The Collateral Damage of an Airplane Precipice von abgemeldet (LOST in Emotional Chaos) ================================================================================ Kapitel 1: Crashed! ------------------- Um halb zwölf Uhr ging ihr Wecker und sie drückte ihn nörgelnd aus, um noch eine halbe Stunde länger zu schlafen. „Hey, Elena! Solltest du nicht schon längst auf dem Weg zum Flughafen sein?“, drang Gennas Stimme an ihr Ohr, als sie langsam wieder erwachte. Sofort war sie hellwach und starrte auf die digitale Anzeige. Ein Uhr! Mist, sie hatte wohl doch länger geschlafen, als sie wollte! Beinahe aus dem Bett stürzend, raste sie ins Bad und machte sich, so schnell es eben ging fertig. Ihr Flieger nach L.A. würde um vierzehn Uhr fünf abheben und sie würde noch ungefähr eine dreiviertel Stunde mit dem Taxi brauchen. Warum hatte sie sich auch unbedingt von Genna zu diesem Ausflug in diese Bar überreden lassen? David wartete wahrscheinlich schon auf sie. Er hatte bei seinem Kumpel übernachtet. Als sie sich frisch gemacht hatte und angezogen war, gab sie ihrer Freundin noch einen schnellen Kuss auf die Wange. „Danke, dass wir bei dir unterkommen durften. Ich ruf dich dann an, wenn wir gelandet sind.“, verabschiedete sie sich und war auch schon zur Tür hinaus, bevor Genna noch irgendetwas erwidern konnte. Mit dem Taxi hatte sie Glück. Es war gerade eins bereit. Nur der Verkehr machte ihr Ärger. Warum musste es auch immer dann Stau geben, wenn man wichtige Termine hatte? Doch um Viertel vor Zwei war sie dann am Eingang des Airports angekommen und blickte sich suchend um. David war nirgends zu sehen. Wahrscheinlich saß er schon im Flieger. „Letzter Aufruf für den Flug 815 der Oceanic Airlines nach Los Angeles, USA. Alle Passagiere werden gebeten sich an Bord zu begeben.“, dröhnte es durch die Lautsprecheranlage des Flughafens. Na, super! Und wo war nun das verdammte Gate? Sie entdeckte es ganz am Ende der Halle und hätte aufschreien können. Gerade heute, wo sie nicht gerade flache Schuhe trug. Dann musste es eben sein. Schnell zog sie sich ihre Pumps aus und rannte barfuss über die kalten Fliesen des Flughafens. Und sie schaffte es. Gerade rechtzeitig, bevor der Tunnel geschlossen wurde, konnte sie hindurch und betrat das Flugzeug. In der ersten Klasse wurde sie von allen schräg angeguckt und belächelt, doch sie eilte lieber weiter. In den mittleren Teil, die Business Class. Sie ging durch die Reihen und konnte nicht glauben, wem sie da schräg von ihr entdeckte. Sawyer. Dieser blonde, lässige Typ saß alleine an seinem Platz und hatte sie anscheinend auch bemerkt, denn sein angefressener Gesichtsausdruck veränderte sich in ein breites Grinsen, als sich ihre blauen Augen trafen. Hatte sie etwa keine Schuhe an? Sawyer fand ihren explosiven Auftritt, genau wie jeder andere Passagier, ziemlich amüsant und schmunzelte in sich hinein. Er hatte gehofft, dass er der blauäugigen Schönheit noch mal begegnen würde. „Elena? Ich dachte schon, es sei etwas passiert! Deine Mailbox ging immer ran.“, ertönte die Stimme ihres Verlobten mit einem Mal und riss sie vom Anblick Sawyers. Er hatte sich erhoben und winkte ihr zu, wobei seine braunen Augen sie freudig anblitzten, wie die eines Hundes. Lächelnd schritt sie auf ihn zu. „Tut mir leid, Schatz. Ich hätte beinahe verschlafen. Das Handy war aus, deshalb habe ich meinen Wecker nicht gehört.