Der Tod ist kein Ende von RoseAkaShi (Im Limbus) ================================================================================ Prolog: Meine Wahl ------------------ Prolog: Meine Wahl „Ungeheuer gibt es wirklich, Geister gibt es auch. Sie leben in unserem Inneren und manchmal gewinnen sie.“ (Steven King) Elenas Sicht: Ich wusste nicht wieso ich das tat, aber sobald mir der Gedanke auch nur gekommen war, erschien es mir so seltsam logisch. Als wäre es vollkommen richtig. Einfach Normalität. Was immer Normalität auch bedeuten sollte, so ganz hatte ich es noch nicht herausgefunden, zumindest keine Verallgemeinerung dafür. Ich hatte einfach nur das Gefühl, dass das richtig war, obwohl ich wusste, dass es auch krank war. Nur ließ mich der Gedanke einfach nicht mehr los. Ich wollte das. Ich wusste, ich wollte das. Irgendwie war ich davon fasziniert. Von dem Messer, dem Blut, das hinaus floss. Mein Blut. Es ging doch die ganze Zeit schon nur um mein Blut. Alle waren davon fasziniert, wollten es. Wieso konnte es mich dann nicht auch interessieren? Und diese Wärme, sie fühlte sich einfach so unbeschreiblich gut an, das ich sie nicht mehr loswerden wollte. Ich hatte mich in diese Wärme verliebt. Sie gab mir Geborgenheit. Ich schaute nach unten, über das Geländer, hinunter ins Wasser. Ich saß hier ganz gemütlich, trank den Bourbon, der mir eindeutig diese Ideen gegeben hatte und ich mochte das alles hier. Es gefiel mir was ich tat. Ich schaute auf mein Handy, mit dem ich versucht hatte, Damon die ganze Zeit zu erreichen, aber er wollte anscheinend nicht mit mir sprechen. Wahrscheinlich war er noch immer wütend, was vorhin bei dem Ball passiert war, was ich zu ihm gesagt hatte und ich konnte es ihm ehrlich nicht übel nehmen. Nur wollte ich mich vorher noch einmal entschuldigen. Ich rief ihn an und nach dem eine Weile nur das Tuten zu hören war, ging die Mailbox dran und ich begann einfach mit den letzten Worten, die ich zu sagen hatte. Damons Sicht: Zufrieden, oder sowas in der Art, schaute ich zur Decke. Ich bereute nicht was ich getan hatte, nein endlich nicht mehr. Ich tat das was ich tun wollte und egal wie verrückt es war, das musste einfach sein. Wieder klingelte mein Handy und ich ging nicht dran, wusste das es Elena war und ich wollte ihre dummen Entschuldigungen nicht hören. Sie hatte es gemeint, wie sie es gesagt hatte und dafür brauchte ich kein „Es tut mir leid“ zu hören. Wirklich unnötig. „Hallo Damon“, sprach sie auf die Mailbox und an ihrer Stimme schien irgendwas merkwürdig, anders, zu sein. Wahrscheinlich ihr schlechtes Gewissen. „Ich weiß dass du sauer auf mich bist und dass du deswegen nicht dran gehst.“ Sehr richtig, Prinzessin. Du hast es genau erfasst und daran würden auch keine Worte von dir etwas ändern. „Ich wollte mich eigentlich auch nur von dir verabschieden.“ Ich runzelte die Stirn und sah zu meinem Handy, fragte mich, wovon sie da wieder faselte. Wieso wollte sie weg. „Sag Jeremy bitte, dass es mir leid tut.“ Dann lachte sie, es klang so humorlos, eigentlich sogar ziemlich hohl. Irgendwas stimmte da doch nicht. Was tat ihr leid? Bei Jeremy? Hatte sie auch da etwas verbockt? „Ich kann einfach nicht mehr und ich glaube der Alkohol bringt mich auf dumme Ideen. Jetzt weiß ich zumindest wo deine immer her kommen, bei den Mengen an denen du trinkst.“ Sie hatte mich doch. Ich griff schnellstmöglich nach dem Handy und griff nur nach meiner Hose um sie über zu ziehen. Ich nahm ab und lief dabei aus dem Zimmer, aus dem Haus heraus. „Elena, wo bist du?!“, forderte ich sie auf, mir ihren Aufenthalt preis zu geben. So sauer und dumm war ich dann nicht, um nicht auf eine ihrer Selbstmordmissionen zu reagieren. Verdammt! „Damon! Es ist gut deine Stimme noch einmal zu hören!“ Ihre Stimme klang, so freudig und zugleich so schwer. Als würde sie weinen und sich dennoch ehrlich freuen, von mir zu hören. Ich wusste nicht wo sie war, aber als erstes schlug ich den Weg zu ihrem Haus ein. Das würde zumindest ein Anfang sein. Nebenbei versuchte ich auch die Geräusche ihrer Umgebung auszumachen. Ich hörte den Wind, vielleicht war sie irgendwo draußen. „Elena, bitte! Sprich mit mir! Wo bist du?“, appellierte ich an ihre Vernunft, von der ich hoffte, dass sie diese noch in kleinen Zügen besaß. Aber dessen war ich mir oft schon nicht mehr sicher gewesen. „Weißt du, da war dieses Messer und es hat mich auf einmal so gefesselt. Ich konnte einfach nicht anders. Verstehst du was ich meine? Es fühlte sich so richtig an, wenn ich es auf meine Haut legte und jetzt ist da all das Blut. Es fließt aus mir heraus und zum ersten Mal fühle ich mich so befreit. Frei. Weißt du was ich meine?“, fragte sie mich und die Erkenntnis über ihren Zustand sackte in mir ein. Ich verstand auf einmal das Ausmaß ihrer Qual und ich fragte mich, wie ich all das nicht hatte bemerken können. Wie sie das vor mir geheim halten konnte. Der Alkohol schien sein übriges getan zu haben und jetzt war sie zum äußersten bereit. „Ja, Elena. Ich verstehe was du fühlst. Aber du darfst dich diesem Gefühl nicht hingeben. Ich bitte dich. Lass es sein!“, flehte ich und stieß die Tür bei ihr Zuhause auf, aber da war nirgends ein Herzschlag. Kein Lebenszeichen in der Nähe. „Du bist bei mir Zuhause, oder? Aber da ist niemand. Wenn ich nicht da bin, ist niemand mehr da. Ich bin ganz allein“, flüsterte sie und ihre Stimme klang so verloren. Ich sah das Bild vor mir, wie Tränen von ihr auf den Boden fielen, hörte das Wimmern aus ihrem Mund. „Elena, ich bitte dich! Du bist nicht allein! Du hast Jeremy, auch wenn er gerade nicht da ist, du hast Caroline, Bonnie, Matt, Alaric und verdammt nochmal, du hast mich! ICH LIEBE DICH!“, schrie ich voller Verzweiflung ins Telefon und ich hegte gerade mehr Trauer in mir, als Wut in meinem ganzen Leben. Ich hörte sie weinen. „Ich liebe dich auch, Damon“, antwortete sie, aber in dieser scheiß angespannten Situation, lösten diese Worte nur verdammt wenig in mir aus. Weniger als sie sollten. In Normalfall würde ich an die Decke springen vor Glück. „Dann sag mir verdammt nochmal wo du bist und hör mit diesem scheiß auf!“, bat ich sie inständig und ich hörte wie sie weinte. Der umliegende Wald war leer. Zumindest nicht mit ihrer Präsenz gefüllt und das war gerade alles was für mich zählte. Es war immer alles, was in meinem Leben für mich zählte. „Ich kann nicht. Es fühlt sich so richtig an, wie als hätte es schon lange so sein sollen. Als wäre es überfällig.