Sekirei Eine neue Phase von Shizukami (Sekirei) ================================================================================ Kapitel 4: Kapitel 4 Seele und Mond ----------------------------------- Kapitel 4 Die Maison Izumo war ein sehr angenehmer Ort. Die Hausherrin war streng, aber nachsichtig. Wer kein Geld hatte, arbeitete die Miete ab. Doch hilfsbedürftige wies sie nicht ab. Sie schien auch kein Problem mit Sekirei zu haben, über die sie sehr gut informiert war. Vielleicht war es auch unvermeidlich, wenn sämtliche Gäste des Hauses aus Sekirei und ihrem Ashikabi bestanden. Minato Sahashi hieß er. Er machte einen unscheinbaren Eindruck. Doch hatte er mehrere, starke Sekirei um sich versammelt. Unter diesen war auch Nummer 06. Homura. Mit der Flammensekirei verstand sich Shizuka vom ersten Tag an nicht. Dies hatte sich auch zwei Tage nach der Begegnung zum Abendessen nicht geändert. Homura lief ihr nicht einmal über den Weg. Es schien, als würde Homura gar nicht mehr in der Maison wohnen. Der heutige Morgen bestätigte Shizuka jedoch erst mit Sicherheit, dass Homura nicht ausgezogen war. „Was soll das heißen, Homura ist schon wieder so früh zur Arbeit gegangen? Das ist der dritte Tag in Folge!“ Shizuka stolperte gerade als Erste in das Esszimmer, da sie für das Frühstück eingeteilt war, und überhörte die gereizte Stimme, die aus der Küche zu kommen schien. Sie hatte vergessen zu fragen, wann sie anfangen sollte, und war daher früher als alle anderen aufgestanden. „Kagari hat mir erzählt, dass er fürs erste eine frühe Schicht übernehmen muss. Keine Sorge, ich habe sein Lunchpaket schon gestern Nacht vorbereitet.“ Die sanftere, und sehr beruhigend wirkende Stimme wurde direkt von der ersten übertönt. „Es ist doch vollkommen eindeutig, dass das eine Lüge war. Nach all dem, was Minato für ihn getan hat, läuft er Gefahr, wieder sein altes Selbst zu werden. Und das nur wegen diesem...diesem Flit...“ „Ups, aua“. Mit einem Knall landete Shizuka mit dem Gesicht auf dem Boden, vor dem schockierten Gesicht Tsukiumis der Länge nach, und mit allen vier Extrementen ausgebreitet. Miya schien nicht überrascht zu sein, oder versteckte ihre Empörung unter einem sehr guten Pokergesicht. Niemand war sich dem jemals sicher. Die tollpatschige Sekirei wollte in diesem Augenblick am liebsten im Erdboden versinken. Sie hatte nicht vor, zu lauschen, doch hatte sie dies im Endeffekt getan. Sie rappelte sich wieder auf, und versuchte sich zu entschuldigen. Mehr als ein beschämtes Kichern bekam sie jedoch nicht heraus, und bevor Tsukiumi den Mund aufmachen konnte, erhebte sich bereits Miyas Stimme: „Ah, Shizuka! Schön, dass du schon wach bist. Wie sich herausgestellt hat, benötige ich keine große Hilfe beim Frühstück. Was hälst du aber davon, direkt loszugehen, und Brötchen einzukaufen? Wir haben gar keine mehr im Haus. Tsukiumi, magst du sie nicht begleiten? Es ist ihr erstes Mal, und sie kennt den Weg zum Bäcker nicht.