“, entschuldigte sie sich bei ihm und küsste ihn. Sawyer wandte den Blick angewidert ab. Das war also ihr Verlobter. Was für ein Snob! „Ich wäre auch ungern ohne meine Verlobte geflogen.“, witzelte er und sie lachte. Doch Elena fiel der Mann auf, der eine Reihe vor ihnen saß. Sie lehnte sich etwas vor und tippte an seine Schulter. „Dr. Jack Shephard, dass ich Sie noch einmal zu Gesicht bekomme.“, scherzte sie strahlend vor Wiedersehensfreude und der dunkelhaarige Mann drehte sich zu ihnen um. „David? Elena? Was für ein Zufall, dass ihr im gleichen Flieger sitzt!“, entgegnete er lachend und sie umarmte ihn. „Wir werden in L.A. heiraten. David hat sich nach sechs Jahren endlich mal dazu aufgerappelt mir einen Antrag zu machen. Und was machst du hier?“, verriet sie ihm und stellte direkt eine Gegenfrage. „Oh, herzlichen Glückwunsch euch beiden. Ich bin hier, um meinem Dad zu besuchen. Im Moment genießt er seine Rente hier.“, log der gutaussehende Arzt für Wirbelsäulenchirurgie, der David und Elena schon seit ihrer gemeinsamen Zeit auf der Uni kannte und sie sogar miteinander bekannt gemacht hatte. „Wie schön. Ich hab ihn auch gestern getroffen. In einer Bar im Hafen.“, erwiderte die junge Ärztin und nun mischte sich David ins Gespräch ein. „Willst du nicht auch zur Hochzeit kommen, Jack? Immerhin hast du uns zusammen gebracht.“, schlug er vor und auch seine Verlobte war von der Idee begeistert. Jack lächelte. „Ja, sehr gerne. Ich muss nur erst einiges erledigen, wenn wir wieder in den Staaten sind.“, wandte er ein und die beiden winkten ab. „Kein Problem. Wir müssen sowieso noch alles planen.“, meinte der braunhaarige Internist, den Elena heiraten würde. Sie unterhielten sich während des Starts und eine ganze Weile lang während des Flugs. Über die Arbeit, die Familie und sonstiges. Immerhin war es jetzt beinahe drei Jahre her, dass sie sich gesehen hatten. Doch Elenas ozeanblaue Augen wanderten immer wieder zu dem blonden Sawyer rüber, der ganz unauffällig wegsah, wenn sich ihre Blicke kreuzten. Aus irgendeinem Grund konnte sie nicht anders, als immer wieder hinzusehen. Nach sechs Stunden Flug geriet die Maschine plötzlich in ein Luftloch und verlor ruckartig an Höhe, welche sie aber schnell wieder gewann. Trotzdem schaltete der Pilot auf einmal das Symbol ein, dass die Passagiere aufforderte sich anzuschnallen. Beunruhigt legte Elena den Gurt an. „Was hat das wohl zu bedeuten?“, richtete sie eine Frage an David, der sich durch sein kurzes braunes Haar strich und sich zurücklehnte. „Keine Sorge, mein Liebling. Werden wohl nur einige Turbulenzen sein...“, versuchte er sie zu beschwichtigen. Doch mit einem Mal wackelte das Flugzeug so stark, dass eine Frau aus den vorderen Reihen aufschrie. Ein junger Mann rannte an ihnen vorbei. Er wollte wohl in Richtung Toiletten, das Sicherheitspersonal auf den Fersen. „Ich hab Angst, David. Was ist, wenn wir abstürzen?“, wisperte Elena so leise, dass nur er es hören konnte. „Dann landen wir wie in der Flug des Phoenix mitten in der Wüste oder so.“, scherzte er und sie schlug ihm auf die Schulter. „Das ist nicht witzig, David!“, beschwerte sie sich bei ihm und er lachte. Dann griff er allerdings nach ihrer Hand. „Keine Sorge. Ich halte deine Hand solange fest, bis es vorbei ist.