13 Tage von abgemeldet (Weil sich Kämpfen immer lohnt) ================================================================================ Tag 2: Neuanfang ---------------- 'Wo bin ich?' Das war der erste Gedanke, der Ai durch den Kopf schoss. Ihr war immer noch schwindelig, ihr Kopf fühlte sich schwer, aber irgendwie leer an. Dann bemerkte sie, dass sie auf einem fremden Bett lag. Von draußen durchbrach nur das Mondlicht die Dunkelheit. Ai wollte am liebsten weiterschlafen. Die Augen schlossen sich langsam wieder, wurden jedoch von einem unerwarteten Geräusch jäh unterbrochen. „Du bist wach. Das ist gut. Shinichi war vor Sorge verrückt geworden und schließlich eingeschlafen.“ Ai richtete sich blitzartig auf und blickte sich panisch um. Wer war das? Wie kam er hier rein? Endlich fiel der Groschen. „Moroboshi Dai...“ flüsterte sie erneut und die Bilder des vergangenen Nachmittags flogen kreuz und quer durch ihren Kopf. „Nein, Shuichi Akai...der Mann, der meine Schwester verführte, um in die Organisation zu kommen.“ „Oh? So viel hast du dir also zusammenreimen können?“ bemerkte Akai zynisch und Ai zuckte zusammen. Sie hatte in der Zwischenzeit ein Gespür für die Emotionen anderer Leute entwickelt, seit sie versuchte, Conan besser zu verstehen. Und jetzt fühlte sie deutlich den Schmerz, den Akai beim Reden zu unterdrücken suchte. Augenblicklich taten ihr ihre Worte leid. „Hör zu, ich, ich...“stammelte sie. Eine einzelne Träne lief ihre Wange herab. „Wer bist du? Warum konntest du Akemi nicht helfen?“ Akai blickte sie traurig an. Jetzt war der Zeitpunkt gekommen, vor dem er sich so sehr gefürchtet hatte. Den er hinauszögern wollte, solange es nur ging. „Shiho, ich werde dir jetzt alles erzählen. Doch ich habe Bedingungen: bitte unterbrich mich nicht. Ich werde alle deine Fragen im Anschluss beantworten. Einverstanden?“ Seine Worte kamen nur langsam, doch mit einer Entschlossenheit dahinter, die endgültiger nicht hatte sein können. Ai registrierte dies sofort, war jedoch immer noch verunsichert. Sie kannte Akais Geschichte nur stellenweise und fragte sich, was Akemi ihr nicht erzählt hatte. Sie musste schlucken. War ihre Schwester wirklich so gewesen? Dass sie solch wichtige Dinge vor ihr verborgen hätte? Nein, Akemi war für Ai schon immer ein Gutmensch gewesen, die Verkörperung der Freundlichkeit. Aber was dann? Wieso sprach dieser Akai so, als gäbe es Dinge über Akemi, die sie nicht wusste? Zitternd nickte sie. „Dann werde ich dir jetzt von meinem und Akemis Dasein in der Organisation berichten – das sind doch vor allem die Details, die dich interessieren, nicht wahr?“ -:- Conan erwachte langsam. Er fühlte sich müde und erschöpft. Ai hatte ihm am Vorabend einen großen Schrecken eingejagt. Nach ihrem Zusammenbruch brachten er und Akai sie auf das Gästezimmer seines Hauses und versorgten sie mit dem Wichtigsten. Dann schickte er Akai in das Arbeitszimmer, damit er sich wieder an seine Aufgabe macht. Er selbst blieb bei Ai, um nach ihrem Zustand zu sehen. Doch irgendwann, bevor er wirklich etwas dagegen unternehmen konnte, schlief er an der Bettkante ein. Jetzt jedoch, als er sah, dass weder Ai noch Shuichi bei ihm waren, läuteten bei ihm alle Alarmglocken. Er eilte die Treppe hinunter, bremste jedoch schnell wieder ab. Akai kam ihm aus dem Wohnzimmer entgegen. Als er schon fast draußen war, drehte er sich jedoch noch einmal um. „Bitte vergib mir.