Himmelskind von EvilKiss ================================================================================ Kapitel 6: Schuldgefühl und die erste Mission --------------------------------------------- Mittlerweile war ein Tag vergangen und der späte Nachmittag leitete sich langsam ein. Isbjorg wurde grundsätzlich in Frieden gelassen. Ihr wurden keine Arbeiten zugeteilt, sie wurde nicht von Marco angemault und auch sonst hatte sie absolut ihre Ruhe. Und es trieb sie fast in den Wahnsinn! Und zwar Marcos Verhalten, ihr gegenüber. Er machte nicht den Eindruck das er sauer sei, auch nicht das er sie hasste. Er tat etwas viel Schlimmeres. Er ignorierte sie. Und zwar prinzipiell. Als würde sie nicht existieren. Sie versuchte alles. Sie grüßte ihn freundlich, sie grüßte ihn zickig und sie versuchte ihn mit seinem „Lieblingswort“ zu necken. Doch er reagierte nicht. Noch nicht einmal seine Augenbraue zuckte leicht. Es passierte einfach... gar nichts. Am heutigen Mittag, stellte sie sich ihm sogar in den Weg, doch ging er einfach stumm an ihr vorbei, keinen Blick schenkend. Jetzt saß sie mit ihrer Division an Deck und Marco erklärte ihnen, was die nächsten Tage so alles geplant war. Er reagierte auch auf Fragen, nur nicht wenn sie von ihr kamen und aus diesem Grund, saß sie jetzt zwischen Bruno und Sam und kaute sich schuldbewusst auf der Unterlippe herum. Jeder der die beiden und ihre Streits kannten, egal ob Is denjenigen kannte oder nicht, fragte sie was passiert sei. Doch reagierte Isbjorg nicht auf die Fragen. Sie kriegte auch mit, wie Marco mehrmals gefragt wurde, doch winkte er stets ab mit dem Satz „Ich weiß nicht wovon du redest“. Isbjorg hingegen bereute ihre Tat von gestern bitter. Sie hätte alles tun sollen, nur nicht das. Dibellas Magie war unheimlich mächtig und das hatte selbst Marco nicht verdient. Am liebsten hätte sie sich hier und jetzt geohrfeigt. Als auch der Abend langsam dahin zog und er sie immer noch wie Luft behandelte, ging sie geknickt in ihr Zimmer. „Idiotin!“, zischte sie sich immer wieder zu und zog ein Buch, über die Kunst des Schwertkampfes, aus dem Regal. Lustlos blätterte sie in dem Buch und überflog ein paar Seiten, doch verging ihr sofort die wieder Lust am lesen. Also schnappte sie sich ein Schwert und fing an es zu polieren. Das lenkte sie wenigstens ein bisschen ab. Nach einer Weile warf sie einen Blick auf die Uhr. Es war kurz nach Elf und seufzend stand sie auf. Das hatte so keinen Sinn mehr! Sie musste mit ihm reden. Und so atmete sie tief ein und öffnete ihre Tür. Auf dem Weg zu den Kommandanten Kajüten, wurde sie zunehmend langsamer und unsicherer. Sie wunderte sich über sich selbst, denn es war gar nicht ihre Art unsicher zu werden. Schon gar nicht wenn es um eine Entschuldigung ging und sie fragte sich tatsächlich, ob sie das im Laufe der Jahre einfach verlernt hatte. Im Flur der Kommandanten, musterte sie die Türen. Thatch hatte ihr einmal erklärt, dass die Türen mit Zahlen versehen waren, die den Divisionen zugeordnet waren und so hielt sie Ausschau nach der Tür mit der Nummer eins. Vor der richtigen Tür blieb sie stehen, atmete tief durch und sah, das noch Licht bei Marco brannte. Sie hob die Hand, hielt kurz unsicher inne und klopfte dann vorsichtig an. „Ja?“ brummte es von drinnen und vorsichtig trat sie ein. Marco saß an seinem Schreibtisch und schrieb flink in seinen Unterlagen. „Hast du mal auf die Uhr geschaut? Außerdem bin ich beschäftigt.“ murmelte er entspannt, ohne sich umzudrehen. Isbjorg schloss die Tür und lehnte sich dagegen. „Ja, habe ich.