“, versprach er ihr und sie küsste ihn zärtlich. Ein Rumpeln hallte durch das Flugzeug und urplötzlich schien es von irgendetwas erfasst worden zu sein, denn es wurde geschleudert. Beinahe wie bei einem Waschgang. Verängstigte Ausrufe waren zu hören und die Atemmasken fielen aus ihren Staufächern. Elena und David setzten diese sofort auf und sie sah sich hektisch um, seine Hand so fest gedrückt wie sie konnte. Panik zeichnete sich in den Augen der Menschen um sie herum ab, die wahrscheinlich genauso in ihren stand. Man merkte, wie der Flieger rasant an Höhe verlor. Fast konnte man die Meter zählen, die es in Richtung Boden sank. Dann wurde alles schwarz um sie herum. Das Dröhnen von den Turbinen und Schreie echoten in ihrem Kopf, als sie langsam die Augen öffnete und ihr Blick klarer wurde. Sie befand sich in einem Trümmerhaufen, der mit größter Wahrscheinlichkeit ein Teil der Business Class war, in dem sie sich vorhin noch auf ihren Plätzen befunden hatten. Nun war es düster und es stank nach verbranntem Fleisch und Blut. Waren sie wirklich abgestürzt oder war das alles nur ein Traum? Ein Hirngespinst, dass ihr eigenes Gehirn ihr vorspielte. Sie versuchte sich zu bewegen, spürte allerdings einen überdimensionalen Schmerz in ihrem rechten Bein. Als sie hinsah, bemerkte sie, dass es unter einer Sitzreihe eingeklemmt war. Es war wohl nichts gebrochen, aber trotzdem tat es höllisch weh. „Elena...“, hörte sie Davids hustende Stimme und sie realisierte, dass sie immer noch seine Hand hielt. Als sie hinsah, war er ebenfalls eingeklemmt. Allerdings unter einem Metallstück des Flugzeugs. Und er hörte sich schwach an. „Ich bin hier, David.“, rief sie ihm entgegen, während sie überlegte, wie sie sich befreien könnte, und spürte, wie seine Finger ihre drückten. Er lächelte, als sie sich ihm wieder zuwandte. „Ich hab dir doch versprochen, dass ich deine Hand erst wieder loslasse, wenn alles vorbei ist.“, erinnerte er sie und Tränen schossen ihr augenblicklich in die Augen. Ja, das hatte er. Sie ließ ihn los und schob mit aller Kraft die Sitze von ihrem Bein, um zu ihm rüberkriechen zu können. Er war schwer verletzt worden. Eine große Platzwunde an seiner Stirn blutete stark und es sah so aus, als ob einige seiner Rippen gebrochen waren. „Hilfe! Kann mir jemand helfen!“, rief sie drauf los und versuchte mit einem Fetzen ihrer Bluse zumindest die Blutung am Kopf zu stoppen. Er hielt sie davon auf. „David, Schatz, ich muss kurz Hilfe holen und dann hole ich dich hier raus.“, erklärte sie und wollte los, doch er fasste ihre Hand. Verwundert starrte sie ihn an. „Nicht, Elena. Bleib bei mir...“, verlangte er und würgte Blut, dass über seine Lippen schwoll. Die gebrochenen Rippen hatten anscheinend seine Lunge oder andere Organe verletzt. Sie streichelte über seine Wange und begann zu weinen. „Ich bleib hier. Versprochen. Ich werde nicht weggehen.“, erwiderte sie und schluckte. „Bis zum Ende?“, harkte er nach und versuchte zu lachen, was ihm, wegen dem Blut in seiner Lunge, nicht gelang. Erst jetzt verstand sie, worauf er es hinauslaufen ließ. „Nein, David. Bitte. Du wirst wieder gesund. Wir werden heiraten und Kinder...“, flehte sie ihn an durchzuhalten, doch er unterbrach sie mit einem Röcheln. „Du hast mich so glücklich gemacht und ich könnte mir keine andere vorstellen, die ich lieber heiraten würde, als dich, mein Engel. Du sollst wissen, dass ich dich mehr lie...