Moonlight Shadow von SeKaYa ================================================================================ Kapitel 11: ------------ Disclaimer: siehe Kapitel 1 ~*~*~ Severus war nicht wirklich traurig darüber. Eigentlich hielt er es eben auch für ausgleichende Gerechtigkeit. Oder zumindest den ersten Ansatz davon. Da fehlten noch weitere Dinge, um es ausgleichend zu machen, aber immerhin war es der richtige Weg. "Professor?", fragte Potter beinahe drängend. McGonagall seufzte schwer. "Mr. Potter", begann sie langsam, "Sie haben durchaus einen Punkt mit dem, was Sie sagen. Aber das Problem ist, dass Hogwarts in Schottland liegt." Potter runzelte verwirrt die Stirn. Aber selbst Severus hatte keine Ahnung, worauf McGonagall damit hinauswollte. Hogwarts lag in Schottland, okay. Das war kein Geheimnis, auch wenn es unmöglich zu sagen war, wo genau Hogwarts lag. Schottland war groß. Aber was hatte das mit dem Fall zu tun? "In Hogwarts gilt in solchen Fällen das Schottische Recht", erklärte McGonagall. "Und das bedeutet, dass in Fällen, die über die Kompetenz der Schule hinausgehen, wie es hier nun einmal Tatsache ist, dieses angewandt wird – mit allen dazugehörigen Konsequenzen." "Professor", sagte Severus, "vielleicht könnten Sie uns einfach sagen, was denn jetzt Sache ist?" McGonagall nahm ihre Brille ab, um sie zu putzen. Severus unterdrückte ein Augenrollen. Es war eindeutig, dass sie Zeit schindete. Was war so schwer daran, die Situation zu erklären? "Mr. Black ist sechzehn Jahre alt", sagte McGonagall leise, "und das Schottische Recht besagt, dass man ab sechzehn Jahren voll straffähig ist." Potter schnappte nach Luft. "Was?!" McGonagall antwortete nicht, aber das musste sie nicht. Ihnen allen war klar, was das bedeutete. Oder zumindest hatten sie eine Ahnung, denn Severus gab zu, dass er sich nicht wirklich vorstellen konnte, was die Folgen davon waren. Black würde wie ein Erwachsener abgeurteilt. Er wusste nicht, wie er darauf reagieren sollte. Sicher, er wollte irgendwie, dass Black zur Rechenschaft gezogen wurde, aber wenn er daran dachte, dass Black jahrelang, wenn nicht sogar lebenslänglich, nach Askaban geschickt würde ... es war schwer, es sich wirklich vorzustellen. Merlin, sie waren bald fünf Jahre zusammen zur Schule gegangen! Und wie musste das erst für Potter sein? Es war sein bester Freund, oder nicht? Severus fand, dass die gesamte Angelegenheit irgendwie surreal war. Aber vielleicht lag es ja daran, dass sie hier, im Krankenhaus, irgendwie ziemlich isoliert von der Welt waren. Die Heiler hatten kein Wort darüber verloren, was los war. Und jetzt wurde ihnen eröffnet, dass Anklage erhoben wurde, dass es ein Verfahren geben würde. Und es würde nicht mit Blacks Freispruch enden, denn es war unwahrscheinlich, dass Potters Eltern das zulassen würden. "... was bedeutet das für uns?", fragte Severus schließlich. McGonagall sah ihn nachdenklich an. "Sie sind beide minderjährig und nach Schottischem Recht nicht einmal voll straffähig. Das bedeutet für Sie momentan nicht mehr, als dass Sie dementsprechend behandelt werden. Für Mr. Black bedeutet das jedoch, dass er ... nun ..." Sie seufzte. "Es wird wohl so gehandhabt werden, dass er versucht hat, Minderjährige zu ermorden, was von vielen noch eine Spur strenger geahndet wird. Wie genau sich der geringe Altersunterschied genau auswirken wird, kann ich jedoch