Moonlight Shadow von SeKaYa ================================================================================ Kapitel 5: ----------- Disclaimer: siehe Kapitel 1 ~*~*~ Es war still, als James zurückkam. Snape beobachtete ihn wachsam, aber er schwieg. Von Dumbledore war nichts zu sehen, und in diesem Moment war James froh darum. In diesem Augenblick hätte er den Anblick des alten Magiers vermutlich nicht ertragen. Als er zu Snape sah, blickte dieser zur Seite und studierte abwesend seine Hand. Es sah aus, als würde Snape nach Kratzern suchen, aber James wusste, dass es das nicht war. Sie wussten es beide und es war ihnen peinlich – sie hatten sich gehen lassen. Vor ihrem Erzfeind. Auch wenn es nicht bedeutete, dass ihre Reaktionen vollkommen unbegründet waren, es war zu viel gewesen. "Wo ist Dumbledore?", fragte James nach einer Weile leise. Snape zuckte die Schultern. "Wen kümmert's?", sagte er beinahe bitter. "Die Heiler haben ihn rausgeschmissen, weil er unserer Gesundheit abträglich wäre. Ha! Das sagen sie jetzt!" Snape verstummte und sah erneut auf seine Hände, so, als hätte er zu viel gesagt. James erwiderte nichts. Irgendwie hatte Snape mit seinen Worten, mit seiner Bitterkeit recht, aber er schwieg aus einem anderen Grund. Er fühlte sich leer und ausgelaugt. Auch wenn er zuvor hatte wissen wollen, was passiert war – jetzt wünschte er sich, er könnte es wieder vergessen. Es war ein Unterschied, etwas wissen und sich daran zu erinnern. Und die Erinnerung schmerzte mehr als das Wissen. Nicht physisch. Sein Herz schmerzte und blutete, und er wusste nicht, bei wem er die Schuld suchen sollte. Er hatte nicht mal jemanden, mit dem er darüber reden konnte. Seine Freunde waren nicht hier und würden auch nicht kommen. Wenn Snape recht hatte, wenn er seiner Erinnerung trauen durfte ... dann würde er Remus nie wieder sehen. Und war es Verrat, wenn er sich nicht sicher war, ob er das überhaupt wollte? Er wusste, dass er Sirius' Gegenwart nicht ertragen könnte, nicht nach ... "G-glaubst du, er ist ein ... ein M-Monster?", fragte er. Seine Stimme zitterte und er war kurz davor, wieder in Tränen auszubrechen. Snape antwortete nicht. Er hob leicht den Kopf, aber sein Blick ging in die Ferne. "Wer?", fragte er schließlich dumpf, so, als wäre nie eine Pause entstanden. James blinzelte. "Wer?", echote er. Er war verwirrt. Gab es noch jemand anderen ...? "R-Remus", brachte er mit einem Schluchzen hervor. "W-weil ..." Er schüttelte den Kopf und versuchte, die Tränen zurückzuhalten. Snape schwieg erneut. Seine Hände waren zu Fäusten geballt, sein Kiefer wirkte angespannt, aber er hielt sich zurück. Dann neigte er den Kopf nach vorne – wäre der Verband nicht, wären seine Haare ihm ins Gesicht gefallen, eine Geste, die James verwirrend bekannt vorkam – und seufzte leise. "Ich weiß nicht", sagte er, kaum mehr als ein Flüstern. "Vielleicht. Vielleicht auch nicht." Er sah zur Seite. "Lupin ist die eine Sache. Black hingegen ..." James wusste nicht, welche Art von Antwort er erwartet hatte. Vielleicht eine Art Absolution. Vielleicht hatte er einfach angenommen, Snape würde mehr wie seine Freunde reagieren. Erklären, dass alles gut war. Das war absurd, aber er hatte wohl gehofft, wieder etwas Normalität zurückzugewinnen, etwas, an das er sich klammern konnte. Aber momentan war alles so ungewiss wie Snapes Antwort, egal, ob Snapes Ausbruch zuvor die gesamte Wahrheit beinhaltet hatte oder doch nur ein mögliches Szenario. Und unter der Voraussetzung war Snapes Ungewissheit zu der Frage, ob Remus ein Monster war oder wer am Ende dann eines war, das Beste, auf das er hoffen konnte. ooOoo Severus erwachte aus einem Schlaf, von dem er nicht wusste, dass er in ihn gesunken war. Er blinzelte desorientiert. Dann erinnerte er sich wieder daran, wo er war und mit wem. Was zuvor – war es gestern? Heute? – passiert war, dass er Dumbledore angeschrieen hatte ... im Nachhinein betrachtet war es eine wirklich dumme Aktion, aber es hatte sich richtig angefühlt. Vielleicht war es auch einfach die Tatsache, dass er Dumbledore einmal seine Meinung gesagt hatte. "Bist du wach?", fragte Potter, noch immer ziemlich mitgenommen klingend. Severus kommentierte das nicht und bejahte nur die Frage. "Die haben unsere Eltern informiert, dass sie kommen können ...", erklärte Potter. "Dass wir