geht?" "Ja!" Das war Dae-Sungs einzige Antwort und sein Gesichtsausdruck verriet, wie ernst es ihm damit war. Natürlich sah man auch ihm an, wie unsicher er war, aber er vertraute sich und er vertraute seinen Freunden. Und es half tatsächlich. Langsam gelangte auch Seung-Hyun zu der Überzeugung, dass sie all ihre Schwierigkeiten schon irgendwie meistern würden. Kapitel 18: Take it Slow ------------------------ "Herr Kwon, wie geht es Ihnen denn heute?" Die Frau, der Ji-Yong gegenüber saß lächelte freundlich aber distanziert. Sie hatte die Beine übereinandergeschlagen und hielt ein rotes Klemmbrett und einen Kugelschreiber in der Hand. Sie war aufgestanden, um ihren Patienten zu begrüßen und hatte sich als Doktor Song vorgestellt. "Ich bin Ihre Therapeutin. Sollten Sie mich aus irgendwelchen Gründen nicht mögen, bitte ich Sie, es mir oder einem der behandelnden Doktoren mitzuzeilen. Wenn Sie mir nicht vertrauen, werde ich Ihnen nicht helfen können. Ich weiß, Sie haben sehr Schlimmes mitgemacht, umso wichtiger ist es jetzt, das Trauma aufzuarbeiten." Ji-Yong sagte nichts. Er starrte einfach nur vor sich hin und es war nicht sicher, ob er überhaupt etwas gehört hatte. Zwar hatte er sich aus dem Bett holen und in das andere Zimmer führen lassen, aber er sah keinen Sinn darin, etwas von sich zu geben. Er war gefangen in seinem eigenen Kopf, war gefangen in seinem Schmerz. Weder die schönen Bilder an den Wänden konnten seine Aufmerksamkeit gewinnen, noch die Blumen, die den kleinen Beistelltisch neben dem Sofa, auf welchem er saß, zierten. Alles, was ihn interessierte, war sich soweit wie möglich in eine Ecke zu drängen, um seinen Rücken zu schützen. Die nackten Füße hatte er auf die Sitzfläche gehoben. Um niemanden ansehen zu müssen, starrte er auf seine Zehen. Als Frau Dr. Song begann ihm Fragen zu stellen, war seine einzige Reaktion gewesen, sich noch stärker auf seine Füße zu konzentrieren. Mit den Fingern fuhr er tastend darüber, wackelte an seinen Zehen und versteckte sein Gesicht dabei so gut es ging hinter seinen angezogenen Knien. Er wollte nicht hören, was sie sagte. Sie war ihm egal. Dr. Song hatte auf einem Stuhl vor dem Sofa Platz genommen, um Ji-Yong nicht das Gefühl zu vermitteln, ihm zu nah zu kommen. In einem solchen Fall konnte es reichen, auf dem selben Möbelstück zu sitzen, um Unruhe hervorzurufen. Aber dass der Patient selbst jetzt nicht mit ihr kommunizierte, erschwerte ihre Arbeit um ein Vielfaches. Zum ersten Mal geschah ihr dies zwar nicht, aber der Anblick dieses Jungen war hart. Der Anblick des Jungen, den sie schon so oft im Fernsehen bewundert hatte, der ihr mit einem breiten Lächeln von riesigen Werbeplaketen überall in der Stadt zugrinste, jeden Morgen und jeden Abend, wenn sie sich auf den Weg machte. Ihre persönlichen Gedanken hatten hier natürlich nichts verloren, doch ganz aussperren ließen sie sich nicht. "Herr Kwon, hören Sie mich? Wenn Sie mich verstehen, brauchen Sie nur zu nicken, mehr nicht." Nichts tat sich. Sie seufzte lautlos. Dann kam ihr eine Idee. Vielleicht wenn sie ihn nur anders adressierte... Sie setzte sich etwas bequemer hin und beugte sich ein Stück vor, den Blick noch immer auf die kauernde Gestalt Gerichtet. "G-Dragon, verstehst du mich?" Da, ein Zucken. Er hatte sie registriert. Seinen Künstlernamen zu hören hatte Ji-Yong tatsächlich aus seiner schwermütigen Lethargie reißen können. Das erste Mal, seit er das Zimmer betreten hatte, sah er auf, sah die Ärztin an. Er schaffte es nicht, ihr in die Augen zu blicken, aber er musterte sie. Es war ihr gelungen. Sie hatte seine Aufmerksamkeit auf sich gelenkt, jetzt musste sie behutsam sein. Vielleicht wäre es ratsam, ihn weiterhin mit seinem Bühnennamen anzusprechen, um seine Teilnahme nicht zu verlieren. "G-Dragon, wie geht es dir?", wiederholte sie die Frage, die sie vor einigen Minuten schon gestellt hatte. Noch immer erhielt sie keine Antwort, aber zumindest regierte Ji-Yong mit einem kleinen Schulterzucken. Darauf konnte sie aufbauen. "Erzähl mir doch etwas über dich. Es muss gar nichts sein, was dir in letzter Zeit passiert ist, erzähl mir einfach, was in deinem Kopf vorgeht." Dr. Song war schon länger in ihrem Beruf tätig und sie hatte bereits oft mit Vergewaltigungsopfern zu tun gehabt. Aber es schien, als sei ihr der Umgang mit keinem Patienten vorher so schwer gefallen und das hatte nicht nur mit seiner Berühmtheit zu tun. Es war durchaus normal, dass jemand, dem Derartiges widerfahren war, dazu neigte, sich in sich selbst zurückzuziehen und mit niemandem zu sprechen. Aber in diesem Fall fühlte sie, dass die Barriere besonders stark war. Und sie musste herausfinden, woran das lag. "Ich... ich weiß nicht..." Es war nicht viel, aber es war der erste Satz, den Ji-Yong seit einer gefühlten Ewigkeit von sich gab und in ihm wartete so viel, das an die Oberfläche wollte. Noch war er im Stande, es unten zu halten. Er wollte über das alles nicht nachdenken, er wollte es vor allem nicht aussprechen. Sein Kopf war voll mit den schrecklichen Bildern des letzte Tages, aber sie verschwammen langsam und verloren an Wirklichkeit. Wenn er sie nun beschreiben würde, würden sie mit aller Gewalt zu ihm zurückkehren und das wollte er nicht. Er hatte Angst, große Angst. Das alles noch einmal zu durchleben, würde er nicht durchstehen. Nicht jetzt und auch später nicht. Wahrscheinlich niemals. Dr. Song schürzte ihre Lippen. Es durfte auf keinen Fall zur Verdrängung der Ereignisse kommen. Wenn dies geschah, würde er nicht geheilt werden. Sie musste es fertig bringen, ihn an etwas Schönes zu erinnern und ihm zu zeigen, dass er sicher war, dass das Schöne noch immer hier war. Wenn er wieder Vertrauen fasste, könnte er vielleicht von selbst über das sprechen, was ihn quälte. Aber bis dahin würde es ein langer Weg werden. "G-Dragon, sag mir doch, ob du etwas besonders magst. Ich bin sehr neugierig, ob es etwas gibt, dass dir gefällt." Seine Musterung hatte ein Ende gefunden und Ji-Yong hatte sich wieder abgewandt, doch hielten seine Finger jetzt still. Er begann wirklich über diese Frage nachzudenken. Immer, wenn jemand ihn dies fragte, war seine Antwort ganz klar. Es war die Antwort, die ihm Freude bereitete, wenn er sie gab. Jede Faser seines Körpers vibrierte geradezu vor freudiger Erregung. Am heutigen Tag war die Reaktion nicht ganz so stark, doch sie reichte aus, um ihn dazu zu treiben, weiter zu sprechen. "Musik..." Dr. Song lächelte. Dies war eine ehrliche Antwort. Und sie brachte ihr Möglichkeiten. "Ich mag Musik auch. Vor allem, die Musik, die du machst...wie ging gleich dieses tolle Lied? Ich bin so dumm und vergesse immer den Text. >I'm so sorry but I love ya da geojitmal iya...iya...<" "Iya molasseo ijeya arasseo..." "...I'm so sorry but I love ya nakaroun mal..." Ji-Yong sang weiter. Er stimmte weiter mit ein, sang gemeinsam mit ihr. Nur leise und schwach, aber er sang. Sein Rap war undeutlich und fast nur gemurmelt, aber er schien sich an dieses Lied zu klammern, wie an ein Rettungsseil. Er sang es bis zum Ende, dann erst verstummte er wieder und fiel in seine kauernde Haltung zurück. Dr. Song klatschte leise und sagte, wie wundervoll es war. Und beinahe wie auf Kommando, als wäre er wirklich bei einer Show, flüsterte er. "Annyeonghaseo, uri neun Big Bang." Die Ärztin bemerkte den wehmütigen Ausdruck, der sich in Ji-Yongs Augen geschlichten hatte. Sie hatte keine Einsicht in die Polizeiakte erhalten, aber sie war über den gesamten Verlauf der Dinge informiert worden und wusste, dass es einige Zeit her war, seit Ji-Yong auf der Bühne oder im Studio gestanden hatte. Lange hatte er sein Allerliebstes missen müssen. Sie hatte den Zugang zu ihm gefunden und konnte nun langsam beginnen, tiefer in seine Psyche einzutauchen. Kurz löste sie den Blick von ihrem Patienten, um sich eine weitere Notiz zu machen, dann schenkte sie ihm wieder ihre volle Aufmerksamkeit. "Du vermisst die Musik sicher sehr, nicht wahr?" Ji-Yong nickte. Das tat er wirklich und erst jetzt fiel ihm auf, wieviel Kraft sie ihm immer gegeben hatte und wie sehr er diese Kraft nun benötigte. Und da war noch etwas, das eng mit der Musik verknüpft war: seine Freunde. Sie waren immer um ihn gewesen und er fühlte sich, als hätte er in der letzten Zeit ihre Unterstützung und die Zuneigung, die sie ihm gaben, nicht genug zu würdigen gewusst. Besonders Seung-Hyun war immer für ihn da gewesen... Die Therapeutin bemerkte, dass Ji-Yongs Gedanken wieder abschweiften, aber diesmal schien es anders zu sein als zuvor. "Ich vermisse...", Ji-Yong schluckte den Namen herunter, der ihm auf der Zunge lag, "...meine Freunde" "Hättest du gerne, dass sie jetzt hier wären?" Einen Moment lang reagierte er nicht und Dr. Song befürchtete schon, dass sie ihn wieder verloren hätte, doch dann schüttelte er langsam den Kopf. Die Therapeutin hatte Angst, dass der nächste Schritt zu gewagt wäre, dass sie ihren labilen Patienten damit zu sehr belastete, aber sie musste einfach fragen. "Warum möchtest du das nicht?" Wieder herrschte Stille, diesmal um einiges länger. Ji-Yong zog seine Beine noch enger an sich heran und umklammerte sie fest. Er fühlte die Antwort in seiner Kehle brennen, aber noch war er nicht stark genug, sie auch auszusprechen, noch hatte er nicht genug Vertrauen in diese Frau gefasst. Er wollte nicht, dass seine Freunde seinetwegen verletzt wurden, er wollte nicht, dass es ihnen seinetwegen schlecht ging. Das war der Grund, aber er sagte nur "Es ist eben so", und wandte seinen Blick wieder seinen Zehen zu. "In Ordnung, du musst noch nicht darüber sprechen. Was hältst du davon, wenn wir unsere kleine Unterhaltung für heute beenden? Du bist sicher müde und willst schlafen." Sie lächelte freundlich, erhielt jedoch keine Antwort mehr. "Wir sehen uns morgen wieder." Dr. Song stand von ihrem Sessel auf, um die Schwester zu rufen und diese erschien auch kurze Zeit später und bugsierte ihren verstörten Patienten wieder in Richtung seines Zimmers. Die Schwester fragte ihn, ob er noch etwas brauchen würde. Als Ji-Yong nicht antwortete, nahm sie dies letztlich als ein 'nein' und verließ das Zimmer, um sich um die nächsten Patienten zu kümmern. Das, was er bräuchte, könnte ihm nur eine Person geben. Und eben diese wollte er nicht bei sich haben. Es durfte nicht passieren, dass Seung-Hyun ihn so sah. Nicht noch einmal. Er würde es nicht ertragen können, wenn dieser ihn wieder berührte. Seine Haut streichelte, ihm durchs Haar fuhr, seine Lippen küsste. Das war unmöglich. Wie hatte sein Freund sich nur dazu überwinden können, ihn anzufassen? Ihn und all das, was doch so offensichtlich an ihn haftete. Nur in seine Nähe zu kommen, musste furchtbar widerlich sein. Wie hatten sie ihn nur ansehen können? Ein saurer Geschmack legte sich in seinen Mund. Übelkeit stieg wieder in ihm auf. Ji-Yong erhob sich und wankte ins Bad, schaffte es gerade noch, sich über die Toilette zu beugen. Da er kaum etwas gegessen hatte, würgte er nur Galle hervor. Nach einigen Minuten beruhigte sich sein Magen wieder und er wischte sich den Mund mit dem Handrücken ab. Keuchend fiel sein Blick auf die Dusche. Der Geruch des Erbrochenen stieg ihm in die Nase. Er sah es auf kaltem grauen Boden. '...Ist dir schlecht mein Engel? Wart nur ab, das vergeht schon wieder...' Ruckartig erhob er sich von den weißen Fliesen und stolperte in die Dusche. Noch bevor er es geschafft hatte, sich das Oberteil des Schlafanzuges über den Kopf zu ziehen, hatte er das Wasser voll aufgedreht. Seine Sachen wurden durchnässt. Er warf sie zur Seite. Dann drehte er an der Temperaturregelung. Es war noch nicht heiß genug. Während das Wasser über seine Haut lief, sank er auf die Knie, umklammerte seinen eigenen Körper. Wasser lief ihm ins Gesicht, in die Augen, in seinen Mund. Er wollte nur sauber werden, wollte die Schande von sich abwaschen. Wie konnten die Leute ihn nur ansehen ohne die Nase zu rümpfen? Wie hatten seine Freunde ihn nur ansehen können ohne sich zu übergeben? Wenn es ihn vor sich selbst ekelte, wie konnten andere es dann nicht tun? Mit zitternden Fingern tastete er die Wand neben sich entlang, bis sie gegen eine große Plastikflasche mit Duschgel stießen. Ji-Yong griff danach und drückte eine große Menge in den Waschlappen der daneben gelegen hatte. Dann begann er sich zu schrubben. Mit aller Kraft, die er hatte, schrubbte er seine schmutzige Haut, bis sie sich rötete. Doch er hatte nicht das Gefühl, dass es erfolgreich war, also schrubbte er noch fester. Sein Atem ging schnell, als wäre er wieder in einer Panikattacke gefangen, doch ihm selbst schienen seine Gedanken so klar wie seit langem nicht mehr. Sauber, er musste sauber werden, den Schmutz, den Min-Ho auf ihm hinterlassen lassen hatte, abwaschen. Erst wenn er wieder rein wäre, könnte er Seung-Hyun unter die Augen treten, nicht früher. Ji-Yong bekam gar nicht mit, wie seine Haut zu brennen begann, wie das heiße Wasser ihm fast den Rücken verbrühte. Es war gut so. Auf diese Weise würde der gesamte Dreck endlich hinfortgespült. Es kam ihm so vor, als würde er an ihm kleben, seit er diesen verdammten Blumenstrauß gefunden hatte. Wie hatte Seung-Hyun ihn nur küssen können? Tränen glänzten in seinen Augen, als er daran dachte. Er wollte es und er wollte es nicht. Wollte Seung-Hyun sehen und wollte nicht, dass dieser ihn so sah. Wollte ihn in den Arm nehmen, aber nicht in den Arm genommen werden. Schwach sank er gegen die Wand der Dusche. Die kühlen Fliesen brannten fast auf seiner erhitzten Haut. Leise begann Ji-Yong zu schluchzen. Der Waschlappen fiel ihm aus der Hand, schwamm ein Stück in dem kochenden Wasser. Es würde nie wieder so werden, wie vorher und deswegen vergoss er Tränen, die noch heißer waren als dieses. Das Gefühl, nun endlich wieder rein zu sein, kehrte nicht ein. Egal wie lang er hier stand und darauf wartete. Irgendwann, als seine Tränen versiegt waren, langte seine Hand zum Wasserhahn und schloss ihn. Er wankte seltsam benommen aus der Kabine und wickelte sich in ein Handtuch. Ji-Yong konnte keinen Schritt mehr gehen. Das gesamte Badezimmer war von Dampf erfüllt, der ihn wohlig einhüllte, ihm jede Sicht und jeden Gedanken nahm. Zitternder Beine sank er an einer Wand herunter und verlor das Bewusstsein. Und dafür war er dankbar. Er war so tief in sich selbst versunken, dass er nicht bemerkte, wie fünfzehn Minuten später eine Schwester hereinkam, um nach ihm zu sehen. Wie sie ihn fand und erschrocken einen der Pfleger herbeirief. Seine Haut hatte in dieser Zeit ihre Röte wieder verloren und keine Spur blieb von seiner Verzweiflung auf ihr zurück. Als er wieder erwachte, konnte er sich kaum noch daran erinnern, was er getan hatte. Sein Körper war schwer und er hatte das Gefühl sich kaum bewegen zu können. Beunruhigt durch diese schrecklich vertraute Schwere, riss er die Augen auf und holte tief Luft. Nein... er war in seinem Zimmer. Er spürte, dass er im Bett lag. Er war nicht wieder dort. Nicht wieder auf dem kalten Boden. "Oh Gott sei Dank, Sie sind wieder aufgewacht. Ich habe so einen Schreck bekommen, als ich sie im Bad gefunden habe." Ji-Yongs Kopf ruckte herum und er erkannte ein Stück vom Bett entfernt die Schwester, die gerade wieder eingetreten war. Sie wirkte noch recht jung und unerfahren. Sogleich kam sie auf ihn zu, noch etwas unsicher den Arm ausstreckend. Eigentlich wollte sie nur seinen Puls messen, doch noch bevor sie das Handgelenk Ji-Yongs berühren konnte, riss dieser es aus ihrer Reichweite und wandte ihr den Rücken zu. Er wollte, dass sie ging. Er wollte niemanden bei sich haben. "Du bist sicher, dass du nicht mitkommen möchtest?" Young-Bae stand bereits fertig angezogen in der Tür. An der Straße wartete das Taxi, das ihn zum Krankenhaus bringen sollte und er wandte sich noch einmal um. Er hatte die Frage an diesem Tag schon mehrmals gestellt, aber Seung-Hyuns Entscheidung schien festzustehen und der Jüngere konnte sie nachvollziehen. Er musste große Angst haben, Ji-Yong wieder unter die Augen zu treten. Und auch wenn sich ihre allgemeine Stimmung im Verlauf des letzten Tages wieder gebessert hatte, so schien Seung-Hyun sich dennoch nicht wieder fähig zu sehen, eine derart verantwortungsvolle Aufgabe zu übernehmen. Am letzten Abend hatten sie einen weiteren Anruf von Dr. An erhalten, der ihnen mitteilte, Ji-Yong würde es inzwischen besser gehen und eine Entlassung aus dem Krankenhaus sei am nächsten Vormittag nach seiner Therapiestunde möglich. Der nächste Vormittag war nun angebrochen und sie hatten gemeinsam entschieden, dass Young-Bae ihren Leader abholen sollte. Eigentlich waren sie alle davon ausgegangen, dass Seung-Hyun dies übernehmen würde, aber sie konnten seine Bedenken verstehen. Ihm ging es noch immer am schlechtesten von allen. Seung-Hyun lächelte nun, aber es sah nicht echt aus und er nickte. "Ich werde da sein, wenn ihr zurückkommt." Daraufhin schloss sich die Tür zwischen ihnen. Es gab nocht etwas, das sie gemeinsam entschieden hatten, nämlich dass sie Ji-Yong besonders am Anfang nicht überlasten wollten und so verließen Seung-Ri und Dae-Sung nur eine Viertelstunde später das gemeinsame Appartment und ließen den Ältesten allein zurück. Dieser saß nun mit angezogenen Beinen und klopfendem Herzen auf der Couch und wartete darauf, das Geräusch eines vorfahrenden Autos zu hören. Auch Young-Baes Herz klopfte ihm bis zum Hals, als er aus dem Taxi ausstieg und das Krankenhaus betrat. Keiner von ihnen hatte Ji-Yong noch einmal gesehen, seit er sie gebeten hatte zu gehen und er hatte nicht den geringsten Schimmer, wie er sich ihm gegenüber verhalten sollte. Er atmete einmal tief durch und trat dann an die Rezeption. "Dong Young-Bae", meldete er sich bei der hübschen Dame, die ihn freundlich und unverbindlich anlächelte, "Ich bin hier, um Kwon Ji-Yong abzuholen, sollte mich aber vorher bei Dr. An melden." Sie nickte und bat ihn, einige Minuten Platz zu nehmen, Dr. An würde bald kommen und sich um ihn kümmern. Dann nahm sie den Telefonhörer auf und drückte auf eine Durchwahltaste. Was sie sagte, konnte Young-Bae nicht mehr hören, denn die nächsten Plastikschalen, die sie als Stühle bezeichneten, waren einige Meter von der Rezeption angebracht. Nun saß er mit in die Hände gestützem Kopf da und starrte an die weiße Wand ihm gegenüber. "Ah, Herr Dong!" Der Doktor war schneller erschienen, als er es erwartet hatte und so erschreckte er sich ein wenig, als er auf einmal neben ihm auftauchte. "Ich würde Sie bitten, mir noch kurz in mein Büro zu folgen. Herr Kwon ist noch bei der Therapie und ich denke, wir haben auch noch etwas zu besprechen." Young-Bae nickte und folgte dem Arzt in den Fahrstuhl und dann in sein kleines Büro im obersten Stockwerk des Krankenhauses. Ein wenig unsicher ließ er sich auf den gemütlichen Stuhl vor dem Schreibtisch sinken und wartete darauf, dass auch Dr. An Platz genommen hatte. Dann konnte er die Frage nicht mehr zurückhalten, die ihm die ganze Zeit auf der Seele gebrannt hatte. "Meinen Sie wirklich, es ist noch nicht zu früh, Ji-Yong wieder nach Hause zu schicken?" Dr. An lächelte sanft und schüttelte den Kopf. "Nein, das denke ich nicht. Ich und auch Dr. Song, seine Therapeutin, sind zu dem Schluss gekommen, dass es Herrn Kwon nur gut tun kann, so schnell wie möglich in seine gewohnte Umgebung zurückzuführen." Er verschränkte die Hände auf dem Tisch und Young-Bae hatte für einen kurzen Moment fast den Eindruck, er würde mit einem gutmütigen Großvater sprechen und nicht mit einem studierten Arzt, der über das Schicksal ihres Freundes entschied. "Es ist nur wichtig, dass Sie ihm mit großer Sorgfalt begegnen. Wie ich Ihnen auch schon nach Herrn Kwons Einlieferung gesagt habe - eine falsche Bewegung kann eines hysterischen Anfall auslösen. Vor allem ist es wichtig, dass sie ihm ohne sein Einverständnis weder zu nahe kommen, noch ihn berühren. Ich kann mir vorstellen, dass Ihnen das nicht einfach fallen wird, ich nehme an, sie haben eine sehr innige Beziehung gehabt, aber das ist unbedingt nötig." Young-Bae versuchte sich die Anweisungen des Arztes so genau wie möglich einzuprägen, damit er sie hinterher an seine Freunde weitergeben konnte. Die Sachen, die er sagte, verstanden sich eigentlich von selbst, aber schon ihre letzte Begegnung mit Ji-Yong hatte gezeigt, dass sie so einfach nicht zu befolgen waren. Das Bedürfnis, ihren Freund zu beschützen und ihn zu trösten, konnte unkontrollierbrare Züge annehmen und so war es wichtig, dass sie alle sich klarmachten, wie sie sich ihm gegenüber zu verhalten hatten. "In Ordnung, wir werden nichts tun, das Ji-Yong irgendwie schaden könnte." Young-Bae war sehr ernst, als er dies sagte. "Wenn Sie Fragen haben, können Sie immer anrufen. Besser Sie wecken mich um drei Uhr in der Nacht, als dass sie etwas Falschen tun." Young-Bae nickte wieder. "Und noch etwas. Es ist nicht auszuschließen, dass Herr Kwon wieder eine Panikattacke bekommt. In erster Linie ist es wichtig, dass er sich wieder beruhigt. Sollte das von alleine nicht geschehen, werden Sie ihm ein Beruhigunsmittel geben müssen. Ich bin kein Verfechter der medikamentösen Ruhigstellung, aber es gibt Situationen, in denen es einfach nicht anders geht und ich halte Sie für reif genug, dass sie eine solche Situation erkennen, wenn diese auftritt." Dr. An öffnete eine seiner Schreibtischschubladen, holte daraus eine kleine Schachtel hervor und schob sie Young-Bae über den Tisch zu. "Sollten Sie Zweifel haben, wie gesagt, rufen Sie mich an." Young-Bae spürte die Last der Verantwortung, die sich auf seine Schultern legte, als er die Tabletten an sich nahm. "Haben Sie auch an die Sachen gedacht, um die ich Sie gebeten hatten?" Schnell hob er mit fahrigen Händen die kleine Tasche vom Boden auf, welche er mit sich genommen hatte und ließ die Tabletten darin verschwinden. Er zeigte sie Herrn An und dieser nickte. Bei ihrem Telefonat am Abend zuvor, hatte er sie gebeten, frische Kleidung für Ji-Yong mitzubringen, da es unmöglich war, ihm seine alten Sachen wiederzugeben. Zu dem Zeitpunkt, als der Mann die Bitte am Telefon aussprach, hatten sie die Tasche bereits gepackt. Seung-Hyun hatte es getan und obwohl es nur wenige Stücke waren, hatte es sehr lang gedauert, bis er aus dem Schlafzimmer zurückgekehrt war. Das Gesicht des Älteren war von Tränen bedeckt gewesen, aber Young-Bae hatte nichts gesagt und ihm die Tasche einfach abgenommen. "Dann können wir jetzt zu ihrem Freund gehen. Er müsste mit der Therapiesitzung fertig sein." Young-Bae schluckte wieder und wieder schwer, während er dem Mann in Weiß durch die Gänge folgte. Therapie... Würde sie etwas bringen? War es wirklich möglich, jemanden, der Derartiges erlebt hatte, mit irgendwelchen Methoden zu 'therapieren'? Dieses Wort wirkte abstoßend auf ihn. Jedoch wirkte die Tatsache, dass er es nun im Zusammenhang mit Ji-Yong verwendet hören musste, noch um Einiges schrecklicher. Sie waren fast an dessen Zummer angekommen, als Young-Bae ihn sah. Er kam ihnen entgegen, auf dem Weg zurück von seiner Sitzung. Im weißen Krankenhausanzug wirkte er so bleich wie nie zuvor. Der Jüngere lief mit hängendem Kopf, unsicher schlurfend einen Fuß vor den anderen setzend. Ohne Kraft, ohne Elan, wobei seine Augen auf den Boden zeigten und er sich mit einer Hand an der Wand entlang tastete. Eine Krankenschwester lief hinter ihm, doch als sie ihm die Tür öffnen wollte, tat Ji-Yong es von selbst und verschwand in seinem Zimmer. "Herr Dong? Herr Dong, kommen Sie bitte." "Was?" Young-Bae sah sich um. Er bewegte sich nicht mehr. Ohne Notiz davon genommen zu haben, war er einfach stehen geblieben, in dem Moment, in welchem er seinen Freund erblickt hatte. Er konnte es nicht leugnen. Auch er fürchtete sich vor seinem Anblick. Aber er würde das hier zu Ende bringen. Etwas zaghaft brachte er wieder Bewegung in seine Beine, ließ Herrn An aber zuerst das Zimmer betreten. Young-Bae richtete seinen Blick erst auf Ji-Yong, nachdem er die Tür geschlossen hatte. Der Jüngere stand am Fenster und starrte hinaus. Er konnte sein Gesicht nicht sehen. "Guten Tag Herr Kwon. Ich hoffe, Ihre Sitzung ist gut verlaufen." Ji-Yong reagierte nicht, aber der Arzt fuhr unbeirrt fort. "Ich habe gute Nachrichten für Sie. Sie können jetzt nach Hause fahren." Daraufhin geschah etwas. Young-Bae bemerkte, wie sein Freund sich leicht verkrampfte und dessen Finger sich fester um das Fensterbrett schlossen, dessen Rand er umklammert hielt. Er hatte es gewusst. Es war noch zu früh. "Ihr Freund Herr Dong ist gekommen, um Sie abzuholen. Bitte ziehen Sie sich um. Aber nehmen Sie sich Zeit." Herr An wandte sich ein letztes Mal Young-Bae zu und legte ihm in einer väterlichen Geste eine Hand auf die Schulter, um ihm aufmunternd zu zu nicken. "Ich werde Sie jetzt allein lassen. Ganz ruhig, es ist nicht mehr so schlimm, wie vor zwei Tagen. Haben Sie ein bisschen Vertrauen zu ihm." Mit diesen Worten verließ seine einzige Hilfe den Raum und Young-Bae stand unentschlossen noch immer neben der Tür. Wie sollte er sich nur trauen, näher an seinen Freund heranzutreten? Nach allem, was geschehen war. Aber er musste sich überwinden, zumindest bis zum Bett, den Rest würde er Ji-Yong auf sich zukommen lassen. Vorsichtig machte er die wenigen Schritte bis zur leicht zerwühlten Schlafstadt und legte die Tasche darauf. Mit einem leisen Sirren öffnete er den Reißverschluss und nahm die Kleidungsstücke heraus, um sie säuberlich nebeneinander zu legen. "Ich habe dir frische Sachen mitgebracht. Hoffentlich sind die in Ordnung. Seung-Hyun hat sie ausgesucht." Dieser Name hatte eine ungeahnt starke Wirkung auf die Gestalt am Fenster. Endlich wandte Ji-Yong sich um und kam langsam auf ihn zu. Young-Bae selbst wich er aus, aber seine bebende Hand griff nach dem T-shirt. Es war violett und irgendein englischer Satz, der keinen Sinn ergab, war darauf gedruckt. Darunter grinste ein bunter Totenkopf. Seung-Hyun wusste, dass er es gern trug. Deshalb hatte er es für heute ausgesucht. "...wo ist Seung-Hyun...?", fragte er mit leiser Stimme und Young-Bae war so überrascht von dieser Frage, mit der er vielleicht sogar hätte rechnen müssen, dass er zwar den Mund öffnete, aber sekundenlang kein Ton herauskam. "E-er ist..." Er kniff die Lider zusammen und schüttelte den Kopf, um sich wieder zu sammeln. Ji-Yong hatte nach Seung-Hyun gefragt, das war gut...oder? "Er ist zu Hause. Seung-Hyun wartet auf... uns." Beinahe hätte er 'wartet auf dich' gesagt, aber in letzter Sekunde erschien ihm dies beinahe wie eine Anklage gegenüber seinem Freund, welcher nicht bei ihnen war. Er beobachtete den Jüngeren sehr genau und erkannte, wie dieser mit sich rang. Seine Finger gruben sich tiefer in den Stoff des T-Shirts. Nach allem, was vor zwei Tagen geschehen war, musste es unvorstellbar sein, wieder Vertrauen in seine Freunde zu finden, die sich so falsch Verhalten hatten, ging es Young-Bae durch den Kopf. Aber mit dieser Vermutung lag er daneben. Ji-Yong plagte eine Angst anderen Ausmaßes und Inhalts. Ohne noch weiter auf das Thema Seung-Hyun einzugehen, schnappte er sich plötzlich die anderen Stücke und lief ins Badezimmer. Als Young-Bae das Klicken der Tür hörte, war es ihm, als würde etwas Zentnerschweres von seinen Schulter gehoben und er sank schwer atmend auf die Matratze. Hoffentlich war dies ein gutes Zeichen. Er betete dafür. Schon nach kurzer Zeit verließ Ji-Yong das Bad wieder und Young-Bae stellte fest, dass das Violett des T-Shirts dem Jüngeren fast schon wieder eine gesunde Gesichtsfarbe gab. Allerdings erzählten die tiefen Augenringe und der schlaffe Gesichtsausdruck ausführlich von den Schrecken der letzten Tage. "Also dann, bist du soweit, Ji-Yong?" Der Angesprochene starrte an Young-Bae vorbei aus dem Fenster und nickte schließlich langsam. Wieder fragte Young-Bae sich, ob es tatsächlich richtig sein konnte, ihn wieder zu sich zu nehmen, aber er wollte auf die Entscheidung des Arztes vertrauen. Er hoffte einfach nur, dass es ihnen möglich wäre, mit den Schwierigkeiten umzugehen und sie zu überwinden. Langsam erhob er sich und schulterte die leere Tasche. Er lächelte freundlich, als er an Ji-Yong vorbei durch die Tür ging, doch dieser zuckte trotzdem zurück, als sie sich zu nahe kamen. Doch Young-Bae schaffte es, das Lächeln aufrecht zu halten. Er ging durch den weiß getünchten Krankenhausgang voran und blickte sich immer wieder um, um sicher zu gehen, dass der andere ihm auch wirklich folgte. Ji-Yong blieb immer einen Meter hinter ihm. Dessen Blick war starr auf seine eigenen Füße gerichtet und sein Gang schlurfend. In diesem Augenblick hätte Young-Bae zu gerne gewusst, was dem Jüngeren durch den Kopf ging, wie seine Gedanken waren, damit er erkannte, wie er sich verhalten musste, aber so blieb ihm nicht mehr, als seinem Gefühl zu vertrauen. Und dieses riet ihm, Abstand zu halten und Ji-Yong auf keine Weise zu bedrängen. Ihm lagen eigentlich so viele Fragen auf der Zunge, zumindest wollte er irgendetwas sagen, dass Ji-Yong half, sich besser zu fühlen, aber er blieb stumm und stapfte nur weiter durch den fast endlos scheinenden Krankenhausflur. Das Taxi wartete noch, als sie das Krankenhaus verließen und Young-Bae entschied, dass er dem Freund die gesamte Hinterbank überlassen würde. Er hätte sich gerne neben ihn gesetzt, allein um ihn gut im Blick zu haben, fühlte aber, dass er ihm damit zu nahe kommen würde. "Nicht mehr lange, dann sind wir zu Hause." Young-Bae schloss die Autotür noch immer lächelnd, doch als er sich auf den vorderen Platz neben den Taxifahrer setzte und ihm Anweisung gab zurück zu ihrem Appartement zu fahren, wich das gekünstelte Lächeln sorgenvollen Falten. Während der Fahrt drehte er sich von Zeit zu Zeit nach hinten, um einen Blick auf seinen Freund zu werfen, doch es bot sich ihm immer das gleiche mitleiderregende Bild. Ji-Yong hatte den Kopf gegen die Fensterscheibe gelehnt und die Arme um seinen Oberkörper geschlungen. Seine Augen schienen die Stadt, die an ihnen vorbeiraste zu betrachten, aber in Wirklichkeit waren sie leer und trübe. Er versuchte sich einzureden, dass sich schon alles zum Besseren wenden würde, dass ihre Gesellschaft Ji-Yong tatsächlichen helfen konnte und dass die Nähe zu Seung-Hyun ihm gut tun würde. Aber eigentlich glaubte er sich selbst nicht. Sie hatten sich geschworen, das alles zu schaffen, aber im Moment zweifelte er stark daran. Kapitel 19: Sinner ------------------ Hey, ein neues Kapitel. Freut ihr euch? Da hab ich euch nach dem Neu-Uplaod des 18. ja so lang warten lassen, dass es fast so aussah, als würde ich auch nicht weitermachen, was? XD Also dazu soviel: nein, ich war nicht zu faul. Aber während des letzten Monats befand ich mich in der Endphase meiner Abschlussarbeit für das Bachelor-Studium. Und wie das so ist, auf den letzten paar Metern, der Stress steigt auf 200% an und man kann an nichts anderes mehr denken. Jetzt, wo das Ding endlich eingereicht ist und bereits eine positive Bewertung erhalten hat, kann ich mich wieder entspannen und auch mal wieder Freude daran haben, Kapitel zu erstellen. Ich wünsche euch viel Spaß bei der lang ersehnten Fortsetzung... ~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~ Dass sie vor dem Apartmentgebäude gehalten hatten, nahm der Jüngere erst wahr, als Young-Bae ihm die Autotür öffnete und ihm mit sanfter Stimme mitteilte, dass er nun aussteigen müsste. In dieser Sekunde der Überraschung fiel Ji-Yongs stumpfer Blick tatsächlich in die Augen des Älteren. Sie sahen sich bewusst an und am Ende war es nicht Ji-Yong, der diesen Kontakt brach. Es war Young-Bae, welcher seinen Blick zur Seite zwang und ihn bat, nun herauszukommen. Man könnte meinen, er hatte dies getan, um nicht aufdringlich zu wirken, aber dies war nicht der wirkliche Grund. Die Wahrheit war, dass er dem nicht gewachsen war. Ein Blick in diese traurig glanzlosen Pupillen genügte und etwas Kaltes schien sich um sein Herz zu legen. Schien es zu erdrücken. Dies war kaum zu ertragen. Er atmete einmal tief durch, als sein Freund hängenden Kopfes an ihm vorbei ging, auf den Eingang zu. Young-Bae folgte ihm so schnell wie möglich. Der Jüngere schritt zwar langsam aber ohne zu Zögern voran, was ihn beinahe wunderte, doch behielt er seinen Abstand, diesmal hinter Ji-Yong und fragte sich währenddessen, ob Seung-Hyun wirklich auf sie wartete. Wenn dieser einfach weggelaufen wäre, hätte er dies sogar verstanden. Nicht gebilligt, aber verstanden. Im nächsten Moment entging er gerade noch einem Zusammenstoß mit seinem Freund. Ji-Yong war einfach am oberen Treppenabsatz stehen geblieben, seine rechte Hand so fest um das Geländer geklammert, dass sie weiß wurde. Sein Kopf hatte sich gehoben. Er blickte auf ihre Eingangstür, welche nur wenige Meter von ihm entfernt lag. Young-Bae schluckte. Er beobachtete, wie der Kopf des Jüngeren sich drehte, dessen Blick sich über die Wände tastete. Ihre Farbe war neu. Die Schmierereien von damals hatten nicht entfernt werden können, weshalb sie übergestrichen worden waren. Die Augen konnten ihn nun nicht mehr anstarren. Und trotzdem fühlte er sie ganz deutlich hinter der Schicht neuer Farbe. Eine Gänsehaut breitete sich über seinen Körper aus und befreite ihn aus seiner Starre. Er konnte hier nicht bleiben. Young-Bae war erleichtert, als sein Freund von allein weiterging. Sobald genügend Platz vorhanden war, überholte er ihn und zog seinen Schlüssel hervor. Ungute Vorahnungen beschlichen ihn, während er versuchte, diesen in das Schloss zu bekommen und er flehte. Er wusste nicht, wohin sein Flehen reichen würde, aber es kam ihm vor wie ein Stoßgebet. Bitte, bitte lass alles gut gehen. Bitte lass Ji-Yong wieder...gesund werden. Aber was für eine Krankheit hatte er eigentlich? Noch bevor er über diese seltsame Frage nachdenken konnte, klickte das Schloss und die Tür sprang auf. Um dem Jüngeren zu zeigen, dass alles in Ordnung war, trat er zuerst ein und rief wie an einem ganz normalen Tag in die Räume, dass sie zurück waren. Young-Bae war selbst überrascht, wie ruhig seine Stimme klang. Die Tür zum Wohnzimmer sprang auf und Seung-Hyun stürmte auf ihn zu. Der Ältestete hatte erwartet, Ji-Yong zu sehen, hatte versucht, sich seelisch so gut es ging darauf vorzubereiten und nun stand nicht er sondern lediglich Young-Bae im Flur. Sofort packte er diesen an den Schultern, in Gedanken all seine düsteren Vorstellungen bündelnd. "Wo ist Ji-Yong? Ist ihm was passiert? War es doch noch zu früh-" "Hyung, du darfst nicht so laut sein." Mit dieser sanften Zurechtweisung deutete der Jüngere nach draußen. Vor der Tür stand ihr Leader, die Finger in den Rand seines T-shirts gegraben. Das Gesicht strikt dem Boden zugewandt schien er darauf zu warten, dass ihm erlaubt wurde, einzutreten. Etwas überrumpelt ließ Seung-Hyun von seinem Freund ab und trat sogleich einen Schritt zurück, wieder das Bedürfnis bekämpfend, Ji-Yong nah zu kommen. Warum...warum...warum er... "Ji-Yonga...schön, dass du wieder zurück bist.", quälten sich die Laute aus seinem Mund, ohne dass sie ihm ganz bewusst waren. Wie sollte er diesen Anblick überleben? In dieser Sekunde kam es ihm unmöglich vor, bei Verstand zu bleiben. Nur für den Bruchteil einer Sekunde hob Ji-Yong seinen Blick, ihre Augen trafen einander und es war als würde die Zeit stillstehen und mit ihr Seung-Hyuns Herz. Er las so viel in diesem kurzen Blick, dass ihm fast schlecht wurde, so viel Verzweiflung, Angst, so unglaublich viel Schmerz. Fast hatte er es nicht mehr ertragen können, fast wäre er unter der Last dieses Augenblicks zusammengesunken, doch der andere senkte seinen Kopf fast im gleichen Moment wieder, sagte nichts, sondern streifte sich nur die Schuhe von den Füßen und schob sich an den beiden Älteren vorbei, den größtmöglichsten Abstand zu ihnen wahrend. Seung-Hyung versuchte vergeblich noch einen Blick von ihm zu erhaschen "Ich geh duschen." Ji-Yongs Worte waren genuschelt, fast unverständlich und schon war er verschwunden, hatte die Tür hinter sich geschlossen und ließ die beiden verwunderten Männer hinter sich zurück. Seung-Hyun stieß die Luft aus, die er angehalten hatte und sank gegen die Wand, schloss die Augen und versuchte, sein rasendes Herz zu beruhigen. "Gib ihm einfach Zeit." Ja, das würde er. Er hatte natürlich nicht erwartet, dass alles gut sein würde, sobald Ji-Yong und er sich wieder gegenüberstanden, das wäre dumm gewesen. Aber es war schwierig. Es war schwierig, ihn nicht in den Arm zu nehmen, nicht zu wissen, was man sagen konnte, wie man etwas sagen konnte. Und ein wenig spürte er auch Enttäuschung in sich aufsteigen und hasste sich im selben Moment dafür, denn es war unsinnig und egoistisch. "Ich weiß..." Das war alles, was er dazu sagen konnte. Er legte den Kopf gegen die kühle Wand, atmete einmal tief durch. Er musste stark sein und Ji-Yong geben, was er ihm geben konnte. Auch wenn ihn das seine gesamte Kraft kosten würde, das war es ihm wert. Das war ihm Ji-Yong wert. Er musste sich nur selbst wieder unter Kontrolle kriegen. "Wir sind wieder zuhause!" Dae-Sung streckte den Kopf zur Wohnzimmertür herein und lächelte fröhlich. Er entdeckte sofort Seung-Hyun und Young-Bae die auf dem Sofa saßen und sich unterhielten, aber Ji-Yong konnte er nirgendwo entdecken. Hinter ihm trat Seung-Ri ein und auch er schien sich zu fragen, wo ihr Leader abgeblieben war. "Da seid ihr ja wieder. Habt ihr euch die Zeit gut vertrieben?" "Geht so, wir wollten zuerst in die Spielhalle, aber sind dann nur was trinken gegangen. Ihr wisst schon in diesem kleinen Cafe, wo... ach ihr wisst schon..." Seung-Ris Stimme erstarb mitten in seinem Bericht, es gab im Moment Wichtigeres. "Wo ist denn Ji-Yong? Hat er sich hingelegt? Wie geht es ihm?" Sein Gesicht war sorgenvoll und er versuchte so leise wie möglich zu reden. "Er ist nur unter der Dusche", erklärte Young-Bae und fügte nach einem Blick auf die Uhr hinzu: "Und das seit fast einer halben Stunde. Und naja... es ist schwer zu sagen, ich glaube es geht ihm nicht besonders, aber das wäre wohl auch ein Wunder. Er spricht kaum ein Wort und versucht, immer großen Abstand zu halten." Young-Bae blickte ernst in die Runde. "Ich hatte vorhin noch ein längeres Gespräch mit Dr. An. Er sagt, dass es extrem wichtig ist, dass wir Ji-Yong nicht zu nahe kommen, wenn er es nicht möchte und ich bitte euch inständig, das zu beachten. Dr. An hat mir zwar Beruhigungsmittel für den Fall der Fälle mitgegeben, aber ich möchte sie Ji-Yong eigentlich nicht geben müssen und ich denke, euch geht es nicht anders." Seung-Hyun bemerkte, dass der Blick des anderen ein wenig länger an Seung-Ri hängen blieb, woraufhin