“ „SCHWACHSINN!“, unterbrach ich sie lautstark, aber ich hielt sie anscheinend nicht von ihren wirren Gedanken ab. Was konnte ich noch sagen? Was konnte ich noch tun? „Das Blut fließt ins Wasser, aber es sind so kleine Tropfen, das es keine Bedeutung hat. Weißt du wie? Wie ein Tropfen auf einem heißen Stein. Völlig Bedeutungslos. Wie ein Tod auf der Welt, wie mein Tod auf der Welt, einfach ohne Bedeutung.“ Jetzt war es auch an mir zu weinen. Ich konnte nicht mehr, sie wollte sich töten, sie war dabei und ich konnte sie nicht retten. Ich schaffte es einfach nicht. Bisher hatte ich es geschafft, sie vor allem zu beschützen, aber nicht vor sich selbst. Daran würde ich scheitern. „Du hast für mich Bedeutung, Elena. Du bedeutest mir alles. Du bist meine ganze Welt“, erklärte ich ihr und Tränen rannten unaufhaltsam über mein Gesicht und ich wünschte mir nur bei ihr zu sein. Sie zu halten und sie aufhalten. Abzuhalten von dem was sie tat. „Ich liebe dich“, flüsterte sie heiser. „Dich und Jeremy. Wenn das ausreichen würde, dann würde ich bleiben. Aber das Wasser ruft mich.“ Die Brücke! Die Brücke wo ihre Eltern starben! Sofort rannte ich los. „Bitte, hör auf! Ich flehe dich an, Elena! Hör auf!“, bat ich sie mit jedem Gefühl, das ich in mir aufbringen konnte. „Leb wohl, Damon. Danke für alles“, meinte sie und dann legte sie einfach auf. Nein! „NEIN!“, schrie ich und ich wusste, wie sehr ich auch rannte, ich würde sie nicht mehr aufhalten können. Diesmal würde ich zu spät kommen. Ich hatte sie nicht retten können, nicht vor sich selbst. Elenas Sicht: Ich legte auf und trank dann den letzten Schluck aus der Flasche. Diese legte ich auf der Straße ab, wie auch mein Handy. Ich wischte mir die Tränen von meinem Gesicht und stieg dann ganz über das Geländer, hielt mich nach hinten fest und sah hinunter ins Wasser. Ich fühlte mich so schwach und schaute auf meine Handgelenke, die mit Blut überdeckt waren. Ich konnte mich nicht mehr lange halten. Noch einmal schloss ich meine Augen und wusste genau, dass das richtige war. Dass ich das für mich tun musste. „Entschuldigung Jeremy, dass ich dich allein lasse. Entschuldigung Caroline, dass ich aufgebe. Entschuldigung Elijah, dass ich dich angelogen habe. Entschuldigung Damon, das ich nicht mehr kämpfen kann“, sagte ich und dann setzte ich das Messer an meinen Hals. Ein Schnitt an der Halsschlagader, das ging am schnellsten. Ich zögerte nicht und dann hatte ich mich keine Kraft mehr festzuhalten und fiel somit unweigerlich ins Wasser. Das wollte ich tun. Das musste ich tun. Wenn auch nur für mich. Aber das war meine Wahl. Es tut mir leid… Damons Sicht: Ich kam zu der Brücke, wo Elenas Handy lag und eine Flasche Bourbon. Ich hasste Alkohol. Ab sofort hasste ich diesen Dreck. Ohne zu zögern sprang ich ins Wasser, obwohl bereits einige Minuten vergangen waren, seitdem sie aufgelegt hatte. Ich hatte keine Wahl. Sie war meine einzige Wahl. Ich fand sie und zog sie nach oben. Sie war ausgeblutet, nicht nur ertrunken. Was auch immer davon hatte sie getötet. Es war mir egal. Ich versuchte sie beatmen. Immer und immer wieder drückte ich auf ihr Herz, wollte es unbedingt wieder zum schlagen bringen. Doch das einzige, was ich damit erreichte, war ihre Rippen zu brechen. Wahrscheinlich tat ich es stundenlang, denn irgendwann kam ein Auto. Ein Krankenwagen wurde gerufen und dann versuchten sie mich von ihr wegzuzerren. Von ihrem toten Körper. Ich schrie und wollte sie nur wieder haben. Ich sah auf meine Hände, wo ihr Blut an mir klebte. Ich sah auf ihr Gesicht, das abgedeckt wurde und dennoch konnte ich es nicht begreifen. Dass sie für immer fortgegangen war. Dass ich sie nicht hatte retten können. Dass sie mich verlassen hatte. Das ich nichts mehr tun konnte. Dass ich sie niemals wieder sehen würde. „Unsere inneren Dämonen reißen uns nur zu gern in den Abgrund. Sie zerren an unserem Herzen, fressen uns auf, bis wir tot sind.“ (RoseAkaShi) Kapitel 1: Ein Geist -------------------- Kapitel 1: Ein Geist „Das Leben der Toten ruht in der Erinnerung der Lebenden.“ (Cicero) Elenas Sicht: Jeremy wachte in meinem Bett auf. Er schlief jede Nacht darin. Zumindest seit er wieder gekommen war und die Nachricht von Damon erhalten hatte. Aber er sollte jetzt noch nicht aufwachen. Es war viel zu früh oder spät, wie man es nahm. „Elena! Elena!“, rief er aufgeregt und sah sich nach mir um. Ich stand am Fenster, wo er mich auch entdeckte, und sein Gesicht zeigte ehrliche Erleichterung. „Da bist du ja, ich hatte eine schrecklichen Albtraum“, erzählte er mir und stellte sich neben mich ans Fenster. Wir schauten beide hinaus in den Abendhimmel. „Ich mag die Nacht. Früher hab ich sie nicht gemocht, weil sie allerlei Gefahren bürgte. Aber nachdem ich wusste, dass diese Gruselgeschichten wirklich wahr sind und alles real sind, fand ich die Nacht als einziges tröstend. Sie bedeutete Ehrlichkeit. Jeder weiß dass in ihr Gefahren lauern. Sie lügt einfach nicht“, befand ich und Jeremy nickte leicht. Er setzte sich auf das Fensterbrett, wo ich immer zu gern gesessen hatte und sah hinaus. „Bei all den Lügen, haben wir das auch verdient“, meinte er und da hatte er nur zu recht. Aber es war auch eine Untertreibung. „Wir haben noch so viel mehr verdient“, beteuerte ich ihm. Wir hatten vor allem Frieden und Ruhe verdient. Mehr als alles andere. Aber sie wurde uns nie gegönnt. „Ich hatte einen schrecklichen Albtraum. Damon kam zu mir und ich hörte zu was er sagte, aber ich realisierte das ganze gar nicht. Doch dann fuhren wir hierher zurück und er zeigte mir deine Leiche. Es war so schrecklich. Ich will das nie wieder sehen“, erzählte er mir von seinem Traum, den er vielleicht auch wirklich gehabt haben konnte. Das würde zumindest erklären warum er so unruhig geschlafen hatte. Ich ging hinaus aus meinem Zimmer, nach unten. Jeremys panische Stimme drang zu meinen Ohren, aber es war besser so, denn er musste anscheinend immer wieder von neuem verstehen, das ich wirklich tot war. Ich ging ins Wohnzimmer, wo alles zur Seite geräumt war und in der Mitte mein Sarg stand. Das Sofa stand am Fenster und Damon lag darauf. Wie Jeremy jede Nacht im Bett schlief, war er jede Nacht hier. Er starrte auf meinen Sarg, bis er dann einschlief. „Elena? Elena!