wieder ansprechbar genug sind und so." Severus schwieg. Er wusste nicht, was er sagen sollte. Er wusste nicht mal, wie er reagieren sollte. Der Gedanke, dass man seine Eltern informiert hatte ... es war nicht in Worte zu fassen. Einerseits war die Frage, wie seine Eltern auf die Nachricht reagieren würden. Nein, eigentlich konnte er es sich gar nicht vorstellen. Allein die Tatsache, was sein Vater denken würde, wenn er die Nachricht bekam, dass sein Sohn im Krankenhaus lag. Sein Vater mochte von Magie wissen, aber konnte er sich wirklich vorstellen, was es bedeutete, wenn Severus ein Werwolf war? Seine Mutter würde es wissen, aber was würde sie dazu tun? Und obendrein musste Severus zugeben, dass er nicht wusste, wie seine Eltern damit umgehen würden. Würde er überhaupt zurück nach Hause können? Sein Vater war ein Muggel. Sie lebten in einer Muggelgegend. Sicherlich war das viel zu riskant. Und das auch nur, wenn seine Eltern ihn nicht verstießen. Er hatte sowieso schon das Gefühl, dass seine Eltern kein Interesse an ihm hatten, und jetzt brachte er auch noch diese Schwierigkeiten mit sich? "Alles in Ordnung?" Er sah auf und starrte Potter finster an. Natürlich. Der brauchte sich keine Sorgen darüber zu machen, wie seine Eltern reagierten. Der brauchte sich nicht mal darüber Gedanken zu machen, ob seine Eltern ihn besuchen würden. Während Severus sich nicht sicher war, ob sein Muggelvater die Möglichkeit hatte, ins St. Mungos zu gelangen, so konnte er sich ja noch nicht mal bei seiner Mutter gewiss sein, dass sie kommen würde. "Nein", erwiderte er kühl auf Potters Frage. "Aber es geht dich auch nichts an." Severus sah weg, nicht wissend, ob er nicht durch sein Verhalten mehr verraten würde, als er Potter wissen lassen wollte. Er betrachtete seine Hände, spannte sie an, nur um sie dann wieder loszulassen. Er fühlte sich hilflos, und die Idee, seine Eltern zu treffen oder nicht, war nicht beruhigend. Was würde Potter sagen, wenn er die versammelte Familie Snape zu Gesicht bekam? Was würden Potters Eltern sagen, wenn sie auf Severus' trafen? Und gleichzeitig wusste Severus auch nicht, was er erwarten sollte, wenn sie eben nicht kamen. Würde Potter ihn verspotten? Nein, das war die falsche Frage. Die Frage war mehr, würde Potter Mitleid heucheln? Das war etwas, was die Gryffindors gerne taten, und das war schlimmer als offener Hohn. Severus wollte nämlich kein Mitleid, aber als Mitleid getarnter Hohn war ein wirklicher Schlag ins Gesicht. "Hat Dumbledore sich noch mal gemeldet?", fragte Severus, um sich selbst abzulenken, und bei Dumbledore konnte er wenigstens wütend werden. Potter schüttelte den Kopf. "Nein. Ich weiß aber auch nicht, ob die Heiler es auch einfach nicht gesagt haben – von wegen uns aufregen und so." Er seufzte. "Nicht, dass es viel zu sagen gäbe, oder?" Severus schnaufte leise, sagte aber nichts. Eigentlich gab es sehr viel, das geklärt werden musste. Zunächst einmal, wie es kurzfristig weitergehen würde. Er konnte nicht sagen, ob sie beide nun ebenfalls Werwölfe waren, egal, was er Dumbledore an den Kopf geworfen hatte. Er fühlte sich – bisher – nicht viel anders, aber das hieß nichts. Also musste das geklärt werden. Dann mussten sie wissen, wie es mit ihrer Schulbildung weitergehen sollte. Lupin hatte Hogwarts besuchen dürfen, aber die Sicherheitsmaßnahmen hatten sich als ungeeignet erwiesen. Die Frage war nun: Wenn sie wirklich Werwölfe waren, würden sie überhaupt zurück nach Hogwarts dürfen? Und was war mit Black und Lupin? Severus wusste nicht, was er Lupin wünschte, aber für Black wollte er allein schon für diesen Mordversuch eine hohe Strafe. Wenn sie Werwölfe waren, sollte er für immer in Askaban verschwinden, denn das war gesellschaftlicher Mord, nicht mehr und nicht weniger. Ach ja, abgesehen von schwerer Körperverletzung und dem ganzen Kram. Und das war nur der Teil, der die kurzfristigen Konsequenzen dieser Nacht betraf. Severus weigerte sich in diesem Augenblick, darüber nachzudenken, was es langfristig für sie bedeutete. Für ihn. Insgeheim wusste er es bereits, aber er wollte es sich nicht eingestehen. Nicht, wenn er dadurch seine gesamten Träume und Ambitionen würde begraben müssen. Er schloss die Augen und seufzte. Die Probleme fingen jetzt gerade erst an. 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