dieser beschämt den Seinen abwand. Es war nur eine sehr kleine Geste gewesen, aber sie sprach Bände. Auch darüber, wie nah sich die beiden inzwischen standen. Seung-Hyun wollte auch noch etwas sagen, aber er hörte, wie die Tür zum Badezimmer geöffnet wurde und konnte nicht anders als aufspringen und in die offene Wohnzimmertür treten um nachzusehen, ob bei Ji-Yong alles in Ordnung war. Er sah immer noch müde und schlaff aus, sein Blick wanderte unstet über den Boden und die Wände. "Hey, Ji-Yonga..." Seung-Hyuns Stimme war leise und sanft, aber der Jüngere zuckte trotzdem zusammen und blieb stehen, als wäre er von einem Moment auf den anderen zur Salzsäule erstarrt. Dann schien er zu registrieren, dass es nur Seung-Hyun war, der sprach und entspannte sich wieder. "Kann ich etwas für dich tun?" Ji-Yong schüttelte den Kopf. "Mach dir keine Umstände..." Er schlurfte weiter in Richtung ihres Zimmers und Seung-Hyun überlegte, ob er ihm folgen sollte, ließ es aber. Er war hin- und hergerissen zwischen dem Bedürfnis, nein dem Zwang, Ji-Yong zu helfen und der Angst, ihm zu nahe zu treten. Es würde sicher noch eine ganze Weile dauern, bis er den richtigen Mittelweg gefunden hätte. In einer halben Stunde würde er nochmal nach Ji-Yong sehen. Doch diese 30 Minuten erschienen ihm länger als sie es je in seinem Leben getan hatten. Er vebrachte sie im Wohnzimmer, gemeinsam mit den anderen. Normalerweise wären sie alle nun mit ihren eigenen Angelegenheiten beschäftigt. Dies geschah zumeist, wenn ihnen ein paar freie Tage vergönnt waren. Aber es war kein freier Tag. Heute hätten Big Bang einen Gastauftritt gehabt und endlich wäre wieder ihr Leader bei ihnen gewesen. Endlich wieder vollständig, ohne große Sorge um Ji-Yong, da er ihn nun im Auge haben könnte. Gedanken wie diese waren Seung-Hyun noch vor zwei Tagen durch den Kopf gegangen. Endlich...die Zeit war um. Seine Hand griff die Klinke ihrer Schlafzimmertür und öffnete sie. Der Älteste erwartete, seinen Freund in dessen Bett vorzufinden. Vielleicht schlafend. Ein solch friedlicher Anblick hätte ihn erleichtert. Jedoch wie er ins Zimmer sah, fand er niemanden. In leichter Panik ließ er seinen Blick schweifen. "Ji-Yonga?" Weiter hinten im Raum tat sich auf der rechten Seite eine Bewegung. Er ging weiter hinein und dabei erkannte er, wo der Jüngere sich versteckt hatte. Leicht aus der Bahn geworfen kehrte Seung-Hyun ins Wohnzimmer zurück und ließ sich auf das Sofa sinken, den Kopf in die Hände gelegt. Die anderen sahen ihn neugierig an und Dae-Sung legte ihm eine Hand auf den Rücken, als wollte er ihn trösten, ihm sagen, dass sich alles zum Guten wenden würde. "Was macht er denn?", fragte Young-Bae vorsichtig. Der Älteste fuhr sich mit einer Hand über das Gesicht und sah ihn an. "Er hat sich in seine Decke eingewickelt und...sitzt unter dem Schreibtisch." "Unter dem...oh Gott...", flüsterte Seung-Ri sehr leise, doch sie konnten es alle hören. Und wenn Seung-Hyun ehrlich war, hatte er das Selbe gedacht, als er es sah. Von ihrem Leader war nichts mehr übrig geblieben. "Hey, jetzt hört auf." Young-Bae erhob sich von seinem Platz, um einige Schritte durch das Zimmer zu machen. "Wir wussten alle, dass er sich anders verhalten würde. Und es ist logisch, dass er sich schützen will. Wenn er glaubt, dass es ihm in diesem Versteck besser geht, dann soll er dort bleiben...vorerst." Und sie alle wussten, was dies bedeutete. Sie würden zu kämpfen haben. Ji-Yong ging es gut in seinem Versteck. Hier konnte er bleiben und am liebsten war es ihm, sich nie wieder einen Zentimeter von diesem Ort fort zu bewegen. Doch auch hier schaffte es nicht, ruhig zu bleiben. Schaffte er es nicht, das durchlebte zu verdrängen. Seine Hände tasteten sich unter der Decke hervor. Er betrachtete sie verzweifelt. Er wollte umarmen, aber nicht umarmt werden. Wenn er ihn doch nur in die Arme schließen könnte, dann wäre alles in Ordnung, dann könnte er vergessen. Er war sich sicher, dass ihn dies retten würde. Die Nähe Seung-Hyuns. Aber er konnte sie nicht bekommen. Ji-Yong rieb seine Hände aneinander. Mit starkem Druck fuhr er wieder und wieder über seine Haut, doch es änderte sich nichts. Er versuchte sie an der Decke abzuwischen. Vergeblich. Er fühlte den Stoff der Decke um sich, aber sie wirkte nicht mehr weich. Sie war kalt und unangenehm. Er striff sie zitternd von sich und ließ seine Blicke über seine entblößten Beine schweifen, welche nur durch zum Teil durch eine Boxershorts verdeckt waren. Bebend ließ er seine Hand über das Linke gleiten, immer höher, bis sie den Stoff der Hose erreichte und sie ein Stück bei Seite schob. "Nein!", gab er heiser von sich und starrte auf das, von dem er gehofft hatte, dass es nun endlich verschwunden wäre. Das Mal, welches Min-Ho auf der Innsenseite seines Oberschenkels zurückgelassen hatte, leuchtete mit der selben Kraft wie zuvor. Immer noch da, in seiner blassen Haut. Das Rot und Violett lachten ihn hämisch an. Panisch kam er auf die Beine und stürzte aus dem Zimmer. Die anderen hörten es und sprangen sofort auf, um zu sehen, wo er hinlief. Doch er ignorierte sie. Lief einfach weiter, zurück ins Badezimmer und vergaß in seiner Hektik, die Tür zu verschließen. Er achtete nicht einmal darauf, ob sie ins Schloss fiel. Sein einziger Gedanke war jener, welcher ihn seit gestern beherrschte. Er musste sauber werden. Warum schaffte er es nicht? Hatte er noch nicht fest genug geschrubbt? Völlig davon eingenommen stolperte Ji-Yong in die Dusche, nicht einmal bemerkend, dass er noch seine Boxershorts trug und nur das T-shirt von sich geworfen hatte. Er riss den Lappen samt Haken von der Wand und begann ein weiteres Mal, während kochend heißes Wasser auf ihn herunterprasselte. Doch egal wie rot seine Haut auch wurde, es verschwand nicht, wurde nicht blasser. Ließ ihn nicht los. "Verschwinde doch endlich! Verschwinde!" schluchzte er unter Tränen. Schrubbte gnadenlos über seine Beine und Arme, wie er es bereits im Krankenhaus getan hatte. Wie er es vorhin getan hatte. Und wie oft würde er es noch tun müssen, bis dieses Mal von ihm genommen werden würde? Ji-Yongs Haut war krebsrot, als er den Lappen endlich sinken ließ. Schluchzend vergrub er das Gesicht in den Händen, sein ganzer Körper zitterte und ihm war trotz des dampfenden Wassers kalt. Er sank auf die Beine, sein Kopf fiel schlaff gegen die weißen Fliesen. Er wollte, dass endlich diese Spuren von seinem Körper verschwanden, die ihn hässlich und schmutzig machten. Sie sollten verschwinden und den Schmerz, die Erinnerungen an diese schlimmen Stunden mitnehmen, auf dass sie sich nicht mehr in sein Herz fressen und ihn wahnsinnig machen konnten. Ji-Yongs Hand löste sich langsam von seinem Gesicht und wanderte unsicher zum Rand der Dusche. Sie umklammerte eine Kante und er versuchte wieder auf die Beine zu kommen. Die Welt drehte sich vor seinen Augen. Fast wollten ihn seine Beine nicht tragen, er schwankte gegen die Armaturen, doch spürte keinen Schmerz. Dann zog er den Duschvorhang zur Seite und taumelte nur aus der Dusche, hin zum Waschbecken. Dieses schmutzige Mal musste verschwinden und er wusste, wie er es entfernen konnte. Es durfte ihn nicht weiter angrinsen und jedes Mal, wenn er an sich heruntersah, neue Schmerzen in ihm auslösen, weiter sein Herz zerreißen. Einen Moment blieben seine Augen an seinem eigenen Spiegelbild hängen. Er hätte kotzen können, denn es war nicht er selbst, der ihn aus dem Spiegel anstarrte, es war der grinsende Geist seiner Verzweiflung. Dann riss er die Tür des Badezimmerschränkchens auf, kramte mit zitternden Händen nach etwas, das die Erinnerung aus ihm herausschneiden könnte. Seung-Ri war aufgeschreckt, als er die Badezimmertür zufallen hörte. Er verdrehte den Kopf, um einen Blick in den Flur erhaschen zu können, aber es hatte nur Ji-Yong sein können. Er erwartete, dass die Tür gleich wieder aufgehen würde, doch stattdessen hörte er, wie erneut das Wasser der Dusche aufgedreht wurde und Sorge stieg ihn ihm hoch. "Sagt mal... war Ji-Yong nicht erst vorhin unter der Dusche?" Die anderen, welche Seung-Ris Blick gefolgt waren, wandten ihre Augen nun betreten dem Boden zu. Vor allem Young-Bae und Seung-Hyun hatten Schwierigkeiten ihre Unruhe zu kaschieren. "Ja.", antwortete der Älteste letztlich, weigerte sich aber, Seung-Ri anzusehen. Wie sollten sie dies erklären? Sie verstanden es ja selbst kaum. Wer von ihnen könnte nachvollziehen, wie es Ji-Yong ging? Wer von ihnen konnte sich die Gedanken ihres verletzten Freundes ausmalen? Wer würde das wollen? Der Jüngste horchte weiterhin in den Flur hinein, in der Hoffnung, dass das Rauschen des Wassers bald erstarb. Aber viele Minuten lang veränderte sich nichts und die Frage, was Ji-Yong in diesem Moment durchmachte, fraß sich immer weiter in ihn hinein. Er wusste, dass er nicht die beste Person war, um sich darüber aufzuregen, wie die anderen sich verhielten, aber einfach nichts zu tun, konnte nicht die Lösung sein. Er sprang auf und lief energischer Schritte auf die Tür zu. "Ich gehe jetzt nachsehen, was er da macht." Young-Bae sah erschrocken auf und blickte dann zu Seung-Hyun, welcher den Kopf schüttelte. "Seung-Ri, ich denke nicht, dass das eine gute Idee wäre." Der Jüngere drehte sich ruckartig um und bedachte seinen Freund eines verwurfsvollen Blickes. "Ach? Und es einfach zu ignorieren und darauf zu warten, dass etwas Schlimmes passiert ist besser?" Dies war nahezu ein Schlag ins Gesicht und auch Seung-Ri schien es sogleich bewusst zu werden, da er sich die Hand vor den Mund schlug. "Entschuldige. Das wollte ich nicht sagen...ich geh jetzt fragen, ob er was braucht.", murmelte er daraufhin nur noch und war dann in Richtung Bad verschwunden. Vor der Tür angekommen wich seine Entschlossenheit der Angst. Er musste an den Blick denken, welchen Ji-Yong ihm im Krankenhaus zugeworfen hatte. Bitte, sieh mich nicht mehr so an. Er musste es schaffen, es besser zu machen, sonst würde er für immer von Albträumen geplagt werden. Leise klopfte er an, doch wie erwartet bekam er keine Antwort. Nach dem dritten Versuch war er mehr als beunruhigt. "Hyung, ich...ich bins. Seung-Ri. Ich komm jetzt rein, OK?", kündigte er unsicher an und öffnete vorsichtig die Tür. Sofort kam ihm eine gewaltige Dampfwolke entgegen, welche ihn heiß überrollte. "Was-?", stieß er halb erstrickt hervor und sah zur Dusche hinüber, in welcher zwar das Wasser lief, aber niemand duschte. Mit einem Schritt stand er mitten im Raum. "Hyung, was tust du?" Ji-Yong saß auf den Boden vor dem Waschbecken, um ihn verstreut irgendwelche Dinge. Medikamente, Haarbürsten, Haarspray. Sie schienen aus dem offen stehenden Spiegelschrank gefallen zu sein. Der Jüngere trat noch ein Stück näher heran und schreckte beinahe wieder zurück. Die Haut seines Freundes war nahezu von leuchtendem Rot. Er war durchnässt, genauso wie die die Boxershorts, die er trug. Als SeungRis Blick daran hängen blieb, erkannte er auch, was er in der Hand hielt. Seine Augen weiteten sich und für den Bruchteil einer Sekunde glaubte er, sich nicht bewegen zu können. Ji-Yong war im Begriff eine Rasierklinge auf seinen nackten Oberschenkel herunter zu senken. Wie das Badezimmerlicht darauf traf und refelktiert wurde, erwachte der Jüngere endlich. "Nicht!", rief er und stürzte auf Ji-Yong zu, um ihn von einer solchen Dummheit abzubringen. Dieser riss erschrocken den Kopf hoch, scheinbar hatte er ihn gar nicht bemerkt. Dabei senkte sich die Klinge leicht in seine Haut und zog einen Schnitt neben dem Mal, das er entfernen wollte. Seung-Ris Hände streckten sich nach ihm aus und Ji-Yong wollte sie mit einem angsterfüllten Schrei abwehren. "Ah! Hyung, bitte!" Schmerz fuhr durch den Unterarm des Jüngeren. Die Klinge hatte ihn im Gerangel getroffen, doch er war entschlossen, weshalb seine Hand wieder zugriff und nun endlich das Handgelenk seines Freundes zu packen bekam. Die Panik kehrte zurück. "Nein! Lass los! Lass los!!!" Ji-Yong kam auf die Beine und versuchte sich loszureißen. Seine freie Hand schlug nach Seung-Ri, welcher es ein weiteres Mal schaffte, ihr auszuweichen und endlich die Rasierklinge zu packen bekam. Er riss sie ihm aus der Hand, erleichtert, es geschafft zu haben. Ji-Yong war außer sich. "Gib sie zurück!!! Ich brauche sie!!!" "Nein!! Hyung, sei vernünftig!" "Gib das her!!" Der Ältere hörte nicht zu. Er brüllte nur und ging auf ihn los. Seung-Ri spürte einen Schlag in die Seite, doch er blieb standhaft. Solang Ji-Yong nur ihn schlug, würde er sich nicht weiter verletzen. So konnte er es wieder gut machen. Seung-Hyun war aufgesprungen, als er die Schreie aus dem Badezimmer vernommen hatte. Das konnte alles nichts Gutes bedeuten, er würde dazwischengehen, egal was passiert war. Doch als er es betrat und auch ihm die feuchte Hitze entgegenschlug, als er sah, dass Seung-Ri das Handgelenk des anderen festhielt, dass er blutete, konnte er für einen Moment überhaupt nichts tun. Er versuchte zu verstehen, was hier gerade passiert war, konnte es aber nicht. Es dauerte zu lang, bis er erkannte, dass es in diesem Moment überhaupt keine Rolle spielte. Fragen konnte er auch hinterher noch stellen. In diesem Moment war es nur wichtig, die beiden zu trennen und dafür zu sorgen, dass Ji-Yong sich wieder beruhigte. "Stop!! Hört sofort auf!!", rief er mit fester Stimme, aus der er jedes Zittern, dass sich in seinem inneren anschleichen wollte, verbannt hatte. Seung-Ri schreckte kurz auf, als er den Älteren hörte, doch Ji-Yong zeigte keine Reaktion. Er war viel zu sehr in Rage, schlug um sich und kreischte unverständliches Zeug. Seung-Hyun dachte nicht über das nach, was er als nächstes tat. Er streckte den Arm aus, nahm Seung-Ri an der Schulter und schob ihn hinter sich, während er einen Schritt nach vorn machte und zwischen die beiden Männer trat. Er ahnte, dass er allein durch seine Stimme Ji-Yong diesmal nicht zur Ruhe bringen konnte, deswegen versuchte er es gar nicht. Er packte den Jüngeren nur an den Oberarmen und presste ihn an sich. So leid es ihn in diesem Moment tat und so sehr er diese Nähe eigentlich verhindern wollte, für diesen Augenblick ging es nicht anders. Ji-Yong musste sich beruhigen, bevor er sich selber wehtat. Wie nah er noch vor wenigen Minuten genau davor gestanden hatte, wusste Seung-Hyun nicht. Aber wenn er es geahnt hätte, wäre es ihm wahrscheinlich doch lieber gewesen, dass der Jüngere im Badezimmer Amok lief. "Seung-Ri, Handtuch!!", bellte Seung-Hyun, der alle Hände damit zu tun hatte, Ji-Yong festzuhalten. "Was... ich..." "Schnauze, HANDTUCH!!" Seung-Ri wurde aus seiner Starre gerissen und griff nach dem großen, durchnässten Handtuch, das neben ihm auf dem Boden lag. Er drückte es Seung-Hyun in die Hand und war nicht böse, dass er ihn angeschrieen hatte. Beinah war er dankbar. Paralysiert in der Gegend herumzustehen, wenn er doch eigentlich helfen wollte, war nicht besonders hilfreich. Warum wurde ihm seine einzige Chance, sich von dem Schmutz, dem Beweis für seine Schande zu trennen, genommen? Er hätte nur einige Sekunden mehr gebraucht, dann wäre es verschwunden gewesen. Dann wäre er endlich erlöst. Ji-Yongs verwirrter Geist war nur von diesem einen Wunsch erfüllt. Er musste die Klinge wieder in seinen Besitz bringen. Koste es, was es wolle. Dass er dabei völlig durchdrehte, nahm er kaum bewusst wahr. Um ihn herum befanden sich Dampf und Schatten. Und als Seung-Hyun ihn packte, ihn einfing, da erkannte er ihn nicht. "Lass mich frei!!!!! Geh weg!!!!!!!!!" Ji-Yong kämpfte, wehrte sich. Trat nach dem Älteren, schlug gegen seine Brust. Aber es nützte nichts, dieser blieb standhaft. Nur für eine Sekunde ließ er von ihm ab, doch die Zeit genügte nicht, um zu er fliehen konnte. Ji-Yong spürte wie das nasse Handtuch fest um ihn gelegt wurde. Seung-Hyun schnürte ihn regelrecht darin ein, sodass er kaum noch ausreichend Bewegungsfreiheit hatte, um mehr zu tun, als zu zucken und mit den Beinen zu strampeln. "Seung-Ri, aus dem Weg!" Der Jüngere riss die Badtür soweit auf, wie es ging, dann trat er bei Seite, um Seung-Hyun hindurch gehen zu lassen, welcher ihren schreienden Leader hochgehoben hatte und ihn nun fest an sich gepresst hielt. Als er Ji-Yong in den Flur hinaustrug, schien dessen Panik ihre nächste Stufen zu erreichen. Er begann zu weinen, zu flehen, dass er ihn gehen lassen sollte. Seung-Hyun aber war unerbittlich, auch wenn es ihm das Herz brach. Natürlich standen auch Dae-Sung und Young-Bae im Gang und schafften es gerade so, den Tritten Ji-Yongs auszuweichen. Sofort folgte Dae-Sung ihrem Ältesten. Dieser würde vielleicht Hilfe brauchen. Young-Bae wiederum machte sich mehr Sorgen darum, wo Seung-Ri abgeblieben war. Schnellen Schrittes trat er ins Badezimmer und fand diesen dort stumm weinend auf dem Boden sitzen. Der Ältere stellte die immer noch laufende Dusche endlich ab und hockte sich vor ihn. Gerade wollte er seine Hand nach dem von Trauer und Schmerz geprägten Gesicht ausstrecken, als ihm auffiel, dass Seung-Ri eine Hand auf seinen Unterarm presste. "Was ist hier passiert? Warum ist Ji-Yong ausgerastet?" "Hyung...", presste sein Gegenüber unter Tränen hervor. Er hob die Hand vom Arm, Blut quoll darunter hervor und tropfte auf den Boden. Zwischen den Finger hielt er die ebenfalls von Blut verschmierte Rasierklinge. "Er...er wollte sich schneiden. Am Oberschenkel...ich weiß nicht, warum...aber ich musste doch etwas tun..." Young-Bae betrachtete seinen Gegenüber ganz genau. Er war unruhig, sein Blick unstet, er konnte sich an nichts festhalten, er konnte ihm nicht in die Augen blicken. Seine Hände zitterten und fast hätte er die blutige Klinge fallen gelassen, aber er hielt sie wie etwas, dass ihn davor bewahrte, den Verstand zu verlieren. "Ich habe ihn abgehalten... er hätte sich sonst verletzt. Das hätte ich mir... hätte ich mir nicht verzeihen können und jetzt... ist schon wieder so ein Unglück... es ist schon wieder passiert und ich bin Schuld..." Seung-Ri atmete tief ein, seine Stimme vibrierte von unterdrückten Schluchzern, dann ließ er den Kopf sinken, als hätte er keine Kraft mehr, ihn zu halten. Young-Bae sank auf die Knie und rutschte ein bisschen näher an seinen Freund heran, dann legte er die Hand auf seine tränenfeuchte Wange, wischte sie trocken und streichelte sie zärtlich. "Sag so etwas nicht", bat er ihn und auch seine Stimme zitterte leicht. Er hasste es, den Geliebten so leiden zu sehen, er hasste diese gesamte verdammte Situation. "Das Ganze ist nicht deine Schuld, wirklich. Das darfst du nicht denken. Es ist gut, was du gemacht hast. Ich will mir wirklich nicht vorstellen, was ansonsten passiert wäre!" Seung-Ri hob langsam den Kopf und Young-Bae zwang sich zu einem Lächeln von dem er hoffte, dass es beruhigend wirken würde, aber da war er sich nicht so sicher. Der Jüngere wollte es erwiedern, doch es blieb bei einem Versuch. Er konnte einfach nicht erfassen, was erneut geschehen war. Young-Bae hatte recht. Es war nicht seine Schuld, er hatte Ji-Yong doch helfen müssen. Seung-Ri kämpfte innerlich mit sich, um die Überzeugung seines Freundes teilen zu können. Aber es verblieb diese leise Stimme in ihm, welche ihn daran erinnerte, dass er es besser hätte tun müssen. Auf eine Art, die ihren Leader nicht dazu gebracht hätte, sich zu vergessen. Diesen Weg jedoch gab es überhaupt nicht und darüber konnte er sich nicht bewusst werden. Während sein geliebter Freund sich all diese Gedanken machte, betrachtete Young-Bae mit zunehmendem Unbehagen die Wunde an seinem Arm, die noch immer leicht blutete. Der Schnitt musste tief sein. Er stand auf und schnappte sich eines der kleinren Handtücher, um es fest um den verletzten Arm zu binden. Seung-Ri zuckte schmerzerfüllt zusammen. "Hyung, was machst du?" "Wir werden jetzt zum Arzt fahren." Verwirrt ließ sich der Jüngere auf die Beine ziehen. Sogleich hielt er sich an seinem Freund fest. Ihm war schwindelig. Young-Baes Hand griff nach der seinen und entnahm ihr endlich die Rasierklinge. Sie noch länger zwischen den zitternden Fingern zu sehen, hätte er nicht über sich gebracht. Mit einem gezielten Wurf ließ er sie im Mülleimer verschwinden und zog Seung-Ri in den Flur hinaus. "Der Schnitt muss genäht werden." "Meinst du?" "Ja. Jetzt komm." Er wollte nur noch hier raus. Nichts lieber als mit Seung-Ri nur für eine halbe Stunde verschwinden. Young-Bae half dem Jüngeren gerade in dessen Schuhe, als Dae-Sung zu ihnen stieß, welcher sehr abgekämpft wirkte. Sorgenvoll betrachtete er Seung-Ri und stutze bei dem Handtuch um seinen Arm. "Wo geht ihr hin?" "Zum Arzt. Ji-Yong hat ihn vorhin im Gerangel geschnitten." Dae-Sungs Augen weiteten sich ungläubig und blickten wieder zu Seung-Ri herüber. "Er hatte eine Rasierklinge und Seung-Ri meinte, er wollte sich am Oberschenkel schneiden. Das sagst du am besten Seung-Hyun...vielleicht hat er sich ja verletzt." Letzteres sprach er unsicher aus. Es würde nicht einfach werden Ji-Yong in seinem Zustand zu untersuchen, aber sie konnten dies auch nicht einfach ignorieren. "W-wie geht es Ji-Yong?", fragte Seung-Ri nun leise und seine Augen lagen flehend auf Dae-Sung. Flehend nach einer guten Antwort. Aber der Ältere schüttelte nur den Kopf und schwieg. Ji-Yongs hilfloses Wimmern, welches zu ihnen herüberwehte, ersparte ihm jedes Wort. Seung-Hyun hatte seinen strampelnden und schreienden Freund durch den kleinen Flur in ihr Zimmer getragen und dann so vorsichtig, wie es unter diesen Umständen ging, auf sein Bett gelegt. Er nahm schnell Abstand, versuchte aber dennoch den anderen irgendwie zu fixieren, damit keiner von ihnen sich verletzte. Er musste Ji-Yong wieder ruhigstellen, aber wusste nicht, wie. Die einzige Idee, die er hatte, war, sich den anderen einfach austoben zu lassen, aber das erschien ih micht die beste Lösung zu sein. Ji-Yongs Augen waren tränenverschleiert und er wand sich noch immer wild unter dem festen Griff des anderen. "Lass mich los, lass mich verdammt nochmal los!", kreischte er. Es klang wild und hysterisch und Seung-Hyun zerriss es bei diesen Worten das Herz, obgleich er wusste, dass sie gegen einen unsichtbaren Peiniger gerichtet waren und nicht gegen ihn. Gerne wäre er dem Wunsch seines Freundes nachgekommen, aber er konnte nicht zulassen, dass er sich etwas tat. Solangeer noch so in Rage war, musste er ihn einfach festhalten. "Ji-Yong, bitte sieh mich an" Seung-Hyun versuchte seine Stimme sanft, aber eindringlich klingen zu lassen, doch er hörte sie selbst kaum, da Ji-Yong angefangen hatte zu brüllen. Laut und hoch. es klingelte in seinen Ohren und er wusste nicht, wie er es beenden sollte. Im Türrahmen stand Dae-Sung und betrachtete die Szene, ohne sich rühren zu können. Viel zu geschockt vom Verhalten ihres Leaders. Und selbst wenn er gekonnt hätte, er hätte nicht gewusst, was zu tun wäre. Dabei wollte er doch helfen. Langsam ebbte Ji-Yongs Stimme allerdings ab, bis es nur noch ein Wimmern war. Nun hatte doch die Erschöpfung gesiegt und so hörten auch seine Beine auf, wild um sich zu treten. Tränen liefen aus seinen Augenwinkeln und Seung-Hyun wagte es schließlich, seinen Griff zu lösen und den Freund aus dem nassen Handtuch zu befreien, das noch immer seine Bewegungsfreiheit einschränkte. Ji-Yong rollte sich auf die Seite, weinend, schluchzend und zog die Beine an. Seung-Hyun konnte nicht mehr tun, als eine Decke über ihm auszubreiten, damit sein Freund nicht fror. Wieder einmal fühlte er sich sehr hilflos. Der Ältere taumelte ein Stück, als könnte er sich nicht mehr auf den Beinen halten, doch es ging noch. Er schloss die Augen für einen kurzen Moment und besann sich wieder. Es war jetzt vorbei. Er hatte es geschafft. "Hyung?" Dae-Sungs Stimme tauchte neben ihm auf. Dieser war zurückgekommen und hatte ihn am Arm gepackt, als er sah, wie sehr sein Freund schwankte. Seung-Hyun schien noch immer gefangen in dem eben Geschehenen, sodass er ihn mit sanfter Gewalt in Richtung Tür zog. "Komm, wir gehen in die Küche." "Ja.", war die atemlose Antwort, die ihm gegeben wurde. Sie ließen die Türen ein Stück geöffnet, um hören zu können, wenn Ji-Yong ihre Hilfe bräuchte. Aber beide glaubten nicht daran, dass dieser sie rufen würde. Dies würde er jetzt wahrscheinlich eine lange Zeit nicht mehr tun. Dae-Sung kochte ihnen einen Tee und setzte sich dann zu Seung-Hyun an den Esstisch, welcher Gedankenversunken in seine Tasse starrte, ohne sie anzurühren. Dabei bemerkte er, wie still es in der Wohnung war. "Was ist mit Seung-Ri und Young-Bae? Seung-Ri war verletzt." "Sie sind zum Arzt gefahren. Young-Bae meint, dass der Schnitt genäht werden muss." "Oh..." In dem Kopf des Ältesten tauchte wieder verschwommen das Bild der Szene im Badezimmer auf. Es war grauenvoll mit anzusehen gewesen und wenn sie nichts unternahmen, würde Seung-Ri bald ebenfalls ein nervliches Wrack sein. Seung-Hyun war so unendlich dankbar dafür, dass der Jüngste Young-Bae hatte, welcher sich um ihm kümmern würde. Und er war ebenfalls froh, dass Dae-Sung hier bei ihm war. Sein Freund schien eine solche Kraft und Ruhe auszustrahlen, welche es sogar schaffte, ihn wieder aufzurichten. Aber in Dae-Sungs Innerem sah es nicht ganz so gelassen aus. Unsicher blickte er zu dem anderen herüber und nahm einen Schluck aus seiner Tasse. "Ich muss dir noch was sagen." Er schluckte und begann nervös mit dem Gefäß in seinen Händen zu spielen. Das, was Seung-Ri gesehen haben sollte, schockierte ihn unglaublich. Und es würde auch Seung-Hyun aus der Bahn werfen. "Young-Bae hat gesagt, dass Seung-Ri ihm erzählt hat, dass Ji-Yong eine Rasierklinge in der Hand hatte, als er ins Bad kam." Der Ältere merkte auf. Dies war zumindest eine Erklärung für den Schnitt am Arm ihres Jüngsten. Aber... "Warum-" "Seung-Ri meinte wohl, er hat sich am Oberschenkel schneiden wollen...oder hat es schon getan." "Am Oberschenkel..." "Ich denke, wir sollten sicher gehen und nachsehen." Seung-Hyun stieß den Atem schwer aus. Die Vorstellung war unangenehm. Ji-Yong hatte sich eben erst beruhigt, wie sollten sie das anstellen? Er spürte Dae-Sungs Hand auf seinem Oberarm. "Warten wir noch ein bisschen." Der Ältere nickte. Er bemühte sich, ruhig zu sitzen und abzuwarten. Zwang sich, langsam seine Tasse zu leeren, um Ji-Yong Zeit zu geben, sich zu beruhigen. Und eigentlich wusste er, dass auch er selbst diese Zeit mehr als nötig gehabt hätte, aber die Sorgen zwangen ihn, schon nach kurzer Zeit wieder aufzustehen und den schweren Gang in ihr Schlafzimmer anzutreten. "Bist du sicher, dass du das hinbekommst?" Seung-Hyun nickte. Er würde nachschauen müssen, wenn er jemals wieder ein wenig Ruhe und vielleicht sogar so etwas wie Sicherheit haben wollte. "Ich pack das." Dae-Sung blieb dicht hinter ihm, um einzugreifen, falls es nötig werden sollte, versuchte aber gleichzeitig, dem Älteren nicht auf die Pelle zu rücken. Ji-Yong hatte sich nicht bewegt, er lag noch immer in Embryonalhaltung auf dem Bett und obwohl mitlerweile auch das Wimmern abgeklungen war, zitterten seine Schultern unter tonlosem Weinen. Seung-Hyun ließ sich vor dem Bett in die Hocke sinken, langsam, peinlich darauf bedacht, den anderen nicht zu erschrecken und einen neuen Ausbruch zu riskieren. "Ji-Yonga...?", fragte er leise und wartete auf eine Reaktion. Die Augen des Angesprochenen öffneten sich, schienen aber durch den Älteren hindurchzublicken."Ji-Yong, ich möchte nachsehen, ob du verletzt bist, lässt du mich?" Natürlich erhielt er auf diese Frage keine Antwort, aber das hätte ihn zugegebenermaßen auch sehr überrascht. Er hatte nur Angst davor, Ji-Yong zu berühren, ohne es vorher anzukündigen. Die Augen seines Freundes begannen hektisch hin- und herzuhuschen, als er die Hand ausstreckte, um die Decke beiseite zu schlagen und er krallte sich fest in den bunten Bezug. "Bitte, Ji-Yong, es ist mir sehr wichtig." Er erwartete fast, dass Ji-Yong anfangen würde zu schreien, als er seine Beine freilegte, aber das geschah nicht. Jedoch war nicht zu übersehen, wie panisch dieser wurde und so beeilte er sich mit seiner Inspektion. Blut konnte er zu seiner Erleichterung nicht entdecken, aber ein großer rotvioletter Fleck grinste ihn von dem schmalen, zitternden Oberschenkel seines Freundes an. Er konnte ihn nicht ganz sehen, da Ji-Yong seine Beine fest zusammengepresst hatte, aber das brauchte er auch nicht, um zu wissen, woher er kam. Nun war ihm klar, was Ji-Yong mit der Rasierklinge gewollt hatte und er war so bestürzt über diese Tatsache, dass er fast vergaß, dass seine Augen noch immer auf die nackten Beine des Jüngeren geheftet waren. Schnell deckte er ihn wieder zu. In Ji-Yongs Gesicht stand die Panik und sein Atem ging schnell, aber noch schien er sich unter Kontrolle zu haben und Seung-Hyun war sehr froh darüber. Er wusste nicht, ob seine Kraft ausgereicht hätte, eine weitere Panikattacke seines Freundes zu überstehen. Von seiner Psyche ganz zu schweigen. " Siehst du, ich bin schon fertig." Er lächelte und unter anderen Umständen hätte er Ji-Yong wohl durch die Haare gestreichelt, aber er hatte schon fast gelernt, diesen Drang gar nicht mehr in sich aufkommen zu lassen. Allmählich sickerte eine Erkenntnis durch den Jüngeren hindurch in sein Bewusstsein, welches noch von Panik und Angst umschlossen war. Aber es lichtete sich, sodass er verschwommen erkennen konnte, dass es niemand anderer war als Seung-Hyun, welcher vor ihm saß und an ihm heruntersah. Ji-Yong wurde klar, was dieser untersuchte. Was dieser sehen würde. Doch als er völlig zu seinem Verstand zurückkehrte, war es bereits geschehen und Seung-Hyun senkte die Decke wieder auf seine Beine. "...Nein...", wisperte er. "Sieh nicht hin....sieh nicht hin..." Die Worte brachen wie ein leiser Nachhall heiser aus ihm heraus. Es war bereits zu spät, doch er konnte sie nicht mehr aufhalten. Seung-Hyun sah ihn an, lächelte. Er lächelte, obwohl er es gesehen hatte. Wie konnte er? Seine Schande war so groß, er wollte man liebsten verschwinden. Für immer. Ji-Yong schob seine Hände vor sein Gesicht und begann erneut heftig zu weinen. Wo all diese Tränen ihre Quelle hatten, konnte er nicht sagen, aber sie kamen ihm einfach so und er musste sie fließen lassen, sonst würde er zerspringen. "Sieh mich nicht an!", presste er lauter hervor und rollte sich noch weiter zusammen. Der Ältere fühlte wie sich seine Brust zusammenzog, als sich das Gesicht seinen Freundes verzerrte und er sich wieder zu verstecken suchte. In der Sekunde, in welcher Ji-Yong ihm verbat, ihn anzusehen, hatte er das Gefühl, sein Herz würde still stehen bleiben. Und es würde nie mehr weiterschlagen können. Kapitel 20: Baby, Good Night ---------------------------- Unbewusst rückte er näher an das Bett. Er wollte nicht glauben, was er gehört hatte. "Ji-Yong, das kannst du nicht ernst meinen..." Er bewegte nur die Lippen, aber kein Ton kam heraus. Mit jeder Minute begann seine Psyche mehr zu bröckeln und er hatte große Angst, bald mit all dem hier einfach nicht mehr umgehen zu können, da er nicht wusste, wie. Abstand war wohl das Zauberwort, aber den hatte er nicht und wo sollte er ihn hernehmen. Immerhin ging es hier nicht um irgendeinen Kumpel, sondern um seinen besten Freund. Den Menschen, den er liebte. "Hyung, vielleicht sollten wir..." Dae-Sung war von hinten an ihn herangetreten und hatte die Hand auf seine Schulter gelegt. Ja, Ji-Yong alleine lassen. Wenigstens körperlich ein bisschen Abstand schaffen. "Danke", murmelte er, aber auch das hörte man kaum. "Der Schnitt sieht tiefer aus, als er ist. Ich kann Sie beruhigen, wir müssen das nicht nähen." Der Arzt lächelte ein gemütliches, vertrauenerweckendes Lächeln, das in keinster Weise zeigte, wie sehr ihn die beiden verstörten Männer, die Arm in Arm in seine Praxis gekommen waren, durcheinander gebracht hatten. Der Arm des Jüngeren der beiden war mit Blut beschmiert gewesen, das von einer recht tiefen, aber ungefährlichen Schnittwunde herrührte. Während er die Verletzung untersuchte, hatte der andere den Arm um seinen Partienten gelegt und leise beruhigend auf ihn eingeredet. Er hatte von dem Gespräch nichts mitbekommen, aber es ging ihn auch nichts an. Das sollte es zumindest nicht, aber er musste sich eingestehen, dass seine Neugier geweckt worden war und er versuchte sich auszumalen, was hier passiert war. Das Einzige, was er mit Sicherheit wusste, war, dass der Schnitt von einer Rasierklinge herrührte. Nun nahm er sich die neu angelegte Krankenakte, um sich ein paar Notizen zu machen und rief die Schwester, damit sie Seung-Ris Arm versorgen sollte. Seung-Ri hatte den Kopf auf die Schulter seines älteren Freundes gelegt und ließ sich von ihm den Nacken kraulen. Was die Schwester mit seinem Arm anstellte, nahm er fast nicht wahr, nur als sie die Wunde mit Desinfektionsmittel auswusch, schreckte er kurz auf und zog die Luft zwischen den Zähnen ein. Dann schloss sie den Schnitt mit zwei Heftplastern, drückte eine Mullbinde mit Jodsalbe darauf und wickelte einen dünnen Verband darum. Sie sagte etwas, aber Seung-Ri hörte es kaum. Irgendetwas mit "waschen und wechseln", vielleicht würde Young-Bae sich das Gerede merken können, seine eigenen Gedanken verweilten immernoch in dem von Dampf efüllten Badezimmer ihrer Wohnung und er fragte sich, ob er nicht doch einen Fehler begangen hatte. Young-Bae war sich nicht einmal sicher, ob der Jüngere ihm überhaupt zuhörte. Scheinbar lagen seine Gedanken an dem Ort, den sie hinter sich gelassen hatten und auch er selbst konnte die Sorge nicht ganz zurückdrängen. Er hoffte, dass Dae-Sung und Seung-Hyun es schaffen würden. Als Seung-Ri bei der Desinfektion aufschreckte, war ihm ein ähnlicher Schock durch die Glieder gefahren und er hatte seinen Griff um dessen Schulter noch einmal gefestigt. Nachdem er den Anweisungen der Schwester so gut es ging gelauscht hatte, bedankte und verabschiedete er sich für sie beide. Seung-Ri sagte kein Wort. Und auch auf der Taxifahrt gab er keinen Laut von sich. "Könnten Sie da vorn anhalten? Wir steigen schon früher aus." Erst als der Ältere diesen unerwarteten Wunsch äußerte, erwachte Seung-Ri wieder aus seinem Gedankengefängnis und betrachtete ihn argwöhnisch. Seine Hand packte dessen Arm. "Hyung, wir sind doch noch gar nicht zu hause." Young-Bae bedachte ihn mit einem sanften Blick. "Ich weiß, aber ich möchte ein bisschen mit dir spazieren gehen." Trotz des beruhigenden Tonfalls blieb der Jüngere skeptisch und fiel beim Laufen etwas hinter seinem Freund zurück, nachdem sie ausgestiegen waren. Von diesem Punkt aus würden sie fast eine viertel Stunde bis nach hause brauchen. Ohne ein Gespräch zu führen vebrachten sie wenige Minuten, dann reichte es ihm und er ließ sich auf eine Bank am Wegesrand fallen. "Jetzt sag schon." Young-Bae wandte sich um und kam langsam auf ihn zu. "Was?" "Sag es schon. Du willst doch irgendwas mit mir besprechen." Der Ältere lächelte schmerzlich. Er war durchschaut worden. Vorsichtig ließ er sich neben seinem süßen Freund nieder, welcher ihn nicht ansah und seinen verletzten Arm dicht an den Körper gepresst hielt. Es tat ihm weh, dies zu sehen und zusätzlich, die dünnen Narben an dessen Händen und der rote Striemen, der auf seiner Wange übrig geblieben war. Dies alles tat so weh. "Hör zu, ich habe... eine Bitte." "Bitte?" "Ich möchte, dass du aus dem Apartment ausziehst." Gespannte Stille. Young-Baes Augen wanderten zum Gesicht seines Freundes und er beobachtete, wie dessen Züge allmählich entglitten. Diese Bitte hätte er nicht vorhersehen können und niemals hätte er sie auch nur erwartet. Ausziehen? Er? Seung-Ri schluckte schwer, während seine Finger sich in den Stoff seiner Jacke krallten. So viele Gedanken schossen ihm durch den Kopf und keiner davon hatte etwas Gutes an sich. "I-ich soll gehen?" Bestürzt bemerkte der Ältere, wie sich ein hoffnungsloses Lächeln auf Seung-Ris Lippen abzuzeichnen begann. Sofort legte er ihm eine Hand fest auf die Schulter und zwang diesen, ihn anzusehen. "Du darfst das nicht falsch verstehen. Ich will nicht, dass du gehst." "Und warum bittest du mich dann darum?" Sein Gegenüber schürzte in Erklärungsnot die Lippen und mit dieser Geste bestätigte sich seine Vermutung. "Ich weiß schon...weil ich schlecht für Ji-Yong bin, weil ich-" "Nein! Das ist nicht der Grund, bitte glaub mir." "Und worum geht es dann?!" Seung-Ri riss sich von seinem Freund los und erhob sich. Seine Augen blickten verbissen und furchtsam auf den Älteren herab. Auch Young-Bae stand auf, versuchte wieder seinen Arm um die Schultern des Jüngeren zu legen, aber dieser wehrte sich gegen die Berührung. "Hör zu..." Er stockte und seine Augen suchten unruhig nach einem Punkt, an dem sie sich festhalten konnten. "Ich möchte einfach nicht, dass du wieder verletzt wirst." Für einen Moment wich alle Ablehnung aus Seung-Ris Blick und wurde durch Verwunderung ersetzt, aber es hielt nicht lange genug an, dass Young-Bae weitere Erklärungen anfügen konnte. Trotzig verschränkte der Jüngere die Arme vor der Brust, wobei er den Schmerz, der ihn durchflammte, ignorierte, als er gegen die Wunde stieß und starrte zur Straße. Young-Bae konnte sagen was er wollte, er würde sicher nicht ausziehen. Selbst wenn er dabei noch Tausende Male verletzt werden würde, es war seine verdammte Pflicht bei seinen Freunden zu bleiben und alles in seiner Macht stehende zu tun, um ihnen zu helfen. Vor allem, um Ji-Yong zu helfen. Er trug schon jetzt genug Schuldgefühle mit sich herum, eine Flucht - denn genau das würde es sein - könnte das alles niemals besser machen, würde ihn nur in den Wahnsinn treiben. "Ich sehe doch, dass es dir dort nicht gut geht", setzte Young-Bae schließlich erneut an, "Glaubst du mir denn nicht, dass ich dir nur helfen will?" Seung-Ri presste die Lippen aufeinander und blickte immer noch in die andere Richtung, während den Älteren langsam die Hilflosigkeit überkam. Er hatte nur dem Bedürfnis nachgegeben, den geliebten Menschen schützen zu wollen und damit alles noch unerträglicher gemacht. Seung-Ri war sauer auf ihn und natürlich konnte er es auch nachvollziehen. Er hätte es noch vorsichtiger angehen müssen, doch nun war es dafür zu spät. Er konnte nur noch retten, was noch zu retten war. Aber er wusste nicht, wie. "Seung-Riya, bitte sag doch was..." "Ich ziehe nicht aus!" Es war nur gemurmelt, aber es war eine Antwort und Young-Bae fühlte ein wenig Erleichterung in sich. Tief Luft holend versuchte er neue Worte zu finden, die besser waren, als die Alten. Der Jüngere hatte seine Entscheidung getroffen und er konnte ihn nicht zwingen, zu gehen. Dies war auch nicht sein Wille. Nach einem neuen Ansatz suchend kratzte Young-Bae sich am Kopf und bemerkte dabei nicht, wie