“ Ich löste mich auf, machte mich unsichtbar, damit Jeremy nicht nach mir greifen konnte und wenn er ins Wohnzimmer kam, einfach nur meinen Sarg sehen würde. Jeremys Sicht: Da war sie. Aber sie war kaum lebendig, wie eben oben. Sie lag in diesem Sarg, gut verschlossen darin. Überall in diesem Raum standen Blumen, geschickt von Freunden, Verwandten und Bekannten, die niemals begreifen würden, was geschehen war. Die niemals das Ausmaß meiner Trauer erfassen könnten. Ich ging zu dem Sarg und legte meine Hand darauf. Er war aus Holz und wirklich schön. Ein Kranz aus weißen und roten Rosen lag darauf. Ich setzte mich an den Türrahmen und ließ meinen Blick auf den Sarg verweilen, in dem Elena lag. Noch immer wünschte ich mir zu träumen und einfach nur wieder aufzuwachen. In einem meiner Wutanfälle hatte ich Damon angeschrien mich zu schlagen. Ich wollte einfach nicht glauben, dass das alles Wirklichkeit war. Das sie tot war. Sie war doch meine Schwester. Wie konnte es sein, das meine Schwester gestorben war? Dass sie jetzt nicht mehr bei mir war? Meine Eltern, okay. Eltern starben nun einmal vor den Kindern, so sollte es auch sein. Aber das hieß nicht, dass auch Geschwister einfach so sterben konnten, vor allem nicht so jung. Sowas durfte einfach nicht sein! Sowas konnte einfach nicht geschehen! Am liebsten würde ich einfach alles kaputt machen. Ich wollte die Blumen aus dem Fenster werfen und jeden verprügeln, der es wagte hierher zu kommen und sein Mitleid ausdrücken, obwohl sie es gar nicht nachvollziehen konnten. Sie wussten nicht, was es bedeutete, alles verloren zu haben. Der einzige, von dem ich glaubte, das er mich verstand war Damon und der sagte einfach gar nichts. So war es auch besser. Ich wollte ihr Mitleid nicht und ihre Tränen, davon hatte ich genug eigene. Für mich waren sie alle Heuchler. „Komisch, das ausgerechnet, wenn ich sterbe so viel Bewegung und Leben in diesem Haus ist, oder?“, fragte mich Elenas Stimme und mir kamen die Tränen. Sie hatte recht, das war schrecklich. Vorher hatte sich kein Mensch um uns geschert, aber jetzt wo sie tot war, sich umgebracht hatte, schreckten alle auf. Sie erinnerten sich, was wir alles durchgemacht hatten und welche Verluste wir durchgemacht hatten und bemitleideten uns von neuem. In ein paar Monaten würden sie das wieder vergessen haben und es würde wahrscheinlich erst wieder Panik geben, wenn auch ich das zeitliche segnete. Was für eine tragische Familie wir doch hatten, in der alle irgendwie starben. „Mir wird erst jetzt klar, wie sehr ich sie alle hasse“, erklärte ich ihr meine Gefühlslage und sie setzte sich zu mir. Ich spürte nur ein wenig Wärme, doch ich konnte es fühlen. Wenn ich mich anstrengte, wusste ich ohne hinzusehen, dass sie den Kopf auf meine Schulter legte. So sehr wünschte ich mir, dass sie es wirklich war. Sie war doch immer noch hier. Ihre Seele war doch immer noch da und mir war vollkommen klar, dass ich sie nicht einfach loslassen konnte. Das es das schwerste sein würde, was ich je getan hatte und ich vielleicht nie dazu in der Lage sein würde. Ich wusste, dass ich mich schon bei Anna schwer getan hatte, aber wie sollte ich es dann erst, bei Elena schaffen? Sie war meine Schwester. Verdammt nochmal, sie war das einzige was mir auf dieser Welt geblieben war! Falsch… Sie war ja tot. Das musste ich mir immer wieder in Gedächtnis rufen, denn das Detail entfiel mir einfach viel zu oft. Ich hatte einfach nicht den Eindruck, dass sie gegangen war und ich wusste, dass es nicht nur daran lag, dass sie immer wieder als Geist auftauchte. Ich wusste, dass es meine Schuld war. Wenn ich nicht an sie denken würde oder sie ziehen lassen könnte, dann würde das nicht passieren? Aber wie zum Teufel sollte ich aufhören an meine Schwester zu denken? Verdammt, sie war doch meine Schwester! Meine Schwester! Wie? Wie! Wie? Ich schluckte und bemerkte die Tränen, die bereits mein ganzes Gesicht bedeckten. „Du solltest wieder ins Bett gehen und schlafen, Jeremy. Auch wenn es meins sein sollte, das du wählst. Soll ich dir eine gute Nachtgeschichte vorlesen, wie Mum es früher getan hat?“, fragte sie mich fürsorglich und ich spürte eine leichte Wärme auf meiner Wange. Ich sah zu ihr und bemerkte, dass sie ihre Hand auf meine Wange gelegt hatte und mich fragend ansah. Ich fasste mit meiner Hand gegen ihre und wenn ich mich genug konzentrierte, es mir einfach vorstellte, dann kam es einer tröstenden Berührung ziemlich nah. „Ich will einfach nur, dass du bei mir bleibst. Dich neben mich legst“, bat ich sie und sie nickte. Sie griff nach meiner Hand und ich fühlte die Kraft aufzustehen, wobei es so aussah, als würde sie mich hochziehen und dann die Treppe hinauf ziehen. Wir gingen in ihr Zimmer und kuschelten uns gemeinsam, unter ihrer Decke. „Ich wünsch mir, dass du für immer bei mir bleibst“, flüsterte ich zu ihr und wusste doch, dass das gar nicht mehr möglich war. Sie rückte aber näher und legte wieder eine Hand auf meine Wange. „Ich bin hier, Jeremy. Ich werde immer bei dir sein“, versicherte sie mir und ich klammerte daran. Es fiel mir schwer einzuschlafen, allein schon weil ich das nicht wollte, weil ich meine Augen nicht von ihr nehmen wollte. Es war schrecklich in die Stadt zu gehen. Alle sahen mich so an, als würde ich der nächste sein, der über eine Klippe springt und dann kamen sie alle zu mir und bekundeten ihr Beileid. Verdammt noch mal, das sollten sie gefälligst für sich behalten, damit konnte ich wirklich nichts anfangen. Als ich nach Hause kam, saß Damon auf der Veranda und Carolines Wagen stand in der Auffahrt. „Was macht Caroline hier?“, fragte ich und stellte die Sachen ab, die ich eingekauft hatte. „Sie verabschiedet sich von Elena“, erklärte er mir und seine Stimme zeigte kein Gefühl. Wenn ich nicht wusste, wie sehr er sie geliebt hatte, dann könnte ich nicht sagen, was er gerade wirklich fühlte. Aber das er jede Nacht bei dem Sarg schlief, zeigte mir eindeutig, was er fühlte. Caroline kam heraus und wischte sich mit dem Ärmel über ihre Augen, aber es waren zu viele Tränen, um sie wegzuwischen. „Dass der Sarg da drinnen steht, find ich richtig gruselig“, befand sie. Ich zuckte mit den Schultern, denn ich war es einfach so gewöhnt. „Bei unseren Eltern war es genauso gewesen. Ich kenn es nicht anders.