“ antwortete sie leise und sie sah, wie seine Muskeln sich anspannten und er inne hielt mit schreiben. „Marco, ich muss mit dir reden. Bitte hör mir zu.“ flehte sie leise und es sah aus, als würde er nachdenken. Dann schrieb er stumm weiter. Sie seufzte und ging vorsichtig zu ihm. Neben ihm blieb sie stehen und schaute ihn an. Sie sah wie sein Blick starr auf dem Blatt Papier lag und seine Augenbrauen sich zusammengezogen hatten. „Dann sprich.“ murrte er und ihr Gesicht hellte sich auf. „Es... es tut mir Leid. Ich habe einen riesengroßen Fehler begangen“, flüsterte sie schuldbewusst. „Schon okay“, brummte er abgehackt und sie schüttelte energisch mit dem Kopf. „Nein ist es nicht!“, zischte sie. „Ich bin eine verdammte, sture Idiotin. Und ich hätte alles tun sollen, nur nicht das! Und ich weiß, dafür gibt es keine vernünftige Rechtfertigung, aber ich will es wenigstens versuchen“. Und Marco schaute tatsächlich von seinem Blatt auf, zu ihr. Fragend hob er eine Augenbraue. „Ich habe dich auf die gemeinste Art und Weise manipuliert, ohne das du dich hättest überhaupt wehren können, denn Magie war im Spiel. Und warum? Nur um meinen Willen durchzusetzen! Und ich weiß auch nicht, warum ich so übertreiben musste. Das war unfair und gemein. Diese Art von Magie verwende ich normalerweise bei Feinden, die mir zahlenmäßig überlegen sind. Und... ich hätte es einfach nicht tun dürfen. Es tut mir wirklich Leid.“ Sie blickte ihm fest in die Augen, die volle Aufrichtigkeit ausstrahlten und nun hob sich auch Marcos zweite Augenbraue. „Na wie mir scheint, zählst du mich doch so oder so zu deinen Feinden“, meinte er kühl und stand auf. Aber er wirkte scheinbar gelassen und sie schüttelte vehement mit dem Kopf. „Das stimmt nicht! Du bist vielleicht ein nerviger Idiot, mit einer komischen Frisur. Aber du bist nicht mein Feind“, sprach sie erst energisch, doch zum Ende hin immer leiser. „Sondern?“, fragte er und verschränkte die Arme vor der Brust. Auf ihrem Gesicht zeichnete sich ein leichtes Grinsen. „Du bist mein Kommandant“, sprach sie mit entschlossener Stimme und augenblicklich wurde ihr bewusst, dass sich nun alles verändert hatte. Eine Veränderung ihrer eigenen Einstellung, im Bezug zur Arbeitsmoral und Unterordnung. Sie hatte ihn akzeptiert, als ihren Kommandanten. Marco legte seine Hände auf ihre Schultern und zog sie zu sich. Mit einem Arm umarmte er sie und drückte sie an sich. „Ich verzeihe dir und hoffe, dass das nicht nochmal vor kommt. Wir sind eine Division, also müssen wir alle auch ein Team sein, sonst klappt das System nicht. Lass uns die ganze Sache vergessen und von vorne anfangen“, murmelte er und Isbjorg erwiderte seine Umarmung, in dem sie ihre Arme um ihn legte. „Ja. Danke, für die zweite Chance, Ananasschädel“, flüsterte sie und grinste. „Zimtzicke“ „Wenigstens bist du jetzt nicht mehr der einzigste Idiot an Deck“, lachte sie leise. „Ich geb dir gleich Idiot, du Nervensäge“, konterte er grinsend und kniff ihr in die Flanke. Überrascht quietschte sie auf. „Nicht! So was macht man nicht, Hornochse!