Vir Tandahal: Die drei Lehren von Angelstar
(Re-Upload / Kapitel 3 ist on!)
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Kapitel 1: Der Graue Wächter
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Kapitel 1: Der Graue Wächter und die Elfin
Seufzend kämmte ich mir mein schwarzes, hüftlanges Haar, fasste es dann
zusammen, um es ab zuteilen und flocht es mir zu einem Zopf, der locker zwischen
meinen Schulterblättern hing.
Ich war so aufgeregt, doch durfte ich mich nicht aus meiner Ruhe bringen lassen!
Heute war meine erste Jagd, in der ich Beweisen konnte, dass ich es wert war
eine Jägerin unseres Clans zu sein, ich musste konzentriert bleiben und meine
überschwänglichen Gefühle unterdrücken, denn ich durfte und wollte mir
keinen Fehler leisten.
Sollte ich das Wild nicht richtig treffen und es könnte fliehen oder gar
leiden, so brachte ich Schande über mich und meiner Familie, dies würde
undenkbare Konsequenzen nach sich ziehen.
Ganz ruhig Lyna, du schaffst das schon, nur keine Panik. Selbst Tamlen hat es
geschafft, da werde ich es doch wohl auch hinkriegen oder nicht? Sprach ich mir
gedanklich Mut zu, was mir nur etwas Linderung des flauen Gefühls in meinem
Magen bescherte. "Lyna bist du fertig?", drang eine glockenhelle Stimme durch
die dünnen Wände des Aravals. "Gleich, einen Moment noch!," erwiderte ich
hektisch und zog mir schnell die leichte Dalish-Rüstung an.
Sie war aus feinem Leder angefertigt worden und war so geschnitten, dass sie
zwar wenig Schutz bot, aber mich nicht in meinen Bewegungen einschränkte.
Zufrieden mit mir, trat ich ins Freie.
Das helle Sonnenlicht blendete mich und ich kniff die Augen zusammen, die
betörenden Düfte von Kräutern und der etwas herbere Geruch der Hallas
strömten vermischt auf mich ein, so das ich etwas benommen wurde, es aber mit
einem leichten Kopfschütteln vertrieb.
Ich liebte es einfach in der freien Natur, ich liebte die einzigartigen
Gerüche, das Gefühl des Windes auf meiner Haut zu spüren, wie er sanft
darüber strich. Das Gefühl von warmer Erde und sattgrünen Gras, dass mich an
den Fußsohlen kitzelte, wenn ich barfuß lief.
Die frische Luft beruhigte mich etwas und blinzelnd öffnete ich die Augen.
"Aneth ara, Lethallan“, wurde ich freundlich begrüßt und spürte sofort,
wie ich in eine warme Umarmung gezogen wurde. Helle, blonde Locken drängte sich
in mein Sichtfeld und der Duft von Vanille stieg mir betörend in die Nase.
Ich liebte Vanille und ich liebte ganz besonders die Person, die sich gerade um
mich warf. "Melle, du erdrückst mich, ich bekomme keine Luft mehr," röchelte
ich gespielt und sie ließ sofort von mir ab. "Ich freue mich dich zu sehen,
ich wollte dir unbedingt noch etwas geben, bevor du losziehst," strahlte sie
mich an und die Spitzen Ohren wackelten leicht.
Ich merkte wie sich meine Nase kräuselte und als ich sah, wie ihre Ohren
wackelten musste ich einfach Lachen, dass tat ich auch. "Du.....Du tust es schon
wieder Mel....hihi......deine Ohren," prustete ich und hielt mir den
schmerzenden Bauch.
Sie blickte mich verständnislos an und fasste sich an ihre Ohren. "Ich weiß,
ich weiß, aber ich kann einfach nicht aufhören," lächelte sie mich
entschuldigend an. "Das sollst du ja auch gar nicht, immerhin wärst du nicht
die Mel, die ich kennen würde, wenn deine Ohren nicht wackeln würden, wenn du
glücklich bist," gestand ich ihr mit einem lieben Lächeln und sah ihr warm in
die braunen Augen.
Ihre Wangen röteten sich leicht und ich merkte wie mir ebenfalls das Blut in
den Kopf stieg. "Ich......ähm- ." "Schon gut, Lyna. Ich bin dir dankbar, dass
es dich nicht stört.
Du warst immer für mich da, wenn ich deswegen geneckt wurde. Erst du hast mir
gezeigt, dass ich mich so akzeptieren muss, wie ich bin und nicht auf andere
hören soll. Vor allem nicht auf Tamlen," grinste sie bei ihrem letzten Satz.
Oh ja Tamlen, er hatte sie immer besonders geärgert. Doch nun? Jetzt warb er um
die kleine, süße Mel, die ihn eiskalt abblitzen ließ. Jedoch machte sie ihm
immer noch Hoffnungen, ließ ihn etwas näher kommen und gab ihm dann eine
Abfuhr. Rache soll ja bekanntlich süß sein, und unser Racheengel Melle war
süß, dass konnte man nicht abstreiten. "Apropos Tamlen, ich habe gehört er
soll mich und die anderen heute begleiten, stimmt das?," fragte ich leise nach
und stemmte die Hände in die Hüften.
Melle blickte sich kurz um, ob Niemand zuhörte und strich sich dann seufzend
durch ihr unbändiges Haar, sie trug es nur Schulterlang.
"Ja. Ich weiß ich hätte es dir vorher sagen müssen, aber sei mir nicht böse
und schau mich bitte nicht so an! Ich habe es erst gestern erfahren und habe es
vergessen. Abelas," entschuldigte sie sich und blickte mich mit großen
Hundeaugen an. Mit einem schweren Seufzer und einem genervten Augenrollen
akzeptierte ich ihre Entschuldigung. "Ich war nur etwas überrascht. Immerhin
hätte ich nicht gedacht, dass ich gegen ihn antreten müsste.
Ich hoffe nur, dass du dir keine Probleme einhandelst, weil du nicht weißt auf
welcher Seite du stehst," ich lies meine Arme schlaff nach unten fallen und
senkte leicht den Kopf. "Mach dir darum mal keine Sorgen. Ich weiß auf welcher
Seite ich stehe und selbst wenn unser braunhaariger, neckender Freund gewinnen
sollte, werde ich immer noch an deiner Seite sein," sagte sie sanft und umfasste
meine Schultern, so das ich den Kopf hob. "Ich danke dir Mel, du kannst dir gar
nicht vorstellen wie sehr."
Sie lächelte leicht. Nach dem Tod meiner Eltern war ich alleine gewesen. Zwar
versuchten sich einige um mich zu kümmern, aber zu der Zeit gab es große
Konflikte mit den Shemlen, denen auch meine Eltern zum Opfer fielen. Melle war
die Tochter unserer damaligen Hüterin und sie war die einzige die meine Leid
verstand und mich aus meiner unsäglichen Trauer raus holte. Durch sie lernte
ich wieder zu lachen, zu leben und die Natur zu lieben. Auch wenn die Shemlen an
dem Tod meiner Eltern schuld waren, hatte ich ihnen verziehen, doch trauen
wollte ich so schnell keinem mehr. Dafür war meine Enttäuschung zu tief, meine
Eltern waren die Ersten gewesen, die es schafften die Hüterin zu überzeugen,
der Kultur der Shemlen etwas näher zu kommen, doch leider kreuzten
Sklavenhändler unseren Weg und......
"Also, ich wollte dir etwas geben. Es ist nicht besonders wertvoll, doch ich war
extra weit weg deswegen. Du erinnerst dich doch noch an meine Reise vor ein paar
Monden oder? Nun ich hab da etwas bei den Shemlen gekauft, sei nicht böse, sieh
es dir erst einmal an, bevor du über mich richtest," unterbrach sie mich
aufgeregt und löste dann mit zittrigen, feingliedrigen Fingern, den Lederbeutel
an ihren Gürtel.
Ich hatte sie fassungslos angestarrt und konnte nicht glauben was sie sagte. Sie
war bei den Shemlen gewesen, wer weiß was die Menschen mit ihr angestellt
hätten, wenn sie den Falschen in die Arme gelaufen wäre! "Mel, bist du von
allen guten Geistern verlassen worden?! Wie konntest du zu den Menschen
gehen?!," schrie ich sie wütend an. "Was wäre passiert, wenn du
Sklavenhändlern oder irgendwelchen Barbaren über den Weg gelaufen wärst.
Wer weiß was sie dir angetan hätten, du weißt wie gefährlich es ist allein
zu reisen!." Einige Dalish drehten sich verwundert um und eine ältere Elfin
tadelte mich mit einem strafenden Blick und erhobenen Finger.
Ich hörte bereits das leise tuscheln der anderen Clanmitglieder, doch war es
mir herzlich egal. Ich war wütend und merkte bereits, wie sich etwas stark um
mein Herz schnürte, wenn ich nur daran dachte, wie Mel am Straßenrand lag,
mit zerrissenen Gewändern und geschundenen Körper.
Wütend ballte ich meine Hände zu Fäusten und schnaubte. "W-Warte bitte.
Die.......Die anderen gucken schon rüber. Bitte Lyna, mach es mir nicht
schwerer. Außerdem war ich bereit dieses Risiko einzugehen. Hier." Das alte
Feuer kehrte in ihren Augen zurück und sie straffte tapfer ihren zierlichen
Körper. Ich musste wohl wie ein wildes Tier oder Drache wirken, wenn ich die
arme, kleine und süße Mel einfach anschrie.
Ich kam mir selbst bescheuert vor, schließlich war nichts Geschehen und ich
sollte lieber ruhige Nerven behalten, damit meine Prüfung reibungslos abliefe.
"Was ist das?," fragte ich nun doch neugierig und nahm den kleinen Beutel an
mich. Ich hatte schon immer Melles zarte Hände mit der weichen Haut bewundert.
Sie waren so warm, im Gegensatz zu meinen, die durch die Sehne meines Bogens an
den Fingerkuppen verhornt waren und an der Handinnenfläche einige Schwielen
durch meine Kurzschwerter trug.
Zittrig öffnete ich den Beutel. Mein Herz raste und meine Nasenflügel bebten
vor Aufregung, ich hatte noch nie etwas von Mel geschenkt bekommen. Schnell
griff ich hinein und fühle etwas großes, hartes mit einer langen Kette. Mit
den Fingerspitzen zog ich es gänzlich heraus.
Erstaunt zog ich die Luft ein und stieß einen überraschenden Pfiff aus. Es
handelte sich bei dem Geschenk um ein ovales Amulett mit einem tief blauen
Stein, welcher in feines Silber eingefasst war. Einige Runen befanden sich in
dem Silber, leider konnte ich sie nicht lesen, geschweige denn erkennen was sie
bedeuteten.
"Ein Amulett?," fragte ich begeistert und konnte kaum den Drang unterdrücken,
ihr um den Hals zu fallen und zu weinen. Es war so wunderschön, das Licht der
Sonne lies es magisch leuchten und ich fragte mich, womit ich nur so eine liebe
Freundin, wie Melle verdient hatte. "Ich......Ich weiß nicht was sich sagen
soll.......-" "Ist es so schlecht?," unterbrach mich Melle panisch und blickte
mich aus aufgeschreckten braunen Augen an. "Nein, nein, es ist nur so, ich habe
noch nie etwas geschenkt bekommen und ich bin so glücklich, dass ich dich habe,
Mel." Ich konnte mich nicht länger zurückhalten und fiel ihr schluchzend um
den Hals. Tief vergrub ich meinen Kopf in ihre Hals beuge und spürte ihre
warmen, kleinen Hände beruhigen über meinen bebenden Rücken streichen.
Ich ließ all meinen Tränen freien lauf. "Die Runen sollen Schutzrunen sein und
dich vor Gefahr schützen. Ich möchte nicht das dir etwas zustößt und ich
denke wir sollten schnell zu meiner Mutter, bevor sie noch wütend wird und
glaub mir, du willst nicht wissen, wie sie dann
tobt," lachte sie fröhlich. Schutzrunen, wiederholte ich gedanklich.
Ahnte Mel schon etwas, was sie mir nicht sagen konnte? Sie hatte einmalige
Fähigkeiten und sah hin und wieder unbeabsichtigt in die Zukunft. Zwar vergaß
sie fiel von dem, was sie sah, aber wenn es um mich ging versuchte sie sich
immer zu erinnern, egal wie sehr sich ihr innere Geist gegen ihr eindringen
verschloss. Doch auch diesmal schien sie nur wenig zu wissen und hoffte in
fremde Magie, die mich schützen sollte.
Ich ließ mich dadurch aber nicht abschrecken. "Danke," flüsterte ich nochmal
leise und band mir das Amulett um den Hals, der kühle Stein verursachte eine
angenehme Gänsehaut auf meinem Körper und ich hätte schwören können, das
ein pulsieren von ihm ausging.
*
Als wir uns zwischen den Aravals durchzwängten, um möglichst schnell zum
Araval unserer Hüterin zu kommen, wünschten mir einige der anderen Elfen
Glück oder klopften mir tröstend auf der Schulter. Als wir bei den Hallas
vorbei kamen, konnte ich kaum meinen Blick von diesen wunderschönen Tieren
abwenden. Ich selbst war schon mal auf einem geritten und hatte sogar eine enge
Bindung mit einem dieser weißen, hirschähnlichen Tiere.
Vielleicht würde Melle sich freuen, wenn sie auf eines reiten dürfte. Ich
konnte sie schon förmlich fröhlich lachend auf dem Halla sitzen sehen. Wie sie
dem Tier liebevoll durch das seidige Fell strich und ihre Augen leuchteten, sie
musste sich dann ebenso glücklich fühlen wie ich. Nur wenige Schritte vom
Gehege der Hallas entfernt befand sich das Araval unserer Hüterin. Tamlen der
mit verschränkten Armen dort stand, wackelte schon ungeduldig mit dem Fuß auf
und ab. Als sein blick mich erfasste, verfinsterte er sich etwas, doch als er
meine Begleiterin sah, konnte ich genau sehen, dass er errötete.
Verstehe einer mal die Männer! "Aneth ara, Dahlen. Ich hatte mich schon gefragt
wo du bleibst und wie ich sehe bist du in der Gesellschaft meiner geliebten
Tochter, da kann ich verstehen warum du erst jetzt erscheinst," lächelte uns
die Hüterin sanft an. "Ich freue mich, dass gleich zwei junge Elfen aus unseren
Clan unter Andrujins Segen, Jäger werden möchten! Eure Aufgabe besteht darin
nördlich von hier einen schwarzen Wolf zu erlegen. Er bedroht schon seit
einiger Zeit unsere Halla und derjenige oder diejenige die ihn erlegt und sein
Fell Andrujin zu Füßen legt und ihr huldigt, wird in den Rang eines Jägers
erhoben. Mögen eure Pfeile schnell und tödlich sein." Mein Herz begann vor
Aufregung schnell zu flattern und ich wollte bereits loslaufen, als Tamlen seine
Stimme erhob. "Hüterin, ich möchte Euch um etwas bitten!," sprach er schnell
und hektisch.
Seine Stimme überschlug sich rasch bei seinen nächsten Worten. "Sprich nur
Dahlen. Was ist es, Was dein Herz belastet?" "Ich," nervös nestelte er an der
Schnalle seiner Rüstung, "Ich möchte um die Hand ihrer Tochter bitten, sollte
ich erfolgreich aus der Jagd hervorgehen!" Erschrocken quiekte Melle auf und mir
ging es nicht besser. "Wenn du den Wolf erlegst, ist dies Andrujins Wille, dann
soll es auch geschehen, Dahlen."
"Aber Mutter, Ihr könnt doch nicht-" "Abelas. Aber so soll es geschehen," sagte
sie ruhig und bedeutete uns nun, dass wir aufbrechen durften. "Lyna, bitte tu
etwas!," flehte Mel mich an.
Sie zitterte leicht und Tränen standen ihr in den Augen, bei ihren Anblick
merkte ich, wie mir ebenfalls meine Augen brannten. "Ich werde den Wolf finden
und erlegen, ich lasse nicht zu, dass diese Hochzeit stattfindet, Mel. Mach dir
keine Sorgen, aber ich muss jetzt aufbrechen.
Tamlen ist schon verschwunden." Sie nickte schniefend und sah mich dankbar an.
"Ich drücke dir die Daumen. Möge Andrujin mit dir sein!"
Endlich war ich wieder frei, auch mit dem beklemmenden Gefühl im Magen, Melle
zu retten. Ich genoss die wilde Natur, das Leben um mich herum und spürte wie
das Leben selbst in mir pulsierte. Federleicht trugen mich meine Schritte gen
Norden, wo bereits der erste Schnee fiel. Eine leichte Gänsehaut bildete sich
auf meinem Körper, als die ersten glitzernden Flocken auf meiner heißen Haut
schmolzen.
Trotzdem konzentrierte ich mich, die Kälte ausblendend, auf jedes noch so
kleinste Geräusch und Geruch in meiner Nähe. Ein bestimmter brachte jedoch
mein Blut zum Aufwallen und mein Herz zum rasen. Es war kein Tier! Das stand
fest, aber was war es dann oder besser Wer? Wer befand sich an so einen
verlassenen und abgeschiedenen Ort? Ich folgte der Spur einer Weile, als ich
näher kam, kletterte ich auf einen Baum und sprang flink von Ast zu Ast,
möglichst darauf bedacht kein Geräusch zu verursachen.
Auf einer Lichtung fand ich dann schließlich was ich suchte. Es war ein Mensch.
Um genauer zu sein ein Mann, er war gut zwei bis drei Köpf größer und besaß
einen sehr dunklen Braunton, so als würde er aus einer sehr warmen Gegend
stammen, wie den Brecilianwald.
Seine schwarzen zu einem Zopf nach hinten gebundenen Haare waren von einigen
grauen Strähnen durchzogen. Sein Gesicht konnte ich nicht genau erkennen.
Ich konnte zwar besser sehen und hören als Menschen, doch er war zu weit
entfernt. Er stand einfach nur da auf der Lichtung und rührte sich nicht. Fast
sah es so aus, als wäre er in Gedanken versunken oder würde in Erinnerungen
schwelgen. Da durchfuhr es mich wie ein Blitz.
Hier hatte unser Clan früher ihr Lager aufgeschlagen, aber wir waren weiter
gewandert. Konnte es sein das der Mann unseren Clan aufsuchte? Mich schauderte
es leicht bei den Gedanken und ich bekam Angst. Was wenn dieser Mann ein
Sklavenhändler oder Bandit war?
Ich drückte mich ängstlich näher an die Rinde des Baumes auf den ich hockte.
Er sah nicht wirklich nach einem Bandit oder Sklavenhändler aus, fiel eher wie
ein stolzer Ritter der schon viele Schlachten geschlagen hatte. Wer war dieser
Mann? Ich zuckte zusammen, als meine empfindlichen Ohren ein Geräusch
wahrnahmen. Es war ein leises, hungriges Knurren und ich versuchte seinen
Ursprung auszumachen.
Angestrengt spähte ich das nahe Unterholz aus und fand schließlich einen
Schatten der sich beinahe lautlos darin bewegte. Bei seinem Anblick erschauderte
ich erneut. Es war ein Wolf, doch besaß er kein Fell mehr das ihn wärmte und
schützte. Seine Haut war fast schwarz und vernarbt, die Augen glühend rot.
Alles was er berührte färbte sich schwarz und das Böse ging von ihm aus.
Das musste das Tier sein, dass die Hüterin meinte, also war ich doch von
Andrujin auserwählt worden! Etwas erleichtert, das ich Melle retten und
vermutlich auch schnell verschwinden konnte, zog ich leise einen Pfeil aus
meinen Köcher und spannte meinen, aus dunklen Holz geschnitzten, Bogen. Meine
Hände waren durch die Kälte klamm und merkwürdig taub, außerdem zitterte ich
am ganzen Körper. Erneut versuchte ich ruhig zu bleiben und wieder holte meine
früheren Worte gedanklich, wie ein Mantra.Ganz ruhig, Lyna.
Du schaffst das schon, nur keine Panik. Versuche dich zu konzentrieren, für
Mel! Der Gedanke an meine Freundin die darauf hoffte, dass ich sie vor diesen
Schicksal, Tamlens Frau zu werden, bewahrte gab mir die Kraft, meinen Arm und
meine Finger ruhig zu halten. Der Wolf blieb stehen, er schien nun ebenfalls den
Shem zu wittern, zumindest hob er seinen hässlichen Kopf. Ich zielte lange,
denn ich wollte sicher gehen, dass ich ihn mit einen Schuss erlegte und später
nicht hinunter klettern müsste um ihm den Gnaden stoß zu geben. Ich verzog den
Bogen etwas und brachte den Pfeil aus seiner Schussbahn, als der Wolf ein
grausigen heulen ausstieß.
Innerlich schrie ich auf, als die Spitze meines Pfeils sich in den Hals des
Tieres bohrte und es gurgelnd umfiel. Sofort sprang ich hinunter, durch den
hohen Sprung, den ich in meiner Panik falsch einschätzte, kam ich falsch auf
und ein brennender Schmerz durchzog mein rechtes Bein.
Tränen schossen mir in die Augen und ich konnte ein Wimmern nicht
unterdrücken. Am liebsten hätte ich laut aufgeschrien, doch ich musste das
Tier so schnell wie möglich töten, bevor der Shem es schaffte mich
aufzuspüren. Er musste den Wolf einfach gehört haben.
Als ich bei den Körper ankam, musste ich zu meinem entsetzen feststellen, dass
das Tier es schaffte aufzustehen und mich bedrohlich anzufunkeln. Dunkles Blut
tropfte zähflüssig aus der Wunde und ich schaffte es nicht meinen Blick von
den den gelben, scharfen Zähnen abzuwenden.
Unaufhörlich tropfte der Geifer aus dem Maul des Monsters. Anders konnte ich es
nicht beschreiben. Ich war wie paralysiert von seinem Anblick, als es auch schon
auf mich zusprang. Durch die Wucht des Sprunges und dem schweren Gewicht wurde
ich mit umgerissen. Sofort zückte ich einen Dolch, den ich in meinen Stiefel
versteckt hatte. Mit meinem Bogen versuchte ich das Maul des Ungetümes weg
zudrücken. So fest ich konnte stieß ich den Dolch in die Brust des Tieres. Die
ruckartigen Bewegungen wurden langsamer, dennoch schaffte es das Tier mich am
Arm zu erwischen. Ich spürte einen brennenden Pein und ein ekelerregendes
Knacken ertönte, als mein Unterarmknochen der Biss-kraft des sterbenden Wolfes
nicht standhielt.
Mark erschütternd hallte mein Schrei durch den Wald, als plötzlich etwas in
meinen Kopf explodierte und sich ein dunkler Schatten über mein Sichtfeld
ausbreitete.
Das letzte was ich wahrnahm war, der Mensch, wie er den toten Wolf von meinem
Körper zog und etwas sagte. Doch seine Worte drangen nicht mehr an mein Gehör
ich war bereits in die schlummernde Schwärze eingetaucht.
*
{Dunkelheit. Sie befand sich überall, diese unerträgliche Schwärze. Kein
Licht, nichts an das ich mich hätte klammern können um diesen Ort zu ertragen.
Außerdem war es kochend heiß, fast dachte ich, ich würde verglühen.
Schwerfällig nahmen meine brennenden und schmerzenden Lungen die heiße Luft
auf. Mein Arm fühlte sich taub an und noch immer konnte ich nichts sehen.
Angst kroch mir die Wirbelsäule hinauf und hielt mein Herz in ihrem eisernen
Griff gefangen. Wo war ich und vor allem wer war ich? Ich konnte mich an nichts
erinnern und doch wusste ich, dass ich nicht hier hin gehörte. Da wurde es mir
Schmerzhaft bewusst. Ich war allein, allein ohne Familie und Freunde. Vielleicht
wurde ich ja an diesen Ort verbannt? Wer weiß was ich für Gräueltaten
begangen haben musste. Ein unerträglicher Schmerz stieg in mir auf, der direkt
aus meiner Seele zu kommen schien.
Ich fasste mir an meiner Brust, an der Stell wo mein Herz unregelmäßig,
flatternd schlug. Tränen brannten mir in die Augen und ich schluchzte leise
auf. Niemand war hier und niemand würde sich um mich kümmern. Ein tiefes
Grollen ging zerriss die Stille und ein ohrenbetäubendes Brüllen ertönte ganz
in meiner Nähe. Ich hörte das Schlagen von gigantischen Flügeln und spürte
einen starken Luftzug. Ich war doch nicht allein! Aber ich bezweifelte stark,
dass das Ding was sich hier befand ein Freund war. Ängstlich kauerte ich mich
auf den Boden zusammen und versuchte ruhig zu bleiben und nicht zu
hyperventilieren. Plötzlich spürte ich einen Druck auf meiner Brust und ich
erschrak als mich ein blaues, schwaches Leuchten umgab.
Neugierig fasste ich das Amulett, dass mir um den Hals hing und das mir bisher
gar nicht aufgefallen war, an. Es pulsierte beruhigend in meiner Hand und sein
Licht beruhigte mich etwas. Ich musste mich in einer Höhle befinden. Der
schwache, bläuliche Schein, erhellte leicht die umliegenden steinernen Wände.
Zumindest sah ich jetzt etwas. Neugierig betrachtete ich meine kleinen Hände.
Die waren wirklich sehr klein und schlank für einen ausgewachsenen Menschen.
Ich war doch ein Mensch, oder? Prüfend befühlte ich meine Ohren und stellte
entsetzt fest, das sie spitz waren! Spitze Ohren?! Ich war eine Elfe und eine
weibliche noch dazu! Gab es etwas schlimmeres, als eine Elfe zu sein? Das würde
mir bestimmt noch einiges an Ärger bescherten.
Ich seufzte enttäuscht, darum würde ich mir später Gedanken machen. Ich
musste jetzt erstmals hier raus und das am besten bevor das große Ding mit den
Flügeln wieder kam! Langsam und teilweise blind kroch ich über den rauen,
warmen Boden. Meine Finger tasteten zittrig jede kleinste Stelle ab und
schmerzten immer mehr, genauso wie meine Knie. Doch ich ignorierte tapfer den
Schmerz und kroch weiter. Das Licht half mir dabei nicht fiel, aber zumindest
fürchtete ich mich nicht mehr so arg.
Irgendwie schaffte ich es dann schließlich aus diesen Raum zu gelangen. Doch
leider schien ich heute einen Pechsträhne zu haben, denn plötzlich befand ich
mich in einer riesigen Lavakammer! Unangenehm und brennend schlug mir die Hitze
des trägen, dickflüssigen Stroms entgegen und ich begann wahrlich auszulaufen.
Der Schweiß rann mir über die Stirn und brannte unangenehm in meinen Augen.
Mühsam richtete ich mich auf und rieb mir vorsichtig über meine geschundenen
Knie, dann blickte ich mich blinzelnd um und erschrak.
Wie versteinert blickte ich auf das riesige Ungetüm vor mir. Es war gigantisch.
Schwarze glatte Schuppen, die im Schein der Lava rötlich schimmerten,
bedeckten seinen Körper. Seine Augen funkelten so grün wie pures Gift und mit
einem zornigen Brüllen spie er schwarzes Feuer. Ein Drache! Ein riesiger,
vermutlich hungriger, Drache! In Andrastes Namen, wie kam ich hierher und vor
allem warum ausgerechnet ich? Das war doch zum Haare raufen und garantiert nicht
mehr lustig! Irgendwie beschlich mich das Gefühl, dass sich jemand einen Scherz
mit mir erlaubte.
Ich stöhnte genervt auf, was sich schnell als Fehler herausstellte.
Nicht unweit von mir entfernt, stand eine kleine Gruppe von äußerst
hässlichen Monster. Ruckartig wanden die Ungeheuer ihre kahlen Köpfe in meine
Richtung, ebenso wie der Drache. Panik kam in mir auf und ich wollte wegrennen,
doch der Anblick der Kreaturen bannte mich zu sehr.