nicht sagen. Das hängt möglicherweise auch von Ihnen ab." Severus war ... verblüfft. Wäre es ein paar Monate später, würde Black anders behandelt werden, weil sie dann eben offiziell sechzehn Jahre alt sein würden? Das war lächerlich. Andererseits wusste er auch nicht, wie man eine Altersgrenze anders handhaben sollte. An sich war ja die gesamte Situation absurd. Nicht, dass Black zur Rechenschaft gezogen wurde, aber dass man daran, dass Black eben ein wenig vor dem Vorfall sechzehn geworden war, einen ganzen Prozess aufhing. Potter hatte jedoch noch ganz andere Gedanken. "Was ist dann mit Remus? Remus wird zwei Wochen vor mir sechzehn. Was bedeutet das dann für ihn?" "Mildernde Umstände, vermutlich." McGonagall schenkte ihm ein mattes Lächeln. "Ich kann jedoch nichts mit Bestimmtheit sagen. Es ist eine Tatsache, dass Mr. Lupin in einer sehr prekären Lage ist. Er ist ein Werwolf und hat zwei Menschen attackiert. Es wird schwer zu beweisen sein, dass er nichts davon wusste, denn ich fürchte, die Ermittler sind nicht unbedingt werwolffreundlich, was das betrifft. Jede Aussage von ihm und von Mr. Black wird möglicherweise als reine Schutzbehauptung ausgelegt werden." Das war etwas, worüber Severus gar nicht nachdenken wollte. Er würde es Lupin nie verzeihen, dessen war er sich sicher, aber er wusste auch, was es für einen Werwolf bedeutete, jemanden anzugreifen. Und wenn Lupin eines nicht war, dann jemand, der sich freiwillig in so eine Sache hineinziehen ließ. Stumm zusehen, ja, das vielleicht, aber sich aktiv beteiligen? Nein. Lupin wusste, was auf dem Spiel stand. Und Severus wollte, dass Black bestraft wurde. Ob Lupin nun bestraft wurde, war ihm an sich egal, aber wenn, dann nichts Permanentes. "Was wäre, wenn er nichts davon gewusst hätte?", fragte Severus. "Ich meine, es wäre nicht seine Schuld, oder?" Er spürte Potters Blick auf sich, aber er ließ sich nicht beirren. Strafe war das eine, aber das wäre ungerecht. Zumindest in dem Ausmaß, das McGonagall gerade implizierte. "Ich bin kein Jurist, Mr. Snape", antwortete McGonagall, "ich kann es Ihnen nicht sagen. Es ist aber, soweit ich das sehe, bei Mr. Lupin die Frage, ob er als Waffe missbraucht wurde oder aktive Beihilfe geleistet hat. An seiner Ausgangssituation als vom Ministerium für gefährlich befundenen Werwolf ändert das jedoch wenig." Sie sah ihn aufmerksam an. "Verstehe ich das richtig, dass Sie Mr. Lupin keine Schuld an der Sache geben?" Severus schüttelte den Kopf. "Er hat eine Teilschuld", sagte er, Potters Protest gegen die Aussage dabei geflissentlich ignorierend. "Er muss gewusst haben, dass seine Freunde wussten, wie man ihn findet – und er hat es offensichtlich nicht gemeldet. Seine Schuld ist es, den falschen Leuten vertraut zu haben. Aber am Geschehen selbst ... ich kann mir nicht vorstellen, dass er das riskieren würde." Er sah weder Potter noch McGonagall danach an. Er wollte gar nicht erst wissen, wie sie ihn ansahen. Vor allem deshalb nicht, weil er sich selbst nicht sicher war, wie er sich fühlen sollte. Da war ein Teil von ihm, der triumphierte, weil Black bestraft werden würde, dann war da aber auch Mitleid mit Lupin, weil der nun nichts dafür konnte, dass Black ein Arsch war. Und dann war da seine eigene Situation, und die von Potter, und der ganze Rattenschwanz an Problemen, der an der gesamten Sache noch dran hing. Es gab so viele Fragen. Die