Verrat!? von Sotar (Betrayal VI) ================================================================================ Kapitel 1: ----------- Er versuchte, die Person zu erkennen – eine Frau, gekleidet in schwarz und violett, eisblaue Augen, die ihm trotz des fremdartigen amüsierten Funkelns darin, bekannt vorkamen – aber zumindest im ersten Moment wusste er nicht, wen er da vor sich hatte. Erst als sie wieder den Mund öffnete und etwas sagte, erkannte er in ihr seine Retterin von zuvor wieder. Aber das, was sie sagte, verschlug ihm, trotz des leicht spöttischen Untertons in ihrer Stimme, regelrecht die Sprache: „Sei gegrüßt, Hüter von Betrayal.“ Rufus blinzelte ein paar Mal und ordnete seine Gedanken bevor er die Frau ansprach. „Hast du mich vor den Banditen gerettet?“ Rufus kannte die Antwort eigentlich bereits, hatte aber dennoch das Gefühl, diese Frage stellen zu müssen. Die Frau nickte knapp und bedachte den Jungen mit einem interessierten und überaus freundlichen lächeln. Von Spot und Hohn war kein Zeichen mehr in ihrer Mimik und Gestik zu erkennen. Ihr Augen ruhten auf seinem Gesicht und beobachteten jede noch so kleine Veränderung in seiner Mimik. „Und wie heißt du?“ „Athena.“ „Ehmmm... also... weißt du... also... ich hab so viele Fragen... ich weiß gar nicht wo ich anfangen soll.“ Stammelte Rufus vor sich hin. In Athenas Augen strahlte indessen eine unbeschreibliche Freundlichkeit, die den Jungen immer mehr in ihren Bann zog. Er fühlte sich in der Nähe dieser Frau so wohl, so sicher und geborgen wie schon seit Jahren nicht mehr. „Ich werde dir alle deine Fragen beantworten wenn die Zeit dafür reif ist Rufus. Jetzt ist es aber viel wichtiger das du Betrayal öffnest.“ „Woher kennst du denn meinen Namen? Und warum soll ich das Buch aufmachen?“ „Ich bin eine bekannte deines Stiefvaters, daher weiß ich wer du bist und wie du heißt und deshalb bin ich auch über das Betrayal informiert. Das Buch besitzt immense Kräfte aber nur der Hüter kann es öffnen und diese Kräfte freisetzen. Dieser Hüter, Rufus, dieser Hüter bist du.“ Der Junge blickte Athena an, doch seine Augen waren vollkommen leer und seine Gedanken weit, weit weg. Die Sache stieg ihm immer mehr über den Kopf und überforderte seinen Verstand. Was für eine Kraft hatte dieses Buch? Warum war ausgerechnet er, ein ganz normaler 15 Jahre alter Junge der Hüter von diesem Ding? Warum konnte nur er das Betrayal öffnen? Rufus wurde schwindlig. Zu viele Fragen schossen durch seinen Geist und verlangten nach einer Antwort. „Ich kann mir vorstellen das du ein wenig verwirrt bist und das dir die Ereignisse der letzten Stunden sehr unwirklich vorgekommen sind. Aber ich verspreche dir, dass sich alles klären wird, wenn du das Betrayal geöffnet hast. Es tut mir Leid das ich dich damit so bedrängen muss Rufus aber als die Banditen bei euch eingefallen sind, hatte ich schon befürchtet das ich dich und das Betrayal verloren hätte. Ich möchte ein solches Risiko kein zweites mal eingehen. Denn wenn du stirbst wird das Buch für immer verschlossen bleiben.“ „Aber wozu?“ „Was meinst du?“ „Naja... selbst wenn das Buch große Macht besitzt... was soll ich damit? Außerdem frage ich mich warum diese Banditen verhindern wollten, dass es geöffnet wird.“ Die Frau in der dunklen Kleidung wiegte ihren Kopf langsam hin und her, so als ob sie überlegte, ob sie Rufus noch mehr verraten sollte. „Ich erkläre es dir wenn du mir versprichst, dass du das Betrayal danach öffnest, einverstanden?