Seung-Ri sich ihm wieder leicht zuwandte und ihn beobachtete. Er bemerkte, wie verzeifelt ernst es dem Älteren war, aber das konnte dieser nicht von ihm verlangen. Und außerdem wollte er nicht von Young-Bae getrennt sein. "Du verstehst es doch, oder?", fragte er kleinlaut und sah ihn mit etwas Hoffnung an. Sein Gegenüber blickte auf und nickte schwermütig. "Natürlich...er ist dein großer Bruder. Das weiß ich doch." "Genau." "Na gut, darf ich dich dann um einen Gefallen bitten?" Erwartung sprach aus dem Gesicht des Jüngeren. "Bitte versprich mir, dass du nicht mehr zu Ji-Yong gehen wirst. Ich weiß, du willst ihm helfen, aber er darf dir nicht weh tun. Wenn etwas sein sollte, halte dich von ihm fern und ruf uns. Lass dich nicht wieder ganz allein mit ihm ein. Und geh nicht in unser Zimmer. "Aber Hyung-" "Ich bitte dich inständig. Wenn du willst auch auf den Knien." Seung-Ri blickte zweifelnd und Young-Bae spürte, dass dieser ihm ein solches Versprechen nicht geben wollte. Obwohl es doch so wichtig für ihn war. Langsam ging er auf seinen Freund zu und legte ihm eine Hand auf die Wange. Es gab noch einen anderen Grund, aus dem es wichtig war, dass er sich fernhielt. "Wenn du es nicht für dich tun willst, tu es für Ji-Yong." "Wie meinst du das?" "Immer, wenn er dir weh tut, passiert dies in einem Moment, in dem er nicht zurechnungsfähig ist, aber...das wird er nie als Entschuldigung für sein Verhalten akzeptieren. Er wird sich wieder daran erinnern, was er getan hat und dann wirst du ihm tausend Mal verzeihen können, er wird sich selbst nicht verzeihen. Er wird sich für immer schuldig fühlen und dir nie wieder in die Augen sehen. Willst du das?" Die letzten Worte trafen Seung-Ri wie ein Schlag in die Magengrube und er verstand, wie egoistisch sein Wunsch gewesen war. In diesem Moment war er seinem Freund unglaublich dankbar, dass dieser sich einen gewissen Abstand und somit einen Überblick über ihre Situation bewahrt hatte. Er senkte den Kopf und trat einen kleinen Schritt auf Young-Bae zu, legte die Hand auf seine Brust. "Du hast recht...", flüsterte er schließlich, woraufhin der Ältere ihn noch enger an sich zog. Young-Bae spürte Erleichterung darüber, dass sein Freund scheinbar eingesehen hatte, was ihm so wichtig war und dass sie dem Streit entgangen waren, den er schon am Horizont hatte wüten sehen, während Seung-Ri seinerseits immer noch versuchte, seine Gedanken zu ordnen. Es fiel ihm schwer, alles aus angemessener Entfernung zu betrachten, er steckte mit vollem Herzen in diesen Schwierigkeiten und er wollte seinem großen Bruder unbedingt helfen. Aber Young-Bae hatte natürlich recht: am meisten würde es Ji-Yong helfen, wenn er ihm nicht zu nahe käme. Die Erkenntnis schmerzte, aber sie nahm auf eine gewisse Weise auch eine Last von ihm. Tränen standen ihm in den Augen, doch Seung-Ri versuchte sie hinunterzuschlucken. Versuchte sie zu verstecken, indem er sein Gesicht in das Oberteil des Freundes grub. Die Nähe zu Young-Bae half ihm, sich wieder zu beruhigen, Fassung zu bewahren, auch wenn er sich fühlte, als könnte er jeden Moment zusammenbrechen. Da nicht viele Menschen in dieser Gegend zu Gange waren, wagte Young-Bae es, nachdem er spürte, wie sich sein süßer Freund wieder beruhigt hatte, diesen lang und innig zu küssen, bevor sie sich auf den Heimweg machten. Es tat wirklich gut, völlig in Ruhe nebeneinander herzugehen und etwas Luft zwischen sich und ihre Sorgen zu bringen. Nur auf diesem Wege konnte er wieder Kraft schöpfen und Seung-Ri etwas vertrauen in sich selbst. "Wenn wir zu hause sind, bastele ich dir eine Schlinge für deinen Arm." Der Jüngere hielt den Arm mit der Schnittwunde weiterhin an sich gepresst, da er schmerzlich pochte, wenn er locker ließ. Deshalb nickte er auch mehr als dankbar auf das Angebot hin und ließ sich von Young-Bae sanft durchs Haar streicheln. Wieder am Apartment angekommen betrat der Ältere als Erster den Flur und lauschte. Es war nichts zu hören. Kein Schreien, kein Wimmern, kein Weinen. Erleichtert winkte er Seung-Ri herein und streifte sich die Schuhe von den Füßen. "Hyung, ihr seid wieder da. Was hat der Arzt gesagt?" Young-Bae sprang beinahe einen halben Meter in die Höhe vor Schreck. Dae-Sung war unangekündigt hinter ihm aus ihrem Zimmer getreten. Schnell atmend wandte er sich ihm zu. "Erschreck mich nicht so." "Oh...tschuldige. Aber was ist denn nun?" "Es ist OK. Der Schnitt musste nicht genäht werden.", antwortete Seung-Ri nun endlich einmal wieder für sich selbst und fühlte sich sogleich ein bisschen besser. Young-Bae betrachtete ihn lächelnd von der Seite, aber ihnen blieb nicht viel Zeit, das Gespräch über den Arztbesuch zu vertiefen. Seung-Hyun tauchte hinter Dae-Sung auf und bat sie, in die Küche zu kommen. Langsam aber sicher hatten sie alle das Gefühl, dies wäre ihr Krisenzentrum. Nach einem kurzen Bericht über den Besuch beim Arzt wollten aber auch die beiden Heimgekehrten ihre Sorge kund tun und fragten nach Ji-Yongs Zustand. Seung-Hyun musste daraufhin seufzen. "Er hat sich beruhigt und ist nicht noch mal ausgeflippt." "Aber, das ist doch gut.", meinte ihr Jüngster kleinlaut und ohne jemanden anzusehen. In diesem Moment überlegte sich Seung-Hyun sehr genau, wie er antworten sollte. Ein falsches Wort und er würde eine weitere Katastrophe heraufbeschwören. "Ja, das ist gut. Aber diese Sache mit der Rasierklinge...das lässt mir keine Ruhe." "Hat er sich verletzt?", fragte Young-Bae, aber zu seiner Erleichterung schüttelten Dae-Sung und Seung-Hyun gemeinsam den Kopf. "Es ist etwas anderes. Er wollte sich nicht einfach nur schneiden...er..." Er konnte nicht aussprechen, was er vermutete. Dies alles ging einfach über seine Begreifen hinaus und so verstummte er. Dae-Sung ergriff stattdessen das Wort. "Seung-Hyun Hyung hat auf Ji-Yongs Oberschenkel ein...Mal entdeckt." "Ein Mal? Wie?" "Wir vermuten dass es ein...Knutschfleck ist." "Ein... aber oh Gott, das ist schrecklich! Seid ihr euch sicher? Und ihr meint dass... mit der Rasierklinge..." Seung-Ri stocke. Die Vorstellung, die sich noch während er sprach in seinem Kopf festsetzte, war einfach zu grauenhaft. "Kein Wunder, dass er es... entfernen wollte..." Auch Young-Bae war von dem Gedanken sichtlich schockiert. "Es ist schwer zu begreifen, aber vielleicht doch nicht so schwer, wie man im ersten Moment denkt." Young-Bae schüttelte den Kopf. Langsam und ohne eine bestimmte Absicht. "Und Seung-Ri...", ergriff Seung-Hyun wieder das Wort. Er wartete, bis der Jüngste den Kopf hob und ihn ansah, ehe er weitersprach. "Danke, dass du eingegriffen hast. Ansonsten wäre... ansonsten..." Er konnte nicht mehr weitersprechen, aber sein Gegenüber wusste, was gemeint war und ein dankbarer Ausdruck breitete sich auf seinem Gesicht aus. Es tat gut, dies auch von Seung-Hyun zu hören. Er hatte ein wenig Angst davor gehabt, wieder Vorwürfe von dem Älteren hören zu müssen und er war froh, dass er sich diese Sorgen umsonst gemacht hatte. Einige Minuten herrschte Stille in der kleinen Küche, dann meldete sich Dae-Sung wieder zu Wort. "Und wie wollen wir jetzt weitermachen? Ich meine... es ist schlimm, das zu sagen, aber das wird sicher nicht das letzte Mal bleiben, dass Ji-Yong ausgerastet ist." In allen Augenpaaren war zu erkennen, dass sie das wussten, aber auch die Hilflosigkeit und die Angst davor, mit ihrem Freund nicht richtig umgehen zu können. "Wir müssen aufpassen", sagte Seung-Hyun, "Wir müssen aufpassen, dass so etwas wie heute nicht noch einmal passiert. Wir dürfen Ji-Yong nicht bedrängen, aber es ist wichtig, dass wir ein Auge auf ihn haben, damit er sich nicht wieder verletzt. Das könnte ich mir nie verzeihen und ich weiß, dass es euch da nicht anders geht." Die anderen nickten zustimmend. "Und sollte jemand etwas bemerken..." Seung-Hyun machte eine kleine Pause und atmete tief durch. "Bitte sagt mir bescheid, bevor ihr selbst etwas tut. Ich möchte nicht vermessen klingen, aber ich denke, ich bin der Einzige, der noch irgendwie Zugang zu Ji-Yong hat." "Aber Hyung, willst du diese Last wirklich ganz alleine tragen?!" "Ich muss. Allein schon für mein Gewissen muss ich es tun." Wieder trat Schweigen zwischen sie. Sie wussten, dass Seung-Hyun alles tat, was in seiner Macht stand, um Ji-Yong zu helfen und jeder von ihnen machte sich Vorwürfe, scheinbar zu nichts fähig zu sein. Zu nichts, außer daneben zu stehen und zu zu sehen, wie das Leben beider langsam kaputt ging. Aber Seung-Ri war anderer Meinung. Er hatte etwas tun können und Seung-Hyun war ihm dankbar gewesen. Also musste es einen Sinn haben, dass sie hier mit ihm zusammen waren. Er konnte ihm helfen. Sie konnten ihm zusammen helfen. Wenn schon nicht Ji-Yong, dann doch zumindest ihrem Ältesten. Um diesem weiterhin Kraft zu geben. Die Beine seines Stuhls kratzen über den gefliesten Boden, als der Jüngste sich erhob. Aller Augen erhoben sich mit ihm und starrten ihn verwirrt und erwartungsvoll an. Seung-Ris Gesicht wirkte entschlossen. "Hyung!", sprach er mit fester Stimme und verbeugte sich leicht, während er sie Arme an seine Seiten presste, "Ich werde dich unterstützen. Du kannst dich voll und ganz auf mich verlassen." Seung-Hyuns Augen, und nicht nur die seinen, weiteten sich in Überraschung, über dieses so offiziell gestaltete Versprechen, welches ihm die Sprache verschlug. Da niemand etwas sagte, begann ihre Situation langsam peinlich zu werden, aber er wusste einfach nicht, was er erwiedern sollte. Da erhob sich plötzlich Dae-Sung und verbeugte sich auf die selbe Weise. "Ich schließe mich dem an. Meine Unterstützung hast du auch." Er konnte doch nicht ihrem Jüngsten alles überlassen. Seung-Ri hatte Recht. Zumindest soviel konnten sie tun. Seung-Hyuns Augen wanderten hilflos zu Young-Bae, doch dieser grinste ihn nur an und tat es den anderen beiden gleich. "Und meine hast du auch." Der Älteste war leicht überrumpelt. Seine drei Freunde in Verbeugung vor sich zu sehen, war ihm unangenehm. So etwas hatte er noch nie erlebt. Jetzt hatte er wirklich das Gefühl, etwas sagen zu müssen. Er wusste nicht, ob es die richtigen Worte waren, aber er würde sie aussprechen und ihnen allen versichern, dass er ihnen dankbar war. "Ich danke euch. Ohne euch würde ich das sicher nicht schaffen." Er streckte den Dreien seine Hand entgegen, woraufhin sie sich wieder aufrichteten und die ihrigen hinein legten. Es wirkte fast wie eine Zeremonie. "Gut", sprach Seung-Hyun, "Hiermit starten wir das Projekt: 'Save-GDragon'!" Die nächsten paar Tage verliefen unerwartet ruhig, wenn auch immer noch der dunkle Schatten der Geschehnisse auf ihnen lastete und er sich an manchen Stellen deutlich verdunkelte. Doch die erwartete Katastrophe brach nicht über sie herein. Seung-Hyun und Young-Bae hatten sich aus dem gemeinsamen Zimmer ausquartiert und obwohl Seung-Ri angeboten hatte, den Freund bei sich aufzunehmen, hatte dieser es ausgeschlagen und schlief nun mit dem Ältesten im Wohnzimmer. Seung-Ri war nicht böse gewesen, er hatte die Entscheidung gut nachvollziehen können. Auch wenn er sich in der Nähe Young-Baes sicher wohler gefühlt hätte, wusste er, dass es Seung-Hyun nicht gut tun würde, ganz allein auf der Couch zu schlafen. Als Seung-Hyun am ersten Morgen nach Ji-Yongs Entlassung aus dem Krankenhaus das Zimmer betrat, um nach ihm zu sehen und ihm das Frühstück hinzustellen, war das Bett erneut leer und er bemerkte, dass der Jüngere sich wieder unter dem Schreibtisch versteckt hatte. Er stellte das Tablett mit einer großen Tasse Kakao und einer Schüssel Cornflakes neben dem zerwühlten Bett ab und hockte sich in angemessenem Abstand Ji-Yong gegenüber auf den Boden. Erst jetzt konnte er seinem Freund tatsächlich ins Gesicht sehen. Es war so ausgezehrt, dass er ihn fast nicht erkannt hätte. Die Augen blickten noch immer stumpf und unter ihnen hatten sich große, dunkle Ringe gebildet. Ji-Yongs Hand, die über der Decke lag, in die er sich eingewickelt hatte, fummelte unruhig an dem Stoff herum und sein Kopf schien zu schwanken ohne sich tatsächlich zu bewegen. Ji-Yong wirkte, als hätte er die gesamte Nacht nicht geschlafen und es war erschreckend, dass dieser Gedanke gar nicht so abwegig war. Seung-Hyun wollte sich gar nicht vorstellen, was für Albträume den Jüngeren plagten, sobald er die Augen schloss. "Ji-Yonga...?" Seung-Hyun erhielt keine Antwort und er entschied fürs Erste, den Freund auch nicht weiter zu bedrängen. "Ich habe dir etas zu Essen gemacht, wenn du möchtest." Er blieb noch eine Weile hocken und wartete, ob doch noch eine Reaktion käme, aber vergeblich. Es würde noch Zeit kosten, viel Zeit. In regelmäßigen Abständen kontrollierte der Älteste den Zustand Ji-Yongs, versuchte sanft doch erfolglos mit ihm zu sprechen. U nur dass die Anderen ihn jedes Mal wieder auffingen, hielt ihn davon ab, in einem schwarzen Loch der Depression zu versinken. Seine Freunde gaben ihm Kraft und er versuchte so oft es ging, diese an Ji-Yong weiterzugeben. Und als Ji-Yong am zweiten Tag tatsächlich etwas von dem Frühstück zu sich nahm, dass Seung-Hyun ihm brachte, war es für alle fast wie ein Lottogewinn. Jedes Mal, wenn der Ältere ihn besuchte, spürte Ji-Yong sein schlechtes Gewissen irgendwo tief in sich. Es sagte ihm, er sollte endlich auf die Bemühungen antworten. Dankbar sein. Aber es reichte nicht aus, um seine Angst und Scham zu verdrängen. Er wich den Blicken seines Freundes aus, reagierte nicht auf dessen Worte. So liebevoll und stärkend sie auch waren. Die einzige Möglichkeit, um sich zu bedanken, sah er darin, ein paar Löffel Cornflakes zu sich zu nehmen, welche dieser ihm gab. Etwas von dem zu essen, was Seung-Hyun ihm gemacht hatte. Es tat gut, er konnte es spüren. Doch trotz dieses Erfolges änderte sich nichts. Sein einziges Ziel war, wach zu bleiben. Nicht dem Schlaf zu verfallen. Jedes Blinzeln konnte schreckliche Bilder heraufbeschwören. Er hatte seit drei Tagen nicht mehr geschlafen und Seung-Hyun sah es ihm an, das wusste er. Und als sich die Nacht auf sie niedersenkte und er seinen Freund wieder erfolglos zum letzten Mal an diesem Tag das Zimmer verlassen sah, blieb eine Sehnsucht in ihm. Seung-Hyun würde erst morgen wieder kommen. Erst morgen. Die Dunkelheit im Raum machte ihm keine Angst. Die hinter seinen Augenlidern jedoch trieb ihn zum Wahnsinn. Ji-Yong begann seinen Kopf in einem langsamen Rhythmus gegen die Wand hinter dem Bett fallen zu lassen. Das Wachbleiben fiel immer schwerer. Seine Augen waren so müde. Sie brannten, wollten sich schließen. Nicht einmal mehr seine Finger hatten die Kraft, sich noch weiter an der Decke festzuhalten. Leise sang er vor sich hin, versuchte an nichts zu denken. Außer an Seung-Hyun, der ihn wieder besuchen kam. Ihm das Frühstück brachte. Lächelte. Lächelte ohne angewidert zu sein. Der ihm näher kam... ihn umarmte...zärtlich küsste... Ji-Yongs Kopf fiel zur Seite, während sein Atem erflachte. Der Schlaf hatte gewonnen. Und nun begannen seine Träume. Urplötzlich erwachte Seung-Hyun. Er benötigte einen Moment um sich zu orientieren. Er war ihm Wohnzimmer auf der Couch. Es war dunkel, mitten in der Nacht. Ein Schrei hatte ihn geweckt. Oder hatte er vielleicht nur geträumt? Seung-Hyun rieb sich den Schlaf aus den Augen und versuchte, sich zu erinnern, Traum und Wirklichkeit auseinanderzuhalten. Aber das war nicht nötig, denn kurz darauf drang ein neuer Schrei an seine Ohren. Er war nicht sehr laut, aber laut genug um Besorgnis in ihm auszulösen und er erkannte diese Stimme. Es war Ji-Yong, der schrie. Mit wild klopfendem Herzen schlug Seung-Hyun die Bettdecke zur Seite und hastete in das vormals gemeinsame Zimmer. Es war dunkel, aber langsam gewöhnten sich seine Augen daran und er konnte die Umrisse seines Freundes sehen, der sich unruhig in seinem Bett hin und her wälzte und dabei ein mitleiderregenden Wimmern von sich gab. Ihn musste doch irgendwann die Müdigkeit überkommen haben und er war eingeschlafen. Und nun quälten ihn die Erinnerungen oder vielleicht noch viel schlimmere Visionen. Seung-Hyun konnte es nicht wissen, aber er wollte Ji-Yong aufwecken, um ihm diese Tortur zu ersparen. Er wollte den Freund schütteln, damit er aus seinen Albträumen erwachte, aber er wagte es kaum, nah an dessen Bett zu treten. "Ji-Yong, wach auf." Er wollte es rufen, damit er wirklich zu dem Schlafenden durchdringen konnte, aber es kam nur ein heiseres Flüstern aus seiner Kehle. Kurz schloss er die Augen, dann wiederholte er seine Worte. "Ji-Yong, du musst aufwachen, Ji-Yonga, hörst du mich?!" Seung-Hun trat nun doch näher an das Bett, ließ sich daneben in die Hocke sinken und berührte Ji-Yongs Arm. Erst jetzt sah er die Schweißtropfen auf dem ängslich verzerrten Gesicht glänzen. Er rüttelte leicht an seinem Freund, beschwor ihn aufzuwachen. Als er bemerkte, dass seine Bemühungen endlich fruchteten, dass Ji-Yongs Bewegungen ruhiger wurden und das Stöhnen leiser, zog er seine Hand sofort zurück. "Was... wo... Was ist passiert..?" Ji-Yongs Stimme war leiste und brüchig, aber Seung-Hyun hatte sie so lang schon nicht mehr gehört, dass die Worte ihm einen Schauer über den Rücken jagten. "Es ist alles gut", versuchte er den Freund zu beruhigen, "Du hattest einen Alptraum, aber jetzt ist alles gut." Seung-Hyuns zärtliche Worte erreichten sein Ohr und der Jüngere erkannte dessen sorgenvolles Gesicht durch die Dunkelheit. Noch immer rann ihm der Schweiß die Stirn herunter und er atmete schnell. Sein Freund hatte recht. Er hatten einen Albtraum gehabt. Und es schien ihm, als wäre er noch nicht vergangen. Er war eingeschlafen, ohne dass er es bemerkt hatte. Mit Schrecken stellte er fest, dass es keinen Schutz vor der Erschöpfung gab. Er würde wieder und wieder einnicken und spätestens dann, würde der gesamte Albtraum, der die Wirklichkeit war, zu ihm zurückkehren. "Hyung...", flüsterte er heise und verzweifelt, "Hyung...Hyung..." Seung-Hyuns Augen betrachteten Ji-Yong nervös. Tränen glänzten in den Seinen und sein Gesicht verzerrte sich ein weiteres Mal. "Ja, ich bin hier. Ji-Yonga...", versuchte er ihn zu beschwichtigen. Seine Hand, mit der er den Jüngeren berührt hatte, lag noch immer auf der Matratze. Im nächsten Moment wurde sie ergriffen. Beide Hände Ji-Yongs umschlossen sie bebend. Weinend zog er sie näher an sich heran und lehnte die Stirn dagegen. Der Ältere war durch den plötzlichen Körperkontakt völlig entgeistert, doch er ging nicht soweit, näher zu rücken. "Ji-Yong..." "Hyung, ich bin so müde...so schrecklich müde...." Er spürte die Tränen eines geliebten Freundes auf der Haut und Seung-Hyun war zerrissen, zwischen der Freude darüber, dass Ji-Yong ihn berührte und mit ihm sprach und den Sorgen, aufgrund seiner Albträume. Es musste grauenvoll für ihn ein, die Augen zu schließen. "Ji-Yong, ich bin hier, du kannst ruhig schlafen." Der andere schüttete energich den Kopf und weinte nur weiter. "Nein. Ich will das nicht sehen. Wenn schlafe, sehe ich es." Nun war es Seung-Hyuns Griff um Ji-Yongs Hand, wecher sich festigte. Was sollte er tun? Wie konne er ihm helfen? "Wenn ich hier bin, kann dir nichts passieren. Ich werde dich beschützen, das habe ich versprochen." Einige Sekunden lang geschah nichts, doch er vernahm, wie sein Freund sich ein wenig beruhigte. Er wusste nicht, ob er es wagen konnte, doch seine andere Hand streckte sich Ji-Yongs Kopf entgegen und legte sich darauf nieder. Nicht einmal ein Zucken seinerseits. Unbehelligt konnte er beginnen, ihm durch das weiche Haar zu streichen. "Hyung, bitte, bleib bei mir...", presste der Jüngere leise hervor. Es war wie die Erfüllung eines lang gehegten Wunsches und gleichzeitig war es unfassbar schmerzhaft, diese Worte von seinem Freund zu hören. Ohne, dass er etwas dagegen tun konnte, schossen Seung-Hyun heiße Tränen in die Augen, die seine Sicht verschwimmen ließen. Er nickte und wurde sich erst danach bewusst, dass es zu dunkel war, als dass Ji-Yong es hätte bemerkten können. Mit aller Kraft versuchte er das verräterische Zittern aus seiner Stimme zu verbannen, als er antwortete. "Natürlich bleibe ich bei dir, ich bleibe hier und beschütze dich vor allen bösen Träumen." Ji-Yong schluchzte dankbar auf, und rutschte ein Stück näher an die Bettkante heran, näher zu Seung-Hyun, aber nicht so nah, dass er ihn berührte. Doch dessen Hand hielt er immer noch fest in den seinen an seine Stirn gepresst, die andere duldete er streichelnd in seinem Haar. Seung-Hyun legte den Kopf auf die Matratze, sein Blick lag sanft auf seinem Freund, tastete dessen Gesicht durch die Dunkelheit hindurch ab und versuchte, nicht in Sorge und Glück zu ertrinken. Er war froh, dass Ji-Yong mit ihm gesprochen, seine Berührung zugelassen hatte. Aber er würde ihn nicht in den Arm nehmen können, würde es nicht dürfen, wenn die Aufforderung nicht von dem anderen käme. Und dabei wollte er es doch so sehr. Seung-Hyun schloss die Augen, lauschte dem Atem des anderen, der sich langsam beruhigte und sog seinen Geruch tief in sich ein. Ein leichtes Lächeln lag in dessen Mundwinkeln und Hoffnung flackerte in seinem Herzen auf. Er wollte glauben, dass diese Geste, diese erste Annährung das Zeichen dafür war, dass jetzt alles wieder besser werden konnte. Er wollte es so sehr glauben. Noch eine Weile blieb er wach und horchte, bis er sich sicher sein konnte, dass Ji-Yong wirklich eingeschlafen war. Dann glitt auch er ins Land der Träume hinüber. Kapitel 21: Only Look at Me --------------------------- Um eurer Verwunderung über dieses jetzt sehr kurze Kapitel entgegenzuwirken, werde ich kurz etwas zum Thema Adult-Zensur sagen. Da die Kapitel, die Adult-Szenen enthalten, im Ganzen für Minderjährige gesperrt sind, ist das natürlich schade, denn sie enthalten zumeist auch geschichtsrelevante Vorgänge. Deshalb mache ich es jetzt so, dass ich die Szene kurz vor dem Adult-Abschnitt abschneide(entweder ist dieser vorhergegangene Teil dann das Ende eines anderen Kapitels(wie ichs jetzt mit dem ersten Part von "We belong together" gemacht habe) oder wird, wie hier, zu einem eigenen Kapitel). Der Adult-Abschnitt erhält dann sein eigenes Kapitel. Der Teil der Szene nach diesem Abschnitt kommt denn wieder in ein neues Kapitel(entweder als Anfang von etwas längerem, wie auch zuvor bei "We belong together" oder auch als eigenes Kapitel). Damit jeder, auch wenn er den Adult-Inhalt nicht lesen darf, der Geschichte problemlos folgen kann. Ich hoffe, das ist allen recht. ~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~ Nur einen Augenblick der Schwäche ließ Young-Bae zu, nachdem er mit Seung-Ri in ein Taxi gestiegen war. Als er sich versichert hatte, dass der Fahrer ausschließich auf den Verkehr achtete, verging er sich am Hals des Jüngeren und entlockte ihm ein leises Seufzen. Lächelnd hob er den Kopf danach wieder und sah ihn an. "Ich werde dir nachher noch sehr viel mehr davon geben." Ein leichter Rotschimmer trat auf die Wangen seines süßen Freundes. Doch er zeugte nicht von Schüchternheit. Seung-Ri hatte keinen Grund, schüchtern zu werden. Er schwelgte bereits in freudiger Erwartung auf ihren gemeinsamen Abend. Ja, ihr Abend. Seit Tagen hatte er nur daran gedacht. Sie hatten dem Apartment endlich entkommen wollen, aber unter den gegebenen Umständen war es unmöglich, die anderen im Stich zu lassen, ohne dass ein schlechtes Gewissen sie heimsuchte. Trotz des ruhigen Verlaufs der vergangenen Woche, war die Situation noch immer angespannt zwischen ihnen und ihrem Leader. Young-Bae war in der dritten Nacht nach Ji-Yongs Rückkehr ebenfalls von dessen Schreien erwacht und er musste sich eingestehen, dass er Angst gehabt hatte. Angst davor, ebenfalls in dessen Zimmer gehen zu müssen. Aber dann war es still geworden und Seung-Hyun war nicht mehr zurückgekehrt. Am nächsten Morgen hatte er ihn auf dem Boden neben dem Bett des Jüngeren wiedergefunden. Das Bild des ruhig schlafenden Paares hatte in erschreckendem Kontrast zu Ji-Yongs Panikattacken gestanden, aber so hatte Young-Bae endlich erleichtert aufatmen können. Allerdings gab es keine weiteren Fortschritte. Ihr Leader versteckte sich weiterhin in seinem Zimmer und sprach lediglich mit Seung-Hyun, welchen die Tatsache, seinen geliebten Freund nicht berühren zu dürfen, sehr mitnahm. Genau aus diesem Grund hatte Young-Bae den Plan gefasst, für ein paar Stunden zu verschwinden und sie beide von all dem zu befreien. Seung-Ri würde es gut tun. Er spürte, wie tief sich die Sorge in ihn gefressen hatte und er wollte ihn davon losmachen. Gedankenverloren streichelte er ihm durch das weiche Haar, nicht ahnend, wie sehr ihm seine Gedanken ins Gesicht geschrieben standen. "Hyung, wir sind da." Young-Bae sckreckte auf, als sein Freund ihn ansprach und rappelte sich dann aus dem tiefen Sitz des Taxis hoch. Er bezahlte den Fahrer und gab großzügig Trinkgeld. Den Arm um die Hüfte des anderen geschlungen betraten sie das Motel, das er für dieses Stelldichein ausgesucht hatte. Es war nichts Besonderes, nichts Pompöses, in keinster Weise mit dem Hotel zu vergleichen,welches er beim letzten Mal ausgesucht hatte. Aber im Moment passte es besser in seinen Gemütszustand. Das Motel war sauber und diskret. Das sollte für dieses Mal genügen. Young-Bae warf einen kurzen Blick zu seinem Freund, um zu sehen, ob sich vielleicht Enttäuschung in dessen Gesicht zeigen würde, doch nichts dergleichen geschah. Um Seung-Ris Lippen spielte nur ein sanftes Lächeln, aus dem man so etwas wie Vorfreude lesen konnte. Young-Bae ließ sich von der verschlafen aussehenden Rezeptionistin den Schlüssen geben. Ihr Zimmer war im ersten Stock und ging auf einen Hinterhof hinaus. Man hätte in diesem Moment einen schönen Sonnenuntergang in verschwenderischen Rosa- und Orangetönen beobachten können, wenn man das Fenster geöffnet und sich ein Stück herausgelehnt hätte. Aber Young-Bae und auch Seung-Ri gingen andere Sachen durch den Kopf. "Ich bin so froh, dass wir wieder endlich wieder so zusammen sein können", raunte der Ältere, schlang seine Arme um den anderen, küsste seine weichen Lippen wild und verlangend, während er ihn gegen das Bett drängte. Seung-Ri ließ sich darauf fallen, zog ihn mit sich und versuchte die Zeit, die sie für sich hatten, zu genießen Nur sie beide allein. Auch wenn es nicht lange wäre, nur für diesen Augenblick wollte er alles hinter sich lassen, was an hässlichen Dingen in ihrem Leben geschah, wollte sich in die Arme des Geliebten sinken lassen und darin versinken. Er öffnete seine Lippen, um die heiße Zunge einzulassen, zog Young-Bae fest an sich und genoss die Nähe. Doch es gelang ihm nicht, die schweren Gedanken, die seinen Kopf füllten, auszusperren. So sehr er es auch versuchte. Und er hatte das dumpfe Gefühl, dass es dem anderen ähnlich ging. Kurz löste er sich von ihm, um einen Blick in das Gesicht Young-Baes zu werfen. Dieser lächelte zwar, aber es wirkte gezwungener, als er selbst vielleicht ahnte. Young-Bae rollte sich von seinem Freund herunter, um ihn genauer betrachten zu können, küsste sanft seine Wange und streichelte den schmalen Hals entlang, ließ seine Hand kurz unter dem schneeweißen Kragen verschwinden. Doch er fühlte dabei, dass die Flamme, die so lange klein gehalten worden war, nicht zündete. Es begann nicht mit der Stärke zu knistern, die er erwartet hatte. Wieder beugte er sich über Seung-Ri und küsste diesen. Auch er versuchte, sich fallen zu lassen. Doch es gelang ihm nicht, da sein Denken um ihren Leader kreiste. Er hasste sich dafür, dass ihr gemainsamer Abend nicht so lief, wie er ihn sich ausgemalt hatte und konnte doch nichts dagegen tun. Noch spürte der Jüngere wie Young-Bae verzweifelt versuchte, nicht aufzugeben. Er hatte die Hoffnung, die Leidenschaft doch noch aufflammen lassen zu können. Seung-Ri fühlte, wie dessen Hand sein Hemd öffnete. Vorsichtig und zärtlich glitten die Fingerspitzen seines Freundes über seine Brustwarzen und spielten daran. Sein Herz schlug ein wenig schneller. Seung-Ri schloss die Augen und sog tief den Duft des anderen in sich ein. Es schien, als könnte er sich tatsächlich entspannen. Doch das Gefühl war nur von kurzer Dauer. Vor seinem inneren Auge entstand ein Bild. Ji-Yong, welcher ihn voll Wut und Angst anstarrte. Anklagend. Geschockt öffnete er die Lider und legte eine Hand auf Young-Baes Brust, um ihn wegzudrücken. "Hyung." "Was ist?" "Bitte, ich...ich kann einfach nicht..." Das Gesicht seines Freundes tauchte enttäuscht und bettelnd vor ihm auf. Dessen Finger streichelten seine Wangen und er setzte einen leichten Kuss auf Seung-Ris weiche Lippen. "Seung-Riya, versuch dich zu entspannen. Ich helfe dir dabei." Nach diesen Worten verschwand er wieder und kurz darauf fühlte der Jüngere, wie seine Hose geöffnet wurde. Young-Bae streichelte über die kleine Erhebung in seinen Shorts und ein Zittern ging durch den Körper des anderen. Ein wenig Erregung hielt in ihn Einzug, aber sie genügte nicht. Und auch die lauwarmen Küsse, welche der Ältere auf seinem Hals und seiner Brust wahllos verteilte, verbesserten nichts. Sie beide steckten mit ihrem Gedanken im Käfig des Apartments fest. Seung-Ri versuchte, sich Young-Bae zu entziehen und abzuwenden. Doch dieser hielt ihn fest. "Was tust du?" "Hyung, lass es. Es hat keinen Zweck." "Du versuchst es nur nicht. Lass dich fallen." Die Zähne seines Gegenübers senkten sich in eine seiner Brustwarzen. Seung-Ri spürte nur den Schmerz. Nun nahm er beide Hände zu Hilfe und drückte den anderen Körper endgültig von sich. "Hyung! Ich schaffe das nicht. Ich kann mich nicht fallen lassen...und ich kann das nicht vergessen." Young-Bae packte ihn an den Schultern und schüttelte ihn. "Warum bist du nur so? Wir wollten einen schönen Abend haben und jetzt erzählst du mir, dass du nur an Ji-Yong denkst?" "Versuch nicht, mir zu erzählen, dass es dir anders geht!", brauste Seung-Ri auf und stemmte sich hoch, riss sich aus dem Griff des anderen. In seinen Augenwinkeln brannten heiße Tränen der Enttäuschung und der Wut, doch er hielt sie zurück. Gerade wollte er nicht der Kleine, der Schwache sein. Young-Bae funkelte ihn nur an, rückte ein Stück von ihm ab und sagte nichts. Er verschränkte nur die Arme vor der Brust und starrte ihn weiter missmutig an. "Oh, na toll und jetzt streiten wir auch noch. Glaub mir, das ist genau das, was wir jetzt brauchen können!" Seung-Ri ließ sich wieder nach hinten fallen und legte die Arme über sein Gesicht. "Und mit mir sprechen willst du anscheinend auch nicht. Super Lösung!!" Er war wütend und er konnte nicht genau auseinanderhalten, auf wen oder was eigentlich. Auf die ganze Situation, die so verdammt beschissen war, auf sich selbst, weil er sich nicht einfach fallen lassen konnte oder auf den Menschen, den er eigentlich liebte, da dieser ihm jetzt auch noch Vorwürfe machte. "Du bist unmöglich!!" Seung-Ri hielt es nicht mehr aus, dass Young-Bae weiterhin schwieg, sprang wieder vom Bett auf und war kurz davor, auf den anderen loszugehen, aber stattdessen machte er Anstalten, aus dem Zimmer zu stürmen. Vielleicht wäre es das Beste, einfach zu verschwinden und es nicht auf einen großen Eklat ankommen zu lassen. Ihre Gemüter sollten sich beruhigen, dann konnten sie nochmal versuchen, miteinander zu reden. Eine Träne kullerte ihm über die Wange, doch er wischte sie schnell davon und betete, dass Young-Bae sie nicht gesehen hatte. Jedoch, kurz bevor er die Tür erreichte, fühlte er, wie sein Handgelenk gepackt wurde. Er drehte sich auf dem Absatz um und starrte direkt in das wütende Gesicht des Älteren. Der kalte Zorn, den er in dessen Augen sah, erstaunte ihn und er vergaß sogar, das "Lass mich los!" freizulassen, dass in der Kehle saß. "So spichst du nicht mit mir!", zischte Young-Bae zwischen seinen Zähnen hervor und warf Seung-Ri zurück aufs Bett. Noch bevor er sich wieder aufrichten konnte, legte sich der Körper seines Freundes auf ihn, um ihn in die Kissen zu drücken. Sofort wurden seine Handgelenke fest von dessen Händen umschlungen, sodass er keine Gelegenheit zur Flucht erhielt. "Hyung! Was soll das?" Seung-Ri geriet in Rage. Er strampelte mit den Beinen, doch der Ältere schien völlig unbeeindruckt. Dieser beugte sich zu ihm herunter und durchbohrte ihn noch immer mit dem selben kalten Blick. Er spürte eine leichte Beunruhigung in sich aufwallen. "Hör mir genau zu", raunte Young-Bae wieder. "Du wirst nicht gehen, wenn ich es nicht will. Du wirst überhaupt nichts tun, ohne meine Zustimmung. Verstanden?" Der Klang seiner Stimme war gezwungen ruhig und eisig agressiv. "Was?", flüsterte der Jüngere ungläubig. Unsicher blickte er auf, in die Augen, die sonst so liebevoll waren, um eine Antwort für dieses seltsame Verhalten zu finden. Doch Young-Bae gab ihm nichts dergleichen. "Scheinbar muss ich es dir anders vermitteln." Dessen Lippen pressten sich mit Gewalt auf die Seung-Ris und er stieß seine Zunge gefühllos in den kleinen Mund, um ihn auszurauben. Sein kleiner Freunde hatte keine Chance, wusste nicht, was geschah. Seung-Ri schrie, doch nur erstickte Laute verließen seine Kehle. Plötzlich spürte er, wie Young-Bae seine Handgelenke über seinem Kopf zusammenführte. Wenige Sekunden später hatte dieser mit schnellen Griffen seinen Schal darum gewickelt. Erst jetzt löste er den Kuss. Der Jüngere holte keuchend Luft. Das Zimmer schien sich zu drehen. Seine zusammengeschnürten Hände wurden gepackt und gegen das Gitter gedrückt, welches das Bett am Kopfende begrenzte. Der Ältere fesselte ihn daran und betrachtete den Hilflosen von oben herab. Es geschah, was er erwartet hatte. Sogleich begann Seung-Ri an seinen Fesseln zu reißen und warf ihm verzweifelt flehende Blicke zu. "Hyung, das ist nicht witzig. Bitte mach mich los." "Ich hatte nicht vor, Scherze zu machen. Glaub mir", er packte das Kinn seines Freundes und zwang diesen, still zu halten. "Ich meine es toternst." Seung-Ri stockte der Atem. Er wollte etwas sagen, doch seine Lippen wurden unerbittlich verschlossen. Er machte Anstalten, den anderen von sich zu stoßen, aber mit gefesselten Händen, stellte sich dies beinah als unmöglich heraus. Auch seinen Kopf konnte er nicht beiseite drehen, um dem erzwungenen Kuss zu entkommen, denn dieser wurde in festem Griff gehalten. Young-Bae löste sich wieder von dem Jüngeren, doch sein Gesicht war noch immer so nah, dass Seung-Ri den heißen Atem auf seinen Lippen und Wangen spüren konnte. Es spielte ein leichtes Grinsen um dessen Mundwinkel. "Ich werde dir Respekt gegenüber Älteren schon beibringen.", raunte er und schob seine Hand langsam unter Seung-Ris Hemd, während er wieder begann, diesen zu küssen. Kapitel 22: Only Look at Me (Part 2) ------------------------------------ Dieser war noch immer wütend, aber die leisen Worte des Freundes hatten ihm einen heißen Schauer durch seinen gesamten Körper gejagt. Am liebsten hätte er Young-Bae eine kräftige Ohrfeige verpasst, aber in seine Wut mischte sich langsam auch ein anderes Gefühl. Er wollte es verdrängen und sich weiter gegen die Berührungen des anderen wehren, aber das Kribbeln in seinem Bauch wurde stärker und er musste sich eingestehen, dass sein Körper im Moment eine entschieden andere Meinung hatte als sein Verstand. Seine Lippen, die er vorher fest aufeinander gepresst hatte, entspannten sich wie von selbst und wurden von der des anderen Zunge geteilt. Young-Bae öffnete langsam die Knöpfe an Seung-Ris Hemd, löste den Griff um dessen Kinn und ließ seine Hand stattdessen weiter nach unten wandern. Mit einer unvermittelt kräftigen Bewegung schloss er sie um die Beule in der Hose seines Freundes und entlockte diesem damit ein ungewolltes Keuchen. Und da spürte der Jüngere es endlich - das Feuer, das er eben so schmerzlich vermisst hatte. Weiterhin brodelte die Wut in ihm, doch sie heizte ihn nur mehr an. Er drückte seinen Rücken durch, hob sich Young-Bae entgegen und dieser ließ sich eine solche Einladung natürlich nicht entgehen. Während der Ältere spürte, wie die Aufregung auch in seinen Freund einkehrte, war er bereits dabei, den nächsten Schritt zu tun. Verführerisch glitt seine Zunge über Seung-Ris erhitzte Haut und tauchte tief in dessen Bauchnabel ein. Er hörte leises unterdrücktes Keuchen aus der Kehle des anderen und grinste beinahe in sich hinein. Aber das Ziel verlor er nicht aus den Augen. Sein Griff an dem besten Stück seines Freundes lockerte sich wieder und dieser atmete hörbar aus. War er wirklich erleichtert? Nun ja, er würde es zumindest nicht mehr lang sein. Young-Bae ließ von dem sich rekelnden Körper ab und zerrte ihm mit einem Ruck die Hose von den Hüften. "Nein!" Erklang es da plötzlich in süßlich verzweifeltem Tonfall und er blickte auf. Seung-Ri sah ihn nicht an. Er rüttelte an seinen Fesseln und warf den Kopf unruhig hin und her. Für eine Sekunde dachte der Ältere wirklich darüber nach, aufzuhören, aber dann wanderten seine Augen wieder zurück zu dem Körper, den er besitzen wollte und der Anflug von Schwäche verschwand. Kräftig packte er die schmalen Hüften und riss die Boxershorts mit den Zähnen herunter. "Hyung, mach...mach das nicht..." Young-Bae kümmerte sich nicht weiter darum. Sein kleiner Freund sollte nur weiterreden. Bald würde er schreien. Nach der Hose landete auch die Boxershort auf dem Boden. Seung-Ri wandt sich unter dem Blick und den Berührungen des Älteren und wusste selbst nicht, ob er es tat, um sich zu wehren oder den anderen dazu zu bringen, das begonnene Spiel endlich zu beenden. Er fühlte sich unwohl, so in seiner Bewegunsfreiheit eingeschränkt zu sein, dem Freund auf Gedeih und Verderb ausgeliefert. Aber auf eine ihm völlig fremde Art machte es ihn auch unglaublich an. Young-Bae setzte sich auf, breitbeinig über dem Jüngeren, seine sich windenden Beine an das Bett fesselnd und zog sich sein Oberteil über den Kopf, um es ebenfalls unachtsam auf den Boden zu werfen. Er grinste leicht, wobei er mit einer Hand sacht über die Haut des Jüngeren strich. Er fand Gefallen an dem hilflosen Ausdruck in den Augen des anderen, zu dem sich auch Verlangen gesellte. Genau das wollte er. Young-Bae strich weiter über den Bauch Seung-Ris, streifte fast seine Erektion, ließ dann die Hand aber über sein eigenes Bein, über seinen Bauch hoch zu seiner Brust fahren, streifte die harte Brustwarze, liebkoste sich selbst und genoss es, wie der Blick des anderen sich veränderte, sich verklärte. "Du willst mich", hauchte er, schloss die Augen, fühlte sich selbst und die auffordernden Bewegungen des schmalen Körpers unter sich. "Du weißt, dass du mich willst!" Ja, Seung-Ri wusste es, aber er, sein Verstand wehrte sich noch immer dagegen. Doch als Young-Bae sich wieder zu ihm herunterbeugte, seine zitternden Lippen küsste, schmolz sein