“ Und lachend haute sie ihm auf die Schulter. „Ich bin Pirat, Zwerg. Ich mache grundsätzlich Sachen, die normale Leute nicht machen“, folgte dieser freundliche Konter und er löste die Friedensumarmung auf. Auch sie löste ihre Arme von seinem Rücken und grinste ihn frech an. „Da wir das soweit geklärt hätten: Auch wenn wir beide vermutlich nie beste Freunde werde, will ich versuchen mich besser anzupassen. Aber den Spaß, dich zu ärgern, lass ich mir nicht nehmen“, trällerte sie fröhlich, streckte ihm die Zunge raus und ging Richtung Tür. „Gute Nacht“, meinte sie noch, mit einem letzten Blick über ihre Schulter zu ihm und öffnete die Tür. „Dir auch“. … „Marco mein Sohn, komm bitte zu mir“, sprach Whitebeard und Marco ging zu ihm hin. Es war Morgen, noch recht früh, aber alle hatten ihr Frühstück schon hinter sich. Auf dem Deck tummelten sich viele aus der Crew, aus allen Divisionen. Heute standen keine großen Arbeiten an, deswegen gammelten die Meisten einfach und schlummerten an der Reling, sprachen über allerlei Dinge oder spielten Kartenspiele. Andere trainierten, wie Isbjorg zum Beispiel. Sie ließ sich einige wertvolle Kampftricks von Vista zeigen und übte schon seit zwei Stunden mit ihm. Er war wirklich ein Meister auf seinem Gebiet und Isbjorg war hin und weg, mit ihm trainieren zu dürfen. Auch Vista gefiel es, denn sie war eine gute Schülerin. Praktisch hatte Is viel Erfahrung mit dem Schwert, sie war gut. Aber sie war keine Meisterin, im Gegensatz zu Vista. Im Gegenzug zum Training, versprach sie ihm, dass wenn das Waffenbalsam der Hitze fertig wäre und fehlerfrei funktionieren würde, dürfte er der Erste sein der es ausprobiert. „Unser Kurs ist in der Nähe von High Hill Island und wir haben Nachricht von der Insel erhalten. Seit einigen Wochen plündert eine neue, aber ziemlich brutale Piratenbande die Insel. Es gab auch schon Tote. Ich möchte das du hin fliegst und dir das mal anschaust“, erklärte Whitebeard seinem Sohn und Marco nickte. „Seid vorsichtig, der Kapitän soll wohl angeblich Teufelskräfte besitzen. Und während ihr unterwegs seid, segeln wir weiter zu Terra Island. Unsere Vorräte werden knapp und Terra Island liegt näher dran. Schafft ihr das?“, fragte der alte Mann und Marco nickte, hielt dann aber inne. „Ihr? Ich fliege also nicht alleine?“ „Nein. Ich möchte das du Isbjorg mitnimmst. Ich glaube ihr tut das mal ganz gut, außerdem lernt sie dann mal eine unserer Inseln kennen. Lass sie kämpfen, ich möchte wissen wie gut sie ist“, erklärte Whitebeard und Marco nickte. „Alles klar“, murmelte er und ging zielstrebig auf Isbjorg zu, die gerade grinsend einen Angriff von Vista parierte. „Nicht schlecht, Kleines. Nicht schlecht“, lobte der Kommandant der fünften Division. „Tut mir leid, ich muss euch unterbrechen. Is, wir haben einen Auftrag“, erklärte Marco kurz und die beiden Schwertkämpfer beendeten ihr Training. „Auftrag?“, fragte sie und neugierig blitzten ihre Augen auf. Marco nickte. „Wir sollen zu einer Insel in der Nähe fliegen. Zieh dich um und rüste dich aus, es kommt höchstwahrscheinlich zum Kampf. Den Rest erkläre ich dir auf dem Weg“, sprach Marco und begeistert nickte Is. „Moment. Fliegen?“, fragte sie und Marco grinste. „Wirst du schon noch sehen“, meinte er und nickend flitzte sie zu ihrer Kajüte. Schnell zog sie sich um. Heute zog sie ihre dunkle Lederkluft der Dunklen Bruderschaft an, inklusive Kapuze, aber ohne Mundschutz. Dafür war es ihr eindeutig zu warm. Und ihre geliebten Armschoner mit der versteckten Klinge, zog sie ebenfalls drüber. Sie freute sich wahnsinnig. Endlich durfte sie sich beweisen. Und ehe Marco sich versah, stand sie schon wieder vor ihm. Frisch umgezogen, ihr Schwert an der Hüfte, einen Dolch auf der anderen Seite, Wurfmesser am Gürtel und ein entschlossenes Grinsen im Gesicht. „Können wir?“, fragte sie fast euphorisch und überrascht nickte Marco. Er drehte sich um und ging leicht in die Hocke. „Steig auf“, forderte er und sie zog eine Augenbraue hoch. „Bitte was?