“ Der Junge nickte eifrig und rutschte ein Stück näher an Athena heran. Das Buch drückte er fest an seine schmale Brust. „Also.... die Männer gehören zu einer Rebellengruppe die im geheimen agiert. Sie planen den König zu stürzen und die Macht in diesem Land an sich zu reißen. Wenn es nur Banditen wären, bestünde natürlich keine ernsthafte Gefahr aber auch Dämonenbeschwörer, Hexenmeister und korrupte Adlige haben sich dieser Gruppierung angeschlossen und gieren nach dem Thron. Wenn diese Menschen an die Krone gelangen werden sie ein Zeitalter des Terrors, des Krieges und der Zerstörung einläuten und das müssen wir um jeden Preis verhindern. Dein Stiefvater, Sir Váce, ich und noch einige andere waren einst Mitglieder der königlichen Garde und fungieren nun als seine Augen, Ohren und wenn es sein muss auch als sein Schwertarm. Wie dem auch sei... durch unseren Rang haben wir zahlreiche Möglichkeiten an Informationen heranzukommen. Unter anderem auch die, dass du die Person bist, welche das Betrayal öffnen kann. Durch die Macht des Buches wirst du verschiedene Kräfte und Fähigkeiten erlangen. Für uns und für den König ist dabei eine Fähigkeit von ganz besonderer Bedeutung. Du wirst in die Seelen der Menschen blicken können denen du gegenüber stehst. Damit hoffen wir, dass wir zumindest die Adligen unter den Rebellen ausfindig machen können und durch diese dann vielleicht die ganze Gruppierung zersprengen können. Nun kennst du die ganze Geschichte.“ Rufus war eine ganze weile Still und sah das Buch in seinen Armen an. Er musste das gehörte erst einmal in Ruhe verarbeiten. Athena sah ihn dabei geduldig an. Sie drängte nicht, das Rufus sein versprechen endlich einhielt sonder gab ihm die Zeit die er brauchte. Ihm eröffnete sich gerade eine unglaubliche Möglichkeit. Nicht nur das ihm dieses Buch sagenhafte Kräfte geben würde, er hatte auch die Chance für seinen König und sein Land zu kämpfen, wenn auch nur indirekt. Er könnte dadurch zu einem Helden werden! Der letzte Gedanke brannte sich in seinem Verstand ein. Rufus der Held! Vielleicht würde er ja so ein tolles Schwert bekommen wie sein Stiefvater oder so eine Rüstung wie die Gardisten. Er sah sich schon als strahlenden Ritter, von allen geachtet und umjubelt. Als er aus seinem Tagtraum erwachte fühlte er sich ein klein wenig schuldig. Er hatte kein Recht die Macht die ihm das Buch verleihen würde für seinen persönlichen Vorteil zu nutzen. Verlockend war der Gedanke aber schon. Außerdem... was könnte er dafür, wenn ihn die anderen feiern würden? Seine Finger schlossen sich um den ledernen Einband. Jetzt erst fiel ihm das Schloss wieder ein. „Wo ist der Schlüssel?“ Rufus fuhr erschrocken hoch. Er hatte den Schlüssel total vergessen. Befand er sich noch in seiner Kleidung oder hatte er ihn unterwegs verloren? „Du wirst ihn nicht brauchen Rufus. Wenn Betrayal es möchte, öffnet es sich auch ohne den Schlüssel. Ich vermute du hast es beim ersten mal versucht aufzuschließen und zu öffnen und Betrayal hat sich geweigert nicht wahr?“ Der Junge nickte. Er erinnerte sich noch genau wie sich die Linien auf dem Buch verformt hatten und ein „Heute nicht.“ gebildet hatten. „Der Schlüssel befindet sich in deinem Kopf. Du musst es wirklich wollen. Das Buch aufzuschlagen muss dein einziger Gedanke sein. Wenn du dich nicht vollständig darauf konzentrierst, wird sich Betrayal erneut weigern. Dies ist auch der Grund, warum nur du es öffnen kannst und warum dies aus freien Stücken geschehen muss.“ Rufus holte tief Luft und sammelte seine Gedanken. Er wollte das Buch öffnen! Nichts anderes war im Moment von Bedeutung. Seine Fingerspitzen drückten ganz vorsichtig gegen die Enden des Buches und ein leises klacken verkündete, dass das Schloss gerade aufgesprungen war. Nur noch einen Augenblick und das Buch würde sich öffnen. Nur ein einziger Ruck. Ein lautes krachen. Rufus blickte erschrocken auf und hielt das immer noch geschlossene Buch in seinen Händen. Athena stand direkt neben ihm und hielt einen schmalen Dolch in der Hand. Holzteile und Splitter lagen in dem kleinen Raum verteilt und im Rahmen der geborstenen Tür stand ein Mann. Auf dem ledernen Hut hatten sich Regentropfen gesammelt. Die grünen Augen fixierten erst Rufus und das Buch, wanderten dann zu Athena und wieder zurück zu dem Jungen. Rufus Herz blieb fast stehen, als er begriff, dass es sich um den Mann handelte der versuchte hatte ihn zu töten. Seine Augen richteten sich auf das Betrayal. Er durfte keine Zeit mehr verlieren! „Nein lass dieses verfluchte Buch zu Junge! Glaub dieser Hexe kein Wort.