Ein neuer Blickwinkel von RoseAkaShi (Großvaterparadoxon) ================================================================================ Prolog: Manchmal ---------------- Prolog: Manchmal Manchmal muss man erst die Zukunft kennen, um die Vergangenheit zu verstehen. Manchmal muss erst die Zukunft geschehen, damit die Vergangenheit wahr werden kann. Manchmal ist alles viel komplizierter, als es sein sollte. Manchmal werden uns Steine in den Weg gelegt, die wir beseitigen müssen. Manchmal… Manchmal… Manchmal muss man die Vergangenheit erleben, um die Zukunft zu verstehen. Manchmal muss man ein Teil des ganzen sein, um einen neuen Blickwinkel zu erhalten. Manchmal ist alles kompliziert… Manchmal kommt es anders als man denkt… Immer kann man sich seinem Schicksal nicht entziehen… Kapitel 1: Jeglicher Vorstellung entzogen ----------------------------------------- Kapitel 1: Jeglicher Vorstellung entzogen „Wenn die Liebe dich ruft, so folge ihr, obwohl ihre Wege beschwerlich und steil sind. Und wenn sie dich umfängt mit ihren Flügeln, so gib dich ihr hin, obwohl die darin verborgene Klinge dich verletzen mag. Und wenn sie zu dir spricht, so glaube ihr, obwohl ihre Stimme deine Träume zerstören mag, wie der Nordwind den Garten verwüstet.“ (Khalil Gibran) Elenas Sicht: „Und du bist sicher, dass es funktioniert?“, fragte ich wohl zum gefühlten hundertsten Mal ungeduldig nach. Ich konnte verstehen wenn Bonnie schon ganz genervt wegen mir war. „Ja, doch. Du wirst erkennen wer die Liebe deines Lebens ist. Aber denk dran mit der Gewissheit gibt es kein Zurück mehr, du bist ewig daran gebunden“, rief Bonnie mir zurück ins Gedächtnis. Danke. Als würde ich das vergessen. Nervös spielte ich mit meinen Fingern. Ich betete innerlich so sehr, dass es nicht Stefan war. Das war der Grund warum ich das alles hier überhaupt machte, damit es nicht Stefan war. Damit ich mit ihm abschließen konnte, für immer. Mein zweites Gebet war, das es Damon sein würde, aber noch wichtiger war erst einmal, dass es nicht Stefan war. Den ganzen Sommer hatten wir uns bemüht Stefan zurückzubringen, nur um zu erfahren, dass er das gar nicht wollte. Dann wurden ihn all seine Gefühle genommen und er behandelte mich einfach nur wie Dreck. Er wollte keine Hilfe und seine Gefühle auch nicht wiederhaben. Das aller beste war dann noch, dass er unseren Plan vereitelt hatte, um Klaus endgültig zu töten und jetzt war mir damit endgültig klar, dass er für immer verloren war. Ich wollte mir endlich sicher sein, um damit abschließen zu können. Damit ich Stefan loslassen konnte und mich voll und ganz auf Damon einlassen konnte. Ich musste mich in einen Kreis aus weißen Kerzen stellen und Bonnie entzündet Rosmarin, dessen Duft sich im ganzen Raum verbreitete. Mit einem großen Buch, einem Grimoire, stand sie vor mir. „Bist du bereit?“, fragte sie mich und entschlossen nickte ich. Es gab kein Zurück mehr für mich. Dann begann sie etwas aufzusagen, das wie immer rätselhaft und beeindruckend klang. „Ведучий їх до істинної любові. Якщо вони бачать себе і зізнатися в цьому, вони завжди будуть пов'язані. Нерозривно злилася з плином часу і просторі. Душі один з одним і їх любов подолати все. Покажіть їй правильний шлях, так що вони не можуть не заблукаєте і зловив в любові, як вона.“ Ich verstand kein Wort davon und noch nie hatte ich danach gefragt, was es bedeuten konnte. Aber ich vertraute Bonnie. Die Lichter um mich verschwammen, irgendwie begann sich alles zu drehen. Bis ich das Gefühl hatte eine schwarze Unendlichkeit würde mich von all dem befreien. Mein Kopf dröhnte, so als hätte ich zu viel Alkohol getrunken und mich danach mehrmals übergeben. Ich konnte schwören ich hatte den schlimmsten Kater meines Lebens. Allerdings wusste ich dass ich gestern nichts getrunken hatte. Aber was hatte ich zuletzt getan? Wie war ich ins Bett gekommen und warum war das auf einmal so hart? Ich blinzelte mit den Augen und fasste zum Laken, aber da war kein Laken. Viel zu kratzig. Ich griff hinein und hielt es mir vor die Augen. Blätter? Verdammt nochmal, was war hier los? Ich stützte mich auf meine Arme, setzte mich auf und sah mich um. Ein Wald? Ganz im Ernst? Musste das wirklich sein? Wie war ich hierhergekommen? Was war zuletzt geschehen? Bonnie. Der Zauberspruch. Sofort sprang ich auf und blickte mich um. Das konnte nicht stimmen. Wie sollte das zum Zauber mit dazu gehören? So wirklich konnte ich das alles nicht glauben, es war einfach viel zu unwirklich. „Das ist gut. Ich wette da ist mindestens zehn bis zwölf Kilo verwertbares Fleisch dran“, hörte ich eine Stimme sagen, die mir merkwürdig bekannt vor kam. Verwirrt runzelte ich die Stirn und ging ein paar Schritte, darauf achtend so leise wie nur möglich zu sein. Meine Hände stießen gegen einen Baum, hinter dem ich mich versteckte und hervor lugte, um zu sehen wer da war. Doch was ich dann sah, verschlang mir einfach nur den Atem. Elijah und Klaus. Aber nicht so wie ich sie kannte. Nicht so wie ich sie mir je vorgestellt hatte. Hatten die beiden tatsächlich lange Haare? Sie trugen komische Sachen, eigenartige Kleidung würde ich meinen, so wie im… Oh nein. Das musste einfach ein verrückter Traum sein. Ja, genau so war es. Ich schlug mit dem Kopf gegen Baum und fluchte im nächsten Augenblick. „Autsch“, sagte ich und stolperte nach hinten und brachte damit die Blätter zum rascheln. „Hast du das gehört?“, hörte ich Klaus fragen und automatisch hielt ich den Atem an. Anstatt meine Hand auf meine pochende Stirn zu legen, versperrte ich mir damit den Mund, um nicht noch einen Laut von mir zu geben. Ich war ja so dämlich. „Da ist nichts, Nik. Wahrscheinlich nur ein kleines Tier. Lass uns nach Hause gehen“, meinte Elijah und ich atmete erleichtert aus. Von meinem kleinen Versteck hinter dem Baum, sah ich wie die beiden weggingen. Ich war auf einer kleinen Anhöhe oder da wo sie gewesen waren, war es niedriger, wie man es auch nahm. Als sie vollständig verschwunden war lief ich hinunter und sah mich um. Nirgendwo war ein Weg, überall waren Bäume. Kein Weg in diesem Wald. Wie sollte ich mich da zu Recht finden? Natürlich konnte ich Elijah und Klaus hinterherlaufen, aber das würde auch einer Selbstmordaktion gleich kommen. Ich konnte dieselbe Richtung nehmen wie sie, aber das wollte ich auch ganz sicher nicht, weswegen ich prompt die entgegengesetzte Richtung nahm. Irgendwann, wenn ich immer nur gerade aus lief, würde ich schon ans Ziel kommen. An irgendein Ziel. Also das hier war kein Traum. Ich würde also sicher nicht aufwachen. Es musste etwas mit dem Zauber zu tun haben. Hatte Bonnie etwas falsch gemacht? Aber was? So hatte ich mir das jedenfalls nicht vorgestellt. Ich hatte an ein Bild oder so gedacht. Das ich Damon vor mir sehe und damit wusste das er meine wahre Liebe ist, sodass ich Stefan endgültig aus meinem Leben verbannen konnte. Das hier… Das hier hatte ich mir nicht vorgestellt. Es war auch nichts was ich wollte. Wo war ich überhaupt? Wieso sahen Elijah und Klaus so aus? Waren sie wirklich Mittelalter-Stil gekleidet. Abrupt blieb ich stehen. War das womöglich das Mittelalter? Oh nein, das konnte nicht sein! Das war unmöglich! Schnell ging ich weiter, um den Gedanken aus meinem Kopf wieder zu vertreiben. Elijah und Klaus, wieso hatten sie mich nicht bemerkt? Nicht gerochen? Mich nicht gehört? Waren sie Menschen? Oh bitte nicht, das würde mich wieder zu meiner grauenvollen Theorie zurückführen. Das konnte einfach nicht so sein. Das hier war einfach nur ein Albtraum. Nein, so hatte ich mir das wirklich nicht vorgestellt. (`*•.¸(`*•.¸ ♫♪ ¸.•*´)¸.•*)♥(`*•.¸(`*•.¸ ♫♪ ¸.•*´)¸.•*)♥(`*•.¸(`*•.¸ ♫♪ ¸.•*´)¸.•*)♥(`*•.¸(`*•.¸ ♫♪ ¸.•*´)¸.•*) Übersetzung des Zauberspruchs, ich hab nämlich nicht einfach nur Blödsinn geschrieben. Ich hab es mit dem Übersetzer ins Ukrainische übersetzt, da ich dachte, wenn die Mikaelson-Familie aus Osteuropa kommt, dann ist das bei den Hexen(wie Esther und Ayanna) vielleicht die passende Sprache für ihre Zaubersprüche. Übersetzung: Führe sie zu ihrer wahren Liebe. Wenn sie sich sehen und es sich gestehen, so sollen sie verbunden sein auf ewig. Untrennbar, verschmolzen über Zeit und Raum. Seelen die zueinander stehen und deren Liebe alles überwinden kann. Zeige ihr den richtigen Weg, sodass sie sich nie wieder verlaufen kann und in Liebe gefangen mag. Kapitel 2: Etwas ganz anderes ----------------------------- Kapitel 2: Etwas ganz anderes „Manchmal sucht man etwas, doch man findet etwas ganz anderes. Das bedeutet allerdings nicht, dass es einem nicht weniger gefallen muss. Vielleicht bringt es einem ein ganz anderes Glück, als man sich erhofft hat.“ (RoseAkaShi) Elenas Sicht: Sicher irrte ich jetzt schon seit Stunden durch diesen gottverdammten Wald. Meine Füße und auch meine Beine schmerzten langsam. Dabei hatte ich in der letzten Zeit viel trainiert, was deswegen nur bedeuten konnte, das ich schon lange, sehr lange, unterwegs sein musste. Dies war mit Abstand einer der schrecklichsten Tage in meinem Leben und das mit all dem unnatürlichen Zeug, womit ich zu kämpfen hatte. Das bedeutete, dass eine wirklich kräftige gewagte Aussage war. Ich war mir jetzt auch nicht mehr sicher, ob ich überhaupt noch in dieselbe Richtung, wie am Anfang ging. Sonst wäre ich doch umgekehrt. Wenn mein einziger Ausweg Elijah und Klaus bedeutete, dann hätte ich ihn doch auf mich genommen. Es war schwerer als ich dachte, irgendwas zu erreichen. Ich wusste ja nicht mal was, schließlich wusste ich auch nicht was hier vor sich ging. Das war einfach alles nur so unendlich grauenvoll, anders konnte ich es nicht mehr beschreiben und am liebsten wollte ich einfach nur laut schreien. Ich ließ mich an einem Baum hinter sinken und schloss schwer atmend die Augen. Mir tat alles weh, so sehr. Ich wollte nicht mehr weiter gehen, ich war ernsthaft dabei einfach aufzugeben, denn alles war viel zu schwer. Mein Kopf schmerzte, ich hatte solch einen Durst. Ich hatte auch Hunger. Ich wollte einfach nur zurück. Oder eine Lösung. Was auch immer. Irgendwas. Ich blinzelte mit den Augen und glaubte eine erneute Halluzination zu haben, zumindest wenn das hier alles eine war. Dort etwas weiter vor mir, sah ich etwas. Ich wusste nur nicht genau, was es war. Meine Neugier allerdings überwog sehr schnell, sodass ich mich aufraffte und hinüber taumelte. Wenn ich nicht so fertig gewesen wäre, hätte mich das hier bis ins unendliche entsetzt. Es war einfach nur grausam. Ein Wagenzug oder wie man sowas nennen konnte, er war umgeworfen, zerfetzt, genau wie all die Menschen hier. Oder das was von ihnen übrig war. Ich drehte mich zur Seite und leerte meinen wohl restlichen Mageninhalt auf den Waldboden. Noch nie, hatte ich etwas Derartiges gesehen und dabei hatte ich mir eingebildet schon viel gesehen zu haben. Benommen taumelte ich zurück und schloss die Augen. Das durfte nicht wahr sein. Wo war ich hier nur rein geraten? Doch dann besann ich mich meiner Vernunft und lief zu den Menschen oder was sie jetzt waren. Es konnte doch sein… vielleicht… das irgendjemand überlebt hat. Aber alles was ich sah waren entweder zerfetzte Leichen, sodass Teile von ihnen verteilt waren oder aufgeschlitzte. Bei manchen lagen sogar die Gedärme daneben. Erneut brannte mein Hals und hätte ich noch etwas im Magen, so hätte ich mich sicher wieder übergeben, doch es klappte nicht und ich kämpfte auch dagegen an. „Hallo“, rief ich und drehte mich um. „Ist hier jemand?“ Irgendwie kam ich mir dumm vor. Hier war alles totenstill, leider im wahrsten Sinne des Wortes. Doch ich fühlte mich bei dem Anblick irgendwie verzweifelt. „Lebt noch irgendwer?“, fragte ich verzweifelt, es nahm mir viel zu sehr mit, es berührte mich innerlich zu viel. Wieso nahm es mich so sehr mit. „Hilfe“, hörte ich etwas, vielleicht hatte ich mich auch verhört. Vielleicht war es nur Wunschdenken. „Hilfe.“ Doch. Da. Tatsächlich! Ein Krächzen! Ich drehte mich um, suchte alles ab. „Hier“, hörte ich eine schwache Stimme und sie kam von einem der umgeworfenen Wagen. Ich hockte mich hin. Darunter lag eine junge Frau, vielleicht in meinem Alter. Sie sah nicht verwundert aus, aber sie lag eingequetscht unter diesem Wagen. Plötzlich spürte ich meine schmerzen nicht mehr. Hilflos berührten meine Hände ihr Gesicht, ihre Haare. „Ich bin hier“, flüsterte ich und Tränen rannten über mein Gesicht. „Mein Baby ist endlich eingeschlafen, es hat aufgehört zu weinen“, erzählte sie mir und entsetzt sah ich auf das Bündel das neben ihr lag. Weitere Tränen rannten mir über das Gesicht und ich griff danach. War es tot? Ich glaubte es, doch als ich es ansah und die graue Decke von dem Bauch schob, sah ich, wie es atmete. Es lebte, kaum zu glauben, aber es lebte. „Du hast recht, es schläft“, sagte ich und eine große Erleichterung breitete sich in mir aus. Wieso nahm mich das alles nur so sehr mit? „Er ist so niedlich nicht wahr? Er sieht aus wie sein Vater. Er ist jetzt schon sieben Monde alt, ein wundervoller Junge“, erzählte mir die Frau. Ich legte das Baby zur Seite. „Warten sie, ich werde sie irgendwie herausbekommen“, sagte ich entschlossen und wollte den Wagen irgendwie von ihr herunter bekommen. Ich musste es einfach schaffen. „Wir sind früh aufgebrochen, ganz im Morgengrauen. Der Mond war sogar noch am Himmel zu sehen, Vollmond. Alles war so dunkel und wir hörten Gejaule“, berichtete sie mir. Ich versuchte den Wagen hochzustemmen, doch es wollte mir einfach nicht gelingen. Mir fehlte die Kraft dafür, er bewegte sich keinen Millimeter. „Es waren Wölfe. Sie waren so groß. Sie haben uns einfach überrollt. Mein Mann, er war so ein lieber Mann, er hat mir gesagt dass ich mich nicht bewegen soll. Er hat gekämpft, wie meine Brüder und mein Vater. Sie waren so tapfer“, erklärte sie mir und Tränen rollten über ihre Wange. „Sie müssen durchhalten. Sicher ist hier jemand in der Nähe. Ich kann Hilfe holen, sie werden überleben“, sagte ich und wusste im selben Moment das es eine Lüge war. So entschlossen und kräftig, wie ich es ihr gar nicht mehr zugetraut hätte, griff sie nach meinem Handgelenk. „Versprechen sie mir, sich um mein Baby zu kümmern. Meinen kleinen Jungen“, meinte sie und ich nickte. Weitere Tränen flossen auch mir über das Gesicht, auch über meinen Hals. „Ich verspreche es. Wie heißt der Junge? Wie heißen sie?“, fragte ich nach. Doch wieder reagierte sie nicht auf meine Worte, schien tief in ihre eigenen gefangen zu sein. „Er ist so ein lieber Junge und noch so klein. Er braucht Schutz und Geborgenheit. Er hat die Augen seines Vaters und meine Haare, ich hoffe er wird wunderschön und stark werden, gesund und lange leben“, sprach sie und hörte dann auf zu reden. Doch sie hörte nicht auf zu atmen. Ich hielt ihre Hand und ich wusste nicht wie lange es dauerte, aber ich war bei ihr, bis sie starb. Sie blutete nicht. Ihr Gesicht war schön und makellos. Wie ich hatte sie braune lange Haare, die ich ihr aus dem Gesicht strich. Ihre braunen Augen hatten sich für immer geschlossen. Ich sah mich um und erblickte Chaos und Zerstörung. Wölfe, hatte sie gesagt. Große Wölfe, womöglich Werwölfe, besonders wenn Vollmond eine Rolle gespielt hatte. Das bedeutete aber auch, sie waren jetzt ganz gewöhnliche Menschen und sie mussten irgendwo in der Nähe wohnen, besonders wenn es so viele waren. Ich sah die Leichen an und merkte dass auch sie anders gekleidet waren. Alle wie im Mittelalter. Unter dem Wagen zog ich ein paar Bündel vor, in der Hoffnung etwas Brauchbares zu finden. In dem einen fand ich Essen. Nun, das konnte schon einmal nicht schaden. Ein Bündel mit Laken oder sowas, das könnte ich vielleicht auch brauchen. Es dauerte eine Weile und ich musste mich ziemlich strecken, doch in einem zusammengebundenen Beutel fand ich tatsächlich Kleidung. Aber da waren nur zwei Kleider drinnen und ein Nachthemd. Bis auf das Kleid was sie anhatte, hatte sie vielleicht auch nicht mehr. Drei Kleider zu haben war wohl sicher schon außergewöhnlich für diese Zeit. Ich hatte gehört dass manche nur eines besaßen. Da hier nur Leichen waren, konnte ich es riskieren mich umzuziehen, meine eigene Unterwäsche behielt ich allerdings an. Schuhe hatte ich auch gefunden oder wie man das nennen konnte. Es erinnerte mich nicht wirklich an Schuhe und es dauerte, bis ich den Dreh raus hatte wie ich sie anziehen musste. Meine normale Kleidung tat ich in den Beutel mit hinein. Ich nahm diesen mit, den mit den Laken, einen wo wie es aussah Babysachen drin waren und den einen mit dem Essen. Mit einem Seil das ich fand, band ich mir die Dinge um und nahm das Baby dann hoch. Irgendwie hatte ich jetzt eine Aufgabe bekommen, wenn auch nicht geplant. Ich war auf der Suche nach meiner wahren Liebe gewesen und bekam ein Baby, ganz ohne Zutun. Großartig. Kapitel 3: Tatia Petrova ------------------------ Kapitel 3: Tatia Petrova „Um die wichtigen Lektionen im Leben zu lernen, muss man jeden Tag einmal die Angst überwinden.“ (Ralph Waldo Emerson) Elenas Sicht: So mehr ich über meine Situation nachdachte, desto mehr Probleme taten sich vor mir auf. Was aß ein Baby eigentlich? Also außer Muttermilch, die ich ihm nicht geben konnte? Tranken sie das mit sieben Monaten überhaupt noch? Ich ging und ging weiter. Ein Schritt nach dem anderen und mit jedem kam ich nur einem unbekannten Ziel näher, mit jedem wurde ich verzweifelter, denn so weiter ich darüber nachdachte, so größer wurde der bildliche Abgrund vor mir. Ich hatte jetzt irgendwie ein Baby und ich hatte keine Ahnung was ich tun sollte. Ich konnte ja noch nicht mal wirklich für mich selbst sorgen, wie sollte ich mich da um ein Kind kümmern. Obwohl es das war, was ich mir immer gewünscht hatte. „Weißt du, Kleiner. Ich brauch noch einen Namen für dich. Da wir aber in einer anderen Zeit sind, zumindest ich, sollte es ein Name sein, der zu dieser Zeit passt. Was ich mit anderer Zeit meine? Ach so, mir tut sich auf einmal der Gedanke auf, das ich Mittelalter bin. Mir ist das schon eine Weile vorher aufgefallen, dass das die Wahrheit sein könnte, doch bisher ist es anscheinend noch nicht in meinem Verstand durchgesickert. Wenn es denn doch so sein sollte, dann würde ich schreien und fluchen. Ja, genau. Schreien und fluchen.“ Ich sah in die Augen des Babys, die so blau und grau waren, dass ich meinte in die Augen von Damon zu gucken. Obwohl Babyaugen sowieso blau sein sollten, doch eigentlich doch nur bei der Geburt, oder? Ich seufzte schwer. „Wo war ich? Oh ja, du brauchst einen passenden Namen. Was Zeitloses. Vielleicht Edward, nein das ist blöd, das erinnert zu sehr an Twilight. Zwar würde das hier niemanden auffallen, glaub mir, aber es reicht wenn ich daran denken muss, bei mir ist das außerdem verbunden mit einer Reihe von Vorträgen von Caroline. Also du bist ein Junge, das hab ich überprüft. Deine Mutter hat eindeutig die Wahrheit gesagt. Vielleicht sollte ich dich Grayson nennen, wie mein Vater. Er war nicht mein richtiger Vater, er hat mich nur adoptiert, aber das hab ich erst nach seinem Tod erfahren.“ Ich blickte erneut in die Augen des Kleinen, der wieder wach war. Zwischenzeitlich hatte er geschrien, doch jetzt war er wieder still. Ich redete die ganze Zeit über mit dem Kind, da ich mich daran erinnerte hatte, das man mit dem Baby reden konnte und so übertrug ich meine Selbstgespräche vom Kopf auf das Baby. Dabei kam ich mir sogar ziemlich wenig blöd vor. Eine Überraschung. „Ich will auch nicht immer an meinen Vater deswegen denken, deshalb fällt auch der Name John oder auch Jonathan aus. Viktor, nein das ist schrecklich. Spencer, nein womöglich wirst du dann verprügelt. Ich mochte ja Elijah als Namen, sobald ich ihn gehört hatte, aber den gibt es hier nun schon mal. Aber ich hab einen tollen. Er ist altmodisch und außergewöhnlich, sodass sich vielleicht niemand wundert, wenn du ihn hast. Was hältst du von Gideon? Das ist doch wohl ober cool. Außergewöhnlich, kaum auszusprechen und selbst in unserer Zeit findet man den Namen noch vereinzelt. Er ist einfach perfekt, was meinst du?“, fragte ich nach und tatsächlich antwortete das Baby mit einer Art Glucken, bildete ich mir ein, weswegen ich müde lächelte. Sicher war ich jetzt mehr gelaufen, als vorher, bevor ich das Baby fand. Doch seltsamer Weise gab es mir Kraft und das Essen hatte auch ein wenig geholfen. „Wir finden schon eine Art Zuhause für uns beide und wenn wir für immer in dieser Zeit feststecken sollten, dann sei es so. Wir haben ja uns beide. Eigentlich würde ja nur ich hier feststecken, aber ohne dass ich wüsste dass es dir gut ginge, würde ich sowieso nicht zurückwollen. Weißt du, es mag vielleicht komisch klingen, besonders weil ich dich nicht kenne, aber ich glaube ich liebe dich schon. Sicher klingt das verrückt“, sagte ich und griff nach der kleinen Hand. Ich hatte Angst dieses kleine Wesen zu zerquetschen, weswegen ich es so sanft hielt, als wäre es eine Porzellanpuppe. Meine Füße schmerzten nicht mehr, sie fühlten sich einfach nur noch taub an. Ich bemerkte auch kaum noch das Kleid, das ich trug. Am Anfang hatte mich dieser Luftzug um diese Beine so dermaßen gestört und diese Schuhe waren die Hölle. Es waren irgendwelche Latschen aus Leder. Grauenvoll, doch sie passten. Die junge Frau hatte anscheinend genau meine Größe gehabt, wenn es sowas wie Größen hier in dieser Zeit überhaupt schon gab. Ich versuchte mich an alles aus dem Geschichtsunterricht zu erinnern, doch wenn man es wirklich brauchte, dann fiel einem sowas im äußerst schwer. „Weißt du was, Kleiner? Wenn ich so darüber nachdenke, dann brauch ich auch einen ganz anderen Namen. Stell dir vor wir treffen auf Elijah und Klaus. Nicht dass sie es hier bemerken würden, doch sie überdauern ja all die Zeit und es wäre dann wirklich merkwürdig, wenn sie dann auf mich mit dem Namen Elena treffen. Also das müssen wir abändern. Etwas ähnlich klingendes, wie Helena, ist sicher keine gute Idee. Das hatte ich schon irrsinnig bei Katherine gefunden. Katerina. Katherine. Wieso ist das niemanden aufgefallen. Doch eigentlich ist das ein Traum aller Mädchen und wahrscheinlich auch Jungen. Sich seinen eigenen Namen aussuchen zu können. Wie wäre es mit Charlotte oder Elizabeth. Jane wäre auch ziemlich toll oder Clarisse. Giovanna, Alexandra, Melinda, Isabella, Marie, Maria, Theresa. Etwas altmodisches, zeitloses, schönes, außergewöhnliches. Nicht zu außergewöhnlich. Ich finde man sollte meinen Namen dann noch aussprechen können, aber einen den man nicht irgendwie abkürzen oder verunstalten kann. Was ist mit Tatia? Das klingt doch wohl toll. Tatia, das hat einen schönen klang. Ich glaub den nehme ich.“ Es war beschlossene Sache und wenn ich mein Kind so ansah, dann sah er das so genauso. Er war jetzt mein Kind, mein Sohn. „Wir fangen ein neues Leben an, wenn wir nicht zurückkommen, dann müssen wir das Beste daraus machen. Du bist jetzt mein Sohn und ich deine Mutter, wenn wir uns haben kann alles gar nicht so schlimm werden und weißt du, ich hab ziemlich viel Wissen. Dinge über die Zukunft, die uns vielleicht helfen können, das einzig dumme ist, ich hab keine Ahnung von dieser Zeit, außer was ich aus Filmen weiß. Nicht wirklich viel“, gab ich dem Kind gegenüber zu. Ich schaute nach oben in den Himmel und bekam langsam Panik. Es wurde dunkel und sicher bald schwärzeste Nacht, die Sonne war wohl gerade dabei unterzugehen. Mein Herz klopfte schneller und ich machte ein Stoßgebet Richtung Himmel, damit ich vor Einbruch der Dunkelheit etwas fand. Einen Menschen, einen Unterschlupf. Irgendwas, ganz egal was. Ich spürte wie die Kälte langsam meine Glieder erfasste. „Wir finden schon was, mein Schatz. Alles wird gut“, beruhigte ich nicht den Jungen, sondern eher mich selbst. Tränen der Verzweiflung bahnten sich wieder über meine Wangen. Es war ein Wunder das ich überhaupt noch welche übrig hatte. Ich wollte schreien, um Hilfe. Aber wahrscheinlich war es sowieso sinnlos und am Ende würde ich nur Gideon damit aufregen. Wieso? Wieso passierte das alles nur? Oder wieso passierte gerade gar nichts? Es war doch nur ein Zauberspruch der mich zu meiner wahren Liebe führen sollte. Wo blieb die denn gerade? Ich sah mich um, aber es war immer noch nur dieser verflixte Wald. Etwas das einen verzweifeln lassen konnte. Zusammen mit Gideon ließ ich mich an einem Baum sinken und küsste den Jungen auf die Stirn. Ich fluchte nicht, das konnte ich mir nicht leisten. Doch ich schloss die Augen und hoffte auf ein Wunder. So wirklich wusste ich nicht wie lange ich in diesen Dämmerschlaf war, doch irgendwann spürte ich wie mich jemand an den Schultern schüttelte. „Miss, Miss! Bitte! Sie müssen aufwachen! Geht es ihnen gut, Miss!“, versuchte mich eine Stimme zu erreichen, doch sie klang so seltsam fern, das es mir schwer fiel. „Ich werde Hilfe holen, Miss. Wie heißen sie?“ Eine Frauenstimme. Es war eine Frau, die mit mir sprach. Bonnie? Vielleicht war es Bonnie, die mich aus diesem seltsamen Traum herausholen wollte. Aber wieso fragte sie nach meinem Namen? „El…“ Ich besann mich wieder, denn ich hatte mir doch einen anderen Namen überlegt. Wie hieß er noch gleich. „Tatia. Tatia Petrova“, hauchte ich. Kapitel 4: Ein neues Zuhause ---------------------------- Kapitel 4: Ein neues Zuhause „Ein Schlag allein das Schicksal nicht zufriedenstellt.“ (Pablilius Syros) Elenas Sicht: Mein Kopf dröhnte so laut. Ich hörte Stimmen und alles war so viel intensiver, als es wohl sein sollte. Unterlegt war alles mit einem Brummen, das mich leicht wahnsinnig machte. Ich fühlte etwas Feuchtes auf meiner Stirn, etwas lief über mein Gesicht. Wasser? Eine Träne? Ich konnte es nicht sagen. Ich versuchte mich daran zu erinnern, was als letztes passiert war. Automatisch mischten sich die Bilder von den zerflederten Leichen in meinen Kopf. Was hatte sie gesagt was es war? „Wölfe“, flüsterte ich schwach. Sie hatten das getan. Wie konnten sie so etwas Grauenvolles tun? Die arme Frau. Das arme Baby. Es war jetzt mein Baby, ich erinnerte mich. Ich hatte ihm einen Namen gegeben. „Gideon“, hauchte ich und versuchte meinen Arm auszustrecken. Wo war das Kind? Ich hatte doch versprochen darauf auf zu passen. Ich wollte doch darauf achten, als wäre es mein eigenes Kind. Das war nicht schwer, ich hatte schon immer Kinder haben wollen, nur das ich nicht so richtig wusste, wie ich es anstellen sollte mich um das Kind zu kümmern. Wieso war da diese schreckliche Hitze in meinem Kopf? Alles drehte sich. Ich brauchte Hilfe. „Damon“, rief ich aus. Das war der Name, den ich immer rief, wenn es mir schlecht ging. Wenn ich Angst hatte. Damon war immer da. Er würde immer kommen, wenn ich ihn brauchte, weil er mich liebte und weil ich ihn liebte. Er würde mir helfen. „Bitte, Damon“, rief ich. „Mach dass es aufhört.“ Ich wünschte mir so sehr, dass er bei mir war und mir half. Er war doch auch mein bester Freund, so etwas wie ein älterer Bruder, da er mich ständig ärgerte und ich ihn liebte. Meine Augen klebten so sehr, es fiel mir schwer sie zu öffnen. Doch da war wieder diese Stimme. Bonnie? „Miss, wachen sie auf. Alles ist in Ordnung, sie werden wieder gesund“, sprach die Stimme zu mir und ich sah jemanden. Eine dunkelhäutige Frau. „Bonnie?“, fragte ich hilflos nach. Anscheinend griff sie nach meiner Hand, ich spürte den Druck. „Mein Name ist Ayanna. Ich verspreche ihnen zu helfen“, sagte sie mit eindringlicher Stimme, sodass ich ihr einfach nur glauben konnte. Ich schloss wieder meine Augen, weil es zu anstrengend war, sie offen zu halten. „Miss Tatia, sie müssen das trinken.“ Ihre Stimme war bittend, aber ein Befehlston schwang ebenfalls mit. Etwas wurde an meiner Lippen gehalten, mein Kopf wurde dabei angehoben und etwas lief meine Kehle herunter. Mein Schluckreflex setzte automatisch ein. War das Wasser? Es schien so zu schmecken. Sehr leckeres Wasser. Irgendwann war da nichts mehr und ich konnte wieder frei durchatmen. Ich erinnerte mich an das Kind. Es lag nicht mehr in meinen Armen. „Gideon“, meinte ich und streckte meine Arme aus. Es war doch jetzt mein Sohn. „Mein Baby.“ Jemand strich durch meine Haare. Die Berührung war so sanft, so tröstend und es erinnerte mich an meine Mutter. War das hier der Himmel? „Ich hole ihnen ihren Sohn. Machen sie sich keine Sorgen, ihm geht es gut“, erklärte sie mir und sie ging weg. Ihm ging es gut. Gideon war Gesund. Ich spürte wie mir jemand ein Bündel in die Arme legte und ich zwang mich wieder meine Augen zu öffnen. Dabei blickte ich in wundervolle Augen, die mich sofort wieder an Damon erinnerte. „Er hat dieselben Augen wie Damon“, flüsterte ich und wünschte mir, dass er bei mir war. Ich strich Gideon über den Kopf. Er war einfach wundervoll. So süß. Einfach vollkommen. „Sie haben etwas von Wölfen gesagt, Tatia. Was ist passiert?“, fragte sie mich und ich sah auf in dunkelbraune Augen. Sie war nicht Bonnie, aber sie sah ihr irgendwie ähnlich. Sie erinnerte mich an meine beste Freundin. „Wölfe“, wiederholte ich und mir fielen sofort die auseinandergenommen Leichen ein und die Frau unter dem Wagen mit dem Baby. „Überall war Blut. Alle waren zerfetzt. Aufgeschlitzt. Ich hab noch nie so etwas gesehen“, gab ich flüsternd zu und war gefangen in dem Bild, wo alle nur tot waren. Tot. Sie waren alle tot. „Sie sind alle tot. Ich hab sie sterben gesehen.“ Die arme junge Frau, sie war einfach gestorben. Sie hat nicht mal geblutet. Sie sah gar nicht wirklich verletzt aus. Eigentlich war sie wunderschön gewesen und trotzdem war sie einfach so gestorben. Ich konnte mir das nicht erklären. Vielleicht zerquetscht? Das musste es sein. „Es tut mir unsagbar leid für sie, Miss. Ich werde ihnen helfen so gut ich kann. Sie können mit ihrem Baby hier bei mir leben. Es ist zwar nicht allzu viel Platz, aber ich denke dass es für uns schon reichen wird. Ich weiß es ist nicht perfekt, aber sie haben hier ein Zuhause“, versprach sie mir und ich sah ihr in die Augen. Sie leuchteten so warm wie Bonnies. „Ich brauche Hilfe“, sagte ich verloren. Damon, bitte Damon hilf mir doch. Die Frau nickte verstehend, wie hieß sie nochmal, ich war sicher sie hatte es schon gesagt. „Ich werde dir helfen“, versicherte sie mir. Leicht nickte ich und schaute wieder auf das Baby, mein Baby, ich hatte jetzt ein Baby. „Und meinem Baby“, meinte ich. Auch Gideon brauchte Hilfe. Ich würde das nicht alleine schaffen. Ich würde das nicht alleine hinbekommen. „Gideon, richtig? Auch ihm werde ich helfen.“ Liebevoll sah ich Gideon an und strich ihm über die Stirn. Er war wach und war ganz ruhig. Was sollte ich machen, wenn er anfing zu weinen? Ich hatte doch gar keine Ahnung was ich tun sollte. Aber dieses kleine Wesen in meinen Armen, es war so unschuldig und so klein. Es brauchte mehr Hilfe als ich. Es musste beschützt werden. Kapitel 5: Gefangen in einer anderen Zeit ----------------------------------------- Kapitel 5: Gefangen in einer anderen Zeit „Dankbare Menschen sind wie fruchtbare Felder; sie geben das Empfangene zehnfach zurück.“ (August von Kotzebue) Elenas Sicht: Sanft wiegte ich Gideon in meinen Armen. So wirklich wusste ich nie was ich zu tun hatte, aber Ayanna half mir bei all meinen Problemen und unterstützte mich. „Also ich hab nachgefragt, keine Hexe weiß von einen solchen Zauber. Er ist wirklich einzigartig, entweder sie hat ihn selbst geschrieben oder er wird erst noch erfunden. Das mit den Nachforschungen wird also noch eine ganze Weile dauern“, erklärte sie sie mir. Nachdem ich wirklich wieder bei Sinnen gewesen war, hatte ich Ayanna die Wahrheit über mich gesagt, da alles in diesem Haus darauf hingewiesen hatte, das sie eine Hexe war. Natürlich hatte sie mich am Anfang für verrückt gehalten, eine Art Trauma wegen dem Verlust den ich erlitten hatte, doch am Ende konnte ich sie doch überzeugen. Es war eine lange Diskussion gewesen. Sie hatte mir ihre Hilfe zugesichert und versuchte einen Rückweg für mich zu finden. „Kannst du nicht in einem Grimoire oder sowas nachsehen?“, fragte ich verwirrt nach, denn Bonnie hatte das immer getan, wenn sie nicht weiterkam. Verwirrt runzelte Ayanna die Stirn, was sie immer tat, wenn ich von etwas sprach, was sie nicht kannte. Das erste Mal war das gewesen, als wir mir ein Zimmer unter dem Dach eingerichtet hatten, mit Heu und allem und mir unwillkürlich entfuhren war, das es mich an Heidi erinnerte. „Was ist ein Grimoire?“, fragte sie nach. Gab es denn sowas in dieser Zeit noch nicht? Obwohl lesen und schreiben, soweit ich wusste, in dieser Zeit noch nicht wirklich verbreitet waren. „Ähm… das ist so eine Art Hexenkochbuch.“ Danke, Damon. Wegen dir fällt mir diese Beschreibung jetzt als erstes ein. „Jede Hexe hat ein Buch, in dem sie genau einschreibt welchen Zauber sie benutzt und was dafür nötig ist. In meiner Zeit haben sich unzählige von Grimoiren angesammelt und die jüngeren Hexen können dann aus ihnen lernen. Die Weisheit wird so von Generation zu Generation weitergegeben“, erklärte ich Ayanna und sie nickte verstehend. „Das klingt nach einer wunderbaren Idee. Allerdings gibt es sowas noch nicht, doch ich werde damit anfangen.“ Wunderbar. Hatte ich sie jetzt schon vorzeitig auf eine Idee gebracht? Ayanna schien deswegen aber ziemlich in Gedanken vertieft zu sein. Auf einmal fing Gideon wieder an zu weinen und wie immer wusste ich nicht weshalb. „Anna, hat er schon wieder Hunger oder Durst?“, fragte ich nach, weil ich nicht wusste, wie ich dieses Schreien zuordnen sollte. Seine Windel zumindest stank nicht. „Ich denke er will nur dass du dich mit ihm bewegst. Vielleicht solltest du ein Spaziergang machen. Es scheint sowieso so zu sein, das du länger hier bleiben musst, da kannst du ruhig ins Dorf gehen. Wir können dich schließlich nicht ewig verbergen.“ Bei dem Wort ewig musste ich schmunzeln, ich war höchstens vier Tage hier und zweieinhalb war ich davon in eine Art Delirium. „Bist du sicher, dass du ihn als deinen Sohn präsentieren willst? Du könntest auch sagen, er sei dein Bruder oder Neffe. Als Witwe würde dir das erneute heiraten schwer fallen.“ Irgendwie war ich jetzt sprachlos und wusste nicht was ich sagen sollte. Das erneute heiraten? Gideon schrie so sehr, dass ich schon mal damit begann ihn auf und ab zu bewegen und mit ihm durchs Zimmer zu gehen. „Das ist nicht nötig“, meinte ich und wusste nicht was ich sonst sagen sollte. „Aber als Jungfrau stehen deine Chancen viel besser“, erklärte sie mir und mir klappte deswegen der Mund wohl ziemlich unschön auf. Jungfrau? Oh mein Gott. Das war ja schon lange her. „Ähm… das bin ich nicht. Der Zug… ähm ich meine, das ist schon vorbei.“ Ayanna sah mich überrascht an. War wohl nicht allzu alltäglich, dass man die Unschuld nicht mehr hatte. Eigentlich ging es ja bis hinein in das letzte Jahrhundert und auch noch heute war es in einigen Ländern nicht anders. „Du bist also in deiner Zeit schon verheiratet? Ist es dieser Damon?“ Tja, das war wirklich schwierig. Würde sie in Ohnmacht fallen, wenn ich versuchte es ihr zu erklären? Auf einmal schien mir das alles so unnatürlich schwierig zu sein. „Nein, ich bin nicht verheiratet und auch nicht Witwe. Sagen wir einfach, die Zeiten haben sich bei uns geändert“, versuchte ich einen Erklärungsversuch, aber so sanft ich es auch versucht hatte, es hatte nichts gebracht. Ayanna sah ziemlich sprachlos aus. Ups. „Also, Anna, kannst du mir sagen, wo ich den Mann finde, der mir mit geholfen hat? Du hast gesagt sein Name sei Finn?“, fragte ich noch einmal nach, auch um von dem letzten Thema abzulenken. Ayanna hatte mir gesagt, dass sie mich beim Kräutersammeln entdeckt hatte, aber dass sie mich allein nicht transportieren konnte, weswegen sie Hilfe geholt hatte. Ein Mann namens Finn hatte ihr und somit auch mir geholfen. Es dauerte eine Weile, bevor Ayanna wieder reagierte. Ich glaube es war schwer eine solch selbstbewusste Hexe sprachlos zu machen, doch anscheinend hatte ich ein Talent dafür. „Du musst den Hügel hinunter, zum Ende des Weges. Dort ist ein Haus und wenn ich mich nicht irre müsstest du Finn im Hinterhof finden. Dort wird er wahrscheinlich arbeiten“, sagte sie mir. „Danke“, meinte ich und nickte Ayanna zu, bevor ich nach draußen ging. „Bis später“, rief ich noch und setzte mich dann mit Gideon in Bewegung. Wie Ayanna es mir voraus gesagt hatte, schien Gideon das zu gefallen. Zumindest hörte er auf zu schreien und nachdem er ruhiger wurde, gluckste er auch irgendwann fröhlich. Verträumt betrachtete ich das Baby, mein Baby. Das konnte ich gar nicht oft genug denken. Ganz ohne Zutun von Männern, hatte ich jetzt einen Sohn. Das war irgendwie ein tolles Gefühl und ich hoffte nur dass ich noch würdig werden würde, seine Mutter zu sein. Irgendwann würde ich meinen Sohn verstehen und mich um ihn kümmern können, so wie er es verdiente. Ich sah das Dorf. Ayannas Haus lag etwas abseits davon. Überall tummelten sich Menschen und sie sahen mich argwöhnisch an, natürlich, sie kannten mich nicht. So etwas wie eine Fremde fiel da natürlich auf. Sicher kannte sich hier jeder mit Namen. Schlimmer noch als zu unserer Zeit. Wie viele Menschen wohl hier lebten? Ich spürte ihre Blicke, versuchte mich aber so gut es ging, nicht darum zu kümmern, sondern folgte Ayannas Beschreibung. Ich kam vor einen großen Haus an, zumindest im Vergleich zu Ayannas war es groß. Es war kleiner, als das in dem ich wohnte, allerdings war das hier eine ganz andere Zeit. Ich schaute durch das Fenster, erinnerte mich dann aber daran, das Ayanna davon gesprochen hatte, das ich hinter dem Haus schauen sollte. Ich hörte Geräusche, etwas schlug aufeinander, aber so wirklich konnte ich es nicht identifizieren. Doch als ich hinters Haus kam, sah ich was es war. Jemand hackte Holz. Da war ein Junge, jünger als Jeremy. Er hatte schwarze lange Haare. Stimmt, hier hatten die Männer irgendwie alle lange Haare, wie auch Elijah und Klaus, als ich sie gesehen hatte. Außerdem war da noch ein junger Mann, so in Elijahs Alter, schätzte ich. Er hatte leicht gewellte dunkelbraune Haare. Der Junge wirkte kindlich, der Mann sehr muskulös und maskulin, zumindest von dem her, was ich erkennen konnte. Doch er hatte kein Hemd an, sondern nur eine Hose. So konnte ich deutlich seine Muskeln erkennen. Er schien ganz vertieft zu sein, in das was er tat, deswegen wartete ich ab, bis er mit dem einen Holzstück fertig war, nicht das er sich verletzte. „Guten Tag“, machte ich auf mich aufmerksam und sobald die beiden zu mir sahen, machte ich einen Knicks, zumindest soweit ich diesen beherrschte. Ich biss mir unsicher auf die Unterlippe und legte den Kopf ein wenig schief. „Sind sie Finn?