“ So passierte es, dass die beiden Mädchen gemeinsam die morgendlichen Straßen hinunterliefen. Shizuka machte dabei aus, dass Tsukiumi ihre schlechte Laune aus dem Gespräch mit Miya mitgenommen hatte. Sie schien nicht damit einverstanden gewesen zu sein, wie Homura sich rar machte, und Shizuka hatte ebenfalls ein schlechtes Gefühl dabei, dass sie dabei eine Rolle spielte. Was Shizuka aber genauso wenig ertrug, war das beleidigte Gesicht, das die Wasser-sekirei aufgezogen hatte. Wieso sollte man diesen Konflikt nicht mit Worten lösen können? Und mit Tsikumi selbst hatte sie doch keinerlei direkte Probleme. Doch wirkte sie viel zu bedrohlich auf Shizuka, als dass sie sich wagte, das Wort zu erheben. Umso mehr jubelte sie innerlich, als ihre Begleitung die verschränkten Arme auflöste, um mit offenen Handflächen zu gestikulieren, und dabei die Stille zu brechen. „Was denkt sich dieser Idiot nur dabei? Eigentlich wäre er heute dran gewesen“ „Du bist doch auf mich sauer.“ Dieser Satz kam mit einem provokanten Unterton aus Shizukas Lippen. Sie hatte Tsukiumis letzten Satz im Gespräch mit Miya sehr wohl interpretieren können, und sie hatte vor, die Sache direkt zu klären, ohne Umschweife. Tsukiumi jedoch, war in ihrem momentanen mentalen Zustand weder empfänglich für direkte Anprangerungen, noch für die subtile, größere Frage hinter dem großen Ganzen, die Shizuka klären wollte. Die einzige Antwort war daher eine Handfläche voll Wasser, die direkt auf Shizuka geschleudert wurde. Was Shizuka in diesem Moment verspürte, war etwas, das sie noch nie erlebt hatte. Die Zeit schien, stehenzubleiben, als der feindselige Angriff auf sie drohte, einzuprasseln. Der Blick vor Shizuka verengte sich. Ihre Beine bewegten sich, ohne dass sie es bemerkte. Schon stand sie an Tsukiumis rechter Flanke. Noch mitten im Schwung von ihrer Attacke, war sie Shizuka vollkommen schutzlos ausgeliefert. Die Sekirei in der Offensive nutzte diesen Vorteil um... Tsukiumi mit beiden ausgestreckten Armen von sich weg zu schubsen. Ihre Kontrahentin war für eine Sekunde vollkommen verwirrt, aus ihrer Rage vollkommen herausgeworfen. Es war kein Einfaches, einem Wasserschwall aus der nächsten Nähe auszuweichen, doch war es eine ganz andere Sache, wenn jemand mit solch meisterhaften Reflexen – aufgeschreckt oder nicht – keine Technik aufwies, und die kurz aus dem Gleichgewicht gebrachte Opposition nicht weiterhin angriff. Das Mädchen stand einfach nur da, und suchte ihre Fassung, wahrscheinlich nach einem urplötzlichen Adrenalinschub. Tsukiumi hatte im Hinterkopf zwar den Gedanken gefasst, dass die kleine Sekirei nicht unbedingt kampferfahren oder geschult sein musste, doch bewies Kusano, dass dies kein Grund sein sollte, seine Deckung zu vernachlässigen. Tsukiumis Gegnerin war jedoch kein kleines Kind, und daher verantwortlich für ihre Handlungen. Und auf Tsukiumis Angriff mit einer feindseligen Handlung zu antworten, statt die Dusche hinzunehmen, war ohnehin eine offene Herausforderung. Aus dieser Situation käme sie nur mit einer Kapitulation, oder... Dies war jedoch vollkommen in Ordnung für Shizuka. Sie sah niemanden in der Maison Izumo als ihren Feind an, und hielt sich als Neuling mit ihrer Meinung zurück, in der Hoffnung, eine friedliche Lösung auf ihre Probleme zu finden. Doch es war untertrieben zu sagen, dass Tsukiumis Verhalten Shizuka massiv gestört hatte. Tsukiumi ging Shizuka meist aus dem Weg, und blieb distanziert, wenn die beiden im selben Raum waren. Die Wassersekirei selbst sprach es nie aus, jedoch spürte Shizuka ihre kalten Blicke, jedes Mal wenn das Thema auf Homura wechselte. Shizuka brannte es unter den Nägeln, mit ihr darüber zu reden, und sie spürte auch, dass Tsukiumi mehr in sich trug, als oberflächlichen Hass. Sie wusste, dass die beiden Freunde sein könnten, wenn sie sich anstrengen