“ flüsterte er sanft, fast kaum hörbar. Conan blickte überrascht zu ihm nach oben und wandte den Blick schnell wieder zu Ai. Ihre Augen waren tiefrot. 'Sie muss lange geweint haben...ich sollte zu ihr hin und -' seine Gedanken wurden von Akai unterbrochen. „Lass gut sein, Shinichi.“ meinte der Ex-Agent. Er hatte seine Idee wohl schon vorausgeahnt. „Sie braucht jetzt vermutlich Zeit für sich...ich hoffe nur, dass sie mir meine Fehler verzeihen kann.“ „Du hast keine Schuld daran, das wissen wir beide.“ antwortete Conan. „Du hast ihr alles erzählt, also wird sie auch zu dieser Schlussfolgerung kommen.“ Dann warf er nochmal einen Blick in das Zimmer rein. Ais Blick war starr nach vorne gerichtet. Sie hockte auf der Couch, die Arme umschlossen die Knie. Conan wusste genau, worüber die beiden geredet haben mussten. Zum ersten Mal seit langer Zeit waren seine Hände gebunden. Er konnte nur noch die Nacht abwarten und hoffen. Hoffen, dass Ai die eine Wahrheit sieht. -:-   Ai ging die Nacht noch einmal durch. Alle Ereignisse spulten sich in ihrem Kopf noch einmal ab, seit Akai jenen Satz sagte. „Dann werde ich dir jetzt von meinem und Akemis Dasein in der Organisation berichten – das sind doch vor allem die Details, die dich interessieren, nicht wahr?“ Shuichis Worte klangen wie ein Donnerschlag in Ais Kopf. Nur langsam wurde sie sich der Tragweite seiner Worte bewusst. War sie wirklich bereit dafür? Akai versprach ihr die volle Wahrheit. Konnte sie ihm trauen? Wollte sie das? Sie nahm ihren Mut zusammen und nickte erneut. „Ich will alles wissen.“ erklärte Ai mit zitternder Stimme. Shuichi war überrascht ob ihrer plötzlichen Aussage, doch ein sanftes Lächeln formte sich schließlich auf seinem Mund. „Ich bin, wie du sicherlich noch weißt, nur dank Akemi in die Organisation gekommen. Aber weißt du auch, was ihre Aufgabe war?“ „Sie war eine einfache Agentin, was denn sonst?“ antwortete Ai blitzschnell. „Das ist nur der eine Teil der Wahrheit. Ihr, die Familie Miyano, seid von essentieller Bedeutung für die Organisation. Ihr seid der Schlüssel zu ihrer Macht.“ - „Der...Schlüssel...zu ihrer Macht?“ fragte Ai nach. Ihr gingen die Worte aus. Sie wusste nicht, was sie sagen sollte. Erneut. Die Ereignisse überschlugen sich seit dem Brief nahezu. „Ganz genau.“ bestätigte Shuichi. „Ohne euch wären sie nicht das, was sie heute sind. Nach den Informationen, die ich während meiner Zeit in der Organisation erlangen konnte, sind sie hinter zwei Dingen her: dem perfekten APTX-4869 und noch etwas. Etwas, wozu eine Miyano benötigt wurde. Du warst bereits für das Gift zuständig, also fiel ihre Wahl auf Akemi.“ „Was?“ unterbrach Ai. „Was wollten die Mistkerle von meiner Schwester?“ „Das weiß ich nicht. Ich weiß nur, dass die Informationen verschlüsselt auf dieser Diskette liegen. Das sind die Daten, die auf Vermouths PC gespeichert waren.“ - „Wie bist du da ran gekommen?“ Der Ex-Agent grinste unwillkürlich. „Das war meine Aufgabe: ich war zuständig für das Netzwerk der Organisation. Ich sollte sicherstellen, dass keine Eindringlinge in das System gelangten. Und mittels einiger Kniffe konnte ich jedes Mal, wenn Vermouth ihren Computer anschaltete, eine Verbindung zu diesem herstellen und Dateien von dort herunterladen. Einziges Problem ist und bleibt, dass wir – also der FBI – nicht wissen, wie diese zu entschlüsseln sind. Aber eines ist sicher: wenn Vermouth sagt: We can be both God and Devil since we’re trying to raise the dead against the stream of time. - Dann bezieht sie sich definitiv auf diese Diskette. Und sie steht in direkter Verbindung mit deiner Schwester, denn sie sind eindeutig mit ihrer Signatur versehen.