Sie ließen die Knochen, die sie gerade abgenagt hatten fallen und blickten mich
gierig an. Ihre Körper waren klein und sie wirkten auf mich wie kleine,
hässliche, gelbe Zwerge mit eingedötschtem Gesicht. Drohend hoben sie ihre
Schwerter und kamen auf mich zu. Erst jetzt realisierte ich die ganze Situation.
Die Viecher würden mich töten! Hektisch blickte ich mich um, fand aber nichts
womit ich mich hätte verteidigen können. "Verdammt!," fluchte ich laut und
drehte ich um. Ich blickte genau in die giftgrünen Augen des Drachen, als
erneut ein starker Schmerz meinen Körper zog. Ein Pochen breitete sich erst
dumpf, dann immer klarer in meinen Schädel aus. Ich nahm meine Umgebung nur
noch in Watte gepackt war.
Dann wurde ich erneut bewusstlos.}
*
Als ich wieder zu mir kam, spürte ich noch immer die Hitze des Lavastroms und
noch immer verfolgten mich die giftgrünen Augen des Drachen.
Aber ich wusste wieder wer ich war und ich wusste auch, dass das nur ein Traum
gewesen war. Mein Arm brannte höllisch und mein Kopf schmerzte unangenehm. Als
ich vorsichtig meine Lider hob, begann sich alles zu drehen und ich schloss
erneut meine Augen. Ich konnte keinen klaren Gedanken fassen. Plötzlich
erfasste ein Zittern meinen ganzen Körper und mir wurde unerträglich kalt. Ich
murmelte mich noch tiefer in das wärmende Fell, mit dem ich zugedeckt worden
war. Warum war mir so verdammt kalt?
"Ihr seid wieder wach, das ist schön. Vielleicht ist es für Euch noch nicht zu
spät." Erschrocken öffnete ich die Augen und setzt mich ruckartig auf. Ein
Fehler wie sich schnell herausstellte. Plötzlich drehte sich alles und ein
kräftiger Druck lag auf meinen Magen. Ich hatte das Gefühl mich erbrechen zu
müssen, nur mühsam zwang ich mich zurück auf mein Lager. Erst jetzt nahm ich
die Geräusche und den fremden Duft war. Der Wind zerrte unerlässlich an der
Plane des Zeltes in dem ich lag und wirbelte immer wieder Schnee auf, der gegen
die Zeltwand fiel. An der Deckenstange baumelte eine kleine Lampe und
verströmte warmes, orangefarbenes Licht. Ich drehte vorsichtig meinen Kopf in
die Richtung, aus der die Stimme kam. Ein schwarzhaariger Mann mittleren Alters
mit von der Sonne braungebrannter Haut saß zu meiner Rechten. Die dunklen Augen
seines attraktiven Gesichtes ruhten besorgt auf mich und eine steile Falte hatte
sich zwischen seinen Brauen gebildet. "Was....?," krächzte ich mühsam.
Mein Hals brannte, als hätte würde jemand unerlässlich mit Sandpapier in ihm
gegen die dünnen Wände meines Rachens schmirgeln. "Ich habe Euch in mein Zelt
gebracht und Eure Wunden versorgt. Es ist ein Wunder das Ihr noch lebt. Aber
sagt, warum seit Ihr so weit fernab Eures Clans jagen gegangen?," fragte er mit
ruhiger, melodiöser Stimme, die mich sofort in ihren Bann zog. Ich war
fasziniert von seinem Anblick und der Art, wie er mit mir sprach. Als wäre ich
ein ganz normaler Mensch! I
Ich setzte öffnete meinen Mund um ihm zu antworten, schloss ihn dann jedoch.
Sollte ich diesen Shem wirklich erzählen wo mein Clan sein Lager aufgeschlagen
hatte? Konnte ich ihm vertrauen? Immerhin hatte er mich gerettet, so wie es
aussah, aber vielleicht tat er dies auch nur um Informationen zu bekommen. Wut
wallte in mir auf, wie giftiger Nebel legte sie sich um meinen Verstand und
blendete mich.
Entschlossen blickte ich ihm in die dunklen Seelenspiegel. Er erwiderte meinen
Blick nur fragend und schien nicht zu verstehen was meine Reaktion bedeutete.
Mürrisch drehte ich mich zur Seite und zog die Decke über meinen Kopf. Aus mir
würde dieser Shem nichts bekommen.
*
Immer wieder plagten mich fiebrige Albträume, einmal sah ich sogar Melle, wie
sie mit strahlendem Gesicht in den Wald schwebte und sich an die langen Beine
des Drachen schmiegte. Als sie sich zu mir umdrehte, war ihr Gesicht ein
einziger fleischiger, bluttriefender Klumpen, in dem sich Maden und anderes
Getier tummelten. In Sekunden zerfiel ihr schöner Körper und sie streckte ihre
skelettierten Finger nach mir aus. Als sie ihren Mund öffnete, fiel der
Kieferknochen zu Boden.
Schreiend war ich aus diesem Albtraum erwacht und wimmerte unverständliches
Zeug. Mein Arm schmerzte und brannte immer mehr. In all der Zeit kümmerte sich
der Mensch um mich. Er legte mir regelmäßig ein frisches, kühlendes Tuch auf
meine erhitzte Stirn und flößte mir Wasser ein. Anfangs hatte ich mich dagegen
gewehrt. Wie eine Furie hatte ich geschrien und um mich geschlagen.
Ich zerkratzte sein schönes Gesicht und spukte ihn an. Er hatte es mir nicht
übel genommen und irgendwann lag ich nur noch apathisch im Zelt, sah mit
glasigen, stumpfen Augen die Decke des Zeltes an und fragte mich, wann ich
sterben würde. All meine Lebensfreude und Willen war aus mir gewichen, fast
als hätte der Sturm der immer noch wütete, ihn hinfort geweht.
Das schlimmste jedoch war, der Shem schien zu wissen, dass ich starb und das
nicht nur innerlich. Ich hörte bereits die Stimmen meiner Ahnen, im Schatten
verborgen, mich rufen. Sie wisperten mir verlockende Dinge zu und nur zu gern
wäre ich auf ihr Angebot eingegangen. doch etwas hatte mich abgehalten, immer
wieder sah ich es vor meinen Augen, nur ganz flüchtig.
Eines Abends, es war bereits dunkel geworden, betrat der Shem das Zelt. Ich
hing meinen düsteren Gedanken nach und sah bereits den Baum, der auf mein Grab
wuchs. Ich drehte meinen Kopf leicht und beobachtete ihn bei seinem tun. Er
wechselte den Verband um meinem Arm, anfangs hatte sich das Fleisch schwarz
gefärbt, wie die Haut des Wolfes, doch nun war die Bisswunde nur noch gerötet
und mit Flecken in den verschiedensten blau und grün Tönen verfärbt.
"Der Bruch heil gut und das Fieber scheint gesunken zu sein.
Du kannst es schaffen Mädchen! Gib nicht auf, kämpfe dagegen an!," beschwor er
mich und seine Stimme tat meinen Ohren gut. Schon lange hatte er nicht mehr mit
mir gesprochen. Kurz befühlten seine Finger noch meine Stirn, ehe er den Lappen
erneut in einen Eimer Wasser tunkte und ihn mir wieder auflegte. Doch diesmal
verschwand er nicht einfach. Er blieb bei mir sitzen und ich spürte seinen
zärtlichen Blick auf mir ruhen. Mir schoss das Blut in den Kopf und ich
errötete. Mir wurde heiß und plötzlich betrachtete ich den Mann nicht mehr
als Fremden.
Ich spürte die Sehnsucht in meinem Herzen und die ersten Tränen bahnten sich
den Weg über meinen heißen Wangen. Sie brannten in meinen Augen und ich
streckte zittrig meinen gesunden Arm nach den des Mannes aus. Erstaunt und
überrascht blickte er mich an.
"L....Lyna.....Ma-Mahariel.......Clan......südlich.......," krächzte ich mit
rauen Hals und trockenen Lippen. Ich befeuchtete sie mir und versuchte es
erneut, doch meine Kraft reichte nicht mehr aus und ich sackte zusammen.
Der Mann zog mich an sich und hielt mich fest gegen das kühle Metall seiner
glänzenden Rüstung gedrückt. "Sehr erfreut. Mein Name ist Duncan. Ich bin ein
Grauer Wächter," stellte er sich vor und ich schloss seufzend meine Augen. Ich
wollte nach Hause zu meinem Clan, zu Melle.
*
Durch die Entschlossenheit Melle nicht im Stich zu lassen, besserte sich meine
Gesundheit. Mein Fieber sank innerhalb von zwei Tagen, wie Duncan es mir
erzählt hatte. Er war sehr nett zu mir und nur durch seine fürsorgliche und
fast väterliche Pflege überstand ich das Gröbste. Er erklärte mir woran ich
erkrankt war und das ich vermutlich irgendwann sterben musste, da das verderbte
Blut des Wolfes in meiner eigenen Blutbahn gelangt war. Doch ich hatte mich
tapfer geschlagen und das gottlose Gift niedergerungen, so das ich noch lange
genug leben konnte um überhaupt zu wissen und zu verstehen was Leben bedeutet.
Duncan erklärte mir auch worin die Pflicht eines Grauen Wächters bestand und
ich verstand immer mehr warum mir dieser Mensch sofort auf den ersten Blick
anders erschienen war. "Was ist dieser Erzdämon und warum will er alles
verderben?," fragte ich neugierig und stocherte lustlos mit einem langen Stock
in dem Lagerfeuer herum. Duncan hatte mir erlaubt, dass Zelt zu verlassen,
zumindest so lange wie sich mein Zustand nicht verschlechterte, doch ich fühlte
mich bereit wieder stark genug um zu meinem Clan zurück zukehren.
"Der Erzdämon war eine Gottheit, die durch die Dunkle Brut verdorben und
freigelassen wurde. Nun möchte er ganz Thedas mit seinen Schergen verderben und
zerstören. Vielleicht aus Rache an dem Erbauer, vielleicht auch einfach weil
ihn sein unendlicher Hass dazu antreibt alles und jeden zu zerstören,"
antwortete er ruhig und blickte konzentriert in das Feuer. Ich betrachtete
fasziniert das Schattenspiel auf seinem Gesicht. "Also gleicht er einem
tollwütigem Tier? Und du bist hier um neue Wächter zu rekrutieren. Deswegen
möchtest du zu unserem Clan, nicht?," schloss ich übermütig und fragte mich
innerlich ob es Melle gut ging und Wen, Duncan wohl in Aussicht haben könnte.
Ich hatte mir angewöhnt in zu Duzen, zumindest wenn wir allein und ungestört
waren. Er nickte leicht. "Der Wolf, den ich erlegen sollte, er war also
verderbt? So.......wie ich. Aber ich habe überlebt und war stark genug gegen
diesen Fluch anzukämpfen, richtig? Aber ich hätte noch eine Frage.
Wo liegt der Wolf nun? Ich brauche sein Fell oder zumindest seine Haut! Ich muss
Mel retten, sie hofft das ich erfolgreich wiederkehre!" Ich wurde immer lauter
und stand auch auf.
Ich wollte Duncan zwar nicht anschreien, aber ich musste Mel retten. Er schien
meinen plötzlichen Anfall zu entschuldigen und brachte mich mit einer Geste zum
Schweigen.
Gespannt wartete ich auf seine Antwort. "Ich habe bereits ähnliches vermutet
und das 'Fell' oder die Haut, was auch immer, entfernt und gesäubert." Er
deutete auf ein Bündel neben sich und mein Herz begann zu rasen. Hastig
drückte ich das Bündel an mich und prüfte, ob es tatsächlich das Fell war.
Meine Hände zitterten und begannen zu schwitzen, mein Herz explodierte fast und
ich hatte schon angst das meine Brust unter den heftigen Schlägen barst, doch
das tat sie nicht. Es stimmte es war das Fell. "Danke, in Andrastes Namen, ich
danke dir. Ich......Mel ist gerettet," stammelte ich durcheinander. "Wir müssen
sofort aufbrechen, bitte.
Wer weiß, ob es nicht zu spät ist!." Ich fasste das Fell zusammen und zog die
Schnüre fest. Beruhigend legte der Graue Wächter mir eine schwere Hand auf die
Schulter und ich blickte unweigerlich zu ihm auf. "Keine Sorge, dass werden
wir," sagte er jedoch nur und trat zum Zelt hinüber um es abzubauen.
*
Schweigend liefen wir zurück. Eine unangenehme Stille herrschte zwischen uns,
je näher wir meinem Clan kamen. Duncan hatte mir einen langen, wärmenden, aus
festem Stoff gefertigten Umhang geliehen, in dem ich mich Zähneklappern tiefer
kuschelte und den beruhigenden Duft des Shem einsog. Er schaffte es in jeder
Weise mich zu beruhigen und meine Faszination wuchs immer mehr.
Ich wollte mehr über diesen Menschen erfahren, waren alle so? Aber dann würden
meine Eltern noch leben, überlegte ich mürrisch. Ich war bisher noch nie auf
einen Menschen getroffen, deswegen prägte mich unsere Begegnung immer mehr, was
mir in naher Zukunft etwas Ärger und einige Gefährten mehr einbringen sollte.
"Wir sind gleich da," unterbrach ich schließlich das Schweigen und beobachtete
des Wächter aus dem Augenwinkel. Er schien kurz in Gedanken versunken zu sein,
ehe er seine Schultern etwas mehr straffte und für mich immer mehr wie ein Held
aus alten Sagen und Legenden erschien.
Ein leises Rascheln, was nur ich mit meinen empfindlichen Ohren wahr nehmen
konnte, ließ mich aufhorchen. Ich hörte ein leises surren und sofort gingen
bei mir alle Alarmglocken. Hastig ergriff ich Duncans Hand und zerrte ihn mit
mir mit. Gerade noch rechtzeitig wie sich schnell herausstellte. Ein Pfeil
schlug nicht unweit an der Stelle ein, wo er noch vor wenigen Sekunden gestanden
hatte. Augenblicklich zog ich mir die tiefe Kapuze vom Kopf, die mich schön vor
der Kälte geschützt hatte. Innerlich fluchend huschten meine Augen über das
Unterholz. "Warte! Ich bin es Lyna! Tochter der Mahariel! Hört auf zu
schießen!" Tatsächlich schoss niemand mehr auf uns.
Zwei Elfen traten aus dem Schatten eines Baumes.
Ich konnte meinen Augen nicht trauen, als ich sah um wenn es sich dabei
handelte. Tamlen und Melle! Sofort stürzte die blonde Elfin auf mich zu und
sprang mich regelrecht an. Noch nicht ganz bei Kräften, konnte ich dem Schwung
nicht standhalten und fiel mit ihr in den Schnee. Sofort überzog eine
Gänsehaut meinen Körper und meine Zähne klapperten unaufhörlich, doch alles
war vergessen als ich die Tränen der jungen Elfin sah. "Lyna, du lebst! ich
habe dich so vermisst!Wo warst du nur, geht es dir gut?," fragte sie mit
tränenreicher Stimme und drückte sich noch enger an mich, vermutlich um zu
prüfen, ob ich wirklich real war.
"Mel, ich habe dich auch vermisst. Es geht mir wieder gut. Dun-......Dieser Shem
hat mich gerettet. Wegen ihm habe ich überlebt." Mein Blick wanderte zu Duncan,
er lächelte mir entgegen und sofort baute ich ich die Distanz zu dem Wächter
auf, die ich eigentlich besitzen sollte.
Es tat mir weh, Mel nicht sagen zu können, dass die Shemlen ganz anders waren,
als uns die Alten erzählt hatten, doch solange Tamlen bei uns war, traute ich
mich nicht ihr etwas zu erzählen. Er würde vermutlich der Hüterin Bescheid
geben. "W-Wirklich?," fragte sie verblüfft und sah schüchtern zu Duncan.
Sofort rappelte sie sich auf und verbeugte sich leicht vor dem Grauen Wächter.
"Vielen Dank, das Ihr euch um Lyna gekümmert habt." Sie ließ ihr Haupt
gesenkt. "Es war mir ein vergnügen. Egal ob Mensch oder Nicht-Mensch, ich
würde es wieder tun, niemand verdient es einsam und verlassen, seinen Wunden zu
erliegen," erwiderte er mit der ruhigen, mysteriösen Stimme, die mich in seinen
Bann zog.
Ich sah wie Melles Wangen sich hauchzart rosa färbten und konnte mir ein
Schmunzeln nicht verkneifen. "Wie schwer warst du verletzt und bitte lüge mich
nicht an Lyna! Ich war krank vor Sorge!" Kopfschüttelnd klopfte ich mir den
Schnee von meinem Mantel und zuckte seufzend mit den Schultern. Ich wollte es
ihr nicht sagen und ich konnte auch nicht! Als sich die blond haarige Elfin an
Duncan wand, warf ich ihm einen warnenden Blick zu, obgleich ich wusste, dass er
sich dadurch wenig beeindrucken ließ. "Hast du das Fell?!," unterbrach mich
eine tiefe Stimme und verwundert blickte ich zu den braunhaarigen Elf. Den hatte
ich total vergessen! Gut gelaunt verschränkte ich die Arme hinter meinem Kopf
und grinste ihn großmütig an. "Klar, immerhin habe ich es Mel versprochen.
Siehst du, selbst mit schweren Verletzungen und hohem Fieber schlage ich dich
noch immer!," lachte ich frech und sah mit Genugtuung zu, wie sich sein blasses
Gesicht vor Zorn rot färbte. "Du!," zischte er bedrohlich und baute sich vor
mir auf. Ängstlich zupfte Melle an den Stoff meines Mantels. "Übertreibe es
nicht," flüsterte sie mir warnend zu.
"Wir sollten zurückkehren. Immerhin haben wir Lyna jetzt gefunden," sprach sie
nun etwas lauter und zappelte nervös. Ihre Bemühungen die Situationen zu
entschärfen waren vergebens. "Ich denke die junge Dame hat recht. Ihr seid
noch zu geschwächt, als das Ihr zulange auf den Beinen bleiben solltest.
Außerdem würde ich gerne mit Eurer Hüterin sprechen."Ich erkannte den
drohenden Unterton und gab mich seufzend geschlagen, doch als ich das
selbstgefällige Grinsen seitens Tamlen sah, stieg Zorn in mir auf. Wie
schleichendes Gift kroch es in meinen Verstand und versetzte mich in Rage.
Doch Melle die meinen Arm fest umklammerte, ließ meine angespannten Muskeln
wieder entspannen. Meine Hand die ich zur Faust geballt hatte, lockerte sich.
Erst jetzt nahm ich auch wahr, das meine beste Freundin, nur mit einem dünnen
Wollhemd und Hose bekleidet war. "Mel ist dir nicht kalt? Komm her," flüsterte
ich sanft und zog sie unter den Mantel, den ich um uns Beide legte. Da Menschen
etwas größer waren, als wir Elfen und Melle und ich dazu noch Frauen waren,
passten wir locker unter den warmen Stoff. Ich legte meinen gesunden Arm um
Melles Taille und zog sie noch etwas näher an meinen Körper. Unsere Wangen
färbten sich rot und ein peinliches Schweigen herrschte zwischen uns beiden.
Tamlen knurrte wütend als er unsere Zweisamkeit sah und Duncan warf mir nur
einen Blick zu, den ich nicht definieren konnte. Doch ich könnte meinen Bogen
darauf verwetten, dass eine Spur von Traurigkeit in seinem Blick lag. "Man
könnte fast meinen du wärst mit diesem Streuner zusammen, Mel," sagte Tamlen,
der plötzlich neben Melle und mir lief, verächtlich. Ich streckte ihm arrogant
die Zunge raus und genoss seine Reaktion. "Ich...eh...nein, Nenne sie bitte
nicht so! Lyna ist meine beste Freundin und es ist doch schön, wenn sie sich um
mich sorgt, Wobei ich mir eher um sie Gedanken machen müsste," rechtfertigte
sich die Elfin gedankenlos und verfiel ins Schweigen.
*
"So. Ich verstehe. Ich stehe in Eurer Schuld, immerhin habt ihr ein Mitglied
unseres Clans gerettet. Doch sagt, wie kann ich Euch angemessen danken?," fragte
die Hüterin sichtlich verwirrt. Bisher war es eher selten vorgekommen, dass ein
Shem einen Elfen das Leben gerettet hatte. "Nun, ich denke zuerst ist es wichtig
zu erwähnen, dass das Blut der jungen Elfin verdorben ist. Ihr wisst sicher was
das bedeutet," antwortete der Mann wahrheitsgetreu.
Es war eine Schande, dass so eine junge, lebensfrohe Person plötzlich in etwas
hineingerissen wurde, dem sie vielleicht nicht gewachsen war.
Der Graue Wächter hatte sich diesbezüglich schon Gedanken gemacht, nur war die
Frage, ob die Hüterin seine Entscheidung respektieren würde und was die Elfin
dazu sagen würde. "Ja, aber was soll ich tun? Ich möchte sie ungern leiden
sehen und ich denke sie wird auch nicht wollen, dass man sie so sieht. Was meint
Ihr, wäre der beste Weg, den sie einschlagen könnte?"
Verzweifelnd wand sie sich an den Wächter. "Ich könnte sie zu einem Grauen
Wächter machen. So könnte sie versuchen die Dunkle Brut, die auch Euren Clan
bedroht, zu vernichten." Die Elfin nickte verstehend. "Ich werde sie rufen
lassen. Sie soll selbst entscheiden."
*
Bei aller Liebe! Ich mochte Melle wirklich und ich verstand auch ihre Sorge,
aber sie war nicht meine Mutter! Doch schien ihr diese Rolle nur zugute zu
gefallen. Unaufhörlich erkundigte sie sich nach meinen Wohlbefinden und hielt
mir Strafpredigten. Dazu wechselte sie fast alle zehn Minuten den Verband um
meinen gebrochenen Knochen und hielt mir vor, wie leichtsinnig ich gehandelt
hatte.
Das war also der Dank, dass ich sie vor ihrem Schicksal bewahrt hatte. Außerdem
fluchte sie auf ihren Schutztalisman, was mir jedoch ein Grinsen bescherte.
Eisern hielt ich das kleine Amulett umklammert. "Gib es her! Es hat rein gar
nichts bewirkt!" Vergebens versuchte sie es mir zu entreißen und meine Hand zu
öffnen. "Von wegen, du hast ihn mir geschenkt, jetzt kannst du ihn mir nicht
wieder einfach wegnehmen. Das ist nicht fair!," schmollte ich und zog einen
passenden Schmollmund.
"Pah, ich werde ihn umtauschen, der ist kaputt!," versuchte sie mich weiterhin
umzustimmen. "Naja jedenfalls leuchtet er im Dunkeln," lachte ich und drehte
mich zur Seite. Melle beugte sich über mich und zog an meinen Arm, ich leistete
erbitterten Widerstand, doch plötzlich verlor sie das Gleichgewicht und fiel
auf mich drauf, genau auf meinen gebrochenen Arm. Mit tränenden Augen heulte
ich vor Pein auf. Ungerührt nutzte Mel diese Schwäche und entriss mir das
Amulett. Mit einem siegreichen Grinsen ließ sie es vor meinem Gesicht baumeln.
Nur verschwommen nahm ich es war, zu sehr schmerzte der Bruch.
"Das war nicht fair, du hast mir wehgetan," klagte ich jammernd, doch Melle zog
nur die Augenbrauen hoch und machte einen spitzen Mund. "So hab ich das? Und was
ist mit mir? Du warst fast eine ganze Woche verschwunden!," beschwerte sie sich
und verschränkte die Arme vor ihrer Brust.
Ich zuckte nur mit den Schultern, als ein neuer Plan in meinem Kopf Gestalt
annahm. Schnell hatte ich die blonde Elfin unter mir gebracht, erschrocken hatte
sie auf gequiekt. Ich spürte den heißen Atem auf meiner Haut und innerlich
fragte ich mich, ob ich das wirklich tun sollte. Mit großen, ängstlichen,
braunen Rehaugen blickte sie mich an und wurde puterrot. Mit einem fiesen
Grinsen befeuchtete ich meine Lippe.
"W-Was hast du vor?!," ihre Stimme überschlug sich vor Panik.
"Du sollst endlich aufhören mir einen Vortrag zu halten und ich sehe da leider
nur eine Lösung," gab ich unschuldig von mir und legte mich halb auf ihr, als
ich ihr, ihre Hände über den Kopf fest zusammenhielt. Langsam kam ich ihrem
Gesicht näher und spürte ihren aufgeregten Herzschlag, brachte ich sie
wirklich so sehr aus der Ruhe. Ich musste zugeben mein Herz schlug auch etwas
schneller als sonst, aber auch nur weil ich so etwas noch nie gemacht hatte.
"Und was gedenkst du nun zu tun?," fragte sie mich plötzlich herausfordernd,
mit fester Stimme. Oha, Melle war ja gar nicht so unschuldig wie ich dachte, ihr
feuriger Blick sprach Bände. Doch bevor ich alles nochmal überdenken konnte,
hob die Elfin ihren Kopf und verschloss wohlig seufzend meine und ihre Lippen.
Erschrocken wollte ich zurück zucken doch Melle war schneller, sie befreite
ihre Hände und hielt nun mich fest.
So war das alles ganz und gar nicht geplant! Verdammt, innerlich heulte ich vor
Wut und Scham. Ich wollte doch nur mein Amulett zurück! Mehr nicht, okay
vielleicht wollte ich Melle auch etwas aus der Reserve locken, aber niemals
hätte ich es soweit kommen lassen. Ich war nicht in Melle verliebt!
Ich zuckte erneut zusammen, als ich eine vorwitzige Zunge an meiner Lippe
spürte, die mich sanft um einlas bat. Melle hatte die Augen geschlossen und
schien das alles sehr zu genießen, zu meinem Leidwesen! Fieberhaft suchte einen
Ausweg, ich wollte sie nicht verletzen, aber was sollte ich tun.
Ich war echt ne blöde Kuh, warum musste ich auch immer solche Aktionen planen?
Und auch noch durchziehen! Zu bunt wurde es mir jedoch, als ich Melles warme
Hände spürte, wie sie begannen meinen Körper, unter meinem einfachen Hemd, zu
erkunden. Endlich erwachte ich aus der Starre und wich panisch zurück.
Augenblicklich spürte ich eine unerträgliche Hitze meine Wangenknochen hinauf
kriechen und geistesabwesend fuhr ich mir mit einem Finger über die Lippen.
"Das war mein erster........," flüsterte ich in Gedanken versunken, doch Melle
die auf mich zu krabbelte, ließ mich aufschrecken. Waren denn jetzt alle
verrückt geworden.
Eilig stolperte ich aus dem Araval. Ich zog meine Kleidung zurecht und hastete
dann zwischen den Zeltreihen davon. Ich musste erst mal einen klaren Kopf
bekommen. Hieß das jetzt das Melle mich mehr mochte, als Freundinnen sich
eigentlich mochten? Ging es mir verwirrt durch den Kopf, während ich ziellos
durch die Gegend lief. Und wenn ja, sollte ich dann genau so empfinden? Aber
ich tat das nicht und.......Ich lief gegen eine Wand, zumindest kam mir das so
vor. Verwirrt schaute ich auf. "Duncan........?," entfuhr es mir erleichtert und
ich legte eine Hand auf meine Brust um mein flatterndes Herz zu beruhigen.
"Was ist los, Dahlen. Du siehst aus, als wärst du der leibhaftigen Andraste
begegnet," fragte eine sanfte Stimme. "Wie man es nimmt," knurrte ich mürrisch
und erschrak erneut als ich die Stimme erkannte. Ach du heiliger Damenbart, dass
war die Hüterin, Melles Mutter. Ich kam wirklich vom Regen in die Traufe.
"Ich ähm.......Melle und ich hatten nur eine kleine Auseinandersetzung,"
stammelte ich ertappt und fing mir zwei fragende Blicke ein. Verlegen lachte ich
und spürte wie sich meine Wangen rot färbten.