“, fragte ich nach, da ich mir nicht sicher war. Schließlich hatte ich keine Ahnung, wie er aussah. Er richtete sich auf und sah mich nachdenklich und ein wenig überrascht an. Ich hatte keine Ahnung wie ich ihn begrüßen sollte. Schüttelte man sich zu dieser Zeit die Hand? Irgendwann nickte er leicht. „Ich bin Tatia Petrova. Ich wollte ihnen für ihre Hilfe danken. Ayanna hat mir gesagt, das sie mir und meinem Baby geholfen haben. Vielen Dank.“ Er sah immer noch ein wenig überrascht aus, nickte dann aber und auf seinem Gesicht bildete sich ein leichtes Lächeln. „Gern geschehen, Miss Tatia.“ Er sah auf das Kind in meinen Armen. „Wie heißt er?“, fragte er nach. Ich schaute zu meinem Sohn und dann wieder zu Finn. „Gideon, sein Name ist Gideon“, antwortete ich. Finn nickte leicht und deutete dann auf den Jungen neben sich. „Das ist mein Bruder, Henrik“, erklärte er. Freundlich lächelnd nickte ich dem Jungen zu, der leicht seinen Kopf neigte, dann aber schüchtern einen Schritt zurück ging. Ein Rotschimmer hatte sich auf seine Wangen gelegt. Irgendwie war er süß. Ich wusste nicht was ich sagen sollte, deswegen machte ich noch einen Knicks. „Auf Wiedersehen“, wünschte ich den beiden und wandte mich dann ab, um wieder zurückzugehen. (`*•.¸(`*•.¸ ♫♪ ¸.•*´)¸.•*)♥(`*•.¸(`*•.¸ ♫♪ ¸.•*´)¸.•*)♥(`*•.¸(`*•.¸ ♫♪ ¸.•*´)¸.•*)♥(`*•.¸(`*•.¸ ♫♪ ¸.•*´)¸.•*) Erklärung: Das Großvater-Paradoxon ist das am häufigsten verwendete Beispiel, um Probleme mit der Kausalität bei Zeitreisen zu illustrieren. Es handelt sich dabei um folgendes Szenario: Jemand, der über die Möglichkeit der Zeitreise verfügt, reist zurück in die Vergangenheit vor der Zeugung seines Vaters und tötet dort seinen Großvater. Das Paradoxon in dieser Situation entsteht durch die Tatsache, dass der Zeitreisende ohne die Existenz seines Vaters, der nun wegen des Todes des Großvaters nicht geboren wird, selbst nicht geboren werden kann und folglich auch nicht hätte in der Zeit zurückreisen können, um seinen eigenen Großvater zu töten. Das Paradoxon zeigt somit, dass die Probleme, die sich durch die Veränderungen, die das Auftauchen des Zeitreisenden zwangsläufig mit sich bringen muss, ergeben, weder vernachlässigbar, noch in jedem Fall korrigierbar sind. Entsprechend muss eine wirklich realisierte Zeitreise diesen Widerspruch in irgendeiner Form vermeiden. In diesem Fall geschieht so ein Großvater-Paradoxon. Elena reist in der Zeit zurück. Sie ist selbst Tatia Petrova und kümmert sich um Gideon, als ihren Sohn. So zieht sie ihren eigenen Vorfahren auf. Elijah und Niklaus verlieben sich in sie. Ihr Blut wird für die Verwandlung benutzt und zur Bannung von Niklaus Werwolfseite. Wäre sie nicht zurückgereist, würde es keine Petrova-Doppelgängerin geben und auch keine Vampire, so wäre sie auch nie zurückgereist. Wie es sein kann, dass später Petrova-Doppelgänger überhaupt entstehen können, das werde ich noch erklären. Dafür hab ich mir nämlich auch was Passendes ausgedacht. Bis dahin, viel Freude, glg Rose Kapitel 6: Ein eigenartiges Mädchen ----------------------------------- Kapitel 6: Ein eigenartiges Mädchen „Alles was die Menschheit je tat, dachte, erlangte oder gewesen ist, liegt wie verzaubert zur Aufbewahrung zwischen den Seiten von Büchern. Sie stellen das ausgewählte Geistesgut des Menschen dar.“ (Thomas Carlyle) Finns Sicht: Ich konnte nur lächelnd den Kopf schütteln, als das Mädchen wieder ging. Sie war irgendwie eigenartig, ich konnte es nicht wirklich beschreiben. Doch auf der einen Seite wirkte sie so unbeholfen und dann war sie doch wieder selbstsicher. Anscheinend wusste sie nicht wirklich was sie sagen sollte oder sich verhalten wollte und dann schien es ihr doch nichts ausgemacht zu haben, wenn ich mit nacktem Oberkörper vor ihr stand. Selbst Mutter und Rebekah drehten sich immer weg. „Sie ist wunderschön, oder? Ich meine auf so übernatürliche Weise. Ihre Haut“, meinte Henrik nachdenklich. Ich wusste das seine Faszination nicht darauf beruhte, das er an ihr interessiert war, sondern einfach nur weil sie so außergewöhnlich war. Auch mir war das schon aufgefallen, als ich sie den Abend zu Ayannas Hütte getragen hatte. Da war wenig Dreck an ihr gewesen und ihre Haut war in der Tat sehr weich. Ihre Hände waren makellos und genauso ihre Haut. Ihre Haare waren zwar etwas zerzaust gewesen, doch glänzend und kräftig. Sie sah aus, als hätte sie nie in ihrem Leben gearbeitet. Als wäre sie eine Art Engel, der nur hier war, um uns mit seinen Anblick zu erfreuen. Ich hatte immer gedacht, das Rebekah ein schönes Mädchen war, doch Tatia hatte etwas, das weit weg von allem stand. Sie war so zart und zerbrechlich, das man Angst hatte, wenn man sie zu sehr anpackte, sie unter den Finger verschwinden würde. „Wunderschön, makellos, vollkommen“, stimmte ich meinem jüngsten Bruder zu. Er lächelte und wenn er an sie dachte, dann verstand ich es. Bei den Gedanken an ihr konnte man einfach nur lächeln. Henrik legte ein weiteres Holzstück auf den Baumstumpf und wir begannen erneut mit unserer Arbeit. Sobald ich es gespalten hatte, stapelte Henrik die kleinen Holzstücke auf einen Haufen, an der Holzwand. So teilten wir uns die Arbeit. Auf Dauer war sie anstrengend und schweißauftreibend, weswegen ich mir auch das Hemd ausgezogen hatte. Elijah, Niklaus und Kol übten sich im Schwertkampf. Sie nutzten die Zeit, in der Vater heute auf der Jagd war. Mutter dagegen war irgendetwas mit Rebekah sammeln gegangen. Als Henrik und ich am Abend ins Haus traten waren nur Esther und Rebekah schon da. Rebekah war am kochen und Esther saß am Tisch und schien etwas zu schreiben. Wieso tat sie das? Ich warf ein paar Holzstücke unter den Kessel, in dem Rebekah etwas kochte. „Äh… Finn! Du stinkst widerlich!“, warf sie mir vor und grinsend packte ich sie und drückte ihr ein Kuss auf die Wange. Meine kleine böswillige Schwester. Zu uns war sie immer verdammt frech, aber wenn es um Vater oder andere außerhalb der Familie ging, dann war sie ganz still. „Was machst du da, Mutter?“, fragte ich neugierig nach. Kurz sah sie von ihren Aufzeichnungen auf. Sie schrieb in ein großes Buch, in das wir sonst immer nur den Mondzyklus und andere Naturereignisse einschrieben. „Ich übernehme eine gute Idee von Ayanna. Sie hat vor alle ihre Zauber aufzuschreiben und was dafür notwendig ist, so dass unsere Nachfahren aus unserem Wissen lernen können“, erklärte sie mir. Ich blinzelte überrascht. Was für ein interessanter Gedanke, aber wenn ich mich genau in ihm vertiefte, dann klang es wahrlich sehr nützlich. Henrik lief zu Mutter und sie schenkte ihm ihre Aufmerksamkeit. „Mama, wir haben einen Engel gesehen. Es gibt wirklich welche. Sie ist so wunderschön, noch schöner als Rebekah.“ Unsere Schwester verzog das Gesicht. So hätte Henrik es vielleicht nicht ausdrücken sollen. Natürlich wussten wir, dass er es nicht böse meinte, aber er sagte immer die Wahrheit, meist allerdings etwas übereifrig. In dem Fall hatte die Wahrheit Rebekah verletzt. Ich setzte mich zu Mutter an den Tisch, die mich fragend ansah. „Er meint das Mädchen, das Ayanna letztens gefunden hatte und wo sie mich bat ihr zu helfen. Ihr Name ist Tatia, sie kam vorbei, um sich bei mir zu bedanken“, erklärte ich den Sachverhalt. Mutter sah mich interessiert an. „Ist sie wirklich so schön?“, fragte meine Mutter nach, da Henriks Blick auf Frauen doch ein wenig getrübt war. Er sah sie nicht so, wie ich und meine anderen Brüder. Ich dachte darüber nach, wie man schön definieren sollte. Durch Tatia bekam Schönheit eine ganz neue Bedeutung. „Sie ist anders, als jedes Mädchen, das ich je gesehen habe und ehrlich, sie ist tatsächlich atemberaubend schön. Nicht vergleichbar mit einer anderen.“ Sowas wie sie hatte ich noch nie gesehen. Ihre Haut war so blass, gar nicht überzogen von Schmutz und die Sonne schien ihr nichts anzuhaben. Vielleicht hatte sie aber wirklich noch nie in ihrem Leben gearbeitet. Sie schien wirklich nicht geschaffen dafür zu sein. „Wer ist atemberaubend schön?“, fragte Kol nach, der mit Elijah und Niklaus hereinkam. Ich hatte sie gar nicht bemerkt. Ich drehte mich zu ihnen um. „Das Mädchen, dem ich geholfen habe. Sie kam heute vorbei, um sich zu bedanken“, erklärte ich ihnen. Gerade als sie weiter nachfragen wollten, kam Vater durch die Tür herein und sofort verstummten all unsere Worte und die, die wir hatten sagen wollen. Bei Vater mussten wir aufpassen was wir sagten, denn jedes Wort konnte uns im Mund verdreht werden und gegen uns verwendet werden. Deswegen zogen wir es vor, meist ganz zu schweigen. Besonders von Frauen sollten wir nicht anfangen, sonst kamen wir sofort auf das Thema, warum noch keiner von uns verheiratet war und das wollten wir ganz gewiss nicht. Vater drängte uns beinah täglich dazu, endlich uns eine Frau auszusuchen. Elijah, Niklaus und Kol gingen Vater schnell aus dem Weg. Besonders Niklaus schaffte es schnell die Wut unseres Vaters auf sich zu ziehen, aber auch Kol war darin nicht untalentiert. Er sah sie beide als unvernünftig und kindisch an. Mutter klappte das Buch zu und legte es mit den anderen Schreibsachen weg, wahrscheinlich auch in der Hoffnung dass es nicht zur Sprache kam. Vater stufte schnell Dinge als unwichtig und unnütz ein und dann hatten wir sie gefälligst zu unterlassen. Er setzte sich mit an den Tisch, an der Stirnseite. Henrik setzte sich leise neben mich, bemüht keinen Ton von sich zu geben. Seine Schüchternheit gegenüber allen außerhalb der Familie rührte vor allem unseren Vater her. Wir alle hatten Respekt und auch Angst vor ihm. „Wann ist das Essen fertig?“, fragte er in Rebekahs Richtung, die ab und zu etwas im Kessel umrührte. „In kürze“, gab sie leise zurück, aber man konnte es gut in dieser Stille hören. Schweigend setzten wir uns alle an den Tisch und redeten nur, wenn Vater uns dazu aufforderte. So hingen wir alle unseren Gedanken nach und meine wanderten zu dem eigenartigen Mädchen mit ihrem Sohn. Auch wenn sie unsicher gewirkt hatte, so war ihre Haltung doch so locker gewesen, dass es sich bei ihr nur um ein glückliches Mädchen handeln konnte. Ihr ganzes Aussehen sprach dafür. Sie schien ganz anders als wir zu sein. Es gab einfach kein Vergleich. Kapitel 7: Doppelte Hilfe ------------------------- Kapitel 7: Doppelte Hilfe „Mann: die beliebteste von allen Erfindungen, die der Frau die Arbeit erleichtern oder ersparen soll.“ (Oscar Wilde) Elenas Sicht: Diese Holzeimer wären unserer Zeit sicher schon antik, dachte ich mir. Ich machte mir in letzter Zeit über viele, sicher eigenartigen Dingen, Gedanken. Unwichtige Dinge. Allerdings überkam mich Verzweiflung und Trauer, wenn ich an wichtiges dachte, deswegen versuchte ich es so gut es ging, zu verdrängen. Eigentlich waren die Eimer voll Wasser gar nicht mal schwer, zumindest für eine kurze Strecke, doch von See zum Haus gemessen, brachte es mich doch zum Verzweifeln. Ich war nur froh dass ich in der letzten Zeit so viel trainiert habe, sonst hätte ich sicher schon zehnmal aufgegeben. Erschöpft stellte ich die Eimer ab und atmete tief durch. Ich war zumindest schon mal wieder außerhalb des Dorfes und hatte die Hälfte des Hügels geschafft. Wenn ich hinunterblickte, konnte ich dem Treiben des Dorfes zusehen. Viele andere Frauen und Mädchen trugen viel schwerere Sachen als ich und hatten anscheinend gar keine Probleme damit. Ayanna hatte meine Hände bewundert als wären sie ein Wunder oder eine Offenbarung. Sie hatte mich tatsächlich gefragt, ob ich eine Prinzessin war. So wirklich wusste ich immer noch nicht was sie damit meinte. Ich fand dass meine Hände ganz normal waren. So wie bei allen anderen auch. Ich atmete noch einmal tief durch, dann nahm ich die Eimer wieder und wollte weitergehen, doch eine Stimme erschreckte mich so sehr, dass ich beinah nach vorne kippte und alles verschüttete. Das wäre es gewesen. „Können wir ihnen helfen?“ Es war nicht das mich überhaupt jemand ansprach, es war Klaus stimme, die mich schockte und meine Augen weiten ließ. Ich versuchte mich zu fassen und drehte mich langsam um, nur um Elijah und Klaus zu sehen, beide mit Schwertern. Es war so ein komischer Anblick. Bei Menschen die man nicht kannte war es schon seltsam, aber bei ihnen sah es aus, als würden sie ein Kostümfest besuchen. Die beiden sahen mich an als wäre ich der Sohn Gottes, pardon Tochter. Zumindest sahen sie mich wie alle anderen auch an, als wäre ich etwas besonderes, etwas das sie nie gesehen hatten. Sie stürzten fast zu mir und verneigten sich beide, was mich nur noch mehr schockierte. Ich meine, hallo!? Elijah und Klaus verbeugten sich vor mir? Klaus hatte mich umgebracht und behandelte mich wie seinen herumlaufenden Blutbeutel. Elijah war zwar höflich, doch immer so distanziert, das man meinen konnte er spräche mit einer Wand. „Ich bin Elijah, Sohn von Mikael“, stellte sich Elijah mir vor und ich fragte mich, ob man sich so in dieser Zeit vorstellte. „Ich bin Niklaus, ebenfalls Sohn von Mikael“, erklärte er und ich konnte nur schwach lächeln. Leider irrst du dich da, aber bisher weißt du das wohl noch nicht. „Ähm… Ele… Tatia Petrova“, meinte ich und war froh mich noch gerettet zu haben. Es war ungewöhnlich sich mit einen anderen Namen vorzustellen, da ich es sonst automatisch getan hatte. Jetzt musste ich immer erst überlegen. Da half es auch nicht wirklich, dass ich mir meinen Namen selbst ausgedacht hatte und er mir gefiel. Mein eigentlicher Name war einfach in mir drin. Niklaus deutete auf die Eimer, die ich trug. „Können wir dir helfen?“, fragte er noch einmal nach. Auch wenn es Klaus war und natürlich Elijah konnte ich mich doch nicht gegen die Hilfe wehren, denn sie war durchaus willkommen. „Ja, bitte. Vielen Dank“, sagte ich als mir jeder einen Eimer abnahm. Ihn schien das nicht mal im geringsten Maße etwas auszumachen und das verstand ich durchaus. Unter der gewöhnlichen Kleidung, die sie sonst immer getragen hatte, war es mir nicht so wirklich aufgefallen, besonders bei Elijahs Anzügen, die alles versteckten. Doch jetzt sah ich es. Die enganliegende Kleidung, aus einfachen Leinen und Leder, zeigte deutlich wie viele Muskeln sie hatten. Waren alle Männer in dieser Zeit so kräftig und stark? Dieser Finn war auch so gebaut gewesen. „Sie sind die junge Frau, die unser Bruder gerettet hat, richtig?“, fragte Klaus nach und überrascht weiteten sich meine Augen. Verwirrt runzelte ich die Stirn und sah fragend zu den beiden, die neben mir gingen. „Wenn ihr Bruder Finn ist, dann denke ich haben sie recht“, gab ich zu. Elijah und Klaus nickten einstimmig. In dieser Zeit verstanden sich die beiden wohl recht gut. Wo war dieser Finn wohl in der Zukunft? Bestimmt in einer der Särge, die Klaus mit sich herumschleppte. Ich dachte an Finn, grau und leblos in einem Sarg und es fühlte sich schrecklich an. Er schien so lebendig gewesen sein, das ich es mir nicht vorstellen mochte. „Wir haben noch zwei Brüder und eine Schwester“, erzählte mir Elijah. „Henrik, richtig? Und…“ Beinah hatte ich Rebekah sagen wollen, da ich sie ja auch kannte, aber hier kannte ich sie ja noch gar nicht. Deswegen wurde das stockende „Und“ zu einer Frage. „Und Kol und Rebekah“, beantwortete mir Elijah meine Neugier. Wir kamen zu der Hütte von Ayanna und die beiden stellten die Eimer für mich ab. Freundlich lächelte ich die beiden an. Egal wer sie in der Zukunft waren und was sie da gehabt hatten, hier musste ich alle so behandeln, wie ich von ihnen behandelt wurde. Ich musste auf das reagieren was ich sah, nicht das was ich wusste. „Nochmals vielen Dank für eure Hilfe. Elijah“ Ich nickte dabei ihm zu. „Klaus“, sagte ich zu ihm und ich glaubte meine Stimme wirklich freundlich gehalten zu haben. Verwirrt runzelte Klaus die Stirn. Hatte ich etwas Falsches getan oder gesagt? „Klaus?“, fragte er verwirrt nach und da fiel mir mein Fehler ebenfalls auf. Er hatte sich mir gegenüber als Niklaus vorgestellt, nicht als Klaus. „Oh… ähm…“ Ich hatte keine Ahnung wie ich mich retten sollte. Klaus aber fing an leicht zu lachen, er lächelte mich noch genauso freundlich an, wie zuvor. Er nahm meine Hand und küsste sie sanft. „Sie können mich nennen, wie es ihnen beliebt, Miss Tatia“, sagte er mir und überrascht sah ich ihn in seine Augen. Zum ersten Mal konnte ich das ohne Angst tun. Er hatte blaue Augen, hellblau. Nicht so wie Damons. Damons waren mysteriös. Seine Augen waren klar und hell, wie der Himmel. Ich hörte ein Weinen und wusste sofort dass es Gideon war, blitzschnell entzog ich Klaus meine Hand wieder. Ich raffte den Rock meines Kleides und lief zur Tür. Ayanna hatte Gideon schon auf den Arm und als sie mich sah kam sie zur Tür und überreichte mir den Kleinen. Liebevoll nahm ich ihn in meine Arme und wiegte ihn ein wenig. „He, mein Schatz. Was hast du wieder? Hast du Hunger?“, sprach ich mit meinen Sohn, weil er so laut weinte. Aber ich hatte das Gefühl dass das jetzt manchmal schon ausreichte und half. Er mochte meine Stimme anscheinend, denn wenn er sie hörte, dann beruhigte er sich jetzt öfters schon ganz von allein. Zumindest wenn es wirklich kein, Hunger, Durst oder das er sich in die Hose gemacht hat, war. „Ich glaube er hat dich einfach nur vermisst, Tatia“, sprach Ayanna ihre Gedanken aus und ich strich meinen kleinen über die Wange. „Wirklich? Hast du mich vermisst, mein Kleiner? Ich hab dich auch vermisst, das tu ich in jeder Minute die ich nicht bei dir bin.“ Lächelnd legte ich meine Stirn gegen seine. Er war ein wenig warm, am Anfang hatte ich immer Angst gehabt, dass er Fieber haben würde, aber meinen Kleinen ging es prima. „Guten Tag, Elijah, Niklaus. Was macht ihr denn hier?“, fragte Ayanna und rief mir erst damit wieder ihre Anwesenheit ins Gedächtnis. Ich war immer so sehr von Gideon verzaubert, das ich dann meist alles um mich herum vergaß. „Oh, sie haben mir beim Wasser tragen geholfen“, erklärte ich für sie, da sie irgendwie sprachlos zu sein schien. Zumindest sahen sie mich schockiert an. War es wegen dem Jungen? „Das war wirklich sehr freundlich von euch. Bitte übermittelt eure Mutter meine Grüße.“ Elijah fasste sich als erstes wieder, er nickte leicht. „Wir wollten sie sowieso von unserer Mutter zum Essen einladen. Sie natürlich auch, Miss Tatia“, wandte sich Elijah mit seiner Einladung an mich und ich schenkte ihm ein leichtes Lächeln. „Danke, wir kommen sehr gern“, antwortete Ayanna für uns. „Bis heut Abend.“ Elijah stieß Niklaus an und holte ihn so anscheinend aus seiner Trance. Er packte ihn am Oberarm und die beiden gingen wieder. Ich beobachtete wie sie den Hügel hinunter gingen und sich oft nochmal zu uns umdrehten. Die beiden waren ganz anders, als ich sie aus meiner Zeit kannte. Kapitel 8: Unbeschreiblich schön -------------------------------- Kapitel 8: Unbeschreiblich schön „Wir lieben es, verliebt zu sein, daran gibt es nichts zu rütteln.“ (Autor unbekannt) Niklaus Sicht: Ich konnte mich gar nicht oft genug herumdrehen, um sie zu betrachten. Wie sie da stand. Einzigartig schön, wie keine andere es war. Auch mit dem Kind auf dem Arm, sie sah einfach nur aus wie ein gefallener Engel. Finn hatte recht gehabt, sie war atemberaubend schön, wenn das überhaupt reichte, um sie zu beschreiben. „Verrenk dir nicht den Hals, Nik. Sie wird heute Abend doch zum Essen kommen, dann kannst du sie noch genug betrachten“, wies mich mein Bruder auf das offensichtliche hin. „Ach, komm schon, bitte. Du hast sie doch auch gesehen. Hast du schon mal eine vergleichbare schöne Frau gesehen?“ Die Frage war rhetorisch. Das Mädchen war eindeutig einzigartig in ihrer Schönheit und ich hatte bemerkt, das Elijah sie ganz genauso angesehen hatte, wie auch ich. Elijah seufzte schwer. „Sie hat einen Sohn“, wies er mich auf eine weitere Tatsache hin. Wieso musste er immer nur so schrecklich übertrieben realistisch sein? Ein paar kleine Träumereien konnten doch nicht schaden. „Aber keinen Ehemann“, meinte ich grinsend und bevor etwas darauf erwidern konnte, rannte ich los, denn ich wollte es gewiss nicht hören. Lieber wollte ich von Tatia träumen, wenn auch nur in Gedanken und am Tag. Sicher würde ich auch in der Nacht von ihr träumen, doch bis dahin war es noch Zeit. Wir kamen bei unseren Haus an, ein wenig außer Atem und Elijah verdrehte die Augen, lächelte aber. „Sie ist schön“, rief ich den Raum hinein, wo Rebekah, Kol, Finn und Henrik waren. Rebekah kochte etwas zusammen mit Henrik, während Finn mit Kol am Tisch saß, über ein Buch gebeugt, in das er anscheinend wieder herein schreiben sollte. Wir kümmerten uns darum, alle wichtigen Aufzeichnungen zu machen. Mutter hatte es Finn einmal beigebracht und er hatte es dann nach und nach uns beigebracht, sodass es jeder von uns lernte. Kol und ich empfanden das als besondere Qual. Missmutig stampfte Rebekah mit dem Löffel im Kochtopf herum. „Toll, anscheinend ist das ihre einzige Eigenschaft. Sie ist schön“, meinte sie bissig. Oje, was war ihr denn schon wieder über die Leber gelaufen? „Sie ist auch höflich und freundlich“, gab Elijah als Anmerkung und da hatte er recht. So war sie wirklich zu uns gewesen und sie hatte warmherzige Augen. Jetzt hämmerte Rebekah noch viel wütender mit dem Löffel in den Topf, das einen fast Angst machen konnte. Wie wir alle, hatte sie ein stark ausgeprägtes Temperament. Finn schaute zu uns auf. „Wie geht es ihren Sohn?“, fragte er nach und ich war ein wenig überrascht das er davon wusste, obwohl sie ihr Kind wohl sicher überall mit hin nahm. Ihr Kind war also ein Junge. „Ähm… ich denke gut. Weißt du wie er heißt?“, fragte ich interessiert nach. Ich und sicher auch Elijah, waren so geschockt davon gewesen, das sie ein Kind hatte, das wir gar nicht weiter nachgefragt hatten. „Gideon“, antwortete Finn mir. Ich hatte keine Ahnung was ich dazu hatte sagen sollen, das sie ein Kind hatte. Eigentlich bedeutete dass, das sie nicht mehr zu haben war. Entweder verheiratet und wenn sie Witwe war, dann wollte die meisten so eine Frau nicht mehr, allerdings war es bei Tatia ganz anders. Auch wenn sie ein Kind hatte, so würde sie sicher jeder wollen. Wie auch nicht? Eine vergleichbare schöne Frau hatte noch nie jemand von uns gesehen. „Sie sah aus wie die Jungfrau Maria mit dem Kind“, meinte Henrik begeistert und ich musste sofort lächeln. Henrik war ein toller Junge, er sagte immer fröhlich und heiter drauf los was er dachte. Natürlich nicht bei unseren Vater, aber er war bei allem die Ausnahme. Doch Henrik hatte recht, so konnte es einen wirklich erscheinen. Wenn ich mir eine Vorstellung von ihr machen müsste, dann würde das Bild von Tatia mit ihrem Sohn, dem entsprechen. „Sicher hat sie ihr Kind aber nicht ohne Empfängnis bekommen“, warf Rebekah fauchend mit ein. Genervt verdrehten Elijah und ich die Augen und grinsten uns an. Die Launen unserer Schwester waren uns alle zu gut bekannt. Ich ging zu ihr und steckte meinen Finger in den Kochtopf um zu probieren. „Ist wieder diese besondere Zeit im Monat oder wieso bist du so schrecklich gereizt?“, fragte ich und bekam dafür einen Stoß in die Rippen. Außerdem schlug sie mir mit dem Kochlöffel auf die Finger. „Hau ab und halt den Mund, Nik!“, herrschte sie mich an und schubste mich nach hinten. Ja, eindeutig. Sehr gereizt. Ich setzte mich zu Finn und Kol an den Tisch. Kol schien ganz vertieft zu sein, in das was er tat und er sah nicht wirklich glücklich dabei aus, obwohl der grüblerische Ausdruck überwog. Elijah begann mit Henrik zusammen den Tisch zu decken, auch für unsere Gäste. Ich konnte es jetzt schon kaum noch erwarten sie wieder zu sehen. „Nik, holst du noch etwas Holz von draußen?“, bat mich Finn und ich nickte leicht, bevor ich aufstand und nach draußen ging, um vom Hinterhof Holz zu holen. Finn machte immer genug das ich meinen würde es reichte für eine Armee. Aber er sagte, dass wir auch immer so viel verbrauchten. Wahrscheinlich hatte er recht und da bestand ein gutes Gleichgewicht. Ich stapelte einige größere und auch kleinere Stücke auf meinem Arm, so viel wie ich tragen konnte und nahm sie dann wieder mit nach drinnen. Es war wieder sehr still geworden und sofort als ich den Blick meines Vaters begegnete wusste ich auch weshalb. Schweigend legte ich ein paar der Holzstücke auf und die anderen daneben, bevor ich die Frage an die Ohren geworfen bekam, warum ich denn so unnütz rumstehen würde. Das Buch, in das Kol hinein geschrieben hatte, war wieder verschwunden. Der Tisch war gedeckt und wir saßen alle wie üblich schweigend zusammen und ich setzte mich dazu. Als es an der Tür klopfte sprangen Kol und ich gerade zu auf, in der Hoffnung dem allen entfliehen zu können, doch auch Mutter und Vater standen auf. Sie waren es die zur Tür gingen und sie öffneten. In einer Lücke versuchte ich Tatia auszumachen, doch meine Eltern versperrten mir dummerweise die Sicht, sodass ich mich gedulden musste. „Ayanna, schön das ihr da seid“, begrüßte sie Mutter freundlich. „Und sie müssen Tatia sein. Es freut mich sie kennenzulernen.“ Elijah und ich teilten uns einen Blick. Wenn Mutter freundlich zu ihr war und sie mochte, dann würde Vater auch nett zu ihr sein. Vielleicht würden wir sie dann öfter sehen. Sie wurden hereingebeten und sofort fesselte mich ihr Anblick. Zufrieden sah ich zu Rebekah, deren Augen sich ungläubig weiteten. Jetzt konnte sie zumindest nicht mehr bestreiten, dass wir die Wahrheit sagten, was aber nicht hieß, dass sie sich weniger darüber aufregen würde. Was mich überraschte war das Finn aufstand und zu Tatia herüber ging. „Guten Abend, Tatia. Wie geht es ihnen?“, fragte er höflich und ich runzelte die Stirn. Wie er mit ihr redete, das erinnerte mich daran, wie er mit Rebekah sprach, zumindest wenn sie ihre guten Zeiten hatte. „Sehr gut, danke Finn.“ Er bat sie sich auf seinen Platz zu setzen und setzte sich daneben, sodass sie auch neben Mutter sitzen würde und mir gegenüber. Mit Ayanna und Tatia war unser Familientisch voll besetzt, alle zehn Stühle waren ausgefüllt. Obwohl Tatia natürlich ihren Sohn auf dem Schoß hatte. Finn und sie unterhielten sich über ihn. Sie erzählte ihm dass er sieben Monate alt war und dass sie ihn nach ihrem Großvater benannt hatte. Mich faszinierte mehr der Blick mit dem sie ihren Sohn betrachtete, er war einfach einmalig. Ich glaubte mich nicht zu erinnern, dass Mutter oder Vater uns jemals annähernd so liebevoll betrachtet hatten. Vielleicht war Mutter freundlich und warmherzig zu uns, aber auch nicht immer. Vor allem nicht so ununterbrochen wie Tatia es war. Ich glaube so war Mutter nicht mal zu Henrik gewesen, als er noch ein Baby war. Sie musste voller Liebe sein, so wie sie ihr Baby betrachtete. Es war einzigartig zu beobachten. Tatia war unbeschreiblich schön, wie es schien nicht nur von außen, sondern auch von innen. Kapitel 9: Schöne abwesende Stille ---------------------------------- Kapitel 9: Schöne abwesende Stille „Wein strömt ein durch den Mund und Liebe durch unsere Augen; nur dies wissen wir gewiss, bevor wir altern und sterben. Ich hebe das Glas zum Mund, betrachte dich und seufze.“ (Autor unbekannt) Elijahs Sicht: „Er lässt mich kaum schlafen, sobald ich weggehe, fängt er an zu weinen“, erklärte sie Finn lächelnd und sie klang dabei gar nicht böse. Sie nahm es dem Kind gar nicht übel, dass es sie vom schlafen abhielt. „Sicher vermisst er dich einfach. Wahrscheinlich musst du ihn einfach schreien lassen“, überlegte Finn. So würden es auf jedenfall unsere Eltern machen, aber höchstwahrscheinlich war das generell die beste Methode. „Das kann ich irgendwie nicht. Es tut mir dann immer in der Seele weh. Deswegen bleib ich so lange bei ihm, bis er eingeschlafen ist und wenn er dann schläft, dann schlaf ich auch.“ Ich war überrascht wie gutmütig und liebevoll sie war. Jede ihrer Handlungen und Worte erinnerten mich in keinster Weise an unsere Eltern, was mir in jedem Moment sagte, das ich diese Eigenschaften an ihr mochte, da ich sie an unseren Eltern vermisste. „Tatia, was ist mit ihrer Familie passiert?“, fragte Mikael eindringlich und klang dabei sehr prüfend. Alle Aufmerksamkeit legte sich nun auf ihn und Tatia. Ich konnte sehen wie Tatia schluckte und ihr Blick in die Ferne glitt. „Wir waren unterwegs um ein neues Zuhause zu finden, einen Ort an dem wir uns niederlassen konnten. Wir sind im Morgengrauen weiter gezogen, der Mond stand noch am Himmel. Da waren Wölfe, auf einmal waren sie überall. Mein Bruder wollte dass ich mich versteckte. Ich wollte nur dass die Schreie aufhörten und irgendwann hörten sie auch auf. Meine Familie, sie ist jetzt…“ Ich sah wie sie an ihren eigenen Worten zerbrach und ihre Augen zeigten mir dass sie nicht wirklich hier war. Eine Träne rannte ihr über die Augen und Mutter bekam Mitleid mit ihr, weswegen sie Tatia erlöste und ihre Hand dabei auf Tatias legte. „Schon gut, Kind. Sie müssen nicht weiter reden“, meinte sie und warf Vater einen warnenden Blick zu, der es dadurch auf sich beruhen ließ. Mutter war die einzige die Vater Einhalt gebieten konnte, wir wussten nicht wieso sie es schaffte. Zwar hatte Vater das Machtwort, doch er ließ sich von ihr beeinflussen. Mitleidig sah ich Tatia an, die noch immer mit ihren Gedanken woanders zu sein schien. Anscheinend hatte sie bei dem Angriff der Wölfe ihre ganze Familie verloren, ich mochte mir diesen Verlust nicht einmal im Traum vorstellen. Letztens war Vollmond gewesen, sicher waren es die Werwölfe gewesen, wegen der wir uns immer zu diesem Zeitpunkt versteckten. Sie waren gefährlich, aber Fremde hatten davon sicher keine Ahnung. „Sie müssen sehr traurig wegen ihrem Verlust sein“, sprach Mutter mitleidig und Tatia wischte sich die verirrte Träne aus ihrem Gesicht und zuckte mit den Schultern, während sie sich zu einem Lächeln zwang. „Ich kann es mir nicht leisten traurig zu sein. Wenn ich weine, weint das Baby. Wenn ich schreie, dann schreit es ebenfalls. Deswegen lächle und lache ich lieber, in der Hoffnung dass es sich auch auf meinen Sohn überträgt. Ich will das er glücklich ist, deswegen versuche ich ihn mit gutem Beispiel voran zu gehen“, antwortete sie und in dem Moment wusste ich, das ich noch nie einen besseren Menschen getroffen hatte als sie. Sie war selbstlos und mitfühlend. Ihr waren das Wohl und die Stimmung ihres Kindes wichtiger, als ihre eigenen Bedürfnisse, sowas hatte ich noch nie erlebt, vor allem nicht in meiner Familie. Wenigstens waren wir so diskret unsere Aufmerksamkeit wieder von ihr zu nehmen. Sie musste sich sowieso schon komisch fühlen, weil wir sie alle immer wieder ansahen, als wäre sie das personifizierte Wunder. Oder war sie es schon gewohnt? Als solche Schönheit musste ihr die Aufmerksamkeit zweifellos von jedem anderen Wesen sicher sein. Meine hatte sie auf jedenfall sicher. Lächelnd gab Tatia ihrem Sohn den Löffel, nachdem er den Arm ausgestreckt hatte. „Da können sie nur froh sein, das sie sowieso nichts anderes mehr Nachts zu tun haben, sonst würde das weitaus schwieriger werden“, meinte Kol frei heraus und mir klappte leicht der Mund auf. Oh mein Gott, Kol! Verdammt, warum musste er immer so eine große Klappe haben und dann auch noch auf so unhöfliche Weise? „Kol, bist du verrückt geworden? Was ist in dich gefahren?“, wies Finn unseren Bruder zurecht. Ich schielte zu Vater, ob er etwas mitbekommen hatte, doch er unterhielt sich mit Mutter und Ayanna. Ein wundervolles helles Kichern verschaffte sich meine Aufmerksamkeit und ungläubig sah ich zu Tatia, die sich anscheinend in keinster Weise unwohl durch Kols Aussage fühlte. „Sie haben recht, Kol. Ich denke keine Frau wäre so Multitaskingfähig, das sie das bewerkstelligen könnte“, meinte sie vollkommen amüsiert. Beeindruckend sah ich sie an, mit diesem Konter hatte sie Kol ziemlich den Wind aus den Segeln genommen und alle die zugehört hatten gewiss sprachlos gemacht. Tatia bemerkte meinen fragenden Blick und strich sich verlegen lächelnd eine Haarsträhne hinters Ohr. „Ähm… Damon, mein Bruder, er hat auch solche Dinge gesagt. Eigentlich täglich und besonders zu mir. Er hatte die Vorliebe mich mit sowas zu ärgern, wenn mir das was ausmachen würde, dann wäre ich schon lange untergegangen“, gab sie uns die Erklärung. Das war… verständlich. Rebekah war sicher auch nur so geworden, wie sie war, da sie unter fünf Brüdern aufgewachsen war. Sie hatte einfach gelernt sich durchsetzen zu müssen. „Siehst du, Finn, sie kommt bestens damit zurecht“, meinte Kol selbstgefällig und Finns griff um sein Messer wurde fester. Sprang seine Fantasie auch gerade dahin, ihn damit aufzuspießen? Tatia aber lachte nur leicht wegen der Aussage und ich hoffte deshalb, dass es Kol noch oft schaffte sie zum Lachen zu bringen, denn es nahm einen, wie ihre ganze Gegenwart gefangen. „Dann bleiben sie jetzt hier, oder Tatia?“, fragte Niklaus unsicher nach, doch er klang vor allem hoffnungsvoll. Erwartungsvoll sah ich sie an, denn auch ich wünschte mir, dass sie hier bei uns im Dorf blieb. „Sicher. Ayanna war so freundlich mir Unterschlupf bei sich zu gewähren und ich wüsste auch ehrlich nicht wo ich sonst hinsollte“, gab sie zu und sah traurig auf ihren Sohn. Mir wurde zum ersten Mal wirklich bewusst, dass sie alles verloren hatte. Jeder Menschen den sie geliebt hatte und sie hatte kein Zuhause, niemanden zu dem sie flüchten konnte. Sie war ganz allein. Ich fühlte mich schlecht, dass ich mich freute, dass sie hier bei uns blieb. Es war sicher nichts was sie sich gewünscht hatte. Sicher hatte sie zusammen mit ihrer Familie leben wollen und so schwer es mir fiel daran zu denken, wohl auch mit ihrem Mann. Sie und Finn vertieften sich wieder in ein Gespräch über ihren Sohn Gideon. Ich fand es faszinierend, wie sie nie müde wurde, über ihn zu sprechen. Als wäre Gideon das einzige Thema das Tatia kannte. Finn hörte ihr dabei unerlässlich zu und gab ihr Ratschläge, wenn sie Fragen hatte. Eine sehr starke Gemeinsamkeit, die Finn und ich hatten, wir kümmerten uns sehr um unsere Familie. Sicher war es den anderen auch sehr wichtig, doch Finn und ich waren nun mal die ältesten und irgendwie gab uns dass das Gefühl uns um alle kümmern zu müssen, sie zu beschützen. Wir mochten Kinder und wir kamen mit jeder Eigenart unserer Geschwister zurecht und konnten auf sie eingehen. Es war ein schönerer Abend als sonst. Ich konnte Tatias Stimme lauschen, die sich immer traute etwas zu sagen, sogar zu unserem Vater. Kol riss seine Witze und bekam sogar Paroli. Vater redete mit Ayanna und Mutter, sodass wir vor ihn halbwegs unsere Ruhe hatten. Doch wir nutzen sie nicht aus. Zumindest Niklaus und ich nicht, wir hörten einfach nur aufmerksam dem Gespräch von Finn und Tatia zu. Ich freute mich, trotz ihres Verlustes, dass sie in unser Leben getreten war. (`*•.¸(`*•.¸ ♫♪ ¸.•*´)¸.•*)♥(`*•.¸(`*•.¸ ♫♪ ¸.•*´)¸.•*)♥(`*•.¸(`*•.¸ ♫♪ ¸.•*´)¸.•*)♥(`*•.¸(`*•.¸ ♫♪ ¸.•*´)¸.•*) Ich hab das Lied herausgesucht, das mich bei dieser Story immer wieder begleitet hat. Ihr solltet euch auch unbedingt die Übersetzung des Songtextes durchlesen, wenn ihr es wie ich auf Englisch nicht versteht. http://www.youtube.com/watch?v=AGGh7F4Xt1E glg Rose Kapitel 10: In der Nacht ------------------------ Kapitel 10: In der Nacht „Egal wie dunkel der Augenblick ist - Liebe und Hoffnung sind immer möglich.