Ein Bruder für jede Schwester von RoseAkaShi (Flucht durch die Ewigkeit) ================================================================================ Kapitel 147: Für einen Moment ----------------------------- Spezial 22: Für einen Moment „Einem kurzen Moment haftet immer etwas Zweideutiges an. Die Ewigkeit und die Gegenwart. Ein zögern kann fatal sein und wir werden nie wissen, welche Folgen es gehabt hätte, wenn wir uns nur getraut hätten.“ (RoseAkaShi) Elenas Sicht: Rückblick Präsentierend hob Katherine eine Flasche an, mit einer hellbraunen Flüssigkeit darin. Zweifellos Alkohol, was sonst? „Brandy, abgefüllt in einem hervorragenden Jahr. Willst du raten welches Jahr?“, fragte sie und ihr Grinsen verriet mir, das sie irgendwas vor hatte und sich wahnsinnig darauf freute. „Keine Ahnung, aber du wirst es mir sicherlich gleich sagen“, meinte ich vollkommen überzeugt. Katherine liebte es, anderen Menschen Dinge unter die Nase zu reiben, von denen sie keine Ahnung gehabt hatten. „Aus diesem Jahr und du musst mir zustimmen, es war ein wundervolles Jahr. Nicht nur für uns, sondern für die ganze Welt. Später wird auf dieses Jahr zurückblicken und sagen: „Ja, 1783 war ein hervorragendes Jahr, wenn ich irgendwohin zurück in die Zeit könnte, dann wäre es dieses Jahr.“ Elena, man wird darauf zurückblicken und sich wünschen man hätte eine Erinnerung davon. Die haben wir. Ich halte hiermit die Erinnerungen fest, sie werden für uns repräsentiert…“ „Durch eine Flasche Alkohol“, beendete ich unbeeindruckt ihren Vortrag. Katherine legte ihren Kopf etwas zur Seite und sah mich strafend an, böse das ich ihre wichtige Rede wohl nicht zu würdigen wusste. „Nein, Elena. Wir werden irgendwann von all unseren Lasten befreit sein. Wenn all das hier vorbei ist, dann sehen wir zurück auf ein wundervolles Jahr, wie dieses Jahr beispielsweise und dann stoßen wir darauf an.“ Katherines Gedanken waren meist etwas eigenartig, oft ziemlich oberflächlich, aber manchmal hatte sie tatsächlich sehr gute Einfälle, auch wenn sie sich um dessen Bedeutung vielleicht selbst nicht ganz bewusst war. Dennoch hatte diese Idee tatsächlich was für sich. „Also heben wir diesen Brandy auf und trinken ihn wann? In hundert Jahren… dreihundert?“, fragte ich, um sie noch ein wenig weiter zu ärgern. Das dümmste war es, Katherine zu loben für ihre Einfälle, denn das würde ihrem Ego einfach viel zu gut tun. „Wer weiß? Wir haben doch alle Zeit der Welt. Keine Eile um nichts. Vielleicht feiern wir irgendwann unseren Sieg über Klaus.“ Hatte sie heute ihre optimistische Ader? Wir hatten noch nicht mal Jahrestag unserer Verwandlung oder unserer Geburt oder etwas ähnlich zu feierndes. „Ja, ich schätzte indem wir immer weglaufen schaffen wir es tatsächlich ihn irgendwann zu besiegen. Weil es könnte sein, das er sich den Fuß bei seiner hektischen Verfolgung bricht. Dann laufen all die anderen Menschen über ihn drüber und er wird einfach platzgetreten“, berichtete ich sarkastisch meine Idee. Diesmal kniff Katherine die Augen zusammen und ihr Blick schien mich töten zu wollen. Hatten wir heute vertauschte Rollen? „Sehr theatralisch, Elena. Aber nein. Es könnte doch sein, das wir irgendwann mal etwas finden und dann unseren Sieg feiern. Man weiß ja nie“, meinte sie und zuckte mit den Schultern. Schweigend beobachtete ich sie, wie sie den Brandy weg zu unseren Sachen tat und dann ging, um eine Kutsche zu bestellen. Unser Italienaufenthalt war vorbei. Wir hatten sehr viel von dem Land gesehen und es war Zeit für uns weiterzureisen, damit wir nicht irgendwann erwischt wurden. Diesmal wollten wir nach Griechenland. Dafür hatte ich die letzten Jahre extra die Sprache gelernt, während Katherine das mehr oder minder hatte schleifen lassen, um sich lieber zu amüsieren. Als Zwischenaufenthalt hatten wir Wien gewählt. Wir hatten zwei Monate hier verbracht, die Zeit genossen und ein paar Bälle besucht. Ich musste zugeben, dass es mir hier wirklich gefallen hatte. Wir hatten am 23. März im Wiener Burgtheater ein Konzert beigewohnt, das mir sehr gefallen hatte und ich hatte Mozart persönlich kennengelernt, dessen Musik zurzeit das schönste war, das ich kannte. Viele seiner Stücke versuchte ich nachzuspielen, soweit es mir gelang, denn ich war gerade dabei Klavier zu lernen. Die Bekanntschaft mit Kaiser Joseph dem Zweiten hatte mich dagegen weniger interessiert, dafür aber umso mehr