würden. Doch Tsukiumi verschleierte ihre wahren Gedanken. Ihre offene Meinung hörte sie nur durch Zufall, heute Morgen in der Küche. Und das brachte Shizuka innerlich zum kochen, auch wenn sie es nicht zugeben wollte. Shizuka wollte diesen Kampf, seit sie in die Küche stolperte. Der Zwist sollte enden, doch nicht bevor sie der arroganten Ziege die Manieren einprügeln durfte, die sie dringend nötig hatte. Ein kurzer Blick. Keine Deckung. Leichte Beute. Shizukas Gehirn war im Kampfmodus. Es brauchte mehr als eine Zicke, um ihren Geist zu benebeln, und nun hatte sie sich wieder vollkommen im Griff. Shizuka verstand auch, dass das, was sie eben erlebt hatte, eine Art Adrenalinschub gewesen sein musste, der Menschen erlaubte, für kurze Momente über ihre Grenzen zu gehen, und in Kampf- oder Fluchtsituationen ihr Überleben sicherzustelllen. Im Falle einer Sekirei war dies jedoch mehr als das. Jede einzelne Sekirei war für den Kampf geboren und zusätzlich angepasst worden. Das, was Shizuka bei Tsukiumis Attacke verspürt hatte, war etwas, das sie nur im Kampf gegen eine andere Sekirei spüren konnte. Im Licht der Morgensonne wäre niemanden aufgefallen, dass Shizukas Fußsohlen ein sanftes Licht verstrahlten. Auf Shizukas Gesicht formte sich ein überlegenes Lächeln, das Tsukiumi erschrecken ließ. Im nächsten Augenblick sprang Shizuka los. Das Testlabor führte keine Kampfübungen durch. Es war immer das selbe. Gehirnscans, Blutabnahmen, langweilige Datenauslesen. Manchmal jedoch kam ein Mann zu den Tests dazu, der Shizuka für sogenannte „Fähigkeitentests“ entführte. Er war sehr freundlich, und unterhielt sich zwischen den verschiedenen Einzeltests mit ihr. Er war weniger detailliert als Takami, aber er war davon fasziniert, wie sich sein persönlich zugewiesenes Modell machte, dessen Anpassung er komplett vornahm. Eines Tages verschwand er, und kam nie wieder zu ihr. Die Forscher wagten sich niemals ohne diesen Mann an neue Tests heran, und beschränkten sich darauf, zu wiederholen, was in den Akten bereits verzeichnet war. Es waren im Grunde nur verschiedene Manifestationen ihrer Fähigkeiten, keine besonderen Kampftechniken oder fortgeschrittene Tricks. Was Shizuka jedoch für sich aus diesen Experimenten gelernt hatte, war unbezahlbar: Tsukiumi war nicht dumm. Sie wusste, dass Shizuka wieder ihre ungeschützte Seite angreifen würde. Sie sah klar und deutlich, dass die vorlaute Göre vor ihren Augen begann, auf sie zu zu schnellen, und normalerweise würde man bei so einer Geschwindigkeit augenblicklich Kontakt mit dem Feind aufnehmen, und auch keine Möglichkeit mehr haben, die Richtung zu ändern, bevor man frontal aufschlug. Shizuka hatte sich jedoch vor einer Sekunde bereits unglaublich schnell bewegt, und aus einem Winkel angegriffen, der nicht möglich hätte sein sollen. Diesmal rechnete Tsukiumi mit dem Unmöglichen. Ihren rechten Arm ließ sie diesmal ungeschützt. Tsukiumi hielt diesmal ihren linken Arm schützend vor sich, da sie Shizuka in dem Glauben lassen wollte, ihre Technik durchschaut zu haben, und diesmal mit einer Attacke von links zu rechnen. Würde Shizuka tatsächlich von Links kommen, hätte Tsukiumi die Gelegenheit, sie zu packen und Manieren einzuprügeln. Jedoch rechnete die Wassersekirei damit, dass Shizuka in Lichtgeschwindigkeit den Angriff in letzter Sekunde ändern und ihre ungeschützte Rechte ein zweites Mal ins Visier nehmen