“ „Und was hat das mit mir zu tun?“ fragte Ai. „Nun, ganz einfach – du kommst an dieser Stelle ins Spiel. Du kennst die Organisation am besten, du kanntest deine Schwester am besten, besser noch als ich. Du musst die Dateien entschlüsseln, damit wir sie endlich stoppen können. Das ist deine Bestimmung, die Bestimmung der Miyanos.“ antwortete Shuichi. „Warum? Warum konntest du meiner Schwester nicht helfen? Du warst doch bei ihr...“ flüsterte Ai. Shuichi war überrascht wegen dem plötzlichen Themenwechsel. Er hat nicht voraussehen können, dass die häufige Erwähnung Akemis ihr noch so sehr zu schaffen machen könnte und doch konnte er sie verstehen. Sein Blick wurde trüber, als sich zum ersten Mal in seinem Leben Tränen in seinen Augen sammelten. „Es tut mir Leid...ich konnte ihr nicht helfen. Ich habe meine Mission über Akemi gestellt. Ich...wenn du den Schuldigen suchst: hier ist er. Ich bin schuld. Wäre ich nur da gewesen, hätte ich sie retten können, doch stattdessen versteckte ich mich und schmiedete lieber an Plänen, die nie ausgeführt wurden.“ Jetzt flossen die Tränen bei Ai. Doch dieses Mal ließ sie es zu, sie wollte sich nicht mehr verstecken. Tief in ihrem Herzen wusste sie irgendwie, dass Akais Reue echt waren. Sie wusste, dass er mindestens genauso litt wie sie. Dann hob sie ihren tränenbeschmierten Kopf und sah, dass Akai bereits an der Türschwelle war. Plötzlich drehte er sich um. „Bitte vergib mir.“ Ai konnte nur noch nach vorne schauen. Der Gedanke, dass Akemi mehr war als nur eine einfache Agentin, zermürbte sie innerlich. Sie wollte gleichzeitig wissen, was wichtig war, fürchtete sich aber vor der Wahrheit. Konnte sie ihrer Schwester noch trauen? Was war das Schicksal der Miyanos, von dem Akai sprach? Wo war die Wahrheit, von der Conan immer wieder sprach? Ihre geröteten Augen schlossen sich langsam wieder. Sie hatte nur noch einen Gedanken im Kopf. 'Shinichi...hilf mir.' -:-   Sonnenstrahlen schossen durch das Fenster. Vögel zwitscherten. Eine sanfte Brise wehte durch das Fenster. Man sollte meinen, es wäre ein schöner Tag. Man sollte meinen, jeder könnte eine erholsame Nacht verbracht haben und sich auf den schönen Tag freuen. Und man sollte meinen, dass kein Anlass zur Sorge besteht. Aber die drei Personen in Shinichi Kudos Haus hatten alles andere als eine ruhige Nacht: erst das Gespräch zwischen Akai und Ai und schließlich die emotionalen Folgen davon – Ais Angst, Akais Unsicherheit und Conans Unentschlossenheit, Gefühle, die an den dreien nagten wie ein Bettler am Hungertuch. Doch heute mussten sie alle diese Gefühle abschütteln. Heute war Tag 2 seit Bourbons Brief angebrochen und mit jeder Sekunde, die verstrich, verblasste ihre Chance auf einen Sieg gegen die Männer in Schwarz. -:- Shuichi war der Erste, der wach wurde. Als er noch seine Tarnung als Subaru hatte, war es bei ihm auch zur Routine geworden, das Frühstück ein wenig ausgiebiger zu gestalten, und so konnte er auch gleich für Ai und Conan ein Mahl zubereiten. Beim Gedanken an Ai wurde ihm unwohl. 