Frage nach Blacks späterer Verurteilung, die Frage nach Lupins Schicksal, die Frage nach seiner und Potters Zukunft. Aber auch die Frage danach, was es am Ende für Hogwarts bedeutete. Würde Dumbledore dafür zur Rechenschaft gezogen werden, dass er nicht aufgepasst hatte? Es wäre seine Verantwortung gewesen. Aber selbst alle Urteile und Strafen der Welt würden am Ende keine Heilung bereitstellen. Was würde es für die Zukunft bedeuten? ooOoo James war wie betäubt nach der Erklärung. Es war ihm gleich, was nun mit ihm selbst war, wie er in die Sache hineinspielte. Das war nicht von Belang. Die Frage war, was mit Remus passieren würde. James glaubte für keine Sekunde, dass er sich an der Sache beteiligt hatte, und selbst Snape schien davon überzeugt, dass es nicht sein konnte. Das sagte doch alles, oder? "Können wir – ich – für ihn sprechen? Für Remus, meine ich? Ich kenne ihn, er würde so etwas nie tun!" McGonagall sah ihn mitleidig an und selbst Snape wirkte so, als ob James ihm leid täte. "Potter", sagte Snape langsam, "wenn du ihn gut genug kennst, um zu wissen, dass er es nie tun würde ... warum wusstest du bei Black nicht, dass er es tun würde?" James öffnete den Mund um zu antworten, schloss ihn aber wieder, ohne etwas gesagt zu haben. So ungern er es auch zugab, Snape hatte einen Punkt. Leider keinen positiven. Während James die Idee der Parteilichkeit hätte abschmettern können – er war trotz aller Freundschaft ein Opfer und er könnte sogar anbieten, Veritaserum zu nehmen. Aber Snape hatte recht, wenn er die Glaubwürdigkeit der Aussage selbst in Zweifel zog. "Vielleicht ergibt sich eine Möglichkeit für Sie, für Ihren Freund zu sprechen", sagte McGonagall aufmunternd. "Momentan stehen die Ermittlungen noch ganz am Anfang. Es kommt darauf an, wie es am Ende mit den Verteidigern aussieht." Snape schnaubte leise und sah weg. James sah ihn an. Was hatte er jetzt schon wieder? Was war falsch daran, wenn man auf gute Verteidiger hoffte? Oder aber Snape hatte einfach aus Prinzip etwas dagegen. Es war einfach unmöglich, aus ihm irgendwie schlau zu werden. Auf der einen Seite war er scheinbar der Ansicht, dass Remus nicht vollkommen schuldig war, aber auf der anderen wollte er ihn auch nicht verteidigen. "Wer würde ihn denn verteidigen? Professor Dumbledore?" James wusste, dass Dumbledore eine hohe Stellung im Ministerium hatte, er war auch Mitglied des Wizengamots. "Sind das eigentlich verschiedene Verteidiger? Ich meine –" Er verstummte. Snape schnitt eine Grimasse. "Ehrlich, Potter, willst du, dass Lupin sich seinen eigenen Verteidiger holen muss? Wer will schon einen Werwolf in so einem Fall verteidigen? Und gegen Blacks Verteidiger muss der sich auch behaupten – man kann sich ja wohl denken, dass sich Black oder zumindest seine Familie einen Spitzenanwalt leisten wird. Denn jede Verurteilung, egal, ob Black enterbt ist oder nicht, fällt auf die Familie selbst zurück." "Seit wann kennst du dich mit so was aus, Snape?", schnappte James. "Du hast keine Ahnung von Juristerei, und jetzt musst du einen auf Klugscheißer machen!" Snape funkelte ihn böse an. "Seit wann weißt du, wovon ich keine Ahnung habe? Du weißt gar nichts über mich!" Er verschränkte die Arme und drehte sich weg. "Aber zu deiner Information", sagte er über seine Schulter hinweg, "ich bin ein Slytherin, ich kenne mich mit solchen Machtspielchen und Ränken