würde. Shizuka bemerkte, dass Tsukiumi, obwohl sie gerade eben bereits von rechts getroffen wurde, keine Anstalten machte, ihre rechte Flanke zu decken. Aus Shizukas Sicht war es die beste Idee, weiterhin ihre dominante Hand zu belasten, solange Tsukiumi keine Offensive gegen ihre Geschwindigkeit fand. Dass Tsukiumi jedoch ihre linke Flanke schützte, als Shizuka sich loskatapultierte, schmeichelte die Licht-sekirei ein wenig. Tsukiumi schien damit zu rechnen, dass Shizuka sich keine großen Chancen mehr ausrechnete, große Treffer auf ihre verwundbarste Stelle zu landen, und vernachlässigte diese dabei total. Ob sie das tat, weil sie Shizukas Taktik glaubte, durchschaut zu haben, oder ihre Geschwindigkeit unterschätzte, das wusste Shizuka nicht, doch es war ihr einerlei. Shizukas Füße blitzten ein zweites Mal auf. Diesmal konnte Tsukiumi es sehen. Nun war der Moment gekommen. Shizuka würde zur Seite springen, und Tsukiumis ungeschützte, rechte Flanke traktieren. In den Händen der Wassersekirei bildete sich in Sekundenbruchteilen ihr Wasserschwert, und sie hob den Unterarm ein wenig nach oben, das offene Messer bereit für das Schlachtvieh. Für einen Moment wurde alles um Tsukiumi schwarz. Ein unbeschreiblicher Schmerz machte sich in ihrer Magengegend breit. Sie kämpfte um ihr Bewusstsein, und blickte unter sich. Shizuka hatte nicht die Richtung gewechselt. Sie hatte in dem kurzen Moment, als sie auf dem Boden aufkam, den Körper gesenkt, einen weiteren Sprung nach vorne gewagt, und sich selbst als fliegende Kopfnussrakete eingesetzt. Shizuka war sich Tsukiumis Falle nicht bewusst. Doch Tsukiumi war sich nicht bewusst, dass ihre Gegnerin nicht nur um den Sieg kämpfte, sondern für ihre Ehre. Shizuka war nichts wichtiger, als Tsukiumi auf die persönlichste Art und Weise ihre Gefühle zu zeigen. Tsukiumi wusste darauf keine Antwort. Die Geräusche aus ihrem Mund waren schwer als Worte zu interpretieren, während sie langsam nach hinten von Shizuka wegstolperte, und sich den Magen hielt. Sie verstand die Botschaft dahinter: Ein schwaches Mädchen wie sie musste ihren Kopf benutzen, da ein Faustschlag bei ihrer Statur wohl keine Wirkung erzielt hätte. Dieses Mädchen hatte keine andere Wahl, als ihren Körper als Projektil zu verwenden, die einzige Möglichkeit, ihre hohe Geschwindigkeit als Waffe einzusetzen. Und trotzdem hatte es nicht gereicht, Tsukiumi auszuschalten. Anscheinend hatte ihre Gegnerin auch kurz damit zu kämpfen, das Gleichgewicht nach ihrer Kopfnuss wiederzufinden. Eines wunderte die Nummer 09 jedoch: war dieses Mädchen wirklich so naiv, dass sie sich erhoffte, eine einstellige mit einem starken Eröffnungsschlag direkt zu besiegen? „Mir scheint, ich muss euch ein paar Grundregeln des Sekirei-kampfes beibringen. Zum Beispiel, dass man sich nicht mit seiner ersten Attacke direkt verausgaben sollte.“ Tsukiumi war vollkommen in ihrem Element, wenn sie unerfahrene Kinder belehren durfte. Mit verschränkten Armen und geradem Kreuz hielt sie den ersten Teil ihrer Predigt, die ihrer unglücklichen Gegnerin mit jedem taktischen Fehler ein weitere Strophe einbringen konnte. Shizuka hätte nur allzu gern etwas passendes geantwortet, jedoch fiel ihr nichts ein. Ihr Sekireikörper war für die Anstrengungen der schnellen Bewegungen angepasst, was jedoch nicht hieß, dass sie nicht nach jedem Stillstand Probleme damit hatte, den Lauf der Zeit wieder wahrzunehmen. Tsukiumi schien dies jedoch mit Shizukas körperlichem Limit zu verwechseln. „Was hast du eigentlich gegen mich?