“ (George Chakiris) Elenas Sicht: „Der Stern dort ist mein Freund, bis die Nacht vergeht. Der allein für mich nur glüht, wenn kein Mensch zu mir steht. Ist das nicht ein Wunder? Bin ich allein? Doch nie allein. Niemals ganz allein“, sang ich Gideon vor, während ich ihn wusch. Zusammen mit ihm saß ich knietiefen Wasser und wusch ihn ganz sauber, wie auch mich. Beim ersten Abend, wo ich das getan hatte, hatte er ziemlich geweint, aber jetzt schien es ihm Spaß zu machen. Etwas was mich an dieser Zeit sehr störte, war das Hygiene nicht wirklich oben an der Tagesordnung stand. Aber mir war es sehr wichtig, da ich um deren Bedeutung wusste. So wusch ich mich mit jeden Morgen mit meinen Sohn und abends badete ich mit ihm im See. Da keiner in der Nacht unterwegs war, bot es sich an, da uns keiner störte. Ich tauchte meinen Finger hinab ins Wasser und fischte ein wenig Erde vom Boden. Mit dieser malte ich auf Gideons Bauch einen Stern. „Der Stirn wird dich leiten und schützen. Der Abendstern ist ein Wegweiser und wenn du ihn im Herzen trägst kannst du dich nie verirren, mein Schatz“, versprach ich meinen Sohn. Ich konnte nicht mehr aufhören so von ihm zu denken. Ich fühlte mich nicht nur für ihn verantwortlich, ich fühlte auch das ich seine Mutter war. Ob ich seine leibliche Mutter war, war dabei vollkommen egal. Jetzt erst verstand ich es, wie meine Mutter das so unwichtig sein konnte und wie sie mich trotzdem bedingungslos lieben konnte und mich als ihr Kind betrachten hatte können. Jetzt erschien es mir so klar. Blutsverwandtschaft war nun einmal nicht wichtig. Das was zählte war das man sich liebte und man liebte die Menschen mit denen man Zeit verbrachte und mit denen man zusammen aufwuchs. Deswegen war Jeremy auch mein Bruder und nicht mein Cousin, weil ich nie etwas anderes in ihm gesehen hatte. Deshalb war Gideon auch jetzt mein Sohn und nicht mein kleiner Bruder, weil ich mich um ihn kümmerte und für ihn sorgte, wie eine liebende Mutter. Das machte mich zu seiner Mutter. Ich wusch ich ihm den Dreck wieder vom Bauch und er gluckste fröhlich. „Wollen wir noch ein wenig im Wasser schwimmen gehen? Das ist es was ich an Virginia immer geliebt habe. Hier ist es selbst noch im Herbst warm, sodass man baden kann und der Herbst gleicht dem Winter. Kein Schnee der einem im Haus gefangen hält“, erzählte ich ihm und schwamm mit ihm raus. Baby konnten zwar eigentlich von ganz alleine schwimmen, doch so wirklich wollte ich das nicht zulassen. Obwohl ich mir tatsächlich getraut hatte, es zu testen, natürlich hatte ich dabei aufgepasst das Gideon auf keinen Fall untergehen konnte. „Du wirst einmal ein hervorragender Schwimmer, mein Kleiner. Dann lernst du auch tauchen und kannst den Fischen hinterher tauchen. Sowas wie eine Badehose oder Bikini gibt es hier leider nicht, aber du kannst sicher in Unterhose schwimmen oder wie wir jetzt ganz nackt. Und wenn du verheiratet bist, was hier ein unerlässliches Ideal anscheinend ist, dann kannst du dich mit deiner Frau nachts raus schleichen und Nacktbaden. Das ist irgendwie ein verrückter Gedanken und Stefan hatte nie mitmachen wollen, aber ich bin sicher wenn ich Damon gefragt hätte, dann hätte er ja gesagt.“ Lächelnd stellte ich mir die Szene vor und wahrscheinlich würde er mich nach meinem Vorschlag packen und mich persönlich zum See tragen. Unkontrollierbar musste ich bei den Gedanken kichern, ich konnte es mir nicht verkneifen. Auch Gideon gluckste fröhlich, ich hatte festgestellt dass es sein Lieblingsgeräusch war, da er noch nicht so richtig lachen konnte. Ich ließ mich nach hinten fallen und legte Gideon auf meinen Bauch. Ohne ein Ziel zu haben, ließ ich mich ganz einfach nur treiben. „Weißt du, was noch fehlt mein Kleiner? Seife, Duschgel und Haarshampoo, vielleicht auch noch Haarspülung. Das sind Dinge, die ich hier ganz eindeutig vermisse. Genauso wie Damon und Jeremy, aber auch Caroline, Bonnie, Matt und Ric. Weißt du, Damon würde dir gefallen. Ich würde ihn so lange auf die Nerven gehen, bis er dich genauso lieben würde, wie ich auch dich und ihn zwingen mit dir was zu unternehmen, wie auf den Spielplatz zu gehen. Wahrscheinlich würde er dich aber in Wahrheit in die Bar entführen und sobald du alt genug bist, das flirten mit Mädchen beibringen. Aber Jeremy wäre dir ein toller Onkel und Caroline würde dir zehntausend Sachen kaufen.“ Ich stellte mir vor, wie sie alle um das Baby herum wuseln würden. Das Haus wäre dann sicher immer voll. Wir würden keinen Moment der Ruhe mehr haben. „Bonnie würde vielleicht ein paar Schutzzauber sprechen und Alaric würde dir geschichtliche Ereignisse nacherzählen. Matt wäre einfach nur ganz lieb zu dir. Aber das wichtigste wäre, das wir dich alle vergöttern würden und auf dich aufpassen würden.“ Ich strich ihm über sein kleines Köpfchen, denn er war so klein, so zart, so zerbrechlich, dass man auf ihn achtgeben musste. „Und ich, ich würde dir dort, wie auch hier Geschichten und Märchen erzählen und jeden Abend ein Nachtlied singen. Da droben auf dem Berge da wehet der Wind da sitzt die Maria sie wieget ihr Kind sie wieget's mit ihrer schneeweißen Hand dazu braucht sie kein Wiegenband“, sang ich leise und dafür wurde ich mit eine Art Lächeln belohnt. Ich glaube er mochte meine Stimme, am Anfang hatte er sehr oft geweint, wahrscheinlich vermisste er seine Mutter, doch es wurde immer weniger. Ich schwamm mit Gideon zurück und drückte ihn sanft an meine Brust, als ich aus dem Wasser stieg. Ich trocknete ihn und mich mit dem Laken ab, das ich anstatt eines vorhandenen Handtuchs mitgenommen hatte. Dann zog ich mir mein Kleid wieder über und wickelte Gideon in eine warme Decke ein. „Zeit nach Hause zu gehen, mein Kleiner, damit du schlafen kannst. Morgen ist wieder ein schöner Tag, da werden wir etwas für Ayanna einpflanzen und dabei schön in der Erde herumwühlen. Das wird sicher Spaß machen, dann wirst du ganz dreckig und das waschen wird sich dann richtig lohnen.“ Ich wählte den Waldrand um zurückzugehen. Zwar war niemand mehr unterwegs, aber falls es doch so war oder jemand durch sein Fenster sah, so sollte er nicht mich sehen, wie ich mitten in der Nacht herum lief. Ayanna schlief bereits, so schlich ich leise mit Gideon hinauf zum Dachstuhl. Damit Gideon heute nicht weinte, legte ich mich mit ihm zusammen ins Bett und strich ihm über den Kopf. Leise fast flüsternd sang ich ein Lied für ihn, damit er einschlief. Es dauerte nicht sehr lang, bis er seine Augen schloss. Ich hatte die Wiegenlieder die meine Mutter für mich und Jeremy immer gesungen hatte geliebt. Dadurch hatte ich mich geborgen und geliebt gefühlt, außerdem mochte ich die Stimme meiner Mutter, sie hatte so viele Gefühle ausgestrahlt. Ich war froh dass ich Gideon hatte, denn irgendwie schien meine Welt so fröhlich und schön durch ihn, dass trübsinnige Gedanken kaum möglich waren. Ich war glücklich, ich war es wirklich, durch ihn, so dunkel ich diese Situation auch vorher gefunden hatte. Kapitel 11: Ganz anders ----------------------- Kapitel 11: Ganz anders „Ein Flirt ist wie eine Tablette: Niemand kann die Nebenwirkungen genau vorhersagen.“ (Cathérine Deneuve) Elenas Sicht: Ich hatte Gideon neben mir auf eine Decke abgesetzt und immer wieder versuchte er davon herunter zu kommen, was ihn auch das Öfteren gelang, sodass ich ihn oft zurücksetzen konnte. Er entdeckte anscheinend für sich gerade das Krabbeln und wollte mich anscheinend in den Wahnsinn treiben, in dem er immer wieder versuchte abzuhauen. So hatte ich damit begonnen, ihn in das mit einzubeziehen, was ich tat. „Das hier ist Wermutkraut. Ayanna hat mir erzählt es ist eine Heilpflanze und das sie bei Kopfschmerzen, Gelbsucht und Entzündungen hilft, aber auch die Verdauung, den Appetit und… ähm… die Menstruation fördert, doch dieses Problem wirst du glücklicherweise nie haben. Da kannst du froh sein, es ist manchmal wirklich schmerzhaft und unangenehm. Stimmungsschwankungen bringt es auch bei einigen mit sich.“ Bis jetzt verstand Gideon sowieso noch nichts von dem was ich sagte, so konnte ich so offen bei diesem Thema sein wie ich wollte. „Irgendwie kann ich nichts davon bezeugen, aber ich weiß dass man diese Pflanze in Griechenland der jungfräulichen Göttin Artemis weiht. Sie ist die Göttin der Jagd und gehört zu den zwölf olympischen Göttern“, erzählte ich ihm etwas allgemeines das ich wusste. Über die griechischen Götter wusste ich einiges, weswegen ich Gideon einiges davon erzählen konnte, auch ein paar Sagen. Ich buddelte in der Erde und pflanzte einige ein, meine Hände sahen bereits sehr toll aus, aber die Sonne schien und so war es warm und kaum unbequem. Gideon wollte gerade zu mir krabbeln, weswegen ich meine Hand zu ihm ausstreckte und ihm mit meinem dreckigen Finger auf die Stirn tippte, sodass er dort etwas Erde abbekam. „Bleib mal da, Kleiner. Oder willst du mir unbedingt helfen?“, fragte ich und erhielt ein Glucksen, was zwar nicht wirklich aussagekräftig war, doch ich nahm ihn zu mir und setzte ihn zwischen meine Beine. Ich ließ seine kleinen Finger die Schaufel umschließen und grub so mit ihm zusammen ein Loch, was ihn sehr zu gefallen schien. „Das ist eine Schaufel, mein Kleiner. Das was mir machen nennt man graben oder auch buddeln, wenn du willst und das worin wir hier ein Loch buddeln, das nennt man Erde. Die ist dreckig, aber mit Wasser zusammen das wichtigste auf der Welt, denn sie gibt allen Pflanzen Nahrung und die können wir dann essen“, erzählte ich ihm. Zusammen schaufelten wir die Erde daneben und ich widmete mich der nächsten Pflanze, die wir einbuddeln würden. Vorher aber zeigte ich ihm die Pflanze noch und hielt sie ihm vor Augen. „Das ist Thymian, ebenfalls eine Heilpflanze. Sie wird aber auch als Gewürz oder Tee verwendet. Meine Mutter hat ihn mir aufgezwungen, wenn ich Husten oder Lungenschmerzen hatte, aber ganz unter uns gesagt, wer sowas freiwillig trinkt oder es anderen gibt, der foltert auch kleine Kinder“, sagte ich ihm belustigt und erinnerte mich schmerzlich daran wie ich immer gezwungen wurde, das Zeug zu trinken. Es war einfach nur grauenvoll gewesen. „Ach, ist das tatsächlich so? Das wusste ich ja gar nicht. Du bringst deinen Sohn ja interessante Dinge bei.“ Erschrocken drehte ich mich um und sah Klaus hinter mir lächelnd stehen. Sofort packte mich die Angst, bis ich mich selbst beruhigte und mir in Erinnerung rief, dass er mir hier nicht gefährlich war und mir nichts tun würde. „Musstet ihr ihn schon mal trinken?“, fragte ich nach, weil ich eigentlich sicher war, das viele meine Meinung teilten. Er verzog das Gesicht, offensichtlich auch bei dem Gedanken des Trinkens daran. „Stimmt, sie haben recht. Er ist grauenvoll“, gab er zu und belustigt stand ich mit Gideon auf und setzte ihn auf meine Arme. Schweigend sahen wir uns einige Zeit an, was mir äußerst unangenehm war, besonders wenn ich daran dachte, wer er war und was er tat. Obwohl, das spielte hier alles keine Rolle, er war noch nicht so. Hier könnte man wohl sagen, dass er unschuldig war. „Ähm… Ayanna ist nicht da“, erklärte ich etwas unbeholfen und er sah ziemlich überrascht aus. Dann aber registrierte er wohl was ich gesagt hatte und schüttelte entschieden den Kopf. „Deswegen bin ich nicht hier. Eigentlich… wissen sie, ich wollte euch sehen“, eröffnete er mir und meine Augen weiteten sich und mein Mund stand leicht offen, bevor ich mich besann. Es war Gideon der mich wieder weckte, in dem er mit seiner Hand mein Gesicht berührte, weil er versuchte damit irgendwie zu spielen. Ich hielt seine Hand fest und lächelte ihn freundlich an. „Oh, das ist… ähm nett. Also hier bin ich“, meinte ich etwas unbeholfen und lächelte, weil ich nicht wusste, was ich sagen sollte. Doch Klaus schien das auch komisch zu finden, denn er lächelte mich an und ich war davon fast erschlagen. Noch nie hatte ich ihn so lächeln gesehen, wenn dann sadistisch oder vielleicht doch amüsiert, aber dann immer auf Kosten anderer, sodass niemand es sonst witzig finden konnte. Aber jetzt lächelte mich Klaus an, ehrlich und echt, und anscheinend war es auch noch wegen mir. „Hat ihnen Ayanna eine Aufgabe gegeben?“, fragte er nach und deutete auf das Beet, das ich anlegte. Ich schüttelte leicht den Kopf. „Nein, hat sie nicht. Ich hab gefragt ob es etwas gibt, womit ich ihr helfen kann, sie meinte aber das ich mich nur um Gideon kümmern sollte. Aber ich wollte ihr helfen, so hab ich ihr vorgeschlagen einen Garten anzulegen, damit sie nicht immer in den Wald gehen muss, um Kräuter zu sammeln“, erklärte ich ihm. Es war nichts für mich einfach nur faul rumzusitzen. Ich wollte mich nützlich machen, etwas tun, sonst würde ich eingehen vor Langeweile. „Das ist sehr freundlich von ihnen“, meinte er erstaunt, als hätte er sowas noch nie erlebt. Ich zuckte mit den Schultern und lächelte. „So bin ich. Hilfsbereit und nett. Aber nein, sie lässt mich doch bei sich wohnen, das mindeste was ich tun kann ist mich nützlich zu machen und ihr zu helfen. Außerdem würde mir selbst sonst langweilig werden. Ich brauch einfach eine Beschäftigung“, gestand ich ihm. Irgendwie war ich in seiner Gegenwart nervös. Natürlich war mir klar, dass er mir hier nichts tun würde, doch immer wenn ich ihn sah, dachte ich an all das was er mir, meiner Familie und meinen Freunden angetan hatte. Wenn ich nervös war, dann redete ich sehr viel, erklärte meine Worte genau, denn wenn ich redete hatte ich das Gefühl, das mir mein Gegenüber in der Zeit zumindest nichts tun würde. „Wenn ich nichts zu tun hätte, würde ich mit mein Bruder Schwertkampf üben und mir keine Arbeit suchen“, gab er zu und ich versuchte es mir vorzustellen. Ein Schwertkampf, so wie in einem Film. Das war sicher interessanter als ein Kampf zwischen Vampiren, wo man fast nie was zu sehen bekam und wenn doch waren sie zu schnell, damit man etwas bemerken konnte. „Wirklich? Das würde ich gern sehen.“ Ich stellte es mir vor, wie in Fluch der Karibik oder wie bei Gladiator. Klaus sah von meiner Aussage überrascht aus, aber auch freudig. „Gut, dann werde ich sie beim nächsten Mal abholen“, versprach er mir und verblüfft nickte ich. „Danke, Klaus“, meinte ich und als er schmunzelte, erinnerte ich mich dass das ja zu dieser Zeit falsch war. „Ähm… ich meine Niklaus“, verbesserte ich mich schnell. Ich war es so gewohnt ihn Klaus zu nennen, weil er sich in meiner Zeit so vorstellte und es wohl auch bevorzugte, doch hier schien es nicht richtig zu sein. „Dann bis bald, Miss Tatia“, verabschiedete er sich und leicht nickte ich. Ich sah zu Gideon und nahm seine Hand, um damit zu winken. „Auf Wiedersehen“, sagte ich und diesmal fand ich, dass es wohl gar nicht so schlimm war, Klaus womöglich wiederzusehen. Auch er winkte mir zu und nachdenklich sah ich ihm nach, während er den Hügel herunter ging. Klaus war so… er war so… ich wusste nicht wie ich es anders sagen konnte, aber er war tatsächlich nett. „Tatia, Tatia, Tatia!“ Erst beim dritten Mal registrierte ich wirklich, dass ich gemeint war. Verwirrt drehte ich mich in die Richtung aus der Ayanna kam, sie hatte Wasser geholt, damit ich dieses über die Pflanzen später gießen konnte. „Entschuldige, Anna. Ich war in Gedanken.“ Und ich musste mich erst daran gewöhnen, dass ich auf einmal einen anderen Namen hatte, da brachte es wirklich gar nichts, dass ich ihn mir selbst ausgesucht hatte. „Ich wollte dir nur mitteilen, dass ich wieder da bin und dass es schon toll aussieht. Ich danke dir nochmal, das du das für mich machst.“ Lächelnd schüttelte ich den Kopf. „Und ich sage dir nochmals, dass ich das gerne mache“, versicherte ich ihr. Sie war verdutzt, doch dann nickte sie lächelnd und ging rein. Ich setzte mich wieder, zusammen mit Gideon zwischen meinen Beinen, hin und wir beendeten unsere Arbeit bis zum Abend. Wir pflanzten noch Minze, Beifuß, Eberraute, Estragon, Ysop und Weinraute. Ich würde zwar nicht mit allem fertig werden, doch zumindest mit den Kräutern und das war doch schon mal ein Anfang. Außerdem lenkte Gideon des Öfteren ab. Er entdecke anscheinend auch gerade die Welt für sich. Kapitel 12: Zuvor gekommen -------------------------- Kapitel 12: Zuvor gekommen „Ich denke jeden Tag einmal an dich und dieser Gedanke dauert 24 Stunden.“ (Autor unbekannt) Elijahs Sicht: „Wieso gehst du nicht einfach zu ihr und besuchst sie?“, fragte mich Finn und ich schreckte aus meinen Gedanken und sah zu ihm. Verwirrt sah ich meinen älteren Bruder an. „Wen meinst du?“ Eigentlich war diese Frage sinnlos. Ich wusste wen er meinte, da er anscheinend genau wusste an wen ich die ganze Zeit über dachte. Deswegen verdrehte Finn auch nur die Augen. „Mach es wie Niklaus, geh zu ihr, sag dass du sie sehen wolltest und rede mit ihr. Sie wird dir schon nicht den Kopf dafür abreißen, sie ist sehr nett. Andererseits wird es Vater vielleicht tun, wenn eure Faszination bemerkt und dazu noch, das ihr euch wie zwei Trottel benehmt.“ Das war hart. Eigentlich war Finn nicht so, dass er sowas sagen würde. Er würde es vielleicht denken, aber meist nicht laut aussprechen. Ich musste wohl heute einen besonders erbärmlichen Eindruck auf ihn machen. Ständig war ich mit meinen Gedanken nicht bei der Sache. Dachte immer zu an Tatia und es schien egal zu sein, was sie machte, jeder Handlung brachte mich dazu sie noch mehr zu mögen, sich in sie zu verlieben. „Ich wüsste nicht, worüber ich mit ihr reden sollte. Ich kenn sie doch gar nicht!“, gab ich traurig zu, denn das war es was ich eigentlich wollte. Sie kennenlernen. „Wenn du mit ihr redest, dann lernst du sie kennen. Außerdem hatte Niklaus auch keinen Grund als er zu ihr gegangen war.“ Das stimmt, hatte er nicht gehabt und ich hatte ihn für wahnsinnig gehalten. Doch er war freudestrahlend zurückgekommen, so wie er zu ihr gegangen war. Ich dagegen wusste jetzt bereits, dass ich kein vernünftiges Wort in ihrer Gegenwart herausbekommen würde. In meinen Gedanken war ich schon alle Ausreden durchgegangen, um sie zu sehen, doch ich hatte keine finden können. Finn deutete auf die Feile, die neben mir lag. „Reich mir die bitte mal“, bat er mich und ich reichte ihm das Werkzeug, mit dem er die Kanten zu bearbeiten begann. Schon seit zwei Tagen arbeitete er daran und gab sich dabei auffallend viel Mühe. „Finn, sind sie da? Oh, hallo Elijah“, sprach Tatia und erschrocken stand ich blitzschnell auf und sah das Mädchen von das wir eben noch gesprochen hatten überrascht an. Ich hatte sie gar nicht gehört oder kommen sehen. War ich wirklich so abwesend mit meinen Gedanken gewesen? „Woran arbeiten sie da?“, fragte sie neugierig und erstaunt weiteten sich ihre Augen, als sie es zu begreifen schien. Keiner von uns hatte schnell genug reagieren können, um es vor ihr zu verbergen zu können. „Oh“, meinte Tatia blinzelnd und sah Finn erstaunt an. Dieser fuhr sich seufzend durch die Haare. „Eigentlich hätten sie das nicht sehen sollen, es sollte eine Überraschung werden“, erklärte er. Ein Lächeln breitete sich auf Tatias Gesicht aus, das mein Herz schneller schlagen ließ. Kam es mir so vor oder hatte sie tatsächlich das schönste Lächeln, das es überhaupt gab? „Entschuldigung, ich werde auch so tun, als wüsste ich nichts davon und dann tu ich später ganz überrascht und werde auch fröhlich deswegen herum hüpfen.“ Verblüfft sah ich sie an. Sie wollte herum hüpfen? Auch Finn hob deswegen eine Augenbraue. „Tatsächlich?“, fragte er nach. Tatia nickte lächelnd. „Aber natürlich!“, bestätigte sie, als wäre es selbstverständlich, schaute aber an Finn vorbei, auf das Geschenk was er ihr hatte machen wollen. Oder besser gesagt, Gideon. Es war eine Wiege für ihn, die Finn baute. Eigentlich war es einfach nur eine geniale Idee gewesen. Wir schwiegen eine Weile, bevor Finn die Stille wieder durchbrach. „Wieso sind sie hier, Miss Tatia oder haben sie keine Ausrede?“, fragte er belustigt nach, bestimmt deswegen, weil wir uns gerade erst darüber unterhalten hatten. Tatia runzelte die Stirn, so als hätte sie das nicht ganz verstanden. „Brauch man denn eine Ausrede, um sich gegenseitig zu besuchen?“ Bei dieser Frage, gab mir Finn einen eindringlichen Blick. „Aber nein, keine Ausrede. Ayanna hat mich gebeten hierher zu kommen, sie fragt ob ihr etwas Lavendel habt. Sie braucht es für einen Zauber“, erklärte Tatia uns. Zauber? Woher wusste sie das? Hatte Ayanna ihr etwa offen gesagt, das sie eine Hexe war? Wieso hatte sie das getan? „Ayanna hat ihnen erzählt das es Hexen gibt?“, sprach ich verwundert meine Gedanken aus, da ich es immer noch nicht so recht glauben konnte. Sie musste Tatia sehr vertrauen, wenn sie sowas tat. Überrascht sah Tatia mich an, schüttelte dann aber den Kopf. „Ich hab es gewusst sobald ich ihre Küche gesehen habe. So hab ich meinen Verdacht einfach ausgesprochene. Meine Freundin ist auch eine Hexe… oder ist es zumindest gewesen jetzt…“ Ihre Stimme verlor sich bei ihren letzten Worten wieder etwas und mitleidig sah ich sie an. „Ich werde ihnen das Lavendel holen“, meinte Finn und ließ uns beide allein. Das war… geplant… Vorsichtig riskierte ich einen Blick zu Tatia und sobald sie ihn bemerkte, lächelte sie mich freundlich an und ich konnte nicht anders als zaghaft zurückzulächeln. Ich hatte wirklich keine Ahnung, was ich mit ihr besprechen konnte. Ich fand einfach nicht leicht Gesprächsthemen und besonders nicht bei ihr, allein deswegen weil ich wenn dann nur über wichtige Dinge unterhielt. „Helfen sie diesmal ihrem Bruder? Beim letzten Mal hat es Henrik gemacht.“ Leicht schüttelte ich den Kopf. Hilfe, konnte man es nicht nennen, ich ging ihn wahrscheinlich höchstens auf die Nerven. Eigentlich verstanden Finn und ich uns sehr gut, da wir uns so ähnlich waren, aber mein Schweigen war seit ich sie getroffen hatte, fast schon chronisch. „Nein, ich leiste ihm nur Gesellschaft. Meine anderen Geschwistern sind irgendwo im Wald bei den Höhlen um zu… spielen.“ Zögernd sprach ich das letzte Wort aus, da es irgendwie kindisch klang. Sie waren alle erwachsen und mein jüngster Bruder Henrik war bereits dreizehn, so klang es ein wenig lächerlich. Tatia aber lachte herzlich und amüsiert und es klang in keinster Weise spöttisch, nur als würde sie über meine Wortwahl belustigt sein. „Das ist wichtig. Mein Bruder Damon war vierundzwanzig und er hatte das Gemüt eines vierjährigen“, erklärte sie mir fröhlich und ihre Augen leuchteten, anscheinend bei einer Erinnerung an ihn. Ihren Bruder Damon hatte sie anscheinend sehr gemocht, sie hatte ihn schon einmal erwähnt und ihn mit meinen Bruder Kol verglichen. Es musste ihr weh tun, ihre Familie nicht mehr bei sich zu haben. Der Gedanke ohne meine Familie zu sein, war für mich schrecklich, ein regelrechter Albtraum. Ich sah sie an und befand mich schon wieder in dem Dilemma, das ich nicht wusste, was ich sagen wollte. Deswegen machte ich den Mund auf und es kam wohl nicht gerade das klügste heraus. „Ich wollte sie besuchen kommen.“ Wieso hatte ich das gerade gesagt? Es war doch sonst nicht an mir, das unbewusst oder unddurchdacht, Wörter meinen Mund entkamen. Tatia legte fragend und einem leichten Lächeln den Kopf schief. „Ach, wirklich? Wieso haben sie es nicht getan?“ Genau deswegen war meine Aussage so dumm gewesen, was sollte ich jetzt auf die Frage erwidern? Das ich einfach zu feige war, um zu ihr zu gehen und mit ihr zu reden? Ich kam mir doch schon ganz ohne das, wie ein Trottel vor. Bevor ich mich weiter in die Situation hinein manövrieren konnte, erlöste mich Finn, indem er wieder kam und Tatia das Lavendel überreichte. „Vielen Dank, Finn. Ich freu mich darauf, wenn sie mich besuchen werden, Elijah. Auf Wiedersehen“, sagte sie und ging dann wieder und ich sah ihr ziemlich sprachlos hinterher, was auch einen guten Grund hatte. „Du hast ihr versprochen sie zu besuchen?“, fragte Finn überrascht, sicher weil wir eben noch das Thema hatten, das ich es nicht wagte. „Scheint wohl so“, erwiderte ich wage, aber es war nicht wirklich so. Ich hatte es ihr nicht versprochen, sie hatte es irgendwie einfach behauptet, dass ich es tun würde. Sie hatte mir damit gesagt, dass sie es sich wünschte. Ich wäre der größte Narr, diesen Wunsch nicht nachzukommen. Kapitel 13: Blut-Adoption ------------------------- Kapitel 13: Blut-Adoption „GLÜCK ist, wenn du jemand findest, den du gar nicht gesucht hast und ihn dann trotzdem nicht mehr verlieren willst.“ (Autor unbekannt) Elenas Sicht: Ayanna nahm meine Hand und pikste mit dem Dolch in meinen Finger, sie hielt diesen über eine kleine Schale und ließ das Blut darin tropfen. Mein Finger schmerzte sehr, doch ich versuchte es zu ignorieren. Das schlimmste war zu sehen, als sie auch die Hand von Gideon nahm und mit ihm dasselbe machte, was ihn natürlich dazu veranlasste zu schreien, was nur selbstverständlich war. Der Kleine konnte schließlich nicht verstehen, was hier vor sich ging. Ich wippte mit meinen Beinen und versuchte ihn zu beruhigen. „Pss, mein Kleiner. Alles wird wieder gut. Dir wird nicht passieren und der Schmerz vergeht wieder. Meine Mutter würde jetzt sagen, bis du heiratest ist alles wieder gut“, sprach ich sanft zu ihn und ich sah wie Ayanna auf meinen Rat lächelte. Sie verrührte das Blut in dem kleinen Schälchen. Dann warf sie Lavendel in den großen Kessel, der dampfte. Während sie unser Blut langsam hinein tröpfeln ließ, sprach sie die unbekannten Worte, von deren Bedeutung ich nichts verstand. „Пов'язано не тільки з серцем, а й у крові, може цих двох людей. Таким чином, відносини, є спірним, і глибокою любов'ю і чистим, як він може інакше сформувати тільки природа. Пов'язані крові, пов'язані.“ Es gab eine Art Explosion in dem Kessel, wodurch Gideon nur noch mehr weinte. Der Dampf färbte sich rot und Ayanna legte das nun leere Schälchen zur Seite und sah ziemlich zufrieden aus. „Es ist vollbracht. Der Bindungszauber ist gelungen, Gideon ist jetzt offiziell dein Sohn, auch vor der Natur, daran gibt es nichts mehr zu bestreiten“, versicherte sie mir. Ich lächelte leicht und wandte mich an Gideon, der bitterlich weinte. Ich küsste seine Wunde und nahm Wasser um sie zu reinigen, danach drückte ich ein sauberes Stück Stoff drauf, das ich vorbereitet hatte. „Ach, mein Schatz. Nicht mehr weinen. Jetzt ist alles wieder gut. Du bist jetzt wirklich mein Sohn, Ayanna hat sowas wie eine Blut-Adoption für uns vollzogen“, erzählte ich ihm. Ayanna runzelte die Stirn auf meine Aussage. „Blut-Adoption?“, fragte sie nach. „Nunja, das hab ich mir jetzt ausgedacht. Aber bei uns gibt es eine Adoption. Ich bin zum Beispiel adoptiert wurden, das bedeutet das meine Eltern nicht meine leiblichen Eltern sind. Das ist als würdest du ein Kind finden, das ausgesetzt wurden ist und dich dann darum kümmerst als wäre es dein eigenes. Bei uns schwörst du das auch noch und machst es gesetzlich, sodass es rechtlich ist. Du hast es bei mir und Gideon mit Blut gemacht. Ich hab dir Wörter einfach nur kombiniert“, versuchte ich es ihr einigermaßen zu erklären und sie nickte verstehend. Alles was nicht große Veränderungen mit sich brachte erzählte ich ihr. Ich wusste, als Hexe würde sie dieses Wissen sowieso nicht missbrauchen. Doch es half uns auch zu unserer gegenseitigen Verständigung, so hatte auch ich viele neue Dinge gelernt. Wie zum Beispiel wie man Wäsche mit der Hand wusch. Das war nötig, so wusch ich jeden Abend meine Unterwäsche, hing sie in der Nacht auf und konnte sie am nächsten Morgen anziehen. Ich mochte meine lieber, als die, die es in dieser Zeit gab. Da ich zwei Kleider hier hatte, musste ich diese nur alle zwei Tage waschen. Für Ayanna war das viel zu viel, sie verstand auch nicht warum ich mich jeden Tag morgens wusch, um dann auch noch abends zu baden. Dass Reinlichkeit in unserer Zeit so wichtig war, konnte sie nur schwer begreifen. So aber entzog es sich meinem Verständnis, das hier jeder kochen konnte und alle anderen Haushaltlichen-Dinge wusste. Jeder Mann dagegen schien kämpfen und jagen zu können. Unsere Zeit war auf jedenfall viel bequemer. „Also ist jetzt Gideon wirklich mein Sohn. Dann könnte ich ihm ein Organ spenden, wenn wir kompatibel wären?“, fragte ich nach und wieder runzelte sie fragend die Stirn. Diesmal aber winkte ich lieber ab. Das würde zu weit gehen und zu kompliziert werden. „Ist schon in Ordnung. Also ich danke dir, Anna, das du das für mich getan hast.“ Ich stand auf und ging mit Gideon ein wenig herum, das weinen hatte ein wenig nachgelassen. Ich beugte mich zu ihm mit dem Kopf herunter, sodass meiner an seinen war, küsste ihn ab und zu auf die Wange und flüsterte ihn beruhigende Worte ins Ohr. „Sing ihn doch ein Schlaflied vor, damit er sich beruhigt, wie du es sonst immer machst“, schlug Anna mir vor und machte sich selbst daran, die Küche aufzuräumen. Ich begann zu singen, wie Anna es mir geraten hatte. „Schlaf, mein Kind, schlaf ein Schließ deine Äugelein Sei ruhig nun und schließ sie zu Dann hat dein liebes Herz auch Ruh Schlaf, mein Kind, schlaf ein! Schlaf, mein Kind, schlaf ein Bald kommt der Sonnenschein Der wecket auf die Blumen all Und Schmetterling und Nachtigall Schlaf, mein Kind schlaf ein! Schlaf, mein Kind, schlaf ein O schöner Sonnenschein So komm doch her, komm her geschwind Und weck auch auf mein liebes Kind Schlaf, mein Kind, schlaf ein! Schlaf, mein Kind, schlaf ein Er blickt durchs Fensterlein Als wollt er sagen: seht doch, seht Wie Alles schön im Garten steht Schlaf mein Kind, schlaf ein! Schlaf, mein Kind, schlaf ein Schließ deine Äugelein Sei ruhig nun und schließ sie zu Dann hat dein liebes Herz auch Ruh Schlaf mein Kind, schlaf ein!“ Gideon war tatsächlich eingeschlafen und ich küsste ihn noch einmal auf die Stirn. „Weißt du, Tatia, es war wirklich meine beste Idee ihn zu deinem richtigen Sohn zu machen. Kaum eine richtige Mutter hier, würde so liebevoll mit ihrem Kind umgehen wie du. Ich hab noch nie gehört das eine Frau ihrem Kind so tolle Schlaflieder vorsingt und es so voller bedingungsloser Liebe ansehen würde.“ Erstaunt sah ich sie an, für dieses Lob. Für mich war es so selbstverständlich mich so um Gideon zu kümmern, wie ich es nun einmal tat. Er war so lieb und süß und ich hielt mich eigentlich nur daran, wie meine Mutter es mit uns getan hatte, zumindest soweit ich mich daran noch erinnern konnte. Ich dachte eigentlich dass alles Mütter so zu ihren Kindern waren. Sie mussten sie doch alle von Herzen lieben, als wären sie das wichtigste auf der Welt oder etwa nicht? Für mich zumindest kam kein anderer Gedanke in Frage. Gideon war wichtig für mich, ganz unverhofft, doch ich liebte ihn, so wie ich keinen anderen auf der Welt liebte, weder in diese noch in meiner Zeit. (`*•.¸(`*•.¸ ♫♪ ¸.•*´)¸.•*)♥(`*•.¸(`*•.¸ ♫♪ ¸.•*´)¸.•*)♥(`*•.¸(`*•.¸ ♫♪ ¸.•*´)¸.•*)♥(`*•.¸(`*•.¸ ♫♪ ¸.•*´)¸.•*) Eine Übersetzung für den Zauberspruch den Ayanna aufgesagt hat, für euch. Verbunden nicht nur um Herzen, sondern auch im Blute, sollen diese zwei Menschen sein. Sodass die Verwandtschaft unumstritten ist und ihre Liebe tiefer und reiner, wie sie sonst nur die Natur zu schmieden vermag. Blut verbunden, Blut gebunden. glg Rose Kapitel 14: Nicht zu glauben ---------------------------- Kapitel 14: Nicht zu glauben „Wenn ein Mann für dich kocht und der Salat enthält mehr als drei Zutaten, meint er es ernst.“ (Penelope Cruz) Kols Sicht: „TATIA, TATIA!“, rief ich laut und stürmte um die Ecke des Hauses, mit der aufrichtigen Absicht sie zu erschrecken. Allerdings schaffte ich das nicht. Ganz ruhig stand sie von ihrer Gartenarbeit auf, mit der sie sich beschäftigte und drehte sich zu mir um. Ein paar Meter vor blieb ich stehen und sie hatte die Hände auf die Hüfte gestemmt und sah mich böse an. Sie kam direkt auf mich zu und hatte gerade mehr Angst vor ihr, als ich je vor Vater gehabt hatte. „Sagen sie mal, Kol, spinnen sie? Wenn mein Sohn wegen ihrem lauten Organ geweint hätte, dann schwöre ich ihnen, hätte ich sie so zusammengeschlagen das sie weinen würden!“ Irgendwie glaubte ich ihr das auch und sie sah es an meinem entsetzten Gesicht. Bei jedem ihrer gesprochenen Worte hatte sie mir mit dem Finger gegen die Brust getippt, die jetzt ein wenig weh tat. Sie berührte mich einfach? Das hatte noch nie eine Frau gemacht, außer meine Mutter und meine Schwester. „Kol, du bist ein Trottel. Wir haben dir doch gesagt, du sollst das nicht tun!“, meinte Finn und er kam mit meinen anderen Brüdern dazu. Ich war gerannt, weswegen ich um einiges eher angekommen war als sie. Vielleicht hätte ich das nicht tun sollen. „Ich wollte sie nur ein wenig erschrecken“, gab ich nun etwas kleinlaut zu, da ich mich unter Tatias bedrohlichen Blick duckte und ziemlich wankte. Sie konnte wohl wirklich gefährlich sein, wenn sie wollte, dabei sah sie zart und unschuldig aus, ich wusste auch nicht so genau, warum ich gerade solche Angst vor ihr hatte, doch da war irgendwas in ihrem Tonfall. „Mich oder meinen Sohn?“, fragte sie jetzt nach und ich trat lieber einen Schritt zurück. Ehrlich gesagt hätte ich mich jetzt am liebsten hinter einen meiner Brüder versteckt, wenn das hier nicht schon peinlich genug gewesen wäre. Sie sah aus wie ein gefährliches Raubtier, vielleicht eine Pumakatze, die auf ihr Junges achtgab und die waren bekanntlich sehr gefährlich. Schuldbewusst senkte ich den Kopf. „Tut mir leid, Tatia“, sagte ich ziemlich instinktiv. Meine Brüder würden mich sicherlich später deswegen auslachen und noch eine Weile damit aufziehen, sodass ich es nicht so schnell vergessen würde. Sie seufzte und ihr Blick wurde dann wieder so sanft, wie bei keiner anderen. „Gut, wieso seid ihr überhaupt hier?“, fragte sie nach und legte den Kopf schief, sie schaute an mir vorbei, zu meinen älteren Brüdern. Ich musste einen Moment überlegen, da sie mich völlig aus dem Konzept gebracht hatte. „Oh, wir waren jagen. Ich hab auch etwas für sie, Miss Tatia.“ Stolz lächelnd hielt ich ihr einen Hasen entgegen, den sie stirnrunzelnd entgegen nahm, als würde sie nicht wissen was man damit machte. Ich hatte gedacht sie würde sich freuen. „Sie schenken mir ein totes Tier.“ Ich wusste nicht genau, ob das eine Feststellung oder Frage war, aber ihre Stimme klang dabei so zweifelnd, das mir klar wurde, das sie nicht wusste wieso ich das tat. Wie konnte sie das nicht wissen? „Zum kochen, natürlich“, erklärte ich ihr und sie sah mich ungläubig an. Wie konnte sie nicht wissen, dass man einen Hasen kochte oder von mir aus auch braten würde. „Oh… ähm… ich werde ihn Ayanna geben. Wissen sie, Kol, das ist wirklich sehr reizend von ihnen, aber ich kann nicht kochen“, eröffnete sie mir dann und mir klappte augenblicklich der Mund auf. Hatte sie das gerade wirklich gesagt oder hatte ich mich da verhört? Sie konnte nicht kochen? Aber sie war doch ein Mädchen! Eine Frau. Jede Frau und jedes Mädchen konnten kochen, ich hatte noch nie etwas Gegenteiliges gehört. Ich sah zu meinen Brüdern, die genauso perplex aussahen wie ich. Anscheinend konnte auch sie es nicht glauben, wie auch? „Sie können nicht kochen? Aber wieso?“ Irgendwie konnte ich es mir beim besten Willen nicht erklären, ich fand einfach keine Antwort auf die Frage. „Ich weiß nicht, ich hab es nie gelernt. Meine Mutter konnte auch nie kochen“, erzählte sie weiter und ich glaubte ich wäre in einer verkehrten Welt gelandet. So als wäre alles auf einmal anders herum. „Wer hat dann gekocht?“, fragte Finn interessiert nach und wenn ich das gefragt hätte, wäre meine Stimme jetzt sicher schon verzweifelt gewesen. „Mein Vater hat gekocht und mein Bruder Damon konnte auch sehr gut kochen. Meine Mutter hat meinem Vater immer dabei zugesehen und sie haben sich dann immer angelächelt. Ich hab mit meinen jüngeren Bruder in der Wartezeit immer etwas gespielt“, berichtete sie und ich versuchte mir das mit meiner Familie vorzustellen. Mein Vater kochte und meine Mutter würde am Tisch sitzen, ihn zusehen und ihn anlächeln, während wir Geschwister mit einander spielten. Ungläubig schüttelte ich den Kopf. Erstens, Vater würde nie kochen, er würde das als Frauenarbeit bezeichnen. Zweitens, Mutter lächelte nicht, zumindest nicht ohne guten Grund und schon gar nicht lächelte sie Vater an. Drittens, wir spielten keine Spiele in Gegenwart unseres Vaters, er würde uns als kindisch und unreif bezeichnen. Das widersprach alles meinen bekannten Vorstellungen. „Geht das überhaupt?“, fragte ich ungläubig nach, da es sich wirklich meiner Vorstellung entzog. Tatia aber zuckte nur mit den Schultern, als wäre das für sie ein ganz normaler Gedanke. Aber anscheinend war sie ganz anders aufgewachsen als nicht. „Mein Vater hat gern gekocht, genauso wie Damon. Es hat ihnen sehr viel Spaß gemacht anscheinend. Ich persönlich konnte das nie verstehen.“ Wahnsinn, was für ein komisches Mädchen. Nie hätten unsere Eltern sowas zugelassen, obwohl der Gedanke ja schon daran scheiterte, das unser Vater nicht kochen würde und ihrer schon. Ihre Eltern mussten ganz anders sein. „Was machen sie da?“, fragte Niklaus nach, der neben mir trat und deutete hinter sie, wo sie anscheinend ein Loch gebuddelt hatte, was mir gar nicht aufgefallen war. Kurz schaute Tatia nach hinten, als müsste sie noch einmal selbst in Erfahrung bringen, was sie da tat. „Ich pflanze einen Baum. Um genau zu sein eine Kiefer.“ Sie konnte nicht kochen, aber sie pflanzte einen Baum? Ich glaub irgendwie musste ich träumen oder sowas in der Art. „Wieso?“, fragte Niklaus und seine Stimme klang ein wenig hilflos. Das war genau die Stimmung, in der auch ich mich gerade befand, schon seit ich Tatia heute getroffen hatte. „Wieso ich einen Baum pflanze oder wieso eine Kiefer?