“, wunderte sie sich und wollte schon los lachen, doch dann fiel ihr die Situation mit dem Wurfmesser ein und den blauen Flammen. Genauso dachte sie daran, wie er aus dem Krähennest sprang. Sie war sich damals nicht sicher ob sie sich das eingebildet hatte, aber war da nicht nach dem Sprung ein blaues Licht? „Na gut, wenn du meinst“, gluckste sie und freute sich weiterhin auf die Mission. Sie legte ihre Arme auf seine Schultern und sprang auf seinen Rücken. Fest presste sie ihre Schenkel gegen seine Hüfte und er lief los. Während des Laufens hüllte sich blaues Feuer um ihn und Isbjorg, und zweifelnd zuckte sie zusammen. Doch war das Feuer nicht heiß und sie vermutete er konnte das kontrollieren. Auch nahm ihre Kleidung oder ihre Waffen keinen Schaden. Marco breitete seine Arme aus, die augenblicklich zu Flügeln wurden und die beiden hoben ab. Isbjorg lachte auf und blickte über ihre Schulter zum Schiff. Die Crew winkte den beiden hinterher. Is erwiderte die Geste und winkte zurück. Marco flog mit einer unglaublichen Geschwindigkeit, denn das Schiff wurde immer kleiner. Wind peitschte den beiden ins Gesicht und Isbjorgs Kapuze wurde vom Kopf geweht. Glücklicherweise war diese an der Lederrüstung befestigt und flog deshalb nicht weg. „Hey Marco“, rief sie ihm nach einer Weile zu. „Mh?“, antwortete er ruhig und drehte den Kopf leicht in ihre Richtung. „Weißt du, dass du die niedlichste Taube bist, die ich je gesehen habe?“, kicherte sie los. Doch fand er das wohl weniger lustig, denn abrupt verringerte er die Geschwindigkeit, in dem er mit den Flügeln in die Gegenrichtung schlug. Isbjorg wäre fast vorne über gekippt. „TAUBE?!“, knurrte er beleidigt und schnaubte. „War doch nur Spaß! Ich weiß doch was du darstellst“, verteidigte sie sich kichernd und langsam flog er weiter geradeaus. „Das will ich auch hoffen,“ brummte er eingeschnappt. „Na klar doch. Sieht man doch. Ein hübscher Kanarienvogel.“ „WAAAH!“ brüllte er und schloss genervt die Augen. Aber wenigstens machte er keine Vollbremsung mehr. „Da hinten ist die Insel,“ informierte er Isbjorg und sie blickte in die Richtung. Sie sah, dass die Insel nicht sehr groß war, dafür aber im Hintergrund viele schmale, aber riesige Hügel hatte. Sie sahen aus, wie mit Gras überwucherte Felsnadeln. Einige hatten flache Hügelspitzen, doch die Meisten liefen einfach spitz in den Himmel. Sie sah auch Wald und eine kleine Stadt am Meer. „Was müssen wir eigentlich machen?“ „Die Insel steht unter Vaters Schutz, doch eine neue Piratenbande macht dort regelmäßig Ärger. Es gab wohl auch schon Tote. Höchstwahrscheinlich ausschließlich Bewohner, die sich wehren wollten. Wir sollen dort aufräumen“, erklärte er und Isbjorg nickte. Langsam setzte Marco zur Landung an. Marco steuerte einen breiten Steg an und bevor er auf dem Holz landete, verwandelte er seinen Körper langsam zurück. Einzig die Flügel blieben noch und federleicht landeten seine Füße auf dem Steg. Die Flügel wurden auch wieder zu Armen und Isbjorg stieg von ihm runter. Sie musterte sich von oben bis unten, denn sie zweifelte immer noch, ob blaues Feuer gesund für Lederkleidung war. „Ist irgendwas?“ fragte Marco überrascht und sie schüttelte mit dem Kopf. „Nein, das ist es ja. Immerhin hab ich kurzzeitig gebrannt.“ Ein Grinsen schlich über sein Gesicht. „Taten dir die Flammen denn weh?