“ So realisierte ich wenigstens, das sie nicht mehr da war, das sie auch tot war und nicht einfach nur weg. Sie würde nie wiederkommen. „Ich werde den Blumen Wasser geben, sodass sie bis morgen halten“, erklärte ich und ging mit den Einkäufen nach drinnen. Morgen. Morgen würde die Beerdigung sein. Bis dahin musste ich noch so vieles erledigen. Ich ging ins Wohnzimmer, zumindest versuchte ich es, doch ich blieb am Türrahmen stehen. Ich wusste nicht wirklich, ob ich hineingehen sollte oder nicht. „Hast du denn nichts besseres zu tun?“, fragte mich eine Stimme und erschrocken drehte ich mich um. Elena stand dort an der Wand gelehnt und hatte die Arme verschränkt. Sie trug die Sachen, mit der sie gestorben war, wo Damon sie aus dem Wasser gezogen hatte. Eine blaue Jogginghose und ein weißes T-Shirt mit einer blauen Joggingjacke darüber, dazu weiße Laufschuhe. Sie sah aus, als würde sie ihr tägliches Training machen wollen. Ihre Haare waren zu einem Zopf gebunden. So sah sie immer aus. Immer, wenn ich sie sah. Anscheinend war das so eine Geistersache, dass sie das trug, womit sie auch gestorben war. Für die Beerdigung hatte sie was anderes anbekommen. „Ich sollte mich um die Blumen kümmern“, erkannte ich und nickte leicht. „Oder… du gehst ans Telefon“, meinte sie und ich hob fragend eine Augenbraue. Ich konzentrierte mich, doch da war nirgendwo ein Telefonklingeln. Doch dann… es fing auf einmal wirklich an. Wie hatte die das wissen können? Fragend sah ich sie an, aber sie lächelte nur siegesgewiss. „Lass mal, Jeremy. Ich geh schon ans Telefon“, versicherte Caroline mir und legte mir kurz die Hand auf die Schulter. Kurz nickte ich und kümmerte mich dann um die Blumen, wie ich es vor gehabt hatte. „Ich find Caroline interessant. Sie ist stark und emotional zugleich. Wirklich einzigartig, wenn du mich fragst“, erzählte mir Elena, während sie auf einen Tresen in der Küche saß. Sie sah mir dabei zu, wie ich den Blumen Wasser gab. „Du warst auch einzigartig“, sagte ich ihr und sie lächelte mich freundlich an. Für mich war sie es gewesen und ich fragte mich, was sie jetzt glaubte, was ich ohne sie tun sollte. „Ich bin es immer noch“, antwortete sie und erschrocken sah ich ihr ins Gesicht, fragte mich gleich, ob es noch eine Möglichkeit gab, für sie zurückzukommen. Schließlich war auch ich einmal tot gewesen. „Ich bin schließlich noch hier, wenn du an mich denkst und das willst.“ Stimmt, sie war noch hier. Als Geist. Das war nicht ihre Schuld, wenn ich an sie dachte und sie deswegen erschien. Es war für sie wahrscheinlich nur logisch mich zu beobachten. Ich würde es nicht anders handhaben als sie, weswegen ich ihr das wirklich nicht vorwerfen konnte. Aber ich wünschte mir, sie wäre wirklich da. Richtig, als Mensch. Sodass ich sie anfassen könnte und sie in die Arme nehmen konnte. Erst jetzt begriff ich, wie wichtig sie mir war. Ich spürte das volle Ausmaß ihres Verlustes und dieser war größer als der meiner verlorenen Eltern. Die Zeit in Denver bereute ich jetzt, da ich sie nicht mit ihr verbracht hatte. Wenn ich da gewesen wäre, dann hätte sie das vielleicht gar nicht getan. „Kannst du mir nicht sagen…“, begann ich und blickte bei meinen Worten auf, doch sie war bereits wieder verschwunden, weswegen ich auch verstummte. Ich hasste das, ich hasste das wirklich. Als Mensch könnte sie nicht einfach verschwinden und hätte das auch niemals getan. Jetzt allerdings war sie ein Geist und es galten wohl andere Regeln für sie. Kapitel 2: Es ist vorbei ------------------------ Kapitel 2: Es ist vorbei „Unser Leben besteht aus dem Sterben Anderer.“ (Leonardo Da Vinci) Damons Sicht: Ich schaute den Fluss hinunter, in dem sie ertrunken war. Sie war der Meinung gewesen, das sie schon vor anderthalb Jahren dort mit ihren Eltern hatte sterben sollen. Aber dann hätte ich sie nie kennen gelernt. Nie das Mädchen geliebt zu lernen, das es wert war. Die alles wert war. Auch das man selbst für sie starb. „Was willst du hier?“, fragte ich ihn bitter, da ich ihn eine gute Mitschuld an ihrem emotionalen Zustand gab, der sie dazu gebracht hatte, das zu tun. Ich hasste und verfluchte zurzeit einfach nur jeden. „Ich wusste dass du hier sein würdest“, meinte er und antwortete damit nicht auf meine Frage. Klar war ich hier, hier oder bei ihrem Sarg. Wahrscheinlich würde ich bald auch noch die ganze Zeit auf dem Friedhof herum hängen oder im Grill, um mich zu besaufen. „Hier hab ich zum ersten Mal gesehen. Ich hab gesehen, wie das Auto von der Straße abgekommen ist und bin hinunter getaucht, wo ihr Vater nach hinten gedeutet hat, damit ich sie herausholte. Da sah ich sie zum ersten Mal, sie war ohnmächtig und für mich war es ein Schock, das sie aussah wie Katherine.“ Mein Gesicht verdunkelte sich und kalt sah ich zu meinen Bruder. „Sie war nicht Katherine!“, zischte ich. Sie auch nur mit dieser Schlampe zu vergleichen, das war sie wirklich nicht wert. Man sollte die beiden nicht einmal im selben Atemzug nennen. „Ich hab sie auf der Party zum ersten Mal getroffen. Die war kurz bevor das Auto von der Brücke hier abkam. Ich hab sie manipuliert, damit sie sich nicht daran erinnert und niemand sagen konnte, dass ich zurück war. Ich frag mich, ob sie das jetzt weiß.“ Bestimmt löste auch der Tod sowas wie Gedankensperren auf. Sicher wusste sie das. War sie wütend deswegen? Oder dem Liebesgeständnis, das ich ihr ebenfalls genommen hatte? Ich hoffte es nicht. „Damon, sie ist tot. Ist das nicht egal?“, fragte er und gab mir somit Anlass meiner Wut freien Lauf zu lassen, wie ich es schon die ganze Zeit gewollt hatte. Ich griff nach seiner Kehle und drückte ihn über das Geländer. „Nichts ist egal! Dir war sie vielleicht am Ende egal, weil du dich nur noch mit deiner Rache mit Klaus beschäftigt hast, aber mir nicht! Ich hab mich die ganze Zeit um sie gekümmert, wobei du nur noch mehr Schaden an ihr angerichtet hast. Wenn du irgendwo deine Meinung kund tun musst, dann geh doch zu Klaus, weil wenn du noch einmal irgendwas sagst, was sie im entferntesten beleidigt, dann schwöre ich dir, nutze ich all meine angestaute Wut, um dir ein Pfahl ins Herz zu rammen!“ Mit kaltem Blick ließ ich wieder los und hoffte, dass er mich nun endlich in Ruhe ließ. Er richtete sich aber nur auf und sah mich an. „Es tut mir leid, ich weiß dass du sie geliebt hast. Ich hab das auch…“ „Wag es nicht sowas zu sagen! In der letzten Zeit hast du nichts anderes getan, als ihr weh zu tun und zu beweisen wie wenig sie dir bedeutet hat. Wag es also nie wieder zu behaupten, das du sie geliebt hast!