Ein Bruder für jede Schwester von RoseAkaShi (Flucht durch die Ewigkeit) ================================================================================ Kapitel 30: Abschied mit Veränderung ------------------------------------ Kapitel 30: Abschied mit Veränderung „Manchmal kommt man im Leben an eine Weggabelung, an der man eine unangenehme Entscheidung treffen muss. Zwei Wege kann man gehen und keiner scheint der Richtige zu sein. Man kann nicht immer das richtige tun, nicht immer gibt es einen goldenen Mittelweg. Jeder macht Fehler. Doch man sollte nie vergessen, dass man mit seinen Fehlern leben muss.“ (Schlangenkind) Elenas Sicht: Es war kein wirklicher schöner Tag heute. Ich sah dem Regen zu, der gegen das Fenster prasselte. Sommerregen, keine Frage. Angenehmer als im Herbst mit kaltem Wind dazu, aber immer noch nicht wirklich schön, denn graue Wolken zierten den Himmel und kündigten ein kräftiges Gewitter an. „Ich hasse diese Art von Wetter“, murmelte meine Schwester beleidigt und ließ sich nach hinten aufs Bett fallen. Zustimmend nickte ich. Ja sicher, es war grauenvoll. Ein wenig Regen konnte ich eigentlich sogar sehr gut leiden, besonders im Sommer hatte das etwas Traumhaftes, es roch dann auch immer sehr gut. Aber das war unausstehlich. Es regnete bereits den ganzen Tag und es grollte auch schon. Bald würde es blitzen und donnern. Zwar war so etwas wie Angst sehr fern, aber es gehörte wirklich nicht zu meinen Lieblingswetter. Katherine seufzte schwer. Es war auch sehr schwer ihre schlechte Laune zu ignorieren. Da sie nicht raus konnte, war ihr natürlich langweilig, weil sie sich schwer tat eine andere Beschäftigung zu finden. Ich war dabei einen neuen Brief an Damon zu verfassen, was mich genug fesselte. Ich liebte es mit ihm zu schreiben, ich hatte das Gefühl, dass wir uns jedes Mal ein wenig mehr voneinander offenbarten. „Weißt du an was mich das erinnert?“, fragte Katherine nach und ich wusste worauf das hinaus lief. „Ich bin sicher du wirst mir gleich deine Gedanken diesbezüglich mitteilen.“ Lächelnd sah ich zu ihr und beobachtete wie sich ihre Augen ein wenig verengten. „An einen Abschied, an den Abschied!“ Merklich zuckte ich bei ihren Worten zusammen und ich wusste genau wovon sie sprach. Es war nicht wirklich etwas woran ich mich gerne erinnerte und ich war mir sicher, dass wir daran unterschiedliche Gedanken hatten. Das war das erste Mal, dass sich unsere Wege trennten, zumindest innerlich. Damals begannen wir andere Sichtweisen auf die Welt zu entwickeln. Natürlich waren wir schon vorher verschieden gewesen, aber ab da an orientierten wir uns an unterschiedlichen Punkten, auch wenn wir unseren Weg gemeinsam fortsetzten. Es war eine schmerzhafte Erinnerung. Rückblick Die Koffer waren gepackt und wurden von unseren Brüdern nach draußen gebracht. Alles schrie danach, dass dies unser Abschied war. Dass das wohl das letzte Mal sein würde, dass wir hier waren. Auch wenn ich mir etwas anderes wünschte, glaubte ich nicht, dass wir hierher zurückkehren würden. Katerina saß bereits in der Kutsche. Stolz hatte sie ihr Kinn in die Höhe gerückt und wollte sich keine Schwäche zugestehen. Meine Mutter streckte lächelnd ihre Arme nach mir aus. „Komm her, Helena. Lass dich ansehen.“ Zurückhaltend lächelnd trat ich zu ihr und sie nahm mein Gesicht in ihre Hände, um mich zu betrachten. „Du brauchst keine Angst zu haben, Helena. Ich bin sicher du machst das gut. Alles wird wieder gut“, versicherte sie mir. Sie war immer so hoffnungsvoll. Meine Mutter glaubte einfach immer, dass alles sich zum Besten wenden würde und dass es keinen Grund zur Besorgnis gab. „Ich bin wohl kaum angstvoll, Mutter. Vielleicht nervös. Und gut ist verschieden definiert. Gut ist nicht akzeptabel.“ Meine Mutter schien genauso nervös zu sein, wie ich. Sie versuchte meine Kleidung in Ordnung zu bringen, obwohl sie es doch schon war. „Verstehe“, meinte sie und zwang sich zu einem Lächeln, während sie an dem Kragen meines Kleides herum werkelte. Ich nahm ihre Hände in meine. „Dürfte ich eine persönliche Frage stellen?“, fragte ich und sah ihr in die Augen. Beruhigend lächelnd sah sie mich an. „Natürlich.