Verstand zu einem kümmerlichen Rest zusammen und sein Körper übernahm endgültig die Führung. Ein Ruck ging durch Seung-Ris Glieder. Der Ältere spürte ihn und er wusste, dass er fast gewonnen hatte. Es tat ihm Leid, nahezu Gewalt anzuwenden, um seinem Freund zu zeigen, wie es zwischen ihnen sein sollte. Deshalb wollte er ihn nun, da der nächste Schritt hinter ihnen lag, nicht mehr auf die Folter spannen, sondern ihm endlich geben, was er sich wünschte. Allerdings ganz so leicht würde er Seung-Ri nicht davon kommen lassen. Während er ihre Lippen langsam voneinander löste und dabei einen Speichelfaden zwischen ihnen spannte, glitten zwei seiner Finger verführerisch in die Mundhöhle des Jüngeren. Dieser schloss sie sofort ein und lutschte daran ohne zu zögern. Young-Bae hatte ihn nun völlig in seiner Gewalt. Leider verschwanden die Finger viel zu schnell und anstatt, dass sein Freund ihm nun endlich begann, Erlösung zu verschaffen, stieg dieser von ihm herunter. Der Ältere packte seine Beine und spreizte sie. Seung-Ri keuchte und öffnete die Augen, um zu beobachten, wie dieser ihn in eine noch obszönere Haltung zwang und eines seiner Beine über seine Schulter legte. "Hyung, bitte...", keuchte er gequält. Seine Augen glänzten ungewähnlich stark und flehten ihn an. Aber Young-Bae blieb standhaft. "Shhh~t, ich weiss." Mit einem leicht eisigen Lächeln platzierte er einen der mit Speichel bedeckten Finger vor dem Eingang des Jüngeren. "Schrei für mich.", flüsterte er fordernd und drängte den Finger in die enge Öffnung hinein. Seung-Ri schrie unterdrückt auf und bog seinen Rücken der Decke entgegen. Die Fesseln schränkten die Bewegungen zu sehr ein. Sogleich begannen sich, seine Schulter zu verkrampfen und Seung-Ri stöhnte auf. Doch als Young-Bae unvermittelt seinen zweiten Finger in ihn führte, hatte dieser Schmerz keine Bedeutung mehr. Verraucht war seine ganze Wut, vergessen auch das, was ihn noch vor nicht allzu langer Zeit davon abgehalten hatte, diese Lust in sich zu spüren. Wichtig waren nur noch sie beide. Er spürte die heiße Zunge Young-Baes, die langsam über seinen Schaft wanderte Leise keuchend versuchte Seung-Ri, sich weiter gegen den anderen zu drängen, zog an seinen Fesseln, schaffte es jedoch nicht, sie abzustreifen. Dann schloss Young-Bae seine Lippen um ihn und nun schrie er leise auf, seufzte vor Verlangen. "Nimm mich!", bettelte er, und der Ältere ließ sich nicht lange bitten. Seung-Ri fühlte, wie sich die Hand seines Freundes in die Unterseite seines Oberschenkels grub, während dieser begann, seine Erektion eingängig mit den Lippen zu massieren. Die fremde und doch so wohlbekannte Zunge an diesem Punkt zu spüren - immer wieder zu erleben, wie sie über seine Spitze glitt und wohlige Schauer durch seinen Körper fahren liess, brachte den Jängeren fast um den Verstand. Die Finger seines Freundes schoben sich hinterhältig noch weiter in ihn hinein und vollführten unstete Bewegungen in seinem Inneren. Er konnte sich schon längst nicht mehr kontrollieren und stöhnte ununterbrochen. Young-Baes Bewegungen um ihn waren zu langsam. Es war eine Qual zu spären, wie dieser sich alle Zeit nahm, während er ihn von innen maltretierte. "Gnh! Hyung- schneller!", schrie er ihm regelrecht entgegen und bewirkte damit genau das Gegenteil. Der Ältere liess einfach von ihm ab und betrachtete sein in die Höhe ragendes Werk, während sein suesser Freund hilflos wimmerte. "Sei nicht so ungeduldig.", gab Young-Bae sehr ruhig als Antwort von sich. In Wahrheit war auch er beinahe verrückt, aber diesen Augenblick musste er auskosten. Seung-Ris Augen, welche vor Verzückung und Scham geschlossen waren. Die süsse Stimme, welche regelrecht bettelte. Er krümmte seine beiden Finger im Inneren seines Freundes und verfolgte genau, wie dieser sich wandt. Nur ein solcher Zug seinerseits genügte, um ihn noch erotischer aussehen zu lassen. Um ihm derartige Freuden zu bereiten. "Hy...ung...", erklang es wieder. "Ich will dein Gesicht sehen, wenn du kommst.", flüsterte der Ältere ihm zu, dann führte er einen dritten Finger in die inzwischen weich gewordene Öffnung seines Freundes und trieb ihn nun unerbittlich zum Höhepunkt, während Tränen aus dessen Augenwinkeln rannen. An diesem Punkt konnte schließlich auch Young-Bae sich nicht mehr zurückhalten. Mit einem Ruck, der fast den Knopf angesprengt hätte, zog er sich Hose und Boxershorts gleichzeitig von den Hüften, erhob sich und schob sich höher zwischen die Beine des anderen. Dort verharrte er einen Moment, nur einen kurzen Augenblick, dann zog er seine Finger aus seinem keuchenden Freund zurück und platzierte sich vor dessen Eingang. "Nun mach schon", presste Seung-Ri hervor, öffnete die Lider leicht und blickte dem anderen ins wolllüstig grinsende Gesicht. Seine Augen glänzten feucht und auch seine Haare waren nass vor heißem Schweiß. Young-Bae ließ sich nicht lange bitten, führte seinen Arm unter dem Bein des anderen hindurch, drückte seine Hüfte hoch und drang in ihn ein. Ein vor Lust triefender Schrei hallte durch die zum zerreißen gespannte, stickige Luft des Zimmers. Seung-Ri war im Himmel. Seinen Freund in sich zu fühlen, endlich wieder so vereint, war das Beste, was er sich in diesem Augenblick vorstellen konnte. Er drückte, den Rücken durch, zerrte erneut an den wollenen Fesseln, um Young-Bae zu umarmen, ihn fest an sich zu pressen. Doch der Schal gab nicht nach und so konnte er nur die Hüftem im Rhythmus ihrer Lust bewegen. Young-Baes Stöße wurden immer fester. Immer schneller. Rücksichtsloser. Auch er begann zu keuchen, konnte seinen Körper kaum noch kontrollieren. Er ließ sich tiefer auf seinen Freund sinken, vergrub das Gesicht in der heißen, feuchten Halsbeuge, atmete schwer. Sein Atem brannte auf Seung-Ris Haut. Und er stieß weiter in ihn. Er ließ das Bein des Jüngeren los, dieser schloss beide um seinen Rücken, drückten ihn an sich. "Aaaaah...", stöhnte Seung-Ri auf. Nach diesem lustvollen Aufschrei genügte eine letzte Bewegung Young-Baes, um ihn endgültig kommen zu lassen. Seung-Ri verengte sich stark um seinen Freund, während er sich keuchend zwischen ihnen ergoss. Dann spürte er, wie der Ältere ebenfalls inne hielt und laut stöhnend in ihm kam. Kapitel 23: Baby, I'm sorry --------------------------- Keuchend lag er auf dem zitternden Köper, realisierend, was über ihn gekommen war. Noch immer lag seine Stirn in der Halsbeuge, welche sich im Takt seines schweren Atems bewegte. Young-Bae wandte den Kopf zur Seite und beobachtete an Seung-Ris Hals herunterperlende Schweisstropfen. Die Haut seines süssen Freundes glänzte feucht und schien zu dampfen. Vorsichtig begann er sich der Hitze, die um sie herum aufstieg, zu entziehen und löste sich aus dem nun etwas ruhigeren Körper. Dieser zuckte leicht zusammen und Young-Baes Augen wanderten hoch zu seinem Gesicht. Es war vollkommen entspannt, aber noch immer flossen Tränen aus seinen Augen und die Haltung, in welche ihn seine Fesseln gedrängt hatten, wirkte nun sehr unkomfortabel. Young-Bae fühlte ein flaues Gefühl in seinem Magen entstehen. Sofort beugte er sich über den Jüngeren und nahm sein Gesicht in beide Hände. Seung-Ri öffnete seine noch immer verhangenen Augen und lächelte verunglückt. "Es tut mir leid...ich wollte dir nicht weh tun. Es tut mir leid...", flüsterte Young-Bae ihm zu und küsste dabei die Tränen fort, während er den anderen streichelte. Mit wenig Kraft zog der Jüngere an dem Schal. "Hyung, bitte mach mich los." "Natürlich!" Mit klopfendem Herzen löste Young-Bae den Knoten, der den anderen ans Bett fesselte. "Es tut mir leid", wiederholte er und zog seinen Freund in eine sanfte Umarmung. Er trug die leise Befürchtung in sich, dass Seung-Ri ihm diese Sache trotz aller Lust übel nehmen und sich gegen die Berührung wehren würde, doch das geschah nicht. Der Jüngere drehte sich zur Seite, legte seinen Kopf gegen die breite Brust des anderen und kuschelte sich eng dagegen. Ein leises Zittern ging durch seinen Körper. Jetzt wo ihn keine Bewegung mehr warm hielt, seine Muskeln sich entspannten, merkte er, wie kühl es in dem Hotelzimmer war. Unter einigen Verrenkungen, doch ohne die Umarmung zu löse, zog Young-Bae die Decke unter ihnen hervor und legte sie bis zur Hüfte über sich. Wie gut es doch tat, zu wissen, dass Seung-Ri nicht böse auf ihn war, wie schön es war, zu hoffen, dass zwischen ihnen alles so bleiben konnte, wie es war, dachte Young-Bae und streichelte zärtlich den Rücken des Jüngeren. Zeichnete die herausstehende Wirbelsäule mit den Fingerspitzen nach und fühlte, wie seine Haut langsam trocknete und sich abkühlte. Einige Minuten lagen sie da, genossen wortlos die Nähe des anderen, dann regte Young-Bae sich. Er rückte ein Stück von seinem Freund ab, um ihm in die Augen sehen zu können. Seung-Ri schien noch immer ein wenig abwesend und verwirrt, aber gleichzeitig hatte sich eine Müdigkeit in seinen Blick geschlichen, die ihn unsagbar süß aussehen ließ. Young-Bae hauchte einen Kuss auf seine Nasenspitze und lächelte warm. "Ich werde duschen gehen, ist das in Ordnung? Möchtest du vielleicht mitkommen?" Seung-Ri lächelte und schüttelte den Kopf. "Geh nur." Young Bae erhob sich, nicht ohne den anderen noch ein weiteres Mal sanft zu küssen und verschwand dann mit einem zärtlichen Blick über die Schulter ins Bad. Der Jüngere wälzte sich auf die andere Seite und zog das Kissen, auf dem der andere gelegen hatte, in seine Arme. Es war noch warm und roch ganz leicht nach seinem älteren Freund. Er versuchte zu rekapitulieren, was gerade geschehen war, aber es war, als hätte sich ein milchiger Schleier über seine Erinnerung gelegt. Zurück blieb nur ein seltsames Gefühl in seiner Magengegend, doch er konnte noch nicht einmal bestimmen, ob es angenehm war oder nicht. Seung-Ri betrachtete seine Handgelenke, die noch immer leicht schmerzten. Die Fesseln hatten ein rotes Mal auf ihnen zurückgelassen, das brannte, wenn er mit den Fingern darüber strich. Doch es würde vergehen, genauso wie die Schmerzen in seinen Schultern. Sein Blick wanderte ziellos durch den Raum, blieb an der Häuserrückwand hängen, die man durch das Fenster sehen konnte. Es war dunkel geworden, so dunkel, dass man nichts mehr erkannt hätte, hätten auf dem Hinterhof keine Lampen gebrannt. Wie viel Zeit wohl vergangen war, seit sie das Motel betreten hatten? Während er seine Gedanken schweifen ließ, bemerkte er kaum, wie ihm die Lider schwer wurden. Noch bevor Young-Bae aus dem Bad zurückkam, war er eingeschlafen. Das warme Wasser streichelte angenehm über seinen Rücken und Young-Baes Gedanken schweiften wie von selbst zu dem Jüngeren, welcher im anderen Zimmer bereits im Schlaf versank. Er wünschte sich, Seung-Ri wäre mit ihm zusammen duschen gegangen. Young-Bae hätte seinen süssen Freund verwöhnt und liebkost, um wieder gut zu machen, was er ihm angetan hatte. Es war wundervoll gewesen. Er hatte all seine Gedanken lösen und auch Seung-Ris befreien können. Und doch hätte er es gern auf anderem Wege getan. Auf einem zärtlichere und angenehmere Art. Allerdings war der erotische Anblick des Jüngeren unter ihm wirklich umwerfend gewesen. Vielleicht könnte er Seung-Ri zu einem späteren Zeitpunkt noch einmal zu einem kleinen Fesselspiel überreden, aber jetzt sollte dieser sich erst einmal ausruhen. Als er die Dusche verliess, spürte Young-Bae sich auch selbst etwas schwanken. Im Spiegel betrachtete er sein erhitztes und müdes Gesicht. "Wie soll das nur alles weitergehen?", murmelte er leise vor sich hin, wobei er ein Handtuch um seine Hüften schlang und das Badezimmer verliess. Schon jetzt schwebten seine Gedanken wieder in ihr Apartment und zu den Sorgen, welche dort auf sie warteten. Allein Seung-Ris friedlich schlafendes Gesicht vermochte ihn wieder in ihre Traumwelt zurückzuholen. Young-Bae lächlte liebevoll, als er zurück ins Zimmer kam. "Seung-Riya?", flüsterte er sehr sehr leise, aber er erhielt keine Antwort. Vorsichtig setzte er sich hinter den Schlafenden auf die Matratze und streichelte über dessen entspannte Züge. Danach fand seine Hand den Weg an seinem Arm herunter bis zu den geröteten Stellen. Sein schlechtes Gewissen meldete sich stärker. Er beugte sich über seinen Freund, hob dessen Hand etwas an und küsste die verwundete Haut. Hoffentlich hatte er nicht dafür gesorgt, dass weitere Narben an dem Körper, den er so sehr liebte, zurückblieben. Seung-Ris Hände waren von weissen Striemen überzogen und auch wenn der Schnitt an seinem Arm gut heilte, so war er noch immer tief rot und schmerzte ab und an. Wie hatte es soweit kommen können? Young-Bae legte sich hinter den Jüngeren und nahm ihn fest in die Arme. Während er seine Schultern mit Küssen bedeckte und auch den Nacken nicht ausliess, schlichen sich Tränen in seine Augen und er vergoss sie still. Eine Bewegung liess den Älteren erwachen. Er spürte, wie seine Arme beseite geschoben wurden und sich plötzlich Kälte an seiner Brust sammelte. Vor seinen halbgeöffneten Augen erhob sich die verschwommene Gestalt Seung-Ris. Langsam wurde seine Sicht schärfer, aber Young-Bae konnte nur beobachten. Der Jüngere beugte sich kurz gen Boden und schien dann gefunden zu haben, was er suchte. Seung-Ri bemerkte nicht, dass sein Freund erwacht war. Nachdem er selbst das Land der Traeume verlassen hatte, wollte er seine Shorts suchen und dann ebenfalls ins Badezimmer gehen. Als er sich die Hosen uebergestriffen hatte, erhob er sich vom Bett und brachte Gewicht auf seine Beine. Sofort fühlte er sich schwanken und stolperte auf den Tisch und die beide Stühle zu, welche sich ausser dem Bett noch im Raum befanden. Kaum dass er Halt gefunden hatte, schloss er die Augen. Die Welt schien sich mit grosser Geschwindigkeit um ihn zu drehen. Er schloss die Augen und holte mehrmals tief Luft, darauf wartend dass das Zimmer um ihn her nicht mehr schwankte. Das Herz klopfte ihm schnell in der Brust und ihm wurde kalt. Vorsichtig öffnete er die Augen wieder. Sein Kreislauf beruhigte sich. Young-Bae hatte sich im Bett aufgesetzt, als er bemerkte, dass der Jüngere sich festhalten musste und bedachte ihn mit einem Sorgenvollen Blick. "Ya! Alles in Ordnung?" "Hmm...?" Erst jetzt nahm Seung-Ri wahr, dass der andere erwacht war. "Ja, ist schon okay... Nur der Kreislauf. Bin wohl zu schnell aufgestanden..." Er versuchte ein Lächeln, das aber kümmerlich ausfiel und den anderen nicht überzeugte. Dieser schwang die Beine über die Bettkante und trat an seinen Freund heran, schlang einen Arm um seine Taille und legte die Hand auf seine Wange, die ihm seltsam kühl und feucht vorkam. "Schon in Ordnung, wirklich, ich hab das öfter nach dem Aufstehen", versuchte Seung-Ri den Älteren zu beruhigen, obwohl dies eine glatte Lüge war. Er hielt sich selbst für keinen guten Lügner und war sich ziemlich sicher, dass Young-Bae ihn durchschaute und er war sehr dankbar, dass dieser nicht weiter darauf rumritt. Er drückte sich von der Tischplatte weg, die ihn eben aufgefangen hatte und gab dem Älteren einen sanften Kuss auf die Wange. Dann löste er sich aus der lockeren Umarmung und bückte sich nach seiner Shorts, die er fallen gelassen hatte. "Ich geh auch schnell duschen", erklärte er und war im gleichen Moment schon im Badezimmer verschwunden. Young-Bae blieb mit sorgenvollem Blick im Zimmer zurück und starrte noch eine Weile auf die Tür, durch die der andere soeben verschwunden war. Dann begann er langsam seine Kleidungsstücke zusammenzuklauben und sich anzuziehen. Ein Blick auf die Uhr verriet ihm, dass sie bereits vor mehr als drei Stunden das gemeinsame Appartement verlassen hatten. Hoffentlich machten sich die anderen keine Sorgen. Als Seung-Ri eine viertel Stunde später aus dem Badezimmer zurückkehrte, fühlte er eine gewisse Erleichterung. Dieser sah nicht erholter aus, aber er lächelte schüchtern. Dies überzeugte ihn, dass die Wut des Jüngeren verflogen war. Dass er ihn noch liebte. Obwohl Seung-Ri es ablehnte, legte Young-Bae auf dem Weg zurück zur Strasse einen Arm um seinen Hüfte, um ihn zu stützen, da seine Bewegungen noch immer sehr unsicher wirkten. Und letztlich war dieser ihm sehr dankbar. Dae-Sung war es, welcher sie begrüsste, als sie wieder ins Apartment traten. Er nahm Seung-Ri seine Jacke ab und hing sie auf. Sein Gesicht sah sehr nachdenklich aus und Young-Bae gefiel das Gefühl, dass sich bei dessen Ablick auf ihn legte, überhaupt nicht. "Dae-Sung?" "J-ja?", antwortete der Jüngere und wirkte dabei nervös. "Wo ist Seung-Hyun?" Dae-Sungs Augen huschten verstolen in Richtung des Zimmers, welches ihr Leader nun bereits seit einiger Zeit allein bewohnte. Young-Bae seufzte. Er blickte zu Seung-Ri, welcher die Tür ebenfalls anstarrte. Dessen mandelbraune Augen hatten ihren Glanz wieder verloren und ein stilles Verlangen erschien in ihnen. Der Ältere kannte es. Sein Freund hatte seinen grossen Bruder kaum gesehen. Wie er es Young-Bae versprochen hatte, war Seung-Ri nicht mehr zu Ji-Yong ins Zimmer gegangen und ihm auch nicht gefolgt, wenn er über den Flur lief, was höchstes ein bis zweimal am Tag geschah. "Hyung..." Young-Bae fühlte ein Zupfen an seinem Aermel und Dae-Sungs sorgenschwere Augen tauchten vor ihm auf. "Ich mache mir Sorgen, um Seung-Hyun. Er geht so oft zu Ji-Yong, aber sie reden nicht miteinander. Und jedes Mal, wenn er wieder zurueckkommt, sieht er noch schlechter aus." Er nickte. Dae-Sung hatte recht, was ihren Ältesten anging. Er wirkte, als würde alle Kraft aus ihm gesogen, mit jedem Mal, das er in diesem Zimmer verschwand, um Ji-Yong zu helfen. Young-Bae selbst war neugierig gewesen und hatte ab und zu die Tür geöffnet, um zu sehen, ob es Fortschritte gegeben hatte. Die meiste Zeit jedoch hatte Seung-Hyun nur auf seinem Bett gesessen und zu ihrem Leader hinüber gestarrt, welcher sich unter einer Decke zusammenkauerte. So konnte es nicht weitergehen. "Wir reden am besten mit ihm. Fragen ihn, wie es Ji-Yong geht." Und als hätte Seung-Hyun ihn gehoert, kam er in diesem Moment aus dem Schlafzimmer, das Tablett mit dem kaum angeruehrten Abendessen in einer Hand. Ringe, welche beinahe so dunkel waren wie die Seung-Ris, lagen unter seinen Augen und Young-Bae wusste, dass er schlecht schlief. "Oh, ihr seid wieder da." "Ja...und wie -" "Hyung, wie geht es Ji-Yong Hyung?" Seung-Ri fiel ihm ins Wort und starrte Seung-Hyun erwartend an. Ihrer aller Blicke fielen auf das Tablett. Der Älteste schluckte. Er schien nicht wirklich etwas sagen zu wollen, weshalb er die trockenen Lippen aufeinander presste. "Er...er wird immer dünner.", sagte er letztlich heiser. Dann lief er an seinen drei Freunden vorbei in die Küche. Sie folgten ihm und Young-Bae schloss bewusst sie Tür. "Seung-Hyun Hyung, wir müssen reden." "Worüber?" Der Angesprochene wandte sich ihm erstaunt zu und liess das Tablett neben der Spüle stehen. "Na, was glaubst du denn? Hast du in den letzten Tagen mal in den Spiegel geschauf?" Young-Bae zog eine Augenbraue nach oben und lehnte sich mit verschränkten Armen gegen den Küchentisch, den Ältesten nicht aus den Augen lassend. In jedem anderen Moment hätten seine Worte sarkastisch oder vielleicht verletzend geklungen, aber nicht jetzt. Seung-Hyun konnte den Blick nicht erwidern. Er wusste, wie schlecht es in den letzten Tagen um ihn bestellt war, aber er hatte gehofft, dass es den anderen nicht auffallen würde. Die dunklen Ringe unter seinen Augen, der gebückte Gang, die vor Müdigkeit schlaff herabhängenden Lider... Seung-Hyun hatte gehofft, das alles wäre nicht so schlimm, dass sie es bemerken würden. Aber wenn er sich auf eines verlassen konnte, dann darauf, dass seine Freunde bemerkten, wenn es einem der ihren schlecht ging. Ein Teil von ihm war gerührt, weil sie sich Sorgen machten, doch ein anderer wollte sich einfach nur um Ji-Yong kümmern und dabei sich selbst komplett vergessen. Er antwortete nicht, sondern verschränkte nun ebenfalls die Arme und starrte auf den Boden. "So kann das nicht, weitergehen, Hyung, bitte!" Seung-Ri war einen Schritt auf ihn zugetreten und blickte ihn bittend an. "Er hat recht, du machst dich kaputt. Ich weiß, dass du das nicht hören willst, aber du musst auf dich achtgeben!" "Und dafür Ji-Yong aufgeben?!" "Davon hat doch niemand gesprochen." Young-Baes Stimme war noch leise und bestimmt, doch es kostete ihn einiges an Kraft, nicht laut zu werden. Die Sorge um ihren Leader und Seung-Hyun, der diesem seine ganze Energie verschrieben zu haben schien, brodelte ihm in der Kehle. "Aber bitte, Hyung, du musst schlafen. Heb etwas von deiner Energie für dich auf!" "Ich wüsste nicht, wozu das gut sein sollte. Solange es Ji-Yong so schlecht geht, muss ich für ihn da sein. Alles andere könnte ich mir nicht verzeihen!" Sein Tonfall war hart, als würde er das Gespräch hiermit für beendet erklären. Seung-Hyun drehte sich wieder zur Spüle um. So heftig, dass er das Tablett von der Arbeitsplatte wischte. Mit einem lauten Klirren zerschellte die Schüssel auf dem Boden, das Tablett klapperte laut, als es auf den Boden auftrat. Der Fußboden der Küche war übersäht mit Porzellanscherben, klebrigem Reis und Soße. Dae-Sung war sofort zur Stelle um die Bescherung aufzuwischen. "Lass nur, ich mach schon!", rief er und griff nach der Küchenrollte. Er bemerkte nicht, dass Seung-Hyun noch immer in Richtung Wand stand, dass er sich auf die Spüle aufgestützt hatten und dass seine Schultern zitterten von der Anstrengung, die Tränen zurückzuhalten. Dae-Sung versuchte vorsichtig die Scherben aufzulesen und er hoffe, dass Seung-Ri ihm dabei helfen würrde. Aber dieser stand noch immer hinter Seung-Hyun und starrte ihn an. Genauso wie Young-Bae. Und in dieser Sekunde bemerkte auch er es. "Es bringt nichts, oder?" Young-Bae tat einen Schritt auf den Ältesten zu und sprach mit fester Stimme. "Du bringst deine gesamte Energie auf, aber nichts verändert sich. Nichts hat sich verbessert." Seung-Ri sah ihn allarmiert an und hob die Hände, um ihn davon azuhalten, weiter zu sprechen. "Hyung, bitte hör auf. Das...solltest du nicht sagen." Aber Young-Bae ignorierte ihn. Er betrachtete Seung-Hyuns bebende Schulter und wusste, dass es an der Zeit war, das zu beenden. "Du weisst es, oder? Und das macht dich fertig. Warum bist du nur so dumm-" "Sei still!", schrie es plätzlich aus dem Ältesten heraus. Er wandte sich um und schlang seine Arme um Seung-Ri, welcher völlig perplex war. Die grossen Hände Seung-Hyuns gruben sich in den Stoff seinen Pullovers und fuhren durch sein Haar. Er klammerte sich an den dünnen Körper, als wäre es Ji-Yongs, welchen er so lang nicht berührt hatte. Seung-Ri fühlte, wie die Umarmung sich weiter festigte und dann schluchzte der Älteste laut und gebrochen. Er vergrub sein Gesicht an Seung-Ris Hals. "Sag es nicht! Ich will nichts davon hören! Ich habe noch Kraft für ihn...es reicht noch....solange, bis er gesund ist...es reicht noch..." Aber seine Stimme wurde leiser, verwandelte sich in ein Wimmern, mit welchem er den Jüngsten noch fester an sich presste. Young-Bae und Dae-Sung standen wie erstarrt, voller Überraschung betrachteten sie den Zusammenbruch Seung-Hyuns, welcher nun derartig schnell gekommen war. Er musste wirklich am Ende seiner Kräfte sein. Young-Bae senkte seinen Blick für kurze Zeit und versuchte, sich zu sammeln. Auch wenn es ihm nicht lieb war, dass es derartig geschah, so war es doch eine Erleichterung, dass Seung-Hyun es einsah, es zugab. Vielleicht hatte er es nicht gesagt, aber er wusste, dass er allein nicht mit all dem fertig werden konnte. Dae-Sung unterdessen plagten nicht nur diese Gedanken. Er beobachtete, wie Seung-Ri, nachdem dieser seinen anfönglichen Schock überwunden hatten, seine Hände hob und sie um Seung-Hyuns Rücken schlang, um ihn zu trösten. Er sah, was er zuvor nicht bemerkt hatte. Wunde, rote Male, welche sich um dessen Handgelenke zogen. Er trat einen Schritt näher, um sie zu betrachten. Aber da Seung-Hyun noch immer weinte, wenn auch mässiger als zuvor, traute er sich nicht, den Jüngsten in diesem Moment darauf anzusprechen. So blieb Dae-Sung unverwandt dessen Handgelenke betrachtend neben ihnen stehen und nahm sich fest vor, die nächste sich bietende Gelegenheit zu nutzen. Während Dae-Sung noch die verschiedensten Horrorvorstellungen plagten, löste Seung-Hyun langsam die feste Umarmung in der er den Jüngsten wie in einem Schraubstock gefangen gehalten hatte. Sein Schluchzen wurde leiser und auch seine Atmung normalisierte sich wieder. Langsam trat er einen Schritt zurück, lehnte sich gegen die nasse Arbeitsfläche und sog seine Arme zurück, verschränkte sie vor den Armen. Er sah keinen von ihnen in die Augen als wäre es ihm unsagbar peinlich, dass er nicht wirklich die Kraft hatte, die er die ganze Zeit nach außen getragen hatte. Noch immer bebten Seung-Hyuns Schultern leicht. "Wenn du reden willst, ich bin für dich da." Young-Bae trat auf den Älteren zu und sah ihm ernst in die Augen, versuchte einen Blick von ihm zu erhaschen und ihn aufzufangen. Doch Seung-Hyun starrte immernoch den Küchenfußboden an und vermied es, in die Gesichter der anderen zu sehen. Er wollte nichts von den Sorgen wissen, die sie sich um ihn machten. Ji-Yong war derjenige, der in ihren Köpfen sein sollte, nicht er. Er musste nur noch ein bisschen mehr Kraft haben, nur ein kleines bisschen nur, dann wäre alles ausgestanden und sie könnten wieder gemeinsam lachen. Also zuckte er nur mit den Schultern, doch er hätte sich denken können, dass Young-Bae sich damit nicht zufrieden geben würde. "Ich finde doch!", beschwor er ihn, legte eine Hand auf seinen Rücken und dirigierte ihn sanft aber bestimmt aus der Küche in Richtung Wohnzimmer. In der Küche zurück blieben die beiden Jüngeren. Seung-Ri immer noch verunsichert von dem plötzlichen Ausbruch des Ältesten und Dae-Sung, dessen Blick wieder zu dessen Handgelenken wanderte. Es würde Seung-Hyun schwer fallen, die Wahrheit laut auszusprechen. Sie ihm endgültig zu gestehen. Aber er würde keine andere Wahl haben. Young-Bae würde ihm keine gestatten. Und so leicht, wie der Ältere sich von ihm ins Wohnzimmer schieben liess, schien dieser sogar den Wunsch zu haben, sich auszusprechen. Er musste ihm nur einen Schubs geben. Da beide auf dem Weg durch den Flur in ihre Gedanken versunken waren, bemerkten sie nicht das leise Klicken, welches das Türschloss von Ji-Yongs Zimmer von sich gab. Ein weit aufgerissenes Auge hatte sie eine Sekunde zuvor noch neugierig verfolgt und war nun hinter der Tür verschwunden. Seung-Ri atmete schwer aus, als Young-Bae und Seung-Hyun gegangen waren. Er hatte das Gefühl Kopfschmerzen zu bekommen. Niemals wäre ihm in dem Sinn gekommen, dass dieser Abend derartig verlaufen könnte. Noch immer fuehlte er Seung-Hyuns Umarmung. "Seung-Riya..." "Mh?", brachte er überrascht hervor, als Dae-Sung ihn ansprach. Dieser trat nah an ihn heran und umschloss seinen Unterarm, um ihn besser betrachten zu können. Nun, da sie allein waren, bot sich die beste Gelegenheit. Seung-Ri war leicht verwirrt. Obwohl die Male noch immer wund waren und brannten nahm er sie nicht mehr wahr. Dae-Sung untersuchte die roten Stellen eingehend. Sie sahen seltsam aus und er konnte sich nicht erklären, woher sie stammen könnten. Er war sich sicher, dass sie am Morgen noch nicht dort gewesen waren. Was war in den Stunden passiert, in welchen der Jüngere mit Young-Bae fort gewesen war? "Was ist das?", fragte er daher unverblühmt. Seung-Ris Blick huschte zu seinen Handgelenken und er spürte, wie Hitze in ihm aufwallte. Sein Herz schlug blitzartig schneller. Young-Baes eisige Worte erklangen wieder in seinem Ohr und er fühlte dessen heissen Atem auf seiner Haut. Sah ihn über sich, mit diesem verruchten Blick. In der nächsten Sekunde fuehlte er sich ertappt und schmutzig. "Ach das...das ist von...von meinen Handschuhen." "Von deinen Handschuhen?", hakte Dae-Sung skeptisch nach und fuhr mit dem Finger über die wunde Haut, was sein Gegenüber leicht zusammenzucken liess. "Ja, sie sind etwas eng. Ich sollte sie wahrscheinlich nicht mehr tragen.", antwortete er nun etwas sicherer. Das örte sich zumindest fuer seine Ohren nach einer guten Ausrede an. Trotzdem schien Dae-Sung nicht wirklich ueberzeugt. "Es sieht aus, als würde es weh tun. Wir haben im Bad bestimmt noch Wundsalbe oder sowas. Komm mit." "Ach, lass doch Hyung, so schlimm ist es nicht." Doch der Ältere zog ihn einfach in den Flur und in Richtung Badezimmer. "Warum hast du dich denn so?" "Ich brauch das nicht. Lass uns...", endlich schaffte er es, Dae-Sung seinen Arm zu entwinden, "...lass uns lieber sehen, ob bei den anderen alles in Ordnung ist." Und ohne eine Antwort abzuwarten, lief er zum Wohmzimmer hinüber. Er machte sich wirklich Sorgen, ob Young-Bae auch die richtigen Worte fand. Seung-Ri wollte nicht heimlich lauschen und sich auch nicht verstecken, weshalb er die Tür leise aufschob und eintrat. Young-Bae und Seung-Hyun unterhielten sich mit ruhigen Stimmen. Doch verstummten sie, als sie ihn bemerkten. "Seung-Riya, ist alles in Ordnung?", erkundigte sich Young-Bae, nachdem sich die beiden einen Moment lang unverwandt angestarrt hatten. "Ja, ich wollte nur sehen, ob... alles..." Seine Stimme erstarb und auf einmal kam er sich in der Wohnzimmertür furchtbar deplaziert vor. So als wäre der Platz, wo er in diesem Moment hingehörte, derjenige, der am weitesten von den beiden Ältesten entfernt war. Er fühlte sich wie ein ungewollter Störfaktor und machte Anstalten, sofort wieder in den Flur zu verschwinden. Young-Bae blickte ihn noch immer ernst an, während Seung-Hyun nach einem kurzen Blick über die Schulter dazu übergegangen war, die Wand ihm gegenüber finster anzustarren. Es kränkte den Jüngsten ein wenig, dass die beiden dieses wichtige Gespräch scheinbar nicht mit ihm teilen konnten und wieder stieg auch die Unsicherheit was seine Beziehung mit Young-Bae anbelangte in ihm auf. Aber vielleicht hatten sie recht, ihn in diesem Moment nicht einzubeziehen. Doch als er sich gerade umdrehen wollte, drängte sich Dae-Sung, der die seltsame Stimmung nicht zu bemerken oder zu ignorieren schien, an ihm vorbei ins Wohnzimmer. "Sorry, wenn wir stören. Sagt mal, haben wir noch Wundsalbe?" Young-Bae wandte seinen Blick verdutzt von dem Jüngsten ab. "Äh, wieso, hat einer von euch sich verletzt?" Dae-Sung nahm Seung-Ri am Unterarm und zog ihn vor die anderen beiden. "Hier!", antwortete er und zeigte das Handgelenkt des anderen vor. Seung-Ri wollte seinen Arm zurückziehen, doch Dae-Sungs Griff war fester, als man es hätte vermuten können. "Lass das, ist schon in Ordnung", murmelte er. Er traute sich nicht, den beiden Älteren in die Augen zu sehen, aus Angst etwas darin zu finden, was er nicht finden wollte. "Er sagt, es würde von seinen Handschuhen kommen und ich finde, dass man es verarzten sollte. Nicht, dass es sich entzündet", erklärte Dae-Sung und ließ den Arm des Jüngeren endlich los. Dieser zog seine Ärmel wieder so weit über die Handgelenke wie es möglich war und verschränkte sie dann eng vor der Brust, damit die roten Male nicht erneut unter den Blicken der anderen brennen würden. Er hätte darauf achten müssen, dass keiner sie sah, doch nun war es zu spät und er konnte nur darauf hoffen, dass auch Seung-Hyun seine an den Haaren herbeigezogene Erklärung glauben würde. Und dass Young-Bae nicht sauer auf ihn war, weil er unachtsam gewesen war. Seung-Hyun glaubte keinen Moment an Seung-Ris Ausrede. Er hatte einen uninteressierten Blick auf die Arme des Jüngsten geworfen, als Dae-Sung hereingeplatzt war. Es gab im Moment viel Wichtigeres, doch dann hatten die wunden Striemen seine Aufmerksamkeit gefesselt. Sie machten ihm Sorgen. Seung-Ri war noch vor kurzem mit Young-Bae unterwegst gewesen. Was war passiert? Er war in den letzten Tagen so sehr damit beschäftigt gewesen, sich um Ji-Yong zu kümmern, dass er sich selbst, aber auch seine anderen Freunde vollkommen aus dem Blick verloren hatte. Was war hier passiert, von dem er nichts mitbekommen hatte? Er dachte noch darüber nach, als Young-Bae Dae-Sung erklärte, wo er die Salbe fände und dieser den Jüngsten wieder aus dem Zimmer gezogen hatte. Als sich dieser wieder ihm gegenüber auf dem Sofa niedergelassen hatte, betrachtete Seung-Hyun ihn schweigend. Ihr Gespräch war unterbrochen worden, aber dies war ihm beinahe recht. Zudem war er es nun, der einige Fragen stellen wollte. Young-Bae stellte ihn zur Rede, aber dieser schien selbst kaum mit der Situation fertig zu werden. Auch wenn er versuchte, es zu verstecken. Seung-Hyun war sich sicher, dass der Jüngere etwas mit Seung-Ris Wunden zu tun hatte. Vor allem da dieser immer nervöser wurde, je länger er ihn ansah. "Vielleicht geht es mich nichts an, aber...bist du dir sicher, dass du mit alle dem gut zu recht kommst?" Young-Bae wirkte keinen Moment verwirrt. Er wusste genau, wovon Seung-Hyun sprach, wesbald er den Blick kurz abwandte und sich einen tiefen Atemzug nehmend mit der Zunge über die Unterlippe fuhr. Er lehnte mit seinen Unterarmen auf seinen Oberschenkeln und warf dem Älteren von unten her einen Blick zu. "Hör zu, ich hatte Seung-Ri hier raus bringen wollen. Du siehst doch, wie krank ihn Ji-Yongs Zustand macht." "Und weiter." Young-Bae seufzte. "Ich hatte gehofft, dass wir mal an was anderes denken können, wenn wir hier raus sind, aber...es hat nicht funktioniert." Daraufhin wandte er seinen Blick ab und schwieg. Young-Bae fühlte wie sein schlechtes Gewissen nun noch stärker an ihm nagte. Jetzt, wo Dae-Sung und Seung-Hyun die Spuren von dem entdeckt hatten, was er Seung-Ri angetan hatte. Seung-Hyun war der Zustand ihres Jüngsten durchaus bewusst und so konnte er die Beweggründe seines Gegenübers verstehen, etwas auf Abstand gehen zu wollen, zumindest für eine Weile. Doch diese Wunden... "Und weil es nicht funktioniert hat, hast du ihm weh getan, ja?" "Ich hab ihm nicht weh getan!" Young-Bae bedachte den Älteren eines bösen Blickes. Es war nicht an Seung-Hyun, über ihn zu richten oder ihm Vorwürfe zu machen. Nur weil dieser sich für Ji-Yong aufopferte, glaubte er, so reden zu können. Young-Bae fühlte Wut in sich aufwallen, aber er unterdrückte sie. Ein langes Schweigen entstand zwischen ihnen. Minutenlang brüteten beide vor sich hin, wissend, dass sie die Wahrheit akzeptieren mussten, um weiter zu kommen. Letztlich war es Young-Bae, der als Erster sprach. Seine Stimme war nur leise. Sie schien voll Reue. "Ich wollte ihm nicht weh tun." Er fuhr sich mit den Händen über das Gesicht, scheinbar selbst nicht verstehend, was vor einigen Stunden geschehen war. "Es ist einfach passiert und...er macht mir nicht einmal Vorwürfe. Wie...wie kann er nur so ruhig bleiben? Er sollte mir wenigstens böse sein. Aber er sagt kein Wort." "Er muss dich wirklich sehr gern haben." Seung-Hyun lächelte, aber es lag ein abgrundtiefer Schmerz darin. Er musste daran denken, wieviele unüberwindbar scheinende Hürden er zu übersteigen hatte, bis er endlich mit Ji-Yong so zusammen sein konnte, wie seine beiden Freunde. Er beneidete Young-Bae auf eine Weise, die er selber nicht ganz verstand, hatten die beiden doch ihre eigenen Probleme. Und doch schienen ihm diese im Moment fast nichtig, unbedeutend neben den Lasten, die er auf seiner Seele trug. Young-Bae sah seinen Freund einen Augenblick lang unverwandt von der Seite an, dann breitete sich auch auf seinen Lippen ein leichtes Lächeln aus. "Ja, du hast sicher recht. Und ich bin ihm unglaublich dankbar dafür..." "Trotzdem. Sorg besser dafür, dass so etwas nicht wieder vorkommt. Seung-Ri geht es schon schlecht genug. In Ordnung?" Young-Bae nickte. Trotz der Schelte schien es, als sei der Druck in seiner Brust weniger geworden. Seung-Hyun ging es so schlecht und trotzdem schaffte er es noch, ihn mit ein paar einfachen Worten wieder aufzubauen. Der Jüngere bewunderte die Kraft, die in ihm steckte und hatte gleichzeitig große Angst, dass seine Reserven bald erschöpft sein könnten. Vielleicht war dies die letzte Gelegenheit, bevor Seung-Hyun am Ende seiner Kräfte war und ebenfalls zusammenbrach - war er doch vorher in der Küche gar nicht allzu weit davon entfernt gewesen. "Hyung, du musst schlafen", sagte er nach einer Weile und sah dem anderen ernst in die Augen. "Ja, ich weiß, aber Ji-Yong, er..." "Wir werden uns gut um ihn kümmern, versprochen. Du kannst dich wirklich auf uns verlassen, aber ruh dich eine Weile aus." Von der Tür aus beobachtete Young-Bae, wie Seung-Hyun sich wirklich auf das Sofa fallen liess und die Decke über seinen Körper zog. Es beruhigte ihn, diesen endlich einmal fort von Ji-Yong zu wissen. Bereits wenige Sekunden später war nur noch ruhiges Atmen zu vernehmen. Seine Erschöpfung musste wirklich sehr gross sein. Nachdem der Jüngere die Wohnzimmertür geschlossen hatte, schlich er zu Ji-Yongs Zimmer hinüber und lauschte. Es war kein Laut zu hören und so nahm er an, dass ihr Leader schlief. Jedoch, was Young-Bae nicht wusste; Ji-Yong schlief nie, wenn Seung-Hyun nicht bei ihm war. "Au! Sei vorsichtig." "Hür auf zu jammern. Ich bin nett zu dir und du beschwerst dich." "Nett? Du zwingst mich und bist dann auch noch brutal." "Halt still." Dies waren die Gesprächsfetzen, welche Young-Bae aufschnappte, als er die Küche betrat. Darin fand er Dae-Sung unf Seung-Ri in trauter Zweisamkeit am Esstisch sitzend. Sein süsser Freund schien in besten Händen zu sein. Dae-Sung hatte ihm die Handgelenke sogar einbadagiert. "Dae-Sung Hyung, du übertreibst." "Nein, das tut er nicht.", fiel Young-Bae dem Jüngsten ins Wort, woraufhin beide seiner Freunde aufsahen. "Hyung!", kam es leicht ueberrascht aus Dae-Sungs Mund und dieser liess von dem Jüngeren ab. Young-Bae ging auf ihn zu und legte ihm eine Hand auf die Schulter, wobei er allerdings Seung-Ri mit einem ernsten Blick bedachte. "Dae-Sung tut genau das Richtige...danke." "Schon OK.", erwiderte dieser etwas verwirrt darüber, dass nicht er selbst es war, den Young-Bae ansah. Seung-Ri hingegen senkte den Blick. Der Jüngere fühlte, wie sein Herz wieder schneller schlug. Seinem geliebten Freund ging das, was er getan hatte, wirklich zu Herzen. Er konnte es fühlen und aus diesem Grund fürchtete er sich nicht vor ihm. Es war in Ordnung. Er war in Ordnung. Sie waren es. Fast um diesen Gedanken zu bekräftigen nickte er fest und nahm Young-Baes Blick wieder auf. Danach lächelte er Dae-Sung zu. "Danke, Hyung." Dieser begriff wiederum rein gar nichts, jedoch freute er sich, dass er in einer Zeit wie dieser etwas Gutes hatte tun können. Kapitel 24: Crooked ------------------- Er würde nicht mehr wiederkehren. Bestimmt nicht. Alle hatten Angst vor ihm und Young-Bae hatte die Wahrheit ausgesprochen. Seung-Hyun war kaputt. Er hatte es gesehen. Als