"Es ist ganz gut, das Ihr hier seit. Ich wollte Euch ein Angebot unterbreiten."
Duncan sprach mich als erstes an und ich horchte neugierig auf. "Du bist noch
immer krank, Dahlen und du wirst es auch immer sein, bis dich unsere Ahnen zu
sich holen. Ich möchte dich nicht leiden sehen und ich denke du möchtest auch
nicht, dass wir dich so sehen," warf die Weise ein und ich nickte verstehend,
also würde ich unweigerlich sterben. Na toll, das waren echt klasse
Zukunftsaussichten.
Wer ließ sich so einen Mist einfallen?! "Ich habe Euch ja bereits von den
Grauen Wächtern erzählt und ich denke Ihr wäret ein geeignetes Mitglied. Wir
würden Euch mit offenen Armen empfangen." Überrascht sog ich die Luft ein. Das
hieße aber dann, ich müsste den Clan verlassen, vielleicht sogar für immer.
Was würde dann aus Melle? "Gut ich werde zustimmen und ein Grauer Wächter,
aber ich habe eine Bitte." Ich holte tief Luft. "Ich möchte dann sofort
aufbrechen."
Jetzt war es raus, ich war so ein verdammter Feigling. Ein feiger Hund, der sich
nicht traute sich von den anderen zu verabschieden. "Wenn Ihr es so wünscht,
Dahlen."
Da fiel mir plötzlich sieden heiß ein, dass ich das Amulett vergessen hatte.
Ohne das würde ich garantiert nicht losziehen. Ob Melle noch im Araval saß?
"Ich hole schnell meine Sachen," sagte ich fahrig und huschte dann wieder davon.
Klasse jetzt konnte ich nochmal in die Höhle des liebeshungrigen Elfen.
Zugegeben, das war etwas Gemein, aber ich war gerade echt durcheinander. Melle
und ich waren beste Freunde und garantiert kein Paar, also warum tat sie das
dann?
Vor dem Araval blieb ich keuchend stehen und schnappte nach Luft. Auf in den
Kampf! Mutig schlüpfte ich durch den Eingang. Melle befand sich tatsächlich
noch im Inneren, doch ihr Anblick zerriss mir fast das Herz. Ihr Gesicht war
tränennass und ihr Körper bebte unter ihren heftigen Schluchzen. Ich wollte
etwas sagen, doch traute ich mich nicht. Seufzend setzte ich mich neben ihr.
"Bist du sauer?," fragte ich leise und sah auf meine Hände. Sie antwortete mir
nicht. "Melle, es tut mir leid. ich wollte das nicht," zittrig fuhr ich mir
durch mein offenes Haar," ich werde von hier fort gehen, noch heute." Mehr
konnte ich nicht tun, ich war so ein Esel! Eillig packte ich meine Sachen
zusammen und stopfte sie mitsamt dem Amulett in meinen Rucksack. Als ich das
Zelt verlassen wollte, hielt mich eine Hand auf.
Fragen blickte ich zu Melle. "Wegen mir?," fragte sie ohne aufzublicken. Ich
schüttelte leicht den Kopf. Mit zusammengepressten Zähnen brachte ich hervor:
"Ich werde sterben. Ich gehe mit dem Shem mit." Dann schüttelte ich ihre Hand
ab und trat ins Freie. Nur zu gut hatte ich ihren geschockten Blick gespürt.
"LYNA WARTE!!!!!!," schrie die Blonde aufgebracht und folgte mir, doch ich war
schneller und rannte zurück zu Duncan. "Lasst uns gehen, schnell!"
Ich wusste ,dass das Mel gegenüber nicht gerecht war, aber was hätte ich tun
sollen?
Ich wollte nicht, dass sie leidet, obwohl ich vermutlich das Gegenteil
bezweckte. Doch so schien es besser zu sein. Trotzig hob ich den Kopf, der kalte
Wind fuhr mir durch mein langes Haar, das mich wie ein Schleier umgab. Ich war
bereit für ein Abenteuer!
Kapitel 2: Willkommen in Ostagar!
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Kapitel 2: Willkommen in Ostagar!
Der tiefblaue Stein des Amulettes funkelte, wie ein Diamant im kühlen
Mondlicht. Die Runen, die im Silber eingraviert waren, machten diesen Talisman
noch geheimnisvoller und ich fragte mich, was für mächtige Kräfte ihm wohl
innewohnten. Seufzend drehte ich die feine Kette zwischen Daumen und
Zeigefinger.
Es machte mir Spaß zu sehen wie sich der Stein um seine eigene Achse drehte und
von allen Seiten mit Mondlicht beschienen wurde. Ob Melle an mich dachte?
Schon wieder dachte ich an sie, aber unser Kuss ging mir immer wieder durch den
Kopf.
Ich hatte schon immer davon geträumt, meines ersten Kusses beraubt zu werden,
aber dann, wenn ich am seichten Wasser eines Sees saß und in den Armen meines
strahlenden Helden lag. Er mich mit festen Griff hielt und meinem Gesicht
langsam näher kam, ich seinen süßen, sinnlichen Duft einsog und sich unsere
Lippen sanft und leidenschaftlich vereinten.
Wir würden unsere Umgebung ausblenden und uns immer mehr von unseren Gefühlen
leiten lassen.
Er würde zärtlich mit seiner Zunge über meine Unterlippe fahren und ich
würde ihm Einlass gewähren. Unser unschuldiger Kuss würde immer feuriger und
intensiver werden.
Meine Hände würden sich fest in sein Haar graben und ich würde innerlich vor
Hitze vergehen. Sein warmer Atem der über meine empfindliche, weiche Haut
streifte, würde mich um den Verstand bringen und seine fordernden Hände
würden mich schier in den Wahnsinn treiben.....
Lässig ließ ich einen Fuß von dem dicken Ast baumeln, auf dem ich halb an dem
Stamm des Baumes angelehnt im Mondschein saß. Der kühle Wind tat meinem
erhitzten Gesicht gut und ich verschloss meine nicht ganz jugendfreien Gedanken
hinter eine Tür in meinen Verstand. Diese gab es Haufenweise dort, hinter jede
verbarg sich etwas anderes, Dinge die ich niemanden erzählte.
Ich ging den dunklen Korridor entlang, zu dieser Zeit war dort wenig los und
einige Lichter waren Abgeschaltet worden. Freundlich grüßte ich das Ich, dass
einige Erinnerungen durchsah und löschte, um Platz für Neue zu machen.
Ganz am Ende befand sich eine neue Tür. Sie war aus hellem Holz gefertigt und
duftete herrlich nach Vanille. Ehrfürchtig fuhr ich die Maserung des Holzes
nach.
Dort, hinter dieser Tür war Melle versteckt und das worüber ich mir den Kopf
zerbrach, den Schlüssel hatte ich gut verstaut und die Tür abgeschlossen.
Vielleicht war es besser, wenn ich mich später mit diesem Thema befasste.
Seufzend kehrte ich zurück in die Wirklichkeit. Ich schaffte mir viele solcher
Räume, um meine innere Ruhe zu finden. Es gab einen Raum in den ich mich
zurückziehen konnte, es gab Türen hinter denen meine Stimmungen verborgen
lagen und es gab geheime Zimmer in denen mein Schmerz und Leid lag. Es war ein
komplexes System aus Gängen und Verzweigungen.
Das war meine Art mit allem Fertig zu werden, ob ich meine Illusion aufrecht
erhalten konnte, war eine andere Fragen. Das leise Knistern des Feuers und das
Geräusch von Töpfen, die gegeneinander schlugen, ließen mich aufhorchen.
Grinsend beobachtete ich meinen Begleiter, wie er unser Abendessen zubereitete.
Eigentlich war ich heute dran, doch ich hatte mich ganz still und heimlich auf
meinen Baum verzogen, und da Duncan nicht wusste wo ich wieder steckte, musste
er wohl oder übel allein das Essen zubereiten.
Nicht das ich nicht kochen konnte.
Das konnte ich, zwar nicht so gut, aber ich schaffte es zumindest, die Suppe
nicht explodieren zu lassen, aber das war auch schon fast alles. Der Wächter
schnitt gerade einige Kräuter und wildes Gemüse klein, dass ich gefunden
hatte.
Ja, im finden war ich Weltmeister, was ich schon alles gefunden hatte. Ein
verliebtes Shemlen Paar, was nun ja ein paar interessante Sachen gemacht hat,
einen Stiefel, der auf einem Baum hing und ganz viel anderen Plunder.
Duncan meinte irgendwann ich sei eine Elster, da ich besonders gern glitzernde
Dinge suchte und diese meistens auch behielt. Ich bastelte mir daraus allerlei
Dinge. Ich hatte sogar versucht ein Kleid zu nähen, was aber eher misslang. Wir
waren immer weiter Richtung Süden gewandert und hier war es noch angenehm warm,
so dass ich manchmal auch außerhalb meines Zeltes übernachtete.
Ich liebte die Natur einfach und für mich war unsere Reise nach Ostagar, der
Hochburg der herannahenden Schlacht, schon ein Erlebnis an sich. Zwar unterhielt
ich mich nicht besonders viel mit Duncan, da ich ihm lieber bei seinen
Geschichten von vergangenen Schlachten lauschte, aber ich mochte ihn immer mehr.
Man konnte mit ihm über fast alles reden, na ja über meine momentane
Beziehungskrise hatte ich noch nicht gesprochen.
So recht traute ich mich auch nicht, immerhin war Duncan ein Fremder, den ich
noch nicht so lange kannte. Ein angenehmer Duft, der mir das Wasser im Munde
zusammen laufen ließ, brachte mich zurück. Scheint so, als hätte der Wächter
es doch geschafft, was leckeres zu zaubern. Ich kicherte leise.
Etwas müde richtete ich mich auf und streckte mich genüsslich, dann sprang ich
lautlos hinunter und schlich zum Lager. Der Wächter hatte mich mal mit einer
schwarzen Katze verglichen, wegen meiner langen schwarzen Haare und meinen
katzenhaften, grünen Augen. Außerdem war ich ebenso wie die Katze, Weltmeister
im heranschleichen.
Ha! Da war ich ja schon zweifacher Weltmeister. "Was gibts?," fragte ich frech
und ließ mich auf den Boden plumpsen. "Eintopf," antwortete der Schwarzhaarige
missmutig und ich musste erneut kichern. "Morgen werden wir ankommen, oder? In
Ostagar, meine ich. Werde ich wirklich den König sehen und sind dort wirklich
so viele Menschen??," fragte ich aufgeregt und rutschte unruhig hin und her.
"Ja. Mh. Vielleicht. Natürlich."
Schmollend ließ ich den Kopf hängen, so machte es mir keinen Spaß. "Es tut
mir leid. Ich koche die restliche Reise über. Versprochen," versuchte ich
meinen Mentor aufzumuntern. Duncan seufzte, lächelte mich dann aber freundlich
an. "Einverstanden. Auch wenn du morgen vermutlich nicht mehr kochen brauchst,"
murmelte er leise und reichte mir eine Schüssel. Neugierig schnupperte ich an
dem Eintopf, er roch gut, also würde er doch auch gut schmecken, oder? Brav
löffelte ich meine Portion und beobachtete immer wieder, über den
Schüsselrand hinweg, den Grauen Wächter.
Er sah aus wie jeder andere Mensch, na ja bis auf das er Duncan war und das ich
noch nicht viele Shemlen getroffen hatte. Schweigend saßen wir noch eine Weile
beieinander. "Ich übernehme die Wache," sagte ich, als ich sah wie Duncan sich
erheben wollte. "Bist du sicher? Du hast in den letzten Tagen sehr wenig
geschlafen und solltest dich ausruhen," gab er zu bedenken, doch ich sah ihm
Stur in die Augen und er seufzte ergeben, was er meiner Meinung nach viel zu oft
tat, irgendetwas belastete ihn.
Aber wir haben alle unsere Geheimnisse.
Erbittert leistete ich Widerstand und versuchte mich mit allen möglichen Tricks
wach zu halten.
Ich wollte nicht einschlafen.
Immer wieder plagten mich Albträume, sie hatten sich seit dem Zwischenfall im
Wald angehäuft und wurden immer grausamer. Sie unterschieden sich aber stark
von denen, die mich während meines Fieberwahns heimgesucht hatten. In ihnen kam
nicht der unheimlich Drache vor, sondern meine Eltern, wie sie vor meinen Augen
niedergestochen wurden, das Lager unseres Clans beinahe niedergebrannt wurde und
ich blutverschmiert in den Wald rannte, um mich zu verstecken. Immer wieder
hatte ich diese Albträume, immer wieder das gleiche Szenario und immer wieder
versuchte ich den Traum zu beeinflussen, aber ich schaffte es nie. Diese Art von
Traum plagten mich seit fast zehn Jahren. Bisher hatte ich versucht alles zu
verdrängen, doch im Schlaf holten mich meine Erinnerungen ein. Hätte ich
gewusst, was noch auf mich zukommen würde, wäre ich vermutlich einfach
verschwunden, in dieser Nacht, in der ich allein am Lagerfeuer saß, mit
angezogenen Knien und tränen verschmierten Gesicht.
Wäre ich damals gestorben, hätte ich meine dunkle Zukunft gar nicht erleben
brauchen und vermutlich wäre ich dann auch nie auf diesen Mann getroffen, der
mir etwas Hoffnung gab und mir zeigte, dass nicht alles vergebens war.
*
Erschrocken fuhr ich hoch. Mein Glieder fühlten sich kalt und taub an. ich war
eingeschlafen, erst der Gesang der Vögel hatte mich aufgeweckt. Erschöpft
strich ich mir durch mein langes, schwarzes Haar.
Erst jetzt bemerkte ich das wärmende Fell, welches um mich geschlungen war. Wie
kam es da hin? Hatte ich mich darin noch eingewickelt, bevor ich ins Reich der
Träume abgedriftet war? Nein, das war nicht möglich, die einzige, logische
Erklärung wäre, Duncan hatte es um mich gelegt. Also war er schon wach. Ich
behielt Recht, der Graue Wächter betrat die Lichtung, auf der wir kampiert
hatten. "Habt Ihr gut geschlafen?," fragte er lächelnd.
Ich nickte leicht und musterte aufmerksam sein Gesicht. Dunkle Ringe zeichneten
sich unter seinen Augen ab und ich erkannte leichte Falten um seine Augen. Es
ging ihm schlechter, irgendetwas plagte ihn. Aber was? Ich konnte mir keinen
Reim darauf machen. Doch ich würde sicherlich nicht eher Ruhe geben, bis ich
herausgefunden hatte, was ihn so plagte. Meinem Arm ging es mit jedem Tag
besser, zumindest kam es mir so vor. Die Hüterin hatte mir ein kleines
Fläschen mit einer heilenden, schmerzlindernden Salbe mitgegeben. Gegen frühen
Mittag, lichtete sich der Wald etwas und der Boden stieg an. Es würde nicht
mehr lange dauern und wir würden Ostagar erreichen. "Kann ich überhaupt bei
der kommenden Schlacht mitkämpfen?". fragte ich zerknirscht und deutete mit
einem Nicken auf meinen gebrochenen Arm.
Duncan hob eine Braue an und antwortete mir ruhig: "Einige Magier des Zirkels
der Magi befinden sich in Ostagar, ich denke sie werden deinen Bruch heilen
können.
Somit sollte er dir bald keine Probleme mehr bereiten. Freudestrahlend lächelte
ich ihn an. Das waren wahrlich gute Nachrichten, endlich schien es im wahrsten
Sinne des Wortes bergauf zu gehen. Trotz meiner guten Laune und der immer
heftiger währenden Aufregung, die mich befiel, je näher wir Ostagar kamen,
musste ich doch immer wieder an Melle denken.
Ich war noch nie besonders gut in diesen Zwischenmenschlichen dingen gewesen,
aber mein plötzliches verschwinden war wirklich nicht fair gewesen. ich konnte
nur hoffen, dass sich unsere Wege irgendwann nochmal kreuzen würden. Ein
leichtes pulsieren ging von dem ovalen Stein aus, ich bemerkte es nicht. "Werden
dort auch Griffons sein, Duncan?" Ich hatte schon viel über die geflügelten
Wesen gehört und auch in einigen von Duncans Geschichten kamen sie vor. Ich
konnte mir nichts schöneres vorstellen, als auf den Rücken eines solchen
Tieres zu sitzen und durch die Lüfte zu gleiten. Das musste einfach
atemberaubend sein.
"Nein, leider nicht. Griffons sind schon vor hunderten von Jahren ausgestorben,"
antwortete er mir mit gesenktem Blick und verfiel wieder ins Schweigen. Ich
verzog die Mundwinkel. "Schade." Wir verfielen erneut ins Schweigen, jedoch
brannte es diesmal nicht unangenehm zwischen uns, ganz im Gegenteil, ich genoss
die Ruhe und hing meinen Gedanken nach.
Das tat ich immer öfters, auch wenn ich keine Lösung für mein momentanes
Problem fand. "Seht nur." Der Wächter deutete plötzlich in die Ferne und ich
beschloss meine Gedanken erst einmal beiseite zu schieben, ich konnte mich
schließlich auch noch später damit befassen, oder?
*
Strahlend weiß und ebenso erhaben wie ein königlicher Palast, ragte Ostagars
Ruinen zwischen den felsigen Klüften empor und verschlug mir den Atem. Auch
wenn die ehemalige Festung zerfallen war und nur noch einen kleinen Teil ihrer
einstigen Schönheit preisgab, konnte man erahnen welche Wirkung sie früher auf
Reisende ausgeübt haben musste. Viele der Rundbögen befanden sich noch in
einem tadellosen Zustand und auch der, aus hellen grauen Stein, gepflasterte
Weg, war fast makellos.
Wir schritten durch das großzügig geschnittene Tor das in eine enge Passage
führte und schließlich in eine lange, schmale Brücke endete. Dahinter
erkannte ich bereits einige Zelte und auch Shemlen, wie sie eilig hin und her
huschten. Mit vor Begeisterung offen stehenden Mund, schaute ich mich um. Der
klare, blaue Himmel war zum Greifen nah und der weiße Stein der Festung
schimmerte magisch im Licht der Sonne.
Sattgrüne Ranken umschlangen die Mauern sanft und die feinen Risse gaben dem
Mauerwerk etwas nostalgisches. Noch nie zuvor hatte ich ein vergleichbares
Bauwerk sehen dürfen. Ostagar war ganz anders, wie ich es mir vorgestellt
hatte, es war um ein vielfaches atemberaubender. Konnten Menschen wirklich so
etwas bauen?
Duncan befreite mich aus meinem haltlosen Staunen, als er mich leicht an der
Schulter rüttelte und meine Aufmerksamkeit auf etwas anderes lenkte. Eine
Dreiergruppe von Menschen kam auf uns zu, etwas nervös nestelte ich an dem
Ärmel meines Reiseumhanges. Einer der Männer stach mir ganz besonders ins
Auge, er trug eine goldene Rüstung mit diversen Verzierungen, wie ich sie noch
nie zuvor gesehen hatte. Wer war dieser Mann. "Ah Duncan Ihr seit
zurückgekehrt," begann der Mann in der Rüstung, die Beiden hinteren blieben in
einiger Entfernung stehen, es waren Wachen. "Und wie ich sehe, war Eure Suche
erfolgreich. Ist das Eure neue Rekrutin?," fragte er und mustere mich mit hellen
Augen. Ich spürte, wie ich unter seinem blick etwas in mir zusammen sank.
"König Cailan. Ja das ist sie." Ich wurde bleich, jeglicher Mut schwand aus mir
und Schwindel ergriff mich. Das war der König?!
Der König der Menschen?! Bei Andrastes heiligen Damenbart, dass konnte doch
nicht wahr sein! Dieser Mann war vielleicht mal ein paar Jahre älter als ich
und schien auch ziemlich naiv zu sein, aber er war der König!
"Lasst mich Euch Willkommen heißen, meine Liebe," begrüßte er mich freundlich
und schenkte mir ein charmantes Lächeln.
Hilfesuchend blickte ich zu Duncan. "Vielen Dank Euer Majestät," antwortete ich
eingeschüchtert und scharrte nervös mit dem Fuß auf den Boden. "Ihr seit eine
Dalish oder? Es muss herrlich frei umherziehen zu können." Ich biss mir auf die
Lippen. Wusste der König etwas nicht warum wir das taten und wie gefährlich
wir dadurch lebten.
Mit gesenktem Haupt antwortete ich: "Ja, das ist es. Doch leider ist es auch
nicht leicht für uns, wir werden nicht gerade mit offenen Armen von den
Menschen empfangen." Wütend ballte ich die Hände zu Fäusten, Tränen brannten
mir in den Augen.
Es war wirklich nicht einfach für uns. Wenn ich an meine Eltern dachte, die
für eine Verständigung zwischen unseren Völkern gekämpft hatten und dieser
zum Opfer gefallen waren... Erschrocken zuckte ich zusammen, als plötzlich eine
schwere Hand auf meiner Schulter lastete. "Es tut mir leid, was Euch widerfahren
ist. Ich denke wir sollten uns später im Lager nochmal darüber unterhalten."
Ich nickte geistesgegenwärtig und blickte ihn dann erstaunt in den Augen. Erst
wollte ich zurück weichen, doch seine Hand die noch immer auf meiner Schulter
lag, hinderte mich daran.
Sein Blick war so voller Zärtlichkeit und ich hatte das gefüllt das er
zumindest einen kleinen Teil meines Schmerzes verstand. Schwer atmete ich ein
und aus, als er sich von mir abwandte und ein Gespräch mit Duncan begann,
welches ich mit halbem Gehör lauschte. Es klang wirklich so, als würden wir
die Schlacht gewinnen.
"Bisher haben wir noch keine Spur von dem Erzdämon und so langsam bezweifele
ich das es sich um eine echte Verderbnis handelt." Erzdämon? Das war dieser
Drache den ich in meinem Fieberalptraum gesehen hatte. Gegen dieses Ungetüm
mussten wir kämpfen? Das war doch beinahe ein Ding der Unmöglichkeit. Der
König verabschiedete sich höflich von uns, aus den Gesprächsfetzen entnahm
ich, das er noch zu einer Besprechung mit einem gewissen Loghain musste.
"Es hört sich fast so an, als hätten wir die Schlacht schon gewonnen. Ich
wusste nicht das es so gut läuft." Wir schritten zu der Brücke. "Es gab zwar
bisher noch keine "Anzeichen" das der Erzdämon erschienen ist. Doch ich bin mir
sicher das es sich um eine Verderbnis handelt." Fragend sah ich zu ihm auf.
"Also meint Ihr der König ist zu übereifrig und nimmt die Situation zu schnell
auf die leichte Schulter?" Der Graue Wächter nickte, plötzlich blieb er
stehen. "Wir sind da. Ihr solltet Euch nun ausruhen und das Lager erkunden.
Falls Ihr einen Grauen Wächter namens Alistair trefft, so schickt ihn bitte zu
mir." Er wandte sich zum Gehen. Unschlüssig blickte ich mich um. Was sollte ich
nun zuerst machen? Mir was zu Essen beschaffen und einen Schlafplatz für die
Nacht organisieren oder auf Erkundungstour gehen? Ich beschloss letzteres zu
tun.
*
Neugierig blieb ich stehen, das helle Licht das die Zauber der Magier
verursachten, hatte mich angelockt. Es waren überwiegend Menschen gewesen, doch
ich konnte auch einige Elfen unter ihnen aus machen. Das hatte mich zuerst sehr
verwundert und ich dachte schon, sie wären Sklaven, doch als ich sah, dass sie
ebenfalls Magier Roben trugen und zauberten, musste ich leicht Lächeln. Also
machten die Magier keinen großen Unterschied zwischen Elf und Nicht-Elf. Leise
summend ging ich weiter.
Eine Priesterin predigte und ihre wallenden Worte begleiteten mich auf meinen
Weg, weiter durchs Lager. An zwei Reich verzierten Zelten blieb ich stehen. Ich
hatte bereits gesehen das die Shemlen viel Wert auf Prunk und Reichtum legten,a
aber das sie selbst ihre Zelte so ausstaffierten, war für mich wieder ein Ding
der Unmöglichkeit. Etwas neidisch betrachtete ich die beiden Unterkünfte. Das
eine Zelt musste dem König gehören, ich erkannte eine Wache wieder, aber bei
dem anderen war ich überfragt. Seufzend zog ich weiter, misstrauisch von den
wachen beäugt. Immer wieder wurde ich von Soldaten und Elfen angerempelt die
durch das ganze Lager wuselten. Bei den Zelten für die Soldaten blieb ich
stehen. Kehliges Lachen drang an mein Ohr und die verschiedensten Gerüche und
Eindrücke strömten auf mich ein. Es war wirklich Laut hier. Ich kletterte in
ein Zelt, welches etwas abseits stand und noch unbewohnt schien. Es befanden
sich keine persönlichen Gegenstände darin, und die Decke war ordentlich
zusammengefaltet worden.
Vorsichtig setzte ich meine Tasche ab und räumte meine wenigen Sachen aus. Ich
versuchte mich möglichst vorsichtig zu bewegen und meinen gebrochenen Arm nicht
zu belasten, er schmerzte wieder. Viel hatte ich nicht mitgenommen. Frische
Wechselkleidung, meine Dalish-Rüstung, einen Bogen und einen Köcher mit meinen
Pfeilen, meine fein gekrümmten Dolche und diverse Tränke, Salben und Gifte
befanden sich in meinem Gepäck. Ich verstaute meinen Rucksack in einer Ecke des
Zeltes und griff dann nach meinem Bogen. Sollte ich ihn mitnehmen?
Schulterzuckend legte ich ihn zurück auf mein Lager. Die Dolche sollten
ausreichen. Vorsichtig löste ich den Verband und betrachtete meinen Arm. Er war
angeschwollen und noch immer grünlich/blau verfärbt. Die Salbe die ich nun
wieder darauf strich, beschleunigte zwar den Heilungsprozess und linderte die
Schmerzen, doch war die Macht des Fluches sehr stark und auch die Bisswunde
heilte mehr schlecht als recht.
Ich seufzte leise, vielleicht sollte ich doch die Magier um Hilfe bitten.
Notdürftig legte ich mir einen frischen verband an, das war schwerer als
gedacht! Zufrieden mit meinem Werk, trat ich ins Freie.
*
Unsicher sah ich mich um, es wahr nicht schwer gewesen, zu dem Lager des Zirkels
der Magi zurückzufinden, doch ich traute mich nicht einen der herum wuselnden
Magier anzusprechen. Sie machten einen sehr beschäftigten Eindruck auf mich und
beachteten mich gar nicht. schon mehrmals war ich von einigen Mitgliedern des
Zirkels umgerannt worden. Etwas hilflos blickte ich mich um. Ich hatte schon
viel über die Magier gehört. Ihre Magie war ebenso ein Segen, wie ein Fluch.
Dämonen konnten Besitz von ihren Körpern nehmen und sie in schreckliche,
monströse wessen verwandeln. mich schauderte es. Dann gab es da noch die
Maleficar, Blutmagier, die mit Hilfe des Blutes, mächtige, unbeschreibliche
Zauber vollbringen konnten und ebenso faszinierend, wie gefährlich waren. Das
Leben eines Magiers war, wie in einem goldenen Käfig eingesperrt zu sein. Sie
wurden regelrecht eingepfercht, in ihrem Turm, und von den Templern beobachtet.
Eine falsche Bewegung und sie töteten dich. Trotzdem faszinierte mich Magie
seit jeher. Ich war Magie unbegabt und trotzdem fragte ich mich, wie es wohl
sein würde, mächtige Höllenfeuer und Schneestürme herbei zu rufen,
Verletzungen zu heilen und die Gestalt zu wandeln. Es musste einfach herrlich
sein, über diese Fähigkeiten zu verfügen, auch wenn man diese Gefangenschaft
in Kauf nehmen musste. Für mich zählten Magier zu den mächtigsten Geschöpfen
des Planeten, wenn sie wollten könnten sie die Ketten, die sie kontrollierten
und banden, zerschmettern und doch taten sie das nicht. Ich seufzte leise. Ich
sollte mir lieber mehr Gedanken um meine jetzige Situation machen, meine
Bewunderung half mir nicht wirklich, einen der Magier anzusprechen. Mit
hängenden Schultern schlenderte ich weiter.