'Wie sie diese Nacht wohl verkraftet hat? Kann sie mir verzeihen? Ihr Leid ist so unnötig...ein Leben lang in der Organisation eingesperrt zu sein, hat niemand verdient. Wir müssen die Dreckskerle stoppen!' Er hatte seine Entschlossenheit schnell wieder gefunden. Das Ziel, dem er sich verschrieben hatte, war das einzige Feuer, das ihn noch zum Leben antrieb. Sonst hatte er nichts mehr. Man hatte ihm alles genommen. Seine Familie, seine Freundin, seine Freiheit...jetzt würde er die Leute vernichten, die ihm das angetan haben. Just in diesem Augenblick kamen Conan und Ai die Treppe zur Küche hinunter. „Guten Morgen, Shiho, Shinichi.“ begrüßte sie Akai, woraufhin Ai erneut bei der Erwähnung ihres richtigen Namens zusammenzuckte, dieses Mal jedoch nicht so heftig wie beim ersten Mal. Conan hingegen erwiderte den Gruß betont lässig. Ihm war unwohl beim Gedanken, so neben Ai herbeizulaufen. Auf eine groteske Art und Weise sahen sie wie ein zu klein geratenes Brautpaar aus. 'Was ist hier los?' fragte sich Conan in Gedanken. 'Wie komm ich auf so was? Ai läuft halt mal wieder neben mir her, na und? Sie läuft...anmutig. Grazil. Erinnert mich an eine Schneekönigin, so kalt, wie sie manchmal ist...' Er errötete leicht, als er sich dabei ertappte, wie er sich die erwachsene Shiho in einem schneeweißen Kleid vorstellte und versuchte, die Vorstellung zu verscheuchen. Er liebte doch Ran! Und dennoch...ein kleiner Stachel blieb in seinem Herzen. Shuichi musste grinsen. Er konnte sich sehr wohl denken, was in Conans Kopf vorging, dafür reichte seine Beobachtungsgabe noch. Er konnte diese verwirrenden Gefühle nachvollziehen, es waren dieselben, die er für Akemi empfand. Ai hingegen bekam von alledem nichts mit. Ihr war nur noch das Gespräch mit Akai im Kopf geblieben. Sie hatte kaum geschlafen, und so zeichneten sich Augenringe auf ihrem ansonsten makellosen Gesicht ab. Aber eines hatte sie dennoch geschafft. Sie hat ihre Entscheidung getroffen. -:- Anfangs hörte man nur das Kratzen der Gabeln über die Teller. Ansonsten herrschte vollkommene Funkstille zwischen Akai, Conan und Ai, weil keiner wusste, wie das Eis zu brechen war. Schließlich wagte Akai einen Vorstoß. „Shinichi? Hast du Ran eigentlich über deine Abwesenheit informiert?“ fragte er zögernd. Conan realisierte seine Frage nicht auf Anhieb, schaffte jedoch noch eine Antwort. „Eh...ja...ja, hab ich.“ Ai musste schmunzeln, sah es ihrem Lieblingsdetektiv nicht ähnlich, so schwer zu Begriff zu sein. 'Öh, was? Hab ich grad mein Lieblingsdetektiv gedacht? Was zur Hölle...' Immerhin schaffte sie es im Gegensatz zu Conan, ihre gefühllose Maske zu wahren. Dann unternahm auch sie einen Versuch. „Akai, wegen der Diskette...“ fing sie an und sofort wurde ihr sämtliche Aufmerksamkeit der beiden Herren zuteil. „Ich will sie mir ansehen.“ - Akai musste grinsen und blickte Conan an. „Dann lass uns keine Zeit verlieren.“ Mit diesen Worten standen beide auf und gingen geradewegs in das Arbeitszimmer des Hauses, wo ein Computer bereitstand. Ai blickte den beiden nach und stellte etwas Eigenartiges fest: einen kurzen Augenblick lang sah sie zwei Brüder nebeneinander herlaufen, wie sie sich zusammen auf ein neues Spiel freuten. Diese idyllische Vorstellung blitzte jedoch nur kurz auf – dann war Ai wieder in der bitteren Realität angekommen. -:- Als Ai sich letztendlich auch aufraffte und ins Arbeitszimmer trottete, sah sie, dass der PC bereits hochgefahren war und sich die Diskette in den Händen Conans befand. „Bist du bereit, Ai?