“, fragte sie nach und fragte nach den Optionen die sich aus Niklaus nicht ganz präzisen Frage ergaben. Niklaus sah ein wenig überrascht aus. „Ähm…“ „Ich pflanze einen Baum, wegen Gideon. Das hat mein Vaters damals auch getan als ich geboren wurde, wie auch bei meinen Geschwistern. Es ist irgendwie… Tradition bei uns, würde ich sagen. So kann mein Sohn zusammen mit diesem Baum aufwachsen und sich daran messen. Ich mag den Gedanken und warum eine Kiefer, das liegt daran das die Bedeutung für diesen Baum Langlebigkeit und Beständigkeit ist. Ich mag diese Eigenschaften, ich bete so für meinen Sohn, für ein langes Leben.“ Das war… Ich wusste nicht genau, aber es war einfach der Wahnsinn. Es war… keine Ahnung… Aber auf einmal hatte ich einen riesigen Respekt vor ihr und war beeindruckt von den Gefühlen, die sie für ihren Sohn haben musste. Wie konnte sie ihr Kind so sehr lieben und es dann auch noch so offensichtlich zeigen? Das war einfach, nicht normal. Ich konnte nicht anders als sie anzulächeln. „Das ist ein schöner Gedanke“, gab ich zu und ich bewunderte dieses Mädchen, sie war nicht nur mutig und schlagfertig, weswegen ich sie bisher gemocht hatte. Sie hatte etwas, was meiner Schwester fehlte. Eine Liebe, die anscheinend unerschöpflich war. „Das ist es wirklich“, stimmte Finn zu und auch Niklaus und Elijah nickten zustimmend. Tatia lächelte leicht und sah mich dann an. „Übrigens, danke trotzdem für den Hasen, Kol. Es war sehr nett von ihnen, das sie an mich gedacht haben“, bedankte sie sich herzlich und ich nickte nur etwas erschlagen. Ich war nur so froh gewesen, das ich heute mal genug Geduld gehabt hatte, überhaupt etwas zu erwischen. Irgendwie war ich es nicht gewohnt so viel Freude für so etwas Einfaches und selbstverständliches zu bekommen. Bei Tatia hatte ich nur gehofft, dass sie mich im Gegensatz zu Rebekah nicht damit aufziehen würde, dass ich überhaupt mal etwas erwischt hatte und sich dann darüber lustig gemacht hätte, dass das Tier so klein war. Ich hatte keinen Dank erwartet. Vor allem nicht diesen. Aber sie kam einem Schritt auf mich zu und küsste mich auf die Wange, weswegen ich zu einer Statur wurde. Konnte ich meine Schwester gegen sie austauschen? Würde das möglich sein? Kapitel 15: Eine Familie? ------------------------- Kapitel 15: Eine Familie? „Manchmal glaube ich, wir sind keine Familie, sondern ein biologisches Experiment.“ (Al Bundy) Niklaus Sicht: Verdammt! Kol, wie hattest du das geschafft? Ich hatte erst gedacht, ich konnte ihn dafür den ganzen Abend aufziehen, weil sie ihn so zusammengefaltet hatte, doch jetzt… Jetzt konnte ich nur denken, dieser Glückspiltz. Zum ersten Mal in meinem Leben wollte ich mit Kol tauschen. Ich wollte derjenige sein, der von Tatias Lippen berührt wurde, wenn es auch nur auf die Wange war. Ich sah zu Kol und merkte, dass er ungläubig war und rot wurde. „Gern… gern geschehen“, stotterte er etwas unbeholfen. Er verbeugte sich leicht vor ihr. „Schönen Abend noch, Miss Tatia“, sagte er sehr schnell, drehte sich dann um und lief dann eilig davon. Etwas sprachlos sah sie ihn hinterher. „Hab ich ihm etwas getan?“, fragte sie ungläubig nach und sah uns entsetzt an, als hätte sie Angst etwas Falsches getan zu haben. Finn schüttelte den Kopf. „Nein, haben sie nicht. Sie waren einfach nur sehr nett zu ihm, das ist er nicht gewohnt“, versuchte mein ältester Bruder zu erklären. Doch sie schien es nicht zu verstehen, denn sie sah uns verständnislos an. „Aber er war doch auch freundlich zu mir, wieso sollte ich es dann nicht sein?“, fragte sie nach, als würde sich das völlig ihrer Logik entziehen. Aber auch ihr Verhalten entzog sich unserem Verständnis, zumindest dem was wir kannten. „Gegenseitigkeit ist bei uns keine Voraussetzung und wird auch nicht wirklich erwartet“, erklärte Elijah nun ruhig. Selbst untereinander waren wir Geschwister nicht wirklich immer nett zueinander. „Oh“, entfuhr es Tatia traurig und sie sah uns mitfühlend an. Ihre Familie musste anders als unsere gewesen sein, anscheinend waren unsere Familienverhältnisse doch nicht die Norm, wie ich es bisher geglaubt hatte. „Auf Wiedersehen, Miss Tatia“, meinte ich lächelnd und ergriff ihre Hand, um ihr zumindest so einen Kuss geben zu können. „Auf Wiedersehen“, verabschiedeten sich auch Finn und Elijah gleichzeitig von ihr und ich sah mich noch mehrmals zu ihr um und merkte so, dass sie uns hinterher sah. Ihre Augen leuchteten sogar noch von weitem und ich konnte mich ihren Blick nicht entziehen. „Ob Kol jetzt für den Rest seines Lebens geschädigt ist oder glaubt ihr, das er wieder normal wird?“, fragte ich belustigt nach, weil Kols Welt wohl gerade Kopf stand, zumindest hatte mir das sein entsetzter Blick verraten. Finn sah ernst aus, natürlich fand er das wieder nicht witzig, aber zumindest Elijah konnte ich ein kleines Lächeln mit meiner Bemerkung entlocken. „Ich denke wir sollten eher Angst haben, dass er unsere Familie verlässt und sich Tatia als neue Schwester aussucht“, meinte Elijah ernst überlegend und als wir uns ansahen, mussten wir beide lachen. Die Vorstellung war einfach zu gut. „Was ich ganz verstehen könnte, bei den Hänseleien, die er bei uns ertragen muss.“ Da hatte Finn recht, selbst er ärgerte Kol gerne mal. Er hatte es wirklich nicht leicht mit uns als Brüder, es gab nur einen der es noch schwerer getroffen hatte und das war Henrik. Als jüngste Brüder hatte man es eben am schwersten. Heute allerdings wusste ich nicht wie ich Kol aufziehen konnte. Er hatte das bekommen, wonach ich mich mehr als alles andere verzehrte. Aufmerksamkeit und einen Kuss, wie unschuldig er auch war, von dem Mädchen das ich vergötterte und das ich mit jedem lieblichen Wort, das sie sprach, mehr liebte. Sie übertraf einfach alles was ich kannte. Alles an Schönheit, alles an Liebe. Sie war ungewöhnlich und einzigartig, keine andere war wie sie. Aber auch wenn alles anders war, als ich es normal gewohnt war, so war es das, was ich doch an ihr mochte. Das sie aussprach was sie dacht, das sie niemandes Erwartungen erfüllte und doch in allem was sie tat, Liebe steckte. Ich konnte Kol heute also nur beneiden. Als wir rein kamen, war Rebekah dabei, das Essen zuzubereiten, während Kol Henrik anscheinend dabei half, das Feuer anzumachen. Finn ging zu den beiden und schlug Kol gegen den Hinterkopf. „Du hättest nicht einfach wegrennen sollen, jetzt denkt Tatia sie hätte dich irgendwie verletzt.“ Kol sah verlegen aus und kratzte sich am Hinterkopf. „Was hat sie getan?“, fragte Rebekah nach und ihre Stimme klang hoffnungsvoll, als hätte sie endlich ein Gegenargument gegen das Mädchen. Rebekah war mal wieder wirklich sehr verbohrt. „Hat sie nicht!“, ereiferte sich Kol sofort und stand dabei sogar auf, sodass Rebekah verwirrt blinzelte und kein Wort mehr dazu sagte. Ich trat zu ihr und sie sah mich fragend an. „Kann ich dir helfen?“, fragte ich höflich und konnte sehen, wir ihr halb die Augen bei meinen Worten herausfielen. Ich wusste nicht, ob ich kochen mögen würde, das war nicht der Grund warum ich meiner Schwester meine Hilfe anbot. Aber ich wollte das tun, was Tatia tun würde. Freundlich zu sein, herzlich in jeden Augenblick und sicher würde sie so etwas tun. Ich wollte der Mann für sie sein, den sie verdiente. Sie war das beste Mädchen, das ich je getroffen hatte, so würde sie auch nur das Beste verdienen. Gerade wollte Rebekah etwas erwidern, als auch Elijah sich zu uns gesellte. „Ich werde ihnen auch helfen, Rebekah“, beschloss er und es sah so aus, als würde unsere Schwester im nächsten Moment womöglich umfallen, weswegen ich leicht lachte, aber versuchte nicht dabei spöttisch zu klingen. Im Endeffekt wurden Elijah und ich dann dazu verdammt Gemüse klein zu schneiden, was einfacher aussah, als es dann letztendlich war. Ich wollte wissen was es bedeutete eine Familie zu sein, denn langsam beschlich sich mir das Gefühl, das keiner von uns es wirklich wusste. Das nur Tatia das Geheimnis kannte, das wir jetzt alle versuchten zu ergründen. Vielleicht schockierte uns ihr Verhalten nur so sehr, weil es die Norm war und wir waren diejenigen die bisher alles falsch gemacht haben. Es lag wahrscheinlich daran, dass es uns falsch gezeigt wurden war, aber dennoch sollten wir dann nicht offen für das andere sein? Wenn es womöglich das richtige war? Am Ende gesellten sich auch Finn, Kol und Henrik zu uns und alle zusammen kochten wir, auch wenn wir keine wirkliche Ahnung hatten. Dafür machten wir aber Rebekah glücklich, denn sie schien es zu lieben uns Anweisungen zu geben. Wir waren mit dem Essen fertig bevor unsere Eltern kamen und reden miteinander, alle bunt durcheinander, wie es uns passte. Erst als unsere Eltern kamen, verstummten wir wieder. Trotz allem waren wir doch in ihrer Meinung gefangen. Zumindest soweit sie da waren, konnten wir nicht wir selbst sein, das hatten wir schon immer gewusst. Deswegen hing wohl jeder seinen eigenen Gedanken wieder nach und meine hingen bei Tatia und ihrem Lächeln, das einen verzaubern konnte. Abends saßen wir zusammen, wir belagerten alle Finns Bett. Nur Rebekah war nicht bei uns, als einziges Mädchen hatten sie von uns allen ein Einzelzimmer, dafür hatten wir das größte, weil wir zu fünft waren. Wir redeten über das kleine Dorffest morgen Abend. Es war nicht wirklich ein Fest, es war nur ein Feuer das entzündet wurde. Die Erwachsenen würden irgendwas besprechen und wir würden lachen, trinken und vielleicht auch ein wenig tanzen. Es war eine Gelegenheit mal mit jemand anderen Kontakt zu haben, als mit der Familie. Vielleicht würde Tatia auch da sein. Ich ließ mich auf mein Bett nach hinten fallen und verschränkte die Arme hinter meinen Kopf. Lange konnte ich nicht einschlafen, ich wusste auch nicht wann es war, doch ich wusste das ich von ihr träumte, von ihr und meinen Geschwistern. Wie wir eine richtige Familie sein würden. Kapitel 16: Unerkannte Freundinnen ---------------------------------- Kapitel 16: Unerkannte Freundinnen „Ein Fremder ist nur ein Freund, den man noch nicht kennt.“ (Irisches Sprichwort) Rebekahs Sicht: Eigentlich war es viel zu spät, um noch alleine rauszugehen, doch ich hatte keine Angst und ich wollte unbedingt noch Wasser für morgen früh holen, weil ich es vergessen hatte. Doch morgen früh wollte ich ganz gewiss nicht los. So war ich einfach aus dem Fenster geklettert, als alles still gewesen war. Es würde ja auch nicht so lange dauern und es war sowieso niemand mehr zu so später Stunde unterwegs. Als ich allerdings zum See kam, wurde ich eines besseren belehrt. Erst hatte ich sie gar nicht bemerkt, doch dann fiel der Lichtschein des Mondes anscheinend sehr günstig auf sie. Das war doch… Tatia! Ja, genau. Schnell verschwand ich hinter einen Baum, um mich zu verstecken. Sie schwamm dort und hatte ihr Kind bei sich, legte ihn auf ihren Bauch und ich schloss instinktiv meine Augen, als ich ihre Brust sah. Sie war vollkommen nackt! War sie denn wahnsinnig? Ich schaute erst wieder hin, als ich hörte wie eine sanfte Stimme erklang. Irgendwie glaubte ich, dass ich noch nie ein schöneres Wiegenlied gehört hatte oder dass ich überhaupt jemals ein Wiegenlied gehört hatte. „Nun schlafe, mein Kindchen und träume süß´ Schlaf, Liebchen, und suche das Paradies Dort darfst du stets spielen und glücklich sein o Kind, und kein Herz ist dort jemals allein Schlaf, Kind, schlaf, das Wachen ist mein schlafe, schlaf, Kind, Träume sind dein Das Wachen ist mein Kind, Träume sind dein“ Ohne wirklich darüber nachzudenken, verließ ich mein Versteck hinter dem Baum. Ganz verzaubert von der schönen Melodie, der wundervollen Worte setzte ich einen Schritt vor den anderen. Leise und langsam bewegte ich mich, um sie nicht zu erschrecken. Auf keinen Fall wollte ich ihren berauschenden Gesang unterbrechen. Anscheinend hatte sie keine Angst vor dem Wasser, es sah so aus als würde das Wasser sie ganz einfach tragen. Was ist wenn es das nicht mehr machen würde? Würde sie dann untergehen? „Noch weißt du vom Leben nicht allzu viel noch dünkt's dich ein heiteres, schönes Spiel Und bist du am Abend auch müd und matt o Kind, noch warst niemals des Spieles du satt Schlaf, Kind, schlaf, die Zukunft ist weit schlafe, schlaf, erträume die Zeit Die Zukunft ist weit erträume die Zeit!“ Fühlte das Kind das? Fühlte es die unendliche Liebe? Wie könnte es das nicht? Sicher war es glücklich, es musste einfach glücklich sein, wenn es so sehr geliebt wurde. Langsam streckte ich die Hand aus, um die Szene zu erfassen. Doch würde sie vielleicht zerbrechen, wenn ich sie berühren würde? „Nun schläfst du, mein Schätzchen, so tief und schön, nie solltest du Tränen und Elend seh'n. Bald hast du so lichte Träume nicht mehr, o Kind, und das Leben wird dunkel und schwer, Schlaf, Kind, schlaf, ich kämpfe für dich, schlafe, schlaf, und träume für mich. Ich kämpfe für dich, du träume für mich.“ Tatia küsste ihren Sohn auf die Stirn und es war dann, als würde sie im Wasser stehen. Sie hob ihr Kind hinauf in die Höhe und drehte sich zusammen mit ihm in Kreis, sodass es wie eine Art Tanz aussah. Sie hielt inne, als sie mich sah, wahrscheinlich war sie überrascht. Zwar konnte ich ihren Gesichtsausdruck von hier aus nicht beurteilen, aber ich wäre es sicher. Besonders weil sie vollkommen nackt war. „Rebekah?“, rief sie in die Dunkelheit hinein. Leicht nickte ich, bis mir einfiel, das wenn ich kaum was erkennen konnte, dann würde sie es gewiss auch nicht. „Ja“, sagte ich schwach, wusste nicht was ich sonst sagen sollte. Ein Schweigen breitete sich aus, bevor sie mich fragte: „Sind sie auch hierhergekommen, um zu baden?“ Baden? Was? Oh Gott, nein! „Nein, ich kann nicht schwimmen“, gab ich zu und da sie mitten im See war und ihre Arme so komisch bewegte, musste sie es wohl können. Sie konnte schwimmen? Wo hatte sie das nur gelernt? Tatia schwamm mit Gideon zurück und als sie aus dem Wasser stieg, vollkommen nackt drehte ich mich sofort um. „Ist doch nicht so schlimm, schließlich sind wir beide Mädchen“, meinte sie locker, als wäre das keine komische Situation. Noch nie hatte ich jemanden nackt gesehen, auch keine Frau und schon lange war die Zeit her, als Mutter mich hatte nackt gesehen. Aber Tatia schien daran wohl nichts Verfängliches zu sehen. Ich hörte etwas rascheln und nach einer Weile meinte Tatia: „Sie können sich wieder zu mir drehen, ich bin angezogen.“ Zögernd drehte ich mich wieder zu ihr um. Tatsächlich hatte sie wieder ihr Kleid an, ein dunkelgrünes einfaches Kleid. Das letzte Mal hatte sie ein hellbraunes etwas rötliches Kleid getragen. Da ich sie nackt gesehen hatte, wenn auch nur kurz, wusste ich dass sie genauso klein und zierlich war, wie sie selbst mit Kleidung den Anschein hatte. Ihre Haut war ohne Makel, ganz anders als meine. Ich hatte keine Narben oder ähnliche Unebenheiten erkennen können. Sie hatte ihren Sohn auf den Arm, dessen Augen ein wenig schläfrig aussahen. „Dann sind sie nur zum Wasser holen gekommen?“, fragte sie nach. Verwirrt sah ich sie an, woher wusste sie das denn? Sie deutete auf den Eimer in meiner Hand. Oh, natürlich! Wie dumm von mir. „Wieso sind sie mitten in der Nacht hier?“, fragte ich sie verwirrt, da es mir nicht normal erschien. Nie würde ich mir sowas wagen, es war ja schon wahnsinnig, hierher zu kommen, um Wasser zu holen, ganz geschweige davon zu baden. Meine Eltern würden ausrasten, wenn sie davon erfahren würden. „Ich bade sehr gerne und ich wasche mich und meinen Sohn dann immer. Baden sie nicht gerne?“ Sicher, wenn ich es nur könnte. „Schon, als ich ein Kind war, hab ich es ab und zu im flachen Wasser gemacht. Aber jetzt geht das nicht mehr. Haben sie denn keine Angst erwischt zu werden?“ Lächelnd schüttelte Tatia den Kopf, so als wäre das keine Möglichkeit, dabei hatte ich sie doch gerade dabei erwischt. „Um diese Zeit ist hier niemand, außer uns beiden anscheinend. Soll ich ihnen das schwimmen beibringen?“ Überrascht blinzelte ich mit den Augen, aber ihre Frage war so versuchend. Zu gern würde ich das schwimmen lernen, einfach hinaus schwimmen im See, das war einfach nur ein genialer Gedanke. „Ich… ich weiß nicht“, sprach ich unsicher. Sie sah mich eine Weile an und ich wusste nicht was ich sagen sollte oder tun sollte, doch dann hielt sie merkwürdigerweise ihre Hand in meine Richtung. Was sollte das bezwecken? „Wir haben uns nie wirklich vorgestellt. Da wo ich herkomme schüttelt man sich die Hand, wenn man sich kennenlernt.“ Verwirrt sah ich sie an, griff dann aber doch nach ihrer Hand, sie war so sanft. Sachte schüttelte sie meine Hand. „Mein Name ist Tatia, es freut mich dich kennenzulernen. Lass uns doch Freunde sein“, meinte sie und mir fiel auf, das sie mich auf einmal duzte. Freunde? Außer meinen Brüdern hatte ich nicht wirklich Freunde. Aber der Gedanke klang irgendwie schön. „Ich bin Rebekah und ich würde gerne deine Freundin sein“, stimmte ich ihr zu und wir beide lächelten uns an. Ich hatte jetzt eine Freundin, das war einfach unglaublich. „Also Rebekah, soll ich dir das schwimmen beibringen. Ich verspreche dir auch, dass es unser Geheimnis bleibt und ich es niemanden erzählen werde“, sagte sie entschlossen. Etwas benommen nickte ich. Wieso nicht? Schließlich war ich nicht feige oder sowas. Es würde uns schon keiner erwischen und ich wollte es so gerne lernen. Kapitel 17: Ich versteh es nicht -------------------------------- Kapitel 17: Ich versteh es nicht „Je unschuldiger ein Mädchen ist, desto weniger weiß sie von den Methoden der Verführung. Bevor sie Zeit hat nachzudenken, zieht Begehren sie an, Neugier noch mehr und Gelegenheit macht den Rest.“ (Giacomo Casanova) Elenas Sicht: „Gideon, schau doch mal hier“, sagte ich und holte ein wenig Schaum aus dem Wasser und pustete ihn gegen sein Gesicht. Manches davon verfing sich in sein Gesicht, anderes flog davon. Mit meinen Finger fuhr ich durch das warme Wasser, das sich erst durch die Hitze etwas aufgeheizt hatte. Ich hatte den Wäschekorb aus Holz von Ayanna bekommen und darin Wasser gekippt. Sie hatte mir auch eine Seife gegeben oder sowas in der Art, es war aus pflanzlichen Stoffen, aber es erzeugte Schaum. Lächelnd stuppte ich mit meiner eigenen Nase gegen seine und griff nach seiner kleinen Hand, um mit seinen niedlichen kleinen Fingern zu spielen. „Weißt du eigentlich wie unendlich ich dich liebe, mein kleiner Spatz?“, fragte ich, obwohl ich wusste das er mich nicht verstehen konnte. Doch ich hoffte, dass er spürte, wie sehr ich ihn liebte. Nie waren meine Gefühle zu einem Wesen tiefer als zu ihm gewesen. „Ich bin sicher, dass er es weiß. Zumindest später wird er erkennen, dass es keine bessere Mutter als dich gibt und das niemand ihn mehr lieben könnte, als sie es tun.“ Erschrocken stand ich auf, eben hatte ich noch neben der Wanne auf den Boden gekniet. Überrascht erkannte ich, dass es Finn war und dass er die Wiege mitgebracht hatte, die ich letztens bei ihm gesehen hatte, als er noch daran gebaut hatte. „Finn! Was für eine Überraschung, das sie hier sind, sie haben mich wahrlich erschreckt“, gab ich zu und er lächelte mich leicht an. Er stellte die Wiege ab, die man schaukeln konnte und in die er hübsche Schnitzereien gemacht hatte. Kleine Vögel und Schmetterlinge. „Ich hab ein Geschenk mitgebracht“, sagte er präsentierend und fröhlich hüpfte ich auf und ab, wie ich es ihm versprochen hatte, weswegen er sogar leicht lachte. Ich sprang auf ihn zu und schlang meine Arme um ihn. Glücklich küsste ich ihm auf die Wange. „Vielen, vielen Dank, Finn. Das ist ein wundervolles Geschenk!“, beteuerte ich ihm. Er sah ein wenig verdutzt aus, als ich von ihm abließ, fast so wie Kol, als ich ihn zum Dank geküsst hatte. „Ähm… sie wissen schon, dass es ein Geschenk für Gideon ist?“, fragte er nach. Ich nickte lachend. „Natürlich weiß ich das, aber Gideon kann sich nicht angemessen dafür bei dir bedanken. So hab ich das übernommen“, erklärte ich ihm. Er hatte einfach nur etwas Wundervolles für Gideon getan, ich wusste nicht wie ich anders meine Dankbarkeit hätte ausdrücken sollen. „Gern geschehen, Miss Tatia.“ Er ging zu Gideon und strich diesen über den Kopf, wogegen mein Sohn mit seinen Händen fröhlich ins Wasser stieß, sodass es spritzte. „Gern geschehen, Gideon“, meinte er dann an ihn gewandt und ich kniete mich wieder neben meinen Sohn. Was mich überraschte war, das auch Finn sich neben die Wanne hockte. Er begann leicht lächelnd mit der Hand meines Sohnes zu spielen. „Werden sie heute Abend auf das Dorffest kommen? Dann werden mir meine unerträglichen Brüder zumindest nicht mehr damit auf die Nerven gehen, zu fragen ob sie da sein werden oder nicht.“ Überrascht sah ich ihn an. Seine Brüder fragten sich ob ich da sein würde? Wollten sie mich etwa sehen? „Ich wusste nicht dass es ein Dorffest gibt“, sprach ich ehrlich aus. Ayanna hatte mir nichts davon erzählt und es war nicht so, als würde es hier so etwas wie Plakate geben. „Es ist auch nicht wirklich ein Fest. Es findet einfach jeden Monat statt, wo die Erwachsenen etwas besprechen und wir anderen am Feuer sitzen.“ Ein wenig weiterentwickelt, dann könnte es das große Lagerfeuer sein, das wir am Anfang des Schuljahres immer veranstalteten. „Wenn ich Gideon mitbringen darf, dann werde ich da sein“, meinte ich und streichelte meinen Sohn liebevoll über die Wange. Ohne ihn würde ich sicherlich nirgendwo hingehen. Ich würde ihn nicht alleine lassen. „Gut, dann bis heute Abend“, verabschiedete sich Finn und stand auf. Leicht nickte ich ihm zu und sah mit Gideon, wie er wieder ging. Doch bevor er ganz wegging, drehte er sich noch einmal zu uns um. „Wissen sie, Tatia. Sie sind eine hingebungsvolle, Mutter. Keiner bezweifelt das und Gideon wird sie dafür ebenso lieben, wie sie ihn“, versicherte er mir und überrascht öffnete ich den Mund, wusste aber nicht wirklich was ich sagen wollte. Deswegen nahm ich es einfach so hin. Es war ein Kompliment, das ich lieber als jedes andere auf der Welt annahm. Ich sah Finn hinterher und fragte mich warum er in der Zukunft in einem Sarg liegen musste. Finn war ein toller Mann und er war sicher auch ein toller Bruder. Ich konnte nicht wirklich glauben, dass er etwas getan hatte, was es ihn verdient machte in einem Sarg zu liegen. Wie hatte Klaus das nur tun können? Besonders verstand ich es nicht, wenn ich ihn hier betrachtete. Der Mann der er gerade war, nie würde ich ihm einen Mord oder etwas ähnlich Grausames zutrauen, aber in der Zukunft war er ein Monster. Er war ein ganz anderer Mensch, ein Vampir. Hatte wirklich die Unsterblichkeit, das Vampir-Dasein das aus ihm gemacht? Ich hob Gideon aus der Wanne und trocknete ihn ab, um ihn dann anzuziehen und in die Wiege zu legen. Leicht schaukelte ich diese hin und her. Fröhlich lächelnd streckte er die Arme nach mir aus, um mir zu zeigen dass er bei mir auf den Arm wollte. „Magst du deine neue Wiege? Es war wirklich nett von Finn, sie dir zu machen. Jetzt hast du dein eigenes Bett und brauchst nicht mehr bei mir zu schlafen, zumindest nicht zwingend.“ Ich wusste dass er sowieso nicht sehr gern alleine schlief. Falls ich es schaffte ihn mit meiner Stimme zu beruhigen und einzuschläfern, dann würde er auch alleine schlafen. Andernfalls schrie und weinte er, wenn ich ihn alleine ließ. Als meine Mutter mir einmal gesagt hatte, man schläft wenn das Baby schläft, hatte ich nicht gewusst, wie recht sie damit hatte. Als Gideon immer noch die Arme nach mir ausstreckte, tat ich ihm den Gefallen und hob ihn in meine Arme. Fröhlich hielt ich ihn in die Luft und drehte mich mit ihm im Kreis. „Was meinst du, mein Schatz? Gehen wir heute Abend hinunter, um mit den anderen am Feuer zu sitzen? Sicher wird das lustig und dann geb ich dich auch mal Finn in die Arme, er scheint dich nämlich sehr lieb zu haben.“ Ich dachte an Finn, an Elijah, an Kol, an Rebekah und auch an Klaus. Eigentlich Niklaus. Hier war er wirklich Niklaus, ein ganz anderer und ich verstand wirklich nicht, wie er hatte zu Klaus werden können. Kapitel 18: Hebelwirkung ------------------------ Kapitel 18: Hebelwirkung „Diejenigen Naturen, die sich beim Zusammentreffen einander schnell ergreifen und wechselseitig bestimmen, nennen wir verwandt.“ (Johann Wolfgang von Goethe) Niklaus Sicht: Sobald ich Tatia sah, wollte ich ihr entgegen laufen, doch es war ausgerechnet Rebekah die mir zuvor kam und weswegen ich auch in meiner Bewegung innehielt. Ich meine es war Rebekah! Gestern noch wollte sie nichts mit Tatia zu tun haben, soweit ich mich dessen entsann. „Tatia, schön das du da bist. Darf ich Gideon auf den Arm nehmen?“, fragte sie wirklich heiter. Etwas verstört sah ich zu meinen Brüdern, die sich das auch nicht erklären konnten. Sie duzten sich? Was hatten wir da denn verpasst? Wann war das geschehen? Tatia legte unserer Schwester ihren Sohn in die Arme und die beiden lächelten sich an, als kannten sie sich schon ihr Leben lang. Das war… verwirrend. Als die beiden zu den umgefallen Baumstamm kamen, auf den wir saßen, standen wir sofort auf. „Wieso versteht ihr euch auf einmal so gut?“, stellte ich unwillkürlich die Frage, die sich mir einfach aufzwang. Das war einfach nicht normal. Ich konnte schwören das Rebekah sie gestern noch gehasst hatte. „Soll ich ihnen was verraten, Kl… Niklaus?“, fragte sie nach und legte dabei leicht den Kopf schief. Ich war wie gefangen von ihren Anblick, das meine Antwort irgendwie nur hilflos über meine Lippen kam. „Natürlich.“ Ein Lächeln schlich sich auf ihr Gesicht, das mein Herz höher schlagen ließ. „A secret makes a woman woman.“ Oh… ähm… großartig. Sie würde es mir also nicht verraten und doch hatte sie mit ihrer Aussage recht. Sie reichte mir ihre Hand, wobei ich erst nicht wusste, was sie von mir wollte, aber als ich es begriff, half ich ihr sich hinzusetzen, zwischen mir und meine Schwester, die Tatias Sohn auf den Schoß hatte. „Also seid ihr jetzt…“ Ich wusste nicht welches Wort ich benutzen sollte, um die Beziehung der beiden zu erklären. Es schien mir einfach zu ungewöhnlich. Nicht fassbar, einfach. „Freundinnen, Niklaus. Wir sind jetzt Freundinnen“, antwortete Rebekah mir in einen Tonfall, der mir sagte, das ich nicht widersprechen sollte und es mir auch nicht wagen sollte einen Kommentar dazu abzulassen. Tatia drehte sich zu mir und lächelte mich an, als wäre sie über Rebekahs Verhalten amüsiert, aber als würde sie es auch bestätigen. „Sind wir“, bestätigte sie uns. „Wie war euer Tag?“, fragte sie interessiert. Sie wollte wirklich wissen was wir heute getan hatten? „Kol, wollte dir erzählen, das er ganz im Alleingang das Reh verscheucht hatte, ohne dabei überhaupt einen Schuss mit den Bogen abzufeuern“, meinte Rebekah amüsiert und ich musste bei der Erinnerung unwillkürlich lachen. Überrascht blinzelte, sah von Rebekah zu mir und dann zu Kol, der seinen Blick gesenkt hatte. Kol war nicht sehr geduldig bei sowas, er war viel zu hibbelig dafür. Wir hatten in Deckung gestanden und das Wild beobachtet. Zu dem Zeitpunkt war Kol schon längst nicht mehr anwesend mit seinen Gedanken gewesen und hatte dann auf einmal bei irgendeiner seiner Gedanken laut losgelacht. Nicht nur das Reh war dann vor Schreck weggelaufen, auch wir waren alle zusammengezuckt und stöhnend Kols Namen gesagt, weil es so typisch von ihm war. „Wollen sie tanzen, Miss Tatia?“, fragte ich und bot ihr meine Hand an, weil ich so gern mit ihr tanzen wollte. Es wäre die einzige Möglichkeit sie zu berühren. Sie schaute auf meine Hand. „Sehr gerne“, meinte sie und ich wollte aufstehen, doch sie war schneller, stand auf und ging zu Kol. Lächelnd sah sie ihn an. „Komm, lass uns tanzen, Kol“, beschloss sie und zog meinen jüngeren Bruder mit sich. Rebekah sah mich an und bekam sich gar nicht mehr ein vor Lachen, mein Gesichtsausdruck musste wohl auch gerade nicht der beste sein. Aber auch Finn lachte mich aus. „Ich glaub ich mag sie immer mehr“, meinte er an mich gewandt. Ja, großartig. Nicht sehr glücklich sah ich zu Tatia und Kol, die sich an den Händen hielten und mit den anderen um das Feuer tanzten. Kol lachte und schien glücklicher zu sein als vor wenigen Minuten noch. Anscheinend war Tatia besonders gut darin, jeden aufzumuntern und in ihren Bann zu ziehen. Zumindest sah ich, dass alle Männer auf sie aufmerksam wurden und sie so sahen, wie auch wir, sie sahen dass sie wunderschön war. Doch sie wussten nicht, dass sie von innen genauso strahlte, wie von außen. „Du weißt dass sie das nur macht, weil wir ihn geärgert haben.“ Danke, Finn, das war mir auch klar gewesen. Wieso hatte ich nur das Gefühl, das Kol in letzter Zeit ein ziemlicher Glückspiltz war? Finn nahm den Platz neben Rebekah ein. „Gibst du ihn mir auch mal?“, fragte er und vorsichtig legte Rebekah ihn Tatias Sohn in die Arme. Gideon schlummerte ruhig. Ihm schien der Krach um uns herum nicht wirklich etwas auszumachen, anscheinend war er an sowas schon gewohnt. Es war lange her, dass Henrik so klein gewesen war, aber da hatten wir das noch nicht so sehr als Freude empfunden. Zumindest Rebekah, Kol und ich nicht. Erst als wir älter wurden hatten wir Henrik leiden können. Vorher war er nur ein schreiendes nerviges kleines Bündel gewesen, der von allen Seiten Aufmerksamkeit bekam und irgendwie ziemlich liebevoll behandelt wurde. Jetzt allerdings wusste ich, dass nicht mal das wirklich liebevoll war. Zumindest war es nichts im Vergleich wie Gideon geliebt wurde. War es dumm auf dieses kleine Wesen eifersüchtig zu sein, weil ich mir wünschte auch so sehr geliebt zu werden? Besonders von Tatia, nur auf andere Weise. „Sie schauen ziemlich trübsinnig, Niklaus.“ Überrascht sah ich auf. Tatia war mit Kol zurückgekehrt. Das war das erste Mal, das sie meinen Namen vollständig und auf Anhieb ausgesprochen hatte. Sofort stand ich auf, wie aber leider auch mein Bruder Elijah. „Würden sie bitte mit mir tanzen, Miss Tatia?“, fragten wir zeitgleich und verwirrt sahen wir uns an, weil wir irgendwie dieselben Worte verwendet hatten, um sie zum tanzen aufzufordern. Tatia sah auch ein wenig verblüfft zwischen uns hin und her. Es war auch irgendwie eigenartig. Dann hielt sie jedem von uns beiden eine Hand entgegen. „Wir tanzen sowieso nur ums Feuer“, meinte sie. Sie drehte sich um, sodass ich zu ihrer rechten Seite war und Elijah zu ihrer linken. Wir beide ergriffen ihre Hand und als ich meinem älteren Bruder in die Augen sah, wusste ich, dass er sie auf dieselbe Weise mochte, wie auch ich. Wut drohte mich zu überrollen und meinen Bruder an die Kehle zu gehen, doch ich verdrängte sie und versuchte mich nur auf den Moment zu konzentrieren. „Wenn ich stolpere, fängt mich doch einer von euch beiden auf, oder?“, fragte sie nach und sah zwischen uns beiden hin und her. „Natürlich, Miss Tatia“, versicherten wir beide ihr sofort. Wieder sah ich meinen Bruder in die Augen und diesmal zeigte ich ihn darin meine Wut. „Ihr könnt mich auch einfach nur Tatia nennen und dass Miss weglassen“, schlug sie vor und überrascht sah ich zu ihr. Hatte sie uns gerade tatsächlich das du angeboten? Aber bevor ich deswegen weiter nachfragen konnte, fasste irgendeine Frau nach meiner Hand und sobald die Musik erklang tanzten wir zusammen ums Feuer. Hin und zurück und ich sah zu Tatia, die lachte und immer wieder auf ihre Füße achtete, denn sie stolperte tatsächlich ziemlich oft, so als würde sie diesen Tanz nicht kennen. Dabei war es doch der einzige Tanz den es gab, zumindest den es hier gab und den wir kannten. Allerdings war Tatia auch nicht von hier. (`*•.¸(`*•.¸ ♫♪ ¸.•*´)¸.•*)♥(`*•.¸(`*•.¸ ♫♪ ¸.•*´)¸.•*)♥(`*•.¸(`*•.¸ ♫♪ ¸.•*´)¸.•*)♥(`*•.¸(`*•.¸ ♫♪ ¸.•*´)¸.•*) Ich hab immer das Zitat aus Conan geliebt. „A secret makes a woman woman.“ Leider verliert es bei der wörtlichen Übersetzung etwas an seiner Bedeutung. Gemeint ist dabei: „Erst Geheimnisse machen eine Frau wirklich begehrenswert.“ Ich finde in dieser Geschichte passt dieses Zitat einfach nur eins A zu Elena oder auch Tatia. glg Rose Kapitel 19: Wegweiser --------------------- Kapitel 19: Wegweiser „Gewiß ist die Vollkommenheit unerreichbar. Sie hat nur den Sinn, deinen Weg wie ein Stern zu leiten.“ (Antoine de Saint-Exupéry) Elenas Sicht: Hätte mir jemand vor ein paar Wochen gesagt, dass ich einmal wirklichen Spaß mit Klaus und Elijah haben würde, dann hätte ich diesen Lügner genannt. Doch hier war ich, zwar in einer ganz anderen Zeit, aber mit Elijah und Klaus zusammen. Wir gingen vom Feuer zurück, denn dieser wirklich komische Tanz, den ich kein bisschen beherrschte, war irgendwie ziemlich anstrengend. Was diesen Effekt allerdings noch verstärkte war die Hitze des Feuers. Wir gingen zu ihren Geschwistern zurück, wo Finn immer noch meinen Sohn hielt und sich mit Kol unterhielt. Rebekah allerdings ging zusammen mit Henrik an uns vorbei, wahrscheinlich um nun ebenfalls zu tanzen. Sobald wir uns hinsetzten, wandte sich Finn an Elijah und Niklaus. „Wir trennen uns morgen. Ihr beide geht allein in Nordteil und Kol und ich in den Südteil.“ Aufmunternd lächelnd sah ich Kol an. „Dann viel Glück bei der Jagd morgen“, wünschte ich vor allem Kol. Finn schnaufte leicht verächtlich, auch wenn es nicht wirklich böse klang. „Das was wir brauchen ist nicht Glück, sondern eine Portion Geduld für Kol. Er ist mit den Gedanken immer woanders, aber nie da wo er sein sollte und jemand der ihn den Weg sagen würde wäre auch nicht schlecht. Er findet sich fast gar nicht zurecht“, neckte Finn auf seine Weise, seinen jüngeren Bruder und bekam dafür einen bösen Blick. Dabei war ich mir sicher, das Finn nicht übertrieb oder log. Dafür war er meines Erachtens nicht der Typ. Ich nahm ein Stück verbrannte Kohle, die hier zuhauf rumlag und Kols Hand in meine. „Was… Tatia, was machen sie da?“, fragte Kol vollkommen verwirrt, doch er wehrte sich nicht. Ich begann einen Stern auf seine Hand zu malen. „Das ist der Abendstern, der Polarstern, der hellste Stern am Nachthimmel. Derjenige der sich nie bewegt, unerschütterlich und beständig, steht er da. Eine Art Wegweiser, wenn du ihn folgst kannst du dich nie verirren und wenn du mal Kummer oder Sorgen hast, dann sieh zu ihm auf, den er weiß eine Antwort und zeigt dir den Weg, den du gehen musst. Außerdem bringt ein Stern Glück“, sagte ich ihm und ließ seine Hand wieder los. Verwirrt und sprachlos sah er auf seine Hand, auf die ich den Stern gemalt hatte. „Und wenn du ungeduldig bist, dann drehst du deinen Daumen so, um deinen Zeigefinger. Damit hast du eine Beschäftigung es sorgt dafür, dass du mit deinen Gedanken an Ort und Stelle bleibst“, erklärte ich ihm und er machte die Bewegung nach, die ich ihm zeigte. Jeremy hatte als Kind auch immer Konzentrationsschwäche gehabt, besonders natürlich in der Schule. So hatten wir nach einer unverfänglichen und unauffälligen Methode gesucht, wie er mit seinen Gedanken bei der Sache blieb und das hatte tatsächlich geholfen. Auf Dauer war es nämlich gar nicht so einfach, wie es sich anhörte oder aussah. Es auch mit der Zeit etwas weh, weil man dann die Muskeln spürte, von denen man nicht wusste das man sie besaß. „Danke, Miss Tatia“, sagte er und schaute auf seine Finger, die er immer noch so bewegte, wie ich es ihm gezeigt hatte. Mir fiel auf das er mich immer noch siezte, obwohl ich gerade irgendwie zum du übergegangen war. Aber ich hatte das Gefühl gehabt mit meinen kleinen Bruder zu sprechen. Kol war Damon um einiges ähnlich, allerdings hatte er noch immer diesen kindlichen Hauch, der Damon anscheinend verloren gegangen war. Vielleicht lag es auch daran, das Kol wirklich so alt war, wie er gerade aussah und Damon eigentlich über hundert war. Wahrscheinlich würde diese kindliche Ader Kol über die Zeit verloren gehen, doch ich hoffte es nicht. Ich mochte diese verspielte Ader an ihm. „Dann dürfte morgen ja gar nichts mehr schief gehen, nicht Kol?“, fragte Klaus nach und lächelte ihn leicht neckend an. Kol aber ignorierte ihn, wie ich es auch nur machen würde. Manchmal konnte man seine Geschwister einfach nur ignorieren, das war einfach manchmal notwendig. „Wenn ich etwas fange, bringe ich es ihnen vorbei, Tatia!“, versprach er mir. Ich erinnerte mich an den toten Hasen den ich das letzte Mal bekommen hatte und ich konnte nicht anders als das Gesicht zu verziehen. „Das ist wirklich ganz toll, Kol“, meinte ich und meine Worte verloren sich ziemlich. Ich hoffte nur das tote Tier was ich dann bekommen würde, wäre nicht so blutig oder so. Schlimmer allerdings war es dann noch gewesen, als Ayanna ihn ausgenommen hatte. Ich war nach draußen gelaufen, weil mir schlecht geworden war. Es war nicht so dass ich etwas gegen ein totes Tier oder ein fertig gekochtes Tier hatte, ich mochte nur den Übergang dazwischen, von einem zum anderen, nicht. Das mit dem Fell abziehen und den Eingeweiden war wahrlich nicht so lustig. „Freuen sie sich nicht?“, fragte Kol und seine Stimme klang so enttäuscht, dass es einem das Herz zerreißen konnte. Schnell besann ich mich wieder und legte ihm beruhigend eine Hand auf die Schulter. „Oh, doch. Keine Sorge. Nur versprich mir, dass das tote Tier, dann nicht wirklich… ähm… tot aussieht.“ Ich hatte keine Ahnung wie ich es anders beschreiben sollte. Allerdings schien Kol nicht zu verstehen was ich damit meinte. „Pass einfach auf, dass es nicht unbedingt viel blutet“, versuchte ich es weiter und Erkenntnis leuchtete in seinen Augen auf, während Finn auf einmal zu lachen anfing. Gideon fing an zu schreien und ich nahm ihn Finn aus den Armen. „Das ist nicht witzig gewesen!