Ein dunkelhäutiger Mensch kam mir entgegen, er hatte eine grimmige Mine
aufgesetzt. Seine goldene Robe und der reich verzierte Stab, wiesen darauf hin,
dass er ein höheres Amt bekleidete, als die anderen Magier, die mir bisher
über den Weg gelaufen waren. Ich eilte zu ihm. "Entschuldigt, das ich Euch
behellige, aber könntet Ihr mir vielleicht helfen?," fragte ich hoffnungsvoll.
Er musterte mich kurz abfällig, ich schrumpfte unter seinem Blick zusammen. Er
zog eine Augenbraue hoch, als er meinen Verband sah. "Dafür habe ich keine
Zeit, Elf! Geht zu einem Heiler und belästigt mich nicht weiter!" Erschrocken
weitete ich meine Augen. "He, ich habe Euch ganz normal gefragt, kein Grund
unfreundlich zu werden!," murrte ich, doch der Magister eilte bereits fluchend
weiter. Verdammt, so langsam begann ich die Shem zu hassen! Warum waren sie
immer zu uns Elfen so unfreundlich? Wir waren doch ebenso, wie sie am Leben, wir
waren gleich gestellt was das betraf und trotzdem behandelten sie uns, wie
Abschaum!
Erschrocken zuckte ich zusammen, als sich plötzlich eine warme Hand auf meine
Schulter legte. "Vielleicht kann ich Euch helfen." Ich drehte mich zu der Person
um. Es war eine ältere Magierin, mit schlohweißem Haar und warmen, gütigem
Blick. "Danke das wäre sehr nett von Euch," lächelte ich freudig und seufzte
innerlich, erleichtert auf.
Endlich würden meine Wunden versorgt werden. Wynne, so stellte sich die
Heilerin mir vor, bat mich in ihr Zelt. "Am Besten, Ihr entkleidet Euren
Oberkörper, damit ich sehen kann ob noch weitere Verletzungen vorhanden sind."
Brav gehorchte ich und zog das Oberteil meine Dalish-Rüstung aus. Vorsichtig
tastete Wynne meine Rippen ab. Die blauen Flecken, die meinen Oberkörper
zierten, waren mir bisher gar nicht aufgefallen. "Es sind nur ein paar
Prellungen, nichts Beunruhigendes. Keine Sorge, mein Kind," beruhigte sie mich
als sie kurz von mir abließ. "Ihr seit sehr freundlich zu mir. Ich bin Euch
wirklich Dankbar." Sie schaute kurz zu mir auf. "Ihr seit verletzt, da ist es
selbstverständlich, dass ich Euch versuche zu helfen. Ihr seit Duncans neue
Rekrutin oder?" Sie löste den Verband und hob meinen Arm leicht an, zischend
atmete ich ein, als ein stechender Schmerz, vom Arm ausgehend, bis in meine
Schulter drang. "Ja. Duncan hatte mich gerettet und sich um mich gekümmert. Er
riet mir auch, einen Heiler aufzusuchen," antwortete ich ihr und beobachtete
neugierig wie sie eine Hand über den Bruch legte. Mein Arm und ihre Hand waren
plötzlich in gleißendes Licht gehüllt und eine angenehme Wärme stieg in mir
auf. Wynne verzog leicht das Gesicht, als die Heilung an ihren Mana Reserven
nagte. "Alles in Ordnung?" Besorgt musterte ich sie, doch sie winkte ab.
"Ich bin nur etwas müde. Ich habe den halben Tag im Nichts verbracht," murmelte
die Magierin leise und ließ sich zurück sinken. Erstaunt betrachtete ich
meinen Arm. Die Verfärbungen waren verschwunden und ich konnte ihn auch
schmerzfrei bewegen. Jetzt konnte ich wenigstens wieder kämpfen! Jedoch war
meine Neugierde geweckt. Ich hatte schon einiges vom Nichts gehört, doch nun
hatte ich die Gelegenheit mich mit einer echten Magierin zu unterhalten! "Das
Nichts?," fragte ich aufgeregt und zog mir mein Oberteil wieder an. "Ja, der Ort
an den wir verweilen, wenn wir träumen. Wir erhoffen uns Unterstützung von den
Geistern im Nichts, für den bevorstehenden Kampf." "Ist das nicht gefährlich?
Dort gibt es doch auch Dämonen, was passiert wenn sie die Chance nutzen und
Besitz von Euch nehmen?" Sie sah mir kurz in die Augen und plötzlich sah ich in
ihr die erschöpfte, alte Frau in ihr. Doch ich sollte mich gehörig täuschen.
" Keine Sorge, wir alle sind geübte Magier und es ist nicht das erste Mal, dass
wir ins Nichts gehen!" Sie lachte leise, als sie meinen zweifelnden Blick sah.
"Macht Euch keine Sorgen um mich. Sorgt Euch lieber um Eure Prüfung. Man wird
viel von Euch verlangen." Da hatte sie recht, ich wusste ja noch gar nicht, was
Duncan von mir verlangen würde! Und außerdem war ich auf die anderen Rekruten
gespannt.
*
Es dämmerte bereits, als ich mich auf den Weg zum Lager der Soldaten machte.
Wynne war wirklich sehr nett zu mir gewesen, sie schien sich auch sehr über
mein Interesse an der Magie zu freuen. wir hatten uns noch lange unterhalten. Im
Lager war es jetzt laut geworden, noch lauter als am Mittag. Fast die Hälfte
der Soldaten, des Lagers, waren bereits dabei ihre Ration des Abendessen zu
verschlingen. Fremde Gerüche schlugen auf mich ein und berauschten mich. Ich
war gespannt, wie die Nahrung der Menschen aussah. Ob sie das gleiche aßen wie
wir? Oder hatten unsere Völker ganz unterschiedliche Arten der Nahrung?
"He, du da!" Ob ich noch einen Platz an einem der zahlreichen Tischen ergattern
konnte? "Elfendirne bleib stehen!" Grob wurde ich bei den Schultern gepackt und
nach hinten gerissen. Vor Schreck schrie ich auf. Ich landete auf den Schoß
eines Soldaten, er grinste mich an. Sein strohblondes Haar war fransig
geschnitten und seine Haut stark gebräunt. "Seht ihr Jungs, so macht man das!
Wenn die Dirne nicht hört, schnappt man sie einfach!" Grölendes Gelächter
drang an meine Ohren und der Körper auf dem ich, mehr lag, als saß, bebte
unter mir. Ich erholte mich rasch von meinem Schock und versuchte mich aus dem
eisernen Griff des Blonden zu lösen. "Was ist? Willst du etwas schon wieder
gehen?," raunte mir eine dunkle Stimme ins Ohr und mir wurde schlecht. Wütend
funkelte ich den Schrank an! Zumindest wirkte der Kerl auf mich, wie ein
riesiger Schrank. "Lass mich los, elender Shem!," zischte ich wütend und schlug
um mich. Gekonnt fing der Shem meine Faust ein und hielt sie fest, ebenso wie
meine andere Hand. Fluchend versuchte ich nun ihn zu treten, doch ich traf ihn
einfach nicht. Das war in meiner Position unmöglich. "Du hast Temperament,
Kleines. Das gefällt mir!"
Ich war wirklich versucht zu kotzen. Ich versuchte erst gar nicht, zu verstehen
was die Soldaten um uns herum schrien und brüllten. Ich wollte nur noch weg.
Ich biss mir ein Lippen und unterdrückte ein Schluchzen, als ich etwas feuchtes
an meinem Hals spürte. Verdammt! Denk nach, was kann ich tun?! Angestrengt
überlegte ich, doch da kam mir der Zufall zur Hilfe. Der Soldat versuchte mich
weiter auf sich zu ziehen und lockerte kurz seinen Griff. Ich nutzte die
Gelegenheit und kippte nach vorne. Gewand befreite ich meine Hände, griff ohne
nachzudenken in meinen Stiefel, zückte den Dolch und rammte ihn in den
Oberschenkel des Shems. Just in dem Moment, wo mich der Soldat gänzlich
losließ und vor Pein aufschrie, floh ich. Blitzschnell war ich von dem Mann
heruntergesprungen und rannte mit tränenverschwommener Sicht in irgendeine
Richtung.
Ich rannte bis meine Lunge brannten und mein Brustkorb schmerzte. Nur dumpf nahm
ich das Geschehen um mich herum wahr. Irgendwann hatte ich zurück geblickt, der
Shem verfolgte mich humpelnd. War ich so langsam? Oder war der Mann ein noch
geübterer Läufer als ich? Ich legte noch einen Zahn zu und lief die Zeltreihen
entlang, vielleicht konnte ich ihn irgendwo abhängen. Vor mir waren die Reste
eines Torbogens, ich bog in den Weg ein und versteckte mich direkt am Eingang.
Hoffentlich funktionierte mein Plan. Ganz nah, drückte ich mich an den kalten,
harten Stein. Mein Atem ging rasselnd und ich hatte das Gefühl als würden sich
Tausende Nadeln in meine Lungen bohren. Von dem Soldaten war kein Spur. Hatte er
aufgegeben? Ich versuchte um die Eck e zu blicken, doch war keine Spur von ihm.
Erleichtert seufzte ich auf, ich hatte ihn abgehängt! Ich musste leise Lachen,
tja, so einfach war ich nicht zu fangen! Da sollten sich die Shem auf was
gefasst machen! Die Schmerzen der Wunde mussten unerträglich sein, vermutlich
würde man sie nähen müssen.
Schadensfreude machte sich in mir breit, dass würde sich bestimmt
herumsprechen. Ein gestandener Soldat wurde von einem schwachen, kleinen
Elfenmädchen verletzt. Genugtuung machte sich in mir breit und beflügelte
mich. So schnell würde der Shem diese Schmerzen nicht vergessen! Plötzlich
wurde ich hart an der Schulter gegriffen und umgedreht. Schnaufend stand der
Soldat vor mir, dass Haar fiel ihm zerzaust ins Gesicht und er war ganz
verschwitzt. Seine Augen funkelten mich hasserfüllt an. Seine andere Hand
wanderte zu meiner Kehle und er presste mich hart gegen die Steinwand. Er hob
mich an, als würde ich nichts wiegen. Sein Griff verstärkte sich und mir wurde
die Luft abgeschnürt. Purer Hass und Mordlust waren in seinem Blick zu lesen.
Panisch wurde mir bewusst in welcher Lage ich mich befand. Ich strampelte wild
mit den Beinen und versuchte mich mit meinen Händen, an seinem Arm ab zu
stützen. Es funktionierte nicht.
Tränen brannten mir in die Augen und ich versuchte um Hilfe zu schreien, doch
nichts als ein heiseres Keuchen entfuhr meinen Lippen. Er hatte mich in der
Gewalt und er würde mich umbringen, diese Erkenntnis traf mich wie einen Schlag
und ließ etwas in mir aussetzten. Ich gab meine ganze Gegenwehr auf. Sollte er
mich doch umbringen, so würde ich wenigstens zu meinen Eltern zurückkehren.
*Gibst du so leicht auf?* fragte mich eine helle Stimme in meinem Inneren. Vor
Schmerz kniff ich die Augen zusammen. *Wer bist du?* Fragte ich die Stimme
gedanklich. Meine Lungen begannen zu protestieren, zu gern hätte ich jetzt die
kostbare Luft eingeatmet, doch es ging nicht, nicht das ich es versuchte, aber
der Druck auf meinem Kehlkopf und Hals verhinderte es, nur noch ein paar
Sekunden und ich würde bewusstlos werden. *Eine Freundin. Ich werde dir helfen,
bleib am Leben!*
Die Stimme war verstummt und ich spürte, wie sich etwas aus meinen Gedanken
entfernte. Vermutlich fantasierte ich schon. Es wurde schwarz vor meinem Augen
und sämtliche Muskeln meines Körpers erschlafften. Aus und vorbei, jetzt
würde ich sterben. Doch warum fühlte ich noch etwas und vor allem, wieso
konnte ich noch denken. Schmerz, etwas brannte auf meiner Brust. Es tat so weh,
benommen öffnete ich die Augen und blinzelte, der Griff um meinen Hals hatte
sich gelöst, ich war auf den Boden zusammengesackt. Eine warme, langfingrige
Hand hob mein Kinn an und ich blickte in blaue Saphire, zumindest kam es mir so
vor. "Sie ist wieder bei Bewusstsein," stellte eine besorgte Männerstimme fest.
"Natürlich ist sie das, ich hab ihr verboten zu sterben," antwortete eine helle
Frauenstimme schnippisch. Dann nahm ich alles nur noch dumpf war und fiel in
eine erholende Schwärze.
Kapitel 3: Die Kocari Wildnis und ihre Tücken
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Kapitel 3: Die Kocari Wildnis und ihre Tücken
Träge öffnete ich meine Augen und sogleich entfuhr mir ein schmerzerfülltes
Stöhnen. Vor meinen Augen begann alles zu verschwimmen und ein stechender
Schmerz raste durch meinen Kopf. Fraß sich in meine Schläfen und verursachte
eine beklemmende Übelkeit. Ich fasste mir an meinen Schädel und fuhr durch
mein strähniges Haar, jeder versuch einen Gedanken zu formen, ließ es weiß
vor meinen Augen aufblitzen und der Schmerz verstärkte sich bis ins
unermessliche.
Mit geschlossenen Augen wartete ich bin die Schmerzwellen abebbten und wagte
einen erneuten Versuch. Dieses Mal schaffte ich es sogar meinen Oberkörper
aufzurichten. Der Schmerz ließ etwas nach, nur ein beständiges, dumpfes Pochen
blieb zurück. Ich stützte mich auf den harten Zeltboden ab und sah mich um.
Wie war ich in meinem Zelt gekommen? Ich wollte doch das Lager erkunden, oder
nicht? Ich versuchte mich jetzt, da die Schmerzen nicht mehr so stark waren
zurück zu erinnern, doch erneut verstärkte sich der Druck und ich gab es auf.
vermutlich sollte ich es zu einem späteren Zeitpunkt nochmal versuchen. Ein
wärmende Felldecke war um meinen Körper geschlungen und ich bemerkte
erschrocken, dass mir jemand meine Rüstung ausgezogen hatte. Nicht nur, dass
ich mich nicht an den Vorabend erinnern konnte, sondern ich war auch noch
halbnackt in irgend jemandes Zelt!
Denn, das war ganz sicher nicht meines! Weder mein Rucksack noch meine Waffen
befanden sich hier, wie ich mit einen schnellen Blick erkannte. Eiskalt fuhr es
meinen Rücken hinab und ich schlang die Decke fester um meine bloßen
Schultern. Wenigstens trug ich noch meine Unterkleidung! Trotzdem war es recht
frisch. Ferelden war bekannt für seine harten Winter und den nassen Herbst.
Wind rüttelte an der Zeltwand und trug die Geräusche des Lagers an meine
Ohren.
Es musste noch früher morgen sein, denn es war vergleichsweise ruhig und nur
wenige Kommandos wurden gebrüllt. Ich atmete erleichtert aus, wenigstens befand
ich mich noch im Lager, irgendwo in der Nähe der Quartiere der Soldaten des
Königs. Erst langsam nahm ich den fremden Geruch war. Er ging von der Decke und
einigen Kleidungsstücken aus, die sich hier befanden. Neugierig und ohne
schlechten Gewissen, schnappte ich mir ein weißes Leinenhemd und zog es mir
über. Es war groß, vermutlich ein Menschenhemd.
Seltsamerweise stieß mich der Geruch nicht sonderlich ab, ganz im Gegenteil, er
wirkte beruhigend auf mich und ich erinnerte mich zurück an meinem Clan. Was
Melle wohl in so einer Situation getan hätte? Ich grinste, sie hätte definitiv
nicht irgendein fremdes Hemd angezogen. Mit etwas mehr am Leib, durchsuchte ich
die fremden Sachen weiter, doch gaben sie mir wenig Aufschluss über den
Besitzer. Ich fand einen Runenstein und Massen an fereldischen Käse, doch sonst
nichts. Murrend setzte ich mich wieder in die Mitte. Toll! Was sollte ich jetzt
tun? Einfach hier sitzen bleiben und auf den Besitzer warten?
Nun ja, eine Option wäre das sicherlich und schließlich würde ich den Grund
erfahren, warum ich mich in diesem fremden Zelt befand. Doch der Gedanke, wie
die Reaktion dieses Menschen ausfallen könnte, ließ ein mulmiges Gefühl in
mir aufsteigen. Bisher hatten Duncan und König Cailan, der mich so warmherzig
empfangen hatte und sogar Interesse an den Belangen der Elfen zeigte, mein
komplettes Weltbild umgekrempelt, doch wusste ich auch, dass nicht alle Shemlen
der Meinung der Beiden teilten.
Meine Eltern waren solchen Menschen zum Opfer gefallen, allein um ihr Andenken
zu ehren, durfte ich mich nicht blenden lassen. Wer weiß, was dieser Mensch mit
mir vor hatte! Ich erschrak, als sich ein metallischer Geschmack in meinem Mund
entfaltete. Ich hatte mir zu fest auf die Lippen gebissen.
Seufzend strich ich mir mein Haar glatt. Ich musste erstmals hier raus und mir
etwas ordentliches Anziehen, schließlich konnte ich so nicht im Lager umher
rennen. Entschlossen krabbelte ich zum Eingang und erstarrte, als sich ein
Schatten davor abzeichnete. Ich plumpste zurück, auf mein Hinterteil und hielt
mir eine Hand vor dem Mund um jede Geräusch im vor Fall zu ersticken.
Geistesgegenwärtig tastete ich mit meiner freien Hand den Boden nach einen
Gegenstand ab, mit dem ich mich Notfalls verteidigen konnte. Man wusste ja
nicht, was mich nun erwartete.
Ich spürte, wie sich etwas Kaltes gegen meine Hand schmiegte und griff danach.
Ein blech- Kochtopf! Na super, damit sollte ich mich verteidigen können? Ich
schüttelte ungläubig den Kopf, Not machte ja bekanntlich erfinderisch, also
würde das vermutlich reichen. Ein Ekelschauer überzog meine Haut, als sich die
Silhouette immer deutlicher abzeichnete. Eindeutig ein Mann! Damit schwand das
letzte Fünkchen Hoffnung, welches ich mir bis zuletzt aufbewahrt hatte und
eisern dran fest hielt.
Was bei Andrastes unrasierten Damenbart, hatte dieser Mann mir angetan?
Ich verzog das Gesicht, als einige Bilder vor meinem geistigen Auge auftauchten
und ich hoffte inständig, dass sie nicht der Wahrheit entsprachen. Zornes röte
legte sich über meine erhitzten Wangen und ich schmiss die Decke in die nächst
beste Ecke. Das würde ich ihm mit gleicher Münze heimzahlen! Er würde nie
wieder den Gedanken daran verschwenden, einem Elfenmädchen zu nahe zu treten.
Die Schritte, die ich vernommen hatte, endeten und ich sah nun deutlich vor dem
Zelteingang jemanden stehen. Er schien mit sich selbst zu hadern. Ein Shem mit
Skrupeln, sollte mich das überraschen? Vermutlich nicht, immerhin hatte ich
Duncan und König Cailan kennen gelernt und die unterschieden sich ziemlich von
den anderen Shemlen, von denen ich gehört hatte. Dem würde ichs zeigen! Die
Plane wurde angehoben und meine Muskeln spannten sich an.
Jetzt oder nie!
Als rot-blondes Haar aufblitzte, warf ich den blechernen Topf mit alle Kraft auf
den Shem. Dieser fiel rückwärts hinaus und ich hörte ihn gequält
aufstöhnen. Strike! Damit hatte er nicht gerechnet. Ein breites Grinsen zierte
mein Gesicht und durch einen weiteren Adrenalinschub veranlasst, stand ich auf
und stürmte aus dem Zelt. Kalter Wind schlug mir entgegen und meine bloßen
Füße gruben sich in die aufgeweichte Erde. Kurz stutzte ich, als ich beinahe
über etwas weiches fiel. Ich war auf dem Shem getreten, doch war mir das
herzlich egal. Perverses Schwein, dass hatte er verdient! Ich blinzelte
ungläubig und mein Herz setzte kurz aus, als ich am Fuß gepackt wurde, und mit
panisch rudernden Armen in den Matsch fiel. Augenblicklich war das dünne Hemd
durchnässt und ich zitterte am ganzen Körper wie Espenlaub. Verdammt!
Ich drehte mich ruckartig um und sah in zwei verklärte oliv-grüne Augen. Ich
hatte diesen Menschen eindeutig unterschätzt. Ich schluckte kräftig und
schaute erstarrt in die Augen des Mannes. Er stand auf und zog mich, ohne ein
Wort zu sagen, an den Armen mit. Noch immer war ich erstarrt. Ich konnte keinen
klaren Gedanken mehr fassen, obwohl mein Hirn schrie: "Renn! Lauf weg!" Meine
Beine zitterten und ich hatte jeden Moment das Gefühl, sie würden nachgeben.
Sie waren weich, wie Pudding. Der Rotschopf rieb sich die schmerzende Stirn,
eine Beule zierte diese. Wenigstens hatte ich ganze Arbeit geleistet, davon
hatte er länger etwas. Seine Augen funkelten mich anklagend an und er fluchte
leise. "Toller Wurf," murrte er schließlich und gab mich frei.
Augenblicklich taumelte ich zurück und landete erneut im Matsch, während ich
ihn mit weit aufgerissenen Augen ansah. Er war nicht wütend? Obwohl ich ihm
einen Topf an den Schädel geknallt hatte? Ich wäre sicherlich wütend.
Wütend? Ich würde toben! Eilig rappelte ich mich auf und versuchte einen
weiteren Fluchtversuch. Diesmal zog mich der Fremde in seine Arme und versuchte
mich fest zu halten, als ich wild um mich trat und schlug. Was bildete sich
dieser Kerl eigentlich ein? Ich wollte aufschreien, doch eine behandschuhte Hand
legte sich auf meinen Mund und war so groß, dass sie selbst meine Nase
verdeckte. Ich bekam keine Luft mehr. Wollte er mich etwa umbringen?
Die Wut in mir rang mit der Angst und bekam schließlich Unterstützung durch
meinen Überlebenswillen. So einfach würde ich es ihm nicht machen! Ich biss
kräftig in den Handschuh, auch wenn es wenig bewirkte. Ich versuchte nach
hinten aus zu treten und dem Mann zwischen die Beine zu treten. Gar nicht so
einfach! "SchSch......Ganz ruhig. Ich will Euch nichts tun." Warm striff der
fremde Atem über mein Ohr meine Wange entlang und die dunkle Stimme ließ mich
schaudern. Ich wurde umgedreht. Irritiert stellte ich meine Gegenwehr ein und
sah meinem Gegenüber zum ersten Mal ins Gesicht. Seine Augen strahlten etwas
Warmes, Weiches aus, was mir vorher entgangen war. Ich schüttelte verwirrt den
Kopf. Das waren nicht die Augen eines kaltblütigen, vergewaltigenden Mörders.
Er war nicht viel älter als ich, vielleicht Mitte zwanzig. Für einen Shem sah
er auch nicht wirklich schlecht aus, sondern ganz im Gegenteil.
Obwohl ich mir das vermutlich nie eingestehen würde. Mein Herzschlag wurde um
ein paar Takte ruhiger und ich entspannte mich etwas. Von diesem Mann ging keine
Gefahr aus. "Ihr habt einen kräftigen Wurfarm!," meinte er plötzlich halb
ernst, halb scherzend. Ich legte den Kopf schief. War das sein ernst? "Und Ihr
seid ziemlich dreist! Ihr wolltet mir etwas antun, gebt es zu!," erwiderte ich
zornig und verschränkte die Arme vor meiner Brust. Wollte er doch, oder? Durch
das aufeinander Klappern meiner Zähne verlor meine Haltung etwas von Wirkung.
Dieser Kerl war einfach unglaublich!
Nicht im positiven Sinne, sondern im Negativen! Er machte mich jetzt schon
rasend und ich stampfte wütend mit den Fuß auf. Matschwasser spritzte hoch und
verdreckte uns beide noch mehr. "Nein, Ihr versteht das falsch," sagte er
abwehrend, mit unsicherem Blick. Ich zog eine Braue nach oben. So? "Ich habe
Euch bewusstlos aufgefunden und Euch in mein Zelt gebracht, damit Ihr nicht
krank werdet oder gar Schlimmeres passiert." Die
Aufrichtigkeit, die in seiner Stimme mitschwang, ließ mich schwanken und
verunsicherte mich. Ich glaubte ihn, dennoch überraschte mich meine nächste
Reaktion ebenso, wie ihn. "Und das soll ich Euch glaube? Von wegen!
Ihr wolltet mich überfallen, als ich bewusstlos irgendwo lag. Warum sonst habt
Ihr mich ausgezogen?!", schrie ich ihn feindselig an. Klang doch plausibel,
warum sonst war ich fast nackt? Ich errötete und zog augenblicklich das Hemd
länger. Verdammter Mist, ich war noch immer fast nackt und zudem total
durchnässt und schmutzig. Ich musste grauenvoll aussehen. Trotzdem, er hatte
die Situation schamlos ausgenutzt! Er wurde ebenfalls rot und stammelte etwas,
was selbst ich mit meinem guten Gehör nicht verstand. Ha! Ich sah mich in
meinem Verdacht bestätigt und tippte ihm anklagen gegen die Brust. "Wusste ich
es doch! Perverses Schwein! Ich sollte dich kastrieren!" Er sah mich entsetzt
an, ich hatte alle Höflichkeit fallen gelassen, wozu auch? Er hatte mich wohl
möglich angefasst oder gar schlimmeres. Ich erschauderte. "Ich würde nie....,"
versuchte er sich zu rechtfertigen und gestikulierte dabei hilflos mit seinen
Armen, doch ich unterbrach ihn ruppig. "Von wegen! Du hast mich ausgezogen!."
Plötzlich packte er mich an den Schultern, ich verstummte. "Lasst mich zu Wort
kommen!, brüllte er mir entgegen und ich war von seiner Wandlung so
überrascht, dass ich schwieg. Sofort nutzte er diese Gelegenheit und ich hörte
ihm widerwillig zu. Mir wurde bewusst in welch prekären Lage ich mich befand,
immerhin war ich sowohl an Körperkraft, als auch an Stärke unterlegen. Der
Talisman um meinem Hals begann zu leuchten und pochte dumpf gegen mein
Schlüsselbein. Ich spannte mich an, was hatte das zu bedeuten?. Er würde mich
leicht überrumpeln können, schließlich war er ein ausgewachsener, kräftiger
junger Mensch. Mann!, korrigierte ich mich in Gedanken verdattert. Ich hatte
mein Glück schon zu sehr beansprucht, ich sollte vorsichtiger werden. Er
seufzte ergeben und ich taxierte ihn mit meinen Blicken. Wenn Blicke töten
könnten...."Eure Rüstung war aufgeweicht und schmutzig. Ich habe sie säubern
und trocknen lassen," erklärte er sachlich. "Außerdem wart Ihr verletzt.
