Der Tod ist kein Ende von RoseAkaShi (Im Limbus) ================================================================================ Kapitel 12: Halloween --------------------- Kapitel 12: Halloween „Du erhältst Kraft, Mut und Vertrauen mit jeder Erfahrung, für welche du bestimmt inne hältst, um der Angst in die Augen zu sehen. Du musst das machen, für das du dich unfähig hältst.“ (Eleanor Roosevelt) Jeremys Sicht: Ich versuchte mich auf Elena zu konzentrieren, weil ich mit ihr reden wollte, doch es fiel mir in letzter Zeit so unglaublich schwer. Immer mehr Zeit verbrachte ich mit Rebekah und sie forderte meine ganze Aufmerksamkeit. Nicht weil sie anstrengend oder dergleichen war, sondern weil ich fasziniert von ihr war und wenn ich bei ihr war, dann vergaß ich immer wieder den Schmerz über den Tod meiner Schwester. Sowas durfte doch nicht passieren! Was sagte es über mich aus, wenn ich sowas vergaß, wegen einem Mädchen? Nun natürlich war Rebekah nicht einfach ein Mädchen. Sie war wirklich toll, womit ich niemals gerechnet hätte. Aber ich fühlte mich immer wieder so schuldig deswegen. Dennoch konnte ich nicht umhin zu lächeln, als Rebekah eintrat, verkleidet als Piratin und sie sah sich suchend im Raum herum. Ich trat zu ihr und bot ihr meinen Arm an. „Du siehst ziemlich heiß aus in diesem Outfit. Trägst du eine Waffe, sodass ich jetzt Angst vor dir haben muss?“, fragte ich sie interessiert, weil sie wirklich so aussah, als wäre sie Fluch der Karibik oder so entstiegen. Frech lächelte sie mir entgegen. „Du musst immer vor mir Angst haben, du tapferer Soldat, nicht nur als jemand der mich fangen wollte.“ „Ich würde dich doch nicht fangen wollen. Wir sind ein paar Jahre aneinander vorbei und das ist keine Marineuniform.“ Ich hatte die Uniform meines Großvaters gewählt, der im zweiten Weltkrieg mitgekämpft hatte. Ich führte Rebekah zur Tanzfläche und sah mich gleichzeitig nach Elena um, doch ich fand sie einfach nicht. Deswegen versuchte ich sie ganz aus meinen Gedanken zu verbannen und konzentrierte mich allein auf das Mädchen, mit der ich in letzter Zeit all meine Freizeit zusammen verbrachte. Carolines Sicht: Alles verlief genau wie es sollte, nach Plan. Jeder Winkel dieser Halle sah schaurig und gruselig aus und die Party lief einfach nur hervorragend. „Wir haben es geschafft!“, meinte ich aufgeregt zu Elena. Die aber verdrehte diesmal nicht die Augen, sondern schüttelte einfach nur lächelnd den Kopf. „Nein, du hast es geschafft, Caroline. Ganz allein, ohne mich. Wie du es immer tust. Du hast einfach die Kraft alles zu schaffen, was du willst.“ Alles zu schaffen was ich wollte. Nur wusste ich zurzeit wirklich nicht was das denn sein sollte. „Wir sollten noch dem DJ wegen der Musik ein wenig anheizen, wir brauchen eindeutig etwas Eindrucksvolleres. Hast du einen Vorschlag?“, fragte ich sie und schlug schon einmal die Richtung zum Musikpult ein, um den Kerl einzuheizen. „Das war schon immer dein Problem, Caroline. Du hast nie zugehört!“ Verwundert sah ich zu ihr und bemerkte wie sie ging, zum Eingang, wo doch tatsächlich Elijah eingetreten war. Wieso sollte ich nicht zugehört haben? Ich hatte zugehört! Aber wenn sie mir nicht helfen wollte, ich schaffte das auch ganz gut alleine. Elenas Sicht: Lächelnd trat ich zu Elijah, der tatsächlich gekommen war. So sicher war ich mir deswegen nicht gewesen. „Ich nehme an, du bist als Anwalt oder so verkleidet“, erriet ich spaßeshalber, obwohl er natürlich einen Anzug wie immer trug¬. Es war auch irgendwie abwegig, das er sich verkleiden würde. Elijah verdrehte tatsächlich die Augen auf meine Aussage. „Wenn du es so bezeichnen willst.