“, versuchte ich meine Stimme ernst zu halten, allerdings wollte es nicht so wirklich gelingen, zumindest mein Grinsen schmähte die ganze Sache. Ich stand mit Gideon auf. „Ich bin gleich wieder da, ich beruhig ihn nur erst einmal“, sagte ich und ging weg, etwas abseits von allen. Ich war sowieso erstaunt, dass er so lange ohne zu weinen still gewesen war. War er lauten Krach etwa so sehr gewöhnt? Vorsichtig wiegte ich ihn in meinen Armen und ging mit ihm ein paar Schritte zusammen. „Alles gut, mein Kleiner. Beruhig dich wieder. Finn hat es nicht böse gemeint, er hat mich ausgelacht, weil ich keine toten blutüberströmten ausgeweideten Tiere mag. Ehrlich gesagt sind die auch ziemlich eklig. Ich meine das Fernsehen bei uns mildert die Sache ganz schön, aber im realen hast du dann noch den Geruch, sowie das Tasten dazu. Außerdem ist das sehen und hören ganz ungefiltert. Glaub mir, wenn du das nicht gewohnt bist, dann kann man das nur widerwertig finden.“ Gideon wollte einfach nicht aufhören zu weinen. Er schrie und fuchtelte mit seinen kleinen Ärmchen herum. Nichts was ich tat half. Ich drückte ihn näher an mich und legte meinen Kopf an seinen. „Ach, mein kleiner Schatz, wein doch bitte nicht. Ich bin doch bei dir und beschütze dich vor allem Übel“, versprach ich ihm. Ich begegnete den Blicken von den Geschwistern, die dort saßen und mich von weiten beobachtete. Wahrscheinlich warteten sie auf meine Rückkehr. Doch ich konnte nicht gehen, Gideon hatte Vorrang und ich würde mit ihm nach Hause gehen und ihn zu Bett bringen. Ich nickte ihnen zu und hob meine Hand zum Abschied. Als ich allerdings umdrehte und wegging, hörte ich kurz darauf Schritte hinter mir. Verwirrt drehte ich mich um. Elijah und Klaus waren da. „Wir begleiten sie nach Hause“, sagten sie wieder zeitgleich, was mich schmunzeln ließ. Die beiden waren einfach zu nett in dieser Zeit. Es war wirklich kaum zu glauben. „Vielen Dank“, sagte ich und ließ mich von ihnen nach Hause führen, während ich versuchte Gideon zu beruhigen. Auch Elijah und Klaus begannen mit ihm zu sprechen und zumindest schrie er ein bisschen weniger, als wir oben angekommen waren. Ich verabschiedete mich von den beiden, die sich vor mir verbeugten und ich fasste an mein Kleid und machte einen Knicks. Kapitel 20: Geteilte Arbeit --------------------------- Kapitel 20: Geteilte Arbeit „Freunde sind der Ausgleich Gottes für unsere Verwandtschaft.“ (Autor unbekannt) Elenas Sicht: Rebekah und ich hatten uns bereits wieder angezogen und saßen jetzt auf einen Felsen vor dem See. Immer wieder warfen wir kleine Steine ins Wasser. „Ich hoffe irgendwann es hinzubekommen, das der Stein mehr als einmal springt oder was auch toll wäre, eine Schneise damit ins Wasser zu werfen. Aber das ist eigentlich so ziemlich unmöglich, schätze ich.“ Rebekah lachte leicht und warf mit voller Kraft so weit wie möglich ihren Stein hinein. „Zumindest springt der Stein bei dir überhaupt einmal, bei mir macht er nur…“ Sie machte eine Pause und warf einen weiteren Stein hinein, der das Geräusch machte, was sie darauf nachahmte. „Plumps“, sagte sie und ließ ihre Stimme dabei richtig tief klingen. Es war so witzig, das ich nicht anders konnte, als zu lachen und lächelnd sahen wir uns an. „Also was machst du heute?“, fragte sie nach und sammelte noch ein paar kleine Steine zwischen den Felsen hervor. „Eigentlich hab ich noch keinen wirklichen Plan. Mit dem Garten bin ich jetzt fertig und wenn ich mir nicht selbst eine Aufgabe suche, werde ich wohl keine haben.“ Das war traurig und langweilig. Wenn ich zumindest ein Buch hätte, das ich lesen könnte und wenn es immer nur dasselbe Buch wäre, sodass ich es hundertmal lesen würde. Alles war besser als nichts zu tun. Natürlich hatte ich in Gideon eine Aufgabe, aber er schlief den Großteil des Tages. „Ich wünschte, ich könnte das auch behaupten. Ich hab so viel zu tun“, meinte Rebekah schwermütig und sah zum See hinaus. Ich griff nach ein paar Steinen und nahm sie aus ihrer Hand, um sie dann in den See zu werfen. Manchmal sprangen sie einmal, aber zum größten Teil gelang mir auch das nicht. Früher hatte ich gehofft, wenn ich nur genug üben würde, dann würde ich das schon hinbekommen, aber ich hatte jetzt schon so viele Steine in meinem Leben in den See geworfen, das ich daran nicht mehr wirklich glaubte. „Ich kann dir ja helfen, wenn wir zusammen arbeiten geht es schneller und dann haben wir vielleicht noch Zeit für etwas anderes“, schlug ich vor und bot somit meine Hilfe an. „Außerdem sind wir dann zumindest zusammen und können erzählen.“ Das war ein weiterer guter Fakt. Außerdem hatte meine Mutter immer diesen weisen Spruch auf den Lippen gehabt: Geteilte Arbeit, ist halbe Arbeit, geteilter Spaß ist doppelter Spaß. Wer konnte da schon widersprechen? Sie hatte recht. Rebekah sah mich ziemlich glücklich an und ich konnte nicht anders als ihr Lächeln zu erwidern. „Das wäre toll! So kann ich dann auch Zeit mit Gideon verbringen. Er ist so süß!“, meinte sie begeistert. Ich hatte schon bemerkt, dass sie in meinen Sohn vernarrt war, aber so war es auch bei Henrik. Anscheinend mochte sie Kinder im Allgemeinen sehr gerne. Das hatte ich ihr gar nicht zugetraut, wenn ich sie so daran dachte, wie sie gewesen war, als ich sie kennengelernt hatte in meiner richtigen Zeit. Dort lag sie gerade mit einem Dolch im Keller. Oh mein Gott, wie sollte ich nur erklären wie leid es mir tat, das ich sie erstochen hatte und das ich ihr nicht vertraut hatte? Sie war doch meine Freundin, wie konnte ich ihr das begreiflich machen? Sie würde mir niemals glauben oder mir verzeihen. „Tatia, Tatia!“, rief Rebekah lauter und ich schreckte aus meinen Gedanken. Überrascht blinzelnd sah ich zu meiner blonden Freundin auf. „Wir sollten zurückgehen, die Sonne geht gerade auf, wir sollten uns nicht erwischen lassen, dass wir uns immer morgens und in der Nacht raus schleichen. Außerdem muss ich noch Frühstück zubereiten, bevor meine Brüder zur Jagd aufbrechen“, erzählte sie mir und ich nahm Gideon, der ruhig in seiner Decke im Gras schlief. Zwar hatte ich ihn mitgenommen und kurz gewaschen, doch dann war er gleich wieder eingeschlafen. Wir gingen am Waldrand entlang zurück und ich sah noch, wie Rebekah durch ihr Fenster hinein in ihr Zimmer kletterte. Ich konnte das nicht machen, da ich ja auf den Dachboden schlief, allerdings wusste Ayanna das mir Hygiene wichtig war und das ich deswegen immer verschwand, wenn alle schliefen. Rebekah hatte recht gehabt, wir waren ziemlich spät dran, aber dafür konnte ich sehen, wie die Sonne hinter dem Hügel auftauchte und das Gras und die Halme in ein Leuchtenes Orang tauchte. Der Anblick war so wunderschön, das ich mich erst einmal oben auf den Hügel vor dem Haus ins Gras setzte und alles ganz einfach genoss. „Es ist so wunderschön, Gideon. Alle Häuser sind mehr Hütten und nichts gibt es das diesen Anblick der Natur schmält in dieser Zeit. Ich wünschte mir fast, dass ich wirklich hier mit dir in dieser Zeit leben würde, könnte. Wenn ich nur nicht wüsste, wie die Zukunft aussieht.“ Selbst hier würde es irgendwann schrecklich werden, wenn sie zu Vampiren verwandelt werden würden. Ich wusste nicht wann es geschah, aber Niklaus würde dann zu einem Monster werden. Mir wurde gerade zum ersten Mal bewusst, dass ich von ihm als Niklaus gedacht hatte. Wahrscheinlich lag es daran, das mir immer mehr klar wurde, dass er hier auch Niklaus war und nicht Klaus. Er war so gut wie jeder andere auch. Als die Sonne vollkommen aufgegangen war, ging ich rein. Ayanna war bereits aufgestanden und machte für uns Frühstück. „Guten Morgen“, wünschte ich ihr und setzte Gideon ab, auf einen Stuhl und mit einer Decke verhinderte ich, das er runter fallen konnte. Er konnte jetzt schon eine Weile ganz alleine sitzen. Mir fiel immer wieder auf, wie rasant er Fortschritte machte, es war interessant dabei beizuwohnen und alles mitzuerleben. „Guten Morgen. Ich hab bei einem Dorfbewohner ein paar meiner Kräuter gegen Honig ausgetauscht, so haben wir etwas auf das Brot zu schmieren, heute“, erzählte sie mir begeistert. Wir aßen zusammen, bevor Ayanna wieder ging, um irgendwas zu machen. Ich wusste nicht was sie immer tat. Mal machte sie Hausarbeit und mal verschwand sie stundenlang im Wald. Trotz, das ich wusste dass sie eine Hexe war, war sie immer noch sehr mysteriös. Ich nahm Gideon mit und ging dann hinunter zu Rebekah. Ihre Brüder waren schon weg, außer Henrik, der uns beiden helfen würden. Die meiste Zeit ließen wir ihn allerdings mit Gideon spielen und beschäftigen. Wir bereiteten Essen zu, auch eine kleine Mahlzeit zum Mittag, fegten und wischten. Im Wald sammelten wir kleines Feuerholz zum anzünden. Wir machten die Betten und schafften das bisschen Unordnung, die jeden Tag verursacht wurde, weg. Danach gingen wir zum Fluss, um die Wäsche zu waschen, was am meisten Zeit in Anspruch nahm, weil es wirklich viel war. So Wäsche zu waschen war ein aufwendiger Prozess, es fiel mir diesmal so richtig auf, da wir für acht Personen wuschen. So schätzte ich die Waschmaschine in unserer Zeit nur noch viel mehr. Immer wieder tauchte ich das Hemd ins Wasser und bewegte es hin und her, bevor ich rausnahm, ausrang und den Prozess wiederholte. Sobald ich mit einem Stück fertig war, trommelte Rebekah mit einer Art speziellen Brett darauf rum. Es war vorne breit und flach, nur hinten verlief es zu einem Griff. Sowas hatte ich bisher nur in alten Filmen gesehen und ich war froh, dass sie die Wäsche ausklopfte, denn das war eine sehr kraftaufwendige Aufgabe. Nebenbei erzählten wir, Rebekah berichtete mir von ihrem Zusammenleben mit ihren Brüdern und wie schlimm das war. Ich erzählte ihr von meinem jüngeren Bruder, aber auch von Damon, den ich als meinen älteren Bruder angab. Beim letzten Kleidungsstück musste ich warten bis sie fertig war, weswegen ich mit meiner Hand in der Erde herumspielte. Meine Finger trafen etwas harten, allerdings war es kein Stein oder so. Interessiert holte ich es heraus, konnte aber nicht erkennen was es war. „Was ist das?“, fragte ich und entlockte somit auch Rebekah das Interesse. Ich tauchte das Ding ins Wasser und wusch es sauber, um es besser zu erkennen. Als ich es heraus zog, entdeckte ich, dass es eine Münze war. „Eine Münze, die muss einer der Siedler, die damals mit uns gekommen sind verloren haben.“ Eine Münze aus dem Mittelalter, der Wahnsinn. Sie stammte also aus Europa. „Ob sie jemand vermisst?“, fragte ich mich, da Geld damals einen viel höheren Wert gehabt hatte, auch so eine kleine Münze. Rebekah aber schüttelte den Kopf. „Unwahrscheinlich, hier handeln und tauschen wir doch nur. Geld haben wir hier nicht“, meinte sie und ich erinnerte mich, dass Ayanna bisher nur von Tauschen gesprochen hatte. Sie sah gar nicht so alt aus, als wie eine, die ich im Museum gesehen hatte. „Du kannst sie behalten“, meinte Rebekah und ich nickte leicht. Wir nahmen die zwei vollen Wäschekörbe, jeder trug einen und wir gingen zurück. Sobald wir da waren lief Henrik panisch auf uns zu. „Miss Tatia, Miss Tatia! Ich weiß nicht was ich tun soll, Gideon hört nicht mehr auf zu weinen!“, sagte er ganz panisch. „Es tut mir so leid.“ Ich stellte meinen Korb ab und nahm ihm Gideon aus den Armen. „Keine Sorge, Henrik. Du hast nichts falsch gemacht. Er hat nur Hunger“, beruhigte ich ihm. Ich erkannte das an der Art wie Gideon schrie. Henrik sah schrecklich erleichtert aus, was hatte er gedacht, was ich sagen würde? Baby schrien sehr oft, dafür konnte man selbst im seltensten Fall etwas dafür und wenn man sich damit nicht auskannte, wusste man natürlich nicht, was man tun sollte. Kapitel 21: Sonne und Mond -------------------------- Kapitel 21: Sonne und Mond „Zwei Freunde müssen sich im Herzen ähneln, in allem anderen können sie grundverschieden sein.“ (Sully Prudhomme) Kols Sicht: Nachdem Henrik mir erzählt hatte, das Tatia da war und mit Rebekah die Wäsche auf hing und er deswegen auf Gideon aufpasste lief ich sofort nach hinten. Finn und ich waren als erstes zurück und diesmal nicht weil ich gemeckert hatte, dass es langweilig war, sondern weil wir erfolgreich waren. Ich schlich mich an sie heran, umarmte sie von hinten, hob sie hoch und wirbelte sie im Kreis. „Guten Abend, Tatia. Schön das sie da bist“, erklärte ich freudig, als ich sie wieder absetzte. „Was ist mit mir?“, fragte Rebekah beleidigt nach. Fragend runzelte ich die Stirn. „Aber du bist doch immer da.“ Ich wusste nicht wo das Problem lag, schließlich war es nicht alltäglich das Tatia da war. Ich schaute wieder zu ihr und sie hielt sich erschrocken die Brust. „Kol! Tu das nie wieder! Ich hab geglaubt ich würde einen Herzinfarkt bekommen!“, warf sie mir vor. Was redete sie denn da? „Was ist ein Herzinfarkt?“, fragte ich verwirrt nach. „Wenn man sich zu sehr erschreckt könnte das Herz stehen bleiben.“ Das war doch verrückt. Lachend schüttelte ich den Kopf. „Sowas gibt es gar nicht, Tatia. Das ist doch nur ein Gerücht!“ Das sie an sowas glaubte. Als würde das Herz auf einmal aufhören zu schlagen, nur weil man sich zu sehr erschreckte. „Was macht ihr eigentlich schon wieder hier?“, fragte Rebekah verwirrt nach. Sie hatte recht, wenn irgendwer mit mir allein unterwegs war und das war meist Finn, da er die größte Geduld mit mir hatte, dann würden wir die letzten sein. Vielleicht sogar noch später als Mutter und Vater. „Wir haben ein Reh, ein Vogel und zwei Hasen erwischt“, berichtete ich stolz. Eigentlich hatte ich es Tatia zu verdanken. Wegen dem was sie mir gezeigt hatte, hatte ich mich versucht darauf zu konzentrieren und wenn meine Gedanken abgewanderten waren, hab ich daran gedacht, wie sie mir den Stern als Glücksbringer aufgemalt hatte. Zwar war dieser schon längst wieder ab, aber ich dachte immer an die Worte, die sie mir gesagt hatte. Vielleicht weil noch nie jemand etwas derartig schönes zu mir gesagt hatte. „Scheint so als hätte Finn Glück gehabt, das du mal den Mund gehalten hast!“, meinte Rebekah keck und sah mich provozierend an. „He! Ich hab nicht nur…“ Ich konnte nicht weitersprechen, weil Rebekah mich mit ihrem lauten lachen unterbrach und sogar Tatia lachte mich aus. Beleidigt wandte ich mich ab, doch dann griff Tatia nach meinem Handgelenk und zog mich zurück. Sie umarmte mich und gab mir einen Kuss auf die Wange. „Ich bin sicher du hast toll gemacht, Kol. Ich bin stolz auf dich“, erklärte sie mir und überrascht blinzelte ich mit den Augen. Hatte sie gerade gesagt, sie war stolz auf mich? Noch nie hatte das jemand zu mir gesagt. Niklaus und ich waren die Personen in der Familie auf die niemand stolz war. Bei Niklaus lag es zwar nicht daran, das er ungeschickt oder ungeduldig war, sondern… ich wusste es nicht genau, aber Vater mochte ihn ganz einfach am wenigsten. Mich dagegen fand er zu kindisch. Er würde nie sagen, dass er stolz auf uns war. Ich beobachtete nachdenklich Rebekah und Tatia wie sie weiter die Wäsche aufhängten. Die Sonne schien auf uns herab und durchleuchtete die weißen Hemden. „Ich mag die Sonne am liebsten, sie ist warm und strahlend“, meinte Rebekah, als Tatia sich beschwert hatte, das die Sonne sie viel zu sehr blendete. „Der Mond ist auch strahlend und er erleuchtet den Nachthimmel. Ich mag ihn viel lieber“, erklärte Tatia daraufhin. Verständnislos schüttelte ich den Kopf, da mir das völlig egal wäre und ich nie auf die Idee kommen würde mich über sowas zu unterhalten. „Sonne und Mond. Mädchen sind wirklich dumm, sie unterhalten sich über ziemlich unwichtige Dinge“, sprach ich meine Gedanken aus. Sofort bekam ich einen giftigen Blick von meiner Schwester, allerdings war es Tatia die sprach. „Jungs sind dumm, Kol. Sie werden Mädchen nie verstehen“, meinte sie und ihr Lächeln war ganz selbstgefällig, wie ich es gar nicht von ihr kannte. Fassungslos stand mir nun der Mund offen und lächelnd schlang Tatia die Arme von der Seite um mich und küsste mich wieder auf die Wange. „Mach dir nichts draus, Kol. Das ist bereits eine bewiesene Tatsache.“ Na, wie wundervoll. „Wieso musst du so nett zu meinen Bruder sein? Du verwöhnst ihn nur. Was er braucht sind ein paar saftige Rückschläge“, sagte Rebekah entschlossen. Irgendwie hatte es sie darauf abgesehen mich zu ärgern, wieso tat sie es nicht bei Henrik? Er war der jüngste! Ich war schließlich älter als sie, da müsste ich sie doch ärgern. Lächelnd fuhr Tatia mir durch die Haare und behandelt ihn so liebevoll wie einen Sohn. Ich musste aufpassen nicht wieder zurückzuzucken, weil sie ich diese Behandlung ganz und gar nicht gewohnt war. „Mach dir nichts draus, im Grunde ihres Herzens liebt sie dich. Es ist nur sehr tief begraben.“ „Sehr, sehr, sehr tief“, stimmte Rebekah grinsend zu. Anklagend zeigte ich auf meine Schwester. „Eigentlich bist du wie der Mond, kalt. Tatia hat viel mehr von einer Sonne!“, erklärte ich und empört wollte Rebekah etwas erwidern, als wir aber alle unterbrochen wurden. „Was redest du da eigentlich, Kol?“, fragte Niklaus nach und überrascht drehte ich mich zu ihm und auch Elijah um, die gerade dazu kamen. Mir fiel auf, dass es wirklich dumm klang, was ich da geredet hatte, sicher besonders wenn man nicht dass ganze Gespräch mitbekommen hatte. „Tatia und ich hatten uns über Sonne und Mond unterhalten. Ich meinte, dass ich die Sonne am liebsten mag und sie hat gemeint, dass ihr der Mond lieber ist. Kol hat das nur aufgegriffen und wollte für mich eine Beleidigung raus ziehen!“, erklärte sie und böse sah ich sie an. Wenn sie kein Mädchen wäre, hätte ich sie ja dafür schlagen können, aber so ging das nicht. „Sehr schlagfertig war die ja nicht, daran solltest du noch arbeiten, Kol“, meinte Niklaus grinsend. Ich erwiderte seinen Blick und legte einen Arm um Tatia, da ich wusste dass es ihr nichts ausmachte, dafür aber Niklaus umso mehr. „Gut, seid doch alle gegen mich. Tatia ist zumindest auf meiner Seite.“ Zwar lachte sie, aber sie nickte auch zustimmend. „Sicher, Kol. Ich bin auf deiner Seite“, stimmte sie zu. Triumphierend sah ich meinen Bruder an und bekam von ihn den tödlichsten Blick überhaupt, selten hatte ich ihn so voller unterdrückter Wut gesehen. „Ich werde das Abendessen zubereiten“, beschloss Rebekah und ging an uns vorbei. Tatia nahm meinen Arm von ihrer Schulter und folgte meiner Schwester nach drinnen. „Ich werde nachhause gehen“, erklärte sie. Schade, ich hatte gedacht dass sie zum Abendessen bleiben würde. Niklaus sah mir noch einmal in die Augen, wandte sich dann aber um und folgte ihr. „Ich begleite dich“, sagte er und jetzt war es Elijah der nicht glücklich aussah. Endlich hatte ich eine Möglichkeit gefunden zwei von meinen Brüdern auf effektive Weise zurück zu ärgern. Sie waren beide in Tatia verliebt und es war so leicht sie eifersüchtig zu machen. Das würde sicher noch witzig werden. Kapitel 22: Ein Penny für deine Gedanken ---------------------------------------- Kapitel 22: Ein Penny für deine Gedanken „Gibt es die wahre Liebe? Jeder Mensch begegnet einmal dem Menschen seines Lebens, aber nur wenige erkennen ihn rechtzeitig!“ (Gina Kaus) Niklaus Sicht: In meinen Gedanken verprügelte ich meinen kleinen Bruder, dafür das er Tatia angefasst hatte. Aber sie hatte es einfach zugelassen. Es schien ihr nichts auszumachen, das er sie berührte. Ich sah zu herüber, wie sie liebevoll ihren Sohn betrachtete und meine Hand zuckte, wobei ich mich bei dem Gedanken erwischte, mir vorzustellen, wie ich sie berührte. Wie ich ihr, ihr langes Haar hinters Ohr strich. Sie bemerkte meinen Blick und ich sah automatisch weg. So bemerkte ich erst nicht dass sie stehen geblieben war. Doch als ich wieder zu ihr sah, ging sie nicht mehr neben mir, weswegen ich mich verwirrt umsah. „Tatia?“, fragte ich und als ich mich umdrehte sah ich sie da stehen. Nachdenklich sah sie mich an, schien mich genau zu mustern, als würde sie mich zum ersten Mal in ihrem Leben sehen. „Was denkst du?“, fragte sie mich und überrascht blinzelte ich mit meinen Augen. „Wenn du mich ansiehst, was siehst du dann in mir?“ Was ich in ihr sah? Wusste sie denn nicht was ich fühlte? Ich bemühte mich doch so sehr, dass sie merkte, dass ich sie mehr als jede andere wollte, dass ich mich in sie verliebt hatte. Wie konnte sie das nicht sehen. Tatia schlug die Augen nieder und verzog ihr Gesicht zu einem schmerzvollen Lächeln. Dann zuckte sie mit den Schultern, als wäre es bedeutungslos. „Ein Penny für deine Gedanken“, sagte sie dann und ich hatte keine Ahnung wovon sie sprach. Manchmal verstand ich einfach nicht was sie meinte. „Ein Penny?“, fragte ich nach. Sie griff in eine Tasche ihres Kleides und holte etwas hervor, was ich nicht genau erkennen konnte. „Eine Münze, ein Pfennig oder so…“, meinte sie dann und ich ging zu ihr, um es besser erkennen zu können. „Ich muss dich leider enttäuschen, Tatia. Auch wenn wir hier kein Geld brauchen, so weiß ich doch, das diese Münze ein Pfund genannt wird und die ist viel mehr wert.“ Sie schüttelte den Kopf, als wäre das nicht worum es ging. „Von mir aus. Ich schenk sie dir, wenn du mir dafür verrätst was du denkst.“ Sie sah ihr in ihre Augen, die durch die Sonne golden leuchteten. Sonst waren sie in einem hellen sanften braun. „Ich denke, immer wenn ich dich ansehe, dass ich doch schon daran gewöhnt sein müsste, wie wunderschön du bist. Doch jedes Mal erfasst dein Anblick mich von neuen und ich kann nicht glauben, dass es so ein wundervolles Wesen auf der Welt gibt“, antwortete ich ihr ehrlich. Meine Worte schienen sie sehr zu erstaunen. Doch dann nickte sie und sie schnippte mir die Münze entgegen, die ich auffing. „Es wird aufhören. Irgendwann ist mein Anblick für dich genauso bedeutungslos, wie jeder andere auch“, sprach sie sicher aus und wollte an mir vorbei gehen. Ich überwand den Schock aber schnell und griff nach ihrem Arm, als sie an mir vorbei ging, um sie aufzuhalten. „Ich meine es ernst, Tatia. Ich versichere ihnen meine Absichten sind ehrenvoll“, erklärte ich ihr und sie sah mich so entsetzt an, das es mir mein Herz zerriss. Ich sah wie sie schwer atmete und zu Boden sah. „Gut, wenn du es ernst meinst, dann kannst du mir sicher sagen welche Augenfarbe ich habe.“ Erstaunt sah ich sie an, dann drehte sie sich aber schon um. „Ohne hinzusehen“, fügte sie hinzu und ich musste auf ihren Test lächeln. Als wüsste ich nicht genau wie ihre Augen aussehen, schließlich verfolgten sie mich die ganze Zeit, besonders wenn ich schlief. „Ein warmes hellbraun. Es sieht so aus als wäre es flüssig und als könnte es jeden Moment zerfließen. Allerdings wenn du ernst oder traurig bist, werden deine Augen dunkler, in der Dunkelheit dagegen leuchten sie aber und das Feuer hat sich in ihnen nicht wieder gespiegelt, sondern deine Augen rehbraun wirken lassen. Jetzt allerdings wirken deine Augen golden, die Sonne schafft es sie nicht einzufärben, sondern in jeden Moment winzige Ornamente deines Auges zum funkeln zu bringen. Man könnte glauben in einen Sonnenuntergang zu sehen“, offenbarte ich ihr. Mit gesenktem Blick drehte sie sich wieder zu mir um und ich sah wie sie schluckte und dann wieder zu mir aufsah. Ein sanftes Lächeln bildete sich auf ihrem Gesicht. „Hellbraun hätte mir eigentlich schon ausgereicht“, gestand sie mir und ich erwiderte ihr Lächeln. Sie hatte gefragt und ich hatte ihr nur die Wahrheit sagen können. „Ich denke wir sollten weitergehen“, meinte sie nach einer Weile und ich nickte etwas benommen von ihrem Anblick. Ich brachte sie hinauf zu Ayannas Hütte und eigentlich wollte ich überhaupt nicht gehen. Trotzdem überwand ich mich dazu. „Auf Wiedersehen, ihr beiden“, verabschiedete ich mich zögernd von ihnen, doch diesmal war es Tatia die mich zurück hielt. Meine Hand brannte, als sie mich berührte und schwitzte. „Warte!“, sagte sie eindringlich und fragend sah ich sie an. Sie stockte und kurz wanderte ihr Blick zu Boden. „Danke, dass du ehrlich zu mir warst, Niklaus.“ Leicht nickte ich, nahm die Hand mit der sie mich festhielt und küsste sie. Mein Herz schlug höher, als sie mich anlächelte. „Auf Wiedersehen“, verabschiedete sie sich von mir und wusste nicht was sie mir damit antat. Jetzt fiel es mir noch viel schwerer, von ihr zu gehen. Ich ging eine Weile rückwärts, nur um ihren Anblick nicht zu verlieren. Sie nahm die Hand von Gideon und gemeinsam winkten sie mir zu. Ich hatte das Gefühl von meiner Familie wegzugehen. Ich wollte so gerne, das sie meine Familie waren. Ich wusste in diesem Moment, das es keine Worte gab, die beschreiben konnten wie sehr ich sie liebte. Mein ganzes Herz schrie allein ihren Namen. Immer wieder blickte ich zu ihr zurück, selbst als ich es eigentlich gar nicht mehr konnte. Meine schweißnasse Hand umfasste die Münze darin. Ich sah sie mir an und dachte daran, wie sie mir sie zugeworfen hatte. Ich schnippte sie in die Höhe und fing sie wieder auf. Ja, ich wusste es. Ich wusste das ich Tatia liebte, das sie das eine Mädchen war, das ich immer lieben würde. Ich wusste in diesem Moment das es nie aufhören würde. War das ein dummer Gedanke? Ich hatte nie wirklich darüber nachgedacht, doch jetzt wusste ich es einfach, ich war mir so sicher, dass ich recht hatte, wenn ich nur an sie dachte. Wenn ich sie sah war sie das einzige was mich bewegte. Irgendwie hatte ich das Gefühl, das ich einen besseren Menschen nicht auf der Welt hätte treffen können, es gab keinen besseren Menschen als sie, zumindest nicht für mich. Ich würde nie wieder aufhören sie zu lieben. Kapitel 23: Schwester --------------------- Kapitel 23: Schwester „Die ganze Familienideologie ist ein sehr regressives Konzept. Die großen Werke der Weltliteratur handeln nicht von Familienglück, sondern von Familienhorror.“ (Jack Nicholson) Finns Sicht: „Setzt dich einfach hin, Tatia. So schwer ist das nicht, dass ich es nicht alleine hinbekomme“, erklärte ich ihr und wie sie nun mal war, protestierte sie sofort wieder. „Aber ich hab dich doch nur um Hilfe gebeten. Nicht es für mich zu machen“, konterte sie und ich wusste nicht, ob ich deswegen die Augen verdrehen sollte oder vielleicht doch eher schmunzeln. „Du hilfst mir in dem du dich da hin setzt und mir was erzählst“, gab ich zurück und endlich setzte sie sich, wenn auch nur seufzend. Tatia konnte auf jedenfall stur sein, aber nicht so wie Rebekah oder die anderen. Eher auf eine nette Art und Weise und trotzdem schaffte sie es einen zu frustrieren, selbst wenn man wusste, dass sie es nicht böse meinte oder gerade deswegen. Nervös spielte sie mit ihren Händen herum, als bräuchte sie unbedingt eine Beschäftigung. „Was soll ich dir denn erzählen?“, fragte sie nach. „Erzähl von deinem Lieblingsthema, Gideon. Wem sieht er ähnlich? Die Haarfarbe hat er anscheinend von dir, aber seine blauen Augen auf keinen Fall.“ Sofort erhellte sich Tatias Gesicht bei meinen Worten. „Ja, seine blauen Augen. Es ist als würde ich in Damons Augen schauen und er hat sie von s… unserer Mutter. Sonst sieht er aus… er sieht aus…“ Tatia stockte mit ihren Worten ziemlich hilflos und ich wusste dass der Gedanke sie auch hilflos gemacht hätte, wenn dieser noch leben würde. „Wie sein Vater, oder?“, fragte ich nach und sie nickte nur ein wenig verloren. Tränen drohten hochzukommen und sie kamen nicht daher, dass sie ihn vermisste, sie schien Schmerzen bei den Gedanken an ihn zu haben. Beharrlich schwieg sie und sah zu Boden. „Weißt du eigentlich, dass du die Bewunderung jedes Mannes besitzen, besonders die meiner Brüder?“, fragte ich sie direkt. Sie sah mich verwirrt an und da wurde mir klar, dass sie keine Ahnung hatte. „Du meinst, sie sind…“ „In dich verliebt, ja!“, bestätigte ich ihr. „Elijah und Niklaus.“ Sie sah ziemlich fassungslos aus, schloss die Augen und schüttelte dann den Kopf, als würde sie diesen Gedanken nicht begreifen können. „Das wusste ich nicht. Ich meine, ich wusste es bei Niklaus. Er hat es mir gesagt oder so ähnlich zumindest… Aber davor hatte ich keine Ahnung.“ Wie konnte sie es nicht sehen? Fast jeder junge Mann im Dorf würde sie zur Frau nehmen wollen und das trotzdessen, dass sie ein Kind hatte. „Du musst es doch auch bei deinem Mann bemerkt haben.“ Irgendwie musste er doch ihr seine Aufwartungen gemacht haben oder waren sie alle so anders als wir gewesen? „So war das bei uns nicht… Es war… Ich weiß nicht mehr… Es war so direkt und ging alles so schnell. Bevor ich mich versah, waren wir auch schon…“ „…verheiratet?“, fragte ich nach. Tatia sah geschockt aus, nickte aber und sah überhaupt nicht glücklich bei ihren Gedanken aus. „Sie lieben dich. Elijah und Niklaus. Sie würden dir nie willentlich weh tun“, versicherte ich ihr, als ihr Tränen über die Wangen liefen. Sie schüttelte den Kopf und versuchte sich die Tränen aus dem Gesicht zu wischen, sie zu stoppen. „Er hat mir…“ „…weh getan“, beendete ich ihren Satz, bevor sie es bestreiten konnte. Ich wusste nicht wie es zwischen meinen Eltern war, zwar sah ich Esther nie weinen, doch ich wusste es war nicht perfekt und sie war unglücklich. Wir alle versuchten es unseren Vater recht zu machen, doch es gelang uns kaum. „Du brauchst es nicht zu bestreiten. Ich wusste es schon sehr lange.“ Überrascht sah sie zu mir auf, sie vergaß dabei sogar ihre Tränen. „Du redest am meisten über Gideon, was nur verständlich ist. Sehr viel über deinen ältesten Bruder, Damon und über deinen jüngeren Bruder und deine Eltern erwähnst du auch ab und zu. Sogar manchmal deine Freundinnen. Aber noch nicht einmal hast du deinen Mann erwähnt, den Vater deines Kindes. Dabei müsstest du das ständig tun, wenn du ihn geliebt hättest.“ Meine Geschwister liebten sie alle, wenn auch auf unterschiedliche Weise, auch ich. Wir redeten so oft von ihr, wie es uns die Abwesenheit unserer Eltern erlaubte und wir nutzen jede Minute, die wir mit ihr zusammen verbringen konnten. „Vielleicht hab ich ihn geliebt…“, meinte sie. „Schon eine Weile nicht mehr“, gab ich zurück und irgendwann nickte sie ganz leicht. Auch bei uns heiratete man nicht aus tief empfundener Liebe, so viel Zeit hatten wir gar nicht uns kennenzulernen. Bis auf die Familie hatte man kaum Gelegenheit jemand wirklich kennenzulernen. Tatia war die Ausnahme, sie scheute sich nicht vor Kontakt und da sie bereits einen Sohn hatte, war es auch nicht so verwerflich mehr und niemand achtete mehr auf ihre Tugend. Unsere Schwester hatte bisher allerdings noch nie wirklich mit einem Mann gesprochen. Ich machte den letzten Handgriff an der Arbeit und probierte dann noch einmal aus, ob alles auch stabil war. „So, fertig“, sagte ich ihr und überreichte ihr die beiden kleinen Miniflöße, die ich aus Ästen zusammen gebastelt hatte. „Die sollten nun schwimmen.“ Ein Ansatz an einem Lächeln bildete sich wieder auf ihrem Gesicht und sie nahm die beiden Flöße entgegen. „Ich hab von Ayanna bereits zwei Kerzen bekommen und sammele jetzt nur noch Blumen. Sobald es dunkel wird lass ich sie auf dem Meer davon treiben.“ Entsetzt sah ich sie an. Ich hatte gewusst was sie vorhatte, schließlich hatte sie es mir erzählt, nur hatte ich nicht gewusst zu welcher Uhrzeit sie das machen wollte. „Du kannst auf keinen Fall bei Einbruch der Dunkelheit alleine herausgehen!“, meinte ich erschrocken und der Gedanke, der ging einfach gar nicht. Keine Frau sollte überhaupt allein unterwegs sein und schon gar nicht, wenn es dunkel war. Tatia allerdings schien das nicht zu verstehen, sie runzelte verwundert die Stirn. „Wieso denn nicht?“ Gott, wie konnte sie das denn nicht wissen. „Es ist nicht so als wäre überhaupt jemand zu dieser Zeit unterwegs. Außerdem muss es die Zeit sein, man macht das immer in der Nacht, denn sie symbolisiert Stille und Abschied, wie auch Tod“, versuchte Tatia mir mit logischen Argumenten begreiflich zu machen, warum sie das in der Nacht machen wollte. „Das bestreite ich auch gar nicht, trotzdem kannst du nicht ohne Begleitung einfach in der Nacht rausgehen!“ Mein Ton war so ernst, das es eigentlich keinen Scherz zu ließ, doch Tatia sah mich eine Weile an und fing dann einfach an zu lachen. Fassungslos sah ich wie sie sich den Bauch hielt. Dachte sie wirklich ich hatte einen Scherz gemacht? Diesmal waren es Lachtränen, die sie sich aus dem Gesicht wischte und sobald sie fertig war, kam sie zu mir und legte mir eine Hand auf die Schulter. „Von mir aus, Finn, kannst du mich ja begleiten, wenn es dir dann besser geht bei dem Gedanken, aber ich werde auf jedenfall gehen“, erklärte sie mir und fing dann wieder an zu lachen. Ungläubig sah ich wie sie davon ging und versuchte sich wieder zu beherrschen. Sie hatte mich kaum ernst genommen. Hatte ich ihr nicht gesagt, wie viel sie uns allen bedeutete? Wusste sie denn nicht, dass ich sie als meine Schwester sah? Kapitel 24: Zwei Flöße hinaus ----------------------------- Kapitel 24: Zwei Flöße hinaus „Auf dem Hühnerhof war der Hahn erkrankt. Niemand konnte mehr damit rechnen, er werde auch am nächsten Morgen noch krähen. Abschied war angesagt. Die Hennen machten sich Sorgen - sie waren felsenfest überzeugt, die Sonne gehe nur auf, weil der Meister sie rufe. Der nächste Morgen aber belehrte sie eines Besseren: Die Sonne ging auf wie jeden Tag; nichts hatte ihren Gang beeinflusst.“ (Aus Persien) Elenas Sicht: Eigentlich hatte Finn mich nur begleiten wollen, zumindest hatte er das gesagt, doch jetzt waren auch alle seine anderen Geschwister dabei. Sie alle waren bei den Bäumen, lehnten sich daran, während ich zum Wasser ging. Ich hatte auf jedem Floß eine Kerze gesetzt und sie hielt, da ich sie mit Wachs befestigt hatte und dann legte ich noch ein Strauß Vergissmeinnicht dazu. Die einzelnen Blumen hatte ich zu einem dünnen Strauch zusammen gebunden. Ich ließ das erste treiben, ließ es ganz alleine los und dachte dabei an die Frau unter dem Wagen, deren Kind ich jetzt als meines aufzog. Danach nahm ich Gideons Hand und stieß mit seiner Hand gemeinsam gegen das zweite Floß, damit es hinaus auf den See fuhr. Das war ein Abschied. Lange noch stand ich mit Gideon da und sah, den beiden Flößen, hinterher. Die Kerzen flackerten auf dem See, erleuchteten den See in orange, zumindest dort, wo sie vorbei fuhren. Zwei einzelne Lichter in der Dunkelheit. Ich küsste Gideon auf den Kopf und ging dann zurück zu den anderen, die an den Bäumen auf mich gewartet hatten. „Wieso nur zwei, Tatia?“, fragte Kol mich nachdenklich. „Weil es egal ist viele gegangen sind. Du schickst ein Floß hinaus, eigentlich aufs Meer, mit den Gedanken an die Verstorbenen. Ein Floß für jeden der zurückgebliebenen ist, die Kerze für die Erinnerung und die Vergissmeinnicht als ein Versprechen, das man sie nie vergisst.“ Eine Würdigung der Toten, wenn man es so sehen wollte. „Ein Floß für dich und das andere für Gideon“, sprach Elijah seine Gedanken aus und ich nickte zustimmend. So war es gedacht. Wir waren diejenigen die sie vermissen würden und die sich an sie erinnern würden. Ich zumindest würde niemals die Frau unter dem Wagen vergessen, auch wenn ich ihren Namen nicht kannte. „Geht es dir gut?“, fragte Finn besorgt. Mit einem schwachen Lächeln auf dem Gesicht schüttelte ich den Kopf. „Heute nicht“, gab ich ehrlich zu. Es waren wieder Elijah und Niklaus die mich hinauf zur Hütte begleiteten. Dank Finn wusste ich jetzt auch wie ich ihr Bemühen deuten sollte. Ich setzte mich auf die Bank vor der Hütte, was die beiden zu verwundern schien. „Ich bleib noch ein bisschen hier draußen sitzen“, gab ich an. Sie sahen sich an und setzten sich dann an meine Seite. Lächelnd schüttelte ich den Kopf. „Mir kann hier nichts Schlimmes passieren, das wisst ihr doch, oder?“, fragte ich nach und schaute hinunter zu meinem Sohn, der mich aufmerksam ansah. Kein Bad heute Abend, was eigentlich zu unserem abendlichen Ritual gehörte. „Wir leisten dir gerne Gesellschaft, Tatia“, sagte mir Niklaus offen und schmunzelnd strich ich mir eine Strähne hinters Ohr. Seine Stimme klang so sanft, das es kein Vergleich war zu später. Hatte er seine Stimme dann etwa auch verändert? „Dann müsst ihr ertragen wie ich meinen Sohn in den Schlaf singe“, gab ich an und ich spürte wie ihre Köpfe sich zu mir wandten. Für Gideon war es höchste Zeit zu schlafen, auch wenn er selbst das vielleicht nicht wusste. „Ich seh dich und ich fühl dich Doch ich will dich nicht stören Ich seh dich und berühr dich Und ich weiß du kannst mich hören Ich kann mich oft nicht wehren Gegen Trauer gegen Schmerz Doch wenn es richtig schlimm wird Dann kommst du in mein Herz Ich will manchmal wissen Wie das ist in deiner Welt Ist das oben oder unten Wird dort auch ein Jahr gezählt“ Lächelnd strich ihm über den Kopf, durch seine kurzen braunen Haare. Er war so niedlich. Wie konnte es sein, das ich das Gefühl hatte das schönste Baby der Welt in den Armen zu halten? „Du bist weg und immer da Engel fliegen wunderbar Durch die Zeit und Tag und Nacht Ich bin heut wieder aufgewacht Du bist weg und immer da Das Gefühl ist wunderbar Wir rauschen durch die Zeit und du bist überall“ Gideon hatte die Augen geschlossen und wenn jetzt nicht mehr viel Krach geschah, dann würde er höchstwahrscheinlich durchschlafen, bis morgen früh. Er war so unschuldig und niedlich. Einem solchen Geschöpf konnte man niemals böse sein und man war einfach verpflichtet es zu lieben, weil es so rein war. Es hatte noch nichts auf der Welt verbrochen, er war noch vollkommen. „Ich will manchmal wissen Wie das ist in deiner Welt Ist das oben oder unten Wird dort auch ein Jahr gezählt Ich halt mich fest an dir Ich wehre mich noch zu verstehen Wir beide müssen frei sein Für ein neues Wiedersehen Du bist weg und immer da Engel fliegen wunderbar Durch die Zeit und Tag und Nacht Ich bin heut wieder aufgewacht Du bist weg und immer da Das Gefühl ist wunderbar Wir rauschen durch die Zeit und du bist überall“ Ich streichelte Gideon über die Wange und wickelte die Decke etwas enger um ihn. Ich wusste nicht ob er es warm hatte. Oft machte ich mir Sorgen darum was er fühlte, da ich nicht wissen konnte was er dachte. Vielleicht machte ich ja Dinge falsch. „Woher kennst du dieses Lied?