“, wollte er ihr sagen, doch seine Stimme versagte und mit einem Mal war er starr. Seine nussbraunen Augen blickten sie leer an und sie schluchzte auf. „Ich liebe dich auch, du verdammter Mistkerl! Ich liebe dich!“, schrie sie ihn an und schlug auf seinem Brustkorb. Doch er rührte sich nicht mehr. Das würde er nie wieder tun. Nachdem sie seine Augen geschlossen hatte und sein Gesicht mit einem Stück Stoff verdeckt hatte, hatte sie sich aus den Trümmern gekämpft, um sich ein Bild des Schreckens zu machen. Überall flogen Funken von Flugzeugteilen, die jeden Moment explodieren könnten. Der Flieger war am ganzen Strand verteilt, an dem sie gelandet waren. Verletzte lagen im Sand und Frauen schrieen verängstigt. Was sollte sie nun machen? Vor allem, was konnte sie jetzt tun? Sie hätte schreien können und heulen, genauso wie es die anderen Verunglückten taten. Aber sie war nicht der Typ Mensch, der vollkommen den Verstand verlor. Sie musste sich wie eine Ärztin verhalten und versuchen zu helfen, wo sie nur konnte. Davids Tod immer noch im Hinterkopf, suchte sie nach Jack, in der Hoffnung, er könnte überlebt haben. Und tatsächlich! Sie entdeckte ihn, wie er über eine schwarze Frau gebeugt eine Reanimation durchführte. So schnell sie ihr verletztes Bein tragen konnte, rannte sie zu ihm und warf sich neben ihm in den Sand. „Elena? Gott sei Dank, du hast es auch geschafft. Wo ist David?“, freute er sich über ihr Erscheinen, zuckte jedoch zusammen, als er ihren traurigen Gesichtsausdruck entdeckte. Ihre Antwort würde bestimmt nicht sonderlich erfreulich sein. „Was ist mit ihr? Wie lange bist du schon mit der Reanimation dran?“, erkundigte sie sich dann bei ihm und er drückte weiter. „Etwa zwei Minuten...“, erwiderte er und gerade, als er den Satz zuende gesprochen hatte, holte die Frau Luft. Sie keuchte aufgeregt und er hob ihren Oberkörper etwas an. Jack wollte gerade etwas zu Elena sagen, da war sie schon verschwunden. Sie hatte eine schwangere Frau gesehen, die ganz alleine, auf allen Vieren durch den Sand krabbelte. An ihren Gesichtsausdruck konnte Elena erkennen, dass sie Wehen hatte und sie rief außerdem um Hilfe. „Im wievielten Monat sind Sie?“, erkundigte sie sich. „Im Achten!“, presste die Frau, die etwa Anfang zwanzig sein musste, hervor. Toll! Das hatte gerade noch gefehlt! Sie waren abgestürzt und hatten nun auch noch das Problem eine Hochschwangere dabei zu haben. „Bleiben Sie ruhig. In welchen Abständen kommen die Wehen?“, harkte sie nach und strich beruhigend über den Rücken der wasserstoffblonden Frau. „Ich weiß es nicht.“, erwiderte diese und schon kam die nächste Wehe. Die junge Ärztin sah sich um. „Hey, du da! Ja, du! Komm her und bleib bei ihr.“, forderte sie einen Mann, so breit wie zwei Weinfässer auf. Seine schulterlangen Locken wirbelten über sein Gesicht. „Ich?“, fragte er nur verwundert und sie winkte ihn mit einer letzten Aufforderung heran. „Wenn die Wehen in Abständen von drei Minuten kommen. Dann ruf mich.“, wies sie ihn an und war auch schon wieder auf dem Weg zum nächsten Verletzten. „Hey, wie heißt du überhaupt?“, wollte der stämmige Mann wissen und sie drehte sich zu ihm um. „Elena!