aus." Darauf wusste James für den Moment nichts zu erwidern. Stattdessen beschloss er, sich an McGonagall zu wenden, die ihren Streit erstaunlich still mit verfolgt hatte. Die Frau schien jedoch nicht an weiteren Diskussionen interessiert zu sein, wie James feststellte: McGonagall war aufgestanden und machte sich abreisefertig. Er warf einen kurzen Blick zu Snape. Hatte er denn keine Fragen mehr? James schwirrte der Kopf! "Professor", sagte er hastig, um sie am Gehen zu hindern, "Sie haben uns nichts darüber gesagt, wie es mit Hogwarts steht. Ich weiß, Professor Dumbledore hat Remus erlaubt, zur Schule zu gehen, aber wie ist es jetzt?" Selbst Snape schien das zu interessieren, denn man konnte sehen, wie er förmlich die Ohren spitzte. McGonagall sah traurig drein und schüttelte den Kopf mit einem müden Seufzen. "Bei dem momentanen Stand der Dinge sieht es schlecht aus", gab sie zu. "Der Schulrat ist außer sich, weil man einen Werwolf in Hogwarts zugelassen hat, und viele Eltern sorgen sich um das Wohl ihrer Kinder. Nach dem, was passiert ist, kann man es ihnen nicht wirklich verdenken. Der Schulleiter versucht zwar, die Wogen zu glätten, aber durch die Ereignisse ist er in scharfe Kritik geraten. Ich fürchte, was aus Ihrer weiteren Schullaufbahn wird, wird sich erst zu einem späteren Zeitpunkt entscheiden. Ich möchte Ihnen nicht jegliche Hoffnung nehmen, aber ..." Sie schüttelte erneut den Kopf. "Sie sollten sich wohl Gedanken über alternative Bildungsmöglichkeiten machen. Natürlich werden wir Sie dabei unterstützen, sofern es im Rahmen unserer Fähigkeiten liegt." James starrte sie mit offenem Mund an. Sie würden nicht zurück nach Hogwarts können? Das war ... es gab kein Wort dafür. Was sollten sie tun? James wusste, dass er auch zuhause fliegen konnte – Quidditch würde ihm zwar fehlen, aber das war nicht die Sache. Es war viel mehr ... was würde aus ihm werden? Er hatte nicht mal seine ZAGs. Ohne ZAGs würde er keinen Job finden. Und während er zwar immer gedacht hatte, zunächst professionell Quidditch zu spielen, etwas, was ihm vielleicht trotz allem noch offen stand, so hatte er immer angenommen, danach könnte er etwas wichtiges tun. Auror werden. Oder sonst wie helfen. Selbst als Werwolf. Aber ohne Ausbildung? Merlin, er war fünfzehn! Er hatte noch zwei einhalb Jahre Schule vor sich! Er brauchte den Abschluss. Selbst wenn er zuhause lernte, er bezweifelte, dass er es schaffen würde. Würde man ihn überhaupt zu den Prüfungen zulassen? Snape schien weniger schockiert als verbittert. "Das heißt also, Sie werfen uns raus", sagte er, seine Stimme tonlos. "Ohne irgendeinen Abschluss – und das, wo man bekanntermaßen als Werwolf sowieso schon kaum einen Job bekommt." James sah ihn an. Snape sah aus, als hätte man ihm den Boden unter den Füßen weggerissen. Sofern es überhaupt noch ein Boden gewesen war – es sah mehr danach aus, als hätte Snape sich nur noch mit einem Strohhalm über Wasser gehalten und war nun versenkt worden. McGonagall erwiderte nichts darauf, aber es gab auch nichts zu erwidern. Stattdessen gab sie ihnen ein Buch, von dem Dumbledore zu glauben schien, dass es ihnen helfen könne, und verabschiedete sich. James warf nur einen kurzen Blick auf den Titel: Haarige Schnauze, menschliches Herz. Momentan hätte ein Buch Wie drehe ich die Zeit zurück? mehr geholfen. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)