“, fragte Elijah nach und ich zuckte mit den Schultern. „Von meiner Mutter. Sie hat mir und meinen Brüdern oft welche vorgesungen und irgendwie kenne ich sie alle noch auswendig. Sie hat es gemacht bis wir sechs Jahre alt waren oder so. Aber auch immer noch, wenn wir krank waren“, erzählte ich und erinnerte mich daran, wie ich als ich vierzehn war, im Bett lag und von ihr in aller Kunst bemuttert wurde. „Machst du das öfters? Ihm etwas vorsingen?“, fragte Niklaus nach und runzelte dabei die Stirn. Dabei war es an mir diese Geste zu benutzen, um meine Verwirrung zu zeigen. „Nun, er muss doch schließlich jeden Tag einschlafen, oder?“, fragte ich nach. Eigentlich müsste das doch ziemlich logisch sein, oder etwa nicht? „Du hast anscheinend sehr viel Geduld“, murmelte Niklaus und ich war mir nicht sicher, ob diese Worte wirklich an mich gerichtet waren, besonders weil er dabei auch zu Boden sah. Fragend sah ich zu Elijah, der aber meinem Blick sofort auswich. „Man sollte Geduld haben, wenn man ein Kind hat. Das lernt man dann auch automatisch“, gab ich die Worte wieder, die meine Mutter benutzt hätte. Es würde nichts bringen auszurasten oder sich aufzuregen. Sobald ich aufstand, taten es mir Elijah und Niklaus gleich. Ich ging einen Schritt nach vorn und drehe mich zu ihnen um, sodass ich sie beide ansehen konnte. Zwei ganz andere Menschen. Es war wohl Zeit das sowohl meinem Kopf, als auch meinem Verstand begreifbar zu machen. Dabei war ich mir sicher dass einer von ihnen, das schon begriffen hatte, ich wusste nur nicht wer es war. „Danke, das ihr beiden mich begleitet habt“, bedankte ich mich und machte einen leichten Knicks, sofort verbeugten sich die beiden vor mir. Es war eine schmeichelhafte Geste. Eigentlich mochte ich diese Zeit, wo alle Verhaltensregeln gegenüber einander noch festgelegt waren und jeder so wusste, was er tun sollte und was er sich nicht wagen durfte. Ich musste lächeln, wenn ich jetzt an die beiden dachte. Kaum noch unheilvolle Gedanken. Ich wollte nicht zurück. Ich wollte nicht zurück, mit dem Wissen, das sie dort beide so anders sein würden. Elijah nicht mehr schüchtern und Niklaus nicht mehr warmherzig. „Gute Nacht“, wünschte ich den beiden und bevor ich hinein ging, hörte ich wie sie meinen Gruß erwiderten. Kapitel 25: Spitznamen ---------------------- Kapitel 25: Spitznamen „Das erste Anzeichen wirklicher Liebe ist bei einem jungen Mann Schüchternheit, bei einem jungen Mädchen Kühnheit.“ (Victor Hugo) Elijahs Sicht: „Bekommst du das wieder in Ordnung?“, fragte mich meine Schwester seufzend. Ich besah mir den umgekippten Pfeiler an, der ausgerechnet an der Erde, abgebrochen war. „Ich schätze nicht. Aber ich werde dir zusammen mit Finn einen neuen bauen, dann wirst du morgen oder übermorgen einen neuen bekommen“, versprach ich ihr. Sobald er wieder da war, zumindest. Es würde selbst wenn wir uns anstrengten, einige Zeit in Anspruch nehmen. „In der Zeit werdet ihr dann euch weniger schmutzig machen, seh ich das richtig? Weil das Wäschewaschen ist nur ein Teilprozess, die Wäsche muss auch trocknen, außer ihr erklärt euch bereit sie nass anzuziehen“, meinte Rebekah genervt. Ich seufzte, weil ich es einfach schon gewohnt war und ihr Temperament einfach nur noch über mich ergehen ließ. „Was soll ich denn sonst tun, Rebekah?“ Sie stellte sich alles immer so einfach vor, als würden sich alle Probleme einfach so in Luft auflösen, wenn sie vor uns standen und sie diese an uns übergab. „Ich dachte schon es ist keiner da“, rief eine Stimme und erschrocken stand ich sofort auf, als ich Tatias Stimme hörte. Mein Herz schlug, wie in letzter Zeit schon gewohnt, um einiges höher. „Tatia!“, rief Rebekah begeistert aus und schon schienen ihre Sorgen vergessen zu sein. Ich drehte mich zu ihnen und sah wie sie sich umarmten. „Guten Tag, Rebekah, Elijah“, wandte sie sich an mich und nickte mir leicht zu, was ich erwiderte. Sie überreichte Rebekah einen Korb, den sie bei sich trug. „Ayanna meinte, du wolltest das gerne haben.“ „Danke. Dann werde ich mich wohl daran machen etwas zu essen zu machen, frische Wäsche gibt es zumindest die nächsten Tage nicht“, erklärte sie und verschwand ins Haus. Verwirrt runzelte Tatia die Stirn und sah meiner Schwester belustigt hinterher. „Was hat sie denn?“ Ich deutete auf den kaputten Pfeiler hinter mir. „Ihre Wäscheleine ist gerade nicht benutzbar und jetzt dramatisiert sie das Ganze.“ Verstehend nickte Tatia und kam auf mich zu, sie kam mir so nah. Ich wusste nicht was ich tun sollte, allerdings ging Tatia an mir vorbei und band das Ende der Wäscheleine vom Pfeiler ab und hielt es mir dann hin. „Warum verbindest du es nicht solange mit dem Haus, das dürfte doch auch funktionieren“, meinte sie und deutete zu unserem Haus. Etwas perplex sah ich von der Schnur zum Haus und schätzte die Entfernung ab, das sollte funktionieren. Sie übergab mir das Ende der Schnur und ihre Finger berührten dabei meine Hand. Wie erstarrt sah ich auf meine Hand, die zu verbrennen schien. Mein ganzer Körper bebte von so einer unscheinbaren Berührung. „Elijah“, sagte sie und sofort schaute ich zu ihr, direkt in ihre wundervollen braunen Augen, die vor Wärme leuchteten. „Wieso kommst du mich nicht besuchen?“ Mein Körper kam zum Stillstand, wie ein Schock, der mich ergriff und mich einfach nur einfror. Ich wusste nichts darauf zu erwidern. Ich wollte sie sehen, so gerne, in jeden Moment, doch nie wusste ich was ich zu ihr sagen sollte. Ihr Blick war so traurig und sie sah zu Boden. „Hab ich was falsch gemacht?“ Ihre Frage zerriss mich innerlich und ich griff nach ihrer Hand, brachte sie dazu mich wieder anzusehen. Es war als konnte sie in mich hineinsehen. Sah sie meine Seele, meine Gedanken, meine Gefühle? Sie zwang sich zu einem gequälten Lächeln und deutete dann auf die Wäscheleine. „Wir sollten das reparieren, sonst habt ihr am Ende wirklich nichts anzuziehen“, meinte sie und ich machte mich daran die Schnur zu befestigen. Ich schaute zu Tatia, die meinem Blick auswich. „Ich denke ich werde deine Schwester die gute Nachricht berichten gehen“, beschloss sie und ich sah ihr zu wie sie nach drinnen ging. Seufzend lehnte ich mich an die Hauswand, um meine Gedanken zu ordnen, die dank Tatia mal wieder alle durcheinander geraten waren. Irgendwie wusste ich nie was ich zu ihr sagen sollte oder wie ich mich verhalten sollte. Alle normalen Handlungsabläufe schienen mir in ihrer Gegenwart schwer zu fallen und ich wusste selbst nicht was ich genau tat. Tatia war anders, anders als alle Mädchen die ich sonst getroffen hatte. Vor allem war sie anders als alles was ich generell kannte. Es war als würde sie alle guten Eigenschaften, die ich schätzte, in sich selbst vereinen und sie war sich dessen nicht einmal bewusst. Sie wusste nicht, dass sie uns mit ihrem Verhalten beeindruckte und immer wieder aufs Neue ins Staunen versetzte. Ich stieß mich von der Wand ab und ging hinein, in der Hoffnung dass sie noch da sein würde. Tatsächlich stand sie mit Rebekah am Tisch und die beiden lachten miteinander und schnitten nebenbei das Gemüse. Rebekah sah auf und bemerkte mich so. „Weißt du was, Elijah? Ich hab jetzt auch einen Spitzname von Tatia verpasst bekommen. Sag ihn ihm, Tatia!“, forderte meine Schwester ihre Freundin auf. „Becky“, meinte sie schmunzelnd. „Tatia ist der Meinung, dass man jeden Namen der zu lang ist auf schöne Weise verkürzen sollte. Irgendwie stimmt es, deswegen nennen wir Niklaus auch immer Nik.“ Wie kamen die beiden nur auf solche Gesprächsthemen? Sie schafften sich immer wieder über Dinge zu unterhalten, auf die wir anderen nie kommen würden. Kol hatte das allerdings in einem Wort zusammen gefasst, Mädchen. „Obwohl man Tatias Namen auch verkürzen kann, auch wenn er von selbst so kurz ist“, meinte Rebekah dann und ich zog eine Augenbraue hoch. Tatia schüttelte den Kopf. „Nein“, meinte sie, schien dann aber genauer darüber nachzudenken und runzelte dabei die Stirn. „Wie?“, fragte sie nach. „Tia, wir könnten dich auch Tia nennen.“ Rebekah klang bei ihrer Idee begeistert wie ein kleines Kind. Ich ging zu den beiden, setzte mich am Tisch und sah ihnen zu. „Welchen Spitznamen würde ich bekommen?“, fragte ich interessiert nach. Überrascht blickte Tatia mich an, schüttelte dann aber den Kopf. „Das spreche ich lieber nicht aus, das wird zu lächerlich.“ Das brachte meine Schwester aber dazu noch viel neugieriger zu werden, sie liebte es Möglichkeiten zu haben uns in jeglicher Weise aufzuziehen. „Oh bitte!“, flehte sie schon, doch zu meinem Glück schüttelte Tatia beharrlich den Kopf. „Manche Dinge sollte man besser nicht aussprechen, sie verdienen es ein Geheimnis zu bleiben“, befand Tatia und ich musste nachdenklich lächeln. Bei den Ideen für Namen, die mir kamen, konnte ich da nur zustimmen. „Aber wir könnten Henrik, Rik nennen“, schlug sie dann vor und Rebekah stimmte zu. Ich schüttelte den Kopf. „Wieso sollte man überhaupt allen Spitznamen geben?“, fragte ich, weil ich nicht wirklich einen Sinn darin sah. Würde nicht der normale Name ausreichen? „Das ist doch ganz einfach. Spitznamen gibt man einmal, wenn der normale Name zu lang oder kompliziert ist. Aber meistens eigentlich nur um seine Zuneigung auszudrücken. Deswegen gibt man einander auch Kosenamen. Wenn wir etwas angestellt hatten, dann hatte unsere Mutter immer unseren vollen Namen geschrien und dann wussten wir dass wir Ärger bekommen würden“, erklärte Tatia amüsiert und mich verwunderte es, das sie beiden Gedanken, ärger zu bekommen, lächeln musste. „Ist das ein schöner Gedanke?“, fragte Rebekah nach, die über das Lächeln genauso verwirrt zu sein schien, wie ich. Tatia zuckte mit den Schultern. „Ich weiß nicht. Mutter war diejenige von der wir immer eine Moralpredigt bekommen haben und auch unsere Strafe, obwohl wir natürlich wussten dass wir es verdient hatten. Schließlich war uns klar, dass wir etwas angestellt hatten. Wir waren wirklich schreckliche Kinder. Vater fand das nie wirklich schlimm, deswegen hat er das schimpfen unserer Mutter überlassen. Eigentlich erinnere ich mich nur einmal, dass er sauer auf uns war und das war wo ich mit meinen jüngeren Bruder aufs Dach geklettert war. Wir sind runter gesprungen und ich hab mir das Bein gebrochen, während mein Bruder auf mich drauf gefallen war. Ich glaube das ist das einzige Mal gewesen, das ich ihn wütend gesehen hatte, sonst hatte er immer eine Wahnsinns Geduld mit uns“, berichtete sie uns und ihr Blick glitt dabei wieder weit in die Ferne, als würde sie die Erinnerung vor sich herrufen. Dann aber riss sie sich selbst aus ihren Gedanken und sah lächelnd von mir zu Rebekah. „Unsere Strafe hatten wir aber auch dieses Mal von unserer Mutter bekommen, aber ich hab das Gefühl das sie den Umständen entsprechend sehr milde ausgefallen war.“ Unsere Mutter schimpfte wenn dann mit uns, um unserem Vater zuvor zu kommen und wahrscheinlich in der Hoffnung, dass wir so nicht noch weitere bekamen. Tatias Vater allerdings schien eine wahnsinnige Geduld zu haben. „Dann hat euch eure Mutter geschlagen?“, fragte Rebekah leise und ich schloss kurz die Augen, versuchte mich zu besinnen, um nicht darüber nachzudenken wie Tatia geschlagen wurde. Sie aber sah uns unverständlich und auch fassungslos an. „Wieso geschlagen? Unsere Eltern haben uns nie geschlagen. Sie haben uns Hausarrest gegeben, Aufgaben aufgetragen oder uns irgendwas verboten, was wir gern gemacht haben.“ Ich konnte kaum glauben was ich hörte, doch war ich auch darüber froh. Rebekah lächelte gequält und auf Tatias fragenden Blick, meinte sie: „Ich hätte gerne deine Eltern.“ Tatias Augen weiteten sich verstehend uns sie schaute auf das was sie tat, nachdenklich und traurig. Sie war so anders, weil sie völlig unterschiedlich aufgewachsen war und weil wir so verschiedene Eltern hatten. Kapitel 26: In den Höhlen ------------------------- Kapitel 26: In den Höhlen „Wirklich reich ist, wer mehr Träume in der Seele hat, als die Realität zerstören kann.“ (Hans Kruppa) Elenas Sicht: Zusammen mit Ayanna, der Familie von Elijah und Niklaus und noch ein paar anderen waren wir hier in den Höhlen. Wir hatten mehrere kleine Feuer angemacht, um uns zu wärmen. Ayanna hatte mir erzählt, das sie einmal im Monat, immer zum Vollmond hierher kamen, wenn die anderen sich verwandelten, in Werwolfe. Sie waren es wohl auch gewesen, die Gideons Familie getötet hatten. Aber niemand sah sie als Feinde an, nur Nachtbarn. Überall saßen die Leute in kleinen Gruppen zusammen, wärmten sich und unterhielten sich. Ich sah zu Finn, der mit seinen Brüdern zusammen saß und meinen Sohn in seinen Armen hielt. Ich dagegen saß mit Rebekah etwas abseits von den anderen, so dass sie uns sehen konnten, wenn sie sich umwandten, aber nicht so dass sie uns hören konnten. Ich hatte erfahren dass es Schminke auch schon in dieser Zeit gab, allerdings aus ganz anderen Materialien, natürlich natürlichen Stoffen. Es gab alle möglichen Farben, wie grün das, wie ich erfuhr, aus Malachit gewonnen wurde, blau stellte man, was für eine Ironie, aus Lapislazuli her, schwarze Farbe aus Kol-Öl Gemischen und rote Farbe aus Zinnober und Bleiglanzpuder. Es war beeindruckend, wie erfindungsreich die Menschen selbst zu dieser Zeit schon gewesen waren. Meist nutzte man die Schminke allerdings nur zu Hochzeiten und anderen Ritualen. Rebekah hatte mir verraten, das man wenn dann nur sich bleich schminken wollte und ich das kaum nötig hatte. Doch ich hatte es ausprobiert und als ich Rebekah davon erzählte, hatte sie mir gesagt, dass sie sich noch nie im Leben geschminkt hatte. Das war der Grund, wieso ich ihr das jetzt beibrachte. Natürlich unterhielten wir uns wie immer auch über andere Dinge. „Das Geheimnis beim Schminken liegt eigentlich darin, dass man es am Ende nicht sieht. Es unterstützt alles nur im geringen Maße und soll die Schönheit nur hervorheben“, erzählte ich Rebekah das, was ich von meiner Mutter in meiner ersten Schminkstunde gelernt hatte. Ich gab ihr einen leichten blauen Lidschatten und verwendete ich das schwarz als Kajal. Ihre Wangen bekamen einen leichten roten Ton, wie auch ihre Lippen. Nach einer Weile war ich fertig. „Perfekt!“, beschloss ich. „Ich finde blau steht dir hervorragend. Es passt am besten zu deinen Augen.“ Wir hatten einen Spiegel mitgenommen, in dem sich Rebekah nun betrachtete und sie schien zu staunen. „Woher kannst du das überhaupt?“, fragte sie neugierig nach. Ich lächelte leicht. „Von meiner Mutter natürlich. Es ist so, dass die Mutter ihrer Tochter sowas beibringt. Genauso wie Haare frisieren oder sich anzukleiden.“ Meine Mutter war wirklich gut in solchen Dingen gewesen, sie hat mir immer bei sowas geholfen. „Weißt du, da ist dein Talent bei einem Sohn wahrlich vergeudet. Vielleicht bekommst du eines Tages noch ein Mädchen, dann kannst du es besser nutzten“, befand sie und ich folgte ihren Blick, der zu ihren Brüdern wanderte. Ich wusste was sie meinte, doch ich glaubte nicht daran. „Das ist unwahrscheinlich“, gab ich an. Ich war in einen Vampir verliebt und so wäre das ein ziemlich unmögliches Unterfangen. Allerdings tauchte bei dem Gedanken kaum noch Damon auf, Stefan schon lange nicht mehr. Ich schaute zu Elijah und Niklaus, auch sie würden später Vampire sein. Rebekah sah traurig aus, weswegen ich sie kurz berührte und sie anlächelte. „Aber alles ist möglich und es wäre schon ein schöner Gedanke.“ Ich wusste nicht, ob ich mit den Worten jetzt sie oder mich aufmunterte, allerdings lächelte sie nun wieder fröhlich. Zumindest konnte ich sie mit dem Gedanken aufmuntern. Ich dagegen verbot mir lieber den Gedanken an Kinder, an eine Tochter. Jetzt hatte ich Gideon, darüber sollte ich glücklich genug sein und das war ich auch, das war eine unverhoffte wundervolle Chance, die ich versuchte jeden Tag zu nutzen. Ein Heulen riss mich aus den Gedanken und erschrocken sah ich mich um. „Es fängt an. Das werden wir jetzt die ganze Nacht hören“, erzählte mir Rebekah und erschrocken sah ich sie an, bevor ich mich ängstlich umsah. Mein Herz klopfte so schnell, das ich mir nicht sicher war, ob es vielleicht auch ein Mensch hören konnte. „Das hatte ich ganz vergessen“, murmelte Rebekah plötzlich. Verwirrt blickte ich zu ihr runter und merkte erst in dem Moment, das ich aufgestanden war. „Deine Familie. Sie sind durch die Werwölfe gestorben. Du musst das damals auch gehört haben, oder?“, fragte sie und ich konnte nicht anders als zu nicken. Ich hatte sowas noch nie gehört, doch trotzdem hatte ich Angst. Ich hatte gesehen was Werwölfe anrichten konnten, die zerfetzten Menschen. Oder aber auch Damon, wie er damals im sterben gelegen hatte, von einem Werwolf-Biss niedergestreckt. Rebekah stand ebenfalls auf und nahm meine Hand. „Komm mit, ich will dir etwas zeigen“, meinte sie und reichte mir eine Fackel die ich hielt. Noch nie vor dem heutigen Tag, hatte ich etwas Derartiges in der Hand gehalten. Wir bewegten uns leise von den anderen Weg und mir kam der Durchgang, den wir wählten mit der Zeit seltsam bekannt vor. Als wir vor einer großen Wand ankamen, verstand ich auch wieso. Hier hatten Ric und ich vor den Höhlenmalereien gestanden und versucht die Geschichte von Niklaus Familie zu verstehen. „Wir haben unsere Namen hier rein geritzt. Kannst du schreiben?“, fragte sie und sah zu mir. Ich schüttelte den Kopf. „Nicht in dieser Form“, gab ich zu und verwirrt runzelte sie die Stirn. „Wir haben eine andere Schrift benutzt“, erklärte ich ihr weiter und sie nickte verstehend. Sie zog ein Messer unter ihrem Kleid hervor und ich fragte mich was sie vor hatte. „Du gehörst sowieso schon zur Familie, zumindest für meine Geschwister und mich, und bald auch sicher offiziell.“ Bei dieser Aussage gab sie mir einen wissenden Blick und ich musste sofort an Elijah und Niklaus denken. „Oh, Becky“, stöhnte ich, aber sie grinste nur selbstsicher. Das Problem bei meiner Freundin war, sie war so dickköpfig, das es schwer war sie vom Gegenteil zu überzeugen. „Aus all diesen Gründen finde ich dass dein Name ebenfalls hierher gehört. Am besten hier hin“, beschloss sie und fing an mit dem Messer in den Felsen meinen Namen zu ritzen, nur so dass ich ihn nicht lesen konnte. Sie machte ihn neben ihren Namen, nah bei Elijahs und Niklaus. Ein sehr deutliches Zeichen, danke. Ich war so vertieft in Rebekahs Handlung, dass ich gar keine Schritte bemerkt hatte. Dabei war das deutlich möglich in dieser Höhle, wenn es sich nicht um einen Vampir handelte, die allerdings, gab es noch gar nicht. „Was macht ihr da?“ Erschrocken zuckte ich zusammen und Rebekah und ich drehten uns um, nur um erleichtert durchzuatmen, da es nur Kol war. „Tatias Namen hinzufügen“, sagte Rebekah so, als wäre es selbstverständlich und vollkommen normal. Kol kam auf uns zu und nahm seiner Schwester das Messer aus der Hand, aber nicht um sie davon abzuhalten, sondern nur um meinen Namen selbst zu vollenden. „Ihr ward auf einmal nicht mehr da. Ihr solltet froh sein, das wir das bisher nur bemerkt haben und noch nicht Vater“, meinte er und ich sah Rebekah an. War wohl keine allzu kluge Idee von uns gewesen. Als Kol fertig war, gab er Rebekah das Messer zurück und nahm mir die Fackel ab. Er reichte seiner Schwester die Hand, doch sie schlug sie aus und ging einfach ohne sie weiter zu beachten an Kol vorbei. Ich nahm Kols Hand und lächelte ihn freundlich an, was er glücklich erwiderte und wir gingen zu den anderen zurück. Ich schaute noch einmal zurück zu der Wand, wo jetzt wohl mein Name stand. Wir hatten nur die Namen Rebekah, Niklaus, Elijah und Mikael übersetzt, die anderen hatten wir nicht wirklich beachtet. Stand mein Name jetzt auch in der Zukunft da oder hatte er immer da gestanden? Ich konnte mich nicht wirklich daran erinnern. Kapitel 27: Der Preis --------------------- Kapitel 27: Der Preis „Am Anfang widersteht eine Frau dem Ansturm des Mannes, und am Ende verhindert sie seinen Rückzug.“ (Oscar Wilde) Elenas Sicht: Zusammen mit Kol baute ich an einer Angel. Ich hatte die Idee gehabt, das er doch auch einmal was anderes als jagen versuchen konnte, etwas wo er auch mit seinen Gedanken abwesend sein konnte. Es war nicht so, als wüsste er und seine Familie nichts vom fischen, doch trotzdem war er noch nie auf die Idee gekommen zu angeln. Allerdings war es schwerer als wir angenommen hatten, so etwas zu bauen. Gideon war bei Ayanna, die versprochen hatte gut auf ihn aufzupassen und mir versichert hatte, dass ich auch mal etwas Zeit für mich haben sollte. Nur nutzte ich die anders, als sie wohl angenommen hatte. „Tatia, komm mit! Du wolltest doch einmal sehen, wie meine Brüder kämpfen. Los, beeil dich!“, trieb mich Rebekah an und zog mich an der Hand mit, sodass ich keine Wahl hatte und alles einfach liegen ließ. Allerdings kam auch Kol mit. Elijah und Niklaus waren am Waldrand und ich sah mich um, dabei bemerkte ich dass niemand sonst da war, außer Henrik noch. „Vater ist auch nicht da“, flüsterte Rebekah mir ins Ohr und ich nickte verstehend. Ich hatte bereits verstanden, das sie versuchten alles vor ihren Vater zu verbergen, da sie für fast alles was sie taten, ärger bekamen und ich fand, das es oft dafür überhaupt keinen Anlass gab. Elijah und Niklaus umkreisten sich, bis auf einmal die Schwerter aufeinander prallten und ich erschrocken zusammenzuckte. Sie waren gut und es war anders, anders als alles was ich bisher gesehen hatte. Geschickt und beeindruckend, fast wie im Film, allerdings doch nicht vergleichbar, denn das war real und ich war sicher auch ein klein wenig gefährlich. „Scheint als hättest du ein paar Zuschauer für deine Niederlage gewonnen, Elijah“, meinte Niklaus grinsend und ich wusste nicht ob ich lachen sollte, denn irgendwie schien mir das doch ziemlich heikel zu sein. „Du meinst, sie werden dich bei deiner Niederlage trösten, da hast du sicher recht“, konterte Elijah und nun konnte ich mir doch ein Lächeln nicht verkneifen. Es war so surreal, sie kämpften, dann umkreisten sie sich wieder, was allerdings nur logisch war. Sie waren Menschen und das erkannte man spätestens daran, dass sie schwer atmeten. Noch oft zuckte ich zusammen und ich hatte Angst, dass etwas passierte. Was wenn sich einer von ihnen verletzte? Allerdings hatte Niklaus mir erzählt, dass sie das öfters machten. „Der Gewinner bekommt von Tatia einen Kuss“, beschloss Kol kurzerhand und mir klappte der Mund auf. Was redete er da? Elijah und Niklaus standen auch auf einmal still und schauten Kol fassungslos an. „Kol! Sowas kannst du nicht sagen!“, wies Rebekah ihn zurecht und Kol grinste nur dämlich, das es wieder einmal stark an Damon erinnerte. Damon. Ich schloss meine Augen und seufzte. „Von mir aus“, gab ich nach. Wieso nicht? Konnte doch nicht so schlimm sein, dem Gewinner einen kurzen Kuss zu geben. Es war nicht so als würde ich dadurch meine Würde verletzten, in der Zukunft hatten die beiden davon keine Ahnung, also würde es mich nicht verfolgen. Denn bei Niklaus späterem Ich konnte ich mir gut vorstellen, dass es ihn zu einem selbstgefälligen Grinsen verleiten würde. „Was?“, meinte Rebekah ziemlich überrascht und ich zuckte nur mit den Schultern. Niklaus lächelte Elijah jetzt schon selbstgefällig an und ich hoffte nur, dass ich es nicht bereuen würde. „Dafür gibst du den Verlierer dann einen Trostkuss“, flüsterte ich Rebekah ins Ohr, was sie zum kichern brachte. Immer noch mit einem mulmigen Gefühl besah ich, wie die Schwerter aufeinander prallten. Beide drückten gegeneinander, doch dann nahm Niklaus Elijahs Arm und verlagerte den Zusammenstoß, von vorne hinter seinen Kopf. Nicht einmal waren die Schwerter voneinander getrennt gewesen. Ich keuchte erschrocken, denn Niklaus hielt sein Schwert hinter seinem Hals und Elijah drückte dagegen. „Oh mein Gott!“, sagte ich erschrocken und wollte rufen das sie aufhören sollten, doch dann zog Niklaus sein Schwert weg. Elijah drohte nach vorn zu fallen und Niklaus drehte sich und sein Schwert lag nun an Elijahs Hals. „Du bist tot, Bruder“, meinte Niklaus grinsend und mir fiel ein Stein von Herzen. Die Situation hatte sich doch noch entschärft, dabei hatte ich einen kurzen Moment gedacht, dass Niklaus sterben würde. Sie steckten die Schwerter wieder weg. Kol schubste mich auf einmal nach vorn. „Na los!“, meinte er grinsend und jetzt verstand ich warum er von seinen Geschwistern immer geärgert wurde. Manchmal hatte er es wirklich verdient. Ich ging zögernd noch einen Schritt auf Niklaus zu, der mir aber, den Rest des Weges entgegen kam, mein Gesicht in seine Hände nahm und im nächsten Moment seine Lippen auf meine presste. Hätte mir jemand in der Zukunft gesagt, das ich jemals Niklaus freiwillig küssen würde, hätte ich ihn entweder geschlagen, verspotten oder gelacht und es als Witz hingenommen. Jetzt aber schloss ich meine Augen und ließ mich ein wenig fallen. Der Kuss war so, wie Niklaus auch in dieser Zeit war, ein wenig stürmisch und doch sanft. Ich merkte erst, dass ich mich auf Zehenspitzen gestellt hatte, als er wieder von mir abließ und ich irgendwie zurück sackte. Ich blinzelte ein wenig verwirrt, konnte mir aber ein leichtes Lächeln nicht verkneifen. Niklaus sah so glücklich aus, wie ich ihn noch nie zuvor gesehen hatte, weder hier noch in meiner eigentlichen Zeit. „Ihr könnt froh sein, das niemand sonst das gesehen hat“, meinte eine Stimme und ich wette ich lief scharlachrot an, als ich mich umwandte. Finn kam auf uns zu, er sah ernst aus, aber weder sauer noch fröhlich gestimmt. Ich sah zu Elijah und bemerkte wie er tatsächlich einen Kuss von Rebekah auf die Wange kam und wie sie ihn umarmte. Trotzdem schien es den Schmerz in seinen Augen nicht im Geringsten zu lindern. Auch diesen Blick hatte ich noch nie bei ihm zuvor gesehen. Mir kamen Niklaus und Elijah jetzt in der Zukunft so emotionslos vor, im Gegensatz zu hier, auch wenn Niklaus seine Gewaltausbrüche hatte, so hatte er nicht so ein breites Spektrum an Gefühlen wie in dieser Zeit. Sie lachten, waren fröhlich, hatten Spaß, verspürten Angst, fühlten Trauer, kämpften mit Wut und Eifersucht, ertrugen Schmerz und waren menschlich. Wie alle anderen spürten und fühlten sie. Gefühle. Sie waren wie alle Menschen ihren Gefühlen ausgeliefert. Es war nicht so einfach, wie es in der Zukunft den Anschein machte. Niklaus sah mich mit brennendem Blick, doch ich wich diesen aus, konnte seine Gefühle nicht ertragen. Noch nie hatte ich so mit ihm zu kämpfen gehabt, mit mir zu kämpfen. Denn ich schaffte es nicht mehr das Monster in ihm zu sehen. Er verschwamm immer mehr zu dem menschlichen Mann vor mir und das machte mir Angst. Elijah mochte ich, in jeder Zeit. Bei Niklaus hatte ich aber so viel Energie darauf verschwendet ihn zu hassen. Wenn ich damit aufhören würde, was bliebe mir dann noch übrig? Ich wandte mich von ihren Blick ab, von Elijahs, als auch Niklaus. Mit Kol kehrte ich zu unserer alten Beschäftigung zurück, doch ich wusste dass nichts mehr so war, wie zuvor. Kapitel 28: Kein Zurück? ------------------------ Kapitel 28: Kein Zurück? „Gott ist der Freund des Schweigens. Schau, wie Bäume, Blumen und Gräser in der Stille wachsen. Schau wie Sterne, Mond und Sonne in der Stille ihre Bahn ziehen.“ (Mutter Teresa) Elenas Sicht: Ich sah Ayanna bangend bei ihren Beschwörungsformeln zu oder was immer sie auch da tat. Was es auch war, was sie auch tat, ich hoffte so sehr das es funktionierte. Irgendwie stieß mein Wunsch zu meiner Rückkehr, gegen den Wunsch mich um Gideon zu kümmern. Doch ich wollte so sehr von hier weg, ich wollte so sehr von hier fliehen. Denn ein neues Gefühlschaos ergriff mich und aus Erfahrung wusste ich, dass das nichts Gutes bedeutete. In der Zukunft würde ich dieses Problem kaum haben. Niklaus würde mich so enttäuschen, dass Gefühle für ihn völlig irrelevant wären und Elijah war immer noch in einen Sarg gesperrt. Es war also fast unmöglich da schwach zu werden. Anders als hier, wo Niklaus und Elijah begonnen hatten um meine Zuneigung zu kämpfen. Ayanna ließ die Hände sinken und endete mit ihrem Zauberspruch oder was auch immer das war. Konnte es sein das sie enttäuscht aussah? Hatte es etwa nicht geklappt? „Die Geister sagen dass es nichts gibt, das dich zurückschicken kann, solange du nicht das gefunden hast, weswegen sie dich hierher schickten. Du bist also aus einem bestimmten Grund hier, um eine…“ „… Erkenntnis zu gewinnen“, beendete ich geschockt ihren Satz. Meine wahre Liebe, sie hatten mich hierher geschickt wegen meiner wahren Liebe. Irgendwie hatte ich mir das aber von Anfang an anders vorgestellt, etwa so dass ich ein Bild von ihm sehen würde oder sowas in der Art. Ayanna nickte zustimmend. „Solange ist dir der Rückweg nicht gewehrt“, erklärte sie mir und mit geweiteten Augen sah ich sie erschrocken an. Das konnte doch nicht tatsächlich möglich sein. „Bist du sicher, Anna? Woher wollen die Geister das überhaupt wissen? Es dürfte sie doch noch nicht einmal geben! Ich bin aus der Zukunft!“, versuchte ich mich an diesen Strohhalm zu klammern, doch wie Ayanna den Kopf schüttelte, kam mir das Urteil ziemlich erbarmungslos vor. Als würde ich wirklich nichts mehr daran ändern können. „Zeit ist relativ, Tatia. Für Geister hat sie keinerlei Bedeutung. Sie sind allgegenwertig.“ Ein Urteil das gar nicht härter sein konnte. Was sollte ich also tun? Durch diese Zeit streifen bis ich meine wahre Liebe traf? Vielleicht aber hatte ich sie bereits gefunden und ich wusste es nur noch nicht, vielleicht musste ich es mir einfach nur eingestehen. Die Bilder von Elijah und Niklaus verfolgten mich in dem Moment. Oh nein! Konnte ich dem Liebesdreieck zwischen zwei Brüdern denn nie entkommen? War das mein verfluchtes Schicksal? Wieso nur? Was hatte ich, so schlimmes verbrochen, dass ich das verdient hatte? Wieso konnte es nicht einfach Damon sein? Wieso konnte es nicht einmal einfach sein? „Weißt du wieso du hier bist, Tatia?“, fragte Ayanna eindringlich nach. Schwer nickte ich, konnte selbst nicht glauben, dass es so war. Ich hatte gedacht, dass es eine Art Unfall war, das Bonnie irgendetwas falsch gemacht haben musste und ich deswegen hier war. „Ich glaube, ich habe selbst darum gebeten. Aber nie hätte ich geglaubt, dass die Antwort so aussehen würde. Ich hatte mit etwas anderem gerechnet.“ Ich hatte gehofft, ich war so naiv gewesen, zu glauben dass mir meine Entscheidung abgenommen wurde. Doch wie um mich zu verhöhnen, stand ich nun vor einer neuen. Ich entkam den ganzen nicht mit einem Trick. Ich konnte mich nicht mit Magie aus der Sache herauswinden. Irgendwas musste ich tun, um wieder zurückzugelangen. Meine wahre Liebe finden. Sauer schlug ich mit der Faust auf den Tisch und fluchte: „VERDAMMT NOCH MAL!“ Mein Schrei löste ein Weinen aus und sofort bekam ich Schuldgefühle. Schnell ging ich zu der Krippe, in der Gideon weinte. Vorsichtig und sanft nahm ich ihn in meine Arme. „Pss… es tut mir leid mein Kleiner. Ich hatte dich nicht aufwecken wollen. Mama wollte nicht schreien, es ist so über sie gekommen. Bitte weine nicht mein Schatz, alles ist in Ordnung.“ Beruhigend strich ich ihn über seinen Kopf und küsste ihn auf die Stirn. „Stille, stille kein Geräusch gemacht darum seid nur alle still weil mein Kindchen schlafen will Stille, stille kein Geräusch gemacht“ Leise sang ich für ihn und er beruhigte sich wieder, während mir selbst Tränen aus den Augen liefen, die ich zu trocknen versuchte. Was wäre wenn ich meine wahre Liebe tatsächlich fand? Dann musste ich zurück und Gideon wäre hier ganz allein. Ich konnte doch mein Kind nicht einfach zurücklassen. Was für eine Mutter würde ich dann sein? So etwas Schreckliches konnte ich nie und nimmer tun. Allerdings, wenn ich hier bleiben würde, wäre es wohl unausweichlich irgendwann für mich zu erkennen, wer meine wahre Liebe war und dann würde ich zurück gelangen. Es war ein Teufelskreis in dem ich mich befand und in dem ich gefangen war. Für was ich mich auch entschied, einer würde leiden müssen und ehrlich gesagt, ich würde wohl in beiden Fällen leiden müssen. „Bitte, Ayanna. Du musst mir helfen!“, flehte ich in ihre Richtung und obwohl sie mich mitleidig ansah, schüttelte sie bedauernd den Kopf. „Es tut mir leid, aber ich kann nichts tun. Das ist etwas, was du ganz allein zu entscheiden hast. Es ist nichts, was dir jemand auf der Welt abnehmen könnte.“ Weitere Tränen rannten meinen Wangen herunter, während mich ihre Worte erbarmungslos zu Fall zu bringen drohten. Ich war verloren. Ich wusste nicht was zu tun war. Ich wusste nicht wie ich mich entscheiden sollte, so das auf allen Seiten etwas Gutes dabei herauskam. Mein Herz wurde erdrückt, wenn ich an das unschuldige Lachen der beiden Brüder dachte. Das durfte einfach nicht sein. Aber jetzt verstand ich wovor Bonnie mich gewarnt hatte. Es gab kein Zurück und die Stille die mich hier erfasste, drohte mich zu zerstören. Denn wenn ich weiter schweigen würde, dann ginge alles kaputt. Kapitel 29: Das Versprechen --------------------------- Kapitel 29: Das Versprechen „Jedes Versprechen ist eine Schuld.“ (Sprichwort) Finns Sicht: Tatia sah so bedrückt aus, das es mich ihre Sorge selbst zerriss. Nur wusste ich nicht was es war, das sie in diese düstere Stimmung versetzte. Sie saß hier bei mir mit ihrem Kind und schaute dabei die ganze Zeit auf Gideon, als müsste sie aufpassen, dass man ihn nicht aus ihren Armen riss. Was brachte sie nur zu diesem Verzweifelten Blick. Sie wünschte sich von mir, dass ich für ihr Kind ein Mobile bastelte. Erst hatte sie mir erklären müssen, was es war, eine Art Windspiel, das man über die Wiege eines Kindes hing. Irgendwie war das wirklich ein netter Gedanke, aber sie schien sich wenig darauf zu freuen, was überhaupt nicht zu ihr passte. „Also gut, was bedrückt dich so?“, fragte ich nach, als ich diese Stille nicht mehr aushielt. Sonst würde sie mir tausend Dinge erzählen, wovon sie selbst die meisten als unwichtig deklarierte, aber jetzt kam kein Wort über ihre Lippen. Nicht eines über ihren Sohn und das war wahrlich nicht normal. Fragend sah sie zu mir auf und ich stockte von dem verborgenen Schmerz, den ich in ihren Augen sah. Geschockt ließ ich das Holzstück sinken, an dem ich gearbeitet hatte und ging auf sie zu, um ihr eine Hand auf die Wange zu legen. „Tatia, was hast du? Was ist mit dir los? Ist etwas passiert?“, fragte sie und auf einmal liefen stille Tränen über ihr Gesicht, sie machte kein Geräusch, schluchzte nicht, so als wäre sie bereits an das Salzwasser in ihrem Gesicht gewohnt. Sie wischte sich mit dem Handrücken über das Gesicht. „Du magst doch Gideon, richtig?“, fragte sie nach. Verwirrt von dem was sie wieder redete, runzelte ich die Stirn, weil sich mein Verständnis für sie wieder einmal entzog. „Natürlich, Tatia, aber das weißt du doch.“ Weitere Tränen rannten aus ihren Gesicht und ich wusste nicht was ich sagen sollte, um sie zu trocknen. „Wenn mir etwas zustoßen würde, wenn ich sterben würde…“ „Tatia, was redest du da?“, fragte ich und meine Stimme wurde lauter, wütender. Doch damit verursachte ich nur noch mehr glitzernde Tränen in ihren Augen, was mir wieder weh tat. Sofort nahm ich entschuldigend ihre Hand und küsste diese. „Es tut mir leid, Tatia. Das wollte ich nicht. Aber bitte sag mir was du meinst. Du machst mir langsam wirklich Angst.“ Mein Bauch rumorte und irgendwie ahnte ich schlimmes, nur wusste ich nicht wieso. „Ich weiß es nicht“, sagte sie auf einmal hilflos und ihre Stimme wurde heiser und verlor sich. Ich musste mir wirklich Mühe geben, ihren nächsten Worten zu lauschen, da sie so leise sprach. „Ich hab einfach nur so ein Gefühl. Ein ganz schreckliches Gefühl, das etwas passieren wird, das ich nicht aufhalten kann.“ Verständnislos sah ich das Mädchen an, das für mich wie eine Schwester geworden war und deren leiden ich genauso wenig mit ansehen konnte, wie das von Rebekah. „Würdest du mir etwas versprechen?“, fragte sie hilflos und flehend, dass ich nicht anders konnte als zu nicken. Wie könnte ich ihr etwas in diesem Moment abschlagen? Ich wusste es nicht. „Wenn mir etwas zustoßt und ich nicht mehr da sein sollte, dann muss jemand auf Gideon aufpassen. Ich habe solche Angst, dass er dann ganz allein sein würde. Ich bitte dich, sei du derjenige der sich um ihn kümmert. Würdest du mir das versprechen? Ich weiß es ist viel verlangt und…“ Ich unterbrach sie, in dem ich sie auf die Stirn küsste. „Ist schon gut, Tatia. Du musst nicht weiterreden, ich weiß du meinst. Ich verspreche es dir. Nein, ich schwöre dir, das ich mich immer um Gideon kümmern werde.