“, warnte ich ihn, denn davon wurde mir nur schlecht. Ich hatte gesehen, wie viel sie wegen ihm gelitten hatte und ich konnte ihre schmerzerfüllte Stimme nur mit diesen Ereignissen verbinden. Stefan hatte genügt Anteil an ihrem Tod, da konnte niemand etwas anderes behaupten. Mein Bruder sah schuldbewusst zu Boden und mit seiner Schuld hatte er recht. Aber ich interessierte mich nicht für seine Gefühle, weswegen ich mich von ihm abwandte und mit seiner Schuld allein ließ. Jeremys Sicht: Elena fing lauthals an zu lachen, als unsere Nachbarin mir einen Auflauf gab. Es war Tradition, dass man Essen vorbei brachte, wenn jemand gestorben war, weil die Hinterbliebenen kaum die Nerven für sowas hatten. „Hat ihr denn niemand gesagt, dass niemand mein nicht vorhandenes Kochen ausgleichen muss? Du kannst selbst für dich sorgen. Du musst es nur so machen, wie wir es vorher auch gemacht haben. Du nimmst das Telefon und wählst die Nummer des Lieferanten, dann bestellst du, was immer du auch magst“, meinte Elena vollkommen amüsiert. Sie hatte recht, wir hatten nicht vor ihrem Tod gekocht und auch nicht danach. Weder sie noch ich konnten das oder hatten uns je angestrengt das uns so etwas gelang. Unser Vater hatte kochen können, unsere Mutter und wir waren immer nur Zuschauer gewesen. Sobald ich den Auflauf in der Küche abgestellt hatte, fing Elena an fröhlich zu grinsen. „Endlich kommt mal jemand, den ich mag. Sei ja nett zu ihm!“, warnte sie mich und ich runzelte die Stirn, doch dann erklang auch schon die Türklingel. Wie hatte sie das schon wieder gewusst? Ich ging zur Tür und konnte nicht glauben wer da stand. Zu dem sollte ich nett sein? Den mochte Elena? „Elijah“, sagte ich überrascht, da ich mit ihm auf jedenfall nicht gerechnet hatte. Elena umarmte mich von hinten und ihr Grinsen war einfach nur riesig. „Weißt du eigentlich, dass er unglaublich toll aussieht. Ich meine, wenn ich Damon nicht geliebt hätte, dann wäre er auch eine gute Option gewesen“, erzählte sie mir. Oh Gott! Das wollte ich wirklich nicht wissen. „Mein Beileid, Jeremy.“ Seine Stimme war ruhig, aber es schwang anscheinend ehrliche Trauer mit. Ich war eigentlich mehr davon überrascht, dass er meinen Namen kannte. „Ja, ja. Langweilig. Bitte ihn hinein!“, verlangte Elena und ich wollte sie böse ansehen, aber das wäre jetzt sicher merkwürdig. Elijah beobachtete mich und das würde auf jedenfall viele Fragen aufwerfen. Ich trat zur Seite, wie auch Elena, auch wenn das wohl egal war. „Komm herein“, meinte ich, weniger freundlich und aufgeregt als meine Schwester es gerade war. Wie konnte sie ihn nur mögen? Er war ein Urvampir! Er trat ein und sein Blick fiel sogleich ins Wohnzimmer, wo der Sarg stand. „Hat sie einen Abschiedsbrief oder etwas vergleichbares hinterlassen?“, fragte er nach. Er hatte recht, sowas war für Selbstmörder eigentlich typisch. Mein Blick fiel zur Seite, zu Elena, die den Kopf schüttelte. „War eher eine Spontanentscheidung und ich hab vom Alkohol her nicht so viel bedenken können.“ Ich schüttelte auf ihre Aussage hin den Kopf. „Hat sie nicht. Sie war betrunken und hat nichts weiter bedacht. Wenn du etwas wissen willst, musst du Damon fragen, der hat vor ihrem Tod mit ihr telefoniert. Noch besser ist du fragst deinen Bruder, ich bin sicher er ist für psychischen Zustand mitverantwortlich.“ Ich spürte eine Wärme auf meiner Schulter und wusste, dass meine Schwester ihre Hand dort hinlegte. „Jeremy“, meinte sie, nicht warnend, aber tadelnd und vorsichtig. „Er kann nichts dafür.“ Ihre Stimme klang sanft und sie schien überhaupt nicht wütend zu sein. Ganz anders als ich es war. „Es tut mir leid, was er ihr angetan hat. Ich hab das nicht für sie gewollt.“ Elena lächelte selig, ihr gefielen seine Worte anscheinend sehr. Ich zuckte mit den Schultern. „Nun, das bringt mir meine Schwester auch nicht wieder“, meinte ich kalt, denn von mir würde sicher keiner von ihnen Absolution bekommen. Ich würde ihnen niemals verzeihen, für das was sie ihr in ihrem Leben angetan hatten. Ich wandte mich von ihm ab. „Ich… ähm… lass euch… dich allein“, meinte ich und wollte den Raum verlassen. Dabei bemerkte ich, dass Elena anscheinend nicht vor hatte mitzukommen. Sie stellte sich zu Elijah und legte eine Hand auf seine Schulter, als er ihren Sarg betrachtete. Vielleicht mochte ich ihn nicht, aber wenn sie es tat, wäre es nur fair, ihm das zu sagen. „Übrigens, falls du es nicht wusstest…“, fing ich an und er sah zu mir. „Sie hat dich gemocht.“ Er schien von meiner Offenbarung überrascht zu sein. Er hatte es dann wohl wirklich nicht gewusst. „Sehr sogar“, sagte Elena zu ihm, in sein Gesicht. „Sehr sogar“, wiederholte ich und verließ dann den Raum, um sie allein zu lassen. Ich ging in die Küche, wo ich mich auf den Tresen abstützte und versuchte nicht zu weinen. Elenas Sicht: Ich sah zu, wie Elijah über meinen Sarg strich und den Kopf senkte. Er holte etwas aus seiner Tasche, das er auf meinen Sarg legte. Es war eine einzelne weiße Rose. „Es tut mir leid, Elena. Ich hatte dich wirklich beschützen wollen. Ich hatte nur nie vermutet, das ich dich vor dich selbst beschützen müsste“, erzählte er mir und es tat mir leid, das ich ihn solchen Kummer bereitete. Am liebsten würde ich ihn umarmen und ich wünschte mir, wie so oft, dass er mich hören kann. „Das ist schon in Ordnung, Elijah. Ich wollte nie dass du dich schuldig fühlst. Es ist nicht deine Schuld.“ Ich hoffte zumindest, dass er es fühlen konnte, was ich sagte. Dass es ihn irgendwie Erleichterung oder etwas ähnliches verschaffte. Dass er sich besser fühlte. Ich sah auf die weiße Rose, die er mir hingelegt hatte und wollte zu gern daran riechen, sie in die Hand nehmen. „Ich hab mir ein menschliches Leben für dich gewünscht, in dem du heiratest und Kinder bekommst. In dem du glücklich bist, wie Tatia und Katerina es nie geschafft haben.“ Ich musste bei der Vorstellung lachen, denn es war einfach ein zu abgedroschener, unmöglicher Gedanke. „Ich war in einen Vampir verliebt, das konnte niemals zu Kindern geführt haben. Mein Wunsch war dumm. Ich wollte gleichzeitig mit ihm zusammen sein und dennoch weiterhin mein menschliches Leben behalten. Das war nicht sehr gut durchdacht von mir. Aber es wäre mir sicher schwer gefallen, wenn ich das eingesehen hätte, mich auf einmal in einem Menschen zu verlieben und nebenbei von Damon und Stefan abzukommen.