der Ältere sein Zimmer verlassen hatte, hatten sie auf dem Flur zu reden begonnen. Soviel Angst auch in ihm steckte, als er Seung-Hyuns bebende Stimme vernahm, hatte er diesem einfach folgen müssen. Und Ji-Yong hatte ihn gesehen. Er hatte ihn zusammenbrechen sehen. Weinend. Bitterlich weinend. Und es war Seung-Ri gewesen, an welchen er sich geklammert hatte. Noch immer war das Bild in seinem Kopf. Klarer als alle anderen zeichnete es sich vor seinem inneren Auge ab. Er war schuld, dass Seung-Hyun so geworden war und die anderen wussten es. Was sollte er tun, wenn sie ihn wirklich für immer von ihm fern hielten? Wenn er wieder allein sein müsste? Zuvor hatte er Nähe nicht ertragen, doch wenn er Seung-Hyuns Anwesenheite spürte, fühlte er sich sicher. Nur dann verloren die Albträume ihre Macht über ihn. Ohne ihn könnte er nicht weitermachen. Ji-Yong sah durch das diffuse Licht zur Zimmertuer hinüber. Sie war stumm. Es war sehr ruhig im Haus. Und Seung-Hyun war bereits lang fort. Er würde nicht zurückkehren. Diese Gewissheit schmerzte sehr. Sie trieb ihm Tränen des Schmerzes in die Augen. Er war unerträglich. Leise begann er zu wimmern. Immer wieder hatte Dae-Sung versucht, ein Gespräch anzufangen, musste aber schnell feststellen, dass seine Bemühungen fruchtlos blieben und somit besch#ftigte er sich mit dem Abwasch, während die anderen beiden stumm am Küchentisch saßen. Young-Bae schob unmotiviert den Salzstreuer von links nach rechts und rupfte kleine Stücke aus einer Papierserviette, während nur seine nervös auf- und abwippenden Füße verrieten, wie aufgewühlt er war. Seung-Ri hatte seinen Kopf auf die Rückelehne des Stuhls gelegt, die Arme vor der Brust verschränkt und starrte riesige Löcher in die Luft. Manchmal schob er einen Finger unter die Verbände, die Dae-Sung ihm umgemacht hatte und kratze an den wunden Stellen. Keiner von ihnen hatte etwas zu sagen oder etwas zu tun, doch ihre Gedanken kreisten um das Selbe. Um Seung-Hyun, der im Nebenzimmer schlief, endlich schlief und Ji-Yong, allein in dem Zimmer am Ende des Flurs, dem es so schlecht ging. Eine halbe Stunde hatten sie nun schon nicht mehr gesprochen und Dae-Sung war kurz davor, in die Luft zu gehen vor Anspannung. Schon ein paar Mal hatte er es erfolgreich versucht, den Drang herunterzukämpfen, nach ihrem Leader zu sehen und sich davon zu überzeugen, dass alles in Ordnung war. Seit Seung-Hyun nicht mehr bei diesem war, hatte Dae-Sung ein ungutes Gefühl beschlichen. In den letzten Tagen war ihr Ältester immer bei Ji-Yong gewesen. Sie alle hatten sich sicher sein können, dass er ihn auffangen können würde, wenn er fiel. Aber nun schlief Seung-Hyun - schlief endlich. Und die Nervosität beschlich ihn. Seine Vernunft sagte ihm, dass es ihrem Leader gut gehen, dass schon nichts passieren würde, nur weil Seung-Hyun nicht bei ihm war, aber das dumpfe Gefühl konnte er dennoch nicht abschütteln. Schließlich stellte er die Schale, aus der er gerade angetrocknete Reisreste geschabt hatte, in die Spüle zurück, warf sich das Küchentuch über die Schulter und verschwand mit einem gemurmelten 'Ich geh nur kurz auf die Toilette' in den Flur. Vor Ji-Yongs verschlossener Tür blieb er stehen. Kurz überlegte Dae-Sung, ob er sie nicht einfach öffnen und in das Zimmer schauen sollte, aber dann legte er doch nur das Ohr gegen das dünne Holz. Er hörte nichts. Wahrscheinlich hätte ihn das beruhigen müssen, doch aus irgendeinem Grund wurde das Drücken in seiner Magengegend nur noch stärker, ebenso wie der Drang, die Tür zu öffnen. Schon lag seine Hand auf der Türklinke, schon hatte er die Muskeln seines Armes angespannt und bevor er es realisierte, stand er bereits in dem Raum, der dahinter lag. Dae-Sung benötigte einen Moment, um sich an das schummrige Licht zu gewöhnen. Die Vorhänge waren vor die Fenster gezogen, obwohl es erst Nachmittag war. Die Vorstellung, dass Ji-Yong hier seit Tagen abgeschottet von ihnen lebte, nein, vegetierte, bereitete ihm Unbehagen. Er spürte plötzlich, dass es ein Fehler war, allein zu kommen. Wie sollte er mit ihrem Leader umgehen? Das letzte Mal, dass er ihn für mehr als einige Sekunden zu Gesicht bekommen hatte, war dieser von Seung-Hyun schreiend auf sein Bett gedrückt worden. Doch nun war er hier. Ji-Yong saß am Rand seines Bettes, den Oberkörper weit nach vorn gebeugt. Er schien zu zitteren. "Hy-Hyung? Ist alles in Ordnung?", fragte Dae-Sung sehr leise. Natürlich bekam er keine Antwort. Deshalb trat er näher. War es ein Wimmern, das er hörte? Dae-Sung spürte ein flaues Gefühl in sich aufkommen. "Hyung, was machst du da? Tut dir etwas weh?" Es machte ihn nervös, dass er durch das schlechte Licht im Raum nur wenig erkennen konnte. Vielleicht war es nicht richtig, aber er trat vorsichtig an Ji-Yong vorbei, welcher ihn noch immer nicht wahrnahm und öffnete die Vorhänge einige Zentimeter. Das graue Nachmittagslicht fiel auf die Gestalt auf dem Bett und zog ihre Aufmerksamkeit auf sich. Ji-Yong wurde aus seinen Gedanken fortgerissen und drehte sein Gesicht vorsichtig dem Licht zu, wobei er in seinen Bewegungen inne hielt. Seine Augen, unter welchen tiefe Ringe lagen, waren nicht mehr an die Helligkeit gewöhnt, sodass er unbedacht einen Arm hob, um sie abzuschotten. In diesem Moment sah Dae-Sung es. Das Blut, das daran heruntertropfte. "Hyung, was hast du getan?", flüsterte er entgeistert und griff, ohne einen Gedanken an die Konsequenzen zu verschwenden, nach Ji-Yongs Handgelenk. Die Innenseite seines Armes war blutig gekratzt. Und als er sah, dass es bei dessen anderen Arm das Gleiche war, ergriff Dae-Sung auch diesen. Ich konnte es nicht glauben. Nicht verstehen. Es war wie die Ruhe vor dem losbrechen eines Orkans. Dae-Sung starrte noch immer ungläubig die Arme seines Freundes an, dieser hob träge den Kopf, als würde er nur langsam begreifen, was sein Gegenüber tat. Doch dann fixierte sein Blick ihn und er begriff. Seine Augen weiteten sich vor Schreck. Ein lauter, schriller Schrei der Abscheu und der Angst gellte durch das kleine Apartement und ließ seine beiden wachen Freunde aufschrecken. Eben noch hatten sie ruhig, zärtlich aneinandergeschmiegt dagesessen, schon sprangen sie auf und hetzten durch den Flur um der Ursache des Schreis nachzugehen. Young-Bae riss die Tür auf und war auf einiges gefasst, aber das Bild, das sich ihm bot war dennoch erschreckend. Geschockt blieb er im Türrahmen stehen, so dass Seung-Ri in seinen Rücken prallte. Doch auch dieser konnte einen Moment gar nichts tun, als er die Szene sah, die sich in dem kleinen Zimmer abspielte. Es bot sich ihnen ein Bild der Verwüstung. Das Bett, in dem Ji-Yong die letzten Tage verbracht hatte, war auseinandergerissen. Die Decke hatte sich um die Beine ihres Leaders geschlungen und er selbst stand schwankend und brüllend an die Wand gepresst, seine Hände tasteten wild umher, sein Blick war beinahe wahnsinnig, panisch. Er griff nach allem, was er erreichen konnte und schleuderte es in Richtung Dae-Sungs, der nichts anderes tun konnte, als die Arme vor den Kopf zu heben und sich so vor den Angriffen zu schützen. Es war alles so schnell passiert, dass er es selbst nicht verstand und als seine Freunde endlich aus ihrer Starre erwachten und ihn anschrien, was hier passiert sei, konnte er nur den Kopf schütteln und unsinniges Zeug vor sich hinstottern. Er wusste, dass er nach Ji-Yongs Armen gegriffen hatte, unbedacht, um sich die Verletzungen anzusehen. Natürlich hatte er nicht an die Folgen gedacht, er war zu geschockt von den tiefen Kratzern. Dann der Aufschrei. Ji-Yong, der unverständliche Verwünschungen kreischte und wie in Todesangst aus dem Bett floh, dabei fast hinfiel. Dae-Sung hatte versucht ihn aufzufangen, doch der andere hatte wie wild um sich geschlagen, so als würde er nicht mehr wahrnehmen, mit wem er hier kämpfte. Seine inneren Dämonen quälten ihn so sehr, dass er sogar seine Freunde angriff. Young-Bae war bereits nach den wenigen Sekunden klar, die nach ihrem Eintrffen im Schlafzimmer vergangen waren, dass sich das Problem nicht von selbst lösen wuerde. Er würde Ji-Yong nicht beruhigen können, wie Seung-Hyun es getan hatte. Diese Fähigkeit war ihm nicht gegeben. Aber wenn sie darauf warteten, hofften, dass ihr verängstigter Anfüher es allein schaffen würde, könnte noch etwas Schlimmeres passieren. Dae-Sung konnte sich nicht von der Stelle bewegen. Er hatte Angst, Ji-Yong noch mehr in Panik zu versetzen, wenn er sich rührte, um den Geschossen zu entgehen. Er war wirklich unbedacht gewesen. In dem Moment, als er seine Deckung leicht sinken ließ, entdeckte Ji-Yong die Schreibtischlampe. Schwer atmend und mit bebenden Händen ergriff er sie, hielt sie fest umklammert, wie seine letzte Verteidigung. Er sah nicht die Wirklichkeit. In diesen Momenten konnte er es nicht. Dae-Sung war in seinen Augen nur eine dunkle Gestalt und er musste sie auf Abstand halten. Er musste alles von sich fern halten. Jetzt, wo auch Seung-Hyun gegangen war, war er auf sich allein gestellt. Er holte weit aus und seine drei Freunde hielten den Atem an. Ji-Yong schleuderte die Lampe auf Dae-Sung, welcher entsetzt aufschrie und sich zur Seite warf, sodass das Geschoss ihn knapp verfehlte. Der Anführer jedoch hatte sich mit diesem Wurf selbst niedergestreckt. Der Schwung, mit welchem er geworfen hatte, riss ihn nach vorn und die Decke, die sich noch immer um seine Beine schlang, brachte ihn zu Fall. Er schrie laut, nicht im Stande sich zu befreien. Alles wurde schwarz, aber nur für einen kurzen Augenblick. Young-Bae nutzte die Gunst der Stunde. Er hatte Seung-Ri zwar von ihrem Anführer fernhalten wollen, aber jetzt brauchte er ihn. "Haltet ihn fest und zieht ihn auf die Beine!", befahl er in einem Ton, welcher keine Wiederrede zuliess. Dae-Sung und der Jüngste sprangen auf den in Raserei verfallenen Ji-Yong zu und zogen ihn in eine aufrechte Position. Es war ihnen beinah unmöglich, ihn festzuhalten. Ji-Yong strampelte die Decke von seinen Beinen und begann um sich zu treten. Young-Bae rannte zu seinem Nachttisch. In der obersten Schublade befanden sie sich. Die Beruhigungstabletten. Er hatte sie nie benutzen wollen. Mit fahrigen Haenden drückte er zwei aus ihrer Verpackung und hastete zu seinen verzweifelt ringenden Freunden. "Dae-Sung, du musst sein Kinn festhalten. Halt seinen Kopf hoch." Unsicher sah der Angesprochene auf die Tabletten, aber er vertraute dem Älteren. Seung-Hyun würde vielleicht nicht mehr die Kraft besitzen, Ji-Yong noch einmal zu helfen. Sie hatten keine Wahl. Und mit diesem Gedangen versuchte auch Young-Bae seine Zweifel zu beseitigen. Doch sie verschwanden nicht. Dae-Sung packte Ji-Yongs schmales Kinn und zerrte seinen Kopf nach oben, sodass dessen Mund sich leicht öffnete. Young-Bae kam näher, die Tabletten fest zwischen seinen Fingerspitzen. Ji-Yong, welcher kaum noch Kraft hatte zu schreien, begann umso wilder zu zappeln und wimmerte nur noch laut, sodass es ihnen allen das Herz zerriss. Seine Augen blickten panisch auf Young-Baes näherkommende Hand und seine Tränen begannen in endlosen Bahnen zu fliessen. "Nein!"f lehte er hilflos. "...bitte nicht...hör auf..." Seine Stimme war schwach und heiser, doch trotzdem schaffte sie es beinahe, Young-Bae dazu zu bewegen, sein Vorhaben aufzugeben. Er war kurz davor, als Ji-Yong erneut durchdrehte. "Verschwinde!!!!!!!!Arschloch!!!!!!!!!", hörten sie ihn schreien und konnten es kaum fassen. Jetzt wussten sie, dass er sie nicht mehr erkannte. Young-Bae musste dies beenden. "Ji-Yong, es tut mir leid", sagte er, bevor der die Tabletten in dessen schreienden Mund zwang und ihn zuhielt. Diese Entschuldigung war ehrlich, auch wenn Ji-Yong es nicht verstand. Aber der Ältere hoffte, dass dieser es irgendwann begreifen würde. "Hör sofort damit auf, Vollidiot!!" Zuerst dachte Young-Bae, es seien noch immer die Schreie des Leaders, die sein Ohr erreichten, doch als eine unerbittliche Hand in seine Kleidung griff und ihn beiseite zog, wusste er, dass es nicht so war und dass die tiefe, gnadenlose Stimme Seung-Hyun gehörte. Er war außer sich. Er hatte tief geschlafen und zuerst hatten sich die lauten Geräusche nur unbewusst in seine Traumwelt eingeflochten, doch dann ertönte ein dröhnendes Krachen, gefolgt von angstvollen Schreien und er erwachte mit einem Mal. Und dann das. Das Zimmer war ein Durcheinander, Scherben, Stifte und mehr kaputter Kleinkram waren auf dem Boden verteilt, seine Freunde hielten Ji-Yong fest und es brauchte nur den Bruchteil einer Sekunde, bis Seung-Hyun bemerkte, was sie vorhatten. Er musste eingreifen, musste verhindern, dass sie Ji-Yong das antaten. Wenn er es nicht tat, würde Ji-Yong das Vertrauen in sie alle, und vor allem in ihn verlieren. Das konnte er nicht zulassen. Also griff er nach Young-Bae und zog ihn mit aller Kraft beiseite, schrie ihn an. Die beiden Jüngeren waren von seinem plötzlichen Auftauchen so überrascht, dass sie vergaßen, ihren Anführer festzuhalten, der sich sofort loswand, immer noch strampelnd, immer noch nichts sehend als schemenhafte Gestalten, die ihm Böses zufügen wollten. In seiner Wut und Angst hieb er Dae-Sung auf die Wange, so dass dieser schrill aufschrie. Seung-Hyun, der versuchte, seine Wut auf seine Freunde zu zügeln, ließ von Young-Bae ab und wandte sich wieder dem Leader zu, der sich nur langsam zu beruhigen schien. Ohne nachzudenken legte er ihm seine Hand auf die Wange und zwang ihn, in seine Richtung zu blicken. Es war so, als würde das zornige Dunkel im Ji-Yong herum sich auflösen, langsam nur, doch er begriff, dass Seung-Hyun bei ihm war. Nun würde ihm keiner mehr etwas tun können. Noch immer ging sein Atem schwer, sein Brustkob hob und senkte sich schmerzhaft, doch die Panik schien gebannt. Langsam hob er die Hand und schob die des Älteren von seiner Wange, doch sein Blick drückte Dankbarkeit aus. "Raus hier", wies Seung-Hyun die anderen an. Nun war es wieder seine Sache, sich um Ji-Yong zu kümmern. Und wenn es ihn seine letzte Energie kosten würde. --- "Und jetzt will ich wissen, was hier eigentlich passiert ist!", forderte Seung-Hyun und sein Blick duldete keine Widerrede. Gerade hatte er Ji-Yong dazu gebracht, sich wieder in sein Bett zu legen, hatte ihm beruhigende Worte gesagt und die gröbste Unordnung wieder beseitigt. Dann war er ins Wohnzimmer zurückgekehrt, wo di anderen mit ernsten und Schuldbewussten Gesichter Platz genommen und auf ihn gewartet hatten. Besonders in Young-Baes Ausdruck konnte man die Schuld lesen. Letztendlich hatte er Seung-Hyun ins Bett geschickt und die Verantwortung übernommen. Und er hatte versagt. Niemand schien dem Ältesten wirklich antworten zu wollen. Jeder von ihnen fürchtete sich vor dem, was kommen würde, wenn dieser erfuhr, wie es zu all dem gekommen war. Vor allem aber fürchtete sich Dae-Sung. War er doch derjenige, der falsch und unbedacht gehandelt hatte. "E-es war..", setzte er leise an. "Es war meine Schuld. Ich war unvorsichtig." Seung-Hyuns durchdringender Blick fiel auf den sich Zusammenkauernden und forderte wortlos eine bessere Erklärung. Young-Bae machte Anstalten, den Jüngeren davon abzuhalten, weiterzusprechen und alle Verantwortung auf sich zu nehmen, aber Dae-Sung ließ sich nicht zum Schweigen bringen. "Ich wollte nur nach ihm sehen, aber...h-hast du seine Arme gesehen?! Ich-ich war so entsetzt, dass ich ihn angefasst habe. Seine Arme..." Bei seiner Frage hatte er Seung-Hyun hilflos fragend in die Augen gesehen, in der Hoffnung auf Verständnis. Doch als dieses nicht erschien, sank sein Blick wieder dem Boden zu. "Deshalb ist er in Panik geraten. Young-Bae und Seung-Ri haben nur versucht, mir zu helfen...und dir." Dae-Sung hatte das Gefühl, seine Freunde unbedingt verteidigen zu müssen. Seung-Hyun sollte nicht denken, dass sie unfähig waren, mit ihrem Leader umzugehen. Er sollte nicht der Überzeugung sein, dass nur er allein mit Ji-Yong fertig werden konnte. Doch leider war es bereits zu spät. Seung-Hyun schüttelte langsam den Kopf und fuhr sich mit einer Hand durch das Haar. Er atmete tief ein. "Ist das alles? Mehr ist nicht passiert?" "N-nein..." "Hyung", setzte da Young-Bae an. "Bitte gib nicht Dae-Sung die gesamte Schuld. Was hätte er tun sollen? Zulassen, dass Ji-Yong sich weiter verletzt?" Er erhob sich und ging auf den Älteren zu, die Hände ausgebreitet, als gäbe es für diese Frage nur eine einzige Antwort. "Ihr hättet mich holen können." "Du weisst genau, warum wir das nicht getan haben. Und die Tatsache, dass du trotz des Lärms so spät kamst, beweist, dass du Ruhe brauchst." "Aber es geht hier nicht um mich, sondern um ihn-" "Nein! Es geht vor allem um dich. Wir haben doch schon darüber geredet." "Ja, aber du hast dein Versprechen nicht gehalten. Du kannst keine Verantwortung für ihn übernehmen. Nur ICH kann ihm helfen. Das ist jetzt wohl mehr als deutlich geworden!" Seine Stimme wurde lauter, bis Young-Bae zurückwich. Seung-Hyuns Worte und die Wahrheit, die darin lag, trafen ihn wie ein Schlag in den Magen. Er wandte sich ab, denn er konnte nichts mehr erwiedern. Jede Verteidigung war eine Lüge. "Ich werde jetzt gehen und ihn verarzten, wenn er mich lässt. Und ihr betretet dieses Zimmer nicht mehr." Er sprach es aus, wie einen Befehl und niemand wagte, zu wiedersprechen. Nachdem sich die Tür geräuschvoll geschlossen hatte, sahen sich die Drei betreten an. In Seung-Ris Augen wallten Tränen auf. "Hyung", sprach er Young-Bae an. "Er hat uns verboten zu Ji-Yong zu gehen. Das kann er nicht machen.", stiess er erstickt hervor. Doch der Ältere hatte keine aufmunternden Worte für ihn. Auch Young-Bae war nun am Ende angelangt. Seung-Hyun war auf sich allein gestellt, endgültig. --- Kaum hatte er die Küchentür hinter sich geschlossen, sank Seung-Hyun erschöpft gegen die kühle Flurwand. Er hatte das Bedürfnis, sich hinzulegen und einfach zu schlafen, doch das konnte er sich nicht erlauben. Wie lange noch? Das wusste er nicht, doch er musste stark bleiben. Tränen brannten in seiner Kehle, Tränen der Erschöpfung und der Wut auf die Ungerechtigkeit des Lebens, doch er schluckte sie herunter und drückte seinen bleischweren Körper wieder von der Wand weg. Es gab da jemanden, um den er sich kümmern musste. Im Bad, wo er den Verbandskasten aus dem Schrank nahm, warf er einen ehrlichen Blick in den Spiegel und erschrak fast vor seinem Abbild. Natürlich hatte Young-Bae recht, er brauchte Ruhe, aber nicht zu solch einem hohen Preis. Seung-Hyun versuchte gequält, sein Spiegelbild anzulächeln, doch es schnitt ihm nur eine Fratze, die nicht im entferntesten mehr an den fröhlichen jungen Mann von vor gar nicht allzu langer Zeit erinnerte. "Ach, lass mich doch in Ruhe!", zischte er dem Spiegel zu, griff nach dem Verbandszeug und trat vor Ji-Yongs Zimmer. Er klopfte fest an und wartete auf Antwort, bevor er eintrat. Um den gebührenden Abstand zu wahren setzte er sich nicht auf das Bett seines Freundes, sondern zog sich einen Stuhl so heran, dass er Ji-Yong in die Augen sehen konnte. "Ji-Yonga... was ist heute passiert?" Die gleiche Frage, die er auch den anderen gestellt hatte, aber jetzt klang sie nicht wütend und herrisch sondern sanft und besorgt. Ji-Yong antwortete nicht, sah dem anderen noch nicht einmal ins Gesicht. Seine einzige Reaktion auf die Frage war, dass er die Beine noch weiter anzog und sich tiefer in die Decke zu graben schien. Nun gut, er konnte ihn nicht drängen, wenn er nicht reden wollte, also setzte er an einem anderen Punkt an. "Ich würde dich gerne verarzten, wenn du es mir erlaubst. Ich habe Desinfektionsmittel und Verbände dabei." Zur Demonstration öffnete Seung-Hyun den kleinen Kasten und suchte die angekündigten Gegenstände heraus. Er zeigte sie dem Jüngeren. "Willst du mir deine Arme zeigen?" Auf diese Frage hin gab Ji-Yong dem Älteren nur ein Kopfschütteln. Seine zerkratzten Arme schmerzten, doch zog er sie unter der Decke dichter an sich. Unmöglich konnte er Seung-Hyun sehen lassen, was er sich zugefügt hatte. Jetzt, nachdem sich der Sturm in ihm gelegt hatte, konnte er erkennen, dass er in diesem Moment nicht er selbst gewesen war. Sein Freund hatte ihn ein weiteres Mal zurückgeholt. Und er hatte befürchtet, dieser würde nicht mehr zu ihm zurückkehren. Dabei saß er doch hier und dah erschöpfter aus als je zuvor. Er machte nur Ärger und trotzdem wollte Seung-Hyun ihm noch helfen. "Ji-Yonga, lass mich dich wenigstens verarzten. Ich werde dir nicht weh tun", bat der Ältere, es wagend, seine Hand auf die Bettdecke zu legen, an den Punkt, an welchem er Ji-Yongs Schulter vermutete. Die indirekte BerÜhrung schien etwas in dem Jüngeren zu bewegen. Sehr langsam begann sich dessen rechter Arm unter dem Rand der Decke hervorzuschieben. Als zum Vorschein kam, was Seung-Hyun im vorhergegangenen Kampf mit ihrem Freund nur flüchtig gesehen hatte, musste er die Lippen zusammenpressen, um nichts Unüberlegtes zu sagen. Mit Bedacht legte er seine Hand unter das Handgelenk Ji-Yongs, um dessen Arm leicht anzuheben. Er betrachtete dessen Fingernägel, unter welchen getrocknetes Blut klebte. Die Frage, warum sein Freund dies getan hatte, brannte in seiner Brust, doch er hielt sich zurück. Langsam schob er die Decke vom Oberkörper des Jüngeren und legte auch dessen anderen Arm frei. Er war auf die selbe Weise zugerichtet. Ji-Yong verkrampfte sich, aber begann nicht zu wimmern oder zu schreien. Dies gab Seung-Hyun Sicherheit. "Setz dich bitte hin. Dann machst du es mir leichter." Diese Formulierung hatte er gar nicht verwenden wollen. Sie rutschte ihm einfach heraus, während er das Verbandsmaterial heraussuchte. Genau diese Wortwohl jedoch war es, die Ji-Yong dazu brachte, der Bitte Folge zu leisten. Er setzte sich zögernd auf, die Augen niedergeschlagen. Seinen Körper aber wandte er dem Älteren zu und entblösste ohne Widerwillen seine Wunden. Er wollte es leichter für Seung-Hyun machen. Er wollte ihm helfen. Ihm zeigen, dass seine Taten nicht vergebends waren. Seung-Hyun war sehr überrascht, als sich sein Gegenüber plötzlich derart offen zeigte. Dies verwunderte und erleichterte ihn zugleich. Seine Vorsicht aber würde er nicht fallen lassen. Ohne auf eine Aufforderung zu warten, streckte Ji-Yong dem Freund seinen Arm hin, während dieser die Plastikverpackung von einem frischen Verband löste. Sanft versuchte Seung-Hyun seine Wunden zu säubern, ohne ihm Schmerzen zuzufügen. Als er das Desinfektionsmittel auf die Kratzer sprühte, verzog Ji-Yong den Mund und sog zischend die Luft ein, aber er wollte nicht Jammern. Der Ältere versuchte aufmunternd zu lächeln. "Tut mir leid, wenn ich dir weh tue", entschuldigte er sich und tupfte den Alkohol, der sich mit den Blutspuren mischte und eine rosarote Färbung bekam von der Haut des Anderen. "Schon okay...", wisperte Ji-Yong und wandte den Blick ab. In seinen Augenwinkeln glitzerte eine Träne und er versuchte sie daran zu hindern, über seine Wange zu kullern, indem er die Augen zukniff. Doch nicht der Schmerz in seinen Armen war der Grund dafür. Nein, Ji-Yong war gerührt davon, wie aufopferungsvoll sein Freund sich um ihn kümmerte. In diesem Moment nahm er sich fest vor, sich zusammenzureißen, damit er Seung-Hyun keine Sorgen mehr bereiten musste. Der Ältere war so lange für ihn stark gewesen, jetzt war es an ihm selbst, Stärke zu beweisen. Als der rechte Arm gesäubert war, wickelte Seung-Hyun vorsichtig eine Binde darum, dann widmete er sich der anderen Seite. Als er fertig war, räumte er gewissenhaft die Verpackungsreste zusammen, um sie wegzuwerfen. Dann setzte er sich wieder auf den Stuhl seinem Freund gegenüber und versuchte erneut zu lächeln. "Möchtest du, dass ich noch eine Weile bei dir sitzen bleibe oder soll ich lieber nach draußen gehen?" Ji-Yong raffte wieder die Decke bis zu seinen Schultern und rutschte gegen die Wand. "Bleib noch ein bisschen, ja?", flüsterte er und zog seine Beine wieder an. "Setz dich zu mir aufs Bett... bitte..." Die letzten Worte waren so leise, dass Seung-Hyun sie kaum verstand, sich fast fragte, ob sie nicht Einbildung gewesen waren. Doch der vertrauensvolle Blick Ji-Yongs lehrte ihn das Gegenteil. Vorsichtig ließ er sich auf der Matratze nieder. Sein Herz machte freudige Sprünge, während sein Geist sich nur nach erholsamem Schlaf sehnte. Doch dass Ji-Yong diesen Schritt gemacht hatte, dass er ihn von sich aus in seine Nähe holte, zeigte ihm, dass auch nach dem größten Orkan die Ruhe wieder einkehren konnte. Ji-Yong schien sich auf dem Weg der Besserung zu befinden und das machte ihn so froh, dass er es nicht in Worte fassen könnte. Er wagte einen Seitenblick auf den Anderen, der mit geschlossenen Augen den Kopf gegen die Wand gelegt hatte. Als würde er seinen Blick spüren, öffnete Ji-Yong die Augen und auf seinen Lippen spielte ein kaum wahrnehmbares Lächeln. "Danke...", flüsterte er und ließ seinen Kopf auf Seung-Hyuns Schulter sinken. Als der Jüngere ihm derartig nah kam, verkrampfte sich Seung-Hyuns Körper ungewollt. Dass dieser seine Nähe suchte, fühlte sich wunderschön an. Jedoch hatte er es sich bereits abgewöhnt, nach ihr zu verlangen, sodass Seung-Hyun im ersten Moment nicht wusste, wie er reagieren sollte. Er wollte ihn bei sich behalten, aber er durfte keinen Fehler begehen. Sein Blick wandte sich von dem nun entspannten Gesicht Ji-Yongs ab und er atmete tief ein. Eine derart einfache Berührung, die er sich früher gewünscht hatte, wurde plötzlich kompliziert. Aber er musste seinem Freund das Gefühl vermitteln, dass alles in Ordnung war. Das alles zwischen ihnen noch genauso war, wie vor diesem schrecklichen Ereignis. Als er es schaffte, den Atem wieder auszustoßen, liess auch Seung-Hyun es zu, dass seine Muskeln sich entspannten. Ji-Yong erschien unsagbar friedlich. Dies hätte er nach einem Nachmittag wie diesem kaum für möglich gehalten, doch er hatte es geschafft. Ja, vielleicht war er am Ende, vielleicht hatte er wirklich keine Kraft mehr. Aber all die Opfer hatten sich gelohnt. Die anderen irrten sich. Er hatte sich geirrt. Er erlangte es zurück, Schritt fuer Schritt, Ji-Yongs Vertrauen. Von nun an würde er ihm wieder näher kommen. Er spürte es. Und während all diese Gedanken seinen Geist durchwanderten, senkte sich auch Seung-Hyuns Kopf nieder und bettete sich auf dem Ji-Yongs, welcher nicht zurückschreckte, da er bereits eingeschlafen war. Dessen ruhiger Atem war deutlich zu hören und der Ältere folgte ihm in den Schlaf. In einen tiefen und friedlichen Schlaf. --- Nach dieser Nacht erschienen alle Tage die folgten weniger grau und weniger verzweifelt. Die Veränderungen vollzogen sich langsam, doch jeder konnte sie spüren. Ji-Yongs Zustand besserte sich. Etwas, das Seung-Hyun und auch die anderen kaum für möglich gehalten hatten, trat ein. Mit jedem Tag schien ihr Anführer einen weiteren Schritt nach vorn zu gehen. Der Älteste erlaubte zwar noch immer nicht, dass sie Ji-Yong besuchten, doch allein das Leben, das langsam in dessen Augen zurückkehrte, erzählte ihnen genug. Zu Beginn waren es nur kleine Dinge gewesen. Ji-Yong, der sich immer weniger scheute, sich zu Seung-Hyun zu setzen. Ji-Yong, der wieder begann, mit ihm zu sprechen. Sie sprachen über Dinge, die weit entfernt von dem lagen, was er erlebt hatte und oft erzählte der Jüngere ihm wieder und wieder das Selbe. Aber Seung-Hyun war es egal. Er war nur froh, dass er die Stimme seines geliebten Freundes wieder hören durfte und dass die Bedrückung in ihr mit jedem Tag weiter nachliess. Und nicht zuletzt waren es die Berührungen, die ihm zeigten, dass es bergauf ging. Selbst wenn der Jüngere nur seine Hand ergriff oder sich an ihn lehnte. Es ging soviel Wärme von diesem aus. Wärme, die Seung-Hyun Kraft gab und die Angst langsam vertrieb. Kapitel 25: Missing You ----------------------- Young-Bae stellte das Telefon in die Ladestation zurück und stieß die angehaltene Luft aus. Was nun kommen würde, war ein wichtiger Schritt und er hoffte, dass es nicht zu früh war. Er durchquerte den Flur und klopfte vorsichtig an die Tür, hinter der Seung-Hyun sich um die Gesundheit ihres Leaders kümmerte. Statt hindurchzugehen, wartete er darauf, dass sie sich von innen öffnete und Seung-Hyun zu ihm hinaustreten würde. Als dieser sich durch einen Spalt auf den Flur schob, balancierte er auf einer Hand dreckiges Geschirr auf einem Tablett, während er mit der anderen das Zimmer schnell wieder verschloss. So gelang es Young-Bae, einen Blick auf Ji-Yong zu erhaschen. Er würde gerne wissen, wie es ihm im Moment ging, doch er respektierte dessen Entscheidung, nur Seung-Hyun sehen zu wollte. Er hoffte nur, dass sich sein Zustand tatsächlich besserte und dass er ihn bald öfter sehen würde, als nur bei seinen kurzen Gängen zum Badezimmer. Vielleicht würde ja das eben Erfahrene seinen Beitrag dazu leisten können. "Herr Jang hat angerufen. Er würde gerne persönlich vorbeischauen um sich zu überzeugen, dass es Ji-Yong gut geht." Seung-Hyun war im ersten Moment zu verblüfft, um etwas darauf zu erwidern. In den letzten Tagen und Wochen war er in Gedanken nur noch bei Ji-Yong gewesen, sodass er fast vergessen hatte, was für Verpflichtungen sie eigentlich hatten. Ihr gesamtes Trainig war abgesagt worden, genauso wie alle Termine. Seung-Hyun wusste noch nicht einmal, ob immer noch Gerüchte über eine Trennung im Umlauf waren oder was von der Wahrheit schon an die Presse durchgesickert war und es kümmerte ihn auch nicht mehr. Dass sich nun ihr Manager angekündigt hatte, war wie ein kleiner Schubser in die Realität zurück. Irgendwo krochen in ihm die Befürchtungen hoch, dass Jang genau dies wollte. Dass er nur vorbeikommen würde, um zu sehen, ob sie endlich wieder arbeiten konnten. Natürlich war das Quatsch und Seung-Hyun hätte es besser wissen sollen, doch im Moment konnte er diese kleine, beißende Stimme nicht unterdrücken. "Hat er gesagt, was er möchte?", fragte er daher und schob sich an Young-Bae vorbei in die Küche um das benutzte Geschirr abzuladen. "Nur nach uns sehen. Keine Sorge, er wird so schnell keine neuen Termine ausmachen." Seung-Hyun fragte sich nicht zum ersten Mal, wie der andere es schaffte, seine Gedanken so genau zu lesen. "Allerdings würde er gerne mit uns besprechen, wie wir die Presse handhaben sollen. Er sagt, dass es nicht mehr lange dauert, bis die Yellow Press ihre wilden Spekulationen als Tatsache hinstellt und wir sollen nicht vergessen, dass wir durch unseren Stand nun mal im öffentlichen Interesse stehen." Über Dinge wie diese wollte sich Seung-Hyun gerade am wenigsten Gedanken machen müssen. Viel wichtiger war es, Ji-Yong auf den Besuch vorzubereiten. Ihm ging es wirklich besser in den letzten Tagen- Er hatte immer wieder nach den anderen gefragt und mehrmals angedeutet, dass er sich gerne wieder mehr einbringen würde, doch getraut diesen Schritt zu machen, hatte er sich noch nicht. Und nun wurde er fast dazu gezwungen. Seung-Hyun wäre es in diesem Moment lieber gewesen, Young-Bae hätte ihn ans Telefon geholt, so dass er Jang hätte abwimmel können. "Wann kommt er denn überhaupt?" "Am liebsten wäre er gleich heute gekommen, aber nun haben wir uns auf morgen Mittag geeinigt. Und guck nicht so, ich weiß genau, was du denkst. Aber irgendwann müssen wir unsere Verpflichtungen einfach wieder wahrnehmen. Das kann doch nicht ewig so weitergehen." Seung-Hyun schaute Young-Bae in die Augen, dann nickte er knapp und verschwand ohne ein weiteres Wort wieder in seinem und Ji-Yongs gemeinsamen Zimmer. Young-Bae seufzte. --- Jeder von ihnen erwartete den nächsten Tag mit gemischten Gefühlen. Young-Bae konnte nicht leugnen, dass er auch froh über den Besuch ihres Managers war. Er gab ihm die Hoffnung, dass sie sehr bald einen Schritt nach vorn gehen könnten. Vielleicht würde er ihren Leader ins Leben zurückholen. Zumindest ein wenig. Auch wenn Seung-Hyun es für eine schlechte Idee hielt, so war sich Young-Bae doch sicher, dass ihnen allen ein wenig Realität und einige Nachrichten von der Aussenwelt gut tun würden. Sie endlich aus diesem seltsam düsteren Tagtraum reißen würden, der in ihrem Apartment entstanden zu sein schien. Seung-Ri und Dae-Sung unterdessen hegten eine andere Hoffnung. Auch wenn sie Ji-Yong nicht hatten helfen können, hatten sie nie ganz verkraftet, dass ihr Ältester diesen unter Verschluss hielt. Nun wo Herr Jang endlich kommen würde, hatten sie vielleicht endlich eine Chance, ihn wiederzusehen und zu bereinigen, was geschehen war. Als die Uhr zwölf schlug, sah Seung-Hyun unguter Ahnungen zur Tür ihres Zimmers, in Erwartung, dass sie sich jede Sekunde öffnen würde. Der gestrige Abend war viel zu schnell vergangen. Er hatte das Gefühl, Ji-Yong nicht richtig vorbereitet zu haben. Es war ihm schwer gefallen, diesem vom Besuch Jangs zu berichten. Und kaum, dass er die Worte ausgesprochen hatte, waren bereits weitere gefallen. Worte der Besänftigung, Worte der Ermutigung. Er versicherte dem Jüngeren, dass er nichts tun müsste, was er nicht wollte, dass er nicht einmal etwa sagen müsse, wenn es ihm nicht behagte. Doch bevor er selbst zum Ende finden konnte, hatte dieser seine Hand auf seinen Unterarm gelegt und ihn leicht gedrückt. Beruhigend. "Hyung", hatte dieser gesagt. "Es ist in Ordnung." Das hatte den Älteren so überrascht, dass sie danach nicht mehr darüber gesprochen hatten. Bis zu diesem Augenblick. Dae-Sung öffnete ihrem Manager. Natürlich kannte er den Tür-Code, zu diesem Zeitpunkt wollte er sich aber lieber ankündigen. Ji-Yongs Zustand war ihm bis jetzt nur wage bekannt. Er hatte regelmäßig angerufen, doch zumeist war es nur Young-Bae gewesen, der ihm Auskunft hatte geben können. Und des öfteren hatte er verlangt, dass Ji-Yong ins Krankenhaus zurückgebracht werden sollte. Aber ein ums andere Mal war er überzeugt worden, dass es nur Zeit bräuchte und dass sie alles im Griff hätten. Deshalb war er geduldig gewesen. Doch nach den neusten Berichten über eine Besserung der Situation konnte er nicht mehr warten. Daher war er mehr als erleichtert, dass er endlich wieder seinen Schützlingen gegenübertreten konnte. "Herr Jang. Guten Tag, kommen Sie rein.", begrüßte ihn Dae-Sung. Aber anstatt ihm nur die Hand zu geben, umarmte er den Jüngeren. Dieser erwiderte die Geste sogleich, als hätte er sich nach etwas Kraft und Ermutigung verzehrt. Und in diesem Fall trog der Schein ihn nicht. Dae-Sung fühlte sich in jenem Moment, als wäre er aufgefangen und aus dem dunklen Abgrund fortgezerrt worden, in dem sie sich befanden. Das Auftauchen ihres Managers gab ihm Zuversicht. Ihre Umarmung löste sich erst nach mehreren Sekunden, in welchen sie kein Wort miteinander sprachen. Young-Bae und Seung-Ri standen einige Meter entfernt und beobachteten die Szene. Dem Jüngsten wurde klar, dass ihr Freund in den vergangenen Wochen wahrscheinlich mehr Kraft aufbringen musste, um sie klaglos zu überstehen als er. Wie ihm schon einmal aufgefallen war, hatte Dae-Sung niemanden. Wie schaffte er es nur? Seine Gedanken wurden unterbrochen, als ihr Manager nun auch auf sie zukam und sie herzlich umarmte. "Jungs, wie geht es euch? Ihr seht krank aus.", äußerte er besorgt und betrachtete sie. Alle Drei lächelten verlegen und bedrückt. Gern hätten sie sofort mit ihm gesprochen, doch sie wollten ihn nicht von dem abhalten, weshalb er eigentlich hier war. Später würde noch genügend Zeit für sie bleiben. "Gehen Sie zu ihm. Und sagen sie uns dann, wie er aussieht. Bitte." Ihr Manager hatte bereits eine Hand auf die Klinke zu Ji-Yong Zimmer gelegt, doch er hielt inne. Diese Bitte verwirrte ihn. "Ja, wisst ihr es denn nicht?" Seine drei Schützlinge senkten die Köpfe. Sie gaben ihm keine Antwort. "Bitte.", flüsterte Seung-Ri noch einmal. Ihr Manager zögerte noch einen kurzen Augenblick, dann nickte er versichernd und trat durch die Tür. Sein erster Gedanke war, dass sowohl Ji-Yong als Seung-Hyun sehr schlecht aussahen. Was er nicht wusste war, wie sehr sich ihr Zustand seit Ji-Yongs letztem Zusammenbruch gebessert hatte. Ji-Yong saß zwar immer noch auf seinem Bett, aber es war frisch gemacht und er hatte die Decke nicht um sich geschlungen um sich darin vergraben zu können. Das erste Mal, seit er aus dem Krankenhaus wiedergekehrt war, trug er mehr als seinen Schlafanzug. Zwar strahlte er noch lange nicht die Energie und die Lebenslust aus, die man von ihm gewohnt war, doch seine Augen waren nicht mehr tot und er sah ihm sogar direkt ins Gesicht, als er das Zimmer betrat. Was Seung-Hyun anging, so bemerkte der Manager, dass er sehr müde und kraftlos wirkte, doch tatsächlich hatte er in den letzten Nächten sogar recht viel geschlafen. Er musste sich nicht mehr zwingen, die gesamte Nacht über den anderen zu wachen. Seung-Hyun hatte nervös auf Jang gewartet, immer wieder angesetzt Ji-Yong zu fragen, wie es ihm ging und ob er den Besuch wirklich verkraften würde, sich dann aber selbst wieder unterbrochen. Eigentlich war er sogar erstaunt darüber, wie ruhig Ji-Yong wirkte, seit er am Vortag mit ihm gesprochen hatte. Natürlich war die Nervosität nicht ausgeblieben, aber er hatte sich nicht verkrochen. Zwar hatte er ängstlich ausgesehen, aber nicht panisch. Und Seung-Hyun hatte fast das Gefühl, der Jüngere würde nach außen ruhiger wirken, als er selbst. Es war, als hätte Ji-Yong mit dem letzten Zusammenbruch eine magische Grenze überschritten, als sei er inzwischen über den Berg und Seung-Hyun hoffte dass das hier von Dauer sein würde, dass es nun endgültig aufwärts gehen würde. Sofort, als Herr Jang ins Zimmer trat, war der Älteste bei ihm, um ihn zu begrüßen. Auch in umarmte er und zeigte echte Freude, ihn nach so langer Zeit, wiedersehen zu können. Plötzlich kamen Seung-Hyun die Befürchtungen, die er gestern noch gehabt hatte, sehr dumm vor. Iher Manager hatte sich immer um sie gekümmert und auf ihre Bedürfnisse Rücksicht genommen. Wie hatte er annehmen können, dass es diesmal anders sein könnte. Noch dazu in einer so schrecklichen Situation? Herr Jang wandte sich Ji-Yong zu und fast hätte Seung-Hyun befürchtet, dass er ihn auch umarmen würde, doch er verbeugte sich nur und lächelte dann freundlich. "Ji-Yong, es freut mich zu sehen, dass es dir besser geht!" "Danke.", gab der Angesprochene leise zur Antwort und erhob sich, um sich ebenfalls zu verbeugen. Ja, er hatte sich vorgenommen, dieses Gespräch zu überstehen. Es sollte gut verlaufen. Ji-Yong spürte, dass er dies als Bestätigung für seinen eigenen Zustand brauchte. Aber als er nun gesenkten Kopfes vor ihrem Manager stand und dessen prüfende Augen auf sich spürte, da wallte die Nervosität in ihm auf, welche er bis zu diesem Moment so erfolgreich zurückgedrängt hatte. Es würde ihm nur gelingen, wenn Jang auf Abstand blieb. Solang dieser ihm nicht zu