Can´t cange it von Akio21 ================================================================================ Kapitel 9: Die Puppe -------------------- Stolz hielt ich mein Werk in die Höhe, das war das Beste was ich je in Handarbeit geleistet hatte. Ich warf einen Blick zu Wolfram. Der hatte es auch noch irgendwie hinbekommen, auch wenn sein Etwas, ich meine sein Tier eher wie ein Kopfkissen mit Augen aussah. Wolfram, der meinen Blick natürlich bemerkt hatte, holte einen Zettel hervor und fing an, etwas zu kritzeln. Muratas Arbeit sah auch ziemlich gut aus. Er hatte einen kleinen Hasen gestrickt und ihm aus dem Korb mit den Accessoires eine Brille angenäht. Bist du das, Murata?, wollte ich scherzhaft von ihm wissen. Ich wusste nicht, ob er mich gehört hatte, denn er schien ziemlich in diesen albernen Hasen vertieft zu sein und gab keine Antwort. Voltaire sammelte unsere Arbeiten ein. Als er an meinen Tisch kam, fing sein rechtes Auge unkontrolliert zu zucken an, seine Pranken streckten sich zitternd Richtung meiner Katze aus. Um nicht in Gefahr zu geraten, wer wusste schon, was mit diesem Mann los war, beeilte ich mich und drückte sie ihm schnell in die Hand. Als wäre das Teil irgendeine wertvolle Kostbarkeit, nahm er sie vorsichtig entgegen. Komischer Typ. Ohne sich um die Stricksachen der andern zu kümmern, klemmte er sich seine Tasche unter den einen Arm, und verließ, meine Katze immer noch in der andern Hand den Saal. Unser Schulsprecher, ein Mann der Tat, sammelte die restlichen Sachen ein, verstaute sie in dem Korb mit den anderen Tieren, in dem anfangs noch die Wolle gelegen hatte, und stellte ihn in die Ecke. Wahrscheinlich wollte er ihn in der Pause zum Lehrerzimmer bringen, falls von Voltaire nicht doch noch zurückkam. Hatte ich was falsch gemacht, gegen irgendeine Regel der strickenden Bevölkerung Japans verstoßen? „Autsch“, rief ich mehr vor Schreck, denn Schmerz, Wolfram hatte mir ein zerknülltes Stück Papier an den Kopf geworfen. Mit dem Handy in der Hand ging er auf den Gang. Murata folgte ihm. Ich entknüllte den Zettel und las in verschnörkelter Handschrift „in der Pause habe ich eine Überraschung für dich“ unterschrieben mit drei Küssen. Ich schüttelte mich leicht, dachte aber hoffnungsvoll, vielleicht hat er mein Fahrrad reparieren lassen und es stand schon geputzt und aufgemotzt vor der Schule? Hoffentlich stand Shori nicht noch draußen herum. Wolfram kam wieder rein und er sah mich sehr zufrieden an. Wo war Murata? Die fünf Minuten waren schon vorbei und der nächste Lehrer kam herein. Kontrollierte die Anwesenheit fragte „Wo ist Murata Ken?“ Ich wollte ihm schon eine Ausrede auftischen, als Wolfram antwortete. „Er hatte einen Anfall und rannte zur Toilette." Besorgt erhob ich mich und fragte, ob ich nach ihm sehen dürfe, als Murata auch schon mit hochrotem Gesicht hereinkam. Aber als er mich sah, lief er wieder hinaus. „Gut, Shibuya, bring ihn bitte ins Krankenzimmer." „Das mach ich schon“, mischte sich Wolfram wie immer ein und ging auch schon ohne auf die Erlaubnis zu warten. Was hatten die beiden bloß? In der Pause saß ich wieder mit Murata an einem Tisch. Ich sprach ihn nicht auf Wolfram an, aus Furcht, er könne wieder dort weitermachen wo er heute morgen aufgehört hatte. Wir aßen und unterhielten uns, ganz normal, wie früher auch, über das seltsame Verhalten von Gwendal von Voltaire. „Hoffentlich bekomme ich keinen Ärger“, mutmaßte ich. „Bestimmt nicht, der war doch hin und weg von deiner blöden Katze." So hatte ich das noch gar nicht gesehen. Vielleicht hatte Murata Recht und ich bekam sogar ein A? Nach dem Essen brachten wir unsere Tabletts zurück. Am Ausgang der Mensa stand Wolfram und passte mich ab. Murata rannte davon. Wolfram hingegen drückte mir strahlend eine Art Puppe in die Hand. „Was soll das?“ verlangte ich zu wissen. „Deine Überraschung, das bist du, Yuri." Seine Augen glänzten, in Erwartung auf meine Reaktion. Wahrscheinlich hatte er wegen meiner Anstrengungen vorhin falsche Rückschlüsse gezogen was mein Verhältnis zur Handarbeit betraf. Also hielt sich meine Begeisterung in Grenzen. Ich bedankte mich höflich und betrachtete die Puppe genauer. Das sollte ich sein? „Gefällt sie dir nicht?“ fragte Wolfram enttäuscht. „Doch." Woher kam dieses Ding und warum lief Murata davon. So schlimm sah sie nicht aus. Eine Stoffpuppe mit schwarzen Filzhaaren, schwarzen Knopfaugen und einem schwarzen Anzug. Kurz, sie sah aus, wie jeder andere männliche Schüler hier auch. „Übrigens, Wolfram“, wollte ich die Gelegenheit beim Schopf greifen. „Kann ich nach der Schule wieder mit zu dir fahren?“ Wolfram fing an zu strahlen, das ich schon Furcht um mein Augenlicht hatte. „Natürlich“, sagte er mit sexy klingender Stimme. „Das musst du nicht erst fragen." „Na schön, ich habe gestern mein Fahrrad bei dir vergessen, das weißt du doch, oder?“ „Wie kannst du jetzt nur an dein schrottreifes Fahrrad denken?“ „Wieso nicht? An was soll ich sonst denken, es ist kaputt und ich brauche es, um zur Schule zu fahren“, langsam ärgerte ich mich. Wolfram verdrehte die Augen und sagte: “Meine Güte, dann kaufe ich dir eben ein neues." Und dann mehr zu sich selbst „Vielleicht wäre ein Tandem nett?“ Das fehlte noch. „Nein“, beeilte ich mich zu sagen. „Nein, das ist wirklich nicht nötig. Ich repariere es einfach und...weißt du, es hat einen ideellen Wert für mich." Das war zwar gelogen, aber ich hoffte, Wolfram würde sich damit zufrieden geben. Stattdessen zuckte ich erschrocken zusammen, als ich laut schreiend beschuldigt wurde, „Von wem hast du es bekommen? Wer ist der Kerl? Kenne ich den?“ Mit erhobenen Händen ging ich rückwärts, „nein, es ist von meinen Eltern. Nicht, was du denkst. Äh, komm lass uns wieder in den Unterricht gehen." Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)