“, entgegnete sie und verschwand. Sie hatte gerade ein zerquetschtes Bein versorgt, da hörte man, wie sich der Flugzeugträger, der beim Aufprall vertikal in den Sand geschleudert worden war, sich hin und her bewegte. Und von eine auf die andere Sekunde brach der obere Teil ab und stürzte hinunter. Elena fiel mit Entsetzen auf, dass die Schwangere zusammen mit diesem dicken Kerl genau dort saß, wo das Teil landen würde. Sie wollte gerade losstürzen, da war Jack schon zur Stelle und brachte die Beiden außer Gefahr. Nachdem sich die Situation etwas beruhigt hatten, holte Jack sie zu sich und zeigte ihr einen Mann, dessen Brust von einem Metallsplitter durchbohrt wurde. „Was machen wir mit ihm? Er lebt noch.“, wollte der junge Arzt ihren Rat. Sie überlegte. „Nun, wenn wir gerettet werden... Was in den nächsten Stunden passieren sollte, dann gibt es kein Problem. Aber, wenn nicht... Du bist der Chirurg, Jack. Du weißt doch was zu tun ist.“, murmelte sie vor sich hin und er schluckte mutlos. Er musste dann das Metallstück entfernen und das ohne sterile Instrumente und Narkotika. „Wir lassen ihn erst mal hier im Schatten. Der wird schon nicht weglaufen. Jetzt kümmere ich mich um deine Wunde. Das ist momentan wichtiger.“, bot sie ihm an und er tat so, als wüsste er nicht, wovon sie redete. „Ich hab doch nicht...“, versuchte er sich rauszureden, doch sie nahm ihm beim Arm und hob sein weißes Hemd hoch. „Du willst mir also weismachen, dass da nichts ist?“, stocherte sie nach und blickte auf einen langen Kratzer, der sich von seiner Rippenpartie bis zu seinen Lenden zog. Er konnte ihr also nicht weiter widersprechen und sie suchten in einer der Taschen nach einem Nähset und wurden auch schnell fündig. Sie entfernten sich etwas von der, immer noch ziemlich aufgeregten Meute, und er zog sein Hemd aus. Aus einem kleinen Fläschchen Schnaps entnahm sie etwas und rieb damit ihre Hände ein. Auch kippte sie etwas über die Verletzung. Jack zuckte zusammen, als der Alkohol anfing zu brennen. Dann begann Elena zu nähen. „Ich bin im Dschungel gelandet. Ein Wunder, dass ich das überlebt habe.“, raunte Jack ihr zu und sie sah in seine braunen Augen, die sie entschuldigend ansahen, da er wusste, was er da sagte. „David wurde von einem Trümmerteil eingequetscht. Seine Lunge war voller Blut. Ich konnte ihn nicht retten.“, erzählte sie ihm zwischen den Zähnen hervorgequetscht. „Das tut mir leid.“, war das Einzige, was er darauf erwidern konnte. Sie sagte für eine lange Zeit nichts mehr. Nach der Hälfte raschelte etwas im Gebüsch und eine junge Frau tauchte auf. Ihr braunes Haar war zerzaust und sie hatte wohl geweint, denn ihre Augen waren gerötet. „Sie... Können Sie kurz rüberkommen und mir hier helfen?“, bat Elena sie und die Fremde zuckte kurz zusammen, näherte sich den beiden dann allerdings. „Könnten sie das hier mit dem restlichen Alkohol tränken und vorsichtig über die Naht tupfen?“, fragte sie und die Frau nickte, wobei sich ihr Gesicht allerdings, etwas der Ohnmacht geneigt, verzog. Doch sie tat, wie ihr befohlen war. Nachdem Jack verarztet war, reichte Elena der anderen die Hand. „Ich bin übrigens Elena und das ist Jack.“, stellte sie sich und ihren Kollegen vor. Die Frau lächelte schwach. „Ich bin Kate.“, erwiderte sie. „Was ist passiert?“, fragte sie dann an beide gerichtet. Jack meldete sich zu Wort. „Ich vermute, dass das Flugzeug in Turbulenzen geriet und der Pilot vom üblichen Kurs abwich, um diese zu überfliegen. Beim Absturz ist dann zuerst das Heck mit der Economy weggebrochen und dann das Cockpit und die First Class. Das Heck wird wohl im Ozean gelandet sein und das Cockpit vermutlich im Dschungel.