“ „Nein, das nicht. Aber...ach was solls. Ich war nur irritiert. Ich brenne ja nun auch nicht jeden Tag. Lass uns gehen, wir haben zu tun“, murmelte sie und schaute Richtung Hafen. Sie musste sofort an ihr Abenteuer in Cyrodiil denken, bevor dort Krieg ausbrach. Der Baustil der Häuser erinnerte sie nämlich stark an den Baustil von der Hafenstadt Anvil. Weiße, freundlich wirkende Häuser mit roten Ziegeldächern. Marco ging den Steg entlang und Isbjorg folgte ihm. Am Hafen selbst, waren einige Menschen unterwegs, die Marco freundlich grüßten. Freundlich, aber distanziert grüßte er zurück. Isbjorg hingegen wurde nur neugierig gemustert. „Wirst du dich eigentlich tätowieren lassen?“, fragte Marco und sie blickte ihn fragend an. „Du meinst so ein Tattoo wie du hast... oder wie Ace?“, fragte Is und Marco nickte. „Das ist eigentlich üblich bei uns, aber auch freiwillig. Die Meisten aus der Crew lassen sich ein Tattoo stechen, aber es gibt auch welche die ihre Kleidung mit unserem Zeichen versehen“, erklärte er kurz und bog in eine Straße ein. Am Ende der Straße stand ein großen Gebäude, welches eine angenehme Ausstrahlung hatte. „Ich werde es mir überlegen“, murmelte Is und nickte in Richtung des Gebäudes. „Dort wohnt der Bürgermeister“, erklärte er ihr. Und auf halben Weg kamen den beiden, nun einige Menschen entgegen gerannt. Vorne weg ein kleiner, dicker Mann. Sein rundes Gesicht, welches knallrot und geschwitzt war, hatte enorme Ähnlichkeit mit einem Schwein. Seine Nasenflüge bebten vor Aufregung und keuchend blieb er vor den beiden stehen. Hinter ihm waren zwei Männer, in einer Wachkleidung und eine junge Frau, die wie eine Sekretärin aussah. „Gott sei Dank! Gott sei Dank! Endlich schickt der gute Whitebeard uns jemanden. Seien Sie gegrüßt, Marco. Ich bin so froh Sie zu sehen. Willkommen auf High Hill Island. Und Ihre reizende Begleitung, sei auch herzlichst gegrüßt“, schnaufte der Mann euphorisch und nickte den beiden erleichtert zu. Marco und Isbjorg nickten zurück. „Vater sagte, eine Piratenbande macht Ihnen und Ihrer Stadt eine Menge Ärger?“, fragte Marco und der Bürgermeister nickte eifrig. „Ja. Seid knapp fünf Wochen, kommen sie regelmäßig hier her und plündern alles, was nicht niet und nagelfest ist“. „Es gab Tote, hörte ich?“, fragte nun Isbjorg und ernst schaute der Bürgermeister sie an. „Ja, junge Dame. Wir haben versucht uns zu widersetzen und fünf Leute fanden ihren Tod. Erst starben zwei junge Burschen, die die Piraten angreifen wollten. Eine Schande, eine Schande! Die beiden waren noch nicht einmal Volljährig, aber so voller Mut und Tatendrang. Dann eine Frau, die ihren Sohn beschützen wollte. Ihr kleiner Sohn schrie die Piraten an, sie sollen verschwinden und die Frau warf sich zwischen die Piraten und dem Sohn. Und zuletzt zwei gute Männer, die sich weigerten ihr Geld her zu geben.“ erklärte der Bürgermeister verbittert und tupfte sich die Stirn mit einem Taschentuch trocken. Isbjorg warf einen ernsten Blick zu Marco, dieser nickte ihr zu. „Wir kümmern uns um diesen Abschaum“, knurrte der Vize und Isbjorg nickte ernst. „Danke, vielen Dank. Heute müssten sie wieder hier anlegen. Und wir wissen nicht, wie viele Wochen wir noch durchhalten. Sie nehmen uns alles. Geld, Nahrung und sonstige Wertgegenstände“, fiepte der Bürgermeister aufgeregt und seine Nasenflügel bebten schon wieder. „Na das nenne ich doch mal Glück. Wir kommen also zur rechten Zeit“, flüsterte Is und Marco nickte. „Lass uns gehen und diese Piraten begrüßen“, murmelte der Phönix und die beiden gingen zurück zum Hafen. Eine Ewigkeit warteten die beiden. Isbjorg nutzte diese Zeit, um noch einmal ihren Dolch zu schärfen, denn sie hatte immer einen Schleifstein