Anscheinend wurdet Ihr überfallen," setzte er mit finsteren blick hinzu und
deutete auf meinem Hals. Galt dieser Blick jetzt mir oder meinem unbekannten
Angreifer? Ich wurde bleich, als die Nachricht langsam zu mir durchsickerte. Ich
war überfallen worden! Warum konnte ich mich nicht daran erinnern? Erneut
setzten die Kopfschmerzen ein und ich stöhnte gequält auf. Dieser Mann hatte
mir ohne Vorbehalte und Hintergedanke geholfen. Mir, einer Elfin und ich machte
ihn so zur Schnecke. Ich Esel. "Ich..." Er kam mir zu vor. "Dennoch werde ich
mich für meine Unangemessenheit entschuldigen, ich hätte Euch nicht einfach
entkleiden dürfen," entschuldigte er sich aufrichtig und sah mir warm ihn die
Augen. Ich war gebannt von ihm, er nahm mich ganz gefangen mit seinem Blick. Er
entschuldigte sich bei mir, obwohl ich mich fehl verhalten hatte? Meine Nerven
waren wohl überstrapaziert worden, vielleicht war etwas von dem Überfall auf
mich in meinem Unterbewusstsein hängen geblieben und ich hatte es unwissentlich
auf ihn projiziert. Es hatte mir eine heiden Angst eingejagt. Ich schüttelte
seine Hände ab und meinte dann in versöhnlichem Ton: "Ein Mensch mit Manieren?
So langsam glaube ich, die Geschichten über die Menschen sind alle bloß
erfunden. Ihr seid genau wie Duncan." Eindeutig eine verkehrte Welt. Naja,
solange ich meine Ruhe hatte würde ich mich nicht beschweren. Schulterzucken
wandte ich mich ab, ich brauchte definitiv neue Kleidung. "Duncan? Ihr kennt
ihn?" Ich seufzte genervt. "Könnt Ihr nicht jemand anderes belästigen? Ja ich
kenne ihn, schließlich bin ich mit ihm hier hin gereist," entgegnete ich knapp
und hoffte das ihm die Antwort genügen würde, das war ich ihm schuldig. Er
musterte mich eingehend, ein angenehmes Kribbeln breitete sich in mir aus und
ich meine Wangen schoss das Blut. Was denn noch? Hatte er etwa noch nicht genug
gegafft? "Ihr seid eine Dalish-Elfe nicht wahr?," sagte er nachdenklich und es
klang weniger nach einer Frage. Blitzmerker Woran hatte er das nur erkannt. Ich
rollte mit den Augen und massierte mir meine Schläfen. Innerlich schlug ich mir
gegen die Stirn. Menschen waren nicht nur überaus seltsam, sondern auch ebenso
dumm. Anscheinend begriffen sie noch nicht einmal unumstößliche Tatsachen,
wenn sie direkt vor ihrer Nase standen und mussten unbedingt nachfragen um
sicher zu gehen. Die Dummen starben ja bekanntlich zuerst, dachte ich kichernd
und ließ ihn eiskalt stehen. Wenn er ein `Danke` erwartet hatte, so wurde er
enttäuscht. Mein Großmut hatte auch seine Grenzen, außerdem spürte ich
bereits nicht mehr meine Füße.
In meinem Zelt fand ich zum Glück noch meine vollständige Ausrüstung vor. Wer
wusste schon, ob diese Shems sie nicht klauen würden? Ich hatte mich
notdürftig gewaschen und mir eine Lederrüstung angezogen. Andraste sei Dank,
hatte ich eine Zweite eingepackt. Ich zog mir einen dicken, grünen, aus Wolle
gefertigten, Umhang über und strich mir tief durchatmend wieder. Nun war ich
wieder vollständig, ohne meine Waffen und meine Rüstung fühlte ich mich nackt
und verletzbar. Sie gaben mir das Gefühl von Sicherheit, dass ich nun dringen
benötigte. Meine Gedanken schweiften ab zu dem Menschen. Jetzt hatte ich noch
nicht einmal seinen Namen erfahren! Er hatte mich mehr durcheinander gebracht,
als sonst jemand. Noch immer waren meine Wangen erhitzt und meine Nackenhaare
stellten sich auf, als ich an seinem warmen Atem zurückdachte. Dennoch
erinnerte mich sein Gesicht an jemand. Er sah jemanden ähnlich, daran gab es
keine Zweifel. Warum hatte er mir überhaupt geholfen und vor allem war die
vorrangigste Frage von allen: "Wer hat mich überfallen und warum?" Immer wenn
ich mir den vergangenen Abend ins Gedächtnis zurückrufen wollte, kehrten die
Kopfschmerzen mit einer schrecklichen Intensivität zurück, dass ich beinahe
aufschrie. Der Stein um meinen Hals pulsierte dann jedes mal und leuchtete
unheimlich. Ich seufzte und streifte durch das Lager. Es war kurz nach
Sonnenaufgang und das Lager lag noch im tiefen Schlummer. Immer wieder tauchte
das Gesicht des Rotschopfes vor meinem inneren Auge auf. Warum übte er eine
solche Faszination auf mich aus? Seine Präsenz beeindruckte mich stärker, als
die von Duncan und jedes mal erschauerte ich wohlig. "Duncan!," rief ich
überrascht aus und fing mir einige verwunderte Blicke ein. Den hatte ich ja
total vergessen! Ich sollte doch so einen Kerl namens Alistair zu ihm schicken.
ich zog mir die Kapuze des Umhangs ins Gesicht, als der Wind mir brutal in die
Ohren pfiff und mir mein Haar ins Gesicht peitschte. Seltsamerweise hatte ich
das Gefühl unerkannt bleiben zu müssen, ob das etwas mit dem Vortag zu tun
hatte? Zügigen Schrittes eilte ich durch die Zeltreihen, an der Krankenstation
vorbei, eine Treppe hinunter. Wortfetzen drangen an meine Ohren und ich
schnappte Teile einer Unterhaltung auf. Interessiert ging ich näher heran und
lauschte argwöhnisch. Meine Ohren zuckten verdächtig. "Jeremy hat es erwischt,
den alten Schwerenöter," sagte ein bärtiger Shem grinsend und entblößte
dabei unregelmäßige Zahnreihen. Kautabak klebte in seinem rötlichen Bart und
seine braunen Augen funkelten amüsiert, als er den entsetzten Gesichtsausdruck
seinen Kameraden bemerkte. Er deutete eine eindeutige Handbewegung an. "Hier im
Lager? Ich sah ihn gestern mit einer dunkelhaarigen Elfenhure. Das Biest hatte
sich seine Avancen nicht gefallen lassen," erwiderte der kleinere blonde Mann
nachdenklich und rieb sich das bartlose Kinn. Seine Augen fixierten dabei einen
unbestimmten Punkt. Ich schrack auf. Gestern? Ich konnte mich an den Vorabend
nicht erinnern. Ob der Kerl wohl meinen Weg gekreuzt hatte? Ich schluckte und
ein dicker Kloß befand sich in meiner Kehle. Mein Retter hatte gesagt, ich sei
verletzte gewesen. "Tja anscheinend ist die ihm nicht gut bekommen," lachte der
bärtige grollend, " ich sagte ja immer er ist ein Schlappschwanz!" Der Andere
teilte die Begeisterung seines Freundes nicht. "Verdammte Klingenohren und du
findest das auch noch lustig? Ich will mir die Schlampe krallen!" Wütend
taxierte ich den Blonden. Klingenohren? Der sollte froh sein, dass ich nicht
wirklich Klingen als Ohren besaß, sonst würde der sein blaues Wunder erleben!
Vor meinem geistigen Auge blitzte plötzlich ein Bild auf und mein Puls
beschleunigte sich. Es war ein Gesicht vor Wut verzerrt zu einer unschönen
Fratze mit hasserfüllten Augen. Wut und Angst stiegen in mir hoch, krochen
meine Wirbelsäule hinauf, wie ein schleichendes Gift und nisteten sich in
meinem Verstand ein. Was hatte das zu bedeuten? Jemand rempelte mich grob an und
die Kapuze fiel mir vom Kopf. Wütend zischend rieb ich mir die schmerzende
Schulter. Just in diesem Moment sahen die beiden Männer zu mir. Der bärtige
Shem musterte mich kurz gierig, während sein Freund auf mich zeigte, sprachlos
von der Erkenntnis die ihn durchfuhr. Oh verdammter......! Augenblicklich kamen
die beiden auf mich zu. Sollte ich weg rennen? Machte mich das nicht noch
verdächtiger? Die aufkeimende Angst lähmte mich und ich verwünschte meine
Unerfahrenheit in solchen Situation. Warum hatte ich nie eine große Klappe,
wenn es wirklich angebrachte war? "Dich kenne ich doch, Klingenohr!," brüllte
der Blonde aufgedreht und mit verdrehten Augen. Ich befürchtete das er jeden
Moment umkippen könnte. Er packte mich grob an der Schulter, zum Glück trug
ich meine Rüstung. "Lass mich los Shem," fauchte ich ebenso wütend. Na
großartig gemacht Lyna. Kaum entkommst du dem einen Shem und schon landest du
in den Armen der nächsten Beiden!, verhöhnte ich mich selbst. Es war zum
Haare raufen. Wütend funkelten die Beiden mich an und ich funkelte mit
ebensolcher Intensität zurück. "Verdammte Sh-...." Ich brach abrupt ab, als
eine mir bekannte Stimme ertönte und bei mir eine Gänsehaut verursachte.
"Lasst sie los, sie gehört zu mir!" Deutlich spürte ich einen warmen Atem in
meinen Nacken und er bildete einen seltsamen Kontrast zu dem kalten Wind. Musste
er denn so nah kommen? Er löste die Hand des Mannes von meiner Schulter, dieser
zuckte überrascht zusammen. Missmutig, ob ich meinem Retter danken oder
verwünschen sollte, drehte ich mich um. Ich kam wahrlich vom Regen in die
Traufe. Ich wollte erbost aufbegehren und ihm sagen, dass er sich nicht in meine
Angelegenheiten einmischen sollte! "Ich gehöre zu nie......Mm!" Blitzschnell
legte er eine Hand auf meinem Mund. "Und wer seid Ihr?," fragte der Blonde
argwöhnisch und rieb sich das schmerzende Handgelenk. "Ein Grauer Wächter.
Diese Elfe ist eine Anwärterin.," antwortete der Rothaarige und ich riss die
Augen auf. Ein Grauer Wächter? Reizend, ich hatte ihm einen Kochtopf an den
Kopf geworfen. Das war doch wohl nicht wahr! Die beiden Soldaten erbleichten und
entschuldigten sich rasch. Wirklich reizend! Mein Retter seufzte schwer. "Ist es
nicht seltsam, wie die Verderbnis Menschen zusammenführt?," fragte er nach
einiger Zeit amüsiert und ließ mich los. Ich sah ihn skeptisch an. Was sollte
ich davon halten? Ein humorvolles Kerlchen, ganz gewiss. Freundlich hielt er mir
die Hand zum Gruß entgegen. Ich gab mir einen Ruck und ergriff sie zögerlich.
Er sollte bloß nicht meinen, dass ich ihm sofort aus der Hand fraß, nur weil
er mich gerettet hatte. Schon wieder! Das wurde eindeutig zur Gewohnheit. Als
sich unsere Hände berührten, verstärkte sich das Kribbeln in meinem Magen und
ich fragte mich, ob ich wohl möglich was eingefangen hatte. Was sollte sonst
der Grund sein? "Ihr seid ein seltsamer Mensch.," stellte ich verwundert fest.
Vermutlich sogar der seltsamste, der mir bisher begegnet war. "Das höre ich
öfter," lachte er gut gelaunt. "Mein Name ist Alistair und wie lautet Eurer?"
Der Name sagte mir etwas. Alistair. Hübsch. Plötzlich fiel es mir wie Schuppen
von den Augen. "Duncan sucht nach Euch. Er wollte mich nach Euch schicken,"
lenkte ich schnell und etwas unbeholfen ab. Alistair, ich ließ den Namen auf
meiner Zunge zergehen und war von mir selbst überrascht. Er blinzelte verwirrt.
"Lyna Mahariel von den Dalish.," antwortete ich etwas verspätet und aus meiner
Träumerei gerissen. Er schmunzelte. "Nun gut, dann sollten wir Duncan nicht
warten lassen," lächelte er mich an.
Alistair und ich waren gemeinsam zu Duncan gegangen. Es fühlte sich seltsam an.
Alistair schien mir nichts übel zu nehmen, was mich auf der einen Art
erleichterte, aber auf der anderen auch wieder stutzig machte. Ich entspannte
mich erst, als ich Duncan erblickte. Neben mir gab es noch drei weitere
Anwärter, wie ich erstaunt feststellte. Ser Jory, ein aus Highever stammender
Ritter, mit einem kränklich wirkenden gelben Hautton und plumpen Auftreten. Ich
mochte ihn von dem ersten Moment an nicht. Er wirkte auf mich wie ein
übergroßes Riesenbaby, obwohl Duncan ihn nicht ohne Grund ausgewählt hatte.
Er warf mir immer wieder unsichere Blicke zu mir und musterte mich argwöhnisch.
Anscheinend jagten ihn meine Gesichtstätowierung angst ein. Ein typischer
Mensch. Schwach und dumm. Neben ihm stand ein weiterer Shem. Er war
braun-gebrannt, schwarzhaarig, mit ausgeprägten Gesichtszügen, im Gegensatz zu
Ser Jory, der einfach nur rundlich und weich war. Daveth war ein echter
Aufreißer, zumindest laut seinen Geschichten. Ich mochte ihn sofort etwas,
immerhin schien er nicht so verklemmt zu sein wie Ser Jory und seine lockere Art
beeindruckte mich etwas. Ein diebisches Grinsen umspielte seine Züge und seine
schwarzen Augen funkelten amüsiert. er war der typische Lausbube aus Denerim,
der das Glück hatte den richtigen Wächter zu bestehlen. Je nach dem, wie man
es sehen wollte. Die Medaille hatte ja bekanntlich zwei Seite, ebenso wie
Duncan. Der dritte im Bunde, des Männertrios, war ebenfalls ein Elf. Doch
erkannte ich sofort, dass er kein Dalish war. Er hatte blondes kurzes Haar und
strahlend blaue Augen. Er war sehr attraktiv und kam aus dem Gesindelviertel.
Ein Adliger hatte mehrere Elfenmädchen für seine `Privatfeier` entführt.
Dén, so hieß der Blonde, war daraufhin mit seinem Cousin ins Schloss gestürmt
und hatte die Mädchen befreit und den Adligen ermordet. Duncan hatte ihn dann
vor den Wachen gerettet und auch vor seine Angetraute. Er sollte verheiratet
werden. Dén war ein richtiger Wildfang mit dem Herzen am Rechten Fleck. Er
bereute nichts und würde es wieder tun. Eine Einstellung die ich aufrichtig
bewunderte, welcher Elf wagte es schließlich einen Adligen zu ermorden und sein
ganzes Leben hinter sich zu lassen? Dennoch keimte in mir der Verdacht auf, dass
Duncans Rekruten größtenteils eine kriminelle Vergangenheit aufzuweisen
hatten. "Lyna Mahariel," stellte ich mich mit einem knappen Nicken vor. Duncan
erklärte uns, dass wir etwas für ihn holen sollten, damit wir den Beitritt
vollführen könnten. Ich hörte kaum zu, zu sehr hing ich meinen eigenen
Gedanken nach. Ich musste eine weitere Tür in meinem Gedankenlabyrinth anlegen,
mit der Aufschrift Alistair. Warum fühlte ich mich in seiner Gegenwart so
komisch? Weil er mich gerettet hatte? Weil er meine ganze Welt auf den Kopf
stellte und meine Vorurteile einfach fort wischte?Das musste es sein! Ich war
ihm einfach dankbar. "Dazu brauchen wir Blut......" Ich horchte auf und fragte
sofort nach. "Blut?," fragte ich zögerlich, ich hatte kaum zugehört. Wozu
brauchten wir das? Mussten wir an irgendeinen ominösen Blutritual teilnehmen?
Ich schauderte und verzog das Gesicht. Ich war nicht die Einzige. Daveth verzog
ebenfalls angeekelt das Gesicht. Ich musterte Duncan, doch konnte ich nichts in
seiner Mimik lesen, Alistair schaute bedrückt in die Runde und meine
Alarmglocken schrillten. "Drei Fläschen des Blutes der Dunklen Brut. Außerdem
sollt ihr wichtige Dokumente aus einer Ruine bergen.," erklärte Duncan
ungerührt von unserer Reaktion und mit verschlossenem Gesichtsausdruck. Warum
nur hatte ich dabei ein komisches Gefühl? Man sah ihm an, dass er das schon
viele Male gemacht hatte. Doch wo waren dann die ganzen anderen Wächter?
Jahrhunderte alte Legenden rankten sich um ihren berühmten und geschätzten
Orden. Sie waren Helden, doch bisher waren mir nur Duncan und Alistair begegnet.
Zwei. Mehr nicht. Eine dunkle Vorahnung beschlich mich und ich nestelte nervös
an der Kordel meines Umhanges. Es war bestimmt nicht gesundheitsfördernd das
Blut der Dunklen Brut in seiner Nähe zu haben, wozu brauchten wir es also?
Schaudernd erinnerte ich mich an den Verderbniswolf zurück und strich
gedankenverloren über meinen Arm. Die Narbe ziepte leicht, wenn Duncan damals
nicht gewesen wäre.......So weit wollte ich gar nicht denken! Duncan würde
nicht wissentlich unser Leben in Gefahr bringen,oder? Diesen Gedanken
verdrängend sah ich wieder zu dem Wächter. Er sah wahrlich so aus, als wäre
er direkt einer Legende entsprungen. Seine silberne Rüstung schimmerte hell im
Licht der Sonne. Seine stolze und souveräne Haltung wies von vielen Schlachten.
"Alistair, du wirst sie begleiten und dafür sorgen, dass sie möglichst
unverletzt zurückkommen." Alistair nickte und schulterte sein Schild. Duncan
musste ihm sehr vertrauen, bemerkte ich neidisch. "W-Wir sollen das Blut der
Dunklen Brut holen? Hat das etwas mit diesem geheimnisvollen Beitritt zu tun?
Ich dachte wir hätten uns schon bewährt, das ist nicht fair!," begehrte Ser
Jory mit zerknirschtem Gesicht auf und sprach das aus was die Meisten von uns
dachten. Ich hätte ihm so etwas gar nicht zugetraut. "Mach dir nicht gleich ins
Hemd, elender Shem," fuhr Dén an und baute sich drohen vor ihm auf. "Ich will
es endlich hinter mich bringen!" Ganz schön frech, der Kleine, bemerkte ich
grinsend und fing mir einen verwirrten Blick von Alistair ein. Duncan sah den
Elf tadeln an, dieser verschränkte trotzig die Arme vor der Brust und blickte
ihn herausfordernd an. "Wir machen hier keine Rassenunterschiede, Dén. Bei den
Grauen Wächtern ist jeder gleich, daher brauchst du keine Schimpfworte
benutzen." Ich sah ungläubig zu Duncan. Shem war nicht direkt ein Schimpfwort,
doch die Menschen verstanden sowieso nichts. Sie zerstörten blindlings andere
Kulturen und zwangen andere ihre Kultur, Sprache und Glauben auf. Zumindest
hatten wir Dalish nicht alles vergessen, auch wenn wir Elfen unsere
Unsterblichkeit eingebüßt hatten. Verdammte Menschen! Ich spürte Alistairs
bohrenden Blick auf mir, bald würden ihm die Augen ausfallen, dennoch stimmte
ich Duncan mürrisch zu, mit überkreuzten Fingern versteht sich. Dén war das
nicht entgangen und er zwinkerte mir verschwörerisch zu. Alistair wandte sich
ab. Jetzt gehorchte ich ihm schon, dieser Kerl nutzte schamlos mein schlechtes
Gewissen aus, vermutlich sogar unbewusst. Bisher hatte ich eher den Eindruck, er
sei etwas tollpatschig. "Wenigstens komme ich wieder raus," murmelte ich
grinsend und fühlte mich augenblicklich besser. Daveth erwiderte zwinkernd:
"Ich werde schön auf Euch aufpassen." Er fing sich einen schiefen Blick
meinerseits an. Wenn er meinte.
Die Kocari Wildnis verschluckte uns regelrecht. Sie erstreckte sich über
mehrere Quadratkilometer, im südlichen Teil von Ferelden und war sehr
facettenreich. Sie bot alles von ausgedehnten sumpfigen Moorlandschaften, bis
hin zu dichten, dunklen Waldlandschaften. Sie wirkte eher düster und
bedrückend, doch lag das an der uralten Magie die in diesen Wäldern beheimatet
war. Sie war durch die Dunkle Brut verdorben worden. Ein frischer Wind kam auf
und trauriges Seufzen schien aus den tiefen des Waldes zu kommen. Die langen
schwarzen Äste knarzten Unheil verkünden und streckten sich wie dürre,
knochige Finger nach uns. Im Gegensatz zu anderen Ort war die Kocari Wildnis
nicht ungefährlich. Wilde Tiere, blutrünstige Wölfe und die Chasind trieben
hier ihr Unwesen. Flemeths Töchter sollten durch die Weiten dieser Wildnis
streifen. Ein Kreischen ertönte und über unseren Köpfen flog ein Milan
hinweg. Sehnsüchtig sah ich dem Raubvogel nach. Ich vermisste meinen Clan. Es
war zwar schön, endlich wieder frei zu sein, den Wald zu spüren, doch es war
nicht das Selbe wie vorher. Ob es ihnen gut ging? Was Melle wohl gerade tat? Ich
hatte noch immer keine Lösung und Entschuldigung für mein Verhalten gefunden.
Ich hätte ehrlich zu ihr sein sollen, schließlich war sie meine beste
Freundin. Nachdenklich betrachtete ich die anderen Anwärter.Ob sie auch
jemanden hatten? Ser Jory und Daveth waren in einem Gespräch vertieft, wobei
Daveth den Ritter immer wieder aufzog. Ich stöhnte entnervt auf und ließ mich
zurückfallen, soweit, dass ich außer Hörweite war. Dén ging nun neben
mir,ich spürte seinen fragenden Blick, als er mich auch schon fragte: "Seid Ihr
wirklich eine Dalish?" Ich wollte etwas Gemeines erwidern, unterließ es aber.
Ich hatte mich bereist einmal in eine missliche Lage manövriert. "Und Ihr seid
ein Stadtelf," entgegnete ich knapp und ohne weiter auf seine Frage einzugehen.
Ich wollte nicht unbedingt etwas über mich erzählen. Es war mir unangenehm.Er
zögerte kurz und schien meine Laune abzuschätzen oder er brauchte schlicht so
lange zum Nachdenken. "Ich dachte die Dalish wären eine Legende. Ich wollte
mich euch anschließen." Das überraschte mich und ich sah ihn nun auch an.
Reichte ihm sein Leben bei den Menschen denn nicht? Ich runzelte die Stirn,
Menschen waren nicht besonders nett, bis auf ein paar Ausnahmen, wie ich
zerknirscht bemerkte. Die Schnallen meiner Rüstung klimperten leise, als ich
meine Arme hinter meinen Kopf verschränkte und der Umhang bauschte sich auf.
"Ist das Leben so schlecht in einem Gesindelviertel?" Er lachte verbittert und
auf einmal wirkte er viel älter und reifer. Das Leben dort hatte ihn
gezeichnet. "Ihr habt ja gar keine Ahnung. Die Shems behandeln uns wie Dreck.
Sie vergewaltigen unsere Frauen und Töchter und töten einfach jeden Elfen nach
belieben. Es kommt noch nicht einmal zu einer Gerichtsverhandlung. Wir Elfen
haben keine Rechte, wir sind weniger Wert als der Dreck unter den gepflegten
Fingernägel, der ach so tollen Oberschicht." Er ballte die Fäuste. "Lasst ihr
euch das einfach gefallen?," fragte ich ungläubig, ich hätte das bestimmt
nicht hingenommen. "Ihr beliebt zu Scherzen! Wenn wir uns Wehren gibt es
öffentliche Hinrichtungen, Auspeitschen oder das Viertel wird einfach
abgebrannt. entweder man hält die Klappe und schluckt oder man wehrt sich und
trägt die Konsequenzen," erklärte er aufgebracht und schnaubte verachtend.
"Und das habt ihr getan nicht wahr? Ihr habt die Schuld auf Euch genommen." Er
tat mir leid und es gab nichts womit ich ihn hätte aufheitern können. "Ja, ich
habe meinen Cousin und den Rest beschützt. Meine Familie." Etwas in seinem
Blick veränderte sich, ein Feuer brannte in seinen Augen und ich erkannte, dass
wenn sich jemand gegen seine Familie stellen sollte, so würde dieser nicht
überleben. Mitfühlen legte ich ihm eine Hand auf die Schulter und meinte warm:
"Aber jetzt seid Ihr hier. Vielleicht könnt Ihr etwas bewirken, wenn Ihr ein
Wächter seid. Ihr könnt Einfluss und Macht gewinnen. Ich kann gut
nachvollziehen wie Ihr Euch fühlt. Ich habe meine Eltern und mein ungeborenes
Geschwisterkind durch die Shems verloren und jetzt habe ich meinen Clan, durch
meine eigene Torheit verloren." Seine Augen wurden groß und ich sah das etwas
des Schmerzes in ihnen verschwand. Ich seufzte und blickte gen Himmel, er war
grau und bedrückend. Schwer hing die Wolkendecke über das Land, es würde bald
regnen. Der berühmte fereldische Herbst, dann käme ein harter Winter. "Wie
meint Ihr das. Könnt Ihr nicht mehr zurück kehren?," fragte er erstaunt nach
einigen Minuten und er nahm meine Hand, ich ließ es geschehen. Sollten die
Anderen denken was sie wollten. Dén und mich verband etwas, dass Leid zwei
geplagter Seelen. Er hatte das erlebt, was ich erlebt hatte. "Ich trage bereits
die Verderbnis in mir," erklärte ich. "Mein Clan schickte mich fort, damit ich
nicht in eine aussichtslose Lethargie versinke und sie nicht sehen müssen, wie
ich leide. Es klingt grausam, aber es war das Richtige. Duncan ist der Einzige
der meinen Tod hinaus zögern kann. Mein Clan konnte mir nicht helfen und ich
denke, dass schlimmste ist es, wenn man nur hilflos zugucken kann. Deswegen
bewundere ich Eure Tat Dén," erklärte ich aufrichtig und spürte wie eine
schwere Last von meinen Schultern wich und ich befreit auf atmen konnte. Ja, es
war das Richtige. "Ich....Danke. Ich dachte schon, Ihr würdet mich deswegen
verabscheuen." Er sah gequält auf und sein Griff wurde etwas fester.
"Keinesfalls.....mag sein das ich nicht alle Shemlen hasse, aber ich finde
solche Schweine, wie dieser Adlige haben es verdient. Doch ich habe auch die
andere Seite kennen gelernt. Duncan hat mir die Augen geöffnet, ebenso wie
jemand anderes," gab ich mit leichtem Widerwillen zu und musterte Alistairs
breiten Rücken nachdenklich. Er hatte mir schon zweimal geholfen. Dén folgte
meinem Blick. "Ich mag den Kerl nicht," sagte er plötzlich und verzog das
Gesicht, wie ein kleines Kind. "Er hat mir schon zwei mal geholfen, ohne seinen
Nutzen daraus zu ziehen,"flüsterte ich ihm leise zu und strich mir eine
Strähne aus der Stirn. Und das obwohl ich so unfreundlich zu ihm gewesen bin,
fügte ich in Gedanken hinzu und seufzte. "Ich habe gelernt auf der Hut zu sein
und wenn es sein muss, beschütze ich dich auch, Lyna." Er lächelte mich an und
ich wusste, ich hatte einen treuen, loyalen Freund gefunden, auf den ich zählen
konnte. "Pass auf, dass nicht das Gegenteil eintrifft und ich auf dich aufpassen
muss," prustete ich und boxte ihm spielerisch gegen den Arm. Er zog eine
Schnute, in seinen Augen lachte jedoch der Schalk. "Was ist denn so lustig?,"
hörte ich Daveth fragen. er musterte uns kurz, ehe sein Blick an unseren
ineinander verhakten Händen hängen blieb. Er seufzte theatralisch und meinte
neckend: "Und da schwinden meine Chancen. Die holde Maid hat sich bereits
entschieden." Dén lachte mit Daveth zusammen und ich warf den Beiden warnende
Blicke zu, stimmte dann jedoch ein. Sollen sie doch denken was sie wollen,
solange Dén und ich die Wahrheit kennen.