“ fragte er sie, woraufhin sie nickte. Sie wollte endlich wissen, was sich auf der Diskette befand. Conan legte die Diskette ein. Die Zeit stand einen Augenblick lang still, dann blinkte ein Fenster auf. Ai musste schon zweimal hinsehen, um sich zu vergewissern, dass ihre Augen sie nicht täuschten. „Ich weiß ja nicht, was ihr da seht...aber ich kann da nur Zahlen sehen.“ Die erste Bildschirmzeile verkündete in pechschwarzer Schrift: 809711010011111497 -:-   Der Tag schritt voran. Der Code blieb ungelöst. Die Verzweiflung wuchs. Weder Ai noch Conan konnten etwas mit der Zahlenkette anfangen, die ihnen Akai vorgelegt hatte, sodass die drei um 14 Uhr fürs Erste die Flinte ins Korn warfen und sich zum Mittagessen begaben. Wie beim Frühstück herrschte Totenstille, die Akai schließlich durchbrach. „Was wollt ihr eigentlich nach der High-School machen? Nachdem wir die Organisation erledigt haben?“ fragte er. „Falls wir sie erledigen...“ murmelte Ai. Optimismus war noch nie ihre Stärke gewesen. Conan schüttelte den Kopf und wandte sich dann an Akai. „Hab mir noch keine Gedanken gemacht. Wieso fragst du?“ Akai wartete einen Moment, bevor er antwortete. „Was wäre, wenn ihr zwei dem FBI beitreten würdet?“ Die Reaktion war fast schon absehbar. Conans saß sprachlos mit offenem Mund da, während Ai spöttisch auflachen musste. „Wir zwei? Beim FBI? Wie kommst du darauf?“ fragte sie. „Ganz einfach: Shinichi ist ein herausragender Detektiv in den jungen Jahren und er hat definitiv das Potential, um dann an meiner Stelle beim FBI zu arbeiten. Shiho, du hingegen bist eine extrem talentierte Wissenschaftlerin. Deine Fähigkeiten wären dem FBI jederzeit von Nutzen. Wie auch immer, ich lass euch jetzt allein. Ich geh mich wieder an den Code setzen.“ erklärte Akai ihnen und stand auf. Zurück ließ er einen verdatterten Conan und eine verblüffte Ai. Dann blickte der Junge seine Nebensitzerin an. „Du bist nicht sonderlich glücklich über das Angebot, oder?“ Ai schaute ihm in die Augen. „Ich weiß nicht, was ich davon halten soll...“ erwiderte sie leise. „Weil du Angst hast, dass dich eines Tages jemand verschleppt? Weil du Angst hast, so viel opfern zu müssen wie Akai?“ fragte er. „Ja...du überraschst mich, Kudo. Ich hätte nicht gedacht, dass du das verstehst.“ Conan runzelte die Stirn. „Was glaubst du, wer ich bin?“ fragte er. „Ein Idiot oder was? Ich bemerke immer, was um mich rum geschieht. Das ist für einen guten Detektiv doch das Wichtigste.“ ‘Ja, du bemerkst alles, außer…’ dachte sie. „Idiot.“ flüsterte das rotblonde Mädchen. - „Was?“ - „Nichts.“ „Wo wir gerade schon von Schulzeit reden, wie warst du so, Haibara?“ fragte er neugierig nach einem Moment der Stille „Was meinst du damit?“ fragte sie. - „Nicht deine Noten. Ich weiß, dass du exzellente Noten hattest. Der Rest...ich weiß nicht…deine Freunde.“ Ai dachte darüber nach. Sie saß immer alleine. Immer in der vordersten Reihe, wo kleine Menschen sitzen würden. Sie war immer still und wartete, dass die Stunde beginnen würde. Vielleicht war es wegen ihrem Alter: sie war die jüngste und doch eine der intelligentesten Studenten dort. Vielleicht war es aber auch wegen ihrer Persönlichkeit: sie war so ruhig und unabhängig, dass niemand ihr nahe kam. Aber es schien auch so, als würde sie von niemandem erwarten, dass jemand ihr nahe kommen würde. „Da gibt es nicht viel zu sagen, Kudo.“ sagte sie schlicht. „Warum fragst du?“ - „Ich war nur neugierig.