mit. Man wusste ja nie was kommen mag. Gegen Nachmittag entdeckte Marco am Horizont ein Schiff, welches auf direktem Kurs zur Insel lag. „Es geht los. Ich möchte das du dich um dieses Pack kümmerst. Sollte es brenzlig werden, schreite ich mit ein. Ansonsten lasse ich dir freie Hand“, erklärte er Isbjorg und sie stand auf. „Es wird mir eine Freude sein,“ schmunzelte sie und Marco stellte sich am Hafen auf, mit verschränkten Armen vor der Brust. Die Menschen am Hafen keuchten entsetzt auf, als sie das Schiff der feindlichen Piraten sahen und verschwanden schleunigst in ihre Häuser. Türen und Fenster knallten zu und wurden verriegelt. Isbjorg stellte sich dicht hinter ihm auf. Da sie, im Verhältnis zu Marco, recht klein war und zudem noch weitaus zierlicher, sah man sie von vorne nicht. „Und was wird das jetzt?“, fragte der Vize verwirrt. „Grundregel Nummer Eins, der Assassinen Ausbildung: Vor einem anstehenden Kampf, nutze alle Vorteile deiner Umgebung aus. Da es aber hier nicht viel gibt, was man nutzen könnte, springe ich direkt zu Regel Zwei: Gehe in Deckung und studiere deinen Gegner. Da man aber auch nicht gut hier in Deckung gehen kann, musst du als meine Deckung herhalten. Wenn sie da sind, verschaff mir bitte ein bisschen Zeit, damit ich die Lage spionieren kann und mich bestmöglich für den Kampf wappnen kann. Keine Sorge, ich bin geübt in diesem Gebiet. Es wird nicht lange dauern“, erklärte sie ausführlich. „Okay...“, murrte er und schaute dem Schiff entgegen. Sie waren schon sehr nahe und beide konnten das Schiff jetzt studieren. Es war ein mittelgroßes Schiff, schwarz-rot gestrichen und sah ziemlich ramponiert aus. Auch war die Lackierung sehr schäbig, denn die Farbe blätterte schon großflächig ab. Die Flagge zeigte einen Totenschädel, in dem zwei Dolche steckten und mit gekreuzten Knochen hinter dem Schädel. Also ziemlich unspektakulär. Die Galionsfigur zeigte eine ziemlich ramponierte Meerjungfrau. „Na Hauptsache die Brüste werden poliert. Ich wette die prügeln sich darum, wer diese Arbeit nun ausführen darf“, zischte Isbjorg und Marco lachte leise auf. „Aber das verrät doch schon eine Menge über diese Möchtegern Piraten. Der Größe des Schiffes zu urteilen, ist die Mannschaft nicht wirklich groß. Zehn bis Fünfzehn Männer. Ich schätze eine reine Männermannschaft, die Frauen nur als Nutztiere ansehen. Das verrät mir zumindest die Galionsfigur. Dem Zustand des Schiffes zu urteilen, scheren sie sich einen Dreck darum. Ich denke sie sind ein versoffener, unsauberer Haufen“, flüsterte Isbjorg und Marco nickte anerkennend. Wenn sie recht hatte, war das schon erstaunlich. „Bist du sicher, die sehen dich nicht gleich?“, fragte der Vize leise und beobachtete, wie das Schiff im Hafen anlegte. „Wenn ich nicht will, dass sie mich sehen, dann sehen sie mich auch nicht. Keine Sorge, Ananasschädel. Ich habe einige Jahre Erfahrung auf dem Gebiet“, erklärte sie und seine Augenbraue zuckte kurz. Er hasste diesen Kosenamen, doch war das nicht die rechte Zeit zum streiten. Grölend und lachend sprangen die Männer von Bord. Marco zählte genau zwölf Männer und zwar NUR Männer. Und wie Isbjorg voraus sagte, sahen sie ziemlich ungepflegt aus. Ein paar schwenkten Rum Flaschen. Nun sahen sie Marco und bauten sich vor ihm auf, in etwa zehn Metern Entfernung. „Na wen haben wir denn da?!“ zischte ein großer, hässlicher Mann in einem zerfetzten Mantel. Marco vermutete das dieser Schandfleck der Kapitän war. „Wenn ihr diese Stadt erneut plündern wollt, müsst ihr erst einmal an mir vorbei“, sprach er kühl und lächelte herausfordernd. Die Männer fingen an zu grölen. „Du halbe Portion, willst uns aufhalten? Du und welche Armee?