“ Wenn man starb, dann wurde alles viel klarer. Die Gefühle ordneten und manifestierten sich. Man erkannte die Wahrheit und man bekam eine Klarheit, wie es sonst nur der Alkohol bei mir geschafft hatte. So hatte ich erkennen müssen, wie schrecklich mein Leben überhaupt gewesen ist. Wie sehr Stefan mir weh getan hatte und wie viel ich von den magischen Ereignissen in meinem Leben korrumpiert war. Aber auch, dass ich bei Stefan an etwas festgehalten hatte, was schon lang nicht mehr dagewesen war und das ich mich in etwas hineingesteigert hatte. Ebenso musste ich erkennen, dass ich mich in Damon verliebt hatte und dass es mir egal war, dass er ein Arschloch war. Ich liebte ihn mit all seinen Fehlern und guten Eigenschaften. Es gab so vieles, das ich jetzt anders sah, als früher. „Es tut mir leid was geschehen ist. Es tut mir leid, was mein Bruder und meine Schwester dir angetan haben. Ich hab… das nicht gewollt“, sprach Elijah und seine Hand, die auf meinem Sarg lag, krampfte sich zu einer Faust. Seine Worte waren schwer, borgen eine Last, die ich nicht erahnen konnte. Ich legte meine Hand auf seine, hoffte das er die Wärme fühlte oder etwas anderes. „Schon gut, ich bin dir nicht böse.“ Er sah auf seine Hand ich fragte mich, ob er tatsächlich etwas spürte oder ob er einfach auf seine geballte Faust sah. „Ich werde dafür sorgen, dass niemand deine Beerdigung stört und Klaus sich nicht an dir rächen wird. Ich denke es ist genug. Es ist vorbei.“ Die letzten Worte klangen traurig, als hatte er das Ende nicht gewollt. Vielleicht ein Ende, aber nicht dieses. „Leb wohl, Elena. Ich hoffe du hast deinen Frieden gefunden“, verabschiedete er sich von mir und ging dann aus dem Raum, wobei er sich noch bei meinem Bruder verabschiedete. Ich spürte die Fesseln, die mich auf dieser Welt hielten und eine davon, ging eindeutig von ihm aus. Ich hatte mich entschlossen zu sterben. Es war vorbei. Aber nur für mich. Nicht für sie. Sie ließen mich nicht los, nicht so einfach, selbst wenn sie es behaupten sollten, wie Caroline und Elijah. Ich folgte Elijah, wenn er nach Hause ging, noch einmal zurück blickte. Schweigend ging ich neben ihn her und beobachtete ihn genau. Andere zu beobachten, war das einzige, was man als Tode machen konnte. Man konnte nichts mehr in der Welt bewegen und eigentlich mit niemand interagieren. Natürlich war Jeremy eine Ausnahme, nicht für mich gedacht, aber dennoch eine Abwechslung. Ein kleiner Halt, der mich nicht wahnsinnig machte. So war ich nicht ganz allein. Obwohl es meinen Bruder wohl noch mehr schadete. Das Leben sollte für die anderen weiter gehen, auch ohne mich. Es war wohl ein wenig zu viel verlangt, wenn man darüber nachdachte, dass ich mich diesem Leben entzogen hatte. Vielleicht war es falsch, wenn man es auf seine Mitmenschen bezog. Dennoch bereute ich es nicht, denn ich fühlte, das mein Leben vorbei war und dass das was ich getan hatte richtig war. Elijah trat in das Wohnzimmer ein, wo Klaus zeichnete. Ich hatte ihn beobachtet und gemerkt wie talentiert er war. Allerdings wusste ich nicht, wie ich seine Besessenheit zu meiner besten Freundin werten sollte, denn es war schon gruselig. Obwohl ich mir vielleicht eingestehen sollte, das wenn es Elijah, Damon, Jeremy oder sonst wer wäre, dann würde ich es wohl als romantisch empfinden. „Hast du ihre Leiche gesehen?“, fragte Klaus nach. Es war ehrlich gruselig, das er unbekümmert zeichnete und dabei so eine Frage über mich stellte. „Nur ihren Sarg“, antwortete Elijah so kurz wie möglich. „Wenn ich ihren Bruder töten würde, dann würde ich diesem wohl nur einen Gefallen tun, was?“, fragte er nach. Ich war nicht wirklich über seine Aussage überrascht. Ich hatte seinen Wutanfall miterlebt, als er von meinem Tod erfahren hatte und wie Elijah ihm zum Glück davon abgehalten hatte, jeden den ich liebte in Stücke zu reißen. „Sie ist tot, Klaus. Deine Rache würde dir gar nichts bringen. Sieh es ein, es ist einfach… vorbei.“ Klaus Blick schoss zu seinem Bruder, er erkannte auch das bedauern in seinen Worten, das mich glauben ließ, dass er das nie gewollt hätte. „Wie ihre ganze Blutlinie. Nie wieder wird es einen Doppelgänger geben“, meinte Klaus langezogen und beobachtete seinen Bruder weiterhin. Ich setzte mich neben Klaus, da das Sofa breit genug war. Andernfalls hatte ich immer ein komisches Gefühl, auch wenn es nichts ausmachte mich auf dieselbe Stelle wie jemand anderes zu setzen. „Außer sie hat ein uneheliches Kind, wie Katerina.“ Elijah machte ein ungläubiges Geräusch. Vielen Dank, das er zumindest mir sowas nicht zutraute. „Das bezweifle ich, Bruder.“ Ich nickte zustimmend. „Daran würde ich mich auf jedenfall erinnern. Aber vielleicht hatten meine anderen Vorfahren ja Geschwister, man weiß nie. Ich hoffe zumindest, das du es dann nicht erfahren wirst“, meinte ich zu Klaus, auch wenn er mich natürlich nicht hören konnte. Elijah ging nach oben, aber ich blieb neben Klaus und sah mir sein Bild an. Anders als die anderen Bilder, stellte es nicht Caroline da, sondern mich. Ich lag da friedlich da und hatte meine Augen geschlossen. Unter dem Bild stand mein Name. Huch, das war ungewöhnlich. Kapitel 3: Kryptische Träume ---------------------------- Kapitel 3: Kryptische Träume „Du hast mich tiefer berührt, als ich glaubte, dass sogar du mich berühren könntest, mein Herz war voll davon, als du heute kamst. Fortan gehöre ich ganz und gar dir.“ (Elizabeth Barrett-Browning) Jeremys Sicht: Zum gefühlten tausendsten Mal klingelte es, diesmal war es wieder die Tür. Langsam machte mich das alles wahnsinnig. Ich sah wie Alaric die Tür öffnete und war froh mich nicht selbst darum kümmern zu müssen, weswegen ich einfach nur stehen blieb. Es war eine schwarzhaarige Frau, die ich nicht wirklich kannte, zumindest erinnerte ich mich nicht an einen Namen. Sie hatte einen Blumenstrauß dabei. „Meredith“, meinte Alaric überrascht. „Mein herzliches Beileid“, sagte sie und überreichte Alaric den bunten Blumenstrauß. „Ich hab mich schon immer gefragt, wie ein Beileid herzlich sein kann? Ich meine hört sich das nicht irgendwie komisch und widersprüchlich an?