“ Das war doch ein Trick! War das ein Trick? Rufus war verwirrt. Warum griff der Mann nicht sofort an, so wie auf dem Speicher als sie sich das erste Mal begegnet waren? „Rufus hör auf ihn.“ Rufus starrte mit offenem Mund in Richtung Türrahmen. Diese Stimme! Das war doch nicht möglich. Schräg hinter dem vermeintlichen Räuber stand sein Stiefvater! Der linke Arm befand sich in einer provisorischen Stütze aus Stoff, um seinen rechten Oberschenkel war ein mit Blut vollgesogenes Tuch gewickelt aber er lebte noch! „Das mit dem Angriff war unser Fehler, wir dachten ihr gehört zu diesen Hexenmeistern.“ Der Mann deutete auf Athena, aus deren Gesicht alle Freundlichkeit und Herzlichkeit gewichen war. „Da Ich kein Risiko eingehen wollten, dachte ich mir: erst zuschlagen und hinterher die Fragen stellen, dass das nicht unbedingt die sinnvollste Vorgehensweise war ist mir mittlerweile auch klar.“ Athena funkelte den Mann böse an, welcher ebenfalls kalt zurückblickte. „Glaub diesem Banditen nur nicht Rufus. Er zwingt deinen Stiefvater zur Kooperation. Er versucht nur dich gegen mich aufzubringen.“ „Das stimmt nicht mein Junge! Diese Frau will dich nur benutzen. Vertrau ihr nur nicht.“ Rufus selbst war hin und hergerissen. Er wusste nicht, was nun wahr und was gelogen war. Der Grünäugige lächelte Rufus unvermittelt an, so als ob ihm etwas eingefallen wäre. „Rufus, ist dir an ihr irgendetwas aufgefallen was dir merkwürdig vorkam?“ Der Braunschopf zwinkerte ein paar Mal. Dann fiel ihm wieder dieses merkwürdige Gespräch während seiner Rettung ein und er nickte. „Sie hat mit einem Raben gesprochen aber ich glaube ich habe mir das nur eingebildet.“ „Nein keineswegs.“ Der Bandit gab ein knappes Zeichen und nur einen Herzschlag später schoss ein Pfeil an seiner linken Schulter vorbei. Athena war bereit auszuweichen aber ihr galt das Geschoss nicht. Die metallene Spitze bohrte sich in den Körper des Vogels, welcher sich innerhalb des ganzen Zeitraumes keinen Millimeter von der Stelle bewegt hatte. An Stelle des erwarteten roten Lebenssaftes strömte Dunkelheit aus dem sterbenden Körper, bis er sich vollkommen aufgelöst hatte. „Diese Schattenkreaturen sind ihre Spitzel und sie gehört auch zu ihnen.“ Athena blickte den Jungen verzweifelt an und sah, wie das Vertrauen ihr gegenüber langsam aus seinen Augen wich. „Da mache ich mir so eine mühe das Vertrauen dieses Balgs zu gewinnen und denke mir extra eine Geschichte aus die DU innerhalb eines verdammten Augenblicks zerstörst!“ Der Junge saß da wie versteinert! Was hätte er da beinahe getan? Was hatte es wirklich mit dem Buch auf sich? Waren das ALLES Lügen gewesen? „Rufus, du darfst das Buch auf keinen Fall öffnen. Betrayal ist eine Art Gefängnis. In ihm sind die Schatten eingesperrt die vor mehreren Jahrzehnten noch unser Königreich tyrannisierten. Dein Urgroßvater war ein mächtiger Magier und konnte sie in dieses Buch bannen und du als einziger leiblicher Nachkomme bist nun der Einzige, der diese Wesen wieder freilassen kann.“ „Wie schön das du uns allen diese glorreiche Geschichte von den Heldentaten dieses alten Idioten erzählst. Wenn er wirklich so mächtig gewesen wäre, hätte er uns vernichtet. Uns lediglich weg zu sperren war ein großer Fehler. Ach und noch etwas mein lieber Asbolos.“ Der Mann mit den grünen Augen sah die Frau fragend an. Seine Hand ruhte auf dem Knauf seines Schwertes, bereit jeden Augenblick die Waffe zu ziehen und anzugreifen. Athena lächelte ihn kalt an. „Das Siegel ist bereits gebrochen! Ich brauche den Jungen also nicht mehr und kann das Buch auch alleine endgültig öffnen!“ Noch während sie sprach stürzte sie nach vorn, auf Rufus zu, die Hände weit ausgestreckt um das Betrayal zu fassen zu kriegen. Indessen zog Asbolos sein Schwert und holte zum Schlag aus. Hosted by Animexx e.V. 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