Nach einem einstündigen Fußmarsch und einigen weiteren lockeren Sprüchen
seitens Daveth, wichen die dichten Baumreihen einer ausgedehnten sumpfigen
Moorlandschaft. Die wenigen Grasinseln wirkten trügerisch und ich besah mir
staunend meine Umgebung. Der rasche Wandel vom dichten Wald zu einem
großflächigen Moor erstaunte mich. Dén ging es nicht anders, er hatte bisher
nichts anderes als das Gesindelviertel gekannt. "Sieht es überall so aus?
Es......gibt hier soviel Platz und es riecht so ganz anders als in der Stadt!"
Ich lachte leise, als er mich mit weiteren Fragen und verblüfften
Feststellungen bombardierte. Bisher gab es keine Zwischenfälle, wir waren weder
wilden Tieren noch der Dunklen Brut begegnet. Ich bezweifelte langsam, dass es
sie wirklich gab. vielleicht hatte König Cailan recht und es gab gar keine
Verderbnis? Plötzlich zuckten meine Ohren und ich horchte auf. Kein
Vogelgezwitscher ertönte, nicht einmal das alarmierende Kreischen, falls sich
ein Eindringling in der Nähe befand. Ich stutzte, normalerweise sollte
wenigstens das zu hören sein. "Lyna, alles in Ordnung? Du bist so ruhig,"
fragte Dén besorgt, doch ich hob die Hand und gebot ihm zu schweigen. "Hörst
du das?," flüsterte ich leise und er schüttelte verneinend den Kopf. Die
Anderen blieben nun auch stehen. Mein Blick wanderte unruhig umher,
vorsichtshalber zog ich meinen Bogen hervor. Man konnte ja nie wissen. Mein
Nacken prickelte unangenehm und ein Bekannter Geruch wehte mir in die Nase, als
der Wind sich drehte. "Wir sind umzingelt," flüsterte ich zu meinen Begleitern.
Sie sahen mich ungläubig an und ich rollte genervt mit den Augen. "Dén,"
zischte ich," streng dich an. Wozu hast du so ein gutes Gehör und eine feine
Nase? Nutze sie und achte auf die Geräusche!" Er befolgte meinen Befehl,
schloss die Augen und lauschte. Es dauerte eine Weile bis er sie wieder
aufschlug und mich entsetzt ansah. Na endlich! Er hatte es verstanden. Es waren
um die fünf. Perfekt, blieb für jeden ein Gegner. Ich konnte das leise
trippeln ihrer Pfoten hören und ein bösartiges Knurren. "Wölfe, fünf."
Alistair versteifte sich plötzlich und sah in eine bestimmte Richtung, ich zog
verwundert eine Braue nach oben. Woher wusste er, wo sie sich befanden? Oder war
das Zufall? Ich schüttelte diesen Gedanken ab. Nein, vermutlich nicht.
Plötzlich ertönte ein langgezogenes Heulen, und fünf Wölfe preschten hinter
einem kleinen Hügel hervor. Sie rasten geradewegs auf unsere Gruppe zu.
Blutiger Schaum tropfe ihnen aus der Schnauze und ihre Augen waren wild vor
Schmerz. Irgendetwas stimmte nicht mit ihnen. Ich spannte die Sehne und legte
einen Pfeil an. Mein Arm zitterte, je näher die Tiere kamen und mich überkam
ein ungutes Gefühl. Ohne den Bogen zu verziehen löste sich der Pfeil von der
Sehne und ich traf das vorderste Tier direkt zwischen die Augen. Es war
augenblicklich tot und überschlug sich mehrmals. Ich biss mir auf die Lippen,
kalter Schweiß stand mir auf die Stirn. Das Prickeln wurde stärker und mein
Amulett begann zu pulsieren. Daveth streckte ebenfalls ein Tier nieder und Ser
Jory schwang seinen Zweihänder und traf die Flanke eines Wolfes. Ich
betrachtete die Tiere genaue, sie besaßen kahle, schwarz verfärbte Stellen in
ihrem Fell, die mit eitrigen Pusteln überzogen waren. Bei einem bohrten sich
die Wirbelknochen der Wirbelsäule durch die Haut und war an den Stellen
entzündet. Was verursachte solche Mutationen.
Der Wolf heulte jämmerlich auf, als seine Hüfte brach. Er wurde einige Meter
weg geschleudert. Alistair kümmerte sich ebenfalls um ein besonders großes
Exemplar, er ähnelte dem Verderbniswolf, der mich angegriffen hatte. Der
Wahnsinn flackerte in seinen Augen und Mitleid überkam mich. Wer oder was hatte
diesen Tieren nur solche Schmerzen verursacht? Erneut legte ich einen Pfeil an
und schoss auf das Ungetüm. Der Pfeil bohrte sich tief in den Brustkorb und
dunkles, zähes Blut tropfte aus der Wunde. Der Wächter nutzte diese
Gelegenheit und schlug dem Tier, mit einem wuchtigen Hieb, den Kopf ab. Es gab
ein zerreißendes Geräusch und ich hielt mir die Ohren zu und sah angewidert
weg. Dén wurde zu Boden gerissen, der Wolf haschte nach seiner Kehle. Der Elf
versuchte das Vieh von sich runter zu wuchten, der Wolf verbiss sich jedoch in
seiner Schulter. Dén schrie gepeinigt auf. Ich zückte meinen Dolch und wollte
ihm zur Hilfe eilen, doch Daveth war schneller und streckte den Wolf mit einem
gut gezielten Pfeil nieder. Ich ließ mich neben Dén auf den Boden fallen. Er
presste seine Hand auf die Wunde, das Blut floss durch seine Finger und er
lächelte mich gequält an. "Dumm gelaufen," stöhnte er bleich und zitterte vor
Schmerzen. Ich strich ihm zärtlich über die Wange. "Ich flicke dich wieder
zusammen, keine Sorge," lächelte ich ihm aufmunternd zu und säuberte die
Wunde, ehe ich sie Verband. Ich kramte in meinem Rucksack und fand einen
Heiltrank, dem ich ihm verabreichte. "Wie schlimm ist es?." Alistair kniete sich
neben mich, Daveth und Ser Jory taten es ihm gleich. "Halb so wild, es ist nur
sehr Schmerzhaft." Der Wächter runzelte die Stirn. "Naja jetzt kannst du
wenigstens mit einer Kriegsverletzung angeben," schmunzelte Daveth und Ser Jory
schüttelte ungläubig den Kopf. "Beim Atem des Erbauer, was waren das für
Viecher?" Alistair fuhr sich übers Gesicht und ich half Dén sich aufzurichten.
"Sie waren verdorben, durch die Dunkel Brut," erklärte der Rothaarige ernst.
Ich schluckte, würde mir das gleiche Schicksal widerfahren? "Kannst du
aufstehen?," fragte ich besorgt und er nickte schwach. Meine Aufmerksamkeit
wurde plötzlich auf ein kleines Häufchen gelenkt. Der Wolf, den Ser Jory weg
geschleudert hatte lebte noch. Er versuchte sich winselnd mit seinen
Vorderpfoten aufzurichten, doch sein Hinterleib sackte immer wieder zusammen und
er fiel zu Boden. Er jaulte auf und ich sah einige Knochensplitter aus der Haut
ragen.Er musste höllische Schmerzen haben.Ich zückte meinen Dolch, ohne zu
zöger ging ich auf den verwundeten Wolf zu und hockte mich vor ihm hin. Er
blickte mich misstrauisch an und ein leises Knurren entwich seiner Kehle. Er
hatte die Ohren angelegt und fletschte die Zähne. "Ganz ruhig. Gleich wird der
Schmerz vorbei sein," flüsterte ich zärtlich und die goldenen Augen des Tieres
sahen mich fast dankbar an, als ich mit einem schnellen Schnitt die Kehle des
Tieres durchtrennte. Er erschlaffte und fiel zu Boden. Vorsichtig strich ich
durch das struppige, Blut verklebte Fell und schloss anschließend die Augen des
Tieren. "Es tut mir leid." Meine Begleiter hatten mich argwöhnisch beobachtet,
als ich aufstand und mich vor Ser Jory aufbaute. "Solltet Ihr es jemals wieder
wagen, einem Tier so weh zu tun, werdet Ihr es ganz gewiss bereuen Shem !"
Erschrocken weitete sich die braunen Augen des Ritters und er stammelte etwas,
doch ich hatte mich bereits umgedreht.
Verdammter Shem! Wie konnte er es wagen? Ich schnaufte wütend, wenn er schon
wie ein Wilder um sich schlug mit seinem Zweihänder, dann konnte er es doch
wenigstens richtig machen, oder? Der Stein um meinen Hals wurde wärmer, fast
heiß. Verwirrt blieb ich stehen und zog ihn hervor. Die Runen leuchteten
silbrig. Was war denn nun los? Das Leuchten wurde stärker, ein schmerzende
Druck bereitete sich hinter meiner Stirn aus und ich taumelte zurück. Mir wurde
schwarz vor Augen.
............Sie ist wieder bei Bewusstsein," stellte eine besorgte
Männerstimme fest. "Natürlich ist sie das, ich habe ihr verboten zu sterben,"
antwortete eine helle Frauenstimme schnippisch. "Und was hast du nun vor?,"
fragte die männliche Stimme wieder und klang wenig erfreut. Die Frau seufzte.
Etwas klimperte, wie Armreifen, die gegeneinander schlugen. Sie strich dich
durch ihr Haar. Der Mann rollte genervt mit den Augen. "Du hast keine Ahnung
oder?" Die Elfe funkelte ihn wütend an. "Die Zeit ist noch nicht reif! Aber es
ist so verlockend. Schließlich wird sie mir ja gerade auf den Präsentierteller
präsentiert." Sie lachte glockenhell. "Solltest du nicht alles noch einmal
überdenken, Cell? Ich finde es ist eine schlechte Idee." Die Frau schnalzte mit
der Zunge und umrundete den Mann. Ihre Hand fuhr dabei federleicht seine Wange
hinab, hinunter zu seinem Hals bis zur Schulter und verweilte dort. "Soll ich
denn immer so bleiben? Möchtest du nicht, das ich einen eigenen Körper
besitze? Bekommst du etwa Mitleid mit dieser Elfe?;" hauchte sie in sein Ohr und
sah triumphierend, wie sich die feinen Härchen auf der Haut des Mannes
aufstellten. "Willst du das wirklich?," fragte sie traurig und blieb vor ihm
stehen. Sie stellte sich auf Zehenspitzen und hauchte einen Kuss auf das Kinn
des Mannes. Tränen glitzerten in ihren langen Wimpern und fielen, wie kleine,
glitzernde Diamanten auf die dunkle Robe des Magiers. Er schluckte und rang mit
seinem heißen Verlangen. Wusste er doch, dass die Elfe ein falsches Spiel mit
ihm spielte und ihn nur wie eine Marionette für seine Zwecke benutzte. Doch er
konnte nicht anders, er brauchte sie! Sie war seine Droge, sie berauschte ihn,
schenkte ihm unendlichen Genuss und das Gefühl etwas besonderes zu sein. "Nein,
ich helfe dir Cell." Er strich durch ihr blondes, lockiges Haar. Es fühlte
sich, wie feinste Seide aus Orlais an. Callél hob ihren Blick und sah dem
Magier unter gesenkten Wimpern an. "Wirklich?." fragte sie leise, während sie
ein leichtes Lächeln andeutete. Der Mann nickte und zog sie an sich. Fest
umschlang er ihre schmale Gestalt. Er brauchte sie, egal wie sehr sie ihn
verletzte. Sie war seine Luft zum Atmen, sein Elixier des Lebens. Der süße
Nektar von dem er naschte und nicht genug bekommen konnte. Nein, er begnügte
sich nicht mit einem geringen Anteil. Er dachte nicht objektiv, da war er wie
ein Kind, er wollte die ganze verbotene Frucht und das um jeden Preis, egal wie
hoch dieser sein mochte. "Ich versiegel ihre Erinnerungen," hauchte er gegen
ihre Lippen und hoffte, dass er sie nun kosten durfte. Seine Hände zitterten
vor Aufregung, sie ließ ihn gewähren. Berauscht von der Weichheit ihrer Lippen
und ihrem süßen Geschmack, folgte er jedem Befehl den sie gab. Sie war die
Herrin und er der Hund, der gehorchte. So hatte sie es schon immer gemacht und
so würde sie es immer machen, dieses mal würde sie es schaffen. Sie würde
ihren Herzenswunsch erfüllen, doch erst wenn die Zeit reif und die Gefahr
gebannt war. Denn selbst ihr, waren Regeln auferlegt. Sie war eine Wandlerin,
gefangen in dem Zeitstrom, zwischen der wirklichen Welt und dem Nichts. Sie warf
einen Blick auf die reglose, zusammen gesunkene Gestalt an der Mauer. Durch sie
würde sie die Regeln brechen. Sie löste sich von dem Mann und erkannte das
Bedauern in seinen Augen. "Bevor du deine Belohnung bekommst, müssen wir diesen
Soldaten aus dem Weg schaffen." Sie deutete auf den erstarrten blonden Mann. Die
Magie des Magiers lähmte ihn. Der Magier grinste und zückte einen Dolch. Oh
ja, er würde gehorchen, dieser lieblichen Melodie folgen, egal was sie
forderte.................
Benommen schlug ich die Augen auf und fasste mir an den pochenden
Schädel.Kühles Metall schmiegte sich gegen meine Wange und ich blinzelte
verwundert. "Endlich seid Ihr aufgewacht!" Ich blickte hoch und sah in
oliv-grüne Augen. Alistair! "Was....?," fragte ich verwundert und stellte fest,
das ich an seiner Brust lehnte. Augenblicklich löste ich mich von ihm, mit
hochroten Kopf. Er kratzte sich verlegen am Hinterkopf und meinte
entschuldigend: " Ihr seid plötzlich umgekippt. Ich konnte Euch gerade noch
fest halten." Dén tauchte vor mir auf. "Es stimmt was er sagt. Er hat die Magie
deines Anhängers gebannt," gab er zerknirscht zu und warf Alistair einen
feindseligen Blick zu. Mein Mund machte ein erstauntes "Oh!" und der Wächter
lächelte leicht. "Ich....Ich weiß jetzt warum ich bewusstlos geworden bin. Es
tut mir leid Alistair," entschuldigte ich mich bei dem Wächter und sah in seine
warmen Augen. Die Anderen warfen uns verwirrte Blicke zu. Sie wussten ja nichts
von unserer ersten Begegnung. Alistair verstand und winkte ab, er nahm es auf
die leichte Schulter, schien sich aber trotzdem über meine Entschuldigung zu
freuen, da sich ein Strahlen auf seinem Gesicht ausbreitete. Seine gute Laune
steckte mich an und ich vergaß die Geschehnisse des vergangenen abends wieder.
Auch die blauen Augen, die ich zuletzt wahrgenommen hatte.
Die Sonne stand bereits hoch, als wir unseren Weg fortsetzten. "Wie habt Ihr das
eigentlich vorhin gemacht?," fragte ich neugierig und musterte das Seitenprofil
seines Gesichts. Ich schluckte, bisher konnte ich mich wirklich nicht
beschweren. Er nervte mich weder mit sinnlosen Fragen, noch trat er mir zu Nahe.
Dén schien es nicht zu passen, dass ich mich mit Alistair unterhielt, denn er
schmollte die ganze Zeit. "Ich habe die Magie des Anhänger gebannt, doch leider
konnte ich ihn Euch nicht abnehmen. Ihr hättet das erwähnen sollen," tadelte
er mich und ich zog verwirrt die Stirn kraus. Die Magie meines Anhängers
gebannt und man konnte ihn nicht abnehmen? Gedankenverloren strich ich über den
kühlen Stein. Ob dieser Traum oder diese Vision etwas zu bedeuten hatte?
Wenigstens konnte ich mich jetzt wieder ohne Kopfschmerzen erinnern, auch wenn
die Erinnerungen recht unschön waren und mein neu gewonnenes Vertrauen in den
Shemlen zum Schwanken brachte. "Bevor Duncan kam und ich ein Grauer Wächter
wurde, war ich in einem Kloster und wollte ein Templer werden, mehr oder
weniger," erklärte er sachlich und seine Augen huschten unsicher zu mir. Dieses
Thema schien ihm unangenehm zu sein, warum nur? Ich beließ es dabei, entweder
er erzählte es mir irgendwann von sich aus oder er ließ es bleiben. Ich würde
ihn sicherlich zu nicht zwingen. Ob Melle gewusst hatte, was für eine Macht in
dem Stein wohnte?
Vermutlich nicht, sie wollte ihn mir ja wieder abnehmen......Ich stockte, sie
konnte ihn abnehmen! Vielleicht konnte ich das auch? Ich schnappte nach dem
Lederband, Alistair beobachtete mein tun mit großen Augen und zog es mir über
den Kopf. Nichts passierte. Nachdenklich wog ich den Stein in meiner Hand hin
und her. Die Oberfläche war ganz glatt, nur in dem Silberband waren Runen
geritzt. "Er ist hübsch," sagte der Wächter plötzlich. Ich nickte. "Er
bedeutet mir auch viel. Vielleicht war das alles einfach nur Zufall," entgegnete
ich und verstaute den Talisman vorsichtshalber in meinem Rucksack. Man konnte ja
nie wissen, ich würde Wynne einen Blick darauf werfen lassen. Vielleicht konnte
sie mir mehr erzählen. Wir verweilten in einigen zwanglosen Gesprächen, bis
der Weg sich gabelte. Rechts führte er geradewegs ins Moor und nach links
führte ein sandiger Weg.
"Beim Atem des Erbauers," keuchte Ser Jory auf. "Seht nur, dort liegt jemand,"
fügte Daveth hinzu und deutete nach vorne. Dén hob seinen Kopf und
augenblicklich verfinsterte sich seine Mine. Er warf mir einen warnenden Blick
zu. Alistair war bereits zu dem verwundeten Soldat geeilt und überprüfte
dessen Puls. Wir traten zögerlich näher. Ich erschauderte bei dem Anblick. Der
Soldat war über und über mit tiefen Wunden und Schnitten übersät.
Das einstige braun seiner Lederrüstung war tief rot gefärbt und seine Haut so
weiß und durchscheinend wie Pergament. Schwarze Adern zeichneten sich darunter
ab. Er war verdorben. Es war nur eine Frage der Zeit bis er starb. "Helft
mir....," krächzte er schwach und ein Schwall Blut kam aus seinem Mund. Ein
erbärmlicher Anblick. "Er ist ein Späher," stellte Alistair an uns gewandt
fest. "Wir müssen ihm helfen!".
Ich hatte meinen Blick abgewendet. In einiger Entfernung lag ein halb verwestes
Rindvieh. Das Fell löste sich bereits von der dunklen Haut und darunter
befanden sich schwarze Pusteln. Überall lagen Waffen. Es musste einen Kampf
gegeben haben, gegen die Dunkle Brut. Wahrscheinlich ein Hinterhalt. Bisher
hatte ich keines dieser Monster gesehen, aber vermutlich würden die nicht mehr
so lange auf sich warten lassen. Alistair versuchte verzweifelt die Blutung zu
stoppen, aber die Wunden waren zu tief und zahlreich. Er war ganz konzentriert
und ein Schweißtropfen rann ab seinem Gesicht hinunter. Ich kaute hilflos auf
meiner Unterlippe und wusste nicht was ich tun sollte. Dem Mann war nicht mehr
zu helfen, besser man beendete sein Leid, anstatt es hinaus zu zögern. Ser
Jory, noch immer ganz bleich, zitterte leicht und seine Pupillen waren etwas
geweitet. Er hatte eine heiden Angst! Verfluchter, feiger Shem! Daveth sah sich
aufmerksam um und Dén taxierte den Soldaten mit seinen Blicken. Er biss sich
fest auf die Unterlippe und hatte die Hände zu Fäuste geballt. Hasste er die
Menschen wirklich so sehr?Was war mit mir? Duncan und Alistair waren sehr
freundlich zu mir gewesen. Ich hatte sogar Vertrauen zu beiden gefasst.
Alistair wischte sich über die schweißnasse Stirn. Hoffnungslos legte er einen
weiteren Verband um eine Wunde. Der weiße Stoff wurde sofort rot durchtränkt.
War die Horde wirklich schon so nah? Verbissen nahm er die nächste Verletzung
in Augenschein. Es war eine tiefe Fleischwunde, verursacht durch einen stumpfen
Gegenstand. Vorsichtig presste er die beiden Hautlappen zusammen. Mit einem
widerwärtigen Schwappen, floss das Blut über die Ränder. Er fluchte leise,
normalerweise müsste man sie nähen. Wäre doch nur ein Magier in der Nähe!
Der rot-blonde Wächter sah zu den Anwärtern, die ihm anvertraut worden waren.
Warum half ihm denn niemand? Sein Blick blieb an der schwarzhaarigen Elfe
hängen. Vielleicht besaß sie noch einen Heiltrank? Immerhin hatten sie sich,
gegen seinen Erwartungen, gut verstanden.
Trotzdem wusste er, dass er viel von ihr forderte, wenn sie ihm half. Die
Menschen hatte sie tief verletzt und sie vermied es ihnen zu helfen. Er seufzte.
Gab es denn keinen Lichtblick mehr in dieser verkorksten Welt? Seine eigene
Vergangenheit war ebenfalls kein Zuckerschlecken gewesen, doch er konnte sich
nicht ändern und hatte sich damit abgefunden. Er wusste nicht was der Elfin
widerfahren war, er konnte nur von dem Schlimmsten ausgehen und das bereitete
ihm Unbehagen. Er wollte nicht das bisschen Vertrauen, welches sie zu ihm
gefasst hatte, durch eine unüberlegte Handlung verlieren. Schließlich wusste
er nicht, wer den Beitritt überlebte.
Ich zuckte zusammen, als ich Alistairs Blick auf mir ruhen spürte. Es war eine
stille Aufforderung. Was sollte ich tun? Alles in mir sträubte sich diesem Mann
zu helfen? Ich wollte es nicht! Ich trat zu dem Wächter und hockte mich neben
ihm. Kritisch betrachtete ich die Verletzungen. Hoffnungslos. Ich schüttelte
den Kopf. Ich konnte ihn nur noch erlösen, ein bitterer Geschmack breitete sich
in meinem Mund aus. Ich zog meinen Dolch aus meinem Stiefel. Bevor mich jemand
aufhalten konnte, krallte ich meine freie Hand in den Haarschopf des Soldaten
und bog seinen Kopf zurück. Mit einem gezielten, präzisen Schnitt hatte ich
die Kehle durchtrennt. Gurgelnd ging der Kopf zu Boden und der Körper
erschlaffte. Eine Blutlache bildete sich unter dem toten Körper. Angeekelt
wischte ich meinen Dolch mit einem Grasbüschel ab, ehe ich ihn wieder
verstaute. "Seid Ihr wahnsinnig?!," rief Alistair geschockt aus, packte mich
grob an den Schultern und funkelte mich zornig an. "Das ist alles nicht wahr!
Ich will zurück nach Highever, zu meiner schwangeren Frau!", jammerte Ser Jory
und Daveth versuchte ihn zu beruhigen. "Wieso? Er wäre doch sowieso gestorben,"
rechtfertigte ich mich ungerührt von seinem Ausbruch und Ser Jorys Gejammer.
Jetzt bloß nicht weich werden. Ich musste das tun! "Wir hätten ihm helfen
können!" Seine Hände bohrten sich unnachgiebig in meine Schultern. Das würde
ein paar hübsche, blaue Flecke geben. "Lasst mich los," zischte ich leise. Der
Wächter funkelte mich noch immer an. Verfluchter Shem! "Ihr seid Verrückt! Ihr
habt noch nicht einmal mit der Wimper gezuckt! Eine Psychopathin! Wie könnt Ihr
nur so kalt sein......," stellte er kühl fest und sein Griff verstärkte sich.
Ich wollte aufschreien, doch diese Blöße würde ich mir nicht geben. Kalt, was
wusste er denn schon von mir? Woher nahm er sich das Recht über mich zu
urteilen. Meine Eltern wurden vor meinen Augen ermordet! Mein Vater hatte sich
schützend vor meiner schwangeren Mutter gestellt, als die Shems auf sie mit
Steinen warfen und anschließend ein prügelten. Sie hatten beinahe den ganzen
Clan niedergebrannt! Noch immer sah ich die Silhouette meines Vaters im
Feuerschein und spürte die Hitze der Flammen auf meinen Wangen. Diese Menschen
waren kalt gewesen! Was wusste dieser Mensch schon von mir? Blanker Hass
spiegelte sich auf meinem Gesicht wieder, als ich leise sprach: "Was weißt du
schon Shem! Du musstest nicht das erleben was ich erleben musste. Es ist egal,
ob man diesem Mann hätte helfen können! Was zählt ist zu überleben und sich
nicht mit belanglosen Dingen aufzuhalten! Ich helfe doch nicht meinem
natürlichen Feind, den Shemlen." Er sah mich entgeistert an und öffnete den
Mund um etwas zu erwidern, schloss ihn dann jedoch. Auch der Rest der Gruppe
hörte uns zu, doch sie schwiegen ebenfalls. Ich grinste, perfekt! Es wurde Zeit
diesem Shem eine Lektion zu erteilen. "Und da ich ja wahnsinnig und eine
Psychopathin bin.....," ich zückte blitzschnell meinen Dolch und hielt ihn an
seiner Kehle. Ein kleines Rinnsal Blut lief seinem Hals hinab und er schluckte
erschrocken. Damit hatte er nicht gerechnet. Mir war egal was er nun von mir
hielt, was Duncan davon hielt oder der Rest. Es wurde Zeit die Fronten ein für
alle mal zu klären. Ich war nicht so wie die anderen Elfen, ich würde Taten
folgen lassen. Es musste sich etwas in diesem Land verändern und zwar ganz
dringend. "........lässt du mich besser in Ruhe,
Shem!," beendete ich meinen letzte Satz und betonte
besonders das letzte Wort. Ich ließ meine Waffe sinken, drehte mich schwungvoll
um und ging weiter. Die Tränen die sich in meinen Augen sammelten, zeigte ich
ihnen nicht. Ich war nicht schwach, ich musste stark sein, unnahbar! Ich hörte
Alistair schnauben. "Wir müssen ihn wenigstens begraben. Ser Jory, Dén,
Daveth. Ihr werdet mir helfen," wies er die Anderen an. "Vergiss es!" meinte
Dén trotzig und eilte zu mir. Ich zuckte zusammen, als er mir einen Arm um die
Schulter schlang und mich an sich zog. "Ich bin ganz Lynas Meinung! Ich nehme
keine Befehle von Menschen an!" Unsicher sah ich ihn von der Seite an. Sein
Blick war starr auf den menschlichen Teil unserer Gruppe gerichtet. In seinen
Augen brannte ein Feuer, welches mir einen Schauer über den Rücken trieb. So
war meine Tat nicht gemeint, oder doch? Ich war verwirrt, wusste nicht mehr was
richtig und falsch war. Verloren. So kam ich mir vor, es gab nun weder ein Vor
noch ein Zurück. Alistair blickte uns an, aber neben seiner Wut lag noch etwas
anderes darin. Enttäuschung. Ich fühlte mich mehr als unwohl in meiner Haut,
aber es gab keine weiteren Diskussionen. Die Männer machten sich an die
Arbeit.