“, fragte Elena und wenn ich zu ihr rüber sah, bemerkte ich, wie sie die Stirn runzelte. Sie hatte recht, das war eigenartig. Normalerweise hätte ich über diese Erkenntnis gekichert. „Aber Meredith ist nett. Du solltest aufpassen, das Alaric es sich nicht mit ihr verscherzt, denn ich sehe sie als seine potenzielle neue Freundin. Ich finde das hat er sich nach Jennas Tod verdient“, befand Elena und ich sah zu den beiden, wie sie sich unterhielten. Eigentlich wollte ich weggehen, aber dann wandte sie sich an mich. „Hallo, du musst Jeremy sein. Mein Beileid zum Tod deiner Schwester.“ Ich nickte ihr nur zu, wusste nicht, was ich anders sagen sollte. „Ich hab den Obduktionsbericht deiner Schwester dabei.“ Sie überreichte mir ein paar Zettel, die ich entgegen nahm und wirklich lesen wollte, aber eine Stimme unterbrach mich, bevor ich dazu kam. „Was soll da schon aufregendes drin stehen? Wir wissen doch was passiert ist. Lohnt sich wirklich nicht zu lesen“, fand Damon, der zu uns in den Flur trat. Schön, dass er dieser Meinung war, aber ich wollte es. Im Gegensatz zu ihm war ich auch nicht dabei gewesen und ich wollte zumindest nachvollziehen, was geschehen war. Elena zuckte mit den Schultern. „Er hat recht. Das ist ja unheimlich, ich bin mal einer Meinung mit Damon“, wunderte Elena sich über sich selbst und ich sah kurz zu ihr. „Ich will ihn aber lesen“, sagte ich bestimmt und versuchte mich wieder darauf zu konzentrieren. Elena trat an meine Seite und seufzte genervt, als könnte sie das nicht nachvollziehen. „Geht es dir soweit gut, Jeremy?“, fragte Alaric und sah mich an. Schnell nickte ich. „Ja“, antwortete ich ihm und war erleichtert, als er und Meredith ins Wohnzimmer verschwanden. Dennoch spürte ich weiterhin einen Blick auf mich und dieser stammte nicht von Elena. Fragend sah ich zu Damon auf, der mich genau musterte. „Du kannst sie sehen“, urteilte er über mein Verhalten. Überrascht sah ich ihn an, schüttelte den Kopf und versuchte ihn so vom Gegenteil zu überzeugen. Allerdings schien er seine Meinung bereits gefestigt zu haben. „Du kannst sie sehen“, wiederholte er und sah sich dann um. „Ist sie gerade hier?“ Ich tauschte einen Blick mit Elena aus, die dann zu Damon trat und mit ihrer Hand seine berührte und ihn dabei ins Gesicht sah. Ich nickte leicht. „Sie fasst dich gerade an die Hand“, bestätigte ich ihm. Sofort sah er auf die richtige Hand und dann neben sich. Konnte er etwas spüren? „Elena?“, fragte Damon vorsichtig und sie nickte ihm zu, weswegen ich mich auf die beiden konzentrierte. „Ich liebe dich, Elena“, erzählte er ihr und das Lächeln auf dem Gesicht schien wie tausend starke Sonnen. Als wäre das der glücklichste Tag ihres Lebens. „Sie lächelt. So glücklich hab ich sie schon lange nicht mehr gesehen“, berichtete ich Damon ihr Verhalten. Ich fragte mich, ob er es sich so vielleicht vorstellen konnte. „Ich liebe dich auch und ich danke dir für alles, was du für mich getan hast.“ Überrascht sah ich meine Schwester an, denn ich kannte es nicht von ihr, das sie so mit Damon redete, sowas auch nur zugab. „Sie liebt dich ebenfalls und dankt dir, für alles was du je für sie getan hast“, gab ich das wieder, was sie ihm gesagt hatte. Es tat mir leid die beiden so zu sehen. Damon so verloren und Elena so sehnsüchtig. Ich versuchte mich auf den Bericht zu konzentrieren, in dem eigentlich nichts Neues für mich stand, wie Damon und Elena es auch gesagt hatten. Sie hatte sich die Pulsadern aufgeschnitten und dann die Kehle, auch war Wasser in ihren Lungen gewesen, doch letztendlich war sie an Blutverlust gestorben. Welch Ironie und das war ihr nicht einmal von einem Vampir zugefügt wurden. Postmortal waren ihr die Rippen gebrochen wurden, was dann wohl auf Damons Herzmassage zurückzuführen war. Ich besah mir das Foto ihrer Leiche, sie schlief friedlich, so als würde nichts in der Welt sie kümmern. Ich sah herunter von der Treppe, wo sie noch immer mit Damon stand und ihre Stirn an seine gelegt hatte. Sie beide hatten die Augen geschlossen und ich fragte mich, ob sie sich gegenseitig fühlen konnten, dass der andere da war. Würde das so wie bei Anna und mir werden? Allerdings würde Damon sie niemals sehen können, also war es irgendwie nicht dasselbe. Aber er könnte weiter an sie hängen, an einer Toten, an einem Geist und für Elena gab es in diesem Fall keine Chance zurückzukehren. Damons Sicht: Elena war bei mir, ich wusste es genau. Ich konnte die vertraute Wärme spüren, wie schwach sie auch war. Zu gern würde ich sie sehen, sie anfassen. „Ich kann es immer noch nicht glauben dass du weg bist, Elena. Ich liebe dich und ich weiß nicht wie ich ohne dich leben soll.“ Da war eine Wärme auf meiner Wange und dann, dann auf meinen Lippen. Konnte es sein das sie mich küsste? Das erste Mal küsste sie mich frei von sich heraus und ich sollte davon nicht einmal etwas mitbekommen? Das war doch nicht fair. „Ich will dich wiederhaben. Um jeden Preis. Ich will das du wieder bei mir bist“, wünschte ich mir sehnsüchtig, auch wenn ich wusste das es unnötig war. Eigentlich tat ich sowas nicht, unwichtige Wünsche äußern, die sowieso nie in Erfüllung gingen, aber hier war es irgendwie anders. Die Verzweiflung das sie nicht mehr bei mir war, der Schmerz, er war schlimmer als alles was ich bisher gekannt hatte. Nichts war damit vergleichbar. Wieder spürte ich eine seichte Wärme auf meine Lippen, doch dann verschwand das Gefühl ganz. Es ließ mich einfach los, von meinen Händen, von meinen Körper. Sie stand nicht mehr bei mir. „Nein, Elena! Ich flehe dich an! Bitte geh nicht! Bitte, bleib bei mir!“, sagte ich verzweifelt und ich spürte wie etwas meine Wangen herunter lief. Schon wieder weinte ich. Elena hatte mich total schwach und jämmerlich gemacht, andauernd weinte ich über ihren Verlust. Irgendwie kam ich nicht damit zu recht. Carolines Sicht: Ich saß in einem Kino mit Elena, wir schauten zusammen einen Film. „Ist das nicht romantisch? Sie hat neunhundert Jahre auf ihn gewartet und jetzt muss sie nur noch herausfinden, dass er wieder ins Leben zurückgekehrt ist. Auch denkt er dass sie tot ist, weswegen er solch selbstzerstörerische Dinge tut. Aber es muss eine sehr starke Liebe sein“, meinte Elena und ich nickte nur zustimmend, schaute wie gebannt auf den Bildschirm. Ich konnte da nichts sehen, nicht ein Bild erkennen. Zumindest waren alle Menschen darauf verschwommen, aber ich wusste was geschah, konnte die Handlung sehen. „Wäre es nicht toll, wenn ihnen jemand helfen würde, wieder zusammen zu kommen?“, fragte Elena. Ich zuckte hilflos mit den Schultern. „Ja, aber wer? Die Familie des Mannes ist gegen die Verbindung, sie mögen die Frau nicht und sie hat niemanden.