“, machte er den Frauen klar. Erst jetzt fiel es Elena auf. Sie befanden sich auf einer beknackten Insel? Das war doch nicht wahr! „Im Cockpit ist ein Transceiver. Wenn wir es finden könnten, könnten wir ein Notsignal aussenden.“, überlegte er dann laut und rief sie in die Realität zurück. Sofort legte sie eine Hand auf seine Schulter. „Wenn du danach suchen willst, komme ich mit.“, meinte sie zuversichtlich und auch Kate sah beide mit ihren grünen Augen an, um sich dann auch anzuschließen. Am Strand zurück, trommelten sie alle anderen zusammen und teilten ihnen ihren Plan mit. Ein junger Mann, der Charlie Pace hieß, meldete sich ebenfalls das Trio zu begleiten. „Ist es nicht schwachsinnig in den Dschungel zu rennen, wo was weiß ich für Tiere rumkriechen, um den Transceiver zu finden? Man sucht wahrscheinlich schon nach uns und wird uns bald gefunden haben.“, warf ein dunkelhäutiger Mann ein, der sich mit dem Namen Michael vorgestellt hatte und einen Jungen, Walt, an der Hand hielt. „Wir sollten es trotzdem tun. Was, wenn sie nicht genau wissen, wo sie suchen sollen? Vielleicht sind wir inmitten eines Archipels gelandet. Wenn wir ein Signal senden, werden sie uns schneller finden.“, wandte Jack ein, der ziemlich überzeugend sein konnte. „Ja, falls wir nicht von den Rettungskräften gefunden werden...“, wollte auch Charlie die Unternehmung befürworten, doch ein großer, blonder Mann mischte sich in die Diskussion ein. „Wenn wir nicht gefunden werden? Glaub mir. Wir werden gefunden. Denn wir haben sie!“, verriet er und zeigte auf Elena. Sie erkannte ihn wieder. Es war Sawyer. Er hatte also auch den Absturz überlebt. „Was hat sie damit zu tun? Sie ist doch nur eine Ärztin. Zu unserem Glück vielleicht, aber sonst...“, wunderte sich nun der dicke Mann, dessen Name Hurley war. Sawyer zeigte ihnen ein charmantes Lächeln. „Wisst ihr es nicht? Sie ist Elena Cavern. Angesehene, ehrenamtlicharbeitende Ärztin und Tochter des Gouverneurs von Kalifornien, Ronald Cavern.“, behelligte er alle und ein Raunen ging durch die Gruppe von siebenvierzig Überlebenden. „Ist das wahr?“, hörte man Claire, die Schwangere, fragen. Elena trat sich innerlich dreimal in den eigenen Hintern. Hätte sie ihm das mal nicht gesagt, denn eigentlich wollte sie nicht, dass die anderen davon wussten. Das schuf nur unnötige Hoffnungen, die dann doch nicht wahr werden würden. „Ich bin nur seine Stieftochter. Und er weiß wahrscheinlich noch gar nicht, dass unsere Maschine abgestürzt ist.“, brachte sie die Seifenblase zum platzen. Also hielten sich alle an Jacks Plan, in den Dschungel zu gehen und das Cockpit zu finden. Das Quartett war etwa eine halbe Stunde im Dickicht unterwegs, da fing Charlie ein Gespräch an. „So, von Elena wissen wir ja jetzt, was sie macht. Was ist mit dir, Kate? Jack?“, wollte er neugierig wissen und sie wandten sich zu ihm. „Ich hab mal dort und mal hier gejobbt. Bin ziemlich viel rumgekommen.“, meinte sie kurzangebunden und Elena kam das ziemlich komisch vor. „Ich bin Wirbelsäulenchirurg.“, kam es dann allerdings auch von dem Arzt ganz knapp. „Falls ihr mich nicht kennt. Ich bin Bassist in der Rockband Drive Shaft.“, prallte der blonde Mann und seine blauen Augen funkelten dabei. Elena lachte. „Drive Shaft? Die waren echt gut.“, bemerkte sie, denn sie hatte schon einiges von der Band im Radio gehört. „Die sind gut! Wir sind noch zusammen.