Starr blickte ich zu Alistair, Ser Jory und Daveth. Sie hoben gerade etwas Erde
aus, soweit wie es ging, mit den dürftigen Mitteln, die ihnen zur Verfügung
standen. Ein seltsames Bild. Die Menschen arbeiteten, während wir Elfen stumm
zusahen. Ich hatte mich auf einen umgestürzten Baumstamm gesetzt und ließ
meine Füße baumeln. Meine Hände lagen gefaltet in meinem Schoß. "Ich glaube,
der hat sich fast nass gemacht vor Angst," kicherte Dén nahe meinem Ohr und ich
zuckte desinteressiert mit den Schultern. Es stimmte, ich hatte ihm wissentlich
bedroht und obwohl der Wächter den Spieß hätte umdrehen können, hatte er es
nicht getan! War das nun Dummheit oder vertraute er mir? Was sollte ich davon
halten? Er hatte mir bereits zweimal geholfen, ohne zu zögern. Warum schrie er
mich nicht an und tobte wie wild? Seine Milde, war für mich jetzt schon die
schlimmste Strafe, vor allem da ich sein Handeln nicht nachvollziehen konnte.
Niemand war da, den ich hätte fragen können. Dén, verstand es eh nicht, ganz
im Gegenteil, er eiferte mir sogar nach und zog sich nun ebenfalls zurück. Ich
seufzte und strich mir durchs Haar. Der Wind blies mir einige Strähnen ins
Gesicht und ich spürte ein verdächtiges Brennen in meinen Augen. Der Soldat
wurde in die Kuhle gelegt und mit der lockeren Erde überschüttet. "Bist du in
Ordnung, Lyna?," fragte Dén besorgt und sah mich abwartend mir gerunzelter
Stirn an. Ich nickte knapp, nahm meinen Blick jedoch nicht von dem Grab. "Man
könnte fast meinen, du bereust deine Tat." Es gab kaum eine nennenswerte
Reaktion meinerseits. Bereute ich meine Tat, fühlte ich mich deswegen so
schlecht? "Ich weiß es nicht, Dén. Ich weiß nicht was mit mir los ist."
Bilder von der Reise mit Duncan, schossen an meinem geistigen Auge vorbei. Warum
hatte mein Charakter sich so schnell gewandelt? Alistair hatte mir nichts getan,
ebenso wie dieser Soldat. Warum hasste ich die Menschen plötzlich so sehr?
Hasste ich Duncan jetzt auch? Ich vergrub mein Gesicht in meinen Händen. Dén
strich mir beruhigend über den Rücken.
Ich wischte mir über meine schweißnasse Stirn und holte tief
Luft. Der Soldat war begraben worden, damit hatten wir unsere Pflicht ihm und
den Erbauer gegenüber erfüllt. Noch immer kochte die Wut in meinem Inneren und
ich verstand einfach nicht, warum die Elfe so etwas Getan hatte. Vorsichtig sah
ich zu ihr, während ich meine Feldflasche hervor holte. Sie war in sich
zusammen gesunken und ihr Körper bebte. Wenigstens bereute sie. Ich setzte die
Flasche an und augenblicklich fühlte ich mich besser. Das kühle Nass rann
meine Kehle hinab und belebte meinen Geist. Ich musste einen kühlen Kopf
bewahren, dennoch fragte ich mich, wie Duncan die Elfe gefunden hatte. Ich
zweifelte seine Entscheidung nicht an, viel zu sehr verehrte ich meinen Mentor.
Er war stets darauf bedacht das Richtige zu tun. Dén kümmerte sich um das
schluchzende Elfenmädchen. Er hatte einen Arm um sie gelegt und sprach
beruhigend auf sie ein. Allein seine Nähe ließ sie zu, ob es daran lag, dass
er ebenfalls ein Elf war? Ich fasste mir an die Stirn, als sich ein dumpfes
Pochen dahinter ertönte. Nicht mehr lange und es würden ausgewachsene
Kopfschmerzen sein. Seufzend verstaute ich die Flasche wieder und tastete
nachdenklich meinen Hals ab. Ich fühlte einen kleinen Schnitt. Sie hatte mich
ernsthaft bedroht. Ich grinste verschmitzt, also hatte ich sie so sehr in die
Enge getrieben? Duncan hatte sie gewiss nicht ohne Grund ausgewählt, dennoch
gab sie mir mehr Rätsel auf, als ich verkraftete. Ich hatte sie bewusstlos
gefunden, warum war sie bewusstlos gewesen? Dann ihr Angriff mit dem Topf und
ihre missglückte Flucht. Sie hatte mich ganz schön angefahren. Zuerst war ich
sprachlos gewesen, doch dann war selbst mir der Kragen geplatzt. Dann die
Situation mit den Wölfen, Ser Jory und dieses helle Licht. Eindeutig Magie!
Doch sie war keine Magierin und es war doch sehr unwahrscheinlich, dass ihr
Anhänger etwas damit zu tun hatte. Es war eine uralte Magie gewesen, dass hatte
ich gespürt. Und nun der Soldat. Sicherlich, er war verdorben und es war nur
eine Frage der Zeit, aber ich hätte ihr dennoch so viel Herz und Güte
zugetraut ihm zu helfen. Wenigstens bereute sie es jetzt, dass ließ meine
Hoffnung steigen, dass es nicht ganz umsonst gewesen war.
Ein warnendes Prickeln in meinem Nacken schreckte mich auf. Es erfasste meinen
ganzen Körper und ich rief alarmierend: "Vorsicht! Dunkle Brut!" Warum
ausgerechnet jetzt?!
Dén und ich schreckten zeitgleich auf und fielen beinahe von dem Stamm, nur mit
Mühe und Not krallte ich mich ins durchnässte, aufgeweichte Holz. Ich sprang
hinunter, der Elf tat es mir gleich. Meine Augen brannten und ich musste ein
erbärmliches Bild abgeben. Toll, ausgerechnet jetzt!, schimpfte ich in
Gedanken. Vor uns tauchte eine kleine Gruppe Dunkler Brut auf, Die Genlocks
hatten kleine gedrungene Körper, ihre Haut war großporig und vernarbt. Aus
ihren Mäulern ragten spitze, gelbliche Zähne, gleich Hauer eines
Wildschweines. Ihr kahler Kopf wirkte eingedrückt und war durch und durch
hässlich. Einen Schönheitspreis gewannen diese Viecher ganz sicherlich nicht!
Sie verströmten den süßlichen Geruch der Fäulnis und mir wurde schlecht.
Meine Begleiter wurden ebenfalls etwas Grün im Gesicht. Der Hurlock war
wesentlich größer und besaß fast schon menschliche Züge, war jedoch ebenso
hässlich wie seine Artgenossen. Er trug eine schwarze Plattenrüstung, wie die
Genlocks und war bis an die Zähne bewaffnet. Es waren drei Nahkämpfer mit
Einhändern und drei Bogenschützen, plus Hurlock, der einen Zweihänder schwang
- eine riesengroße Axt. Ein gehässiges Lachen ertönt und mir lief ein Schauer
über den Rücken. Ich wischte über mein Gesicht und zitterte am ganzen
Körper. "Na endlich!," lachte Daveth hinter mir und schien ganz erpicht auf
diesen Kampf zu sein. "Endlich können wir diesen Viechern in ihre vermoderten
Hintern treten," stimmte Dén ein und boxte dem Schwarzhaarigen spielerisch in
die Seite. Anscheinend schweißte sie dieser Anblick zusammen, dachte ich
grummelnd und schnappte mir meinen Kurzbogen. "Hey, wahnsinnige Amazone! Ich
werde trotzdem auf Euch acht geben, auch wenn ich nur ein Mensch bin!" Ich
spielte mit dem Gedanken, Daveth ebenfalls abzuschießen. Trotzdem beruhigte
mich seine Aussage etwas, ich wurde also noch akzeptiert. Verrückter Kerl. der
Hurlock erhob seine Axt und brüllte laut auf. Die Genlocks gingen auf uns los.
Ein Pfeil zischte knapp an meinem Ohr vorbei, gefolgt von einem Brennen auf
meiner Wangen. Ich erstarrte und keuchte erschrocken auf. Bisher waren meine
Gegner nur Tiere gewesen, aber keine solchen Monster. Ich war paralysiert von
ihrem Anblick. Plötzlich wurde ich hart zur Seite geschubst und landete unsanft
auf der Erde, gerade noch rechtzeitig. Alistair hob seinen Schild an und wehrte
einen weiteren Pfeil ab. Er hatte mich schon wieder beschützt. Ich starrte ihm
nach, als er auf den Hurlock zu stürmte, die Pfeile, die auf ihn niedersausten,
einfach ignorierend. Ich rappelte mich wieder auf zückte meinen Dolch und mein
Kurzschwert, welches sachte gegen meinen linken Oberschenkel schlug. Der Genlock
der mir am nächsten war, wurde einen Kopf kürzer, als ich mich herumwirbelte
und seinen Kopf von dem Rumpf trennte. Eine Blutfontäne schoss hervor und der
hässliche Schädel rollte über den Boden. Dén warf einen Dolch auf seinen
Gegner, er blieb im Bauch des Genlocks stecken. Augenblicklich zog der
Bogenschütze den Dolch mit einem wütenden Aufschrei aus seinem Bauch und zog
ein Kurzschwert. Unnachgiebig hieb er auf den elf ein. Dén wehrte mit
zusammengebissenen Zähnen die Hiebe ab und wich den Attacken geschickt aus, was
den Genlock noch rasender machte. Dén zog einen weiteren Dolch und taucht unter
den Armen des Monsters hindurch und rammte ihn mit aller Kraft in dessen Herz.
Er wurde unter den zusammen brechenden Genlock begraben. Zum Glück! Ein Pfeil
raste auf ihn zu und wurde von dem toten Körper abgefangen. Der schwer atmende
Elf kämpfte sich frei und schnappte sich das Kurzschwert. Daveth kämpfte
ebenfalls mit seinem Bogen und heizte den gegnerischen Bogenschützen ganz
schön ein. Gegen seinen Kurzbogen hatten sie keine Chance, er war schneller
gespannt als ein Langbogen. Das machte sich der gewitzte Schurke zu nutzen. Ser
Jory schwang sein zweihändiges Schwert wie einen Berserker und zerteilte zwei
Genlocks mit einem Hieb. Der Hurlock brüllte wütend, als seine Gruppe
schrumpfte und er selbst keinen Treffer bei dem Wächter landen konnte.
Unerschrocken schlug er mit voller Kraft zu. Alistair hob seinen Schild und
wehrte den Angriff strauchelnd ab. er fing sich schnell wieder und taxierte sein
Gegenüber ebenfalls mit dem Schwert. "Dén!," rief ich und warf dem Elf mein
Schwert zu, der sich gerade dem störenden Bogenschützen widmete, den Daveth
ablenkte. Er fing es geschickt auf und bedankte sich mit einem Grinsen. Der
Genlock wollte auf ihn einschlagen, doch ein Pfeil bohrte sich in seinen Arm.
Daveth jubelte. Wenigstens hatten die Beiden ihren Spaß. Ich holte meinen Bogen
wieder hervor und zielte auf den Hurlock. Vielleicht konnte ich Alistair helfen.
Mein Arm zitterte leicht unter der Anstrengung und ich bemerkte eine bleierne
Müdigkeit in meinen Gliedern. Ich durfte den Bogen nicht verziehen! Sonst traf
ich wohl möglich den Wächter. Verbissen taxierte der Rothaarige den Hurlock.
Das Ungetüm hob seine Axt zum Schutz und Alistair verlor sein Schwert. Panisch
riss er seinen Schild hoch und wurde zu Boden geworfen. Der Hurlock lachte
erneut und seine schwarzen Augen verengten sich zu Schlitzen. Ich legte den
Pfeil an und spannte die Sehne. Der Hurlock riss seine Arme nach oben und holte
vollen Schwung mit der Axt. Alistair könnte dem nie standhalten. Gerade als der
Hurlock zu schlagen wollte, schoss ich. Surrend flog der Pfeil über das
Kampffeld und bohrte sich mit aller Kraft zwischen die schwarzen Augen. Der
Hurlock kippte nach hinten, da sein Schwerpunkt durch die Axt verlagert war. Mit
bleichem Gesicht sank ich auf die Knie. Ich hatte getroffen! Erleichterung
machte sich in mir breit und ich dankte Andraste dafür. Doch ich hatte mich zu
früh gefreut. Der Hurlock bewegte sich noch immer, doch Alistair sprang mit
einem Kampfschrei auf, griff nach seinem Schwert und trennte mit einem wuchtigen
Hieb den Kopf vom Körper. Der Kopf rollte zu mir und stieß gegen meine Knie.
die gebrochenen Augen blickten mich anklagend an. Das war meine erste Begegnung
mit der Dunklen Brut gewesen. Ich war geschockt und zugleich auf einer abartigen
Weise fasziniert. "Hübsch nicht?," sagte der Wächter lachen und sang neben mir
auf den Boden. "Das ist sie die berühmte Dunkle Brut. Ihr werdet sicherlich
gute Freunde, auch wenn die Freundschaft nicht von Dauer ist." Ich verzog das
Gesicht, erwiderte dann jedoch erleichtert lachend: "Eine hübsche Trophäe für
den Kamin. Da werden sich meine Enkel bestimmt freuen." Seine Mine verfinsterte
sich Sekunden lang. Hatte ich mir das eingebildet? Unsere Kameraden hatten
ebenfalls ihre Gegner zur Strecke gebracht. Alistair kramte die drei leeren
Fläschchen hervor und ich beobachtete ihn neugierig, als er aufstand und sie
mit dem Blut der Dunklen Brut füllte. "Bäh, muss das wirklich sein?," fragte
ich und verzog angewidert das Gesicht, Alistair grinste mich verschmitzt an. Von
ihm würde ich keine Antworten bekommen. Warum wurde darum so eine
Geheimniskrämerei gemacht? "Jetzt fehlen nur noch diese Dokumente," seufzte Ser
Jory erleichtert und säuberte sein Schwert von dem stinkenden Blut. Er hatte
gut gekämpft, aber meine Antipathie ihm gegenüber verschwand nicht. Dén kam
auf mich zu, in der Hand hielt er etwas. Er gab mir mein Kurzschwert zurück und
hielt mir dieses Etwas direkt unter die Nase. "Für dich, ich denke sie passt zu
dir. Der fette Genlock hätte sie beinahe zertrampelt. Vielleicht wird doch noch
alles gut?," grinste der Blonde verlegen und ich nahm die Blume dankend an. Ihre
Blütenblätter waren weiß und ihr Kelch so rot, wie frisches Blut. Sie war
wunderschön. Ich verstaute sie in meinem Rucksack.
Nach einem kurzen Fußmarsch erreichten wir eine Ruine. Ihre weißen, makellosen
Säulen und Rundbögen passten nur schwer in diese trostlose, karge
Moorlandschaft und verliehen ihr etwas unwirkliches. Die wenige Dunkle Brut, die
sich uns entgegen gestellt hatte, hatten wir ohne größere Probleme nieder
geschlagen. Nach kurzem Suchen fanden wir eine aufgebrochene Truhe. Sie war
leer. "Sie sind weg?!," fragte Alistair verwundert und kratzte sich am
Hinterkopf. Das war gar nicht gut! Und nun? Sofort äußerte ich meine Frage
doch der Wächter konnte mir keine Antwort geben. Eine Frauenstimme durchbrach
die aufkeimende Stille plötzlich. "Ich beobachte euch schon eine ganze Weile,"
sagte sie und eine Frau trat aus dem Schatten einer Säule. Wir wirbelten herum.
Wer war sie? Was wollte sie hier? Sie schritt ruhig und elegant auf uns zu, ihre
gelben Raubvogel Augen musterten uns dabei argwöhnisch. "Wohin gehen sie? Was
wollen sie hier? Fragte ich mich." Sie blieb vor uns stehen und ich
erschauderte. "Und nun stören sie die Ruhe in meinem Wald und picken wie
gierige Aasfresser an einer längst verrottenden Leiche," stellte sie kühl
fest. Ihr rabenschwarzes Haar hatte sie hoch gesteckt und ihre luftige Robe
wurde von glänzenden, schwarz-grünen Federn geschmückt und zeigte mehr als
nur den Ansatz ihrer Brüste. Auf ihrem Rücken befand sich ein Zauberstab. Sie
verschränkte sie Arme vor der Brust und sah uns abwartend an. "Alistair
flüsterte leise und warnend: "Sie sieht aus, wie eine Chasind, seid vorsichtig!
Hier können sich noch mehr davon befinden." Die Hexe hörte das und zog
spöttisch eine fein geschwungene Braue nach oben und meinte belustigt:
"Fürchtet Ihr Euch etwa vor Barbaren?" Ihre Augen funkelten teuflisch und der
Wächter schluckte. Ich wollte Alistair helfen, irgendwie, doch ich war zu sehr
von dem Anblick der Hexe gebannt. Sie war also eine Chasind? Eine berühmte Hexe
der Wildnis. "Ja.......ganz schlecht," erwiderte Alistair leise und musterte
sein Gegenüber vorsichtig. "Das ist eine Hexe der Wildnis! Sie wird uns in
Kröten verwandeln und uns dann in ihrem Hexenkessel werfen," rief Daveth aus.
Ich blickte ihn ungläubig an und die Hexe lachte kalt auf. "Glaubt ihr wirklich
dieses Märchen?" Alistair versteifte sich und zog den blick der Hexe auf sich.
"Ihr habt die Verträge gestohlen! Gebt es zu! Böse Hexe, diebische Schlange!"
Die Fremde schürzte die Lippen und ihre Augen funkelten amüsiert. "Welch
Wortgewalt, aber wie bestiehlt man eigentlich Tote?" Alistair ballte die Fäuste
und biss sich auf die Lippen. "Ihr da! Frauen sind meistens klüger, seid ihr
der selben Ansicht? Nennt mir Euren Namen und ich tue das Nämliche." Ihre
kalten Augen fixierten mich und ich schrumpfte unter ihrem Blick zusammen. "Sehr
erfreut, ich heiße Lyna." Der kalte Ausdruck in den Augen der Hexe verschwand
kurz und sie lächelte leicht, was um einiges gruseliger wirkte, als ihre
unnahbare Art. "Ihr habt Manieren, wie schön. Mein Name lautet Morrigan. ,"
meinte sie ,"Und um auf eure Dokumente zurück zukommen, sie sind nicht mehr
hier." Soviel wussten wir auch schon. Alistair deutete mit dem Finger auf die
Hexe und meinte erbost: "Weil Ihr sie gestohlen habt!" Morrigan warf ihm einen
vernichtenden Blick zu. Wenn Blicke töten könnten.....Sofort verstummte der
Wächter und ließ seine Hand sinken. "Und wo sind sie dann?" "Ich habe sie
nicht gestohlen, sie sind bei meiner Mutter." Ich hörte Daveth hinter mir leise
lachen und meine Mundwinkel zuckten ebenfalls. Na super! Die Dokumente befanden
sich im Besitz einer alten, verschrumpelten Hexe, die uns ihre liebreizende
Tochter, als Begrüßungskomitee geschickt hatte. Alistair sah Morrigan
unbeholfen an und ich ergriff das Ruder. "Könnt Ihr uns zu Euer Mutter bringen,
Morrigan?" Die Hexe war überrascht von meiner Frage, nickte jedoch knapp. "Das
ist das erste Vernünftige was ich heute höre. Ihr gefallt mir." War das jetzt
gut oder schlecht? "Ha, erst heißt es: Ihr gefallt mir. Und dann......Zack!
Frosch!," flüsterte Alistair mir missmutig ins Ohr, doch ich ignorierte ihn.
"Wir werden alle in ihrem Kochtopf landen," zwinkerte Daveth verschwörerisch
und Ser Jory entgegnete: "Wenn es dort wärmer ist als hier, dann gerne." Also
war es beschlossen, wir würden Morrigan folgen und hoffen, dass wir heil aus
dieser Sache hinaus kommen würden.
Fluchend zog ich meinen Stiefel aus dem Schlamm, was ein schmatzendes Geräusch
verursachte. Ich war bereist zum dritten Mal stecken geblieben!Morrigan ging
federndes Schrittes weiter. Wie schaffte sie das nur? Wir hatten alle Mühe ihr
zu folgen, doch sie schwebte scheinbar über den Sumpf hinweg, ob da Magie im
Spiel war? Morrigan führte uns zu einer halb verfallenen Hütte, eine alte Frau
erwartete uns bereits davor. Sie hatte graues, zerzaustes Haar und trug ein
braunes Flickenkleid. Das sollte Morrigans Mutter sein? "Mutter ich habe hier
fünf Graue Wächter, die wegen der......." Die alte Frau unterbrach sie hastig,
während sie uns neugierig musterte. "Ich sehe sie, Mädchen. Wie erwartet seid
ihr jetzt endlich aufgetaucht." "Ihr habt uns erwartet?," fragte Alistair
unsicher und runzelte die Stirn. "Und das sollen wir Euch glauben?" Etwas ging
hier nicht mit rechten Dingen zu, darauf würde ich Andrastes gepunktete
Unterhose verwetten. Die alte Hexe lachte amüsiert. "Oh! Glauben sollt Ihr
schon gar nicht, Wächter." Ich wandte mich zu der Frau und meinte: "Morrigan
sagte, Ihr hättet die Dokumente, nach denen wir suchen." Ihr gelben Augen
fixierten mich und ich fühlte mich augenblicklich unwohl. "Ja, ich habe sie
aufbewahrt und bevor Ihr Euch aufregt, das Siegel war bereits zerbrochen."
"Ihr! Oh, Ihr habt sie aufbewahrt?," fragte der rothaarige Wächter verwirrt und
die Hexe lachte. "Natürlich was denkt Ihr denn?," fragte sie herausfordernd.
Sie schmunzelte amüsiert und Alistair sah beschämend zu Boden. Wir wartete
kurz, als sie in ihrer Hütte verschwand und mit einem Packen vergilbten
Pergament zurück kehrte. Sie drückte Alistair die Verträge in die Arme und
meinte dann mit einem Funkeln in den Augen: "Nun gut, da Ihr nun habt was Ihr
wolltet, Wächter solltet Ihr jetzt besser gehen. Morrigan wird Euch sicher
zurück geleiten." Morrigan schnaubte genervt und wollte etwas erwidern, doch
der tadelnde Blick brachte sie zum Schweigen und sie befolgte den Befehl ihrer
Mutter mit Widerwillen.
Unterwegs war uns aufgefallen, dass Dén fehlte. Ob er sich im Moor verlaufen
hatte? Ich hatte ein ungutes Gefühl in der Magengegend und bat daher Morrigan,
ihn suchen zu dürfen. Doch die Hexe winkte kalt ab und meine schlicht, dass er
mittlerweile wohl elfischer Dünger sein musste. Die Verabschiedung von Morrigan
fiel ebenso herzlos aus, wie sie begannen hatte und seltsamerweise war ich froh,
wieder zurück im Lager zu sein. Zwischen mir und Alistair herrschte ein
bedrückendes Schweigen und ich hatte ein schlechtes Gewissen. Außerdem sorgte
ich mich um Dén. Nun musste ich nur noch dieses ominöse Ritual durchstehen,
dann konnte ich aufatmen. Wir durchschritten das große Tor und gingen an den
Zwingern vorbei, als etwas meine Aufmerksamkeit erregte. Ich rannte zu dem Mann
und ließ meine Gruppe stehen. "Kann ich Euch vielleicht helfen?," fragte ich
neugierig. Vielleicht waren die Menschen doch nicht so schlecht, und ich hatte
einiges in meinem Karmakonto wieder gut zu machen. "Vielleicht.....geht Ihr
demnächst in die Wildnis?," fragte er zögerlich und betrachtete mich
nachdenklich. "Wir waren gerade in der Wildnis, warum?," fragte Alistair und
trat neben mich. "Dieser Mabari hier," er deutete auf dem Hund in den Zwinger,
"hat das Blut der Dunklen Brut geschluckt und ist nun vergiftet. Für seinen
Herrn kam jede Hilfe zu spät. Aber wenn Ihr ihm vielleicht helfen könnt,
können wir ihn vielleicht auf Euch prägen." Er sah mich abschätzend an und
ich begann zu strahlen. Man könnte ihn auf mich prägen? Dann hätte ich einen
eigenen Mabari! Melle würden die Augen raus fallen. "Okay, ich versuche es,"
willigte ich sofort ein und der Mann erklärte, was zu tun war und ich nickte.
Ruhig trat ich in den Zwinger und sah zu dem Hund. Seine braunen Augen musterten
mich aufmerksam und er winselte leise. Das arme Tier! Ich ging vor ihm in die
Hocke und legte ihm zögerlich eine Hand auf den massigen Kopf. "Ich will dir
nur helfen, mein Hübscher," flüsterte ich ihm leise zu und er legte den Kopf
leicht schief, als würde er mich verstehen. Vorsichtig legte ich ihm den
Maulkorb um und kehrte zurück zu dem Mann. "Sehr gut, jetzt bräuchte ich nur
noch eine bestimmte Blume." "Was für eine?," fragte ich neugierig und musterte
den Mann abwartend. "eine Wildblume, ihre Blütenblätter sind weiß, der Kelch
ist jedoch tief rot. Sie wächst im Moor, meist auf faulenden Holz," erklärte
er und meine Augen wurde groß. Aufgeregt kramte ich in meinem Rucksack und
hielt ihm die etwas mitgenommene Blume unter der Nase. "Woher....? Gut, ich
werde sofort eine Medizin anfertigen. Kommt später nach der Schlacht wieder,
dann versuchen wir ihn auf euch zu prägen." Ich grinste breit und bedankte mich
rasch, was mir einen skeptischen Blick von Alistair einbrachte. Er wurde einfach
nicht schlau aus mir. Duncan wartete bereits auf uns.....
Kapitel 4: Kapitel 4: Der Beitritt
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Wenig los hier, hm? Naja, solange ich einen Leser habe, poste ich weiter,
würde mich aber dennoch über ein Feedback freuen.
Das Kapitel ist etwas kürzer, als die Anderen, aber dafür kommt das 5. auch
nächsten Monat und wird wieder die gewohnte länge haben.
Kapitel 4: Der Beitritt
Wir folgten Duncan zu einem Platz, der etwas Abseits von den Quartieren und dem
Übungsplatz der Soldaten lag. Der Wächter führte uns eine steinerne Treppe
hinauf und wir folgten ihm schweigend. Nachdem wir aus der Wildnis zurück
gekehrt waren, hatten wir ihm von den Ereignissen berichtet, unter anderem Déns
Verschwinden. Doch es folgte keine großartige Reaktion und er wurde kurzerhand
für tot erklärt, was mir die Kehle zuschnürte.
Ich hatte den Elf zwar nicht lange gekannt, dennoch fühlte ich mich mit ihm
verbunden. Es war, als hätte ich ein Stückchen Heimat gehabt. Ein winziges
leuchtendes Kleinod in der Finsternis.
Wir wussten nicht was uns nun erwarten würde und waren dementsprechend nervös
und angespannt. Mittlerweile war uns jedoch eines klar geworden, dieses Ritual
würde unser Leben für immer verändern.
Wir stiegen die Stufen hinauf und ein kreisförmiges, gepflastertes Plateau
empfing uns. In dessen Mitte stand eine Art Altar aus Stein. Er war schlicht und
aus grauen Stein gefertigt, passend zu den kahlen Rundbögen und Mauern, die uns
umgaben. Es wirkte kalt und unfreundlich.
Eine Gänsehaut breitete sich auf meine Arme aus, als ich mich umsah. Duncan
trat hinter dem Tisch, Alistair neben ihm. Der ältere Wächter öffnete die
Fläschchen mit dem Blut und schüttete sie in einen silbernen Kelch, der sich
auf dem Altar befand. Es war das einzige Schmuckstück und wirkte deplatziert.
Der Kelch war groß, mit dünnen Rändern und einem schmalen, nach unten breiter
auslaufenden Stiel, der in ein Standbein endete. In dem Bauch des Gefäßes,
waren Griffons ein gestanzt. Ein klares Delikt dafür, dass der Kelch zu den
Wächtern gehörte. Der Kelch war nun bis zum Rand gefüllt und wir traten
zögerlich, den Wächtern unsichere Blicke zuwerfend, näher.