“ Sprachlos und immer noch gefangen in ihrer Verletzlichkeit sah sie mich an. „Allerdings glaube ich, dass niemand sich so gut um ihn kümmern könnte, wie du. Bitte versprich mir, was dich auch aufgeregt hat und dich zu solchen Gedanken veranlasst hat, bitte denk einfach nicht mehr daran. Nichts wird passieren. Du wirst Gideon aufwachsen sehen und die beste Mutter für ihn sein, die alle hier je gesehen haben“, versicherte ich ihr. Dafür brauchte sie sich keine Mühe zu geben. Das war sie jetzt schon. Ich glaubte, sie gab sich nicht einmal Mühe, es kam alles so natürlich herüber, das man glauben konnte, das es einfach ihre Bestimmung war, sich um andere zu kümmern. „Was, wenn nicht?“, flüsterte sie angsterfüllt. Ich schüttelte den Kopf. Sie hatte wirklich Angst davor, nicht zu sterben, sondern Gideon allein zu lassen. Das war… selbstlos. „So wird es nicht sein. Aber falls und nur falls, denn ich glaube nicht daran, dann werde ich mich um ihn kümmern und auf ihn aufpassen“, versprach ich ihr aufrichtig. Sie weinte immer noch, still vor sich hin, aber einen kleinen Hoffnungsschimmer hatte ich ihr tatsächlich in die Augen zaubern können. Ich konnte sie nicht leiden sehen. Sie war doch meine Schwester. „Besser?“, fragte ich und wischte noch einige ihrer Tränen aus dem Gesicht. Sie nickte leicht und wischte sich selbst über die Wangen. „Ein wenig“, antwortete sie mir noch immer mit gebrochener Stimme. Noch eine Weile sah ich sie an, bevor ich ihren Wunsch wieder nachkam und das Mobile für sie bastelte. Es war nicht wirklich eine schwierige Aufgabe, aber ein wenig Zeit kostete sie schon. Ich hatte mir überlegt als Figuren, Sonne, Mond und Sterne zu schnitzen. Tatia mochte die Idee, besonders weil sie den Nachthimmel liebte. Ich hoffte sie war nicht so oft draußen unterwegs, um ihn zu sehen, wie ich es befürchtete und ihr zutrauen würde. Sie hatte mehr Mut, als für ein Mädchen wirklich gesund sein konnte. Sie war stark und zerbrechlich. Beides in sich vereint. Es war eine Sache, die sie nur noch viel liebenswerter machte, als sie ohnehin schon war. Ich fand ihre stärkste Eigenschaft allerdings war, dass sie keine Angst hatte ihre Gefühle zu zeigen, weder Zuneigung, noch Schmerz oder Trauer. Sie war offen mit dem was sie tat und trug ihr Herz nach außen. Es war etwas, wo wir noch von ihr lernen konnten. Jetzt war das Mädchen was ich bewunderte, allerdings voller Angst. Ich konnte und wollte mir einfach nicht vorstellen, dass es tatsächlich etwas gab, das sie verletzten konnte, das sie von dieser Welt nehmen sollte. Sie hatte das nicht verdient, nicht sie. Doch trotzdem ließ mich nun der Gedanke nicht mehr los, das ihr etwas zustoßen konnte, das sie womöglich sterben würde, ohne dass ich die Chance besaß, etwas dagegen zu unternehmen. Ein Bild fuhr mir in meinen Kopf, in dem ich ihr Kind in meinen Armen hielt, während ich zusammen mit Gideon ein Schiff aufs Wasser hinaus schickte, auf den weitere schon unterwegs waren. Nein, sowas konnte nicht passieren. Tatia hatte wahrscheinlich einfach nur schlecht geträumt und daher kam ihre Angst. Ich blickte zu ihr und sah wie verloren sie auf ihr Kind sah. Zu dem Zeitpunkt wusste ich noch nicht, dass mich dieses Versprechen für immer verfolgen sollte. Das Tatias angsterfüllte Worte Wirklichkeit werden würden. … und das mich dieser Moment für den Rest meines Lebens verfolgen sollte. Kapitel 30: Endlich Besuch -------------------------- Kapitel 30: Endlich Besuch „Wer Engel sucht in dieses Lebens Gründen, der findet nie, was ihm genügt. Wer Menschen sucht, der wird den Engel finden, der sich an seine Seele schmiegt.“ (Christoph August Tiedge) Elijahs Sicht: Zwar hatte ich endlich den Mut gefunden, ja wahrlich war es das was mir bis dahin gefehlt hatte, hierher zu kommen, doch konnte ich mich nun kaum überwinden zu klopfen. Dabei wollte ich sie sehen… Ich wollte es so sehr… Sie zu sehen, gab mir mehr Kraft, als irgendetwas anderes im Leben. Ich liebte ihr Haar, ich liebte ihr Lächeln, ihr Lachen, ihre Stimme und nur zu gern lauschte ich ihren Worten, denn alles an ihr konnte einen verzaubern. Auf einmal spürte ich einen Körper hinter mir und etwas versperrte mir meine Sicht. Hände hinderten mich daran zu sehen. Mein Herz schlug höher und auch ohne ihre Stimme hätte ich sagen können wer sie war. „Wer bin ich? Rate!“, forderte sie mich voller Fröhlichkeit auf. Mein Körper geriet unter ihrer süßen Stimme in Panik und ich konnte nicht anders als zu lächeln. Ihre Anwesenheit konnte einen wahrlich zu so einer Geste zwingen. „Ich schätze Kol. Nur er würde auf solche Ideen kommen“, befand ich und hörte ihr Kichern. „Schön dass du mich endlich besuchen kommst“, flüsterte sie mir ins Ohr und ließ dann wieder von mir ab. Ich drehte mich zu ihr um und stockte erst einmal, wie ich es eigentlich schon gewohnt war. Sie stand da, mit verschränkten Händen hinter dem Rücken, in ihrem grünen Kleid und ihren langen braunen offenen Haaren. Ihre warmen braunen Augen sahen mich an. „Womit habe ich diesen Besuch verdient? Oder kommst du einfach nur um mich zu sehen?“, fragte sie hoffnungsvoll und ich konnte das einfach nicht bestreiten. Wenn sie es wollte, wieso sollte ich es dann bestreiten? Deswegen nickte ich nur langsam. Lächelnd legte sie den Kopf schief und betrachtete mich fast schon nachdenklich. Zu gern würde ich an ihren Gedanken teilhaben. So oft war dieser Wunsch in mir, zu wissen was sie dachte, zu wissen was sie fühlte. Tatia konnte ausgesprochen geheimnisvoll sein. Sie nahm meine Hand und zog mich mit sich, wobei ich die ganze Zeit nur auf unsere Hände schauen konnte, die ineinander verschränkt waren. „Ich zeig dir was tolles“, meinte sie begeistert und zog mich hinter das Haus. Sie ließ meine Hand los und drehte sich begeistert im Kreis. „Ist das nicht wundervoll?“, fragte sie und staunend betrachtete ich die vielen Sonnenblumen, die sie gegenüber den Kräutern gepflanzt hatte. Allerdings hatte sie einen kleinen Durchgang freigelassen, sodass man mitten hineingehen konnte. „Wieso hast du Sonnenblumen gepflanzt?“, fragte ich verwirrt, da sie doch sonst einfach nur auf dem Feld wuchsen. Doch sie hatte mehrere ausgebuddelt und sie alle hierher an einen Fleck gepflanzt. Lächelnd sah mich Tatia an. „Ganz einfach weil sie hübsch sind, Elijah. Manche Dinge müssen keinen Sinn haben, sie sollen einfach nur schön sein und unser Herz erfreuen. Wenn wir alles nur tun würden, weil es einen Grund haben soll, dann wäre das Leben wirklich viel zu traurig“, erklärte sie mir ehrlich ihre Gedanken. Ich dachte darüber nach und musste lächeln, als ich sie mitten zwischen all den Sonnenblumen sah, die so fröhlich aussahen, wie es sonst nur Tatia sein konnte. „Was haben sie für eine Bedeutung?“, fragte ich nach und sie blinzelte verwirrt mit den Augen. „Du magst doch Dinge die eine Bedeutung haben, nicht wahr?“ Die Frage war überflüssig, weil eigentlich hatte sie das schon so oft gesagt. Sie fand hinter Namen eine Bedeutung, hinter Blumen und Bäumen, sogar hinter Farben. Fröhlich nickte sie. „Das stimmt. Sonnenblumen stehen für Wachstum und Entwicklung. Sie können über ein Meter groß werden! Blumen sind sonst immer eigentlich nur klein und zerbrechlich“, meinte sie und da hatte sie irgendwie Recht. Blumen waren tatsächlich immer klein. „Sind es deine Lieblingsblumen?“, fragte ich nach und deutete dabei auf die Sonnenblumen. Sie presste ihre Lippen zusammen und ich hatte das Gefühl, das sie wieder eine Erinnerung überfiel, weswegen sie mit ihren Gedanken abdriftete. „Eigentlich schon. Meine Mutter hat gesagt, Sonnenblumen strahlen so viel Wärme und Fröhlichkeit aus, das sie dir in traurigen Momenten mehr denn je ein Lächeln aufs Gesicht zaubern. Allerdings fiel mir das immer etwas schwer. Ich kann nicht lächeln, wenn ich traurig bin. Ich würde dann einfach nur weinen“, gab sie zu. Sie lächelte leicht traurig und ich wusste nicht, ob sie jetzt weinen würde. „Bist du jetzt glücklich?“ Ich wusste nicht, wie diese Frage meine Lippen überkam, aber ich wollte es wirklich gerne wissen. Würde sie jetzt weinen wollen? Ich hatte sie so oft lachen sehen, dass ich nicht wusste wie Tränen bei ihr aussahen. Doch ich ahnte, dass ich sie kaum würde ertragen können. „Es gibt Momente von dem einen, als auch von dem anderen. Im Augenblick hab ich aber nichts zu bemängeln“, eröffnete sie mir und ihre Augen funkelten durch die Sonne golden. „Tatia, ich wollte…“ Doch da kam Ayanna aus dem Haus und hatte Tatias Sohn auf den Armen. „Tatia, Gideon weint. Ich bekomm ihn nicht zur Ruhe“, erklärte sie und Tatia gab mir einen bedauernden Blick, bevor sie an mir vorbei ging und ihr Kind in ihre Arme nahm. „Es tut mir leid, Elijah. Auf Wiedersehen?“, fragte sie vorsichtig und ich konnte nur nicken und sah wie sie mit Ayanna und ihrem Sohn auf den Armen nach drinnen verschwand. „Tatia, ich wollte dir sagen, das ich dich mehr als alles andere auf der Welt liebe. Ich wollte dich bitten meine Frau zu werden und bitte dich mir zu erlauben, der Vater für dein Kind zu sein“, beendete ich die Worte, in denen mich Ayanna unterbrochen hatte. Seufzend fuhr ich mir durch die Haare und machte mich dann auf den Weg zurück nach Hause. Ich musste es doch irgendwie schaffen ihr zu sagen was ich fühlte. Sonst würde ich ewig mit dieser quälenden Leere leben müssen, die ich fühlte, wenn sie nicht bei mir war. Oder, noch schlimmer, ich würde mit ansehen müssen, wie sie und Niklaus zusammen glücklich waren. Mich zerfraß jetzt bereits die Wut, wenn ich daran dachte, wie sie sich geküsst hatten. Zum ersten Mal in meinem Leben hatte ich meinen Bruder mehr als alles andere gehasst und ihn etwas missgönnt. Ich liebte Tatia, aber ich wusste dass er es genauso tat. Wie konnte es auch nicht sein? Unter all den Menschen, die es gab, war sie einfach nur ein Engel mit einem besseren Charakter als ich es mir zu erträumen wagte. Ich wollte mit ihr zusammenleben, sie heiraten, sie lieben und ehren. Ihr zusehen, wie sie Gideon und unseren Kinder etwas vorsingen würde. Einfach mir ihr jeden Tag unseres Lebens zusammen zu sein. Es war ein Traum, eine Vorstellung, die ich unbedingt wahr werden lassen wollte, denn es war mein größter Wunsch. Bei ihr zu sein, für die all die Zeit, die uns die Welt gab. Kapitel 31: Andere Zeiten, andere Zeichen ----------------------------------------- Kapitel 31: Andere Zeiten, andere Zeichen „Nachdem Gott die Welt erschaffen hatte, schuf er Mann und Frau. Um das Ganze vor dem Untergang zu bewahren, erfand er den Humor.“ (Guillermo Mordillo) Rebekahs Sicht: Ich schaute immer wieder zu Tatia, doch sie schien fast normal zu sein, eben so normal wie sie nun mal war, also auch nur fast. Doch ich wartete auf eine Veränderung, eigentlich jetzt schon seit Wochen. Ich meine konnte sie es so gut verbergen oder war wirklich nichts zwischen ihr und meinen Brüder passiert. Tatia bemerkte meinen Blick und legte die Kartoffel und das Messer weg. „Gut, ich werde drauf eingehen. Was ist los, Becky? Wieso siehst du mich so?“, fragte meine beste Freundin nach. Tatia war meine beste Freundin, vielleicht lag das auch daran, dass sie meine einzige Freundin war, aber ich war sicher das es keine Rolle spielte, auch wenn ich noch andere Freundinnen gehabt hätte, wäre sie sicher meine beste Freundin von allen. Ich legte den Kopf schief und betrachtete sie. Sie schien wirklich ahnungslos zu sein, vielleicht war tatsächlich noch nichts geschehen. „Hat einer meiner Brüder dir schon einen Heiratsantrag gemacht?“, fragte ich ganz offen nach. Tatias Gesichtszüge entglitten, wie ich es bisher noch nie zuvor bei ihr beobachtet hatte. Gut das sie nichts um Mund hatte, das hätte sie wohl ausgespuckt und wenn sie was in der Hand gehabt hätte, dann hätte sie es wohl in diesem Augenblick fallen gelassen. Entsetzt sah mich Tatia an. „Wie kommst du auf diesen Gedanken?“, fragte sie, als wäre das undenkbar, dabei war es das ganz und gar nicht. Jeder würde auf diesen Gedanken kommen und jeder der sah, wie meine Brüder sie ansahen und sie behandelten, wusste dass das eine unausweichliche Folge sein würde. Natürlich würden sie das machen, es war nur eine Frage der Zeit. „Weil meine Brüder dich lieben, alle. Zwar Finn und Kol nicht auf diese spezielle Weise, aber auf jedenfall Elijah und Niklaus. Weißt du Tatia es ist nur logisch, dass sie dir einen Antrag machen werden. Welchen von beiden wirst du annehmen?“, fragte ich begeistert nach. Ich versuchte mir eine Hochzeit vorzustellen, einmal mit Elijah und Tatia und einmal mit Niklaus und Tatia. Beide würden bestimmt wunderschön werden. Das Problem was das ich in diesem Fall für keinen von beiden Partei ergreifen würde, sie beide waren meine Lieblingsbrüder. Ich wüsste keinen den ich Tatia empfehlen würde. Sie allerdings schüttelte den Kopf. „Du redest doch Unsinn, Becky. Auch wenn die beiden mich so mögen würden, dann würden sie mir doch deswegen keinen Antrag machen“, sagte sie überzeugt. Ich gab ihr eine Kopfnuss, weil zum ersten Mal, fand ich, dass sie eine verdient hatte, wegen ihrer Uneinsichtigkeit. „Du bist doch so klug, Tatia. Aber von Männern scheinst du keine Ahnung zu haben. Sie werden dir auf jedenfall einen Antrag machen. Ich hätte nur nicht gedacht, dass sie so feige sind, dass sie es noch nicht getan haben. Bitte verrate mir, wen von beiden magst du mehr? Für wen wirst du dich entscheiden?“ Doch Tatia machten meine Worte anscheinend nur noch fassungsloser, denn sie sah mich weiterhin ungläubig an. Wie konnte sie nicht glauben, dass die beiden sie liebten? Wie konnte das nicht eindeutig genug sein? Ich verstand nicht, wie sie das Werben der beiden übersehen konnte. „Ich… ich…“ Sie schien nicht zu wissen was sie sagen wollte, dabei war sie doch sonst immer so mutig und klug. „Du glaubst wirklich, dass ihre Liebe zu mir so stark ist, dass sie mir einen Heiratsantrag machen?“, fragte sie nach, als wollte sie sich meiner Worte noch einmal vergewissern. Sofort nickte ich, vollkommen überzeugt und sicher. „Aber natürlich! Was sollten sie auch sonst machen? Sie wollen mit dir für immer zusammen sein. Das weiß jeder, sogar unsere Eltern. Du glaubst nicht wie oft sich die beiden streiten“, erzählte ich ihr. Ihre Kämpfe waren manchmal sogar nicht mehr schön mit anzusehen. So oft verletzten sie sich gegenseitig. „Ich… ich… ich hab einen Sohn“, meinte sie dann, als würde es eine Rettung sein. Wieso sollte sie das wollen? Sie war doch jung, für immer allein zu sein, nur weil sie ihren Mann verloren hatte, stellte ich mir schrecklich vor. „Aber sie lieben dich trotzdem so sehr. Glaub mir doch! Sie werden dich auf jedenfall fragen!“ Darauf würde ich jede Wette abschließen. Erwartungsvoll sah ich sie an, auf ihre Antwort war ich mehr als alles andere gespannt. „Also…?“, fragte ich und zog das Wort extra lang. Nichts interessierte mich mehr als eine Antwort darauf, wen von meinen Brüdern sie vielleicht liebte. Sie sah mich unsicher an und ich hoffte sie würde es nicht erstmal noch bestreiten und nach weiteren Argumenten dafür suchen, dass das unmöglich war. „Ich weiß nicht…“, sagte sie dann so unsicher und verloren. Tatia zwischen meinen Brüdern, die sie beide liebten, das war so spannend und eigentlich wollte ich fast gar nicht dass das endete. Irgendwie hatte es sowas natürliches an sich. „Oder…“ Wieder zog ich das Wort extra lang. „Es wird eine interessante Dreiecksgeschichte, für die, die Menschen nie Toleranz zeigen, aber die sie doch immer so interessiert.“ Tatia kniff die Augen zusammen und sah mich fast schon böse an, wie als war ich ein kleines Kind, das sie belehren musste. Ehrlich gesagt hatte sie gerade den Blick meiner Mutter drauf. „Ich hoffe für dich das ist ein schlechtgemeinter Scherz. Sonst werde ich diejenige sein, die dir eine Kopfnuss gibt!“, versprach sie mir und ihre Stimme ließ keinen Zweifel daran, dass sie ihre Worte bitter ernst meinte. Sicher, es war ein dummer Gedanke und ich wünschte mir fast, dass es sie zweimal geben würde, damit keiner meiner Brüder unglücklich sein musste. Ein Geräusch von draußen holte mich aus meinen Gedanken, es war wie ein Krachen, als würde etwas zu Bruch gehen. Tatia und ich blickten uns kurz an, dann eilten wir auch schon hinaus. Dort sahen wir wie Niklaus und Kol sich prügelten. Niklaus war in letzter Zeit mehr denn je voller Wut, die er versuchte zu unterdrücken, aber die ihn doch manchmal überwältigte. Und Kol hatte nun einmal das einzigartige Talent andere zu provozieren. Manchmal war er so schüchtern, aber seine viel lockeren Sprüche verließen doch immer seine Lippen. „Niklaus! Kol!“, rief Tatia völlig entsetzt, die sowas anscheinend noch nicht gewohnt war. Irgendwie war ich nur froh, dass es diesmal nicht Elijah und Niklaus waren, die aneinander geraten waren. Immer wieder schlugen sich meine Brüder mit geballten Fäusten ins Gesicht. Niklaus fasste Kol am Kragen und stieß ihn gegen unsere Hauswand. Niemand schien hier zu sein, um einzugreifen. Tatia ging auf die beiden zu, wie selbstverständlich ging sie dazwischen, hielt Niklaus Faust auf, die auf Kol zuzurasen drohte. „Klaus, bitte hör auf!“, flehte sie und zum ersten Mal seit langem, benutzte sie den Spitznamen, der ihr am Anfang immer rausgerutscht war. Doch dann hatte sie ihn beim richtigen Namen genannt, jetzt allerdings gerade nicht. Niklaus Augen weiteten sich entsetzt und er sah Tatia erschrocken an. Sicher hatte er nicht gewollt, dass sie ihn so sah. Geschockt wich er einen Schritt zurück und schaute dann betreten zu Boden. Tatia wandte sich an meinen Bruder Kol, zog ihn hoch und betrachtete besorgt sein Gesicht. „Kol, bist du verletzt?“, fragte sie eindringlich und auch ängstlich. Mein Bruder sah ganz verwirrt aus, flüchtete aber in die Umarmung, die sie ihm gab. Wie eine Schwester strich sie ihm besorgt durch die Haare. Sollte ich nicht an ihrer Stelle sein? Eigentlich musste ich mich doch um meinen Bruder kümmern und besorgt in sowas einschreiten. Ich ging zu Niklaus, wollte ihn in den Arm nehmen, doch er wich vor meiner Berührung weg, sah nur entsetzt auf seine Hände und dann zu Kol und Tatia. Er musste Schuldgefühle haben und noch größere, weil Tatia es gesehen hatte. „Geht es dir gut, Kol?“, fragte Tatia meinen Bruder wieder und der nickte nur leicht. Er sah sie fragend und verwirrt an. „Wieso bist du auf meiner Seite?“, fragte er nach, konnte es wohl nicht verstehen. Stimmt, eigentlich müsste sie doch auf seiner Seite sein. Mutter war immer auf Vaters Seite, so war das einfach. Tatia müsste doch dann auf Elijahs und Niklaus Seite sein, egal wie sehr sie Kol mochte. „Ich werde immer auf deiner Seite sein, Kol, solange du das verdient hast oder der bist, der am meisten benachteiligt ist“, versicherte sie ihm. Sie war fair. Tatia war nur fair. Ich sah wie sich Niklaus, enttäuscht von sich selbst, abwandte. Kapitel 32: Offen für dich -------------------------- Kapitel 32: Offen für dich „Ihre Schmerzen, sind meine Schmerzen. Ihr Glück, ist mein Glück. So wünsche ich mir, das ihr Herz mein Herz sein wird, so wie meines ihres schon längst ist und das ihre Liebe, meine sein wird, so wie meine Liebe nur ganz allein ihr gehört.“ (RoseAkaShi) Niklaus Sicht: Ich war so dumm. Ich hätte das nicht tun sollen. Wieso war ich nur so sehr wegen Kols Bemerkungen ausgerastet? Eigentlich müsste ich seine dummen Sprüche doch langsam bereits gewohnt sein. Was hatte mich also dazu veranlasst, so aus der Haut zu fahren? Allerdings regte mich alles auf, was mit Tatia zu tun hatte und von Kol als Feigling beschimpft zu werden, half da nicht gerade besonders ins Gegenteilige. Als ich sah, wie Tatia dabei war wieder nach Hause zu gehen, folgte ich ihr. „Tatia, bitte warte!“, rief ich ihr hinterher und lief ihr nach, während sie den Hügel hinauf ging. Sie drehte sich verwirrt zu mir um und ihr Gesicht wurde sofort ernst. „Bitte, Tatia. Ich will… ich möchte mich bei dir entschuldigen.“ Sie schüttelte den Kopf und mein Herz setzte in dem Moment vor Entsetzen aus. Würde sie mir nie vergeben? „Das ist nicht nötig. Es war nicht ich, die du geschlagen hast“, erklärte sie und wollte weiter gehen. Schnell eilte ich ihr hinterher, fasste nach ihrem Arm, um sie aufzuhalten. „Bitte, Tatia. Ich bitte dich, ich kann es nicht ertragen, wenn du sauer auf mich bist. Ich könnte es nicht ertragen, wenn du mich hasst…“, flüsterte ich. Nicht sie. Alles auf der Welt mochte ich ertragen, von mir aus auch für immer die Missachtung meines Vaters, doch nicht das. Wie sollte ich damit leben können, dass das Mädchen, das ich über alles liebte, mich hasste? Das konnte nie und nimmer eine Option sein. Das durfte es nicht. Ihr Blick fiel zu Boden und ich hoffte so sehr, dass sie mich nicht hasste. Ich wollte doch, dass sie mich liebte. Ich vergötterte sie so sehr und ich wünschte mir mehr als alles andere, dass sie meine Gefühle erwiderte, damit wir unser Leben zusammen verbringen konnten. Ich wollte für immer mit ihr zusammen sein. „Ich hasse dich nicht, Niklaus. Ich glaube das ich das gar nicht kann“, erklärte sie mir und mein Herz schwoll vor Hoffnung an. „Aber das was du getan hast, es hat mich verletzt und ich bin sicher, Kol genauso. Er ist dein Bruder! Das ist wichtig! Es sollte keinen Grund auf der Welt geben, weswegen du das vergisst und ihn so verletzt. Familie über alles.“ Ich schluckte. Wieso musste sie immer nur so klug sein, das es alle anderen schockierte, weil man nicht bestreiten konnte, dass sie die Wahrheit sagte? „Ich… du…“, versuchte ich hilflos mich zu erklären. Tatia schüttelte traurig den Kopf und der Schmerz in ihren Augen zwang mich einen Schritt zurückzutreten. „Bitte, sag nicht, dass ich der Grund war. Bitte Niklaus, versprich mir mich nie zu dem Grund zu machen, einen anderen zu verletzen, wenn er es nicht verdient hat und schon gar nicht deinen Bruder.“ Sie kam auf mich zu und nahm meine Hand in ihre. „Bitte, Nik! Versprich mir nur das!“, flehte sie. Ich schluckte und langsam nickte ich auf ihre bitte. Wie sollte ich es jemals schaffen, dieser Frau einen Wunsch zu verwehren? Es war einfach unmöglich. „Ich versprech es“, sagte ich ehrlich. Sie nickte langsam und ich sah wie unglücklich sie aussah. Das hatte ich nicht gewollt. Nie wollte ich sie auch nur im entferntesten verletzten. „Ich schwöre dir, Tatia, ich werde dich nie wieder verletzten. Nie wieder will ich etwas tun, das dich unglücklich macht“, schwor ich ihr und sie sah so geschockt aus. Ihr Mund öffnete sich und sie sah mich so unglücklich und bedauernd an. Wieso? Was ging in ihr vor? So gern wüsste ich, was sie in diesem Moment dachte. Glaubte sie mir etwa nicht. „Was denkst du, Tatia?“, fragte ich sie und sie lachte kurz auf, lächelte aber nur gequält, als würde etwas mit aller Macht sie davon abhalten. Sie legte den Kopf ein wenig schief. „Hast du eine Münze?“, fragte sie nach und ich blinzelte dann verwirrt, wusste aber nun zumindest, was sie zum Lachen verführt hatte. Auch ich konnte mir ein Schmunzeln zumindest, nicht verkneifen. Ich holte etwas aus meiner Hosentasche und hielt es ihr hin. „Würdest du es bitte annehmen?“, fragte ich und erwiderte meinen Blick verwirrt. Dann aber nickte sie und glücklich band ich ihr das Armband um. Ich hatte in die Münze, die sie mir geschenkt hatte, ein Loch gebohrt und sie auf ein geflochtenes Lederarmband gefädelt. „Betrachte es als Schwur meiner Worte, sodass ich sie ernst meine und dafür dass meine Gedanken immer offen für dich sind, wenn du es wünschst“, versprach ich ihr. Erstaunt blickte sie mir in die Augen und biss sich dann auf die Lippen, doch ganz genau erkannte ich, wie sie lächelte. „Jetzt hast du keine Münze mehr, um dich an mich zu erinnern“, meinte sie und sah mir etwas verloren in die Augen. Aber ich brauchte kein Geschenk, um mich an sie zu erinnern. Sie sah zu Boden und dann bückte sie sich, um die nächste Pflanze zu pflücken die sie fand. Lächelnd überreichte sie diese mir. „Kein Vergissmeinnicht, aber… naja…“, meinte sie und ich drehte die Blume in meiner Hand. Sie war schön, wenn auch auf ungewöhnliche Art. „Eine Distel?“, fragte ich nach, weil es sicher keine Blume war, die ein Mädchen mögen würde oder die man verschenken würde. Allerdings fand ich sie perfekt, allein, weil sie von ihr kam. „Eigentlich sogar, eine Mariendistel. Ihre Bedeutung liegt in dem Schmerz und auch die Linderung die sie verschafft, vielleicht auch Erlösung, wenn du es so sehen willst. Weißt du, ich mag Dinge, die eine Bedeutung haben“, erzählte sie mir. Lächelnd nickte ich, das wusste ich genau. „Ich weiß, es ist, ehrlich gesagt ziemlich offensichtlich.“ Schmunzelnd schüttelte sie den Kopf. „Ich denke, dass du gute Chancen hast, das ich dir glaube, obwohl ich das nie für möglich gehalten hatte“, erzählte sie mir und sah mir dabei fest in die Augen. Sie glaubte mir, auch wenn sie es anscheinend vorher nicht getan hatte, so glaubte sie mir nun. Das war alles was zählte, es war ein wirklich guter Anfang. „Danke, Nik“, meinte sie und schlug die Augen nieder. „Tatia, ich…“ Doch sie legte ihre Hand auf meine Lippen und unterbrach mich so, brachte mich zum Schweigen. „Ich denke, es wäre jetzt das Beste, wenn ich nach Hause gehe.“ Bedauernd nickte ich und sah wie sie sich umwandte und weg von mir ging. Sie ging weg und ich hatte es wieder nicht geschafft, ihr das zu offenbaren, was mir wirklich auf dem Herzen lag. „Auf Wiedersehen, Tatia!“, rief ich ihr nach und das Lächeln was sie mir schenkte, als sie sich noch einmal zu mir umdrehte, gab mir die Hoffnung, dass noch nicht alles verloren war. Das ich noch eine Chance hatte. Ich blieb so lange stehen, wie ich sie noch sehen konnte. Solange es mir möglich war, wollte ich ihren Anblick genießen. Sie hatte mir verziehen, aber ihre Worte hallten in meinem Kopf, dass es nicht sie war, bei der ich mich entschuldigen musste. Dann war es wohl an der Zeit meinen Bruder um Verzeihung zu bitten, das ich auf ihn eingeprügelt hatte. Er war mein Bruder und es sollte nichts geben, das mich das vergessen ließ. Wie ein Trauma verfolgten mich Tatias Worte. Sie besaß mein Herz und ich wollte die Chance bekommen, ihr zu zeigen, wie sehr ich sie doch liebte. Ich wollte es ihr in jeder Sekunde meines Lebens zeigen. Ich wollte sie heiraten, ich wollte mit ihr eine Familie gründen, eine von der Tatia immer erzählte, nicht eine von der unsere Eltern uns es vorlebten. Eine wirkliche Familie. Eine in der ich sie jeden Tag küssen durfte, wo ihr Sohn zu unseren wurde und in der zusammen mit unseren anderen Kinder spielen würde. Sie, sie war das einzige Mädchen, mit der ich mir all das wünschte. Mit der ich mir eine Zukunft wünschte. Kapitel 33: Ewige Liebe? ------------------------ Kapitel 33: Ewige Liebe? „Das Leben scheint mir zu kurz, um es mit gehegtem Hass und Erinnerung an einst ertragenes Unrecht zu verbringen.“ (Charlotte Bronte) „Was ist aber, wenn das Unrecht in der Zukunft liegt?“ (RoseAkaShi) Elenas Sicht: Lachend drehte ich mich im Gras auf den Rücken und hob Gideon hoch, der mich anlächelte. Er lächelte mich tatsächlich an! Ich stand zusammen mit ihm auf und drehte mich mit ihm im Kreis. „So süß, du bist so niedlich, Gideon. Das wundervollste Geschöpf auf dieser Welt“, meinte ich und strich ihm nachdenklich durch seine kurzen braunen Haare. „Zumindest für mich“, fügte ich schmunzelnd hinzu. Wie konnte man ein Wesen, das man so wenig kannte, nur so sehr lieben? Immer wieder stellte ich mir diese Frage, doch nie fand ich eine wirkliche Antwort darauf. Ich wollte ihn bei mir behalten. Auf immer und ewig. Mit ihm zusammen sein, mich um ihn kümmern, ihn bemuttern und ihm meine Liebe zeigen. Ihn aufwachsen sehen. Aber wahrscheinlich würde mir dieses Glück verwehrt bleiben. „Tatia“, rief mich eine Stimme und sofort wandte ich mich um, war so daran gewöhnt, bei diesen Namen genannt zu werden. Es war Elijah, der auf mich zukam. Er sah so anders aus mit seiner Kleidung und seinem Haarschnitt. Kein Vergleich zu dem anständigen Mann mit Anzug und Krawatte in der Zukunft, der so weit weg zu sein schien. „Darf ich dir Gesellschaft leisten?“, fragte er nach und seine Stimme klang zurückhaltend, wie ich es hier von ihm gewohnt war. In der Zukunft war er viel selbstsicherer, ich konnte nicht sagen, welche Seite ich von ihm lieber mochte. „Wieso solltest du das nicht dürfen?“, fragte ich lächelnd nach. Ich ging auf ihn zu und strich eine verlorene Haarsträhne hinter mein Ohr. Ich nahm Gideons Hand und winkte mit ihr. „Sag, Guten Tag, Elijah“, meine ich fröhlich, obwohl ich doch wusste, dass er noch nicht sprechen konnte. Zumindest hatte er noch kein Wort bisher gesprochen. Elijah legte seine Hand gegen Gideons und lächelte ihn freundlich an. „Guten Tag, Gideon“, begrüßte er meinen Sohn. Ich legte meinen Kopf schief und musterte Elijahs Gesichtszüge genau. „Ein Höflichkeitsbesuch, ein Anstandsbesuch, ein Antrittsbesuch oder… hmm… Was gibt es noch? Auf keinen Fall ein Krankenbesuch, denn ich fühl mich bei bester Gesundheit, auch kein Arztbesuch, vielleicht ein…“ „Tatia“, unterbrach Elijah mein sinnloses Geplapper und wieder legte ich grinsend meinen Kopf schief. Er kniete sich vor mich hin und die Erkenntnis traf mich wie ein Blitz, ganz besonders durch Rebekah, sonst hätte ich das wohl nie für möglich gehalten. Ich schloss für einen Moment meine Augen und versuchte das auftauchende Gefühl in meinem Magen zu verdrängen. „Tatia, ich liebe dich. Über die Maßen. Ich möchte dich bitten mir die Ehre zu erweisen, meine Frau zu werden“, bat er mich. Mein Herz schlug so hoch, das ich nicht wusste, ob er es vielleicht auch hörte und Angst stieg meine Kehle hoch. Ich wusste nicht was ich sagen sollte. Mir fiel nichts ein. Ich konnte ihn nur geschockt ansehen. „Bitte, Tatia. Sag doch etwas!“ Mein Mund öffnete sich leicht, doch er war so trocken, das kein Wort ihn verlassen mochte. Ich musste etwas sagen. Was sollte ich sagen? Alles kam mir wie eine Lüge vor. Ich konnte nicht sagen, das ich seine Gefühle nicht erwiderte, diese Lüge vermochte ich nicht zu vollbringen. Ich ein kurzes Einatmen, wie, als würde ich mich erschrecken. „Du liebst mich?“, fragte ich nach, hoffte etwas zu finden, dass das hier abwandte. Etwas, wie ich hier wieder rauskam. „Ich liebe dich, für immer“, versprach er mir. Ich spürte wie Tränen meine Augen verließen. „Bis in alle Zeit? Ewig?“, fragte ich nach und ich sah ihn schon kaum noch. Nicht den Elijah, der vor mir saß. Mein Blick glitt in die Ferne, zu dem Elijah in der Zukunft. „Für immer und ewig, bis in alle Zeit“, hörte ich seine Worte, die mich begleitet und danach hörte ich andere Worte. Ebenfalls mit seiner Stimme, die er wann anders zu mir gesprochen hatte. „Ich werde diesen Fehler nicht noch einmal begehen.“ Es gab keine Liebe für immer und ewig, auch nicht für ihn. In der Zukunft liebte Elijah nicht mehr und er würde mich auch nicht mehr lieben. Er würde die Liebe für einen Fehler halten. Mein Blick glitt zu dem Elijah von hier herunter und ich konnte einfach nicht ja sagen, denn wie sicher er sich auch jetzt war, ich kannte die Wahrheit, ich kannte die Zukunft. „Wenn ich verschwinden würde und du glaubtest ich wäre tot, dann würdest du mich nicht erkennen, wenn wir uns in tausend Jahren wiedersehen würden“, sprach ich verloren. Genauso verloren sah auch er mich jetzt an. Wieder einmal wusste er nicht wovon ich redete, denn wie so oft verwirrte ich die Personen aus dieser Zeit. „Was redest du da, Tatia?“, fragte er nach. Traurig sah ich ihm in die Augen und schluckte. Er sah so, als stach ich ihm wieder ein Messer ins Herz, wie damals, wo ich ihn tatsächlich einen Dolch ins Herz gerammt hatte. „Ganz einfach, Elijah. Ich glaube dir nicht. Ich kann dir nicht glauben, dass es wahr ist. Es tut mir leid, aber ich sehe keine Zukunft für uns“, sagte ich bedauernd und ich konnte nicht anders als an ihm vorbei zu laufen, weg von ihm. Der Schmerz war so groß, aber ich konnte das nicht. Weder konnte ich ihm glauben, noch mich auf ihn einlassen und schon gar nicht konnte ich ihn meine Entscheidung richtig erklären. Ich lief weg, rannte und rannte einfach, den Hügel hinab, schaute nach hinten und hoffte er würde mir nicht folgen und dann drohte über meine eigenen Füßen zu stolpern, doch wurde ich aufgefangen. Erschrocken sah ich hinauf, genau in Niklaus blaue Augen. Erheitert blickte er mich an. „Wieso seid ihr beide denn in Eile?“, fragte er amüsiert und ich sah zu Gideon, der sich unruhig in meinen Armen wandte. Kurz schaute ich nach hinten, aber Elijah war nicht zu sehen. „Ich… ich…“ Meine Stimme verlor sich, ich fühlte mich so hilflos. „Tatia“, sagte Niklaus meinen Namen und holte sich so meine Aufmerksamkeit zurück. Doch erschrocken weiteten sich meine Augen, als ich sah dass er vor mir auf die Knie gehen wollte. Nein, nein, nein! Sofort trat ich einen Schritt zurück und schüttelte den Kopf. „Niklaus“, sprach ich hilflos auf und als er meinen Gesichtsausdruck sah, kam er einfach auf mich zu, legte seine Hände auf mein Gesicht und sah mir tief in die Augen und ich sah in den Himmel. Ich hatte das Gefühl durch seine Augen in den Himmel zu sehen. „Bitte, Tatia. Bitte, lass es mich sagen! Ich liebe dich, ich liebe dich so unendlich, mehr als alles andere auf der Welt und möchte jeden Tag in meinem Leben mit dir verbringen. Bitte heirate mich, Tatia“, bat er mich und mein Herz drohte heute tatsächlich still zu stehen. Was hatten die beiden, das sie mir glaubten einfach so einen Antrag machen zu müssen? Andere Zeit hin oder her, ich brauchte mehr als Rebekahs Warnung davor. Ich schüttelte den Kopf, befreite mich aus seinem Griff und trat einen Schritt zurück. „Ich kann nicht, Nik“, antwortete ich ihm. Er sah mich an, als riss ich ihm den Boden unter den Füßen weg. Ich wollte schreien, ihn meine Hand zur Hilfe hinhalten. „Es ist… Wieso?“, fragte er nun hilflos und ich sah sie ihn nur geschockt, mit leicht geöffneten Mund an, wusste nicht was ich sagen sollte. Was konnte ich sagen, um diesen Schmerz zu lindern? „Elijah“, flüsterte er dann und es klang nicht einmal böse, sowie ich es erwartet hatte, sondern einfach nur erkennend. Sofort schüttelte ich den Kopf. „Nein“, flüsterte ich. Nun sah er wieder vollkommen verwirrt aus. „Wieso, dann?“, fragte er nach und er klang so verzweifelt. Wie viele Tränen verließen wohl heut mein Gesicht. „Ich kann nicht“, wisperte ich zurück. „Ich versteh es nicht. Liebst du mich denn nicht, Tatia?“ Seine Stimme zerriss mich. Wieso konnte das nicht aufhören? All diese Verzweiflung, all die Tränen. Wieso passierte das nur mir? Wer sich jemals ein persönliches Drama wünschte, der konnte sich auch gleich einen Sarg bestellen. „Das ist es nicht“, konnte ich nur sagen. Das war es wirklich nicht. „Was ist es dann, Tatia? Bitte sag es mir! Wenn du mich liebst und ich dich, was ist dann das Problem? Bitte erklär es mir doch!“, forderte er verzweifelt und ich glaubte er weinte auch. „Du liebst mich, für immer und ewig“, flüsterte ich und Niklaus nickte. „Ja, ja! Das tue ich!“, versicherte er mir. Aber ich schüttelte den Kopf. „Ich glaube dir. Ich glaube dir, dass du mich jetzt liebst und ich glaube dir, dass du jetzt glaubst mich für immer zu lieben. Aber ich glaube nicht an die Liebe, für immer und ewig. Du wirst es nicht tun, Niklaus. Irgendwann wirst du damit aufhören und mich entweder vergessen oder hassen. Ich kann dir nicht mit diesem Wissen mein Herz schenken. Es tut mir leid, aber ich kann nicht ja sagen“, gab ich ihn eine Erklärung, die kaum eine für ihn sein würde. Und wieder lief ich weg… doch diesmal war ich allein und so war es richtig, oder etwa nicht? Kapitel 34: Keine Entscheidung! ------------------------------- Kapitel 34: Keine Entscheidung! „Jeder ist ein Mond und hat eine dunkle Seite, die er niemanden zeigt.“ (Mark Twain) Rebekahs Sicht: „Du hast beide meine Brüder das Herz gebrochen und selbst siehst du auch nicht gerade glücklich über deine Entscheidung aus. Ehrlich, Tatia, das versteh ich nicht. Ich versteh dich nicht.“ Meine beste Freundin erschien mir heute, wie kein anderes Mal, wie ein Rätsel. Sie weinte, sie hörte gar nicht mehr auf. Auch wenn ihre Tränen stumm waren, so hatten sie doch kein Ende. Wir saßen hier in der Höhle, weit weg von den anderen, hatten zwei Fackeln zwischen die Felsen um uns geklemmt. Heute war wieder Vollmond, doch wir saßen so abseits von den anderen, das sie uns weder hören noch sehen konnten, was Tatia wohl eindeutig bevorzugte. Sie hatte ihr Kind auf ihre Beine gelegt, wo Gideon friedlich schlief. „Du liebst sie, zumindest einen von ihnen. Du liebst einen von ihnen und doch hast du…“ „Ich liebe sie beide!