“, verbesserte er sie dann. Plötzlich tauchte vor ihnen das Wrack des vorderen Flugzeugteils auf und sie erforschten dieses. Schnell erkannten sie, dass es keine andere Möglichkeit gab, als zum Cockpit raufzuklettern, da das Wrack an einen Baum angelehnt war. So machten sie sich auf einen beschwerlichen Anstieg zwischen den Leichen der ersten Klasse und Gepäckteilen. Elena war in diesem Moment froh, dass sie nicht in der First Class gebucht hatte. Im Cockpit durchsuchten sie alles, als auf einmal der Pilot nach Luft schnappte und Kate beinahe aufgeschrieen hätte vor Schreck. „Wasser!“, verlangte Jack und Elena reichte ihm eine Flasche, die sich in einer Ablage befand. „Wie viele haben überlebt?“, brachte der Mann hervor, der nach Jacks Meinung nur eine Gehirnerschütterung erlitten hatte. „Ungefähr siebenundvierzig.“, erklärte Jack ihm und wollte eigentlich, dass der Mann sich nicht mehr so sehr anstrengte. „Wir sind ungefähr eintausend Kilometer vom Kurs abgekommen. Auf der üblichen Route sind wir in eine Gewitterfront geraten, die wir umfliegen wollten. Doch dann fielen auf einmal die Instrumente aus und...“, konnte er seine Erzählung nicht fortsetzen, denn sie wussten ja, was passiert war. Kate wollte etwas sagen, als sie von draußen ein ohrenbetäubendes Geräusch hörten. Es hörte sich an, wie ein Tier, nur viel lauter, als man es normal gewohnt wäre. Jack und Elena blickten hinaus. Es hatte angefangen wie aus Eimern zu regnen. Der Pilot rappelte sich auf und blickte durch eines der zerschlagenen Fenster. Mit einem ruckartigen Zug wurde er hinausgezogen. Elena, Kate, Charlie und sogar Jack schrieen geschockt auf und schon landete etwa das halbe Gesamtblutvolumen des Piloten auf der Frontscheibe des Wracks. Alle wussten, was das hieß. Sie mussten so schnell es eben ging die Flucht ergreifen. Und das taten sie auch. Sie rannten und rannten und schließlich versteckten sich Elena und Kate zwischen den Wurzeln eines riesigen Baumes. „Wo sind Jack und Charlie?“, fiel der Ärztin auf und sie sah sich hektisch um, doch alles, was sie sehen konnte, war Regen. „Sie waren genau hinter mir. Ich...“, brach Kate in Panik aus und die, nicht wesentlich, ältere Frau nahm sie in ihre Arme. Nach etwa fünf Minuten tauchten die Männer allerdings auf. Beiden ging es gut. Charlie war einfach hingefallen und Jack hatte ihm geholfen. Der Regen hörte sogleich wieder auf. „Wir sollten zurück zu den anderen.“, schlug der Arzt vor und hielt den Transceiver hoch, den er mitgenommen hatte. Elena deutete ihm durch eine Geste an, dass er das gut gemacht hatte und sie gingen zurück, wobei ihnen auf dem Weg zum Strand die Leiche des Piloten begegnete. Aufgehängt in einem Baum und vollkommen zerfetzt. Das Quartett fragte sich, was für ein Tier so etwas nur getan haben könnte. Als sie den Strand wieder erreichten, war Tumult angesagt. Zwei Männer, Sawyer und ein Iraker namens Sayid, prügelten sich wie wild im Sand. Jack rannte los und schnappte sich Sawyer, um ihn von Sayid wegzubringen, während Michael den Iraker wegzog. „Lasst mich los! Er sagt, dass der Absturz meine Schuld ist!“, murrte der orientalische Mann. „Du bist ja auch ein Terrorist!“, rief Sawyer provozierend und wollte auf ihn losgehen, doch Elena stellte sich ihm in den Weg. „Warum behauptest du so etwas, Sawyer?