“ Ich konnte nicht anders als zu kichern, denn wie immer war ich in heiterer Stimmung. „Dumm, wir können nicht tanzen, denn das würde aus der Sicht der anderen ziemlich doof aussehen, da ich nicht für sie sichtbar bin. Aber wir können rausgehen“, schlug ich vor. Zusammen mit Elijah ging ich durch die Hintertür nach draußen und wir gingen zum Sportplatz, wo sonst keiner war, um zu reden. „Wieso hast du mir all diese Dinge erzählt. Jede Menge zusammenhanglose Informationen und Andeutungen?“ Ich zuckte nur mit den Schultern. Vieles davon würde wichtig sein, war gut zu wissen und vielleicht würde Esther irgendwann doch noch einmal eine Gefahr werden oder etwas anderes. „Könnte noch mal wichtig sein“, antwortete ich kryptisch und ungenau. Ich hatte einfach das Gefühl, das ich ihm ein paar hilfreiche Informationen geben sollte, die man nur nach dem Tod bekam. Und wer würde mit solch wertvollen Geheimnissen besser umgehen können als er? „Willst du etwas cooles sehen?“, fragte ich ihn fröhlich, weswegen er fast sofort die Stirn runzelte. „Ich meine eigentlich fühlen“, verbesserte ich mich selbst. Noch immer sah er verwirrt aus. Dennoch ging ich auf ihn zu. „Streck deine Hände aus“, forderte ich ihn sanft aus und er tat es, wenn auch etwas zögernd. Lächelnd legte ich meine Hände in seine, griff nach ihnen. Erschrocken sah er mich an und ich wusste sein Inneres spielte verrückt. Wir sahen uns in die Augen, während wir uns an den Händen festhielten. „Ich kann dich fühlen. Es ist als wärst du tatsächlich vor mir!“, erzählte er mir zutiefst erschüttert. Das war auch wirklich eine Hammer Sache. Eine Weile standen wir so da und ich konnte ihn ebenso fühlen, wie er mich. Seine Haut, die Wärme, auch was um mich geschah, der Wind, dessen Kälte, einfach alles. „Und jetzt?“, fragte er mich. Ich lächelte ihn traurig an, nahm seine Hände und legte sie mit seinen auf sein Herz. „Jetzt schließt du die Augen“, sagte ich langsam und bedeutungsvoll und nach einer Weile tat er es auch. „Du schaust in dein innerstes und sortierst die Menschen aus, durch dessen Tod du erschüttert wärst, durch das du dich verändern würdest und nicht mehr so weiterleben könntest“, leitete ich ihn weiter an. „Das sind nicht sehr viele. Das sind es nie.“ Kein Mensch hatte so viele andere, die einen so in der Seele berührten. Auch bei mir war das nicht so gewesen. Wenn dann würden wir selbst daran zerbrechen. Es würde uns umbringen. Aber vielleicht war es wichtig, dass wir uns darüber mal klar wurden. „Da sind auf jedenfall deine Geschwister und ich. Du filterst mich raus, konzentrierst dich auf mein Bild.“ Ich ließ ihm Zeit das zu tun, sich zu sammeln und die Gedanken schweifen zu lassen, vielleicht auch wichtige Erinnerungen durchzugehen. „Dann wünschst du mir das Beste, das es mir gut geht und das ich keine Last mehr tragen muss.“ Das war ein wichtiger Prozess. „Auch deine nicht.“ Ich spürte wie sein Griff um meine Hände fester wurde und ich streichelte über seine drüber. „Du wünschst mir, dass ich frei bin und gehen kann. Du lässt mich los.“ Nur allmählich, aber Stück für Stück, wurde sein Griff um meine Hände lockerer. Immer mehr und dann konnte ich ohne Gegenwehr ihm meine Hände entziehen. Ich spürte selbst, wie die Schwerkraft die mich als Geist zu ihm zog nachließ, bis sie vollkommen verschwand. Jetzt wirkte nur noch meine Kraft, die ich durch diesen besonderen Tag erhielt. „Meine Stimme wird verblassen und wenn du jetzt du Augen öffnest, werde ich nur noch eine Erinnerung für dich sein.