“ antwortete er mit einem Zucken. „Du weiß fast alles über mich, während ich...nun, ich weiß nicht so viel über dich. Das ist alles.“ Er drehte sich zu ihr und lächelte. „Nur Neugier.“ Ai fühlte, wie ihre Wangen rot wurden und senkte den Kopf, damit ihre Haare ihr Gesicht decken konnten. Er hat sie damit überrascht, obwohl das, was er sagte, wahr war. Sie blickte ihn an. ‘Shinichi Kudo: siebzehn Jahre alt.’ dachte sie. ‘Besucht die elfte Klasse in der Teitan High School. Fanatischer Fußball- und Sherlock Holmes-Fan. Berühmter Detektiv mit außergewöhnlichen Fähigkeiten. Sehr beliebt bei Mädchen.’ Sie lächelte leicht. „Das stimmt nicht.“ sagte sie. „Du weißt ein paar Dinge über mich.“ - „Ja, aber es ist immer noch wenig im Vergleich zu dem, was du über mich weißt.“ Ai drehte sich herum und sah ihn an. „Woher kommt dieses plötzliche Verlangen, alles über mein Leben zu wissen, Kudo?“ fragte sie. Conan schaute auf und sah ihre hellblauen Augen ihn anstarren. Er fühlte ein merkwürdiges Brodeln im Magen und eine Hitzewelle über sein Gesicht ziehen. Er erinnerte sich an die merkwürdige Szene des Morgens. „Bist du in Ai verliebt?“ Er errötete. „Ich war nur neugierig.“ antwortete er. „Sonst nichts, Haibara.“ Ai zuckte und nippte an ihrem Tee, unwissend, dass der Junge neben ihr sie mit einem Wirbelsturm an Gefühlen im Herzen anstarrte. -:- In dem Moment kam Akai herein. „Habt ihr es dann bald? Wir haben noch eine Nachricht zu knacken.“ - „Sind unterwegs.“ antworteten beide unisono. Die drei gingen zum zweiten Mal an diesem Tag ins Arbeitszimmer und setzten sich vor den Monitor. „Mal sehen, die erste Reihe ist: 809711010011111497 …“ murmelte Conan. „Was bedeutet das? Vielleicht stehen sie ja für Buchstaben im Alphabet.“ - „Warte, da ist eine 0.“ erwiderte Ai, als sie ihm zuhörte. „Das kann kein Buchstabe sein.“ - „Ein Punkt vielleicht oder ein Fragezeichen.“ - „Was soll dann das erste Wort sein? Selbst wenn wir die Buchstaben vertauschen, kommt nur Nonsens heraus.“ „Was schlägst du also vor?“ fragte Conan sie genervt. - „Ich dachte über das Periodensystem der Elemente nach.“ antwortete sie schlicht. „Aber diese Nummern passen nicht zu den Atomen.“ - „Klasse.“ bemerkte Conan sarkastisch. „Wir haben nicht die geringste Ahnung, was diese Zahlen bedeuten.“ „Ich habe euch doch gewarnt.“ sagte Akai. „Ihr könnt nicht erwarten, den Code innerhalb kürzester Zeit zu knacken.“ „Kudo ist es gewohnt, Fälle innerhalb von Minuten zu lösen. Er wird vermutlich nicht eher schlafen gehen, bis er herausgefunden hat, was diese Zahlen bedeuten.“ stellte Ai fest und Akai lächelte. „Sehr witzig, Haibara.“ sagte Conan. „Dieser Code, falls es überhaupt einer ist, ist unlogisch. Er ist vollkommen unverständlich.“ „Codes sind normalerweise immer unverständlich.“ schoss Ai zurück. „Ich frage mich, woher die Wissenschaftler der Organisation wissen, wie der Code funktioniert.“ fragte er sich und ignorierte ihren Sarkasmus. Akai schaute auf. „Was meinst du damit?“ fragte er. „Naja, einer von ihnen hat diesen Code ja zu Schutzzwecken eingeführt, richtig? Die anderen müssen diesen ja beigebracht bekommen. Andernfalls, wie sollten sie damit arbeiten können? Die wären ansonsten in genau den gleichen Schwierigkeiten wie wir gerade.“ Akai dachte nach. Dann machte es Klick. „Natürlich!“ rief er laut und Conan und Ai sprangen von ihren Sitzen. Sie sahen sich besorgt an, als sie Akai dabei beobachteten, wie er wie wild auf die Tastatur tippte. „Shuichi? Ist alles in Ordnung? Was ist los?