nahe käme, würde er seine Angst im Zaum halten können. "Ich hoffe, es geht Ihnen auch gut." "Nun ja, den Umständen entsprechend..." Jang kratzte sich im Nacken, während er versuchte, die richtigen Worte zu finden. Er war erleichtert, dass sein Schützling scheinbar recht normal mit ihm kommunizieren konnte. Nach all den schlechte Nachrichten, hatte er dies kaum für möglich gehalten. "Setzen Sie sich doch.", warf Seung-Hyun nervös ein, nachdem eine längere Pause entstanden war. Er bot ihrem Manager einen Stuhl an, auf welchen dieser sich dankend niederließ. Daraufhin sank auch Ji-Yong wieder auf sein Bett. Dieser schien sich ein wenig zu entspannen. Seung-Hyun nahm besorgt neben seinem Freund Platz. Am liebsten wollte er dessen Hand nehmen, aber er fürchtete, dass es ihn eher verunsichern würde. Da zog Herr Jang ihre Aufmerksam durch ein lautes Seufzen auf sich. Es fiel auch diesem sichtlich schwer, den Anfang zu machen. "Ji-Yong, ich bin heute nur gekommen, um zu sehen, wie es dir geht. Um mir über deinen derzeitigen Zustand klar zu werden. Du brauchst nicht zu befürchten, dass ich über etwas anderes sprechen will. Ja?" Der Jüngere nickte daraufhin, ohne den Manager anzusehen. "Ja." "Gut. Ich sehe, dass es dir besser geht, als noch im Krankenhaus vor einigen Wochen, aber wie schätzt du es selbst ein?" Sicherlich war diese Frage für seinen Schützling kaum ehrlich zu beantworten. Erfahren zu wollen, wie es diesem ging, war nahezu aberwitzig. Aber so sehr er auch versuchte, sich in Ji-Yong hineinzuversetzen, es gelang nicht. Dieser musste es ihm von sich aus sagen. Er musste es aussprechen. Vielleicht auch, um sich selbst darüber klar zu werden. Es entstand wieder eine Pause, in der Ji-Yong seine Finger im Stoff seiner Hose vergrub und nervös nach den richtigen Worten suchte, was Seung-Hyun beinah dazu trieb, ihren Manager wieder aus dem Zimmer zu werfen. Doch schließlich holte der Jüngere tief Luft und dann flossen die Worte nur so aus ihm heraus. "Meine Freunde... alle haben mir so sehr geholfen. Besonders Seung-Hyun war immer für mich da und hat mich aufgefangen, wenn es mir besonders schlecht geht. Ich danke ihm und auch Ihnen für ihre Unterstützung und dafür, dass sie mich nicht aufgegeben haben." In diesem Moment klang ein solches Schuldbewusstsein in seiner Stimme mit, dass Seung-Hyun nur schwer dem Drang widerstehen konnte, aufzustehen und ihn in die Arme zu schließen. "Es geht mir besser, wirklich. Seit... das... passiert ist, hat sich viel in mir getan..." Ji-Yongs Kehle schnürte sich bei den dunklen Erinnerungen zusammen, aber er zwang sich weiterzusprechen. Er konnte nicht sagen, warum diese Worte sich gerade jetzt ihren Weg an die Oberfläche bahnten, warum es diesen Besuch gebraucht hatte, damit er endlich darüber sprechen konnte. Er hatte sich gewünscht, schon viel früher mit Seung-Hyun so zu sprechen. Aber jedes Mal, wenn er etwas sagen wollte, hatte er sich schuldig und wie eine zentnerschwere Last für seinen Freund gefühlt. Und jetzt konnte er die Worte nicht mehr zurückhalten. "Ich habe immer noch Angst, wenn mir jemand zu nahe kommt, nachts schlafe ich schlecht und träume grauenvolle Sachen. Aber ich weiß, dass ich durch den Beistand meiner Freunde bald wieder mehr Kraft haben werde." Endlich hob Ji-Yong seinen Blick wieder und sah Herrn Jang direkt ins Gesicht. "Und dann werde ich auch wieder singen können, ich verspreche es!" Jang war von seiner Rede sichtlich berührt. Obwohl er leise gesprochen hatte, war die Kraft darin zu hören gewesen, die er über die letzten Tage angesammelt hatte. Und es erleichterte ihn, dass dieser, anstatt sich weiter zurückzuziehen, nun den Mut fand, wieder einen Schritt aus sich heraus zu gehen. Nur mit Widerwillen hätte er ihn erneut ins Krankenhaus bringen lassen. Aber nun konnte er beruhigt sein. Der Blick zwischen ihnen bestand einige Sekunden lang. Sekunden, in denen der Jüngere ihm bestätigte, dass alles, was er gesagt hatte, der Wahrheit entsprach. Wenn er es fertig brachte, bereits wieder so offen über seinen Gefühle zu sprechen, dann würde es sicher sehr bald weiter aufwärts gehen. Dessen letztes Versprechen allerdings versetzte dem Manager auch einen leichten Stich. Denn diesen wieder arbeiten zu lassen, ihn wieder auftreten zu lassen, das war etwas, an das er selbst nicht einmal im Entferntesten gedacht hätte. Dass Ji-Yong von sich aus darauf zu sprechen kam, zeigte ihm, wie sehr sich dieser seiner Verantwortung bewusst war. Und dass er seine Arbeit vermisste. Der Manager seufzte erneut sehr leise und nickte dann zustimmend. Er wollte Ji-Yong versichern, dass sich alles zum Besseren wenden würde. "Danke, Ji-Yong. Es erleichtert mich, dass du mir das alles erzählt hast. Ich bin mir sicher, dass du auch alles andere überstehen wirst, was dich jetzt noch quält. Und solltest du etwas brauchen, dann möchte ich es wissen. Wir sind alle für dich da." Daraufhin senkte der Angesprochene verlegen und unangenehm an seine Schuld erinnert den Kopf. Er wusste, dass sie zu ihm standen. Wie sollte er es je zurückzahlen? Da spürte er, wie Seung-Hyun seine Hand versteckt ergriff und sie sanft streichelte. Er atmete tief ein. "Vielen Dank. Ich werde mich anstrengen." Bei dieser Aussage des Jüngeren tauschte nun auch Seung-Hyun mit ihrem Manager einen ernsten und betrübten Blick aus. Ji-Yong sollte nicht denken, dass er ihretwegen etwas überstürzen müsste, um ihnen keine Last mehr zu sein. Es würde ihm nicht helfen, wenn er Dinge auf sich nähme, die er noch nicht bewältigen konnte. "Es freut mich zu hören, dass du deinen Mut wiedergefunden hast. Aber setz immer nur einen Fuß vor den anderen. Hast du das verstanden?" Auf diese Frage hin nickte dieser nur noch, dann sagte er nichts mehr. Für ihn schien das Gespräch beendet zu sein. "Ich würde gerne noch ein paar Details mit euch allen besprechen." Jang wandte seinen Blick wieder Ji-Yong zu. "Wenn du möchtest, kannst du gerne mitkommen. Aber du siehst so aus, als würdest du ein bisschen Ruhe benötigen." Für einen kurzen Moment war er wie aus tiefen Gedanken gerissen und schaute den Anderen unverwandt an, dann schien er zu begreifen, nickte und lächelte noch einmal leicht. Herr Jang verließ den Raum, doch Seung-Hyun wollte noch kurz mit Ji-Yong allein sein. Er trat hinter ihrem Manager an die Tür, versicherte ihm, dass er in weniger als einer Minute dazustoßen würde und verschloss sie sanft. Dann trat er erneut zu dem Jüngeren ans Bett und ergriff vorsichtig seine Hand. "Das hast du wirklich sehr gut gemacht. Ich freue mich, dass du so offen sein konntest. Ich werde jetzt mit den anderen noch ein bisschen was besprechen, aber ich bin nur im Nebenraum und ich verspreche, dass wir uns beeilen werden. Wenn etwas ist, wenn du etwas brauchst, ruf einfach nach mir. Ich bin sofort da, okay?" Aber es war, als würde Ji-Yong die Worte nur noch durch einen Schleier wahrnehmen. Er starrte wieder auf die Bettdecke und schien erneut in seine düstere Gedankenwelt abgesunken zu sein. Seung-Hyun war jedoch guten Mutes, dass dies in Zukunft immer seltener passieren und dass es dem Jüngeren bald wieder wirklich gut gehen würde. Herr Jang rechnete fast damit, dass ihn die anderen sofort mit Fragen überschütten würden, sobald er den Raum verließ, doch der Flur wirkte wie ausgestorben und er konnte auch nirgendwo das sonst so aufgeregte Geplapper der Jungs hören. Dieses Unglück hatte nicht nur Ji-Yong schwer getroffen. Er hatte es auch vorher gewusst, aber wirklich begreifen konnte er es erst, als er der bedrückten Atmosphäre des Apartments ausgesetzt war. Als er die Küche betrat, in der die Drei um den Tisch herum saßen, schlug ihm gebannte Stille entgegen, doch die besorgten Augenpaare sagten mehr, als Worte je gekonnt hätte. "Es geht ihm besser, wirklich!" Fast synchron stießen sie ihren angehaltenen Atem aus. Was für eine Erleichterung, dies aus dem Mund ihres Managers zu hören. "Ich war nicht so bei ihm, wie ihr es wart. Ich habe ihn und euch so lange nicht gesehen und ich kann mir wohl kaum ein Bild davon machen, wie schlecht es ihm ging, als er im Krankenhaus war. Aber auf mich macht er den Eindruck, als sei er auf dem Wege der Besserung." "Vielen Dank, für diese Nachricht, sie können sich nicht vorstellen, wie sehr uns das freut!" Young-Bae schaute ihrem Manager bei diesen Worten nicht in die Augen. "Nun sagt aber", Jang konnte nicht anders, als diese Frage jetzt zu stellen, "wie kommt es, dass ihr Ji-Yong nicht seht?" Er blickte in die Runde und versuchte, einen Blick zu erhaschen, aber sie alle sahen betreten in ihren Schoß. Schließlich ergriff Dae-Sung das Wort. "Weil wir nicht so auf ihn achtgeben können, wie Seung-Hyun es kann..." Jang erinnerte sich an die Art, wie der Älteste der Gruppe sich gegenüber Ji-Yong verhalten hatte. Wie er sich nah zu ihm gesetzt und ihn die gesamte Zeit während er sprach genau beobachtet hatte. Lag es an Ji-Yong, dass nur Seung-Hyun bei ihm sein konnte? So wie seine Schützlinge es jedoch formulierten, wirkte es, als ob es mehr zu sagen gäbe, als nur dies. Er räusperte sich. "Und das habt ihr entschieden? Gemeinsam?" Auf diese Frage hin kam betretenes Schweigen auf. Nur zu gern wollten sie die Wahrheit aus sich herauslassen und nicht mehr allein damit leben müssen. Die Spannung zwischen den Dreien war körperlich zu spüren und ihr Manager wusste, dass es sich nicht umgehen liess. Wenn sie ein offenes Gespräch über ihr weiteres Vorgehen führen wollten, dann müsste er alles wissen. "Erzählt mir, was passiert ist.", forderte er sie auf. Allein seine Wortwahl zeigte, dass er keine Wiederrede zulassen würde und daher gaben sie sich nur allzu gern geschlagen. Seung-Ri stiess Young-Bae an, da er sich nicht im Stande sah, etwas zu sagen. Aber auch der Ältere wollte nicht beginnen. Da ergriff Dae-Sung das Wort. "Eigentlich hat es schon angefangen, als Ji-Yong nach hause kaum...er wollte mit niemandem sprechen und wir wollten ihn in Ruhe lassen. Aber dann ist etwas...", er sah hinüber zu Seung-Ri, welcher noch tiefer in sich zusammensank, "...geschehen und Ji-Yong ist ausgerastet. Wir wusste nicht, wie wir damit umgehen sollten. Nur Seung-Hyun konnte handeln und ihm helfen..." "Und was ist passiert? Jungs, bitte, ihr müsst es mir sagen." Noch einmal tauschten sie untereinander verstohlene Blicke aus. Sie mussten sich darüber einig werden, wieviel sie preisgeben wollten. Wieviel sie sagen konnten, ohne Herrn Jang zu sehr zu sorgen. Doch dies war schon nicht mehr möglich. Nachdem Dae-Sung den Anfang gemacht hatte, erging es ihnen plötzlich wie Ji-Yong zuvor. Es floss einfach aus ihnen heraus. Jedes Ereignis, das sie schockierte und bedrückte. Von dem ersten Ausbruch ihres Leaders und Seung-Ris Verletzung, über Ji-Yongs Albträume und Seung-Hyuns eigenen Zusammenbruch bis hin zu ihrer Unfähigkeit, ihren Freund zu beruhigen und der Entscheidung ihres Ältesten, dass sie sich von ihrem Leader fernhalten sollten. Und mit jedem Wort wurde der Gesichtsausdruck Jangs düsterer. Es entstand eine lange Pause, nachdem Dae-Sung geendet hatte, in welcher ihr Manager sie alle ernsthaft betrachtete. Er versuchte das gehörte objektiv zu verarbeiten und sich sowohl in Seung-Hyuns Lage als auch in die der anderen hineinzuversetzen und er schaffte es, nachzuvollziehen, was sich hier abgespielt hatte. Und langsam konnte er sie verstehen, die Ängste und die Unsicherheiten, denen seine Schützlinge ausgesetzt waren. "Vielen Dank für eure Ehrlichkeit. Wir müssen gemeinsam sehen, wie wir nun damit umgehen. Dass es nicht so weitergehen kann, darin stimmt ihr mir wohl zu. Ihr..." Er unterbrach sich, als die drei jungen Männer zu ihm aufblickten, aber nicht ihn sonder an ihm vorbei zum Türrahmen sahen. Ihr Blick war seltsam, kaum zu beschreiben. Er spiegelte eine Mischung aus Angst und Ungewissheit, aber auch Scham wieder. Herr Jang sah über die Schulter zurück. Seung-Hyun war eingetreten und auch sein Gesichtsausdruck war unergründlich. Für einen Augenblick war die Luft zum Schneiden dick und es hätte alles passieren können. Dann verbeugte sich der Älteste tief vor seinen Freunden. "Es tut mir leid!" Wie er es Herrn Jang versprochen hatte, war er nicht mehr lange bei Ji-Yong geblieben. Doch als er schon im Flur gehört hatte, worüber seine Freunde mit ihrem Manager sprachen, hatte er es nicht übers Herz bringen können, einfach so hereinzuplatzen. Also war er vor der angelehnten Küchentür stehen geblieben und hatte Dae-Sungs Bericht gelauscht, dessen Stimme so verletzt geklungen hatte, dass es ihm einen schmerzhaften Stich versetzte. Er hatte in den letzten Tagen und Wochen nur an Ji-Yong gedacht und hatte geglaubt, er würde allein zu dessen Besten handeln. Dass er damit seine anderen Freunde so gekränkt hatte, hatte er überhaupt nicht mitbekommen und nun, da er es hörte, tat es ihm leid. Noch immer war Seung-Hyun überzeugt, dass seine Entscheidung die richtige gewesen war, aber er hätte die anderen mehr einbeziehen müssen, hätte ihnen erklären können, warum er diesen Weg gewält hatte. Er wollte sich entschuldigen und hoffte, seine Freunde würden ihn verstehen. Es war ein seltsames Gefühl Seung-Hyun plötzlich so gebeugt vor sich zu sehen. Als er unerwartet in der Tür aufgetaucht war, war allen Dreien das Herz ein Stück tiefer gesunken. Nur allzu lebendig erinnerten sie sich an dessen Ausbrüche und seine wutentbrannte Rede nach Ji-Yongs letztem Zusammenbruch. Dass dieser jetzt wo ihr Manager hier war, nicht herumschreien würde, war ihnen bewusst und trotzdem fürchteten sie seine Wut. Es hatte sich wirklich sehr viel zwischen ihnen verändert. Aber allem Anschein nach nicht alles. "Hyung.", sprach ihr Jüngster diesen beinah verwirrt an. Er hatte vieles von diesem erwartet, aber eine Entschuldigung war nicht darunter gewesen. Umso mehr berührte dessen Verhalten ihn nun. Wie es schien, ging es nicht nur mit Ji-Yong aufwärts. Auch Seung-Hyun konnte nun wieder über die Grenzen des Zimmers hinaussehen, in dem er die gesamte Zeit nahezu gefesselt gewesen war. Seung-Ri fühlte, wie sich eine schwere Last auch von seinen Schultern löste, als ihr Ältester es nun endlich fertig brachte, auch ihre Seite zu betrachten. Er stand auf und ging auf diesen zu. Noch immer hatte Seung-Hyun sich tief verbeugt und blickte erst auf, als Seung-Ris Füße auf dem Boden vor seinen Augen auftauchten. Unsicherheit lag in ihrer beider Blicke sowie ein gewisses Flehen nach Verständnis und nach Frieden. Danach, dass endlich alles so wie früher werden sollte. Der Jüngere schluckte schwer. "Ist schon vergessen. Du wolltest nur das Richtige tun. Für Ji-Yong Hyung." Derart viel Verständnis von seinem Freund zu erhalten, hatte er kaum erwartet. Seung-Hyun war sprachlos. Seine Augen wanderten zu den anderen hinüber, in der Hoffnung, dass sie ihm helfen würden. "Wirklich, es ist in Ordnung!", stimmte Young-Bae zu und auch Dae-Sung nickte bekräftigend. Seung-Hyun fiel ein Stein vom Herzen. Er war so froh, dass seine Freunde nicht sauer auf ihn waren, obwohl er so drastisch gehandelt hatte. Und damit schien die dunkle Regenwolke, die in den letzten Wochen über ihnen allen gehangen hatte zumindest für eine Weile vertrieben worden zu sein. Er hatte das Gefühl, dass die Stimmung zwischen ihnen schon seit einer Ewigkeit nicht mehr so locker gewesen war und wenn er darüber nachdachte, fühlte er Wut in sich, auf den Mann der ihr Zusammenleben so zerstört hatte. Doch sie brodelte nur unter der Oberfläche. Das Gefühl des Glücks darüber, dass sich ihre Situation langsam aber stetig verbesserte, überwog. Ihr Manager blieb noch eine Weile und sie sprachen über die aktuellen Entwicklungen in der Regenbogenpresse. Schlussendlich entschieden sie sich, dass erneut eine Meldung herausgegeben werden sollte, die von einer schweren Krankheit ihres Leaders berichten sollte und das Management sich eventuell in einer Pressekonferenz den Fragen der Journalisten stelle sollte, um Gerüchte zu entkräften. Momentan waren tatsächlich die Gerüchte, die von einer Trennung sprachen, am lautesten. Das Popbusiness war so schnelllebig, dass eine Band, die eine gewisse Zeit nichts von sich hören ließ, schnell als abgeschrieben galt. Doch Herr Jang versicherte ihnen, dass es kein Problem für die darstellen würde, ein Comeback zu starten. Doch er ließ dieses Thema so schnell wie möglich wieder unter den Tisch fallen, hatte er doch versprochen, er sei nicht wegen der Arbeit gekommen. Zum ersten Mal seit langem saßen die Jungs wieder zusammen wie Freunde, konnten offen sprechen und miteinander lachen. Nur der leere Stuhl, auf dem ansonsten ihr Leader gesessen hätte, warf einen Schatten auf ihre Gemüter. --- "So eine schöne Nacht habe ich lange nicht mehr gesehen." Seung-Ri lehnte den Kopf an Young-Baes Schulter und blickte hinauf in den sternenklaren Himmel, den noch nicht einmal die hellen Lichter Seouls überstrahlen konnten. Es war frisch. Ihr Atem kondensierte vor ihren Mündern, aber die Kälte störte sie kaum. "Schau, da hinten ist der Abendstern!" "Und dort der große Wagen." "Es ist so klar, dass man sogar fast die Milchstraße sieht." Seung-Ri nahm einen Schluck aus der Bierflasche, die er sich mit aufs Dach genommen hatte und kuschelte sich noch enger an den Freund. Ihr Manager war schon vor mehreren Stunden gegangen, aber die gute Stimmung hatte er nicht mitgenommen und nachdem Dae-Sung sich verabschiedet hatte - Gott allein wusste, mit wem er sich schon wieder traf - und Seung-Hyun angekündigt hatte, dass er schlafen gehen wollte, hatten Seung-Ri und Young-Bae beschlossen der Dachterrasse des Apartmentgebäudes einen Besuch abzustatten um ein wenig Zeit für sich allein haben zu können. Hier draussen war wirklich niemand, der sie beobachtete oder unterbrach. Zumindest hofften sie dies. Und zum ersten Mal seit langem einfach guter Dinge nahm auch Young-Bae einen Schluck aus seiner Flasche, um es sich so richtig gut gehen zu lassen. Seine Hand fand sich um Seung-Ris Schulter wieder. Er presste den Jüngeren fest an sich und empfand dessen Jacke und den dicken Pullover, welcher sich unter ihr befand, bereits jetzt als störend. So lang hatte er dessen gesamten Körper schon nicht mehr spüren können. In letzter Zeit waren es immer nur wenige Minuten gewesen. Eine Nacht hatten sie noch gemeinsam in dessen Bett verbracht. Aber es war nichts geschehen, denn sie hatten befürchtet, Dae-Sung würde wiederkommen und sie erwischen. Desto größer war nun sein Verlangen, als es so erschien, dass sie nun mehr Zeit für sich hätten. Verträumt bließ er den Atem in die Luft und folgte ihm mit den Augen über die Lichter der Stadt. Nichts, nichts auf der Welt würde ihn jetzt dazu bringen, sich in das Chaos der Strassen zu stürzen. Nirgendwo wollte er lieber sein als hier. "Weißt du, die Milchstraße ist mir völlig egal.", flüsterte er leicht atemlos, woraufhin der Jüngere ihn mit hochgezogenen Augenbrauen von unten her ansah. "Und was ist dir wichtiger?", fragte dieser und konnte ein verschmitztes Grinsen nicht unterdrücken. Aber er erhielt keine wirkliche Antwort. Zumindest keine, die aus Worten bestand. Ohne etwas zu sagen, stellte Young-Bae sein Bier beiseite und nutzte die freie Hand, um über die Wange des Jüngeren zu streicheln. Sie war durch de Nachtluft bereits abgekühlt. Jedoch war er sich sicher, dass er sie zum Glühen bringen könnte. Sie schlossen die Augen im selben Moment und ließen ihre erkalteten Lippen aufeinander prallen. Sogleich spürte Young-Bae einen Stoss von Hitze in sich, welcher von seinem Bauch ausging. Noch ehe er seine Zunge in Seung-Ris Mund gedrückt hatte, erwärmten sich seine Lippen angenehm und das Gefühl kehrte in sie zurück. Auch sein süßer Freund stellte nun die Flasche bei Seite, um sich tief in den Kuss zu lehnen. Plötzlich war es wieder so, als hätten all die schlimmen Zeiten nicht existiert, als würde es das Apartment gar nicht geben und sie waren ganz allein hier. Nur zu zweit. Seung-Ris Arme schlangen sich um den Hals des Älteren und drückten ihn mit aller Macht an seine Brust. Auch er begann ihre Kleidung als völlig unnötig zu empfinden. Ihm war bereits zu heiß. Ihr Kuss war wild und verlangend und ohne sein Zutun fanden Young-Baes Hände ihren Weg unter die Jacke des Jüngeren und streiften sie von seinen Schultern. Dann wanderten sie weiter unter den Pullover und das T-Shirt, wo sie endlich auf glühende Haut trafen. Young-Bae schlang seine Arme um die Taille seines Freundes, streichelte seinen Rücken und hielt ihn dabei so nah wie möglich. Das hier war atemberaubend, wunderschön und er hatte so lange darauf verzichtet. Young-Bae fühlte einen kühlen Schauer, als auch seine Jacke auf dem Boden landete, doch er wurde sofort vom Feuer verzehrt, das in seiner Brust loderte und langsam tiefer sank. Sein Magen zog sich zusammen vor Verlangen und das Blut pulsierte durch seinen ganzen Körper. Kurz löste er sich von dem Jüngeren um ihm in die Augen sehen zu können. Seung-Ris Gesichtsausdruck war verklärt, ein kleines Lächeln spielte um seine Lippen und auf dessen Wangen hatte sich ein leichter Rotschimmer ausgebreitet. Seine Hände krallten sich in Young-Baes Nacken und machten Anstalten, ihn wieder eng an sich zu ziehen. "Ich will dich.", wisperte der Ältere, dann versank er wieder in diesem atemberaubenden Kuss. Young-Baes Hände wanderten vom Rücken des anderen immer tiefer, bis seine Hände sich um den süßen kleinen Hintern legten. Er griff fest zu und hob ihn hoch, presste ihn gegen die hohe Brüstung, wo sich die schlanken Beine Seung-Ris um ihn schlagen, um nicht den Halt zu verlieren. Noch immer küssten sich sich wild. Young-Bae schmeckte die Hitze, die von dem anderen ausging, roch das Verlangen und all seine klaren Gedanken waren ersetzt durch Lust. Tief unter ihnen raste der Verkehr dahin, doch Seung-Ri hatte keine Angst vor dem klaffenden Abgrund, der hinter ihm lag. Zu sehr drängten sich die Berührungen des Älteren in sein Bewusstsein und ließen es schwammig werden. Bereits jetzt hatte dieser ihm wieder völlig den Kopf verdreht. 'Ich will dich', tönte es noch in seinen Ohren und verlieh seiner Erregung einen mächtigen Schub. Ja, er wollte Young-Bae auch. So sehr, dass er es in die Nacht hinausschreien wollte. Aber der Ältere gab ihm keine Chance. Dessen Lippen verschlossen die seinen immer noch so fest und wenn sie sich für einen kurzen Moment entfernten, dann blieb ihm kaum Zeit, um Luft zu holen. Ihre Zungen rangen verzweifelt miteinander, konnten nicht genug bekommen. Und als diese kräftigen Hände seinen Hintern noch fester packten, sich dessen Fingernägel in sein Fleisch gruben, da stöhnte er laut in den endlosen Kuss hinein. "Ghnnn...Hyung...", presste Seung-Ri hervor und unterbrach den ihn, indem er den Kopf nach hinten riss. Tief atmete er die kalte Luft um sie herum ein. Spürte das kalte Metall der Brüstung in seinem Rücken und Young-Baes heiße Hände auf seinem Gesäß. Noch ein wenige enger schnürten seine Beine den Älteren ein und er ließ seine Finger unter dessen Pullover gleiten. Die weiche Haut auf der durchtrainierten Brust regte sein Phantasie an. Ohne es unterdrücken zu können, stellte er sich vor, wie sie nackt unter ihm lag und er sie mit seinen Lippen erkunden konnte, sie mit seiner Zunge berühren durfte. Er wollte soviel mehr als nur diese Streicheleinheiten. Schließlich löste Young-Bae seine Lippen vom weichen, warmen Mund des anderen und küsste eine heiße Spur über das Kinn und den Hals, wobei er ungeduldig den Schal löste, den Seung-Ri noch immer trug. Der Jüngere klammerte sich fester an seinen Freund, drückte den Rücken durch, wobei er sich über die Brüstung lehnte um seinen Hals dazubieten. Er hatte keine Angst, dass er fallen könnte, bei Young-Bae fühlte er sich sicherer als bei sonst jemandem und er wusste, dass dieser nicht zulassen würde, dass er fiel. Dass er ihn mit seinen starken Händen halten würde. Als Young-Bae seine Zähne in Seung-Ris Halsbeuge vergrub, stöhnte der Jüngere leise auf und krallte seine Hände in die kurzen Haare des anderen, presste ihn fest an sich, um ihn spüren zu können. Sein Atem ging schnell, seine Lungen füllten sich mit der kalten Nachtluft, die brennend heiß wieder ausgestoßen wurde. Er müsste frieren, doch alles was er spürte war die Lust, die heiße, kribbelnde Stöße durch seinen Körper schickte. Plötzlich fühlte Seung-Ri, dass er den Halt verlor, doch er fiel nicht nach hinten, es war der Ältere, der ihn langsam an der Brüstung nach unten gleiten ließ, ihn aber nicht auf den kalten Steinboden setzte, sondern auf seinen Schoß hob und ihn dann gegen die Streben drückte um ihn erneut zu küssen. Seine Hände lösten sich von Seung-Ris Hintern und wanderten wieder über dessen Rücken. Dann schoben sie das T-Shirt nach oben, um sich an der kleinen, harten Brustwarze zu vergreifen. Erneut stöhnte der Jüngere auf, doch auch Young-Baes Atem ging schneller. Er fühlte ihn auf seiner Haut und er wusste, dass nicht nur seine eigene Hose erbärmlich eng wurde. Seung-Ri schloss die Augen, lehnte seine heiße Wange an das kalte Metall schlang seine Arme wieder um den Freund. Dabei begann er seine Hüften aufreizend gegen diesen zu bewegen. Er selbst war verrückt vor Begehren und er wollte, dass es Young-Bae nicht anders erging. Und er war mehr als erfolgreich in seinem Tun. Der Ältere vernahm wie ein Schlag ihn durchfuhr. Für einen Augenblick dachte er, ein Blitz wäre in ihn gefahren, als das Blut so überraschend stark in seine Lenden schoss. Überrannt von der Empfindungen musste er inne halten und nach Atem schnappen. "Seung-Ri...", zischte er gegen die von seinem Speichel feuchten Brustwarzen seines ergeben stöhnenden Freundes. Vor seinen Augen sammelten sich schwarze Punkte, während er spürte, wie es immer unbequemer in seiner Jeans wurde. Es war viel zu lang her, dass sie das letzte Mal Sex gehabt hatten. Er war bereits zu sehr erregt. Zu sehr berauscht von dem schlanken Körper in seinen Armen. Und der seine verlangte nach ihm. Jede Sekunde stärker. "Seung-Ri, ich will dich so sehr.", stöhnte er noch einmal und ließ von dessen Brustwarzen ob, um seine Arme um den Hals seines Freundes zu schlingen. Die Haut des Jüngeren schien zu dampfen, als er sich an sie schmiegte. Mehrere Sekunden standen sie schwer atmend aneinander gelehnt und schienen unschlüssig, was sie tun sollten. Ohne darüber nachzudenken, hatten sie sich in eine ausweglose Situation hinein manövriert. Da wanderten die Lippen des Jüngeren zum erröteten Ohr seines Freundes und flüsterten hinein: "Dann nimm ich mich...bitte..." Flehend säuselte seine Stimme die Worte, woraufhin er in das verlockende Ohrläppchen biss und es mit Speichel benetzte, um Young-Bae weiter anzutreiben. "Nicht hier...", raunte der Ältere. Noch immer spürte er nichts von der Kälte, doch sie befanden sich noch immer auf dem Dach eines Apartmentgebäudes, mitten in einer Großstadt. Es war zwar unwahrscheinlich, dass sie jemand sah, noch unwahrscheinlicher, dass sie erkannt wurden, aber er konnte dieses Risiko nicht eingehen. Seung-Ri verstand, erhob sich vom Schoß seines Freundes und zog ihn sofort mit sich, um ihn erneut zu küssen. "In meinem Bett...", schlug er keuchend vor, während seine Hände wie von allein den starken Körper des anderen ertasteten. "Ich weiß, es ist nicht fair den anderen gegenüber, aber Dae-Sung ist nicht da und ich kann nicht... ich muss dich spüren..." Young-Bae durchfuhr bei diesen Worten erneut ein heißer Schauer. Seine Vernunft hatte sich abgemeldet, als er die Lippen des anderen das erste Mal gespürt hatte. Vielleicht war es nicht fair, aber wenn er seinen süßen Freund heute nicht haben könnte, würde er zerbersten. Kapitel 26: Hot --------------- Also nickte er und drängte Seung-Ri noch immer küssend in den Hausflur zurück. Die Jacken der beiden Männer blieben liegen, wo sie den Boden berührt hatten. Eng aneinandergeschmiegt stiegen sie die Stufen zu ihrem Apartement hinunter, schlossen geräuschlos auf und schlichen so leise durch den Flur, wie sie es konnten. Doch sobald Young-Bae die Zimmertür hinter ihnen verschlossen hatte, konnten sie beide nicht mehr an sich halten. Sie fielen einander in die Arme und noch bevor sich ihre Lippen wieder vereinten, hatten beide ihre Pullover und T-Shirts über ihre Köpfe gezogen. Nackte Haut traf aufeinander und es fühlte sich an, als würde sie elektrische Spannung an den Stellen entladen, an welchen sie sich berührten. Young-Bae packte den Jüngeren an den Schulter und schob ihn in Richtung des Bettes, wo er ihn in die Matraze drückte und sich rittlings auf ihn setzte, nur um erneut mit der Zunge seinen entzückenden Mund zu erkunden. Seung-Ri bewegte seine Hüften gegen den anderen. Ihm war so heiß und seine Hose war zum zerreißen gespannt. Er wollte Young-Bae, wollte ihn sofort. Er drängte sich gegen ihn und löste seine Umarmung, um den gespannten Bauch des anderen zu spüren. Dann wanderten seine Hände tiefer und begannen den Gürtel des Älteren zu öffnen. Sanft berührte er die Erhebung die sich ihm entgegenstreckte durch den dicken Jeansstoff, dann begann er sich an den Knöpfen zu schaffen zu machen. Wie von selbst sprangen sie auf und sehr bald starrte die Boxershorts des Älteren hervor. Unter dem dünnen Stoff ließ sich eine beachtliche Beule sehen, welche von Seung-Ri unter Bewunderung und erstarkendem Durst nach mehr betrachtet wurde. Sogleich wollte er seine Hände daran legen, um hervorzuholen, was sich da versteckte. Doch als er sie berüherte, fuhr ein Ruck durch Young-Baes Körper und dieser griff seine Hände, zog sie fort. Seung-Ri murrte. "Aber-", wollte er sich beschweren, doch der Ältere legte ihm eine Finger an die zitternden Lippen. "Shhhhh~t", verliess es seinen Mund und er brachte seinen Freund damit zum schweigen. Er wollte in dieser Sekunde noch nicht zuviel von diesem geschenkt bekommen. Young-Bae fürchtete, dass sich sein Verstand, wenn er die Situation nicht noch etwas unter Kontrolle hielt, vollkommen verdunkeln würde und er dann nicht einmal mehr Seung-Ris wollüstiges Stöhnen vernehmen könnte, welches er ihm zu gern in vollem Bewusstsein entlocken wollte. Daher stieg er hastig von diesem herunter, packte ihn an den Hüften und schob ihn weiter auf das Bett, bis dessen Kopf in die Kissen sank. Sofort war er wieder über ihm. Er hielt dessen Handgelenke fast gepackt und liebkoste seinen Hals erneut. Eines seiner Beine schlich sich hinterhältig zwischen die des anderen und er rieb es in dessen Schitt. "Ahhh! Hyung!" Ja, genau dieses wollüstige Stöhnen hatte er gemeint. So verzehrend sollte sich sein reizvoller Freund anhören. Derart verzweifelt sollte er nach ihm rufen. Das wollte er hören. Seine Hand wanderte über die erhitzte Brust, welche sich nun schon um einiges schneller hob und senkte, doch nur um zum Hosenbund zu gelangen. Während er aufreizend langsam den Knopf an diesem löste und den Reißverschluss darunter aufzog, legten sich seine Zähne erneut um eine der Brustwarzen und gruben sich tief hinein. Dann ließ er seine Zunge tiefer wandern, kostete die salzigen Schweißtropfen, die sich vor Lust auf der Haut des Jüngeren bildeten, während er seine Hand langsam, ganz langsam in den Hosenbund schob, um das störende Kleidungsstück zu entfernen. Seung-Ri reckkte ihm seine Hüfte entgegen, wand sich unter ihm, um schneller aus seiner Hose zu entkommen, doch Young-Bae ließ sich Zeit. Er rutschte noch ein Stück weiter nach unten, ließ schließlich die Handgelenke Seung-Ris los um den freigewordenen Arm unter der Taille seines Freundes hindurchzuschieben, so dass er dessen Körper an sich heben konnte. Endlich hatte er die Hose komplett von den schlanken Beinen gestreift. Zärtlich küsste er den Bauch des Jüngeren, küsste die leicht angedeuteten Muskeln, die Hüftknochen, die sich durch die blasse Haut abzeichneten, dann erreichten seine Lippen den Gummi der Boxershorts. Er senkte die Zähne hinein und löste sie geschickt von den Hüften des Freundes. Seung-Ri stöhnte vor Erregung. Doch als Young-Bae seine Zähne sanft in seine Haut grub und gleichzeitig endlich die Hand um seinen Schaft legte, stieß er einen leisen Schrei aus. Sofort schlug er die Hände vor den Mund, um seine Freunde nicht aufzuwecken, doch dies hier war einfach der Himmel auf Erden. Young-Bae grinste gegen die erhitze Haut unter ihm. Diese Laute waren Musik in seinen Ohren. Es fiel ihm schwer, sich selber noch länger zurückzuhalten, am liebsten hätte er sich sofort alles genommen, doch er wollte alles genießen, wollte diese süße Töne noch ein wenig länger zum klingen bringen. Langsam bewegte er seine Hand auf und ab, wobei er so wenig Druck wie möglich ausübte, um den anderen noch mehr um den Verstand zu bringen. "Bitte...", flehte Seung-Ri, doch seine Stimme klang erstickt, weil er noch immer die Hände vor dem Mund hielt, um nicht wieder vor Lust aufzuschreien. Er hob und senkte seine Hüfte, versuchte es zumindest, um sich selbst Erleichterung zu verschaffen, doch der andere lag so schwer auf ihm, fesselte ihn mit seinem Gewicht ans Bett, dass es nicht gelang. Young-Bae war es unterdessen schon vollkommen egal geworden, ob sie von den anderen gehört werden würden. Diese existierten für ihn bereits nicht mehr. Bewusst drückte er den Körper seines Freundes noch unnachgiebiger in die Matratze und nahm ihm so jede Bewegungsfreiheit. Er wollte das Tempo nun ganz allein entscheiden. Leicht erhöhte er den Druck auf Seung-Ris Glied, was diesen wieder lauter aufstöhnen ließ. Dessen geschlossener Mund dämmte es nur maessig und so erfreute sich der Ältere weiter daran. Vorsichtig ließ er seine Hand hoöher gleiten, während er den Kopf hob und wieder das Gesicht des anderen beobachtete. Seung-Ri, in dessen Augenwinkeln sich breits Tränen abzeichneten, sah zu ihm herunter. Young-Bae grinste und schob nun seinen Daumen auf die feuchte Spitze seinerErregung, um sie mit stärkerem Druck zu massieren. Der Jüngere begann vor Lust zu wimmern und schloss verzweifelt die Augen. Das waren wahrer Genuss und wahre Qual zugleich. Und Young-Bae wollte beides noch süßer gestalten. Deshalb leckte er sich nun seinen Weg von dem schweissbedeckten Hals herunter über die Brust seines Freundes und stieß seine Zungerspitze fast nur beiläufig in dessen Bauchnabel, was einen weiteren Schauer durch dessen Körper jagte. Dann war er endlich am Ziel angeklangt. Gierig betrachtete er das Glied in seiner Hand, welches lebendig pulsierte und ihn beinahe genauso anzuflehen schien wie Seung-Ris Augen. "Das wird dir gefallen...", ließ er den Jüngeren noch wissen, welcher ihn kaum hören konnte. Aber das war unwichtig. Young-Bae senkte seine Lippen auf die Spitze nieder und setzte einen langen innigen Kuss darauf, wobei er auch seine Zunge neckisch darüber gleiten liess. Das war zu viel für Seung-Ri. Er riss die Hände vom Mund, grub sie neben sich ins Kissen und bäumte sich auf, so weit es unter dem Körpergewicht des anderen möglich war. "Oh Gott!!!", schrie er völlig ausser Kontrolle und zutiefst erregt. Sein Herz raste unablässig. Er wünschte sich, dass es nie ein Ende finden würde und doch verlangte es ihn nach seinem Höhepunkt. "Hyung, bitte...mehr..." Aber so sehr er auch flehte, Young-Bae ließ sich kaum erweichen. Er wollte ihn noch ein bisschen mehr die angenehme Qual erfahren lassen. Er löste seine Hand, führte sie stattdessen unter Seung-Ris Bein hindurch und hob es sich über die Schulter. Er setzte zarte Küsse auf die Innenseite seiner Oberschenkel, ließ seine Zunge über die Erektion des Jüngeren gleiten und sofort wieder verschwinden, sodass Seung-Ri nicht mehr wusste, wo oben und unten war. Jede kleine Berührung ließ seinen ganzen Körper erzittern, so sehr wünschte er sich die Erlösung. Schließlich erbamrte sich Young-Bae doch, nahm sein Gewicht von dem anderen und legte seine Hand wieder um dessen harten Schaft, um sie auf und ab zu bewegen. Seung-Ri stöhnte, keuchte, wälzte seinen Kopf hin und her und schlang schließlich wieder die Arme um den Älteren um ihn zu küssen. Doch ihre Zungen spielten nur kurz miteinander, da stöhnte er wieder auf und ließ sich in die Kissen zurück fallen. "Hyung... jah! Oh Gott...", seufzte er und schließlich konnte er es nicht mehr länger herauszögern. Er kam warm und klebrig in Young-Baes Hand. Er atmete noch immer schwer, doch langsam entspannten sich seine verkrampften Muskeln wieder und als er seine Augen wieder öffnete, hatte Young-Bae sich über sein Gesicht gebeugt und führte verführerisch grinsend die besudelte Hand zu seinen Lippen, benetzte sie und leckte mit seiner Zunge darüber. Sein Grinsen wurde breiter, als er sich tiefer über Seung-Ri beugte. Dann küsste er ihn und ließ ihn sich selbst kosten. Der Geschmack war anders, salzig und warm doch beim Gedanken an seinen Ursprung, trieb es Seung-Ri erneut wollüstige Schauer durch den Körper. Als sie sich wieder lösten flüsterte er: "Ich will auch dich schmecken..." und schob den Älteren von sich herunter. Mehr als überrascht ließ Young-Bae sich auf seinen Rücken fallen, während sein Freund sich erhob, um auf ihn zu krabbeln. Nachdem er diesen so hinterhältig gefordert hatte, hätte er nicht gedacht, dass Seung-Ri derart schnell wieder zu Verstand und Kräften finden würde. Umso angetaner war er nun, da dieser sich rittlings auf seine Hüften setzte und begann die eigenen kreisen zu lassen. So massierte er die Erregung des Älteren, welche noch immer in diessen Boxershorts steckte und nun noch härter wurde. Voll Genuss zogen sich Young-Baes Augenbrauen zusammen und er schloss die Lider, um das bunte Farbenspiel vor sich zu sehen, das nun in seinem Kopf zu wirbeln begann. Als er die Augen wieder öffnete, sah er Seung-Ri, welcher sich näher zu ihm herunterbeugte. Doch sein Freund sah ihm nicht in die Augen. Stattdessen ergriff dieser seine Hand, an welcher noch immer dessen eigene Spuren klebten. Und ebenso unfair, wie Young-Bae gehandelt hatte, begann der Jüngere diesen nun zu reizen, ohne ihm ganze Befriedigung zu verschaffen. Mit verhangenen braunen Augen begann er die letzte Reste seines Saftes von der Hand seines Freundes zu lecken. Langsam und gründlich erkundete seine Zunge jede Fingerspizte und jede kleine Kuhle, in welcher sich etwas finden liess. Währenddessen pressten sich seine Hüften noch unnachgiebiger zwischen dessen Lenden und bereiteten nun ihm unerträgliche Qual. Young-Bae stöhnte jetzt schon lauter. Allein der Anblick Seung-Ris liess das Blut durch seine Adern rasen. Unweigerlich ruckten seine Hüften kraftvoll nach oben, um den Jüngeren zur Eile zu treiben. Doch dieser lachte leise, drückte ihn unbeeindruckt wieder nach unten. Seit wann war er zu so dominaten Handlungen fähig. Young-Bae fühlte sich