“ fragte der Käpt´n und schüttelte sich vor Lachen. Sie wussten nicht wer er war, denn er hatte ja noch immer die Arme vor der Brust verschränkt, welche sein Tattoo größtenteils verdeckten. „Fertig“, flüsterte Isbjorg. Um Marcos Bauch schlangen sich nun langsam ihre Arme, die Hände blieben mit gespreizten Fingern auf dem Bauch liegen. Überrascht beobachteten die Männer ihre Hände. Ihr Kopf lugte nun an Marcos linker Seite hervor und schmiegte sich an seine Schulter. „Und diese Schluffis sind meine Gegner? Ist ja traurig“, flüsterte sie und Marco nickte. „Was soll dieses Gekuschle? Du wirst doch wohl nicht wieder...“, fing Marco an zu sprechen, doch unterbrach sie ihn gezielt. „Keine Sorge. Schau wie sie mich schon anstarren. Bei diesem Haufen brauch ich die Macht meiner Göttin nicht. Überlass das jetzt einfach mir. Das wird ein Spaß werden. Und spiele einfach mit“, flüsterte sie zurück und löste sich von ihm. Langsam bewegte sie sich und stellte sich schräg vor Marco. „Na wen haben wir denn da nun? Hallo Schönheit, das nenne ich ja mal ein gelungenes Geschenk“, johlte der Kapitän auf und verschlang sie schon mit seinem Blick. „Seid ihr diese starken Piraten, von denen ich schon so viel gehört habe?“, fragte Isbjorg mit gespielter Bewunderung. Stolz lachte der Käpt´n auf. „Ganz recht. Diese Insel gehört jetzt uns und wir plündern sie, wie es uns passt“ lachte der Käpt´n dreckig. „Wirklich? Das ist ja erstaunlich. Ihr seid wirklich beeindruckend, meine Herren. Aber ihr wisst schon, das die Insel unter dem Schutz von Whitebeard steht?“, säuselte Isbjorg und mimte bewusst die Dumme. Marco gluckste leise. „Whitebeard? PAH! Der alte Sack ist für uns keine Herausforderung. Er ist doch nur noch ein alter Tattergreis. Ich könnte ihn mit einem Schlag in Grund und Boden stampfen!“, prahlte der Kapitän los und seine Mannschaft johlte ihm begeistert zu. „Wooooow, hihi, ihr seid wirklich starke Männer“, seuselte sie weiter und drehte sich um zu Marco. Dabei schwang sie bewusst lasziv die Hüfte und die Männer lechzten los. Einige pfiffen ihr zu und ergötzten sich an ihrem Hintern. „Mein Bruder. Bitte leg dich nicht mit diesen starken Männern an. Sie können sogar den berüchtigten Whitebeard bezwingen. Bitte denk doch an unsere kranke Mutter“, flehte sie mit einem so schauspielerischen Talent, dass Marco fast lauthals losgelacht hätte. Doch zwang er sich dazu ruhig zu bleiben und mit zu spielen. Er legte eine besorgte Miene auf und nickte. „Bitte, Piraten. Verschont meinen Bruder“, flehte sie und drehte sich langsam um. Erneut pfiffen die Männer und der Kapitän leckte sich über die Lippen. „Wir verschonen ihn, wenn du zu uns an Deck mit kommst. Unser Schiff braucht dringend noch ein paar heiße Kurven“, sprach der Käpt´n und seine Augen blitzten feurig auf. „Zu euch mit an Deck? Ist das wirklich euer Ernst? Ich darf mit euch kommen?“ rief sie diesem Abschaum begeistert entgegen und alle nickten einstimmig. „Oh wow. Ich komme wahnsinnig gerne zu euch rüber, ihr großen, starken Männer“, und ein verschmitztes Lächeln legte sich über ihre Lippen. Während sie sprach, hatte sie ihre Arme nach hinten gestreckt gehalten und Marco bemerkte, wie sie an ihrem linken Armschoner etwas löste. Langsam bewegt sie sich auf die Piraten zu und diese konnten es kaum erwarten sie zu empfange... und vermutlich auch zu begrapschen. Etwa drei Meter vor der Mannschaft, wurde Isbjorgs Gang schneller. „Und wie gerne ich zu euch rüber komme, Abschaum!