Duncan erklärte uns, dass das Ritual vor uns geheim gehalten wurde, weil wir
entweder erfolgreich überleben würden oder starben. Ich schluckte, also gab es
keine Alternative. Ser Jory war ebenso nervös: „Je mehr ich von diesem Ritual
erfahre, desto nervöser werde ich.“ Er verlagerte unruhig sein Gewicht von
einem Bein auf das Andere. „Vielleicht wollen sie uns nur ärgern,“ meinte
Daveth trocken und versuchte die Stimmung etwas aufzulockern.
Die Aussagen der Beiden trugen nicht sonderlich zu meiner Beruhigung bei und ich
warf ihnen ärgerliche Blicke zu. „Ich meine, was wenn wir sterben, ohne
jemals den Wächtern beigetreten zu sein? Lohnt es sich wirklich alles dafür zu
opfern?,“ fragte der Ritter mit zusammen zusammengekniffenen Brauen . Kleine
Schweißperlen bildeten sich auf seiner Stirn.
Daveth funkelte ihn wütend an. „Ich würde viel mehr opfern, wenn es dieses
ganze Chaos beendet!,“ sagte er sauer und sah Ser Jory und mich herausfordernd
an. „Ich habe Frau und Kind in Highever.......Wenn ich das eher gewusst
hätte.....Hätte ich eine Wahl gehabt, dann....“ Hätte er eine Wahl gehabt?
Wir hatten doch eine Wahl gehabt, oder? Ich hätte auch wählen
können......doch ich habe mich für diesen Weg entschieden. Egal, ob ich jetzt
starb oder später. Es kam auf das selbe Endergebnis hinaus. So lief es immer ab
und wenn das Ritual unseren Tod forderte, so würden wir ihn Willkommen heißen.
Schließlich taten wir das hier nicht nur um unseres Willen, hier ging es um
viel mehr. Um unsere Familien, Freunde, Verwandten und Völker.
Es war doch ein hehres Ziel dafür zu sterben, wenn wir damit andere schützten
oder nicht? Dennoch regte mich die Unterhaltung zwischen Daveth und Ser Jory
auf. Konnten die Beiden denn nicht ihre Schnäbel halten?! Ich hatte schon genug
die Hosen voll und die Beiden verbesserten nicht gerade unsere Situation, sollte
es denn überhaupt möglich sein, irgendetwas daran zu verbessern. „Die Grauen
Wächter mussten schon vieles opfern, Ritter! Also reißt Euch zusammen und
steht gerade. Es wird mir eine Ehre sein, mein Leben für unsere Welt zu geben.
Hier steht mehr auf dem Spiel, als unsere selbstsüchtigen Gedanken und
Hoffnungen!,“ fuhr Daveth ihn an und baute sich drohend vor ihm auf. Mir wurde
es zu bunt und ich trat dazwischen, bevor der Dunkelhaarige dem Ritter an die
Gurgel sprang. Mit aller Kraft stemmte ich, eine meiner Hände jeweils auf die
Brust von Daveth und Ser Jory abstützend, auseinander und zischte giftig:
„Euer Gejammer geht mir auf die Nerven! Ich schwöre Euch, ich bin eine Frau
und habe mehr Mut als ihr Beiden zusammen! Haltet die Schnäbel!“
Ich schnaufte wütend und versucht meine Angst zu überspielen. Was bildeten
sich die Beiden überhaupt ein? Daveth grinste plötzlich frech, und trat
zurück. „Das habt Ihr aber schön gesagt, Amazone!,“ meinte er keck und ich
spürte wie mir die Zornes röte ins Gesicht schoss. „Ich bin keine Amazone!
Naja, jedenfalls nicht wirklich...,“ entgegnete ich unsicher und sah
demonstrativ zu Boden. Ser Jory kehrte mir den Rücken zu und blickte zu Duncan,
der ruhig unser Gespräch verfolgt hatte. Er wartete darauf, eine Ansprache
halten zu dürfen und ich lächelte ihn verlegen und entschuldigend an.
Verdammte Kerle, Daveth hatte mich total blamiert! Der Wächter räusperte sich
kurz und begann dann mit ernsten Gesicht zu sprechen. „Während der ersten
Verderbnis wurde die Grauen Wächter gegründet, und um sich ihren Gegnern zu
stellen, tranken sie das Blut der Dunklen Brut. Sie überlebten das Gift und
wurden stärker.“
Ich hielt die Luft an, meine schlimmsten Befürchtungen bewahrheiteten sich und
Ser Jory schrie entsetzt auf. Er zitterte am ganzen Körper, als er fragte:
„Wir sollen dieses Blut....?“ Daveth ballte die Fäuste und blickte starr
auf den Kelch. Duncan nickte, doch sein Gesichtsausdruck blieb verschlossen, als
er hinzufügte: „Wie es die ersten Wächter taten, wie Alistair und ich es
taten. Die, die überleben, werden immun und können das Gift in der Dunklen
Brut spüren. Alistair, die rituellen Worte.“
Die, die überlebten........Das war es also, was mein Leben etwas verlängern
sollte....das Blut der Dunklen Brut! Ich musste nur überleben und ich wäre dem
Tod von der Schippe gesprungen.
Ein Kloß bildete sich in meinem Hals und ich presste die Zähne aufeinander.
Dürfte doch nicht so schwer sein,oder? Schließlich hatte ich den Wolf auch
überlebt! Ich schauderte, ja, ich hatte überlebt, aber zu welchen Preis? Ich
hatte meine Heimat und meinen Clan verlassen....NEIN! Ich musste überleben! Ich
musste mich noch bei Melle entschuldigen, daher gab es keine andere Option.
Daveth schien ebenfalls fest davon überzeugt zu sein, dass er überlebte. Ein
selbstsicheres Grinsen zierte sein Gesicht und ich bewunderte seine innere
Stärke. Er war so ganz anders als Ser Jory, der bereits jetzt schon zu einem
Häufchen Elend zusammen fiel. Alistair senkte das Haupt. „Tretet uns bei,
Brüder und Schwestern. Kommt zu uns in den Schatten, wo wir wachsam warten.
Tretet uns bei und tragt mit uns die Bürde, die getragen werden muss. Und
solltet ihr fallen, wisset, das euer Opfer nicht vergessen werden wird und das
wir eines Tages zu euch kommen werden.“
Seine Tonlage war einige Oktaven tiefer als sonst und sein melancholischer
Blick, verpasste mir eine Gänsehaut. So kannte ich ihn gar nicht! Dieser
Alistair machte mir angst und ich wünschte mich zurück in die Kocari Wildnis.
Gab es denn keine andere Möglichkeit ein Grauer Wächter zu werden? Mussten wir
wirklich in Kauf nehmen, das wir vielleicht sterben könnten? Duncan reichte den
Kelch Daveth. Der Fereldener musterte kurz den Inhalt und führte den Rand
widerwillig zu seinen Lippen. Geschockt betrachtete ich seinen Kehlkopf, als er
ein paar Schlucke trank.
Er gab den Kelch Duncan zurück und für einen kurzen Moment schien es so, als
sei alles in Ordnung. Ich presste eine Hand auf mein hämmerndes Herz und atmete
erleichtert aus. Plötzlich fasste sich der Dunkelhaarige an die Kehle, ein
Würgen erklang und er beugte sich nach vorne. Seine Augen verdrehten sich und
das weiß trat hervor, als er zuckend zu Boden fiel und dort röchelnd liegen
blieb, bis sein Körper erschlaffte und er starb. Entsetzt waren Ser Jory und
ich einen Schritt zurück gewichen. Tränen brannten in meinen Augen. Daveth!
Nein! Das durfte nicht sein! Duncan schüttelte traurig den Kopf. „Es tut mir
leid Daveth.“ Der Schmerz in seinen Augen schnürten mir die Kehle zu. Er
hatte es gewusst! Vom ersten Moment an! Verdammt! Meine Achtung dem Wächter
verschwand und etwas zerbrach in mir. Mein Vertrauen. Wie ein Spiegel
zersplitterte es in zig Einzelteile. Warum hatte er das getan?
Fast automatisch wanderte meine Hand zu meinem Kurzschwert. Ich würde dieses
Teufelszeug nicht trinken! Eher starb ich an meiner `Krankheit`. Ser Jory wich
entsetzt zurück, als Duncan auf ihn zu trat. Ich biss mir auf die Lippen, was
würde Duncan nun tun? „Nein, nein, nein! Vergesst es, ich habe eine Frau und
ein Kind! Hätte ich das eher gewusst....“ Todesangst stand in seinen Augen
und er zog seinen Zweihänder. Er würde sich mit allen Mitteln schützen. „Es
gibt kein Zurück,“ sagte Duncan leise und ehe Ser Jory hätte zuschlagen
können, zog der Wächter in atemberaubender Geschwindigkeit seinen Dolch und
rammte ihn in Ser Jory´s Brust. Ich schlug mir die Hände vor dem Mund und
zuckte zusammen, als Duncan den Dolch geräuschvoll aus der Brust zog. Ser Jorys
gebrochenen Augen waren weit aufgerissen und sein Mund zu einem stummen Schrei
geöffnet. Es war das erste Mal das ich Mitleid für ihn empfand.
Keinen Hauch von Verachtung oder Überlegenheit. Mein Blick streifte Alistair,
er schien ebenfalls entsetzt zu sein. Sekundenlang sahen wir uns in die Augen
und ich schluckte. Würde er mir denn nicht helfen? Schließlich hatte er es
schon getan. Wir könnten Duncan überrumpeln....ach verdammt, er würde doch
nicht seinen eigenen Orden verraten, nur wegen mir. Duncan blieb vor mir stehen
und hielt mir den Kelch entgegen. Meine Mine verfinsterte sich, wenn ich mich
wehren oder verschwinden wollte, würde Duncan mich töten. Wenn ich aber Duncan
mit viel Glück ausschaltete, stand ich Alistair gegenüber........und dann der
gesamten Armee des Königs. Egal wie ich es drehte oder wendete, es gab kein
Entkommen. Ich musste das stinkende Zeug runter würgen und überleben. Ich warf
den Beiden Wächtern vernichtende Blicke zu. „Wenn ich das überlebe und die
Verderbnis vorbei ist, schwöre ich bei Andraste, dass ich euch den Hintern
aufreiße!,“ fauchte ich und schnappte mir den Kelch, setzte ihn ohne zu
zögern an meine Lippen und nahm einen kräftigen Schluck.
Jetzt war es zu spät um sich umzuentscheiden! Ein metallischer Geschmack
erfüllte meinen Mund und das Blut rann brennend meine Kehle hinunter. Jede
Faser meines Körpers begann zu brennen und ich fasste mir würgend an den Hals.
Mein Herz schlug unregelmäßig gegen meine Brust und ich krümmte mich vor
Schmerz. Ich bekam keine Luft mehr und stürzte zu Boden. Ich kippte zur Seite
und das letzte was ich sah, war die verschwommenen Gestalten von Duncan und
Alistair.
// Ein lautes Brüllen ertönte und ich schlug die Augen auf, angetrieben von
einem unstillbaren Verlangen. Ich blickte gen Himmel und sah voller
Begeisterung, wie sich dort eine große, schwarze Silhouette abzeichnete. Erneut
brüllte der schwarze Drache und es klingelte in meinen Ohren. Er rief mich.
Eine sanfte, düstere Melodie, die mich in den Schatten lockte. Ich wollte sie
weiterhin hören! Mit wackeligen Schritten taumelte ich dem Drachen nach, ganz
berauscht von dem Gefühl, welches er in mir entfachte. Ich stolperte über
etwas weiches. Es war ein abgetrennter Arm, an dem blutigen Stumpf hingen die
zerfetzten Muskeln. Der Drache spie grünes Feuer und ich hörte die Schreie der
sterbenden Menschen. Fleisch! Ich wollte frisches, warmes Fleisch! //
Erschrocken öffnete ich die Augen und fuhr hoch. Ich zitterte am ganzen Leib
und mir wurde plötzlich schlecht. Ich drehte mich zur Seite und erbrach bittere
Galle. Wenigstens hatte ich noch nichts gegessen....so blieb mir zumindest der
Anblick meines halbverdauten Essens erspart.
“Sie ist wieder wach, dem Erbauer sei Dank,“ hörte ich eine erleichterte
Stimme und es dauerte eine Weile bis ich mich orientieren konnte. Ich sah auf,
direkt in oliv-grüne Augen. Alistair! Also lebte ich noch! Ich hatte dieses
schreckliche Ritual überlebt, kaum zu glauben. „Wie geht es Euch?,“ fragte
der Rotschopf besorgt und streckte mir seine Hand entgegen, um mir auf zu
helfen. Heuchler! Ich schlug sie erbost zur Seite und blickte auf die Leichen
von Daveth und Ser Jory. Es war unnötig gewesen. Ich hievte mich hoch und kam
wackelig auf die Beine. Duncan schien ebenfalls erleichtert zu sein, doch ich
hatte noch eine Rechnung mit ihm offen! Den Kelch hatte ich zu Boden fallen
lassen und ich schenkte dem verschütteten Blut keinerlei Beachtung. „Ihr habt
ihn umgebracht!,“ schrie ich Duncan zornig an und ging zwei Schritte auf ihn
zu. Mein Fuß knickte um und ich geriet ins Straucheln. Heute war ehrlich nicht
mein Tag. Ich fiel direkt gegen den Grauen Wächter. „Ich hatte keine Wahl,“
kam es ruhig von dem Menschen und ich wich vor ihm zurück.
Ungläubig schüttelte ich den Kopf, dass konnte doch nicht wahr sein! Das war
alles nur ein Traum, ein verdammter, verkorkster Alptraum! Mit geballten
Fäusten blickte ich ein letztes Mal zu den Leichen meiner ehemaligen
Gefährten. Ich musste mich beruhigen, irgendwie.
„Dann bin ich jetzt ein Grauer Wächter?,“ fragte ich und musterte Duncan
argwöhnisch. Mittlerweile traute ich ihm alles zu! Duncan nickte und Alistair
fragte: „Hattet Ihr Albträume? Nach meinem Beitritt hatte ich schreckliche
Albträume.“
Ich sah ihn forschend an, aber er wartete auf eine ehrliche Erwiderung
meinerseits. „Ja, es war grauenhaft,“ antwortete ich zögerlich und
erinnerte mich an den abgetrennten Arm.
Ich schauderte. Wirklich unappetitlich. „Was passiert nun mit mir?“
Schließlich hatte ich gerade das Blut der Dunklen Brut überlebt, also musste
doch jetzt irgendetwas passieren, oder? Na ja, Superkräfte spürte ich nicht
gerade, aber vielleicht dauerte das ja noch etwas. „Ich muss noch zu einer
Unterhaltung mit dem König. Du solltest dich in der Zwischenzeit erholen.
Alistair du begleitest sie, ich werde euch später weitere Anweisungen geben.“
Damit stieg er die Treppen hinab, die wir zuvor erklommen hatten. Wir sahen ihm
schweigend nach.
Wir kehrten zu dem Lagerfeuer zurück, an dem wir zuvor die Instruktionen von
Duncan erhalten hatten. Ich ließ mich auf die Erde fallen und knabberte lustlos
an einem Stück Trockenfleisch. Mit dem verdammten Ding konnte man die Dunkle
Brut totschlagen, so hart war es.
Wie schafften die Reisenden es, davon etwas ab zubeißen und dabei ihre Zähne
zu behalten. Das Ding könnte man höchstens einweichen.....eklig. Das Feuer
knisterte leise. Alistair stand unschlüssig neben mir, ich ignorierte ihn. Er
hätte mich warnen können! Daveth......Dén.....Ser Jory, alle waren tot. Na
ja, Dén war nur für tot erklärt worden, hoffentlich hatte er das Weite
gesucht. Ich wollte nicht das er starb , da war es eher besser das er
desertierte.Ich murrte und schmiss das Fleisch angewidert ins Feuer, wo es mit
einem Zischen verbrannte. Na, wenigstens brannte das Zeug wie Zunder! „Es tut
mir leid.“Ich zuckte zusammen und sah den Wächter mit großen Augen an.
Wie jetzt?
„Ich hätte Euch vorwarnen sollen, doch es war mir verboten,“ sprach
Alistair weiter und ich winkte ab. Wenn er so reumütig war, konnte ich ihm gar
nicht mehr böse sein. „Nein, Ihr habt richtig gehandelt.
Ihr habt das getan, was von Euch verlangt wurde,“ meinte ich wahrheitsgemäß
und kratzte mich am Kopf.
Sollte ich mich jetzt wirklich entschuldigen? Ich hatte das Bedürfnis dazu,
schließlich war ich ja der Trampel, der sich einen Fehltritt nach dem Anderen
leistete. „Ich hätte Euch heute morgen nicht so anfahren dürfen. Das mit dem
Topf tut mir leid,“ ich schmunzelte leicht, „außerdem habe ich mich in der
Wildnis total daneben benommen.
Ihr wart immer bemüht mir gegenüber freundlich zu sein und ich war richtig
fies. Ich hätte den Soldaten nicht töten dürfen.,“ endete ich und fühlte
mich seltsam erleichtert. Alistair ließ sich neben mir nieder, er strich sich
gedankenverloren über den Schnitt am Hals.
„Wenigstens weiß ich jetzt, dass ich mich nie in Eurer Gegenwart verletzen
lasse,“ meinte er verschmitzt und ich war über seine Antwort erleichtert. Er
nahm es mir nicht krumm! „Aber ich wüsste dennoch gerne, warum Ihr so
gehandelt habt. War es wegen Dén? Hat er Euch angestachelt?“
Ich verschluckte mich und blickte ihn ungläubig an, doch er meinte es
vollkommen ernst. „Nein. Dén hatte damit nichts zu tun,“ wehrte ich ab.
„Ich weiß nicht genau, was mit mir los war. Ich hielt es für das Richtige.
Wenn Ihr wüsstet......,“ meinte ich leise und zog den Kopf zwischen den
Schultern ein, als würde ich Schläge erwarten, mein Blick verlor sich in den
Flammen, des prasselnden Feuers.
„Einmal kamen drei She- Menschen in den Wald, wo unser Clan gerade lebte. Sie
waren Schatzsucher. Es kam häufiger vor, dass sich Menschen bei uns verirrten.
Ich war gerade mit einem Clanbruder auf die Jagd. Wir verstanden uns nicht gut,
schafften es aber zusammen zu arbeiten. Wir trafen die Menschen und berieten,
was wir mit ihnen anstellen sollten.... als plötzlich einer von ihnen weg lief.
Mein Clanbruder schoss ihn und einen anderen nieder, doch ich konnte es nicht.
Der Mensch entkam und kehrte später zurück......“ Ich brach mit brennenden
Augen ab. Die Erinnerungen schmerzten zu sehr.
Etwas ähnliches war bereits vor zehn Jahren schon mal geschehen. Ich spürte
Alistairs fragenden Blick auf mir ruhen. Ich schniefte leise. „Sie haben
unseren Clan niedergebrannt.
Den Schöpfern sei Dank, gab es nur wenige Verletzte. Aber es war dennoch
grausam“ Ich seufzte schwer, dass war noch gar nicht so lange her. Wenn ich
damals anders gehandelt hätte, wäre das Alles wohl nie passiert. „Also denkt
Ihr jetzt, Ihr wärt daran Schuld, weil Ihr den Mann damals habt laufen lassen,
richtig?,“ hakte er nach und der Schein des Feuers spiegelte sich in seinen
Augen wieder.
Ich nickte zögerlich.
Ich gab mir die Schuld daran, dass stimmte. „Dann irrt Ihr Euch. Selbst wenn
Ihr den Mann niedergeschossen hättet, so wie Euer Clanbruder die Anderen,
hätte das über kurz oder lang zu Konflikten geführt.
Das Verhältnis zwischen den Dalish und den Menschen war schon immer sehr...
angespannt,“ ergänzte er schließlich und sah mir direkt in die Augen. Mein
Körper kribbelte angenehm und mir wurde wohlig warm. Warum löste dieser Mensch
nur so gegensätzliche Gefühle in mir aus?
„Ist unser Verhältnis auch angespannt?,“ fragte ich scheu. Ein leichter
Rotschimmer legte sich auf die Wangen des Wächters und er senkte verlegen den
Kopf, ehe mir bewusst wurde, was ich gerade eben gefragt hatte. Ich schlug mir
die Hände vor dem Mund und wurde puterrot. Alistair lachte leise und ich wäre
am liebsten vor Scham im Boden versunken.
Hinter uns räusperte sich jemand und ich fühlte mich ertappt, als hätte ich
etwas Verbotenes getan. Duncan war zurückgekehrt und wir standen eilig auf,
aber ich vermied es Alistair ins Gesicht zu blicken.
„Es scheint dir wieder besser zu gehen,“ stellte Duncan amüsiert fest und
ich presste die Lippen zusammen. „Ich habe eine Aufgabe für euch. Ihr sollt
das Signalfeuer im Turm von Ishal entzünden,“ erklärte Duncan sachlich und
musterte uns nachdenklich. Alistair riss die Augen auf.
„Cailan benötigt also zwei Graue Wächter, die das Feuer entzünden, nur um
sicher zu gehen? Ist das sein Ernst?,“ fragte der Rotschopf misstrauisch und
es schien ihn irgendetwas daran zu stören. Ich runzelte verwirrt die Stirn.
„Kann ich das nicht alleine machen?,“ fragte ich verwundert. Es sollte ja
nicht all zu schwer sein, ein Feuer zu entzünden, oder? Duncan schüttelte den
Kopf und widersprach: „Wir müssen in dieser Schlacht alles für den Sieg tun,
ob es nun aufregend ist oder nicht. Der König will das zwei Graue Wächter das
Leuchtfeuer entzünden, also wird es auch so sein.“
Alistair stimmte das weniger glücklich. Er verschränkte die Arme vor der Brust
und meinte dann trotzig. „Aber nur, um Euch vorzuwarnen: Sollte der König mir
befehlen, ein Kleid anzuziehen und vor ihm zu tanzen, werde ich mich weigern.
Dunkle Brut oder nicht!“ Er grinste schief. „Das würde ich zu gerne
sehen!,“ stimmte ich kichernd ein.
Alistair in einem Kleid, dass musste ich sehen. Ich würde mich vor Lachen auf
dem Boden kugeln. „Für euch würde ich vielleicht eins anziehen, aber das
Kleid muss hübsch sein,“ setzte er amüsiert nach. Duncan seufzte entnervt
und rollte mit den Augen. Tja, er wird halt alt, dachte ich gehässig, noch
immer ganz entzückt von der Vorstellung Alistair in einem Kleid zu sehen.
Ich würde darauf später zurück kommen. „Wenn der König unbedingt zwei
Wächter braucht, dann soll es so sein,“ gab der rothaarige Wächter
schließlich nach und ich verkniff mir ein Schmunzeln. Duncan nickte zufrieden.
„Ihr werdet unverzüglich aufbrechen.
Auch wenn diese Aufgabe unwahrscheinlich leicht erscheint, ist sie doch von
immenser Wichtigkeit.“ Ich musterte den Dunkelhaarigen skeptisch, was sollte
an dem Signalfeuer so wichtig sein? Notfalls könnten es doch die Magier
entzünden oder vertraute der König diesen nicht genug? Ging er vielleicht von
einem Verrat aus? Ein kaltes Frösteln überzog meinen Körper und ein
Holzscheit knackte laut. Nein, dieser Gedanke war albern.
Vorallem da uns so eine wichtige und heftige Schlacht bevor stand. Ich
schnappte mir das rechte Handgelenk von Alistair und zog in mit mir. „Keine
Sorge, wir schaffen das schon!“
Ein Horn ertönte von weit her und der Horizont wurde von einem orangenem Licht
erhellt. Doch es war nicht der Sonnenaufgang, sondern die dunkle Brut, die dort
marschierte. Kommandos wurden gebrüllt und Katapulte gespannt.
Ich hörte das Gebell der Mabaris und roch den fauligen Gestank der dunklen
Brut. Mein Nacken prickelte warnend und tief in meinem Unterbewusstsein hörte
ich eine Stimme, sie lockte mich sanft und verführerisch.
Versprach mir verheißungsvolle Dinge und entfachte einen widerwärtigen Drang
in mir, alles und jeden in meinem Umfeld zu töten und mich am Fleisch der
Menschen zu laben. Das Amulett um meinen Hals leuchtete blau auf und die
Präsenz verschwand. Verwirrt schaute ich zu Alistair, der ebenfalls starr in
die Ferne geblickt hatte. Seine menschlichen Augen sahen nicht das, was ich sah.
Darum beneidete ich ihn etwas. Es waren so viele.
So unfassbar viele! Wie sollten wir das überleben? Eine steile Falte zeichnete
sich zwischen seinen Brauen ab. Ein Schlachtruf ertönte und die Mabaris
hetzten gegen die dunkle, breite Masse. Ich wandte mich ab und folgte Alistair
die Brücke entlang. „Beim Schreckenswolf, haben wir überhaupt eine Chance
gegen die?,“ rief ich ihm hechelnd zu. Warum mussten Menschen nur so lange
Beine haben? Die Katapulte wurden los gelassen. Doch die dunkle Brut schoss
ebenfalls zurück und bombardierte die Brücke.
Mit einem Hechtsprung schnellte ich nach vorne zu dem Wächter. Gerade noch
rechtzeitig! Ein riesiger Feuerball schlug an der Stelle ein und verbrannte die
schreienden Soldaten.
Ich schluckte, folgte dann jedoch Alistair.
Ich hatte noch nie eine Schlacht miterlebt, umso überwältigender war nun die
ganze Situation. Vorallem da ich nicht wusste, wie ich mich verhalten sollte.
Ich kämpfte nun an der Seite der Menschen, meiner eigentlichen Feinde! Ich
stolperte, in meiner Unachtsamkeit, über einen Stein und fiel hin. Murrend
stand ich wieder auf, meine Knie waren durch den Sturz aufgeschürft. Als ich
wieder nach vorne blickte, war von dem Wächter nichts mehr zu sehen. War er
etwa weiter gerannt? Ich legte den Kopf schief, dass konnte doch nicht wahr
sein! Über mir flog ein weiterer Feuerball hinweg.
Ich folgte weiter dem Weg, irgendwann musste ich Alistair einholen. Fest
entschlossen meinem Plan zu vertrauen, scheiterte er bereits, als ich nach
einigen Metern an eine Kreuzung ankam. „Das kann doch nicht wahr sein! Wo ist
dieser verfluchte Mensch nun lang gegangen?!“ Eine gepflasterte, unebene
Straße führte nach rechts und eine nach links.
Durch den Rauch der Feuerbälle und dem hereinbrechenden Dunkel der Nacht,
konnte man den Turm nicht sehen. Blindlings lief ich nach rechts und stütze
mich an den zerstörten Überresten der Mauern ab, um mich vor zu tasten. Der
Rauch brannte in meinen Augen und das Atmen fiel mir schwer. Ich hob meinen
linken Arm und wischte mir über die tränenden Augen, doch es wurde nicht
besser. Der Boden bebte und es krachte von allen Seiten.
Schreie hallten von überall her und in dem Rauch mischte sich der Geruch von
verbranntem Fleisch. Ich tastete mich weiter vor, die eine Hand an der Mauer
entlang gleitend und mit der anderen schützte ich meine Augen. Teilweise
stürzten Holzkonstruktionen, wie Wehrgänge und Leitern von den Wänden nieder.
Splitter bohrten sich in meinen Arm und ich heulte vor Schmerz auf.
Plötzlich lag ein Schatten auf mir und ehe ich hätte zur Seite springen
können, fiel etwas auf mich. Hart schlug ich auf den Boden auf.
Die Luft wurde aus meinen Lungen gepresst und ich hatte das Gefühl zerquetscht
zu werden. Ich hörte mein eigenes Blut in meinen Ohren rauschen und ein blutig,
wallender Schleier versperrte mir die Sicht.
Meine Welt verdunkelte sich. Bevor ich jedoch das Bewusstsein verlor sah ich
noch ein paar brauner Lederstiefel vor mir. Dann schlossen sich meine Augen.
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