Ein Bruder für jede Schwester von RoseAkaShi (Flucht durch die Ewigkeit) ================================================================================ Kapitel 47: Hilfe ----------------- Kapitel 47: Hilfe „Ich lächle, damit ich nicht erklären muss, wie scheiße es mir geht…“ (Unbekannt) Stefans Sicht: Ich saß in der Bibliothek und hatte mich in meine Studien vertieft, die mich seltsamer Weise von der Wirklichkeit ablenkten. Wenn ich mich auf Fakten konzentrierte, hatte ich keine Zeit über anderes zu philosophieren. Sicher war es nicht der beste Weg, sich wegen Trauer in Arbeit zu stürzen, aber es half nun einmal. Ich hielt Vaters Schweigen nicht aus und Katherine, wie sehr sie mich auch zu trösten versuchte und wie sehr es auch half, meist schickte ich sie zu ihrer Schwester, die ihrer Meinung verrückt war und nicht in der Wirklichkeit lebte. Bücher dagegen, sie halfen seltsamer Weise der wirklichen Welt zu entfliehen, auch wenn ich dadurch nicht in eine andere abtauchte, sondern einfach nur Fakten paukten. So kam ich weiter mit meinen Studien und würde schon bald studieren können. Vater unterstützte diesen Plan. Ich sah auf, als Katherine in den Raum hinein trat, mit ein paar Büchern in der Hand. Sofort stand ich auf, wie es sich gehörte. Fragend sah ich sie an. „Elena liest sehr viel, anscheinend hilft es der Wirklichkeit zu entfliehen und sie muss sich so wohl nicht den Tatsachen stellen.“ Sie warf einen Blick auf den Schreibtisch, an dem ich saß. „Es scheint nicht nur Einbildung zu sein“, meinte sie und zog prüfend eine Augenbraue hoch. Sie ging zu einem Bücherregal und stellte die Lektüre, die Elena wohl verschlungen hatte, wieder weg. Dafür holte sie ein paar neue Bücher heraus. „Sie liest so viel, wie schon lange nicht mehr. Bis auf das und zu ihren Chorproben zu gehen, macht sie gar nichts mehr. Ich versuch sie zu überreden mit mir einkaufen zu gehen, weil wir ein Kleid brauchen, aber sie will nicht. Jetzt werde ich für uns beide eins aussuchen“, meinte sie bestimmend. Ein neues Kleid? Dann fiel mir auf, was mein Vater erwähnt hatte, aber meist war meine Konzentration, bei den sowieso schweigsam gewordenen Tischgesprächen, nicht sehr hoch. „Der Gründerball, richtig?“, erinnerte ich mich. Sie sah mich prüfend an, nickte dann aber. „Der Gründerball, in der Tat. Wird wohl kein sehr freudiges Ereignis.“ Ihre Stimme klang traurig und ich wollte nicht dass sie auch noch traurig war. In diesem Haus kämpften alle mit Damons Verlust und sie versuchte zu helfen und zu trösten wo sie konnte, da sie nur durch uns betroffen war. „Würdest du…“ Ich stoppte und atmete tief durch, um das besser hinzu bekommen. Ich zwang mich zu einem Lächeln und sah ihr in die Augen. „Willst du zusammen mit mir dahin gehen?“, fragte ich sie. Ein Schweigen entstand und die Stille zerriss mich förmlich. Ihr Blick war skeptisch und prüfend, als wollte sie damit mein Innerstes ergründen. Sie kam zu mir, um den Schreibtisch herum und stellte sich vor mich. Katherine legte ihre Hand auf meine Wange und zwang mich ihr in die Augen zu sehen. „Das ist wirklich sehr süß von dir, Stefan. Auch wenn es dir schwer fällt, ich weiß es. Danke. Ich freue mich darauf und werde mir Mühe geben das du an diesem Abend auch ein wenig glücklich bist. Ich hoffe meine Gesellschaft kann das bewirken“, sprach sie ehrlich aus und selbst in dieser wirklich beschissenen Zeit, schaffte sie es, dass mein Herz unkontrolliert höher schlug. Sie war einfach etwas Besonderes und schaffte so etwas. Wie konnte ich nicht sagen. Aber sie hatte die Macht, dass es mir besser ging und dass die Welt, wie grausam sie auf mich auch wirkte, schöner wirkte durch sie. Da wo sie war, brannte das Licht. In vollkommender Dunkelheit schaffte sie es meine Welt zu erstrahlen und mich aus meinem Schmerz herauszuführen, sei es auch nur für Sekunden. „Ich bin sicher ich werde Spaß haben“, versicherte ich ihr. Es war schwer in ihrer Gegenwart unglücklich zu sein, denn sie nahm die Last von meinem Herzen. Wenn sie bei mir war, fühlte sich mein Herz leichter an und der Knoten in meiner Kehle begann sich zu lösen. Ich lächelte sie an und sie erwiderte meinen Blick, leider aber nur traurig. „Du musst nicht lächeln, wenn es dir schlecht geht.