“ Es klang auch wirklich natürlich wie sie es sagte, aber so war es nicht. Vater erlaubte mir nur selten ihn etwas Persönliches zu fragen und noch weniger antwortete er mir darauf. „Seid ihr sauer auf mich, da ich Katerina begleiten werde? Zwar ist sie meine Schwester, doch ist sie nun eine Ausgestoßene der Familie. Ich hoffe doch ihr empfindet es nicht als abwertendes Urteil euch gegenüber, dass ich zu ihr halte, anstatt zu euch. Schließlich hat sie Schande über unsere Familie gebracht.“ Das bereitete mir am meisten Angst. Katerina wurde aus unserer Familie und unserem Land verbannt. Vater sah sie nicht mehr als seine Tochter an und wollte sie nicht mehr in seinem Haus haben. Von meinen Brüdern wurde das Thema totgeschwiegen. „Oh Helena. Du wirst, welchen Entschluss du auch fasst, immer eine Mutter haben die Stolz ist auf dich. Ich liebe dich und nicht nur dich, auch Katerina. Ich hoffe das werdet ihr nie vergessen. Egal was geschieht.“ Leicht nickte ich und küsste ihre Hände. Demütig neigte ich meinen Kopf vor ihr. „Lebe lange und in Frieden“, wünschte ich ihr und verdrängte mir aller Macht meine Gefühle, die versuchten mich in Form von Tränen zu überrollen. „Leb wohl, mein Engel“, verabschiedete sie sich und ich wandte mich ab. Wahrscheinlich zum letzten Mal verließ ich das Haus. Es machte mich traurig und schnürte mir die Kehle zu. Ich wusste, dass ich das alles vermissen würde, doch wusste ich auch, dass ich es bereuen würde, wenn ich meine Schwester jetzt alleine lassen würde mit ihrer Bürde. Klar hatte sie einen Fehler gemacht und dieser war wahrscheinlich unverzeihlich, aber… aber sie war meine Schwester. Meine Zwillingsschwester. Gabriel setzte die Kutsche in Bewegung und ich beobachtete unser Zuhause, wie es immer kleiner wurde. Die Felder, die Pferde, alles ließ ich hinter mir. Nur um bei ihr zu sein und sie zu unterstützen. Wir fuhren nach Osten, zu einem Hafen, wo ein Schiff auf uns warten würde, um uns nach England tragen. Wir werden Wochen darauf unterwegs sein. Rückblick Ende Es war nicht das letzte Mal gewesen, dass Katerina und ich das Haus verlassen hatten. Doch als wir es das nächste Mal betreten hatten, war es so gewesen, dass unsere Familie abgeschlachtet da lag. Es war ein Anblick, der in einem Übelkeit hervor rief. Aber damals als wir gingen, das veränderte uns. Auch wenn ich mir damals darüber nicht wirklich im Klaren war. Mich machte es vorsichtig und sorgevoll gegenüber Katerina. Von da an hatte ich zum ersten Mal das Gefühl, dass ich auf sich achtgeben musste und sie beschützen sollte. Katerina machte diese Erfahrung unglaublich stark und selbstbewusst. Die Unabhängigkeit bewahrte sie sich und seitdem hinterfragte sie die Gesellschaft aufs Kritischste. Sie war seitdem mehr als nur modern, sie war der Zeit immer mit ihren Ansichten voraus. Am liebsten würde ich Damon davon schreiben, ihm erzählen was ich fühlte, aber das konnte ich nicht, weil es so viel zu erklären gab, was er nicht verstehen würde ohne mein Geheimnis zu kennen. Schon die ganze Zeit über überlegte ich, ob ich es wagen konnte es ihm anzuvertrauen. Sicher war ich mir noch nicht ganz, aber in einen Brief würde das auf keinen Fall gehen. Allerdings hatte ich irgendwie das Gefühl, dass wenn ich es Jemandem anvertrauen konnte, es Damon sein würde. Aus irgendeinem Grund vertraute ich ihm mehr als jedem Anderen. Mehr als meine Schwester? Ich wusste es nicht, aber es brachte mich zum Nachdenken. Sollte ich mich über diesen Gedanken fürchten? Das letzte Mal als ich Jemandem mehr vertraut hatte als meine Schwester, war es Elijah gewesen und das hatte ich am Ende bitterlich bereut. Es war schwierig und ich hatte Angst einen Fehler zu begehen, das hatte ich schon einmal getan. Aber Damon war nicht Elijah. Ich musste schmunzeln und verkniff mir ein Auflachen. Nein, das war er ganz bestimmt nicht. Unwillkürlich fuhren meine Finger zu meinen Lippen und ich musste an den Kuss denken, den mir Damon wahrlich gestohlen hatte. Das hatte nichts von der süßen Unschuld und Vorsicht gehabt, die Elijah und ich früher geteilt hatten. Er war stürmisch und drängend gewesen, leidenschaftlich. Sein Griff war besitzergreifend gewesen. Damon war… Damon. Ich konnte ihn nicht mit Elijah vergleichen, da sich nur Unterschiede auftaten. Das war gut so. So war es auch nicht fair, Damon nicht zu vertrauen, aus dieser Erfahrung heraus. Ich musste ihm vertrauen und mir die Möglichkeit einräumen einen Fehler zu begehen. Manchmal wurden auch Fehler zu den schönsten Geschenken unseres Lebens. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)