überrumpelt. "Na, gefällt dir das, Hyung?", fragte Seung-Ri ihn, obwohl er die Antwort doch zu gut kannte. "Du...", keuchte Young-Bae nur hervor und musste dann bereits erneut aufstöhnen. Seung-Ri hatte sich tiefer sinken lasses, nagelte nun seine Beine an das Bett und zog ihm die Hose in einem Ruck herunter, wobei er es nicht ausließ, einmal fest die Beule in seiner Boxershorts zu packen, dann aber unverrichteter Dinge wieder loszulassen. Nun waren es Young-Baes Hände, welche sich verzweifelt ins Kissen krallten. Solangsam konnte er sich vorstellen, wie es seinem Freund erging, wenn er dies mit ihm tat. Noch einmal senkte Seung-Ri seine Lippen auf die seines Gegenübers. Dann löste er sich von ihm, küsste seinen Hals und ließ seinen Mund langsam tiefer wandern, wobei er mit der Hand sanft an der harten Länge seines Freundes entlangstreichelte. Er wollte, dass Young-Bae genauso auf die Folter gespannt wurde, wie er selber. Schließlich war er an der pulsierenden Erektion des anderen angelangt, und ließ seine Zunge aufreizend langsam den Schaft hinaufwandern, eine feuchte Spur hinterlassend. Seung-Ri stieß den angehaltenen Atem aus, was dazu führte, dass Young-Bae unter ihm stöhnte und sich ihm wieder entgegendrängte. "Nimm ihn in den Mund...", hauchte der Ältere zwischen zwei gekeuchten Atemzügen. Und obwohl Seung-Ri ihn gerne noch länger hingehalten hätte, gehorchte er und schloss die Hand um den sich ihm entgegenstreckenden Schaft, ließ dann die Zunge langsam um die pochende Eichel fahren und senkte seinen Mund auf ihn hinunter. Young-Bae seufzte auf, als er die heißen Lippen spürte und krallte seine Hände fester in das Laken. Seung-Ri bewegte sich im Rhythmus ihres gemeinsamen Herzschlags, wobei seine Hand zärtlich die Haut seines Freundes entlangfuhr. Schließlich trafen sich ihre Hände, verschränkten sich ineinander. Mit jedem Stoß von Young-Baes Lenden dem anderen entgegen, mit jedem lustvollen Aufstöhnen wurde sein Griff fester. Dies hier war einfach unglaublich. Wo hatte Seung-Ri all das gelernt? In seinem Hinterkopf hallte die Frage nach, doch dann wurde sie ertränkt von einer neuen Welle der Lust, als der Jüngere seine Lippen noch fester um die Spitze schloss, sanft seine Zähne in sie drückte. Lange würde er nicht mehr durchhalten. Young-Bae löste seine Hand aus der des Freundes und legte sie auf seinen Kopf, verwob sie mit dem kurzen schwarzen Haar und versuchte ihn anzutreiben. Und schließlich konnte er nicht mehr an sich halten und ergoss sich mit einem gedämpften Schrei in den Mund des anderen. Keuchend und feucht von Schweiß richtete er sich auf und zog Seung-Ri an sich um ihn sanft zu küssen. Auch er kostete den Geschmack ihrer Begierde. Als sie sich trennten bildete sich ein dünner Speichelfaden zwischen ihren Lippen, der schnell abbriss. Young-Bae leckte sich über die Lippen, lächelte zärtlich und ließ sich dann wieder auf das zerwühlte Laken sinken, wobei er den anderen mit sich zog. "Das war wundervoll", flüsterte er und küsste die Halsbeuge seines süßen Freundes. "Ich hoffe nur, wir haben die anderen nicht geweckt", kicherte Seung-Ri. Und in Gedanken fügte er hinzu 'Und wenn schon, das wäre es wert gewesen.' Sie blieben so aneinandergekuschelt wie sie waren und schließlich schliefen sie ein. Das erste Mal seit langem verfolgten sie keine düsteren Gedanken in ihre Träume. Kapitel 27: Black ----------------- Ein dumpfes Poltern war es, welches Young-Bae aus tiefem Schlaf riss. Zuerst dachte er, er hätte es nur im Traum gehört, doch dann schlug die Eingangstür des Apartments zu und er erwachte vollends. Verschlafen rieb er sich die Augen, deren noch verschwommener Blick in der Dunkelheit auf Seung-Ris ruhig daliegenden Körper fiel. Der Jüngere hatte sich etwas von ihm weggedreht und schien noch friedlich zu schlummern. Young-Bae lächelte zärtlich und zog die Decke wieder ein Stück über dessen nackten Rücken. In diesem Moment drang leiser Gesang an sein Ohr, der langsam anschwoll. Irgendein Schlager, schoss es ihm durch den Kopf. Widerwillig verließ er das Bett, um seine Boxershorts wieder überzustreifen und vorsichtig zu erkunden, woher der Gesang kam. So leise wie möglich öffnete er die Schlafzimmertür und linste durch einen Spalt in den Flur. Eine dunkle Gestalt war soeben dabei sich an der Wand abzustützen. Sie schien Probleme zu haben. Und nun konnte er die Stimme auch klarer vernehmen. Young-Bae trat nach draußen, schloss die Tür hinter sich und schaltete das Flurlicht an. Da stand Dae-Sung und lallte vor sich hin, während er versuchte, seine Schuhe auszuziehen, was ihm einfach nicht gelingen wollte. Der Ältere musste grinsen. Es kam nicht oft vor, dass er ihren Freund so sah. "Hey, Dae-Sunga, wo kommst du denn her?" sprach er ihn mit gedämpfter Stimme an und packte ihn an der Schulter. Der Angesprochene reagierte äußerst langsam. Erst nachdem er noch einige Sekunden vor sich hin gesungen hatte, sah er erstaunt auf und grinste dann sehr breit. "Hyung! Wie gehts?!" begrüßte der Jüngere ihn unangebracht laut und holte aus, um ihm ebenfalls die Hand auf die Schulter zu legen. Doch er verfehlte sie und rempelte ihn an. "Wow, tschuldige..." Noch bevor Young-Bae etwas erwidern konnte, gesellte sich unerwartet Seung-Hyun zu ihnen. Dieser verließ in Boxershorts und T-shirt gekleidet sein Schlafzimmer und beäugte sie verwirrt, zerzaust und auch leicht erbost. "Was ist denn hier los?" "Ach, der andere..." kommentierte Dae-Sung sein Auftauchen leise lachend und stieß sich von Young-Bae weg, nur um wieder an der Wand zu landen. Young-Bae trat einen Schritt nach hinten, näher an Seung-Hyun heran und aus der Gefahrenzone das Betrunkenen heraus. "Wie du siehst" erklärte er, "hat da jemand zu tief ins Glas geschaut. Dae-Sung, du bist besoffen!" Die letzten Worte sprach er so laut, dass sie zu dem anderen durchdringen mussten. "Was, besoffen? Ich bin doch nicht besoffen!" versicherte Dae-Sung und schaffte es endlich, die Schuhe von den Füßen zu streifen. Er hatte eine solch unkontrollierte Kraft darauf angewendet, dass sie nun kreuz und quer durch den Flur flogen, während Dae-Sung wieder wankte und dabei die sauber aufgereihten Schuhe der anderen durcheinander brachte. Als Young-Bae daran dachte, wie dieser sie selbst immer zu Ordnung aufrief, musste er grinsen. Er wollte etwas zu ihrem Ältesten sagen, der immer noch entgeistert neben ihm stand und das seltsame Bild betrachtete, doch just in diesem Moment erhob Dae-Sung seine Stimme und begann wieder irgendeinen Quatsch zu singen, so dass Young-Baes Worte ungehört untergingen. Er setzte erneut an, diesmal lauter. "Wir sollten ihn ins Wohnzimmer schaffen, damit er uns nicht die ganze Nacht wachhält" wiederholte er. Seung-Hyun nickte. Es war gar nicht so einfach, den ihren betrunkenen Freund zu fassen zu kriegen, da er so stark wankte und dabei wild mit den Armen fuchtelte. Schließlich gelang es ihnen, Dae-Sung links und rechts einzuhaken. Seine Schritte waren so unsicher, dass sie ihn mehr trugen als führten und immer wieder sank sein Kopf zur einen und dann wieder zur anderen Schulter, während er noch immer vor sich hinträllerte und zwischendurch beteuerte, dass er die Hilfe nicht nötig hätte und noch sehr gut allein gehen konnte. Young-Bae hatte den anderen noch nie so schief singen hören. Schließlich schafften sie es, Dae-Sung auf das Sofa zu verfrachten, doch dieser schien von der Idee schlafen zu gehen nicht recht begeistert. "Hyungs!" rief er, "lasst uns noch einen trinken, ja? Und dann spielen wir Mario Kart!" Er war schon aufgesprungen um die Konsole anzuschalten, doch Young-Bae drückte ihn sanft aber bestimmt auf die Kissen zurück. "Nichts da, es ist spät, wir sind alle müde und du musst dich ausruhen, damit du morgen keinen Kater hast!" "Ach Hyuuuuu~ung!" moserte Dae-Sung und verschränkte die Arme vor der Brust, wobei er einen Schmollmund. Young-Bae warf einen zweifelnden Seitenblick auf den Ältesten, doch der zuckte nur hilflos mit den Schultern, wobei jedoch ein leichtes Grinsen um seine Mundwinkel spielte. "Ich glaube, ich gehe erstmal etwas zu trinken besorgen." Und damit verschwand er in die Küche. Als er den Wasserhahn abdrehte, hörte er auf einmal lautes Gelächter aus dem Wohnzimmer zu ihm herüberwehen und er wunderte sich, denn es war nicht Dae-Sungs Stimme, die er vernahm. Im Wohnzimmer bot sich ihm ein Bild des Elends. Scheinbar war Dae-Sungs Stimmung in Sekundenschnelle von höchster Freude in tiefste Trauer umgeschlagen. Er lag flach auf dem Sofa, hielt sich den Bauch und jammerte Stein erweichend. Neben ihm, bei einer Pfütze von Erbrochenem, stand Young-Bae und konnte vor Lachen nicht mehr an sich halten. "Da bin ich ja keine Sekunde zu früh mit dem Wasser. Hier." Seung-Hyun wollte eigentlich sauer werden, aber er konnte nicht anders, als auch zu grinsen. Das hier war einfach viel zu lächerlich. Es war eine seltsame Stimmung, welche sich in dieser Nacht unter den drei Freunden unbemerkt ausbreitete. Sie hatte etwas von Ausgelassenheit. Ausgelassenheit nach einer sehr langen Zeit der düsteren Trauer. Und dass selbst Seung-Hyun sich nicht dagegen wehren konnte, erfreute und erleichterte Young-Bae umso unfassbar viel Last, dass er nur noch lauter lachte und diesem brüderlich auf den Rücken klopfe. Nachdem Dae-Sung alles aus sich herausgelassen hatte, setzte er sich vorsichtig wieder auf. Er sah nun wirklich etwas krank aus, aber er würde es sicher überstehen. So reichte Young-Bae ihm eine Taschentuch und der Älteste drückte ihm das Wasserglas in die Hand, aus welchem er gierig einige Schlucke nahm. Danach fühlte er sich besser und auch etwas nüchterner. "Na, glaubst du mir jetzt, dass du betrunken bist?" fragte Young-Bae ihn neckisch, als sie sich wieder in die Augen sahen. Der Angesprochene lächelte schief und kratzte sich am Kopf. "Du hast vielleicht recht..." nuschelte er und sah dann zu Seung-Hyun herüber, der nur missbilligend aber noch immer grinsend den Kopf schüttelte. "Haha, hyung, du lachst ja. Warum lachst du?" Daraufhin wurde das Lächeln in dessen Gesicht noch breiter. "Du solltest schlafen gehen." erwiderte Seung-Hyun nur und versuchte, sich wieder zu beruhigen und Ordnung in dieses Chaos zu bringen. Was sie nicht bemerkten, war, dass sie in ihrem Tun beobachtet wurden. Nicht weit von ihnen im Türrahmen stand Ji-Yong. Er war dem Schlaf entstiegen, als Seung-Hyun die Schlafzimmertür geöffnet hatte und Licht auf sein Bett gefallen war. Auch er hatte Dae-Sungs Gesang vernommen und begonnen, dem Gespräch seiner Freunde zu lauschen. Als diese den stark Angetrunkenen ins Wohnzimmer schleppten und kurz darauf lautes Gelächter zu vernehmen gewesen war, war er neugierig geworden. Lachen, das war ein Geräusch, welches schon eine lange Zeit nicht mehr in ihrem Apartment zu hören gewesen war. Obwohl früher kaum ein Tag ohne es verging. Es nun so plötzlich und unerwartet mitten in der Nacht zu vernehmen, ließ sein Herz angenehm schneller schlagen und trieb ihn den anderen nach. So betrachtete er die beinah glückliche Szene und nahm gar nicht wahr, wie ein Lächeln nun auch seinen Mund umspielte. Ja, so sollte es sein. Erst als Dae-Sung sich letztlich doch auf das Sofa legte, entschied auch der Leader, sich wieder abzuwenden und in sein Bett zurückzukehren. Bald würde er wieder genügend Mut finden. Er wusste es. Er wandte sich um und lief wenige Schritte, da erschien ein Paar nackter Füße vor seinen Augen. Sofort erstarrte er im Gehen und ließ seinen Blick langsam höher wandern. Ji-Yongs Atem stockte. Vor ihm stand Seung-Ri in einen Bademantel gehüllt und starrte ihn an. "Hyung..." Die Augen des Jüngeren wurden wässrig. Beide starrten sich unverwandt an. Seung-Ri lag in diesem Moment so viel auf der Zunge, das er gern gesagt hätte, aber seine Stimme weigerte sich, ihm zu gehorchen. Stattdessen wisperte er noch einmal "Hyung" und eine kleine Träne kullerte aus seinem Auge. Es war so viele Tage her, dass er den Freund gesehen hatte. So viel war passiert. Herr Jang und Seung-Hyun hatten recht gehabt, Ji-Yong sah wirklich besser aus. Und nun traute er sich sogar aus seinem Zimmer. Der Blick, den die beiden jungen Männer teilten, konnte höchstens ein paar Sekunden gedauert haben, doch er löste in beiden so viel aus. Seung-Ri war nun endgültig hoffnungsvoll, dass in ihr Leben langsam wieder Frieden einkehren konnte. Ji-Yong war immer noch wie zur Salzsäule erstarrt. Er hatte es vermieden, das Wohnzimmer zu betreten, hatte die anderen so lang nicht mehr gesehen und jetzt drehte er sich um und Seung-Ri stand vor ihm, freute ich offensichtlich ihn zu sehen, aber schien fast genauso geschockt über die unerwartete Begegnung. Es war jedoch nicht nur Angst, die sich um sein Herz zusammenzog. Freude klang darunter nach, auch ein Hoffnungsschimmer. Dies war ein guter Tag gewesen. Schließlich schwappte jedoch die Angst über und Ji-Yong schob sich an dem Jüngeren vorbei in sein Zimmer, wobei er kaum hörbar "Gute Nacht, Seung-Ri" murmelte. Der Angesprochene blieb wie angewurzelt auf der Stelle stehen und starrte auf das Stück Teppich, auf dem sich noch eben Ji-Yongs Füße befunden hatten. Erst nach Sekunden konnte er sich doch und betrat noch immer wie in Trance das Wohnzimmer. Young-Bae hatte sich Papierhandtücher geschnappt und wischte die Sauerei vom Boden auf, während Seung-Hyun nach Decken und Kissen für ihren Freund kramte und ihn immer wieder anhielt, Wasser zu trinken. "Hyungs..." wollte Seung-Ri sagen, doch es kam nur ein leises Krächzen heraus, das er selbst kaum vernahm. Er räusperte sich und sagte dann mit etwas normalerer Stimme "Heh, Leute!" Endlich hörten sie ihn und drehten sich überrascht nach ihm um. "Oh, du bist auch wach? Naja, bei dem Lärm kein Wunder!" "Eben im Flur... da war Ji-Yong!" Alle verstummten. Erst starrten die drei Älteren den Jüngsten nur an, dann tauschten sie selbst Blicke. Aus Seung-Ris Gesicht war nicht zu lesen, wie sie diese Begebenheit bewerten sollten. Young-Bae musterte seinen Freund. Mit seinem wirren Haar, dem locker umgebunden Bademantel, unter welchem er scheinbar noch immer nackt war, und seinen großen braunen Augen wirkte er verwirrt und hilflos. Young-Bae riss sich von seinem Tun los und ging bedacht auf ihn zu. Aus einem Grund, der ihm selbst nicht bekannt war, hatte er das Gefühl, Sueng-Ri nun mit Vorsicht behandeln zu müssen. Er schien in diesem Moment sehr zerbrechlich. Seine Hände fanden sich zu beiden Seiten von dessen Gesicht wieder. Er hielt es fest und streichelte leicht mit den Daumen über seine Wangenknochen, wobei er die Spur einer Träne bemerkte. "Hat er etwas gesagt?" fragte Young-Bae den Jüngeren leise und sah ihm dabei sanft in die Augen. Sein Gegenüber schluckte schwer, ließ den Blick unsicher an ihm vorbei zu Seung-Hyun und Dae-Sung schweifen, welche ihn mit leicht geöffneten Mündern anstarrten. Dann wanderte er wieder zurück. "Er hat...er hat 'Gute Nacht' gesagt...ganz leise..." antworte Seung-Ri beinah so leise, wie Ji-Yong zu ihm gesprochen hatte. Er konnte es noch immer nicht fassen. Ji-Yong hatte ihn angesehen und zu ihm gesprochen, nach so langer Zeit. Nach allem, was geschehen war. Er hasste ihn nicht. Bei jenem Gedanken sammelten sich erneut Tränen in seinen Augen. Er senkte den Blick, musste blinzeln und da kullerten sie heraus. Benetzten Young-Baes Daumen und tropften weiter über Seung-Ris Wangen. Er war glücklich und traurig zugleich und wusste nicht, was er tun sollte. Ein Lächeln spielte auf seinen Lippen und gleichzeitig konnte er die Tränen nicht zurückhalten. Seung-Ri sank gegen die Brust des Älteren und ließ den Blick von einem seiner Freunde zum nächsten wandern. Die anderen im Raum schienen erleichtert. Fast schon hatten sie befürchtet, dass es zu einem neuen Eklat gekommen war. Besonders bei Seung-Hyun saß diese Angst tief. Es war fast schon zum Reflex geworden, immer das Schlimmste zu befürchten Bei dem, was sie durchgemacht hatten, war das nicht verwunderlich, doch er wünschte sich, dass er nicht für immer diese schweren Gedanken mit sich herumtragen musste. "Wir sollten alle schlafen gehen. Es war ein anstrengender Tag." Alle nickten auf Seung-Hyuns Vorschlag, nur Dae-Sung murmelte, dass er aber noch nicht müde sei. Jedoch im selben Atemzug war er auch schon wieder auf das Sofa zurückgesunken und die Augen fielen ihm zu. "Seung-Riya, ich mache hier noch sauber. Dann komm ich wieder ins Bett. Geh doch schonmal vor!" Seung-Ri nickte. Er hauchte einen unbemerkten Kuss auf Young-Baes Wange und verschwand dann wieder in den Flur, wo er kurz stehen blieb und die verschlossene Tür, hinter der sich ihr Leader befand, anstarrte. Erst danacg löschte er das Licht und verschwand in sein Zimmer. Young-Bae und Seung-Hyun blieben noch kurz in der Mitte des Wohnzimmers stehen ohne einander anzusehen. Dae-Sungs leises Schnarchen verhinderte, dass es ganz still wurde. "Es geht ihm langsam besser. Ich bin froh..." Young-Bae hörte echte Erleichterung in der Stimme des Ältesten. Statt etwas zu erwidern klopfte er ihm jedoch nur auf den Rücken und lächelte ihn aufmunternd an. "Du gehst am besten auch schlafen!" "Ich helfe dir noch, hier sauber zu machen." "Lass mal, ich schaffe das auch alleine. Das Gröbste ist ja schon weg." "Dann hol ich wenigstens noch schnell einen Eimer, falls er sich nochmal übergeben muss." "Bring am besten noch eine Flasche Wasser mit." Zehn Minuten später lag Seung-Hyun in seinem Bett und starrte an die Decke. Sollte es tatsächlich endlich überstanden sein? "Gute Nacht, Ji-Yonga" wisperte er, dann glitt er langsam wieder ins Reich der Träume hinüber. Und ohne dass der Ältere es noch hörte, erhielt er einen leisen Gruß zurück. Ji-Yong flüsterte ihn, erneut mit einem warmen Lächeln auf den Lippen. Ja, Seung-Ris Anblick hatte ihn erfreut und geängstigt. Doch als er wieder unter seine Decke geglitten war und sich seinen jungen Freund vor Augen geführt hatte, da durchströmten ihn Wärme und ein gewisses Glücksgefühl. Und es hielt an, sodass er Seung-Hyun noch antwortete, als dieser es bereits nicht mehr hören konnte. --- Die Tage, die jenem ereignisreichen folgten, erschienen anders. Sie waren heller und leichter zu durchleben. Sie gaben ihnen neue Kraft und Zuversicht für die Zukunft. Seung-Hyun beobachtete Ji-Yong sehr genau und vernahm, dass die Nervosität, welche diesen immer im Griff gehabt hatte, von ihm beinah völlig abgefallen war. Der Jüngere sah ihm nun viel öfter in die Augen, sprach mit lauterer Stimme und lächelte wieder und wieder. Sie konnten sogar wieder miteinander scherzen. Es geschah etwas, das der Älteste nicht derart schnell für möglich gehalten hatte: Ji-Yong verließ seine Deckung und kehrte zu ihnen zurück. Nicht laut und aufgedreht wie sie es gewohnt waren, sondern still und unauffällig. Es begann damit, dass dieser auftauchte, als Young-Bae, Dae-Sung und Seung-Ri gemeinsam im Wohnzimmer Fern sahen. Natürlich hatten sie ihn zunächst unsicher angesehen, doch als niemand etwas sagte, wandten sie sich wieder dem Fernseher zu und Ji-Yong setzte sich zu ihnen auf einen der Sessel. Sie sprachen nicht miteinander und er blieb auch nicht lang, aber er hatte es geschafft, seine Angst zu überwinden. Nach einer Woche begann er sogar wieder mit ihnen gemeinsam zu essen. Er saß noch immer dicht bei Seung-Hyun und verschwand nach seinem letzten Bissen sofort, als fürchtete er, in ein Gespräch verwickelt zu werden. Doch er verbrachte Zeit mit ihnen. Und so ließen sie ihn wieder an allem Teil haben, jedoch ohne ihn zu bedrängen. Zu Beginn war der Älteste skeptisch gewesen. Wenn sein geliebter Freund sich unter sie mischte, hatte er ihn wieder und wieder unauffällig beobachtet, um jedes Anzeichen einer Panikatacke sofort zu erkennen. Und einige Male begann dieser derart gehetzt um sich zu sehen und mit zittrigen Händen seine Kleidung zu greifen, dass er dachte, es wäre soweit. Doch Ji-Yong überstand es. Er vollbrachte es, wieder zu seiner inneren Ruhe zu finden, sodass Seung-Hyun seinen Zustand immer seltener überprüfte. Und sogar er wagte sich nun zu hoffen, dass es wieder wie früher werden konnte. Bis zu einem erneuten Anruf ihres Managers. "Das ist nicht Ihr Ernst, oder?!" Seung-Hyun klang so aufgebracht, dass Seung-Ri aus seinem Zimmer in den Flur schielte, wo der Älteste mit dem Telefonhörer in der Hand an der Wand lehnte. "Ja - ja, nein - ich verstehe schon, aber das... in Ordnung, ich werde es ihm ausrichten. Das kann ich aber nicht versprechen. Ja, natürlich werde ich alles daran setzen. Ja. Ich wünsche Ihnen auch noch einen schönen Tag. Danke sehr, ich werde es ausrichten." Seufzend ließ er den Kopf gegen die Wand sinken. Da lief es ein paar Tage gut und dann so etwas. Er hatte es ja kommen sehen, hatte gewusst, dass es nicht so perfekt weitergehen konnte. „Hyung, ist alles in Ordnung?“ Er hatte Seung-Ri nicht bemerkt und schreckte nun zusammen, als er angesprochen wurde. Erst wollte er gar nicht antworten, sich erst einmal sammeln und dann überlegen, wie er es angehen konnte, doch dann schüttelte er einfach nur den Kopf. „Es war Herr Jang.“ Seung-Ris Augen weiteten sich und der Ältere erkannte, dass die schlechten Vorahnungen auch den anderen ereilten. Er war nicht der einzige, der schnell das Schlimmste annahm. Diese Gedankengänge schienen sich so eingebrannt zu haben, dass sie automatisch abliefen. Leider konnte er nun nichts Positives sagen um die Befürchtungen des Freundes zu zerstreuen. „Das wird nicht schön…“ seufzte er. „Ji-Yong muss zur Gegenüberstellung.“ Seung-Ris Gesichtszüge entgleisten. „Wie bitte, zur Gegenüberstellung?! Ich dachte, sie wissen, dass es Min-Ho war. Wieso muss er da noch hin?!“ Seung-Hyun zuckte hilflos mit den Schultern. „Sie brauchen Beweise…“ „Aber Hyung, er kann doch da nicht hin, das hält er nicht aus!“ Seung-Hyun packte Seung-Ri am Oberarm und zog ihn in die Küche. „Sprich doch ein bisschen leiser. Du willst doch nicht, dass er das so mitbekommt, oder?“ Schuldbewusst senkte der Jüngere die Stimme, als er weitersprach. „Hat Herr Jang gesagt, dass es unbedingt sein muss?“ „Er hat mir die Nachricht nur überbracht. Das Polizeirevier hat heute Morgen im Entertainment angerufen um Ji-Yong vorzuladen. Herr Jang hat versucht, Einspruch zu erheben, doch wie er es mir erzählt hat, lässt es sich nicht mehr verschieben. Es ist ohnehin nur unserem besonderen Status zu verdanken, dass sie so lang auf sich warten ließen.“ Bei den letzten Worten klang Seung-Hyuns Stimme bitter. „Und jetzt?“ Seung-Ris Augen wurden noch größer. „Jetzt werde ich zu Ji-Yong gehen und ihn so vorsichtig wie möglich darauf vorbereiten. Wenn du möchtest, kannst du die Aufgabe übernehmen, Young-Bae und Dae-Sung zu informieren, wenn sie vom Einkaufen wieder da sind.“ Seung-Ri nickte ernsthaft, dann schloss er aus einem Impuls heraus den Älteren in die Arme. „Wir schaffen das schon!“ Überrascht erstarrten die Gesichtszüge Seung-Hyuns, als er sich in einer Umarmung wiederfand. Dass es Seung-Ri war, der ihm auf diese Weise den Rücken stärkte, hatte er nicht erwartet. Er erinnerte sich an seinen Zusammenbruch vor einigen Wochen. Damals hatte er sich von dem Jüngsten geholt, was er von Ji-Yong nicht hatte bekommen können. Noch immer nicht bekommen konnte. Doch nun so freundschaftlich von ihrem Jüngsten umarmt zu werden, brachte ihn etwas aus der Fassung. Leicht legte er nun auch seine Arme um diesen und klopfe ihm auf den Rücken. "Ja...", gab Seung-Hyun zur Antwort. Dieses 'ja' jedoch war von Zweifeln durchzogen. Noch einen Moment verweilten sie so, dann löste der andere sich von ihm und lächelte verlegen. "Ich, äh, geh jetzt ins Wohnzimmer und warte auf die beiden. Viel Glück.", sagte der Jüngere leise und wandte sich ab. Bevor er jedoch den Raum verließ, drehte er sich noch einmal um. "Und Hyung?" Der Angesprochene merkte auf. "Ja?" "Wenn du Hilfe brauchst, ich bin da." Jene Worte hatte er ihm noch mitgeben wollen. Sicherlich würde der Ältere seine Hilfe nie in Anspruch nehmen, aber er sollte wissen, dass er nun nicht mehr allein war. Dass er nie allein gewesen war. Es würde immer einer von ihnen da sein, wenn er zweifelte. Seung-Hyun sah seinem Freund noch nach und lächelte traurig in sich hinein. Es tat gut, dies zu hören, auch wenn ihm niemand bei dem helfen konnte, was er nun zu tun hatte. Warum war das Leben derart ungerecht? Widerwillig machte er sich auf den Weg in ihr Schlafzimmer, in welchem er Ji-Yong am Schreibtisch sitzend vorfand. Dort hatte er ihn in den letzten Tagen öfter sitzen sehen. Die meiste Zeit las er nur in seinen Notizen, doch im Moment schrieb er. "Ji-Yonga?", sprach er den Jüngeren vorsichtig und aus einiger Entfernung an. Dieser hob den Kopf und wandte sich ihm zu. Er lächelte. Seung-Hyun glaubte, sein Herz würde zerspringen vor Trauer und Glück. Seit er dieses Lächeln wieder sehen durfte, fiel es ihm noch schwerer, ihn nicht einfach in die Arme zu schließen und fest an sich zu drücken. "Ja?" "Ich muss dich kurz stören. OK?" Langsam setzte er sich an die Kante von Ji-Yongs Bett und beobachtete, wie dieser erst verwirrt erschien, dann aber nickte. "Klar, was ist denn?" "Würdest du dich zu mir setzen?" Er wollte so nah wie möglich bei ihm sein. Wenn er ihm schon diese Nachricht überbringen musste, dann sollte sein Freund wissen, dass er an seiner Seite war. Wie immer. Da Ji-Yong keine Angst mehr vor leichtem Körperkontakt mit dem Älteren hatte, gesellte er sich ohne weiteres Zögern zu diesem. Der Ernst in dessen Stimme jedoch beunruhigte auch ihn. "Hyung, was ist?" Seung-Hyun holte tief Luft, um Zeit zu gewinnen und den richtigen Anfang zu finden. Am liebsten wollte er aus dem Raum stürmen und das Telefonat vergessen. Ji-Yong nie etwas davon erzählen. Doch die Vernunft rief ihn zur Ordnung. "Ji-Yonga, Herr Jang hat eben angerufen und ich muss dir etwas von ihm ausrichten." Er warf einen schnellen Blick zur Seite und bemerkte sofort die leichte Unruhe im Gesicht seines Gegenübers. Der Jüngere starrte ihn gespannt an. Geradezu ungeduldig. Da fasste er sich ein Herz und ergriff zugleich die Hand des anderen. "Er sagte, die Polizei hätte sich gemeldet und angekündigt, dass du zu einer Gegenüberstellung kommen müsstest." In der ersten Sekunde herrschte schweigen. Dann hörte er Ji-Yong neben sich hart schlucken. "G-gegenüberstellung? Was meinen sie damit?" Er wagte es kaum diese Frage zu stellen, denn er wusste bereits, was es bedeutete. Doch noch hatte er die Hoffnung, es sei ein Missverständnis. "Es bedeutet, dass du...zur Identifikation zu ihnen kommen musst." Ji-Yongs Hand, welche in der seinen bis jetzt nur locker gelegen hatte, packte plötzlich fester zu. Er sah zu diesem auf, doch konnte er nicht in seine Augen sehen, da der andere den Blick gesenkt hatte. Er hatte es gewusst. Er hatte gewusst, dass es unmöglich für ihn war. Und doch wollte er ihm versichern, dass er es schaffen konnte. "Aber du musst nicht allein gehen. Ich kann mitkommen und bei dir bleiben. Du brauchst dir keine Sorgen zu machen." versuchte er die Situation trotzdem noch zu retten. Innerlich stelle sich Seung-Hyun schon auf einen erneuten Zusammenbruch seines Freundes ein, legte sich mehr tröstende, beruhigende Worte zurecht. Doch nichts geschah. Ji-Yong blickte ihm nur weiter ernst in die Augen, dann wandte er den Blick ab und starrte geradeaus ins Nichts. “Ji-Yonga, ist… ich meine, ist alles in Ordnung?” Der Jüngere nickte langsam, doch der feste, fast schmerzhafte Griff um Seung-Hyuns Hand verriet, dass er im Inneren nicht so ruhig sein konnte, wie er sich gab. „Es ist in Ordnung, ich werde das schaffen.“ Sein Gesichtsausdruck, auf dem noch eben ein Lächeln geprangt hatte, wirkte nun wieder schlaff, wie gelähmt. Seung-Hyuns Herz klopfte ihm vor Angst bis zum Hals. Auf einmal löste Ji-Yong den Griff. „Wann ist der Termin?“ erkundigte er sich und sein Ton wirkte beinahe geschäftsmäßig, wenn dieses verräterische Zittern nicht gewesen wäre. Seung-Hyun kannte seinen Freund so gut, hatte inzwischen so viel mit ihm erlebt, dass er es ohne Schwierigkeiten heraushörte. Es war seltsam. Diese ganze Situation war seltsam. Er hatte mit vielem gerechnet, nur nicht damit, dass der andere so undurchschaubar ruhig bleiben würde. Das konnte es noch nicht gewesen sein. Und sollte Ji-Yong tatsächlich so gefasst sein, wie er sich gab, dann dankte er Gott oder wem auch immer für die Stärke, die er seinem Freund verliehen hatte. Doch er glaubte nicht daran. Immer das Schlimmste erwarten, das war schließlich seine neue, traurige Devise. Er wollte seine Hand, auf den Rücken des anderen legen um ihm zu zeigen, dass er bei ihm war, doch dieser zuckte bei der Berührung von ihm weg. Es tat Seung-Hyun in der Brust weh. „Du sollst schon übermorgen hin. Aber du musst ihm nicht persönlich gegenübertreten, in Ordnung? Sie wollen erst deine Aussage aufnehmen, Herr Jang hat gesagt, das sei auch schon lange überfällig. Und dann musst du ihn identifizieren. Ihr seid durch eine dicke Glasscheibe getrennt und ich verspreche dir, dass es nicht länger als eine Minute dauern wird, in Ordnung? Und ich werde die ganze Zeit da sein, wenn du es möchtest.“ „Ja, okay.“ Das war das einzige, was Ji-Ying erwiderte und die Sorge um seinen Freund schnürte Seung-Hyun langsam die Kehle zu. Es entstand eine lange Pause zwischen ihnen. Seung-Hyun hörte mit halbem Ohr die Apartmenttür aufgehen. Die anderen schienen vom Einkaufen wieder zurück sein. Dann vernahm er gedämpfte Stimmen und schließlich schloss sich die Wohnzimmertür. Gerade jetzt würde Seung-Ri die schlechte Nachricht auch ihnen überbringen. Und noch immer sagte keiner von beiden ein Wort. Seung-Hyun bemerkte, dass der Ausdruck des anderen sich verändert hatte. Seine Augen wanderten unruhig im Zimmer auf und ab, seine gesamte Gesichtsmuskulatur schien verkrampft zu sein und seine Hände öffneten und schlossen sich um nichts. „Ji-Yong…“ „Bitte lass mich jetzt alleine, ja?“ Ji-Yong drehte den Kopf und sah dem anderen kurz in die Augen. Seung-Hyun konnte diesen Blick nicht deuten, es war nur klar, dass sein Freund keine Widerrede dulden würde. Er bräuchte vielleicht nur ein wenig Zeit, um die schlimme Nachricht zu verdauen, vielleicht ging nicht alles wieder den Bach runter. „Ich bin im Wohnzimmer, wenn du mich brauchst.“ Seung-Hyun widerstand erneut dem Drang, den anderen in die Arme zu schließen, dann setzte er sich auf und verließ langsam den Raum. In der Tür warf er einen kurzen Blick zurück. Er hoffte, dass es nicht so schlimm war, wie sein Bauchgefühl es ihm weismachen wollte. Nachdem sein Freund gegangen war, erhob Ji-Yong sich von seinem Bett. Etwas planlos drehte er sich zu allen Seiten des Zimmers. Doch in keiner Richtung lag seine Rettung. Nervös vergruben sich seine Hände in den Rand seines T-shirt, rissen ihn beinah aus, ohne dass es ihm wirklich bewusst war. Auch er hatte die Hoffnung, dass er die Neuigkeiten erst verstehen musste. Dass ihm nur klar werden müsste, was sie wirklich für ihn bedeuteten. Und nachdem er dies fertig gebracht hatte, würde er sie ganz sachlich betrachten können. Sachlich, als würden sie keine Bedrohung für ihn und seinen wiedergewonnen Frieden darstellen. "Seung-Hyun wird dort sein. Er wird bei dir sein. Du brauchst keine Angst zu haben." flüsterte er es sich selbst zu. Erst vereinzelt, dann immer schneller, bis die Worte nur noch ihm verständlich waren. Aber sie beruhigten ihn nicht. So sehr er sich seinen Freund an seiner Seite vorzustellen versuchte, dessen Bild wurde verdrängt. Unbemerkt verkürzten sich seine Atemzüge. Seine Brust hob und senkte sich schneller, während alles um ihn herum zu rotieren begann. Er versuchte die Augen zu schließen. Seung-Hyun vor diesen festzuhalten, sich dessen Hand in der seinen vorzustellen. Doch es war nicht mehr die Hand seines geliebten Freundes, die sich in seiner Vorstellung um die seine legte. Nicht die weiche zarte Berührung von Seung-Hyuns Lippen, die leise ins Ohr flüsterten. All das gehörte nur noch IHM! 'Wir werden für immer zusammenbleiben...' hörte Ji-Yong ihn wispern. Ein unterdrückter Aufschrei entfuhr ihm und er fand sich in der wirklichen Welt wieder. Gehetzt sah er sich um. Doch niemand war hier. Min-Ho war nicht hier. Doch er war da draußen. Nervös lief er zum Schreibtisch hinüber und begann darauf herumzuwühlen. Er musste sich vorbereiten. Er musste sich wappnen. '...für immer...' Als würde es ihn in irgendeiner Weise weiterbringen, schob Ji-Yong Zettel umher, stapelte Zeitschriften um, nahm Bücher in die Hand um die Seiten auszuschütteln. Vielleicht würde er zwischen all dem nutzlosen Krempel irgendetwas finden, das ihm Halt geben konnte. Doch in Wirklichkeit nahm er gar nicht wahr, was er tat, sah die Dinge nicht, die er in die Hand nahm. Es gab nur eine Person, die ihm jetzt Halt geben konnte und diese hatte er aus dem Zimmer geschickt. Er wollte Seung-Hyun nicht beunruhigen, nicht schon wieder schuld daran sein, dass er sich Sorgen machte. Es ging ihm doch besser. Er würde die Kraft ganz allein aufbringen und in ein paar Minuten würde er aus dem Zimmer treten, zu seinen Freunden gehen und es würde alles in Ordnung sein. Ji-Yong riss weiter Schubladen auf und durchwühlte sie. Öffnete Schachteln um ihren Inhalt auf den Boden zu leeren und sogleich irgendwo anders zu verstauen. Es war doch alles gut. Wie schwer konnte es schon werden? Schließlich konnte ihm nichts passieren. Sein Peiniger war gefasst. Er würde umgeben sein von ausgebildeten Polizisten in einem abgeschlossenen Raum. Doch allein der Gedanke an die schwarzen Augen ließ ihm das Blut in den Adern gefrieren. 'Mein Engel...' tönte Min-Hos Stimme in seinem Kopf, warf Echos und wurde immer lauter und bedrohlicher. Ji-Yong begann zu summen, um die Gedanken zu übertönen, doch nur ein trockenes Flüstern entkam seiner Kehle, während seine Hände noch immer sinnlos durch sein angesammeltes Eigentum wanderten. Kurz ließ er sich wieder auf sein Bett fallen, starrte an die Decke und es war, als würde ein riesiges schwarzes Auge zurück starren. Er raufte sich die Haare, schwang die Beine wieder über die Bettkante und vergrub den Kopf in den Händen. Es konnte ihm doch nichts passieren. Er würde seine Aussage machen, ihm kurz gegenübertreten und sich nicht unterkriegen lassen. Seung-Hyun war doch bei ihm. Und unzählige Polizisten. Nicht mal eine Minute, hatte Seung-Hyun ihm versprochen. Er würde dafür sorgen, dass dieser Kerl eingesperrt wurde und seine gerechte Strafe erhielt, nichts anderes. Es konnte doch gar nichts passieren. Warum hatte er dann trotzdem so eine Angst. Warum lag sie wie ein zentnerschwerer Stein auf seiner Brust. Warum konnte er nicht mehr normal atmen? Es konnte doch nichts passieren. Er würde sicher sein. Ji-Yong sprang wieder von seinem Bett auf und begann in seinem Kleiderschrank zu wühlen. Reihte Schuhe vor ihm auf, fein säuberlich, stülpte Hosentaschen nach außen und ließ Boxershorts und Mützen ihren Aufbewahrungsort tauschen. Seung-Hyun würde bei ihm sein und ihn auffangen, wenn er es brauchte. Es konnte doch eigentlich gar nichts passieren. Sein Atem ging inzwischen so schnell, so abgehackt, dass er kaum noch Sauerstoff in die Lunge bekam. Schließlich hielt er eine Jacke in der Hand, die er seit Wochen nicht mehr getragen hatte. Wie von allein wanderte seine Hand in die Tasche und er war überrascht, als sie sich um ein kleines, festes Stück Papier schloss. Mit wild klopfendem Herzen zog er es hervor und was er fand, als er seine sie öffnete, ließ ihn erstarren. 'Park Min-Ho, Personenschutz' stand in kleinen, unauffälligen Buchstaben darauf, darunter eine Telefonnummer. Er erinnerte sich an den Moment, als er sie eingesteckt hatte und dieser Gedanke, dieses dumme kleine Stück Papier ließ sein ganzes Denken erstarren. Es wurde hinfort gespült von einer eiskalten, schwarzen Welle der Angst. „Denkst du, er wird das meistern?“ Besorgnis sprach aus Dae-Sungs Augen, als er ihrem Ältesten die Frage stellte. Doch dieser konnte nicht anders, als mit den Schultern zu zucken. Er wusste es wirklich nicht, er konnte sich nicht erklären, wie er Ji-Yongs Verhalten zu deuten hatte. Auch die anderen hatten mit Unbehagen reagiert, als er ihnen davon erzählt hatte, also sah er vielleicht doch keine Gespenster. „Ich hoffe es. Aber mehr als hoffen und ihm meine Unterstützung anbieten kann ich auch nicht.“ Seung-Hyun wünschte sich, dass es nicht so wäre. Dass er Ji-Yong alles geben könnte, was dieser brauchte. Dass er seinem geliebten Freund diese schwere Last abnehmen könnte. Ihm jede böse Erinnerung und jeden Schmerz nehmen könnte. Als ihm dies bewusst durch den Kopf ging, schüttelte er ihn energisch, als würde er damit die unrealistischen Wünsche vertreiben. "Hyung, was ist?" fragte Young-Bae ihn besorgt. Dieser saß zu seiner Rechten auf dem Sofa und beäugte ihn misstrauisch. Nicht nur Ji-Yong wollte etwas verbergen, auch Seung-Hyun begann wieder mit dem Versteckspiel. Er seufzte. Ein Anruf und ihr Refugium war zerstört. Aber es war so oder so nur aus rissigem Papier erbaut worden. Er hatte es gespürt, aber trotzdem genossen. Young-Bae sah zu Seung-Ri hinüber, welcher ebenfalls wieder in düstere Befürchtungen vertieft zu sein schien. Dessen Augen hatten in den letzten Tagen ab an nahezu gestrahlt. In diesem Punkt war es Young-Bae beinahe wie ihrem Ältesten ergangen. Er hatte seinen süßen Freund wieder etwas aufblühen sehen und wollte, dass es nie endete. Ein Anruf. Alles dahin. Mehrere Minuten verbrachten sie still beieinander. Ein jeder seinen Gedanken nachhängend. Ein jeder vor sich her grübelnd. Ihre lockeren Zungen, welche in der vergangenen Woche zu mehr und mehr albernen Gesprächen geführt hatten, gehörten bereits jetzt wieder der Vergangenheit an. Seung-Hyun wurde es unerträglich. Er sah auf die Uhr und stellte fest, dass er Ji-Yong beinah eine halbe Stunde allein gelassen hatte. Ein Räuspern entrang sich seiner Kehle und die anderen sahen ihn an. "Ich gehe zu ihm und sehe, wie er es bis jetzt aufgenommen hat." Damit verließ er das Wohnzimmer, im Rücken die sorgenvollen Blicke seiner Freunde. Vor dem Schlafzimmer angekommen, horchte er erst, doch es war nichts zu hören. Seicht klopfte er mit den Fingerknöcheln gegen das Holz, um sich anzukündigen. Doch Ji-Yong antwortete nie, daher trat er bedacht ein und schloss die Tür. Was er nun sah, verstörte ihn. Ein seltsames Chaos tat sich vor ihm auf. Alle Schränke und Schubladen waren geöffnet, ihr Inhalt durchwühlt oder sogar vertauscht worden. Kleidung bedeckte den Boden und ließ ihn wie einen Flickenteppich erscheinen. Was war geschehen? Seung-Hyun spürte, wie sein Herz zu rasen begann. Schmerzhaft schlug es in seinem Brustkorb und hallte laut in seinen Ohren. Er sah Ji-Yong vor dem Kleiderschrank stehen. Dieser hatte ihm den Rücken zugewandt. In der einen Hand hielt er eine Jacke und in der anderen - der Ältere konnte es nicht erkennen, doch sein Freund starrte es unverwandt an. Ohne sich zu regen. Er wusste nicht, ob dies ein gutes oder schlechtes Zeichen war. Daher ging er so vorsichtig wie möglich auf ihn zu und streckte seine Hand aus. Dachte nicht einmal darüber nach, ob dies ein Fehler sein könnte. Ji-Yong hatte seine Berührungen in letzter Zeit nicht mehr gefürchtet, auch dann nicht, wenn sie unerwartet kamen. Aus diesem Grund legte sich die Hand des Älteren sanft auf dessen Schulter und trat von hinten an ihn heran. "Ji-Yonga, was machst du da?" Er hatte nicht mit dem gerechnet, was ihm nun widerfuhr und doch war seine Reaktion so schnell, dass ihn die auf ihn herniedersausende Hand nicht traf. Mit einem spitzen Schrei hatte Ji-Yong sich umgedreht und ausgeholt um nach ihm zu schlagen, doch er schaffte es gerade noch, seine Hand abzufangen und am Handgelenk festzuhalten. Was auch immer der Jüngere in der Hand gehalten hatte, segelte zusammen mit der Jacke ungesehen zu Boden. „Ji-Yonga, komm wieder zu dir!