“ fragte Conan zögerlich. „Deine Worte...mir fiel etwas auf...die Organisation existiert jetzt seit fast 50 Jahren. Dieser Code wird schon seit dieser Zeit verwendet – das weiß ich, weil ältere Dateien, die das FBI gefunden hat, mit genau demselben Code verschlüsselt wurden. Das heißt, dass alle Leute, die irgendwie mit der ranghöchsten Ebene der Organisation in Kontakt kommen, lernen müssen, wie der Code funktioniert.“ „Das heißt?“ fragten die anderen zwei. „Das heißt...dass ich nicht denke, dass es einen Lehrer gibt, der ihnen diesen Code beibringt. Ich glaube, dass sie alles in stinknormalen Sachbüchern finden.“ „Wie bitte? Du meinst, dass extrem wichtige Dateien mit einem Code versehen werden, der in jedem SACHBUCH gefunden werden kann?“ fragte Ai ironisch. Akai sah sie an. „Exakt.“ Diese Antwort erwischte sie auf dem falschen Fuß. Akai erklärte weiter: „Dieser Code ist nur dazu da, um Eindringlinge zu verwirren. Zumindest vermute ich das. Denkt darüber nach, was gerade passiert ist. Ihr zwei, ihr habt euch die Datei angeschaut und habt versucht, sie zu entschlüsseln, aber erfolglos. Ich glaube, der Fehler, den wir gemacht haben, war, diese Nummern unter der Annahme zu entschlüsseln, dass sie einen Code verbergen.“ „Warte…meinst du damit, dass…der Code kein Code ist?“ fragte Conan verwirrt. „Du und Ai, ihr habt gesagt, dass der Code Nonsens ist. Das aber ist unmöglich. Wenn du einen Code schreibst, muss es einen Grund dafür geben. Und das unterstützt meine Theorie, dass diese Nummern nur ein Mittel der Organisation sind, um Eindringlinge zu verwirren.“ „Was sind diese Nummern dann?“ fragte Ai. „Was ist ihre Bedeutung? Falls es überhaupt eine gibt?“ „Es gibt einen bestimmten alphanumerischen Code, der in Programmiersprachen Verwendung findet. Man nennt ihn ASCII: American Standard Code for Information Interchange. Dieser ersetzt Buchstaben und auch Sonderzeichen durch Zahlen. Die 80 am Anfang zum Beispiel stünde dann für ein großes P. Und auch die restlichen Zahlen ließen sich so entschlüsseln.“ „Das heißt...alles was wir noch tun müssen, ist, diese Zahlen zu übersetzen?“ fragte Ai skeptisch. Sie war noch nicht ganz von dieser Idee überzeugt. Sie schien ihr...zu einfach. „Was haben wir schon zu verlieren?“ erwiderte Conan. Akai ergänzte: „Ich jage die Dateien jetzt durch einen einfachen ASCII-Übersetzer, den ich gerade geschrieben habe. Und dann hoffen wir mal, dass meine Theorie stimmt, ansonsten haben wir wirklich ein Problem. Alle bereit?“ fragte er. Conan und Ai nickten langsam. Er drückte die Eingabe-Taste und das Programm startete. Stille füllte das Zimmer. Niemand traute sich, auch nur einen Mucks von sich zu geben. Dann erschien ein Fenster auf dem Monitor und alle rückten näher heran, um die erste Zeile zu lesen. „Pandora“ stand dort in schwarzer Schrift. Darunter war eine Reihe voller Namen, Zeiten, Orten und kurzen Paragraphen. Niemand sagte ein Wort. Sie konnten nicht fassen, was sie gerade zu Gesicht bekamen. Endlich konnten sie anfangen, die Organisation zu verstehen. „Haibara, die Tage der Organisation sind jetzt gezählt.“ stellte Conan lächelnd fest. Sie sah ihn an und schenkte ihm ein kleines Lächeln. „Dieses Mal stimme ich dir zu, Kudo.“ sagte sie. „Jetzt stecken sie in Schwierigkeiten.“ -:- Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)