“ Ich löste meine Kraft, sodass ich nur noch zu einem Beobachter wurde. Er öffnete die Augen und sah sich nach mir um. „Und so soll es sein“, flüsterte ich zu ihm und es war das letzte, was ich zu ihm sagte. Elijahs Sicht: Ich wollte es nicht tun, aber ich wusste, ich musste. So ließ ich sie los und es war eines der schwersten Dinge, die ich je hatte tun müssen. „Meine Stimme wird verblassen und wenn du jetzt du Augen öffnest, werde ich nur noch eine Erinnerung für dich sein.“ Augenblicklich öffnete ich meine Augen und sie war tatsächlich nicht mehr da. Ich sah mich nach ihr um, aber sie war nirgends zu entdecken. „Und so soll es sein“, hörte ich ihre leise Stimme. Sie war weg. Ich konnte es fühlen, nichts mehr von ihrer Aura war übrig geblieben und ich war allein, ohne sie. Sie war einfach nicht mehr da. Carolines Sicht: Alles war genau so, wie ich es mir vorgestellt hatte und es verlief alles nach Plan. „Es ist perfekt“, flüsterte ich, zu niemand bestimmtes. Mir kam das einfach so unglaublich vor. Und so normal. Als hätte der Alltag um uns alle wieder eingesetzt und das machte mir Angst. „Warum?“, fragte ich. Elena war nicht mehr hier, nichts würde mehr so sein wie früher, nie mehr würde es so sein und doch schienen alle wieder in ihr Leben zurückzukehren. „Es gibt keine Antwort. Du musst es einfach hinnehmen.“ Ich drehte mich um und da stand Elena, in ihrem weinroten Kleid das mit weiteren roten Stickereien verziert war. Sie sah so natürlich in dem Kleid aus. Als würde es zu ihr gehören und nicht als wäre es ein ausgewähltes Kostüm. „Was soll ich denn anfangen ohne dich?“, fragte ich sie leise. Vielleicht konnte ich sowas alleine, wie ein Fest organisieren, aber mein Leben war doch noch so voller anderer Probleme. Wir hatten in der letzten Zeit so viel Gemeinsam durchgemacht, wie sollte ich das jetzt anders hinbekommen? „Du hast doch deine Freunde und deine Mutter. Menschen die dich lieben sind für dich da und ich bin nicht die einzige von uns beiden, die von vielen geliebt wird.“ Tränen rannten über mein Gesicht und ich konnte mich nicht erinnern, wann ich angefangen hatte zu weinen. Ich schüttelte den Kopf. „Aber du nicht!“ Sie würde nie wieder zurückkommen, egal wie sehr ich mir das auch wünschte. „Du musst stark sein, Caroline und das wirst du sein. Du bist selbstbewusst, Caroline, engagiert, talentiert, freundlich, kontaktfreudig und vor allem bist du ein guter Mensch. Du wirst es schaffen“, versicherte sie mir lächelnd und nickte mir dabei zu. Ich konnte nicht aufhören zu weinen und ich hatte Angst. Wenn ich sie loslassen würde, wie würde mein Leben dann weiter gehen. Sie trat auf mich zu. „Was meinst du? Kann ich jetzt gehen? Bitte!“ Ihre Stimme berührte mich direkt in meinem Herzen und weinte hier und zwang mich zu einem Lächeln, das sicher mehr als dürftig war. Doch ich schluckte all die Bitterkeit herunter, die Selbstzweifel, die Angst und ich ließ sie gehen. Ich wünschte ihr vom Herzen, das sie Frieden fand. Mit diesem Gedanken löste sie sich auf. Sie wurde transparent, immer mehr, bis sie vollkommen verschwand und nichts mehr von ihr übrig blieb. Jeremys Sicht: Ich tanzte gemeinsam mit Rebekah und fühlte mich gut dabei. Fast schon frei. „Wie fühlst du dich?“, fragte sie mich überraschender Weise, denn darüber hatten wir bisher noch nicht geredet. Das Thema um meine Schwester vermieden wir. Sie hatte sie gehasst und ich sie geliebt. Das war ein himmelweiter Unterschied. „Schlecht, wenn es um sie geht“, gab ich ehrlich zu. Mir ging es immer schlecht, wenn ich an meine Schwester dachte und ich wusste nicht, was dagegen zu tun würde. Eindringlich sah mich Rebekah an und dann wusste ich, dass es sie ehrlich interessierte, was da in mir vorging. „Ich weiß nicht, wie ich es schaffen soll ohne Elena.