“ Seung-Hyun schrie es fast, so geschockt war er von dem plötzlichen Angriff, doch der andere war so sehr in Rage, dass er seine Hand losriss und wie wild auf Brust seines Gegenübers einschlug. Dies hier stand im extremen Gegensatz zu dem Ji-Yong, den er eben verlassen hatte, dass der Ältere nicht wusste, wie er auf die Situation reagieren sollte. Er spürte die schmerzhaften Schläge und konnte nichts anderes tun, als zu versuchen, sie abzufangen. „JI-YONG!!“ brüllte er, griff nach den Armen des anderen und schaffte es nicht, sie zu fassen zu kriegen. Er wollte Ji-Yong packen und ihn festhalten, bis er wieder zur Besinnung kam, doch er die harten Schläge verhinderten jede Nähe. Und auf einmal war alles schwarz. Er bemerkte noch, wie eine Faust wild auf seine Brust niederging, sein Fuß verfing sich in einem der herumliegenden Kleidungsstücke, dann fiel er. Er stürzte. Alles wurde schwarz und ein bohrender Schmerz breitete sich von seiner Schläfe durch den ganzen Kopf aus. Er musste gegen etwas gefallen sein. Er musste gestürzt und gegen den Tisch geprallt sein. Es brauchte nur wenige Minuten, bis er wieder zur Besinnung kam, doch diese Minuten reichten aus, auch Ji-Yong wieder klar denken zu lassen. Er begriff, was gerade geschehen war und als Seung-Hyun die Augen wieder aufschlug, kniete der Jüngere neben ihm. Seine Augen glänzten feucht und er streckte die Hand aus, um die Kopfverletzung des anderen zu begutachten. Es blutete nicht, doch er war schwer gefallen und musste Schmerzen haben. „Hyung, es tut mir leid…“ beteuerte er leise, doch Seung-Hyun wischte den Arm des anderen beiseite, noch bevor er ihn erreicht hatte. Er begriff noch immer nicht ganz, was gerade eigentlich passiert war, aber seine Gefühle und Gedanken fuhren im Moment mit ihm Achterbahn. All die angestaute Sorge und das Bedürfnis seinem Freund beizustehen waren im Moment überlagert von Enttäuschung und Frustration. Ein Anruf hatte alles zunichte gemacht. Alles, worüber er sich in den letzten Tagen freuen konnte und die Fortschritte Ji-Yongs, in die er all seine Energie gesteckt hatte und für die er so viele Opfer gebracht hatte. Die er bereitwillig gebracht hatte. Und jetzt das. Er konnte einfach nicht mehr. Seine letzten Reserven waren aufgebraucht und nun war er im roten Bereich. „Lass mich. Bitte, lass mich jetzt einfach!“ Fast war er selbst darüber erstaunt, wie hart und kalt seine Stimme klang und er konnte aus Ji-Yongs Gesicht ablesen, wie verletzt dieser war. Aber er hatte einfach keine Kraft mehr, noch einmal von vorne anzufangen. „Seung-Hyun, wirklich, ich habe das nicht gewollt. Ich weiß nicht, was mit mir los war!“ Ji-Yongs Stimme klang flehend, um Verzeihung bettelnd doch das einzige, was Seung-Hyun durch den Kopf ging, waren tausend verletzende Antworten, die er nicht so meinte und er konnte nicht mehr, als sie herunterzuschlucken. Ein Anruf und alles war zerstört. Dass Ji-Yong neben ihm in Tränen ausbrach und er immer noch leise Entschuldigungen murmelte, nahm er gar nicht wahr. Er brauchte nur einen Moment der Ruhe, einen Augenblick, in dem er sich nur um sich kümmern musste. Ohne ein weiteres Wort stand Seung-Hyun auf, griff nach der Schachtel Zigaretten, die unangetastet auf seinem eigenen Bett lag und verließ das Zimmer. Knallend fiel die Tür hinter ihm ins Schloss und auch die Badezimmertür warf er zu, als er darin verschwand. Er lehnte sich an die kühle Wand und ließ sich schwer atmend daran zu Boden sinken. Dann steckte er sich eine Zigarette zwischen die Lippen und zündete sie an. „Scheiße!“ fluchte er leise und nahm einen tiefen Zug. Kapitel 28: Wonderful --------------------- Ji-Yong war verzweifelt. Nachdem er jene Visitenkarte wiederfand, erinnerte er sich an den Tag, an welchem er sie erhalten hatte. Es war der Tag gewesen, an dem er Min-Ho kennen gelernt hatte. Dieser hatte schüchtern und freundlich gelächelt. Beinahe zu freundlich für einen Bodyguard und hatte sie ihm in die Hand gedrückt, mit den Worten, Ji-Yong könnte ihn über diese Nummer zu jeder Zeit erreichen. Allein sich an das Gesicht seine Peinigers su erinnern, in dieser harmlosen Situation, an einem Tag, der Wochen her war. An einem Tag, an dem er noch nicht geahnt hatte, welchem Unglück er entgegenlief. So schnell war die Welt um ihn herum wieder dunkel geworden und er hatte sie nicht aufhalten können, die Bilder in seinem Kopf. Als Seung-Hyun seinen Arm von hinten ergriff und ihn ansprach, war es wie damals im Krankenhaus und auch zu jedem anderen Moment, in dem er begonnen hatte verrückt zu spielen. Das Zimmer begann zu rotieren und sein Freund war für ihn nicht zu erkennen. Nur wenige Sekunden, doch sie reichten aus, um diesem etwas anzutun. Ji-Yong war mit dem Älteren zu Boden gefallen. War neben ihm aufgekommen und hatte diesen schwer atmend von der Seite her angesehen. Die Welt stand wieder still und da lag Seung-Hyun, bewusstlos und sprach nicht mehr zu ihm. Er war überhaupt nicht im Stande gewesen, einen klaren Gedanken zu fassen. Seine Hände hatten über dem Gesicht seines Freundes gezuckt, er wagte nicht einmal ihn anzufassen. Flüsterte nur seinen Namen, um ihn zu wecken, bis der Ältere die Augen öffnete und ihn zurückwies. Jetzt war er allein. Allein gelassen von Seung-Hyun, der immer bei ihm gewesen war. Und es war seine eigene Schuld. "Hyung!!", rief er dem Flüchtenden nach. "Hyung!!!" Weiter liefen Tränen über sein Wangen. Ohne darüber nachzudenken lief er ihm nach, folgte ihm bis zum Badezimmer, doch dort schlug die Tür direkt vor seinem Gesicht zu. Erschrocken wich Ji-Yong zurück und stiess gegen die Wand hinter sich. Er wartete einige Atemzüge lang, dann klopfte er leise gegen das Holz. "Hyung? Hyung, es tut mir leid. Bitte, mach doch auf.", flehte der Jüngere eingeschüchtert einige Male, doch nichts tat sich. So wich er wieder zurück und sank zu Boden, um zu warten. Natürlich hatten auch die anderen Drei das Geschrei vernommen, welches in einem der beiden Schlafzimmer erklungen war. Daher waren sie alle zur Wohnzimmertür gelaufen und hatten den Flur beobachtet. Dae-Sung hatte gefragt, ob sie nicht wenigstens nachsehen sollten, doch Young-Bae hatte es verneint. Er hatte dazu gelernt und würde diesen Fehler nicht noch einmal begehen. Nicht bevor Seung-Hyun selbst um Hilfe rief. Als es dann mit einmal sehr still war, beunruhigte sie dies allerdings noch um einiges mehr. Die Minuten waren verstrichen, ohne dass sich etwas tat und auch Young-Bae wurde zu ungeduldig. "Ihr wartet hier.", hatte er ihnen befohlen und dabei den erbosten Gesichtsausdruck seiner beiden jüngeren Freunde ignoriert. In dem Moment jedoch, in welchem er an der Schlafzimmertuer angelangt war und hindurchsehen konnte, war Seung-Hyun bereits wieder erwacht und erhob sich. Der Älteste stürmte an Young-Bae vorbei auf den Flur hinaus und verschwnad in Richtung Bad. Ihm nach stolperte ein weinender Ji-Yong. Beide hatten ihren Freund überhaupt nicht wargenommen. Dies war nicht, was Young-Bae erwartet hatte. Nach dem Geschrei hatte er damit gerechnet, dass es wieder Ji-Yong war, der durchdrehte. Wenn er sich daran erinnerte, wie ihr gemeinsames Zimmer ausgesehen hatte, als er einen kurzen Blick hineingeworfen hatte, war dieser Gedanke vielleicht gar nicht so abwegig. Aber nun war es Seung-Hyun gewesen, der vorangestürmt war und sich im Badezimmer verschanzt hatte, während der Jüngere zurechnungsfähig wirkte. Was war hier passiert? Als Ji-Yong begann, gegen die Badezimmertür zu klopfen und nach seinem Freund zu rufen, wollte Young-Bae einschreiten, doch er traute sich erst, als der andere verzweifelt an der Wand zu Boden sank. „Ji-Yong?“ Erst jetzt schien er ihn zu bemerken und da Young-Bae in seinen Augen keine Panik erkennen konnte, als er zu ihm aufblickte, kam er näher. Einen halben Schritt vor Ji-Yong hockte er sich auf den Boden um mit ihm auf gleicher Augenhöhe sprechen zu können. Noch immer wimmerte Ji-Yong leise vor sich hin, seine Wangen glänzten feucht. „Was ist gerade passiert?“ Ji-Yong setzte mehrmals zu einer Antwort an, die ihm jedes Mal wie ein dicker Kloß im Hals stecken blieb. Was passiert war? Er hatte alles kaputt gemacht, das war passiert. „Ich weiß es nicht mehr genau, es ist alles so…“ Er schluchzte laut auf. „Ich habe seine Visitenkarte gefunden und dann war auf einmal wieder alles schwarz und Seung-Hyun, er wollte mir nur helfen und ich habe ihn nicht erkannt. Ich habe ihn einfach nicht erkannt. Es ist meine Schuld, dass er verletzt wurde und er ist sauer, ich weiß nicht, es ist meine Schuld. Ich weiß nicht, was ich machen soll. Hilf mir, Hyung!“ Ji-Yong zog die Knie an, vergrub das Gesicht in den Armen und begann bitterlich zu weinen. Er hatte also wieder einen Aussetzer gehabt und Seung-Hyun war verletzt worden, so viel konnte Young-Bae dem gestotterten Bericht seines Freundes entnehmen. „Ich bringe dich in dein Zimmer, okay? Lass ihm ein bisschen Ruhe. Er muss verdauen, was gerade passiert ist. Ich werde mich darum kümmern und es wird alles wieder gut, versprochen!“ Young-Bae setzte sein zuversichtlichstes Lächeln auf, auch wenn er in diesem Moment keine Ahnung hatte, wie er zu dem Ältesten durchdringen konnte, wenn er sich schon von Ji-Yong abgewandt hatte. Aber er hatte immer einen guten Draht zu ihm gehabt und wahrscheinlich war ihm in so einer Situation mit Vernunft besser beizukommen als mit Tränen. Von dem Menschen, für den man so viel, nein, in den letzten Wochen sogar fast alles, geopfert hatte, verletzt zu werden, auch wenn es nicht seine Absicht gewesen war, das musste einen hart treffen. Young-Bae versuchte, sich in seinen Freund hineinzuversetzten und überlegte, wie er wohl reagiert hätte, würden er und Seung-Ri an dessen Stelle stehen. Er begann langsam zu begreifen, dass es nicht Wut auf Ji-Yong war, die den Ältesten verzweifeln ließ, sondern die Angst, alles verloren, umsonst gekämpft zu haben. „Lass uns gehen!“ Ji-Yong nickte und erhob sich langsam, doch er starrte noch einige Sekunden auf die verschlossene Tür, ehe er sich wieder umdrehte und die Schritte zu seinem Zimmer hinter sich brachte. Erst, als er eintrat, fiel Young-Bae auf, wie lange er schon keinen Fuß mehr in sein eigenes Zimmer gesetzt hatte. Es schien nicht mehr ihm zu gehören, sondern ein Refugium zu sein, das Seung-Hyun für Ji-Yong aufrecht erhalten hatte. Doch nun bot sich ihm ein Bild der Verwüstung. Während Ji-Yong sich auf sein Bett sinken ließ, an die Wand rutschte und wieder die Beine anzog, eine Haltung, die ihm so sehr zu eigen geworden war, als würde sie ihn vor irgendetwas beschützen können, begann Young-Bae die gröbste Unordnung zu beseitigen. Die Frage, wieso Ji-Yong alles so durchwühlt hatte, brannte ihm auf der Zunge, aber er stellte sie nicht. „Hyung…?“ Young-Bae, der gerade die verstreuten Papiere vom Boden aufsammelte, blickte auf. „Ich könnte nicht damit leben, wenn er mich hasst. Bitte…“ Ji-Yongs Stimme erstarb, doch seine Augen sprachen weiter. Es war die Angst vor einem nicht wieder gutzumachenden Verlust, die in ihnen hauste. Dann legte er den Kopf wieder auf seinen Armen ab und versteckte alle Gefühle vor der Welt. Young-Bae ließ sich auf sein Bett nieder. „Das wird er nicht, glaub mir. Ich spreche mit ihm. Wenn du möchtest jetzt gleich.“ Ji-Yong nickte leicht, ohne den Blick jedoch wieder zu heben. Der Ältere seufzte schwer, als er den Raum verliess. Ein neues Unglück, dass es zu richten galt. Ratlos kratze er sich am Kopf und wanderte hinüber zum Wohnzimmer. Er würde Seung-Hyun noch einige Minuten geben. Minuten, in welchen er sich Gedanken machen konnte, was er diesem sagen sollte. Eigentlich hatte Young-Bae gehofft, dass ihm weitere ernste und unangenehme Gesprache mit Seung-Hyun erspart bleiben würden. Er redete ihm nicht gern ins Gewissen. Vor allem dann nicht, wenn er seine Gefühle nachvollziehen konnte. Als er das Wohnzimmer wieder betrat, kamen die Zurückgebliebenen direkt auf ihn zu. Angst lag in ihren Augen. Wie gut er sich vorstellen konnte, was sie nun erwarteten. Was für schreckliche Dinge sie sich ausmalten. "Hyung, ist etwas mit Ji-Yong? Ist er wieder..." Dae-Sung wagte es kaum auszusprechen. Die Anfälle ihren Leaders hatte ihm grosse Sorgen bereitet und Furcht eingeflösst. Dass dergleichen noch einmal passiert war, wollte er nicht hören. Doch Young-Bae beschwichtigte ihn. "Ja, aber er hat sich gefangen. Von allein sogar." "Wirklich? Aber dann ist doch alles in Ordnung, oder?", fragte Seung-Ri mit einem Hoffnungsschimmer in den Augen. "Mehr oder weniger. Seung-Hyun hat sich im Badezimmer eingeschlossen. Ich glaube, er ist sehr frustriert von der Situation. Ihr könnt es euch sicher denken..." Seine beiden Freunde sahen sich an, nickten aber schweigend, als hätten sie verstanden. Dann sahen sie ihn erneut erwartungsvoll an. Er räusperte sich. "Ich werde jetzt versuchen, mit ihm zu reden. Und...", unter einem kurzen Zögern wandte er sich dem Flur zu und warf daraufhin nur ein Blick zu ihnen zurück. "...ich wollte euch bitten, euch zu Ji-Yong zu setzen. Er sollte nicht ganz allein sein. Im Moment." Verdutzt und mehr als überrascht von jener Bitte weiteten sich die Augen der beiden Jüngeren in Unglaube. Seung-Ri ging auf ihn zu, als sei Young-Bae nur ein Traumbild und würde verschwinden. Aber dieser blieb. "Bist du sicher?" Der Ältere nickte nur noch, dann verliess er sie, um zum Badezimmer zurückzukehren. Die Tür war noch immer immer verschlossen und starrte abweisend. Als er seine Hand auf die Klinke legte, hoffte er nur, Seung-Hyun wuerde ihn nicht erschlagen, sobald er den Raum betrat. Trotz dieser Befürchtung aber holte er tief Luft und ging hinein. Ein Klopfen oder Fragen ersparte er sich, da sein frustrierter Freund ihn wahrscheinlich so oder so abweisen würde. Nachdem Young-Bae die Tür hinter sich geschlossen hatte, stieg ihm ein starker Geruch nach Zigarettenqualm entgegen. Sein Blich wanderte in die leere Ecke neben der Dusche. Dort hatte ihr Freund sich niedergelassen. Neben diesem lag bereits ein zerdrueckter Zigarettenstummel. Der Jüngere schüttelte den Kopf. "Willst du darueber reden?" Als Seung-Hyun nicht antwortete, ließ Young-Bae sich auf den geschlossenen Toilettendeckel sinken, stützte den Kopf in die Hände und beobachtete seinen Freund einfach nur. Es dauerte eine Weile, bis er seinen Blick auffing und auch diese Begegnung ihrer Augen dauerte nur den Bruchteil einer Sekunde. „Friss es besser nicht zu lange in dich hinein, sonst bekommst du noch ein Magengeschwür.“ Young-Bae lächelte, als er den anderen zurecht wies, dabei war ihm überhaupt nicht nach lachen zumute. Als Seung-Hyun nur wieder nach den Zigaretten griff, nahm Young-Bae ihm die Schachtel aus der Hand, steckte sich selber eine an und gab sie ihm erst dann zurück. „Wirklich, kotz dich einfach aus, das hilft!“ Seung-Hyun sah so aus, als hätte er ihn am liebsten mit seinen Blicken durchbohrt, aber er schickte ihn auch nicht weg und er schien sich wieder einigermaßen beruhigt zu haben. Ihm war anzusehen, dass die Wut, oder die Frustration oder was auch immer es gewesen war, noch immer in ihm brodelte, aber er wirkte nicht, als könnte sie erneut aus ihm herausbrechen. „Wenn du nicht darüber reden willst, ist das auch okay, aber denk bitte auch an Ji-Yong. Ich kann nachvollziehen, dass du frustriert bist, aber lass es nicht an ihm aus. Es verletzt und verunsichert ihn, wenn du ihn so behandelst und ich kann es ihm auch nicht verübeln. Hättest du dich nur einen Moment länger unter Kontrolle gehabt, hättest du vielleicht sehen können, wie sehr es ihm Leid tut, und welche Schuldgefühle er deinetwegen hat.“ Seung-Hyun nahm einen tiefen Zug von seiner Zigarette und drehte das Gesicht unwillig in die andere Richtung, als würde er versuchen, die Badezimmertür in Grund und Boden zu starren. „Denkst du, das weiß ich nicht selbst?!“, sagte er schließlich, sah dem anderen aber noch immer nichts wieder ins Gesicht. „Ich weiß, dass ich es nicht an Ji-Yong auslassen sollte. Ich weiß auch, dass ich gar nicht so egoistisch sein dürfte, aber ich kann einfach nicht mehr! Vor gar nicht allzu langer Zeit warst du derjenige, der mir gesagt hat, ich solle mir meine Energie für mich selber aufheben und ja, du hattest sicher recht. Aber jetzt ist es zu spät. Ich habe alles was ich hatte in ihn gesteckt und nun brauche ich einfach ein paar Minuten, um meine Batterie wieder aufzuladen. Lass mich einfach hier sitzen, ich komme schon klar. Dann komme ich wieder raus, werde mich entschuldigen und bin wieder für Ji-Yong stark.“ Young-Bae hörte die Verbitterung, die in diesen Worten mitschwang und er wünschte sich, er könnte irgendwas sagen, um sie zu mildern. „Du musst diese Last nicht mehr alleine tragen und das weißt du auch. Ich weiß, dass du Angst hast, uns zu vertrauen, aber ich kann dir sagen, wie ich das sehe. Ji-Yong geht es besser. Seit Herr Jang hier war, ist es mit ihm nur noch bergauf gegangen. Du hast das auch gesehen und nun hast du Angst, dass alles dahin ist. Aber nach dem letzten Ausbruch hat er sich von alleine wieder gefangen es es tut ihm Leid. Ich glaube nicht, dass du möchtest, dass Ji-Yong sich seines Zustandes wegen schuldig fühlen muss, oder?“ Young-Baes Worte klangen nicht vorwurfsvoll, aber sie bewirkten, dass die Vernunft in Seung-Hyuns Denken wieder die Oberhand gewann. „Okay, ja, du hast recht, ich habe falsch reagiert, aber kannst du dir vorstellen, wie enttäuschend das ist, immer und immer wieder zu sehen, wie schlecht es ihm geht und absolut hilflos zu sein?“ Endlich sahen sie sich in die Augen. Young-Bae beugte sich von seinem Platz aus nach vorne und legte dem anderen die Hand auf die Schulter. „Seung-Hyun-Hyung! Hör auf, alles alleine schaffen zu wollen und lass dich gefälligst nicht so schnell entmutigen! Du kannst auf uns zählen, das solltest du wissen!“ Endlich schlich sich ein kleines Lächeln auf die Lippen des Älteren. „Danke, wirklich!“ - Unterdessen hatten sich die beiden Juengsten der Gruppe ins Schlafzimmer der Ältren gewagt und versuchten sich zu ihrem Leader zu gesellen. Nachdem sie das Chaos in Augenschein genommen hatten, welches darin zu finden war, waren sie sich nicht sicher, wie sie an ihn herantreten konnten, ohne dass sie für einen weiteren Ausbruch verantwortlich wären. Ji-Yong war in den letzten Tagen ungewöhnlich umgänglich gewesen. In einigen Momenten hatten sie beinah ungezwungen in seiner Nähe sein können. Und nun tauschten Dae-Sung und Seung-Ri erneut ratlose Blicke. Was konnten sie tun? "Hyung? W-weinst du?", flüsterte Seung-Ri ihm einfach zu, als er sich überwunden hatte ans Bett zu treten. Dae-Sung folgte ihm vorsichtig und lief auf die andere Seite, hielt jedoch einen Sicherheitsabstand. Sein letztes Erlebnis in diesem Zimmer mit Ji-Yong hatte wieder begonnen, sich in seinem Geist abzuspielen. Er war nervös. Und diese Nervosität stieg, als sich der Jüngere sanft neben Ji-Yong auf der Matratze niederliess, um ihm näher sein zu können. Er hatte dessen leise Schluchzer vernommen, die mit ihrem Eintreten in den Raum verstummten. Die Frage war, aus welchem Grund er wieder Träenen vergoss. Als sich nach weiteren Sekunden keine Reaktion abzeichnete, dachte er bereits, dass Ji-Yong ihn ignorierte, um nicht mit ihnen sprechen zu müssen oder dass dieser der Realität schon wieder entrückt war, doch er irrte sich. Sein grosser Bruder wollte nur nicht, dass er ihn so sah. Erneut. "Hyung, bitte," sagte Seung-Ri flehend, denn er wollte nicht, dass der Ältere ihnen wieder entglitt. Er wollte nicht zurück in den Zustand der Vergangenheit. Dass er dies nicht müsste, zeigte sich ihm, als Ji-Yong letztlich doch seinen Kopf hob und ihn mit verweinten Augen ansah. Er löste seine Arme von den Beinen und begann sich in langsamen Bewegungen die Tränen abzuwischen. Dann wandte er sich ihm gänzlich zu. "Seung-Riya..." Seine Stimme klang rau und heiser. Beim Sprechen kratzte es unangenehm in seinem Hals. Doch es tat gut, seinen Freund vor sich zu betrachten. Dieser sah ihn weder fassungslos noch ängstlich an. Sein Gesicht drückte nur tiefste Zuneigung aus. "...danke, dass du zu mir gekommen bist." Auf diesen Dank hin zeichnete sich ein leichte Rotschimmer auf den Wangen de Jüngesten ab. Verlegen senkte er seinen Blick, wollte seine Überraschung und Freude über jene Worte verbergen, auf die er nie zu hoffen gewagt hätte. Für eine kurzen Augenblick schielte dieser hinüber zu Dae-Sung, welcher ihn daraufhin ermutigend anlächelte. Als Ji-Yong tatsächlich auf das Bitten Seung-Ris reagiert hatte, hatte er mit Unbehagen auf die Antwort gewartet. Nun war auch er verblüfft. Also war ihre Zeit des Aufschwungs nicht nur ein schöner Traum gewesen, der nun wieder enden musste. Es war alles echt und Ji-Yong erkannte und akzeptierte sie letztlich wieder. Selbst jetzt, wo ihm anscheinend ein neues Unglück wiederfahren war. Dies mussten sie festhalten. "Aber natürlich komm ich zu dir, wenn es dir schlecht geht. Ist doch selbstverstänlich.", murmelte Seung-Ri noch immer sichtlich berührt, wobei er begann, seine Hände zu kneten. Ji-Yongs Gesichtsausdruck aber wurde auf diese Aussage hin sehr betrübt. Er wirkte noch bedrückter als zuvor. Was nun eintrat, hatte Young-Bae bereits vor einiger Zeit geahnt und niemand konnte es verhindern. Seung-Hyuns Verletzung und seine eigene Bestürzung darüber, welche ihn wieder zur Vernunft gebracht hatte, hatten Ji-Yong an etwas Zurückdenken lassen. An andere Augenblicke, in denen es ihm noch schlimmer ergangen war. Augenblicke, in denen er Seung-Ri schwer verletzt und auch Dae-Sung bedroht hatte. Er erinnerte sich an sie und es begann ihm Leid zu tun. Alles, was er seinen Freunden angetan hatte, tat so unendlich weh. Es bereitete ihm Schulgefühle, welche sich nicht durch einige Worte beseitigen lassen würden. Unbewusst liess er seine Hand über den Stoff der Bettdecke auf Seung-Ri zugleiten. Seine Finger schlossen sich um das Handgelenkt seines Freundes und er zog dessen Arm vorsichtig zu sich heran und drehte ihn dabei. Über dessen Innenseite zog sich eine lange rötliche Narbe, welche endlich begonnen hatte zu verblassen. Aber sie war noch immer dort, um ihn zu erinnern. „Wie kannst du sagen, dass du mir noch helfen willst, wo es doch meine Schuld ist, dass du verletzt wurdest.“ Ji-Yongs Stimme war so leise, dass sie fast erstarb und dennoch hatte er all seine Gefühle hineingesteckt. Seung-Ri brach es fast das Herz, ihn so zu sehen. Ji-Yong drehte den Arm des anderen und nahm seine Hand in die eigene. Noch immer waren hauchdünne weiße Narben auf den Fingern zu erkennen. Er strich mit dem Daumen über die alten Verletzungen. Es kam ihm vor, als wären Jahre vergangen, seit Seung-Ri das erste Mal seinetwegen verwundet wurde und doch brannten die Schuldgefühle deswegen nicht weniger tief. „Und du auch, wie kannst du hier bloß stehen?", wandte er sich an Dae-Sung. "Ihr alle. Ich habe euch so schlecht behandelt und ihr seid mir noch nicht einmal böse. Ich habe das nicht verdient!“ Ji-Yong begann wieder leise zu weinen. Noch immer hielt er die Hand des Jüngsten fest in seiner, im Moment war sie für ihn ein Anker, der ihn an die Realität kettete und verhinderte, dass diese Unzurechnungsfähigkeit wieder über ihn hereinbrach und er wieder etwas Unentschuldbares tat. Sein Griff wurde fester, er musste sich mit aller Kraft daran klammern, wenn er nicht wieder versinken wollte. „Hyung, hör auf, dir solche Vorwürfe zu machen. Du bist sehr stark. Wäre ich an deiner Stelle gewesen, hätte ich nicht deine Kraft gehabt. Wir alle freuen uns so sehr, dass es dir wieder besser geht. Wir wollen dich nicht mehr traurig sehen. Wir wollen, dass du wieder lächelst. Also hör bitte auf.“ Seung-Ri versuchte aufmunternd zu lächeln und er hoffte, dass er es gut genug hinbekam. Die Zeit war schlimm gewesen, aber es würde nichts bringen, sich an der Vergangenheit festzuhalten. Auch Dae-Sung setzte sich nun auf das Bett und lächelte das breiteste Lächeln, das er zustande bekam. Ohne es zu wissen, wählte er die gleichen Worte, die Young-Bae ihrem Ältesten mitgegeben hatte. „Du kannst auf uns zählen!“ Die Unterstützung seiner Freunde gab Ji-Yong Kraft. Sein Verhalten war nicht zu vergeben, aber er konnte es aufwiegen, indem er dafür sorgte, dass so etwas nicht wieder vorkam. Keine Bemühung sollte umsonst gewesen sein. Er konnte endlich das Handgelenkt des Jüngsten loslassen. Einige Sekunden lang zeichneten sich die Abdrücke seiner Finger weiß darauf ab. Langsam blickte er von einem seiner Freunde zum anderen und schließlich zeichnete sich auch auf seinem Gesicht ein leichtes Lächeln ab. Seine Augen war noch immer von Kummer verhangen, aber dieses winzige kleine Lächeln war echt. „Ich weiß nicht, was ich ohne euch tun würde.“ ‚Was ich ohne Seung-Hyun tun würde‘, fügte er in Gedanken an und er hoffte, dass auch er ihn verstehen konnte und dass er ihm erneut verzeihen würde. Ji-Yong fragte sich, wie tief er inzwischen bei seinem Freund in der Schuld stand. Schon einmal hatte er sich diese Frage gestellt und schon damals keine Antwort darauf finden können. Seitdem war so unendlich viel mehr passiert, das nicht mehr gut zu machen war. Und trotzdem hatte er bis jetzt immer zu ihm gestanden. „Hyung, jetzt hör schon auf, so trübsinnig zu sein!“ Seung-Ri legte seine Hand auf die Schulter des Freundes und war so gerührt davon, dass dieser nicht zurückzuckte, ihm stattdessen sogar in die Augen sah, dass er fast selber zu weinen angefangen hätte. Gleichzeitig wollte er ihn umarmen. „Jungs, würdet ihr mich kurz mit Ji-Yong alleine lassen?“ Alle drei blickten erschrocken auf. Sie hatten nicht mitbekommen, dass jemand den Raum betreten hatte. Es war Seung-Hyun, der mit verschränkten Armen und gesenktem Blick neben der Tür stand. Der Älteste hatte die herzerweichende Szene bereits seit einigen Minuten beobachtet. Sie wirkte wie ein Lichtblick für ihn. Ji-Yong dort zu sehen. Zu sehen, wie dieser arglos die Nähe seiner Freunde duldete, sogar den Körperkontakt zu ihnen suchte, vertrieb das Gefühl von Frustration aus seiner Brust. Es hatte nur einen Moment lang gewirkt, als würde es wieder abwärts gehen, doch passiert war es nicht. Als Ji-Yong Seung-Ris Hand ergriffen und sich Vorwürfe gemacht hatte, sah Seung-Hyun, dass dieser wieder bei ihnen war. Mit jeder Faser seines Körpers und mit seinem gesamten Verstand. Er hatte ihm wohl Unrecht getan. Seung-Ri und Dae-Sung benötigten einen Moment, bevor sie sich von ihrem Leader lösen konnten, der von dieser Sekunden an nur noch Augen für Seung-Hyun zu besitzen schien. Sie ahnten, dass diese beiden etwas zu klären hatten und protestierten daher nicht. Stattdessen verliessen sie wortlos den Raum. Als sie den Älteren an der Tür passierten, legte sich Dae-Sungs Hand auf dessen Schulter und drückte sie leicht, woraufhin Seung-Hyun ihm zunickte. Dann ging er weiter, ohne ein Wort zu verlieren. Unentschlossen trat der Geflüchtete nun ins Zimmer und schloss die Tür leise hinter sich. Er lief auf das Bett zu, auf welchem sein Freund ein weiteres mal Schutz gesucht hatte. Seung-Hyun hatte den Blick noch immer auf den Boden geheftet, wagte es nicht, den Jüngeren anzusehen. Während er das Gespräch der Drei beobachtete, hatte er dessen verweinte Augen gesehen. Wenn er ihn anblickte, würde dieser vielleicht wieder beginnen zu weinen. Das könnte er nicht ein weiteres Mal ertragen. So blieb Seung-Hyun einige Schritte vor dem Bett stehen. Ratlos, was er tun oder sagen könnte, um seinen Freund verstehen zu lassen, warum er ihn abgewiesen hatte. Allerdings war seine Grübelei unnoetig, denn Ji-Yong verstand sehr gut. Verstand es auf seine Weise. Dass Seung-Hyun gegangen war, hatte ihn getroffen, aber nach all dieser Zeit war es ein Wunder, dass sein Freund derart lang durchgehalten hatte. Und ein fast noch grösseres, dass dieser nach wenigen Minuten schon zu ihm zurückkehrte. Ja, es war so, wie er es zu Young-Bae gesagt hatte. Er könnte nicht damit leben, dass Seung-Hyun ihn hasste. Er musste alles tun, um ihm zu beweisen, dass er ihn bei sich haben wollte. Dass er ihn liebte. So sehr. Noch bevor Seung-Hyun es schaffte, zu einer Erklärung anzusetzen, erhob sich Ji-Yong von der Matratze und stolperte auf ihn zu. Der Ältere realisierte in seiner Verblüffung kaum, wie sich die Arme seines Freundes fest um ihn schlangen und dieser das gerötete Gesicht in seine Brust drückte. "Es tut mir leid, Hyung.", nuschelte der Jüngere in seinen Pullover, "Ich wollte dich nicht verletzen." Seung-Hyun schloss die Arme fest um seinen Freund und legte sein Gesicht gegen die strubbeligen Haare. Es war so lange her, dass er ihn so hatte halten können und diese Berührung ließ allen Schmerz und alle Zweifel vergessen, die er noch eben mit sich herumgetragen hatte. Sein Kopf hörte auf zu wummern, stattdessen schlug ihm sein Herz bis zur Kehle. „Ist schon vergessen“, flüsterte er und strich sanft über den Rücken des Freundes. Sein Körper fühlte sich so zerbrechlich in seinen Armen an. Er hatte Angst, er könnte ihn verletzten, wenn er ihn so fest hielt und doch konnte er nicht lockerer lassen. Mehrere Minuten standen sie so in der Mitte des Zimmers, fest aneinandergedrückt, jeweils auf den Herzschlag des anderen lauschend. Wie sehr hatte er das vermisst. Dies war nun also der endgültige Beweis dafür, dass es Ji-Yong besser ging und das würde ihm die Kraft geben, ihm weiterhin zur Seite zu stehen. Ji-Yong schmiegte den Kopf an die Brust des anderen, dann löste er sich ein Stück und ihre Blicke trafen sich. „Kannst du mir verzeihen?“ Ji-Yongs Augen waren noch immer gerötet vom Weinen, aber dieses Mal wollte er keine weitere Träne verlieren, er wollte dem anderen beweisen, dass er stärker geworden war. Ein zärtliches Lächeln breitete sich auf Seung-Hyuns Lippen aus. „Du brauchst dich nicht zu entschuldigen. Ich weiß, dass es nicht deine Absicht war. Ich bin es, der sich bei dir entschuldigen muss. Ich habe für einen kurzen Moment die Geduld verloren, dabei habe ich doch versprochen, dass ich immer für dich da bin. Ich habe mir solche Sorgen gemacht.“ Er wollte warten, bis Ji-Yong ihm antwortete, doch er brachte es nicht über sich, er drückte ihn erneut an sich und hielt ihn so fest, als könnte er ihm wieder entgleiten. Gemeinsam würden sie diesen Albtraum bis zum Ende durchstehen können. „Hyung… ich habe Angst vor Morgen.“ Ji-Yong wand sich schließlich aus der Umarmung und ließ sich wieder auf sein Bett sinken. „Was, wenn ich es nicht kann? Wenn ich diesem Ungeheuer nicht wieder gegenübertreten kann?“ „Dann werde ich da sein und dich auffangen!“ 'So wie jedes Mal' vervollständigte er den Satz in seinem Geist und liess sich für einen Augenblick der Ruhe neben diesem nieder. Sofort lehnte sich sein Freund an ihn und seufzte leise. Noch einmal legte sich Seung-Hyuns Arm um dessen Schultern, streichelte ihm über den Arm und versuchte ihm auf diese Weise etwas Mut zu machen. Er war froh, dass Ji-Yong diese Befürchtung aussprach. Die Angst war völlig normal und er sollte darüber sprechen. Die kalte Unberührtheit hingegen, welche der Jüngere zu Beginn vergetäuscht hatte, war beängstigend gewesen. "Hyung, ich will nicht wieder so werden wie vorher.", flüsterte Ji-Yong nach einigen Sekunden, in welchen er scheinbar mit sich gerungen hatte, es auszusprechen. Seung-Hyun schluckte. Es wäre diesem lieber gewesen, nicht darueber nachzudenken, was bei der Gegenüberstellung mit dem anderen geschehen würde. Was sollten sie tun, würde er wieder...durchdrehen? Was könnte er tun? Hätte er dann noch genügend Kraft, dies alles ein weiteres Mal durchzustehen? Der Ältere schüttelte leicht den Kopf und presste den schmalen Koerper schützend an sich. "Das wird nicht passieren." "Wie kannst du dir so sicher sein?" "Weil...du es bis hier hin geschafft hast. Es war hart, doch du bist noch hier und hast nicht einmal mehr Angst, mit den anderen zusammen zu sein. Ich habe es gesehen." Erst jetzt, wo Seung-Hyun es erwähnte, wurde Ji-Yong selbst bewusst, dass dieser Recht hatte. Ihm wurde bewusst, wie nah ihre beiden Jüngsten ihm gewesen waren und tatsächlich war er nicht zurückgeschreckt, hatte sogar das Bedürfnis verspürt, sie bei sich zu behalten. Er hatte es tatsächlich geschafft. Ohne es sich bewusst zu machen. "Ja...", wisperte er etwas entgeistert und drehte den Kopf langsam zur Seite, um dem Älteren in die Augen zu sehen. Doch noch bevor er es konnte, setzte dieser zu weiteren Worten an. "Und ich kenne noch einen Grund...", sagte dieser etwas leiser. Seine Stimme klang plötzlich tiefer, rauer. "...weil ich das hier tun kann..." Dessen Griff um seine Schultern festigte sich. Ji-Yong fühlte, wie er weiter an den aderen herangezogen wurde. Zu perplex um sich zu wehren verweilte er stumm an diesen gepresst und spürte, wie sich sanfte Lippen auf seine Wange drückten. Die Zeit blieb stehen. Seung-Hyun hatte in diesem Moment etwas Angst vor seinem eigenen Mut, doch diese schien unberechtigt. Der Kuss dauerte nur einen Herzschlag lang und als er seine Lippen langsam wieder von der heißen Haut des Jüngeren löste, kam es ihm so vor, als habe er wie im Traum gehandelt. Er erkannte, wie sich ein leichtes Lächeln auf den Lippen des anderen ausbreitete. Ji-Yong legte den Kopf an Seung-Huns Schulter und kuschelte sich eng an ihn. Dabei hob er langsam die Hand und berührte die Stelle, die er geküsst hatte. „Du hast recht, ich kann es bestimmt schaffen. Ich danke dir für alles, Hyung!“ Sie blieben noch eine Weile so aneinander gelehnt sitzen, die Nähe des anderen spürend und genießend. Es kam Seung-Hyun wie ein Wunder vor, dass er sich seinem Freund endlich wieder nähern konnte und er wusste, dass diese kurzen Momente der Zweisamkeit sein würden, die auch ihm die Kraft geben würden, das alles bis zum Ende durchzustehen. Dies und die Unterstützung seiner Freunde, auf die er nun endlich zählen wollte. Wieviel Zeit vergangen war, konnte Seung-Hyun nicht sagen. Er hatte irgendwann die Augen geschlossen und sich nur noch auf die Wärme des dünnen Körpers neben sich konzentriert, hatte auf seine Atemzüge gelauscht und den leichten Duft, der von ihm ausging in sich eingesogen. Doch schließlich brach Ji-Yong das Schweigen. „Hyung…“, begann er. Seung-Hyun öffnete langsam die Augen und blickte den anderen an. „Ich möchte, dass wir immer beisammen bleiben.“ Beide lächelten sich einen Moment lang an, dann hob Seung-Hyun seine Hand und streckte dem Freund seinen kleinen Finger hin. Einen Moment lang betrachtete dieser ihn verwundert, doch dann schlich sich Begreifen in seine Gesichtszüge. Er hakte seinen eigenen kleinen Finger ein. „Ich verspreche es dir, Ji-Yong!“ Dieser sah so glücklich aus, dass Seung-Hyun ihn am liebsten erneut geküsst hätte, aber er wollte es langsam angehen, nichts überstürzen und seinen Freund nicht unter Druck setzen. Sie mussten nur noch die nächsten zwei Tage überstehen, dann hatten sie alle Zeit der Welt das Verlorengeglaubte wieder aufleben zu lassen. Doch dies war nicht das einzige unglaubliche Ereignis an diesem Tag. Sie gingen alle früh ins Bett, da es ein aufreibender und anstrengender Tag gewesen war, doch obwohl Seung-Hyun hundemüde war, lag er noch eine Weile wach und ließ die letzten Geschehnisse Revue passieren. Als er schließlich doch fast eingeschlafen war, nahm er auf einmal Bewegung im Bett gegenüber wahr. Er hatte vermutet, dass Ji-Yong sofort eingeschlafen war, doch scheinbar hatte er sich geirrt. Durch die Dunkelheit sah er ihn nur schemenhaft, doch Ji-Yong war aufgestanden und tapste leisen Schrittes auf ihn, im Arm hatte er seine eigene Decke zusammengerafft. Vor seinem Bett blieb er kurz stehen, als würde er an seinem Vorhaben zweifeln, doch dann fühlte Seung-Hyun eine Hand, die sacht nach seinen Beinen tastete und als sie sie gefunden hatte, stieg Ji-Yong in sein Bett. Er legte sich nicht neben ihn unter seine eigene Decke, wie er es früher immer gemacht hatte, sondern suchte sich einen kleinen Fleck am Fußende des Bettes, auf dem er sich klein machte. Doch Seung-Hyun war von diesem Schritt noch mehr gerührt als von der Tatsache, dass Ji-Yong vor seinem Kuss nicht zurückgeschreckt war. Er hatte ihn endlich wieder, den Menschen, den er liebte. Und ein aehnlicher Gedanke hatte sich auch in dem Jüngeren geregt, als er sich dazu entschieden hatte, sein Bett zu verlassen. Das Gefühl von Seung-Hyjns Lippen, das Gefühl, diesem wieder nah sein zu können, hatte ihn überwältigt. Nachdem sie sich voneinander getrennt hatten, um endlich Ordnung zu schaffen, vermisste er es bereits und mit jeder Sekunde war seine Sehnsucht gewachsen. Bis er sie in diesem Augenblick nicht mehr irgnorieren konnte. Vielleicht war sein Mut noch nicht gross genug, sich dem anderen wieder völlig zu übergeben, aber er wollte bei ihm sein. Er wollte seinen Atem hören, spueren, wie dieser sich neben ihm bewegte. Sich für einen Moment vormachen, alles Unglück wäre nie geschehen. Und so an dessen Bettende zu liegen, den Kopf auf dem Oberschenkel seines Freundes gebettet, vollbrachte er es tatsächlich, sich zu taeuschen und zum ersten Mal seit langem wieder angenehm zu träumen. Dass die Bewegungsfreiheit des Älten auf diese Weise eingeschränkt wurde, störte diesen nicht im Geringsten. Ein glückliches Lächeln schlich sich auch in sein Gesicht, als er die Hand unter der Decke hervorhob und zärtlich damit durch das Haar Ji-Yongs fuhr, welcher schon längst eingeschlafen war. "Schlaf schön..." Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)