“ Diese Worte erwischten mich eiskalt, sie hatte es schon vorher gemerkt. Ich lächelte immer, wenn es mir schlecht ging. Das machte es leichter, für alle anderen zumindest. Ich kam damit einfach klar. Ich nahm ihre rechte Hand in meine, führte sie zu meinen Lippen und küsste sie. „Du hast recht, meist lächle ich, obwohl mir nicht im Entferntesten dazu zu Mute ist. Doch gerade jetzt und meist immer wenn ich dich sehe, dann lächle ich wegen dir, einzig und allein wegen dir. Weil alles so viel schöner ist, wenn du da bist. Weil ich dann glücklich bin und der Schmerz zumindest ein wenig vergessen ist“, erklärte ich ihr. Es sah aus, als wusste sie nicht ob sie weinen oder lächeln sollte. Am Ende entschied sie sich aber dafür zu lächeln und ich bewunderte sie dafür nur noch mehr. Sie war so eine starke Frau, das sie damit dem ganzen Weltbild der Frau widersprach, das alle hatten. Wenn alle Katherine kennen würden, sie so kennen würde wie ich, wenn sie es sehen konnten, so sehen konnten wie ich, dann würden sie niemals glauben, dass eine Frau schwach war. Im Gegensatz zu ihr wirkte ich wie ein schwächliches Kind. Sie dagegen kam mit all dem hier zurecht, war stark und half ihrer Schwester und mir. Durch sie besaß dieses Haus noch so etwas wie ein wenig Normalität. „Danke, Stefan“, flüsterte sie mir zu. Dabei war ich es doch, der ihr danken musste. Dafür das sie da war, dafür das sie half, dafür das sie einfach nur geboren war. Sie beugte sich zu mir hoch und küsste mich auf die Wange, dann nahm sie die Bücher für ihre Schwester und verschwand aus den Raum. Die Stelle an der sie mich geküsst hatte, brannte noch immer wie Feuer. Wie ein Orkan schaffte sie es meine Gefühle durcheinander zu bringen und diesmal ließ sie mich zurück. Nicht mit meiner Einsamkeit, sondern mit einem tief verankertem Gefühl. Einem das mir sagte, dass obwohl ich meinen Bruder verloren hatte, ich nicht mein ganzes Leben deswegen verloren hatte. Das ich immer noch Hoffnung hatte und diese manifestierte sich auf sie. Sie war meine Stütze. Sie war meine Hilfe. Sie war meine Rettung. Und falls ich sie vorher schon geliebt hatte, so liebte ich sie jetzt nur noch mehr. Oder falls ich sie vorher noch nicht geliebt hatte, so liebte ich sie spätestens jetzt. Wie ich es auch drehte und wendete. Ich liebte diese Frau, für all das was sie war. So verspielt, anspruchsvoll, unüberlegt oder auch egoistisch sie manchmal war, ich liebte sie für all das. Denn was auch immer sie alles war, etwas von ihr bewegte sie mich zu mögen und mir zu helfen. Sollte es auch nur Egoismus sein, mir war es egal. Ich liebte sie und ich konnte nicht mehr von ihr loslassen. In dieser traurigen Welt, war sie das Licht. Mein Licht. Alles war verloschen, doch sie strahlte weiterhin hell für mich und errettete mich mehr als Fakten von Büchern. Mehr als mein Vater, den ich noch hatte. Am Ende war es nur sie die ich wirklich brauchte, die mir einzig helfen konnte. Wieso es so war, wusste ich nicht. Aber ich beschwerte mich ganz bestimmt nicht und zum ersten Mal konnte ich Gott und dem Schicksal wieder danken. Denn es hatte mir diese Frau gegeben, die mein Lächeln zumindest bei ihr echt zaubern lassen konnte. Unbeholfen setzte ich mich wieder hin. Plumpste mit dieser Erkenntnis über meine unverhoffte Hilfe zurück. Meine Gedanken kreisten sich zum ersten Mal nicht um Damons ungewissen Verbleib, sondern um sie. Ich hatte das gefunden, von dem sie gesprochen hatte. Den Grund jeden Tag wieder gegen den Schmerz und den Verlust anzukämpfen. Den Grund weiterzumachen und nach vorn zu blicken. Ihrer war ihre Schwester gewesen. Meiner war sie. Katherine. Das Mädchen, das ich liebte und davon würde mich nichts abbringen. Sie die mir die Hilfe durch sich selbst brachte. Sie war meine Heilung. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)