Katherine. Sie hatte mehr Interesse an Macht, als an Kultur. Ich sah mich um, beobachtete die verschiedensten Menschen. Wenn ich wollte, konnte ich jedes Gespräch belauschen, wenn ich mich nur ein wenig konzentrieren würde. Mein Blick fiel zu einem Mann, der über eine Karte gebeugt war. Hätte ich etwas in der Hand gehabt, dann wäre es mir jetzt heruntergefallen, denn ich erkannte die Gesichtszüge ganz genau. Elijah! Er war hier. Da war er. Die Liebe meiner Ewigkeit war nur ein Stück weit von mir entfernt und ich könnte zu ihm. Ohne wirklich mein Gehirn einzuschalten und darauf zu achten, was ich tat, ging ich auf ihn zu, kam ihn immer näher und wir waren nur noch ein paar Schritte voneinander entfernt. Ich streckte meine Hand zu ihm aus, öffnete meinen Mund, aber kein Wort kam über meine Lippen. Da war nichts. Die Furcht ergriff mich, fesselte mich und machte mich bewegungsunfähig. Ich dachte an unsere schönen Zeiten und daran, dass alles nicht echt gewesen war, dass ich mich daran nicht festhalten durfte. Als er begann die Karte zusammenzuklappen, drehte ich mich sofort wieder um und verschwand zurück in die Menge. Versteckte mich in ihr. Tauchte unter. Tränen liefen mir auf einmal übers Gesicht und mein Herz fühlte sich noch viel schwerer an, als es sonst immer der Fall gewesen war. Es war als fühlte ich seinen Blick und mein Herz schlug wahrscheinlich schnell, obwohl es das gar nicht mehr sollte. Dennoch hörte es einfach nicht auf und dann vergas ich kurz meine Zweifel und drehte mich um. Sein Blick glitt gerade wieder woanders hin und ich ging zurück. Nur ein Stück, um näher bei ihm zu sein. Es war verrückt, dennoch konnte ich nicht wegsehen und ich streckte erneut meine Hand aus. Für einen Moment waren wir uns so nah und du hättest dich nur umdrehen müssen. Doch ich hatte Angst dich auf mich Aufmerksam zu machen. Dann stieg er auf die Kutsche und fuhr davon. Ich blieb hier stehen und ich fragte mich, wann wir uns das letzte Mal so nahe gewesen waren. Irgendwann 1492. Eine ganze Weile war das her. „Oh, Elena. Es tut mir so leid“, hörte ich die Stimme meiner Schwester und erschrocken drehte ich mich um. Aber als ich die Zeitung in ihrer Hand sah, wusste ich, dass es dabei nicht um Elijah ging. Schnell entfernte ich die Tränen aus meinem Gesicht und konzentrierte mich auf sie. „Wieso?“, fragte ich ahnungslos. Was stand schlimmes in der Zeitung, das mich so sehr schocken würde? „Dieser Dichter, den du so mochtest, Gottfried Wilhelm Fink, er ist gestorben, am achten März“, erzählte sie mir und ich nahm ihr die Zeitung aus der Hand. In der Tat. Er war tot. Es war immer wieder schade, wenn große Künstler, Musiker und Schriftsteller starben. Ihre großartigen Werke waren somit auch beendet. Ich verdrängte alle Gedanken daran und auch an Elijah und konzentrierte mich auf die Zeitung, versuchte darin etwas zu finden, das mich ablenkte. Ich hatte Glück. „Die Uraufführung von Nathan der Weise findet in Berlin statt, zwei Jahre nach Lessings Tod. Die würde ich zu gern sehen“, schwärmte ich, denn Lessings Werke waren erstklassig. „Das können wir!“, meinte Katherine überzeugt. Fragend sah ich meine Zwillingsschwester an. „Ich meine, was hält uns davon ab, einen Kurztripp nach Berlin zu machen. Doch nicht etwa unser Reiseziel Griechenland? Die Ruinen, die wir in Athen und überall anders besichtigen wollten, werden auch immer noch in ein paar Monaten da sein. Nichts ist gegen eine Oper einzuwenden!“ Meine Schwester war wirklich manchmal unübertrefflich. Verstehe, sie wollte mich damit aufheitern. Ich ließ die Zeitung sinken. „Das ist ein Schauspiel, ein Theaterstück, findet auch in einem solchen Theaterhaus statt“, verbesserte ich sie und ihre Gesichtszüge entglitten in der Tat kurz. Beruhigend lächelnd sah ich sie an. „Vielen Dank. Ich würde gern dorthin und es mir ansehen“, erklärte ich freundlich und ich Gesicht hellte sich sofort auf. Fröhlich breitete sie die Arme aus. „Also dann, fahren wir nach Berlin!“ Sie schien regelrecht begeistert zu sein und ich konnte mir ein Lächeln nicht verkneifen. Es war wirklich nett von ihr, dass sie das wegen mir auf sich nahm. Ich schaute in die Richtung, in der Elijahs Kutsche verschwunden war. Ich musste einfach in eine andere Richtung gehen, unsere Momente waren vorbei und unsere Wege gingen von nun an getrennt. Rückblick Ende Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)