“ schrie Shizuka nun, ohne eine Angriffshaltung mehr anzunehmen. „Was habe ich dir angetan?“ Etwas war anders in Shizukas Augen. Ihr Kampfeswille machte einem besorgten Gesicht Platz. Tsukiumi seufzte innerlich über die Naivität der Göre, die nun mitten in einem Sekireikampf anfing, Worte zu wechseln. Sie sah jedoch kein Problem damit, mitzuspielen. Nach ihren Regeln. „Ich habe Euch unterschätzt, aber das wird mir nicht noch einmal passieren,“ kündigte Tsukiumi laut und deutlich an. „Wenn Ihr mich noch einmal berühren könnt, beantworte ich euch mit Freuden alle Fragen, die ihr mir stellen wollt.“ Tsukiumi zögerte kurz, bevor sie etwas leiser hinzufügte: „... auch wenn es um Homura geht.“ Shizuka schüttelte enttäuscht den Kopf. Es war, als hätte sie keine Lust mehr zu kämpfen gehabt. Shizuka war sich dem bewusst. Unter Sekirei waren die Kampfhandlungen bis jetzt nicht über das Niveau einer Ohrfeige zwischen zwei Menschen im Streit gekommen, und sie hätte kein Problem damit gehabt, diesen dummen Streit zu beenden, da die beiden sich nun in ihren Augen genug geohrfeigt hatten. Tsukiumi bewertete das Bild, das sich mit Shizuka darbot eher dem einer verzogenen Göre, die ihre Mutter geschlagen , und nun Angst vor dem Echo hatte. Sie war jedoch keine Göre, sondern eine Sekirei. Und es war Tsukiumis Pflicht, dass Jemand, der Miyas Schutz würdig sein sollte, auch wissen sollte, wie eine Sekirei für sich selbst zu fechten hatte. Shizuka seufzte enttäuscht. Ein Aufblitzen folgte. Tsukiumi scherte sich dieses Mal kein bisschen um eine Schutzhaltung. So etwas sparte sie sich für ebenbürtige Gegner auf. Mit einer Bewegung ihres Handgelenks wütete ein Wirbel aus Wasser um ihr herum. Beim Anblick einer Shizuka, die hilflos im Wirbel gefangen war, zeichnete sich keine Schadenfreude in Tsukiumis Blick ab. Ihr Blick blieb streng und ernst. Ohne sie eines Blickes zu würdigen schleuderte ihr Wassertornado das Lichtmädchen auf die Straße zurück. Der Tornado blieb bestehen. „Kommt schon, ist das alles was ihr zu bieten habt? Endet hier eure Entschlossenheit bereits?“ Shizuka stand sofort wieder auf. Sie starrte den Tornado an. Sie hatte nur Geschwindigkeit. Keine Kraft. Tsukiumis Wirbel war stark genug, sie zurückzuwerfen. Ihre einzige Chance war es, einen Schwachpunkt zu finden. Diese arrogante Sekirei sollte noch bereuen, Shizuka beleidigt zu haben. „Ihr habt noch nichts von meiner Entschlossenheit gesehen! Tsukiumi, die Wasser-sekirei. Ich bin erst am Anfang meiner Suche, und diese Mauer ist die erste, die ich auf dem Weg zu meinem Ziel einreißen werde! Ich bin Nummer 109, Shizuka! Die Sekirei des Lichts!“ Mit den letzten Worten blitzte der Boden unter Shizuka auf. Tsukiumi konnte Shizuka nicht ausmachen. Sie blickte schnell umher, wohl wissend, dass nur Sekundenbruchteile den Unterschied ausmachten, ob sie in der Lage war, Shizukas Position auszumachen, oder nicht. Vor ihr, hinter ihr, links, rechts, oben,... oben! Da dämmerte Tsukiumi, was Shizuka verstanden hatte. In einen Tornado konnte man stets von oben eindringen. Tsukiumi ließ ihren Wasserwirbel in just diesem Moment kollabieren, als sie Shizuka nur wenige centimeter über ihren Kopf ausmachen konnte. Die Verwirrung machte sich Tsukiumi direkt zu nutze, um mit einem Sprung