“, fragte sie und er grinste sie selbstgefällig an. „Nun, Kleine, er saß vielleicht zwei oder drei Reihen hinter mir und hatte die Hände die ganze Zeit über unter einem Tuch. Und als wir dann abstürzten... Was ein Zufall... War der Kerl neben ihm tot bevor wir aufprallten.“, berichtete er. „Das Flugzeug ist abgestürzt, weil die Steuerung ausgefallen ist.“, konterte sie und zerstörte damit seine Stachelei. „Wir haben den Piloten gesprochen. Er wurde allerdings von irgendetwas getötet.“, richtete sich dann Jack an die anderen, die ihn verdutzt ansahen. „Und von was, großer Anführer?“, kam es wieder mal herablassend von Sawyer. Allerdings bekam er diesmal die Antwort von dem Ding, dass den Piloten abgeschlachtet hatte. Das dröhnende Gebrüll ging ihnen durch Mark und Bein und Elena erschreckte sich so sehr, dass sie sogar, aus Versehen, nach Sawyers Hand griff, der sich schützend vor sie gestellt hatte. Das Geräusch hallte noch eine Zeit lang durch den Dschungel, war dann aber verschwunden. „Wow, Süße, wenn du was von mir willst, sag es ruhig und wir suchen uns ein stilles Plätzchen.“, scherzte der Blonde und sein breites Grinsen entblößte schneeweiße Zähne. Sie verdrehte genervt die Augen und entdeckte dann eine tiefe Schramme an seiner Stirn. „Komm mit. Das muss ich versorgen.“, forderte sie ihn auf und er wusste im ersten Augenblick nicht wirklich, was sie von ihm wollte, als sie ihn etwas von der Gruppe wegzerrte, während Jack den Überlebenden berichtete, dass der Transceiver kaputt sei und sich danach erkundigte, ob jemand in der Lage war ihn zu reparieren. Schnell hatte sie seine Verletzung verarztet und sie kamen schnell auf den Absturz zu sprechen. „Sag mal, wo ist eigentlich dein Verlobter hin?“, harkte er nach und sie schluckte. Bedrückung stieg wieder in ihr auf und sie dachte zuerst darüber nach, ob sie ihn anlügen sollte. Aber auf dieser Insel würde das nicht wirklich was bringen. „Er ist tot.“, entgegnete sie und zwang sich, nicht anzufangen zu heulen. Diese Blöße würde sie sich nicht vor ihm geben. „Hm... Glück für mich. Dann bist du ja wieder frei.“, bedachte er, ohne jegliches Mitgefühl und ließ sie dort stehen, wo sie war. Betrübt sah sie ihm nach. Sollte er sich darüber lustig machen. Nützen würde es ihm auf dieser komischen Insel sowieso nichts. Wahrscheinlich war ja er der Nächste auf der Speiseliste des Monsters. Als sie mit einem Mal etwas aus ihren Augenwinkeln heraus bemerkte, wurde sie aus diesen Gedanken gerissen. Sie wandte sich der Bewegung zu und erkannte eine Männergestalt, die halb hinter einem Baum stand und sie beobachtete. Den Kopf schräg gelegt, näherte sie sich der Person, blieb dann allerdings geschockt stehen. „Christopher?“, wollte sie wissen und die Gestalt bewegte sich. Sie kannte diesen Mann, ganz klar, aber er dürfte eigentlich nicht hier sein. „Du warst schon immer meins.“, wisperte der Fremde mit der Stimme, die sie schon so lange nicht gehört hatte und sie geriet in Panik. Ein gellender Schrei entwich ihr und, wie von der Tarantel gestochen, eilten die anderen herbei. Sie erzählte Jack, was sie gesehen hatte, doch er tat das als Trugbild ab. Sie hatte halt zu viel durchgemacht. Der Absturz, Davids Tod und dann noch dieses Etwas im Dschungel. Er riet ihr, dass sie sich ausruhen sollte. Aber für Elena war klar, dass sie jemanden gesehen hatte, den sie kannte. Oder eher gekannt hatte. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)