Ein Bruder für jede Schwester von RoseAkaShi (Flucht durch die Ewigkeit) ================================================================================ Kapitel 51: Das Kind -------------------- Kapitel 51: Das Kind „Ich habe erlebt wie Kinder die Einflüsse ihres bösen Erbes erfolgreich überwunden haben. Denn Reinheit ist ein angeborenes Merkmal der Seele.“ (Gandhi) Katherines Sicht: Rückblick Es tat so schrecklich weh, ich wollte nur, dass die Schmerzen aufhörten. „Ein bisschen mehr, meine Liebste. Ein bisschen mehr“, sprach mir meine Mutter gut zu und ich drückte die Hand meiner Schwester noch fester. Ich schrie und presste, es fühlte sich an als würde ich sterben. „Pressen. Ein bisschen mehr.“ Es tat so weh, so weh. Ich wollte, dass es aufhörte. Ich schrie und presste. „Ein bisschen mehr, ein bisschen mehr, pressen.“ Ich tat was sie sagte und dann war es auf einmal vorbei und ich hörte das Schreien eines Kindes. Ich war glücklich, dass es vorbei war, aber jetzt wollte ich nur noch mein Kind sehen. Mein kleines Baby. Meine Mutter sah es lächelnd an. „Es ist ein Mädchen“, sagte sie mir und hielt es so, dass ich es betrachten konnte. „Ein Mädchen“, wiederholte ich und war so glücklich. Es war ein Mädchen, ich hatte ein kleines Mädchen bekommen. „Bitte, Mutter, lass sie mich sehen“, bat ich und wollte nur noch meine kleine Tochter in den Armen halten. All die Schmerzen von der Geburt waren in diesem Augenblick vergessen. Ich wollte sie nur noch in den Armen halten. Doch als meine Mutter sie mir geben wollte, hielt Vater sie auf. „Weib, nicht! Was tust du da?“, fragte er harsch nach und wie es immer war, hörte meine Mutter auf ihn und kam mit dem Baby zu ihm. Geschockt sah ich zu ihm und drückte wieder die Hand meiner Schwester fester, die noch immer neben mir am Bett saß. Meine Mutter gab sie ihm und ich wusste in dem Augenblick, dass ich mein Kind nie wieder sehen würde. „Lass sie mich wenigstens einmal halten, nur einmal, wenigstens einmal“, fing ich an zu bitten. Wütend wandte er sich zu mir. „Vergiss es. Du hast Schande über unsere Familie gebracht.“ Ich wusste, dass wenn Helena darum bitten würde, er ihr diesen Wunsch erfüllen würde. Allerdings hätte sie auch niemals Schande über unsere Familie gebracht, sie hätte sowas nie getan. Sie würde nur mit dem Mann schlafen, den Vater mit ihr vermählen wird. „Vater, bitte!“, schrie ich, als er wegging und eine schreckliche Angst um das Baby packte mich. „Nicht, Vater, nicht, nicht!“, schrie ich verzweifelt und Mutter hielt mich auf, als ich hinterher lief. Sobald Helena meine Tränen sah lief sie ihm allerdings hinterher und ich betete zu Gott, dass sie etwas ausrichten könnte. „Nein, Katerina, es ist besser für sie! Es ist besser für sie!“, versuchte mich Mutter zu beruhigen, wobei ich versuchte gegen sie anzukämpfen um aufzustehen und ich weinte. Weinte einfach nur noch und konnte es doch nicht verhindern, dass ich in ihren Armen lag. „Nicht, Mutter, bitte.“ Sie musste mit Vater reden, sie alle mussten es, um ihn aufzuhalten. Doch ich wusste Mutter würde das niemals machen. „Lass sie gehen… Lass sie gehen, Katerina“, versuchte sie mir Vernunft einzureden. Ich wusste es, es war besser so, aber ich wollte nicht. Ich wollte mein kleines Mädchen haben, es in den Armen halten, es streicheln, es küssen, es lieb haben, es füttern, mich um sie kümmern. Ich liebte mein kleines Mädchen doch. „Bitte, Mama“, flehte ich und wir beide weinten. Ich atmete schnell, viel zu schnell und ich wollte mein kleines Kind sehen. Sobald es leiser wurde, konnte ich die Stimmen von unten hören. „Vater, bitte, tu dem Kind nichts. Ich flehe sie an, es ist doch Katerinas Kind! Bitte, Vater!“, hörte ich die Stimme meiner Schwester eindringlich sagen und ein Schweigen folgte. „Vater, egal was Katerina getan hat. Das Kind ist unschuldig und es kann nichts für ihre Fehler“, hörte ich Gabriels Stimme. Meine Fehler. Mein Kind war ein Fehler. Ich war schuld, wenn ihr etwas passieren sollte. „Mutter könnte sich um es kümmern oder eine der Mägde. Wir könnten es auch einer Familie im Dorf geben, damit es sich um das Kind kümmert.