so viel Abstand zu bekommen, wie sie nur konnte. Die Augen der Wasser-sekirei weiteten sich vor Überraschung, als Shizuka sich bereits wieder erholt, und bereit zum nächsten Sprung gemacht hatte, bevor Tsukiumi gelandet war, um die nächste Attacke vorzubereiten. Tsukiumi verspürte in dieser Sekunde etwas, was sie nur selten kannte: Die Angst, einen Kampf zu verlieren. Diese Sekunde machte den Unterschied zwischen Sieg und Niederlage aus. Sie wusste sich nicht anders zu helfen, als mit all ihrer Macht einen Wasserschwall Shizuka entgegenzuschleudern. „Verdammt...?!“ Als Tsukiumi den Wasserschwall bereits abfeuerte, dämmerte ihr, dass es für Shizuka ein leichtes sein sollte, auszuweichen und sie abzufangen, während sie wieder landete. Was Tsukiumi erlebte, würde sich ihr ganzes Leben in das Gedächtnis einbrennen: Tsukiumi erhielt keinen Schlag aus ihrem blinden Punkt. Links und rechts von sich sah sie niemanden. Sie blickte wieder nach vorn. Da war sie. Shizuka war direkt in Tsukiumis Wasserschwall gesprungen, und nun in der endlosen Flut gefangen. Sie war so naiv. „Ich habe euch für stärker gehalten, Shizuka. Dann war das doch nur eine großes Mundwerk und ein Glückstreffer, ich muss wirklich sagen,...!“ . Tsukiumi verstummte. Wie töricht sie doch war. Sie wusste nicht wieso, aber die Augen, mit denen Shizuka sie anstarrten, schienen zu weinen. Unter dem Wasser würde keiner sagen können, ob jemand Tränen vergossen hätte, aber Tsukiumi hätte niemals behauptet, dass solch zielsichere, hoffnungsvolle Augen Tränen vergossen hätten. Sie weinten aus den tiefen ihrer Seele, in Sorge um die, die sie im Stich ließe. Gleichzeitig blickten die Augen nach vorn. Sie gab keinen Meter auf, und keinen Fetzen ihrer Sehnsüchte. Diese Sekirei besaß die Entschlossenheit, und das Mitgefühl, die Tsukiumi sonst nur bei jeweils einer anderen Sekirei und einem Ashikabi anerkannte. Shizuka hatte jedoch keine Chance gegen die unendliche Flut. Obwohl sie weiter dagegen ankämpfte, wurde ihr Blick immer schwächer, als sie drohte, zu ertrinken. Shizuka sah nichts anderes als ihren Feind vor Augen. Sie MUSSTE diese Mauer niederreißen. Doch sie kam nicht weiter. Aufgeben war keine Option. Sie musste es weiter versuchen. Die Kraft fing an, sie zu verlassen. Im Wasser konnte Shizuka keinen neuen Antrieb mehr erzeugen, da sie nur wusste, mit ihren Schritten auf festem Boden oder in der Luft durch Lichtpartikel ihre Sprünge zu verstärken. Langsam wurde ihr Blick trüb. War dies das Ende ihrer Reise? Vor ihr erschien das Bild von Takami. Der mysteriöse Professor. Kusano, Minato. Für eine Sekunde blitzte der Rücken eines weißhaarigen Mannes in Schwarz auf, bevor sie das Bewusstsein verlor. „Ho...mu...ra...?“ „Co- Shizuka!“ . Tsukiumi stoppte ihre Flut, als sie keinen Widerstand von Shizuka mehr verspürte. Das übrige Wasser ließ Shizuka in Tsukiumis Arme treiben. Selbige hatte einen besorgten Blick im Gesicht. Es ging ihr jedoch weniger darum, dass die besiegte Sekirei einen verletzten Eindruck machte, auch wenn Tsukiumis erster Schock aus Sorge darum war, übertrieben zu haben. Sie erinnerte sich an die Bürde, die Shizukas Augen für einen Moment widerspiegelten. „ver... sa...gt.... tut....leid....“ Shizuka murmelte im halben Bewusstsein. „Ihr seid so ein Narr.“ sprach Tsukiumi. „Ihr habt es geschafft, mich zu … berühren.“ Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)