“, unterbrach sie mich weinend und ich war nicht einmal von ihrem Geständnis überrascht. Irgendwie konnte ich mich nicht einmal dazu durchdringen, dass es mir falsch vorkam. Es war einfach so. Meine Brüder und sie. Ich sah es so als Tatsache, das einen von ihnen aus dem Bild wegzuwischen mir völlig unnatürlich vorkam. Was sollte ich ihr also jetzt raten? Ich hatte keine Antwort für sie. Warum nur fand sie die richtigen Antworten für mich, aber ich konnte ihr nie bei einer Entscheidung helfen? Zumindest nicht bei dieser und sie war doch so wichtig. „Dann musst du…“ „Ich wähle nicht zwischen ihnen, Rebekah. Es hätte nicht einmal einen Sinn ihr Band zu zerreißen, denn ich glaube ihnen nicht. Ich glaube nicht an die ewige Liebe. Ich kann es einfach nicht…“ War es das? War es das, warum sie sich nicht zwischen ihnen entschied? „Ich muss mich nicht zwischen ihnen entscheiden, denn ich ziehe es nicht einmal in Erwägung einen von ihnen zu lieben.“ Das war doch dumm. Zum ersten Mal, seit ich sie kannte, glaubte ich dass sie eine dumme Entscheidung traf. Wieso tat sie das nur? Wie konnte sie nicht daran glauben? Meine Brüder schienen durch ihre Ablehnung halb tot zu sein, doch welchen Sinn hatte das alles, wenn auch sie genauso zu sein schien? Ebenfalls verloren und tot. „Aber du liebst sie doch. Wieso kannst du dann nicht einen von ihnen eine Chance geben? Ich bin mir sicher, dass jeder von ihnen alles tun würde, um dich glücklich zu machen.“ Erst dachte ich sie wollten sich gegenseitig umbringen, doch dann merkten sie beide, dass keiner von ihnen glücklich war. Sie wussten als sie sich in die Augen sahen, dass sie beide eine Abfuhr bekommen hatte. Das es sowas überhaupt gab. Noch nie hatte ich gehört, wie jemand einen Heiratsantrag abgelehnt hatte. Ich hätte so etwas niemals getan, besonders wenn ich mir den Gefühlen, meines Gegenüber, sicher wäre und reiner Selbstmord war es dann doch noch abzulehnen, wenn man selbst Gefühle für denjenigen hatte. „Oder denkst du etwa an deinen früheren Mann?“, fragte ich nach und sah sie bedauernd an. Tatia schüttelte allerdings entschieden den Kopf. „Nein, er ist nahezu bedeutungslos“, antwortete sie mir. Was war es nur? Was war es, was meine beste Freundin zu so einer Entscheidung getrieben hatte, die sie selbst so ins Verderben zu drohen schien? „Glaubst du nicht mehr an die Liebe wegen ihm? Hat er dir dasselbe geschworen und es nicht gehalten?“, fragte ich hilflos weiter, denn irgendwas musste es doch sein. Entsetzt sah sie mir in die Augen und in dem Moment wusste ich, das ich recht hatte. „Elijah und Niklaus werden nicht einfach sterben“, sprach ich schnell, doch ihr verlorener Blick zeigte mir, dass es nicht der Tod war, der sie bei ihren Mann enttäuscht hatte. Er hatte sie nicht mehr geliebt. Er hatte aufgehört sie zu lieben. „Niklaus, Henrik, seid ihr hier?“, hörte ich die Stimme meines älteren Bruders fragen und drehte mich um zu Elijah, der mit einer Fackel am Gang bei uns erschienen war. Er blieb stehen, als er uns hier sitzen sah und ich wusste dass er Tatias Tränen sah. Was er wohl dachte? Ich versuchte es zu reparieren. Ich versuchte Tatias Schmerz zu heilen, damit sie wieder lieben konnte und vor allem auch vertrauen. Nicht nur wegen meinen Brüdern, sondern auch um ihrer selbst willen, denn ihre unendliche Trauer nahm auch mich mit. „Sie sind nicht hier, Elijah. Sie sind auch nicht vorbei gekommen. Nur Tatia und ich sind hier und reden“, erzählte ich ihm und bemerkte wie er zu Boden blickte und leicht nickte, dann ging er wieder, ohne ein Wort zu sagen. „Er hasst mich. Er hasst mich, genauso wie auch Niklaus. Für das was ich ihnen angetan habe“, flüsterte Tatia und ihre Stimme klang voller Grauen. Entschieden schüttelte ich den Kopf. „Sie hassen dich nicht, nicht im Geringsten. Sie lieben dich so unendlich, das sie für das Gefühl des Hasses zu dir nicht einmal fähig sind. Sie sind nur verletzt und traurig.“ Das sollten sie nicht sein. Sie alle sollten glücklich sein. Alle drei. Ich setzte mich neben Tatia und nahm sie in die Arme. Weinend legte sie ihr Gesicht an meine Brust und weinte. Vorsichtig strich ich ihr durch ihre Haare und wünschte mir dass alles gut werden würde, dass die Zukunft alles bereinigen würde und das alles gut in ihr sein würde. Wie immer begleitete uns das Heulen der Wölfe in dieser besonderen Nacht, doch noch nie kam es mir so unheilvoll wie heute vor. Am liebsten würde ich zu meinen Brüdern rennen. Ich wollte ihnen sagen das Tatia sie liebte, sie alle beide und das sie nur Angst hatte. Aber Tatia war auch meine Freundin, meine beste Freundin, meine einzige Freundin. Wie konnte ich da einfach das verraten, was sie mir anvertraut hatte? Das konnte ich nicht. Nicht bei meiner einzigen Freundin. Ich konnte sie nicht verraten. Aber diese Entscheidung oder eigentlich war es nicht einmal eine Entscheidung, die sie getroffen hatte. Die machte keinen von ihnen glücklich. Tatia litt in meinen Armen und ich wusste das Elijah und Niklaus ebenso litten. Ich konnte den Schmerz und den Verlust in ihren Augen sehen. Er war allgegenwertig. Was brachte das, wenn alle Tränen deswegen vergossen? Kapitel 35: Blutopfer --------------------- Kapitel 35: Blutopfer „Vergangenheit ist Geschichte, Zukunft ein Geheimnis und jeder Augenblick ein Geschenk.“ (Ina Deter) Elenas Sicht: „Die Geister sagen, dass der Rückweg für dich frei ist.“ Immer wieder geisterte der Satz von Ayanna in meinem Kopf herum. Ich wurde ihn nicht mehr los und ich wusste nicht ob ich weinen sollte oder… Nein, weinen war nun die einzigste Option die ich noch hatte. Aber ich konnte mein Schicksal bedauern oder nicht, doch ich konnte nicht mehr hier bleiben, die Geister wollten dass ich wieder zurück ging. Denn hier war nicht der Ort, wo ich hingehörte. Deswegen lief ich und ich lief. Ich lief hinunter, denn es gab noch etwas, dessen ich mich versichern musste, bevor ich ging. Gideon. Ich musste wissen, dass es ihn gut gehen würde. Dass er ein Zuhause haben würde, wenn ich es für ihn nicht mehr sein konnte. Denn es ging nicht, dass ich ihn mitnehmen konnte. Es würde mir einfach nicht möglich sein. Er musste hier bleiben, alleine erwachsen werden, alleine ohne mich das Leben meistern und ich musste ohne ihn sein. Mich von ihm zu trennen war das schwerste von allen, denn die anderen würde ich, egal in welcher Form auch immer und wie sie dann waren, wiedersehen. Doch nicht ihn. Ich lief zu dem Haus, das ich nun bereits so gut kannte. So oft war ich da gewesen. Hatte mit Rebekah Hausarbeit verrichtet und stundenlang über wichtige und auch irrelevante Dinge geredet. Hatte Finn dabei zugesehen, wie er Sachen gebaut hatte, besonders für Gideon. Hatte zusammen mit Kol gelacht und ihn mit Ideen gefüttert, die es wert waren ausprobiert zu werden. Hatte die Aufmerksamkeit von Elijah und Niklaus genossen und mich so gefreut sie so voller Liebe und Leidenschaft zu sehen, wie es in der Zukunft nie mehr sein würde. Ich klopfte an, doch niemand machte auf. Deswegen ging ich hinten herum, denn ich hatte gelernt, dass irgendwer immer da war, meist war es Finn und so hoffte ich auch, dass es dieses Mal so war. Doch als ich nach hinten ankam, da war da nicht nur Finn oder jemand anderes einzelnes. Da waren alle versammelt und mich beschlich eine schreckliche Angst. Noch schlimmer wurde es, als ich die Erde sah, Schippen die Mikael und Finn in den Händen hielten und Blumen die sowohl Rebekah als auch Esther in den Händen hielten. Henrik. Rebekah hatte mir die Geschichte erzählt. Henrik wurde von den Werwölfen getötet, weil Niklaus und Henrik sich in der Vollmondnacht raus geschlichen hatten. Gestern Abend, da hatte Elijah nach den beiden gesucht. Wie hatte ich das nur vergessen können? Das war der Auslöser dafür, weswegen sie sich in Vampire verwandeln würden. Finn begegnete meinen Blick und übergab die Schaufel an Kol. Er sah so gebrochen aus, wie jeder andere auch, auf den ich, einen Blick erhaschte. „Henrik“, flüsterte ich entsetzt, als Finn mir gegenüberstand und dieser nickte schwermütig. Noch nie hatte ich ihn so verloren und kraftlos gesehen, so kannte ich ihn gar nicht. Ich fand er war Elijah immer so ähnlich gewesen, dem späteren Ich von ihm zumindest, stark und ein wenig unnahbar, aber auch mitfühlend und ehrlich. „Die Wölfe“, erklärte er mir. Er sagte mir nicht dass Niklaus und Henrik sich raus geschlichen hatten, aber ich wusste dass er seinen Bruder nicht die Schuld dafür geben würde, so war er nicht. „Ich bin hier… ich wollte…“ Kurz stockte ich, um tief Luft zu holen und Kraft zu sammeln, für meine nächsten Worte. „Ich wollte dich an dein Versprechen erinnern. Ich bitte dich daran zu erinnern, was du mir wegen Gideon versprochen hast“, sagte ich ihm eindringlich. Wenn Finn vorher schon schrecklich ausgesehen, dann wurde es jetzt nur noch viel grauenvoller. Sein Blick war so entsetzt und fassungslos. Noch nie hatte ich es geschafft ihn so sehr zu schocken. Langsam ging ich ein paar Schritte zurück. „Leb wohl, Finn“, verabschiedete ich mich von ihm und bevor mich die Tränen überfallen konnten, wandte ich mich um und lief davon. Schnell trugen mich meine Beine weit weg, doch schon bald konnte ich nicht mehr laufen, da ich schon den ganzen Weg hinunter gerannt war und völlig außer Atem war. „Tatia“, hörte ich gleich zwei Stimmen, die ich mittlerweile so gut einordnen konnte, das ich mich nicht umzudrehen brauchte, um zu wissen, dass es besser war weiter zu laufen. Doch ich war zu schwach und langsam, damit das klappen konnte, wenn sie mich wirklich einholen wollte und so war es auch. So wurde ich am Handgelenk gepackt und von Niklaus zu ihm und Elijah herumgerissen. Ich blieb stehen und versuchte meinen schnellen Atem zu beruhigen. „Was hast du zu Finn gesagt? Was hast du zu ihm gesagt, das er meinte du kommst nie wieder?“, fragte Niklaus aufgebracht, voller Angst, verzweifelt und sogar schon wütend. „Nur ein schlechtes Gefühl“, flüsterte ich und die beiden sahen sich an. Ich wusste nicht was mich packte, ob ich ihnen damit half oder ob ich ihre Wunde dadurch nur noch vergrößerte. Es war mir nicht genau klar. Doch ich ging auf Elijah zu und küsste ihn auf den Mund, zu kurz als das er die Gelegenheit hatte ihn zu erwidern oder irgendwie anders zu reagieren. Dasselbe tat ich bei Niklaus. Nur einen Moment berührten sich unsere Lippen, doch ich hoffte es war genug, um ihnen zu zeigen, dass es nicht fehlende Liebe war, die mich von ihnen fern hielt. „Danke. Ich danke euch beide, für eure momentanen Gefühle für mich, aber ich wage es nicht sie zu erwidern, bei keinem von euch“, erklärte ich und drehte mich um und wieder zu gehen, doch wieder versuchten sie mich aufzuhalten. Stur schüttelte ich den Kopf. „Bitte lasst mich gehen“, flehte ich und tatsächlich ließen sie mich los, ließen mich gehen. Ich ging zurück, ein letztes Mal ging ich zurück zur Hütte. Ich hatte mich umgezogen, meine alten Sachen wieder an und ich hatte Gideon auf dem Arm. Die ganze Zeit über sang ich ihm etwas vor, solange bis irgendwann Ayanna kam, es war bereits spät in der Nacht. Sie sah geschockt und erschöpft aus. Ich musste nicht nachfragen was geschehen war, abgesehen davon, dass ich die Antwort kannte, erzählte sie mir alles freiwillig. „Sie wollen die Natur überlisten. Esther will das wirklich tun, aber sie brauchen jemanden der sein Blut dafür gibt. Nur das freiwillig geopferte Blut wird ihnen die Möglichkeit geben, solche Fähigkeiten zu erhalten. Aber wer würde sein Blut schon dafür geben?“ Sie mochte die Idee nicht, ich konnte es genau sehen. Sie war dagegen solch ein Verbrechen gegen die Natur zu begehen. Kurz schaute ich zu Boden, doch dann kam die Entscheidung über meine Lippen, ohne einen Zweifel daran, dass sie falsch war. „Ich!“, entschied ich mich entschloss. Mit geweiteten Augen sah Ayanna mich an. „Was?“ „Obwohl ich die Zukunft kenne und weiß wie schrecklich alles sein könnte, wird, so… so kann ich sie jetzt nicht sterben lassen oder sie in Gefahr wissen. Es geht einfach nicht. Ich liebe sie viel zu sehr, sie alle. Sie sind meine Familie.“ Das war die Wahrheit. Finn und Kol waren meine Brüder. Rebekah war meine beste Freundin, meine Vertraute. Elijah und Niklaus waren… nun ich liebte sie einfach… Viel zu sehr, als das ich es zulassen konnte, sie nie wieder zu sehen. Sicher würden sie, wenn ich es nicht tat, jemand anders finden, der dafür freiwillig sein Blut gab, es war sicher keine große Sache. Entschlossen hielt ich Ayanna meinen Arm hin und sie wusste bei meinem Blick, dass mein Urteil nicht mehr umzustimmen war. Wir ließen mehr als ein Liter meines Blutes in einen Krug fließen, bevor wir meinen Arm wieder verbanden. Ich setzte mich gleich wieder hin und bekam von ihr Wasser zum trinken. Ayanna bereitete nun den Zauber für meinen Rückweg vor und ich legte Gideon in die Wiege und gab ihn noch einem letzten Kuss zum Abschied. „Ich liebe dich“, flüsterte ich. „Mehr als alles andere auf der Welt.“ Ich strich ihn über seine Wange, bevor ich mich schweren Herzens von ihm abwandte. Ayanna begegnete meinen Blick. „Soll ich irgendjemanden etwas von dir ausrichten?“, fragte sie mitfühlend nach. Entschieden schüttelte ich den Kopf. Allerdings reichte ich ihr ein Buch. „Gib das einfach nur Finn von mir, sag das du es unter meinen Sachen gefunden hast und das es für Gideon gedacht ist“, erklärte ich ihr und sie nickte verstehend. Wieder musste ich in einem Kreis mit Kerzen treten und atmete tief durch, bevor Ayanna mit ihrer Beschwörung begann. „Ваша подорож закінчилося, знання тепер вона підтримує. Таким чином, вони посилають до того часу, вони прийшли і народився. Так що вони можуть знайти щастя, і все на місці, де вона належить.“ Wieder überwältigte mich eine Dunkelheit, zog mich mit sich, weg von hier. Weg von denen, die ich liebte. (`*•.¸(`*•.¸ ♫♪ ¸.•*´)¸.•*)♥(`*•.¸(`*•.¸ ♫♪ ¸.•*´)¸.•*)♥(`*•.¸(`*•.¸ ♫♪ ¸.•*´)¸.•*)♥(`*•.¸(`*•.¸ ♫♪ ¸.•*´)¸.•*) Die Übersetzung für den Zauberspruch der sie zurückschickt. Ihre Reise ist beendet, die Erkenntnis begleitet sie nun. So schick sie zurück, in die Zeit aus der sie kam und geboren ward. Damit sie Glück dort finden mag und alles an dem Platz ist, wo es hingehört. Nun nähert sich die Geschichte dem Ende zu. Allerdings gibt es ja die versprochene Fortsetzung. glg Rose Kapitel 36: In Gedanken an sie ------------------------------ Kapitel 36: In Gedanken an sie „Alles kommt und geht, das was bleibt sind die Erinnerungen.“ (Autor unbekannt) Kols Sicht: Ich hatte genug Kraft, um meiner Wut angemessen Ausdruck zu verleihen. Ich hatte die Möglichkeit Bäume auszureißen, Steine umzuwerfen, alles zu erschüttern und zu zerstören. Wut zog sich durch jede Faser meines Körpers und ich hatte einfach nur den Wunsch alles kaputt zu machen. Doch die Frage, die sich mir auf schlich war, was würde das alles bringen? Wie würde es mir meine Familie zurück bringen? Als ob es nicht schon schlimm genug war, das Henrik starb, dann auch noch Mutter und Vater verschwand. Nein, es musste auch noch Tatia verschwinden! Es war ihr Blut. Ihr Blut war es das mir die Macht verlieh zu zerstören. Ich warf einen Tisch um, schleuderte ihn durch den ganzen Raum, hinaus aus dem Fenster. Ich wusste nicht wohin mit meiner Kraft. Tatia war gestorben, nur damit ich das konnte? Nur damit ich das konnte? Ich schrie, ich schrie und schrie. Ich fasste mit meinen Händen an meinen Kopf, verzweifelt sank ich mit den Knien auf den Boden. Das war nicht fair! Das war nicht richtig. Ich sah ihr Lachen, ihr Lächeln. Bilder stiegen mir in den Kopf, wie sie mich umarmte oder auf die Wange oder Stirn küsste. Doch sie war fort, tot. Nie wieder würde sie so etwas tun können. Nie wieder würde sie mich betrachten auf diese wundervolle Art, wie mich sonst kein Mensch angesehen hatte. Ich zitterte und spürte wie Tränen der Verzweiflung über meine Wangen rollten. Ich wollte sie wieder zurückhaben, ich wollte alles geben, nur das sie wieder da war. Wieso sah ich nur andauernd ihr Gesicht? Wieso verfolgte sie mich so sehr? Sollte mich nicht Mutters Geist oder möglicherweise Henriks verfolgen? Wieso ausgerechnet sie? Es tat so weh. Ich hämmerte gegen diesen verdammten Boden, auf dem ich gestorben war. Dann stand ich auf und packte die nötigsten Dinge in einen Seesack, um dann zu verschwinden. Finn war auch irgendwohin abgehauen. Erst hatte er sich Tagelang bei Ayanna in der Hütte verkrochen und jetzt war er mit Tatias Sohn verschwunden, denn anscheinend hatte sie ihn gebeten auf Gideon aufzupassen, falls ihr etwas zustoßen sollte. Als ich hinaus ging war es Nacht, die Sterne leuchteten am Himmel und mir fiel sofort der Abendstern ins Auge. Tatia hatte gesagt er war ein Wegweiser, also beschloss ich ihn zu folgen. Ich wollte nicht länger hierbleiben. Deswegen ging ich nach Norden, einfach nur weg. Ich wollte nicht länger hierbleiben, an dem Ort, der nur von ihr zu sprechen schien. Tatias Gesicht und ihre Worte verfolgten mich wie ein Fluch, der hartnäckig auf mir lastet. Sie war zu meiner Gewissensstimme geworden, die ich versuchte abzutöten. Doch sie wollte mich nicht loslassen. Immer wieder suchte sie mich heim. Die zu Grunde liegende Wahrheit war wohl einfach, dass ich sie vermisste. So sehr. Doch egal was ich tat, sie kam nicht zurück und ich streifte allein durch das unbekannte Land, in dem ich nur selten Leute traf. Ich schaffte es nicht mich zu amüsieren, aber wenn ich Blut trank, dann schaffte ich es für einen kurzen Moment alles zu vergessen. In dem Augenblick gab Tatias Stimme Ruhe und ich spürte so etwas Ähnliches wie Frieden. Ich wusste nicht wie viel Zeit vergangen war, doch irgendwann kehrte ich zurück. Dorthin wo der ganze Spuke begonnen hatte. Wie als hätte es jemand geplant, kam auch Finn mit Gideon an dem Ort zurück und von meinen drei übrigen Geschwistern, die zusammengeblieben waren, erfuhr ich das mehr als drei Jahre vergangen waren. Gideon zu sehen versetzte mich in ein Gefühl des Fallens. Als würde ich irgendwo hinunter fallen und nichts würde mich auffangen. Ich sah ihr Bild, wie sie ihren kleinen Sohn in den Armen gehalten hatte und ihn liebevoll betrachtet hatte. Ein Fluch. Ein Fluch! Wann würde er mich nur loslassen? Es war unsere letzte gemeinsame Handlung als Familie. Wie Tatia uns erzählt hatten, sendeten wir ein Floß mit einer Kerze darauf aus, um die Seele die wir liebten ziehen zu lassen, damit sie glücklich sein konnte, aber nicht deswegen weil wir sie nicht mehr liebten oder loslassen wollten. Sechs Kerzen, die davon segelten, sie standen für die sechs Menschen, die diese Seele geliebt hatten. Für die sechs Menschen, die zurück geblieben waren. Ich hatte ohne zu zögern, Blumen für sie gepflückt, Vergissmeinnicht. Wie nur könnte ich sie je vergessen? Am meisten hasste ich es Elijah und Niklaus anzusehen, wie auch Rebekah. Denn wenn sie ruhig waren, konnte man den stillen Schmerz in ihnen sehen, doch andernfalls versuchten sie jede Erinnerung an sie zu verdrängen. Bei Finn zu sein war aber auch nicht besser, allein schon wegen Gideon, der jede Erinnerung an sie ins kleinste Detail hervorbrachte, so versuchte Finn mit aller Gewalt jeden Moment von Tatia eisern festzuhalten. Er erzählte Gideon von ihr, so als könnte man meinen, dass sie noch präsent war. Immer wieder erzählte er ihr, wie sehr sie von allen am meisten geliebt hatte und das sie der beste Mensch von allen gewesen war. Er hatte recht, sie war von allen der beste Mensch gewesen. Nie hatte sie ein schlechtes Wort über jemanden verloren und sie war mit unendlicher Geduld, Mitgefühl und Liebe gesegnet wurden. Auch wenn es schwer war, zog ich mit Finn und Gideon weiter, bis dieser ein junger Mann war. Er war nicht wie Tatia, aber er lebte zumindest nach ihren Idealen. Dann aber entschloss ich mich wieder zu gehen. Ich fühlte mich so verloren, das ich nach oben schaute, den Abendstern sah und nach Norden ging. Ich ging so weit nach Norden, das ich irgendwann wieder am Süden ankam. Meine Reise hatte kein Ende. Ich fand mich damit ab, was ich war und verbrachte die meiste Zeit in stiller Einsamkeit, nur mit meinem Gewissen zusammen. Selten besuchte ich jemand aus meiner Familie, denn es zeigte mir nur das, was wir nicht mehr waren. Wir waren nicht mehr komplett, keine Familie mehr. Das Bindeglied war zwischen uns verloren gegangen. So mehr ich mich dem Monster, das ich war, hingab, so näher fühlte ich mich mit Tatia verbunden. Ihre Stimme verfolgte mich wie ein Mantra und ich hatte das Gefühl umso grausamer ich wurde, umso mehr blieb sie bei mir. Es war fast so als konnte ich ihre Umarmung spüren und ihre Stimme flüsterte mir zu, das sie mich nicht aufgab. Deswegen machte ich einfach weiter. Sobald Blut meine Lippen berührte, fühlte ich Frieden und Geborgenheit und wenn ich auf die Suche ging, bereit etwas Grausames zu tun, so war sie bei mir und sprach mit mir. Vielleicht war das genau der falsche Weg, um mit all dem fertig zu werden, doch ich wollte sie nicht vergessen, ich konnte es nicht, es gab keine Möglichkeit für mich, ihr zu entkommen. Und immer von neuen, wenn ich ein Mädchen in die Augen sah, hoffte ich das es ihre Augen waren, das sie Tatia war und mich in den Arm nehmen würde und mir zuflüstern würde, das alles wieder gut werden würde. Aber sie alle waren nicht Tatia und aus Enttäuschung und Wut zerfetzte ich sie. Ich war irgendwo, hatte keine Ahnung wo ich war und wie viel Zeit vergangen war. Auf jedenfall war ich betrunken und stand an irgendwelchen Klippen, mit keiner Seele weit und breit in der Nähe. „ICH BIN HIER! TATIA ICH BIN HIER! SIE HER, ICH BIN EIN MONSTER! LOS KOMM! SCHREI MICH AN DAS DU ENTTÄUSCHT VON MIR BIST! SCHREI MICH AN DAS DU MICH HASST! HASS MICH DOCH!“ Völlig außer Atem schaute ich auf das stürmische Meer hinaus, das keine Ruhe mehr gab. Keine Träne verließ mein Gesicht, denn ich hatte schon lange keine mehr. „Komm und sag dass du mich hasst“, flüsterte ich in die Unendlichkeit hinein und ich hieß sie willkommen. Immer mehr zerstörte ich mich selbst und es tat mir gut. Tatia war so näher bei mir, als irgendwie sonst. Unermüdlich versuchte sie meinen Arsch aus der Scheiße zu ziehen und ich würde sie lassen, wenn es doch nur wirklich sie wäre. Kapitel 37: Im Schmerz gefangen und verbunden --------------------------------------------- Kapitel 37: Im Schmerz gefangen und verbunden „Die Bande, welche die Traurigkeit zwischen zwei Seelen knüpft, sind stärker als die Bande der Glückseligkeit. Und die Liebe, die mit Tränen besiegelt wird, bleibt ewig rein und schön.“ (Khalil Gibran) Elijahs Sicht: Nie fiel der Name Tatia zwischen uns. Nur einmal hatte Rebekah geschluchzt, es anscheinend nicht mehr ausgehalten und uns gestanden, das Tatia uns beide geliebt hatte. Damit hatte sie etwas ausgelöst. Ein Gespräch zwischen Niklaus und mir und wir hatten alles geklärt. Im Nachhinein war es logisch und klar, aber deswegen nicht weniger verloren. Sie war weg, würde nie wieder bei uns sein. Aus Schmerz schwiegen wir für alle Zeit, verbannten ihren Namen aus unserer Gegenwart, aber nie schafften wir es, sie aus unserem Herzen zu verbannen. Unsere Familie war seit diesen Tagen zerbrochen, angefangen mit dem Tod unseres Bruders, weiter mit dem Mord unseres Vaters an unserer Mutter und endgültig mit der Erkenntnis, dass es Tatias Blut gewesen war, das uns in Vampire verwandelt hatte. Sie war gestorben, geopfert wurden, dafür dass wir nun ewig lebten und Niklaus Werwolf-Seite gebannt wurde. Nein, Klaus, er wollte nur nicht mehr bei den Namen genannt werden, den unser Vater ihm gab, sondern so wie Tatia ihn öfters genannt hatte. Von unserer Familie waren nur noch Rebekah, Niklaus und ich übrig geblieben. Finn und Kol waren nur so etwas wie Besucher, Gäste die vorübergehend blieben. Keiner von uns verstand Kol. Er war nun unser jüngster Bruder und er war immer am fröhlichsten und frechsten gewesen. Bei uns allen hatten sich unsere Eigenschaften verstärkt, doch Kol war einfach nur zu einem Monster geworden und keiner wusste wieso. Finn dagegen hasste was wir waren. Er versuchte so nah menschlich zu bleiben wie es ging und er kümmerte sich um Tatias Sohn, wie sie es ihn wohl aufgetragen hatte. Sie hatte ihm ihren Sohn anvertraut und es war nicht so als würde Finn der Aufgabe nicht gewachsen sein, doch manchmal schien er daran zu zerbrechen. Was hatte sie ihn wohl gesagt, dass es ihn soweit verfolgte? Niklaus und Rebekah versuchten sich ebenfalls oft genug in Grausamkeiten zu flüchten. Die Wut schien grenzenlos zu sein und unser Verlust verfolgte uns in alle Ewigkeit. Es war nicht möglich die vergangene Liebe zu Tatia loszulassen. Kein anderes Mädchen war so schön oder so gut wie sie und vor allem konnte keine beides in sich kombinieren. Es gab niemand der so selbstlos und aufrichtig war. Oft stand ich in dem Sonnenblumenfeld, das sie angepflanzt hatte, aber wie sie gesagt hatte, wenn die Trauer zu groß war, dann konnten sie einen nicht aufheitern. Meine Geschwister wurden zu allem was ich noch hatte. Meine ganze Liebe und Loyalität gehörte ihnen und soweit es mir möglich war versuchte ich ihre wachsende Brutalität im Griff zu halten. Nichts davon wäre etwas gewesen, was Tatia für uns gewollt hätte. Für sie war Familie immer das wichtigste gewesen. Allerdings hatte ich immer gedacht, dass sie mit zu unserer Familie gehören würde und dass ihr Platz bei uns, an unserer Seite war. Doch nichts was geschah, keine Zeit der Welt, mochte unseren Schmerz zu lindern. Rebekah fand nie wieder eine Freundin, allerdings wusste ich auch nicht, ob sie es überhaupt versuchte. Niklaus und ich verliebten uns auch nie wieder. Tatia hatte nicht an die ewige Liebe geglaubt, so glaubte ich auch nicht mehr daran. Trotzdem war unsere Liebe für die Ewigkeit, wir hörten in keinem Moment auf sie zu lieben, nur war sie einfach nicht mehr da. Dabei gab es da einen Moment, der mich verzaubert hatte. Katerina. In all der Ewigkeit die mit Trostlosigkeit bedeckt war, sah ich ihr Gesicht wieder. Ich dachte daran, was Tatia zu mir einmal gesagt hatte, das wenn ich sie in tausend Jahren wiedersehen würde, sie wohl nicht erkennen würde. Sie hatte unrecht, ich erkannte sie zwar nicht, aber ich verstand genau, dass Katerina nicht Tatia war. Zwar war sie ebenso schön, doch besaß sie nichts, von Tatias innerer Schönheit. Es war ein Fehler zu versuchen etwas in ihr zu sehen, was nicht da war und ich schwor mir, nie wieder in meinem Leben, diesen Fehler zu begehen. Es gab einfach niemand wie sie. Es war eine Tatsache, dass sie für alle Zeit verloren war und ich sie nie wieder sehen würde. Eine Wunde in meinen Herzen, die niemand außer sie vermochte zu lindern, doch das war unmöglich. Dabei lebte ich doch das unmögliche Leben, ich war unsterblich, wie konnte es da sein, das es dafür keine Lösung gab? Sie hatte ein Gefühl gehabt, nur ein mieses Gefühl, wie sie gesagt hatte und dann war sie auf einmal fort gewesen. Niklaus und ich hätten sie nie gehen lassen dürfen, irgendwie hätten wir sie aufhalten müssen. Vorwürfe packten mich immer wieder. Es wäre alles so viel leichter, alles so viel schöner, wenn sie bei uns wäre. Würde sie mit uns durch die endlose Zeit reisen. Kleider tagen, jede Epoche in unterschiedlichem Stil, sie könnte stundenlang mit Rebekah einkaufen gehen oder beim Schneider sein. Wenn wir streiten würden, würde sie einschreiten. Sie hätte sich um Gideon gekümmert, bis er erwachsen war. Finns Existenz wäre leichter für ihn zu ertragen, durch sie würde er wieder das gute sehen und Kol könnte der Jungendliche sein, der er war und für immer sein würde. Niklaus würde kein Monster sein, er würde alles tun, damit es ihr gut ging und sie glücklich war. Und ich… Ich würde alles einfach nur glücklich betrachten und mich über jedes Lächeln freuen, das sie mir schenkte. Doch das war nur ein Traum. Eine Vorstellung, die niemals wahr werden würde. Für immer würde es so sein wie es war. Eine gesplitterte Familie und jeder von uns, war auf seine eigene Weise, allein. Ich schaffte es einfach nicht, das Puzzel wieder zusammensetzten, egal wie sehr ich mich auch anstrengte. Schmerz verhinderte es für uns glücklich zu sein. Oft vermisste ich meinen jüngsten Bruder Henrik und fragte mich, ob es etwas ändern würde, wenn er noch leben würde. Zwar wäre dann alles nicht geschehen, doch was wäre, wenn er nur leben würde? Könnte er uns genug Kraft geben, uns zusammenzuraufen? Doch auch wie Tatia, war er gegangen und es gab nichts was ihn zurückbrachte, egal was wir auch dafür geben würden. Nach Jahrhunderten traf ich auf Elena. Ein neuer Doppelgänger. Bevor etwas mich ergreifen konnte, verschloss ich mein Herz vor ihr. Nicht noch einmal würde ich den Fehler machen sie mit Tatia zu verwechseln, sie würde sowieso nur wie Katerina sein. Es gab keinen Grund diesen Fehler noch einmal zu begehen. Ich lernte aus meinen Torheiten. Doch trotzdem erwischte ich mich dabei, Elena zu beobachten, wenn sie es nicht bemerkte und die Stille es zuließ. Sie war schön und selbstlos. Ich erinnerte mich, wie ich das auch von Katerina gedacht hatte und verbannte die Gedanken wieder. Kein Mädchen der Welt, wie gut es auch zu sein schien, konnte es mit dem einzigartigen Mädchen von damals aufnehmen, deren Liebe ihre präsenteste Eigenschaft war. Tatia. Das Mädchen das Niklaus und ich geliebt hatten, immer noch liebten und immer lieben würden. Das meinen Brüdern eine Schwester war. Das meiner Schwester eine Freundin war. Sie hatte unrecht gehabt. Nur einmal in ihrem Leben hatte sie sich geirrt. Das unsere Liebe für sie unendlich war. Auf immer und ewig, für alle Zeit, gehörten ihr unsere Herzen. Jeder von uns versuchte auf seine eigene Art und Weise damit umzugehen. Wieso Tatia? Wieso hattest du dich dieses eine Mal irren müssen? Kapitel 38: Auf dem Rückweg --------------------------- Kapitel 38: Auf dem Rückweg „Das was für dich bestimmt ist, zieht nicht an Dir vorbei!“ (Autor unbekannt) Elenas Sicht: Ich konnte nicht sagen wo ich war. Irgendwie hatte ich das Gefühl in einer endlosen Schwärze zu verharren, in der Schatten, die ich nicht erkennen konnte, an mir vorbei liefen. Ein Kinderlachen brachte mich dazu, mich umzudrehen. Ich folgte dem Lachen, lief weiter und aus einem weißen Licht heraus sah ich Finn mit einen kleinen Jungen, der vielleicht drei oder vier war. Finn hatte ihn auf die Arme genommen und zündete mit ihm eine Kerze an. Sie falteten ihre Hände zu einem Gebet. „Liebe Mama, wir denken an dich, wie an jeden Tag und wünschen dir das Beste. Ich danke dir für deine Liebe, die du mir an jeden Tag geschenkt hast und verspreche alles zu tun, damit ich zu einem Mann werde, auf den du stolz sein kannst“, versprach mein Sohn. Tränen liefen über meine Wangen und alles wurde wieder dunkel. Neben mir tauchte ein neues Bild auf. Ein Junge, vielleicht zwölf, war mit Finn und Kol unterwegs. Er hatte einen Bogen bei sich und sie warteten hinter einem Gebüsch, wo sie in Deckung gegangen waren. Kol zeigte dem Jungen, das er seinen Daumen um den Zeigefinger drehen sollte. Lächelnd wischte ich mir eine Träne aus dem Gesicht. Wieder verschwand das Bild und als nächstes tauchte eines auf, wo Gideon älter war, bald schon Erwachsen, zumindest ein Teenager. Er hatte ein Schwert in der Hand und kämpfte gegen Kol, wobei Finn zusah. Die nächste Szene, die ich sah, war anscheinend seine Hochzeit. Er heiratete eine blonde junge wundervolle Frau, die einen Blumenkranz anstatt eines Schleiers trug und überall waren Sonnenblumen. Finn stand bei ihm. Das letzte Bild, was ich sah, war Gideon mit einem eigenen Kind auf den Armen und das Buch in der Hand, das ich ihm hinterlassen hatte. Ich hoffte er sang seinem Kind die Lieder vor, die ich ihm auch vorgesungen hatte. Ich hatte ihm alle, die mir eingefallen waren, aufgeschrieben. Das weinen konnte ich einfach nicht unterlassen, es war als überwältigten mich die Tränen einfach. Dann sah ich eine Szene, die mich aufs tiefste erschütterte. Kol ließ eine junge Frau fallen, von der er getrunken hatte. Sie fiel leblos zu Boden. Er legte den Kopf in den Nacken, schloss die Augen. Sein Gesicht war blutverschmiert. „Tatia“, flüsterte er und ich drohte hinzufallen. „Halte mich bitte auf.“ Arme fingen mich auf und ich schaute hinauf, sah Rebekah mich anlächeln. Alles war wieder schwarz. Nur wir beide waren hier. „Bin ich etwa tot?“, fragte ich nach, da mir das alles so unwirklich vorkam. Was war das nur hier? Wo war ich gelandet? War das die Hölle? „Nein, bist du nicht. Du gehst hier nur vorbei“, erklärte sie mir und ich verstand nicht was sie meinte. Verwirrt sah ich meine beste Freundin an. „Bist du tot?“, fragte ich nach und betete, dass dem nicht so war. „Nein, ich hab nur einen Dolch in meinem Herzen und bin deswegen in dieser Zwischenwelt in der es keine Zeit gibt. Wenn ich wiederaufwache, bleibt nichts weiter übrig, als eine vage Erinnerung, wie an einem Traum. Du musst mir also sagen, das du es bist Tatia. Erklär es mir bitte, denn ich möchte meine Freundin wiederhaben“, bat sie mich eindringlich. Weitere Tränen überkamen mich, bevor ich nickte und mich in ihre Arme warf. Wir hielten uns eine ganze Weile, bevor sie mich losließ und mich sanft schubste und so in eine neue Richtung leitete. „Du musst weitergehen“, erklärte sie ernst und mit Nachdruck in der Stimme. Noch eine Weile sah ich sie an, bevor ich losging. Als ich allerdings nach hinten sah, war sie nicht mehr da. Verwirrt von all dem ging ich einfach nur weiter. Da war ein weiterer Schatten vor mir, ich ging geradewegs auf ihn zu. Ich kniff meine Augen zu, um ihn besser zu erkennen, mit der Zeit nahm er wirklich Gestalt an. Es war Jenna, die mir zu lächelte. „Weitergehen“, flüsterte sie nur und ich ging an ihr vorüber, sah sie dabei, die ganze Zeit an und merkte, wie sie wieder zu einem Schatten wurde. Dann waren da noch meine Eltern, meine richtigen und meine Adoptiveltern, sie winkten mir zu und bedeuteten mir weiterzugehen. Dann waren da Finn und Kol. Kol lief auf mich zu und schloss mich in die Arme, wie ein Rettungsanker, allerdings sagte er kein Wort. Finn nickte mir nur zu, während ich immer weiter ging. Irgendwie fehlte mir Gideon, allerdings in welcher Form sollte ich ihn wiedersehen? Vielleicht hatte ich ihn auch gesehen, doch nur nicht erkannt? Dann war da ein Licht, ich sah es und lief darauf zu. Schnell, schneller, so schnell mich meine Füße tragen konnten. Doch bevor ich hineinlief, spürte ich etwas neben mir. Ich blieb stehen und drehte mich langsam um. „Elijah“, flüsterte ich und er lächelte mich sanft an, sodass es mein Herz höher schlagen ließ. Er nahm meine Hand in seine und küsste sie. „Ich bin allein“, flüsterte er zurück und ich wusste nicht, ob ich schon wieder weinte oder immer noch. „Wir sind alle allein“, gab ich leise zurück. „Aber manchmal denke ich, wenn wir alle allein sind, dann hat das doch auch was gemeinsames, oder nicht?“ Meine Glieder fühlten sich so schwer an. Ich fühlte mich, als hätte ich bereits ein ganzes Leben hinter mich. Er nickte mir zu und ließ dann meine Hände los, damit ich weitergehen konnte. „Bitte komm zu uns zurück, egal wann“, bat er mich noch und ich ging rückwerts, sah ihn so lange an, wie es mir möglich war und dann war es Licht das mich überwältigte. Schwärze und… ich wachte auf. Ich schlug die Augen auf und atmete tief durch. Was war nur geschehen? „Elena!“, rief eine Stimme und ich reagierte gar nicht. Doch als mich eine Hand sanft an der Schulter berührte, sah ich zu der Stimme. Es war Bonnie, die mich besorgt ansah. „Du warst weg, Elena. Auf einmal warst du weg. Zwar nur für eine Sekunde, aber in der warst du wirklich verschwunden. Du siehst so geschockt aus. Was hast du gesehen? Es war doch nicht wirklich Stefan, wie du befürchtest hast, oder?“ Verständnislos sah ich meine Freundin an, wovon redete sie da? Oh, Stefan. Natürlich, deswegen hatte ich das gemacht. Ich wollte wissen, ob ich ihn loslassen kann und mich ganz auf Damon einlassen konnte. Stefan, dieses Wort begleitet bei mir nur noch Hass und Schmerz. „Also Elena, was hast du gesehen? Wer ist deine wahre Liebe?“, fragte sie nach und ich sah ihr entsetzt in die Augen. Ich wusste es nicht. Ich hatte bemerkt, dass ich sowohl Elijah, als auch Niklaus liebte und das machte meinen Rückweg frei. Das bedeutete einer von den beiden war meine wahre Liebe. Oh Gott! In dieser Zeit. In der anderen war das nicht so schrecklich, aber hier? Da sollte wirklich einer von ihnen meine wahre Liebe sein? Elijah oder Niklaus? Beide waren auf ihre Weise schlimm und nicht gerade das was sich ein Mädchen erträumte. „Ich bin nicht so sicher“, sprach ich total verwirrt. Bitte. Hilf mir doch jemand! Epilog: Immer ------------- Epilog: Immer Immer hat alles was wir tun einen Sinn. Wir werden geboren, aus einem bestimmten Grund. Wir müssen Schmerzen ertragen, zu einem höheren Wohl und alles geschieht, weil es so sein muss. Sollte es uns da noch verwundern, dass eigenartige Dinge uns dazu bringen die Dinge anders zu sehen. Ich weiß nicht, ob ich wirklich klar sehe, doch ich kann sagen, dass ich eine neue Sicht auf die Dinge habe. Einen neuen Blickwinkel. Immer wieder können wir unserem Schicksal nicht entfliehen. Immer wieder begegnen wir der Liebe. Immer wieder suchen wir nach der wahren Liebe. Immer wieder finden wir mit den Seelen zusammen, für die wir bestimmt sind. Denn immer hat irgendwer einen Plan, auch wenn wir diesen nicht verstehen oder erkennen können. Doch es gibt ihn und wir haben keine Möglichkeit ihn zu entfliehen. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)