“ Das schien mir einfach nicht klar zu sein. Es waren zumindest immer wir beide gewesen, wenn wir auch alles andere um uns herum verloren hatten. Da waren immer noch sie und ich. Rebekah lächelte mich gequält an, denn sie wusste mir da wohl auch keine Antwort zu geben und ich wusste, dass auch sie ihren Bruder verloren hatte, Henrik. Was gab es da schon zu sagen? „Manchmal, da würde ich viel lieber einfach weglaufen und so tun, als wäre das alles nie passiert. Wenn es nur nicht so verdammt wahr wäre.“ Ich schluckte, um irgendwie weiter sprechen zu können, es erklären zu können, denn das hatte ich bisher noch nicht geschafft. „Aber ich weiß, was Elena zu mir sagen würde. Sie würde sagen…“ Meine Lippen zitterten und ich sah Elena hinter Rebekah, wie sie den Kopf leicht schief legte und mich ernst ansah. „…du musst stark sein, Jer. Es ist an der Zeit weiterzugehen und es ist Zeit, dich den Menschen zu widmen, die du liebst. Du kannst nicht ewig einen Geist lieben.“ Elena nicke mir zu und mein Herz war so schwer. Ich spürte mehr denn je, Rebekahs Arme um mich und ich legte meinen Kopf auf ihrer Schulter ab, so als könnte ich ihr damit auch meine Last abgeben. „Leb wohl, Elena. Mögest du in Frieden ruhen“, wünschte ich ihr vom ganzen Herzen und ich sah zu wie sie sich umdrehte und ging. Diesmal für immer, ich wusste es und ich ließ sie ziehen. „Ich bin noch da“, hörte ich Rebekahs Stimme und ich klammerte mich an sie, fühlte mich nicht ganz so allein. Doch Elena würde dennoch nie mehr zurückkehren und ich hatte meine Schwester, auf ewig verloren. Das würde ich nie mehr wiederbekommen. Aber vielleicht musste ich deswegen nicht unbedingt allein sein. Vielleicht… Elenas Sicht: Er saß am Kamin und war mit zeichnen beschäftigt, wie eigentlich immer. Ich liebte es ihm dabei zuzusehen, denn es vermittelt mir ein Gefühl von Frieden und ließ mich glauben, dass in ihm noch etwas Gutes war. Ich kniete mich vor ihn hin und legte meine Hände auf seine. Sogleich hielt er inne. Er sah nach vorn, aber ich benutzte nicht so viel Kraft, dass er mich sehen konnte. Diesmal wollte ich aber intensive Gefühle auf ihn verwenden, das brauchte er auch viel mehr, als das sehen. „Bitte finde Frieden, Klaus. Deinen eigenen, deinen Inneren“, flüsterte ich ihm zu. Er sollte es nicht hören, nur die Gefühle spüren. Das war alles, was ich wollte. Ich legte meine Hand auf sein Herz und richtete mich dann soweit auf, dass ich ihn auf die Stirn küssen konnte. „Du bist nicht allein und du wirst geliebt. Wenn du das erkennst, wird alles nicht mehr so schwer sein. Es wird weniger weh tun und solange ich noch nicht wiedergeboren bin, werde ich über dich wachen und dein Gewissen sein. Ich hoffe du wirst auf meine flüsternde Stimme hören.“ Seine Hand krampfte sich unter meiner und einzelne Tränen bildeten sich in seinen Augen, doch er kämpfte stark. Als ich von ihm abließ, wischte er sie sofort weg. „Leb wohl, Klaus und mach nichts Dummes.“ Ich verschwand, denn nun war nur noch ein letztes zu tun. „Sonnenuntergang und auch Abendstern an mich ergeht ein Ruf von Fern; doch bitte trauert nicht, weil ich nun geh' muss ich doch stechen jetzt in See.“ „Dämmerung und Abendgeläut und dann die dunkle Nacht; ohne Trauer und Abschied geht die Reise zu dem, der über uns allen wacht.“ „Wir sind geboren an einem Ort zu unserer Zeit, doch trage die Flut mich endlos weit und wehte über die Schwelle so dann stehe ich, so hoffe ich, vor unserem Steuermann.“ (Alfred Tennyson) Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)