“ Sie setzte zu einem Sprint an und kurz vor dem Kapitän, sprang sie in die Luft. Ihr linkes Handgelenk beugte sich nach hinten, wodurch die versteckte Klinge nach vorne schoss. Und ehe der Kapitän merkte was geschah, rammte sie ihm, noch im Sprung, die Klinge seitlich in den Schädel. Kurz japste er noch überrascht auf und sackte dann wie ein Mehlsack zu Boden. Is zog die Klinge heraus, schloss dem toten Kapitän die Augen und machte eine Rolle nach vor. Sie sprang erneut und landete geschickt auf einer Kiste. Die geschockte Mannschaft schauten blutrünstig und mit hasserfüllten Augen zu ihr und zogen ihre Waffen. Is hingegen hob ein Bein zum Schwung holen und war den Männern zwei Wurfmesser entgegen. Beide trafen jeweils ein Ziel, nämlich genau zwischen die Augen, zweier Piraten. Die verbleibende Crew stürzte auf sie zu. Isbjorg zog ihr Schwert und sprang in die Crew hinein. Geschickt parierte sie die Schwerthiebe und startete ein Gegenkonter nach dem anderen. Weitere zwei Männer fielen. Marco hatte derweil das Schiff im Visier. Es gab wohl noch einen dreizehnten Mann. Der hatte sich an Deck versteckt und zielte mit einer Pistole auf sie. Blitzschnell schoss Marco nach vorne und sein rechter Arm wurde zu einem Flügel, als der Mann abdrückte. Schützend hielt er den Flügen nach vorne und wehrte die Kugel ab. Mit einem flinken Angriff, machte Marco auch diesen Feigling unschädlich. Isbjorg bemerkte sein schnelles Einschreiten und warf ihm einen dankbaren Blick zu. Marco beobachtete weiter das Geschehen und wie sie sich im Kampf schlug. Er musste zugeben, dass sie sehr geschickt war. Ein Schwert schlug nach ihr und sie duckte sich augenblicklich, rammte dem Besitzer ihr eigenes Schwert in den Fuß und dieser heulte voller Schmerz auf. Als er sich kurz darauf nach vorne beugte, riss sie ihr Schwert nach oben und verletzte ihn tödlich. Immerhin ging der Schnitt ihm bis zum Kinn. Doch ein andere nutzte den Fall seines Kameraden aus und rammte Is mit voller Wucht sein Schwert durch die Schulter. Wütend knurrte sie auf, drehte ihr Schwert in der Hand und stieß es nach hinten. Somit schaltete sie den nächsten aus, indem sie ihn aufspießte. Der Nächste nutzte seine Chance, holte aus und sie konnte nicht mehr rechtzeitig parieren. Nach seinem Angriff blieb ein tiefer Schnitt an ihrer Flanke zurück. Marco schaute entsetzt auf und schwang sich in die Lüfte. Er griff die restlichen Männer mit seinen Teufelskräften an und kickte einen nach dem anderen zu Boden. Isbjorg erledigte die Gefallenen dann endgültig. Sie stieg über die toten Piraten und bewegte sich vorsichtig von ihnen weg. Marco folgte ihr flink, denn sie zog eine Blutspur hinter sich her. Eine Spur aus ihrem eigenen Blut. Gerade als er sie einholte, schwankte sie und sackte in sich zusammen. Ein Gentleman, wie Marco nun mal sein konnte, fing er sie auf und blickte besorgt ihre Wunden an. „Is?“, fragte er und klopfte ihr gegen die Wange. „Mh?“, murrte sie leise und öffnete die Augen. „Du bist verletzt! Es tut mir leid, ich habe zu langsam reagiert“. „Ach quatsch. Das is nich schlimm.... ich muss mich nur kurz ausruh´n“, nuschelte sie und ihre Augen fielen wieder zu. Marco reagierte schnell und zeriss sein Hemd, ohne darüber nachzudenken. Mit den Fetzen drückte er ihre Wunden ab und verband sie prophylaktisch. Dann hob er sie hoch und brachte sie schleunigst zu dem Arzt auf dieser Insel. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)