“ Philipps Stimme. Irgendwas wurde gesagt, aber die Stimme meines Vaters war zu leise, als dass ich sie hören konnte. Er sprach wohl sein Urteil. „Vater, bitte lass mich sie halten und ihr einen Namen geben“, hörte ich Helenas Stimme und anscheinend bekam sie das worum sie bat. Ich wünschte mir ich wäre an Helenas Stelle. Das ich Vaters Lieblingstochter wäre und mein Kind halten dürfte, ihr einen Namen geben dürfte. Dass ich so wäre wie sie, die liebe Tochter, die auch von allen geliebt wurde. Ich hörte keine Stimmen mehr, eine ganze Weile war es ruhig und Mutter hielt mich weiterhin in den Armen und strich über meinen Rücken. Ich hatte Angst. Was hatte Vater wohl beschlossen mit meinen Kind zu tun? Er wollte es doch hoffentlich nicht töten, aber dann wäre die Bitte von meiner Schwester, es zu halten und ihr einen Namen zu geben auch wirklich unnötig gewesen. Dann, nach einer Ewigkeit, kam Helena hinein und ich sah sie erwartungsvoll an. „Mutter, Vater will sie sprechen“, sprach Helena gewohnt höflich und meine Mutter sah mich noch einmal mitleidig an, bevor sie aus dem Raum verschwand. Ich wollte aufstehen, doch Helena kam zu mir gelaufen und hielt mich auf. „Nicht, Schwester, tu das nicht!“, bat sie mich und wieder kamen Tränen in mir hoch. Sie nahm mich in den Arm und hielt mich ebenfalls auf. „Was, Helena? Was hat Vater gesagt?“, fragte ich sie und weinte. „Sie wird leben. Sie wird ins Dorf zu einer Familie gebracht, die bezahlt wird, damit es sich um das Kind kümmert. Es wird ihr gut gehen. Ich hab ihr den Namen gegeben, den du ausgesucht hast. Erinnerst du dich? Du wolltest sie Magarete nennen“, erinnerte sie mich an unsere Gespräche, um die Findung eines Namens, bevor mir alle Hoffnung genommen wurde, dass ich mein Kind behalten durfte. „Magarete“, flüsterte ich den Namen nach und freute mich, dass mein Kind einen so wunderschönen Namen hatte. Ich packte meine kleine Schwester an den Schultern und zwang sie mich anzusehen. „Wie sieht sie aus? Wie sieht meine kleine Tochter aus?“, fragte ich begierig. Ich war so neidisch und eifersüchtig, dass sie meine Tochter in den Armen hatte halten dürfen. Das war so ungerecht. Helena lächelte mich beruhigend an. „Sie ist wunderschön. Sie hat deine Augen und deine Nase, die Ohrläppchen sind auch von dir. Sie hat einen süßen kleinen Mund und ihre Hände sind so klein, genauso wie ihre Finger. Es ist als wäre sie eine kleine, niedliche, zerbrechliche Puppe und sie war ganz warm. Magarete ist ein wunderschönes, kleines Mädchen und sie wird einmal eine wunderschöne Frau werden“, erklärte sie mir sicher und ausführlich. Ich weinte an Helenas Schulter, ich wünschte ich hätte sie sehen können. So sehr. „Sie soll viel Spaß in ihrem Leben haben, aber sie soll so sein wie du, anständig und vernünftig“, wünschte ich mir für meine Tochter. Nie würde ich sehen wie sie aufwuchs, wie sie lachte und wie sie weinte. Aber ich versuchte es mir auszumalen. Ein schönes, kleines Mädchen, mit einem einfachen hellblauen Kleid, das über die Felder dieses Tals lief und mit den Pferden spielte. „Oh, Katerina“, flüsterte Helena sorgevoll und ich wusste damit, dass es noch lange nicht vorbei war. Ich hatte ehrlich Angst, was nun als nächstes kommen sollte. „Vater will dich von hier wegschicken, er will dich aus der Familie verbannen“, weinte nun auch Helena und es riss mein Herz entzwei. Ich sollte weg? Von hier? Wo sollte ich denn hin? Wie konnte Vater nur so etwas tun? Das hier war doch mein Zuhause. Hier waren er und Mutter. Gabriel, Philipp, Christoph und David. Helena, hier war Helena, meine kleine Schwester, meine geliebte Schwester. Ich konnte doch nicht ohne sie sein. Wie sollte ich es nur ohne Helena schaffen zu überleben? Ich liebte sie doch so sehr. „Nein, Helena! Ich will nicht von dir weg. Ich will dich nicht verlieren. Bitte, ich will nicht von dir getrennt sein. Ich liebe dich doch“, sprach ich ehrlich aus und Helena legte meinen Kopf an ihre Brust. „Oh, Katerina, das weiß ich doch. Ich liebe dich auch. Ich werde dich nicht verlassen. Ich werde immer bei dir sein, ich verspreche es“, sagte sie und ich hatte keine Ahnung, wie sehr ihr selbst das Versprechen weh tat und noch wehtun würde. Rückblick Ende Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)