“ Es war eine verzweifelte Situation, zu der ich die Lösung nicht kannte. Ich schaute neben mich, doch Elena war auf einmal nicht mehr da. „Elena? Elena, wo bist du?“, rief ich verzweifelt und stand auf. Ich beeilte mich aus dem Kinosaal zu rennen, damit ich sie noch einholen konnte, doch sobald ich aus der Dunkelheit kam, umfasste mich ein Licht. Ich blieb stehen und sah mich um. Da war überall nur Licht. „Elena? Elena, bist du hier?“, rief ich verzweifelt. „Wo sind wir?“, fragte eine Stimme hinter mir und erschrocken drehte ich mich um. Da stand ein kleines Mädchen, das ich irgendwoher kannte, nur wusste ich nicht genau zu sagen woher. Ich sah mich um, fand aber keinen Anhaltspunkt. „Ich weiß es nicht. Komm, lass uns gehen, wir finden sicher deine Eltern“, beruhigte ich das kleine Mädchen. Als ich ihr aber meine Hand reichte, wich sie zurück und schüttelte verzweifelt den Kopf. „Ich kann hier nicht weg. Ich werde festgehalten“, offenbarte sie mir. Fragend sah ich sie an, aber dann erkannte ich es langsam, da wurden die Fesseln sichtbar, die um ihre Handgelenke und Fußgelenke lagen. Es sah grausam an. „Oh, mein Schatz. Das tut mir so leid für dich. Aber ich hol dich hier schon irgendwie raus, das verspreche ich dir. Wie heißt du denn?“, fragte ich sie. Sie war so klein und hilflos, zumindest sah sie so aus, als wäre sie sehr schwach. Unverständlich sah mich das Mädchen an. „Aber du hast doch nach mir gerufen“, meinte sie verwirrt und jetzt war es an mir, sie verständnislos anzusehen. Dann verschwand sie einfach vor meinen Augen und panisch sah ich mich nach ihr um. „Aber du hast doch nach mir gerufen“, wiederholte eine Stimme, nur viel älter und erschrocken sah ich neben mich. Ungläubig kniff ich die Augen zusammen. „Elena?“, fragte ich nach. Sie lächelte mich amüsiert an und legte dabei den Kopf schief. „Das ist der Name, den mir meine Eltern gaben“, stimmte sie mir zu. Ich verstand gar nichts mehr. Was geschah hier nur? War sie das kleine Mädchen gewesen? Aber wieso war das so? „Wieso geschieht das hier alles?“, fragte ich sie, aber Elena zuckte nur mit den Schultern. „Wieso passiert was, Caroline? Ich kann dir keine Antworten mehr geben, das musst du selbst herausfinden. Ich bin tot und nicht mehr bei dir“, erzählte sie mir. Verwirrt runzelte ich die Stirn, weil ihre Worte dem widersprachen, was ich gerade eindeutig vor mir sah. „Dann bilde ich mir das alles nur ein?“, fragte ich weiter nach. Wieder neigte sie nur den Kopf ein wenig und sah mich unschuldig, aber auch unwissend an. „Ich weiß nicht, tust du das?“, stellte sie die Gegenfrage. Ich fühlte mich so hilflos, konnte nicht sagen was hier gerade geschah. „Ich weiß nicht“, sagte ich vollkommen verzweifelt, denn ich kannte die Antwort wirklich nicht. Elena legte den Kopf schief. „Vielleicht solltest du es dann herausfinden“, riet sie mir und ich konnte einfach nur nicken. Sie schnippte mit dem Finger und ein Ruck durchzog mich. Keuchend wachte ich auf, richtete mich vor Schreck sofort auf und fasste mich an meinen Kopf. Schon wieder hatte ich so einen kryptischen Traum gehabt. Die hatte ich seit Elenas Tod und das war nicht wirklich beruhigend. Es war eigenartig und unverständlich. Ich wusste nicht was ich dagegen tun sollte. Es waren nicht einmal Albträume, die mich grauten, sondern einfach merkwürdige Träume, die mich total erschöpften. Es war komisch. Aber ich hatte keine Ahnung, was ich dagegen tun sollte. Jeremys Sicht: Irgendwie war ich untalentiert mir eine Krawatte zu binden, es wollte mir heute nicht recht gelingen. „Also du musst sowas jetzt schon selbst schaffen, dabei kann ich dir nicht mehr helfen und Jeremy, wenn du dich nicht beeilst, dann kommst du zu spät zu meiner Beerdigung. Das wäre wirklich sehr mies von dir, findest du nicht?“, fragte sie mich. Sie stand hinter mir, während ich mich im Spiegel betrachtete. Es war soweit, heute sollte ich von ihr Abschied nehmen. Wie konnte ich das, wenn sie doch noch so real neben mir war? Wenn sie hier war? Ich wusste einfach nicht, wie das möglich sein würde. „Jemand kommt“, meinte Elena und ich sah sie an, wobei ich zusah, wie sie verschwand. Danach klingelte es unten an der Tür. Wirklich, das war eindeutig gruselig, wenn sie sowas machte. Ich ging runter und machte die Tür auf, hinter der Caroline und Bonnie standen. Bonnie überreichte mir einen Strauß Blumen, traurig sah ich darauf. „Es tut mir so leid, Jeremy“, sagte sie mir und ich konnte nur leicht nicken. „Alle Menschen bringen Blumen, so eine Geldverschwendung. Wieso bringen sie keine Süßigkeiten? Ich hab süßes geliebt, ebenso wie du. Das wäre etwas viel sinnvolleres“, tat Elena ihre Meinung kund, aber ich konnte die gerade wirklich nicht teilen. „Ich finde sie wunderschön“, meinte ich zu ihr, mit einem Blick auf die rosanen und gelben Blumen, dessen Art ich wirklich nicht benennen konnte. „Danke“, antwortete Bonnie und verwirrt sah ich zu ihr, während ich Elena im Hintergrund kichern hörte. Verdammt, ich hatte mit ihr geredet und Bonnie glaubte, es wäre an sie gemeint. Elena brachte mich vollkommen durcheinander, damit dass sie noch so ein präsenter Teil meines Lebens war. Ich brachte die Blumen in die Küche und hörte, wie Caroline und Bonnie mir folgten. „Also weißt du Jeremy, das klingt vielleicht jetzt merkwürdig, aber hast du ein Foto von Elena, wo sie ein Kind war. Ich meine wo sie ungefähr sechs oder sieben war.“ Fragend sah ich Caroline an, wobei Bonnie nur mit den Schultern zuckte. „Ich hab in letzter Zeit so komische Träume und da ist immer ein Kind, das ich irgendwoher kenne. Ich dachte es sei vielleicht Elena. Wenn ich es weiß, hören meine kryptischen Träume vielleicht auf“, erzählte sie mir hoffnungsvoll. Sie mussten sie wirklich plagen, wie Elenas Gegenwart, so konnte man nicht loskommen. Mein Kopf schoss in Elenas Richtung und ich sah sie stirnrunzelnd an. Sogleich hob sie abwehrend die Hände. „Ich kann keine Träume beeinflussen. Ich gebe zu, ich saß vielleicht im Schlaf neben ihr und hab mit ihr gesprochen, heute vor allem, weil sie ihren Wecker nicht gehört hat und beinah meine Beerdigung verschlafen hat, aber das sagt gar nichts aus. Das mach ich auch bei dir, Damon, Elijah und manchmal auch bei anderen und die haben keine kryptischen Träume.“ Stimmt, die hatte ich wirklich nicht. „Ich werde dir später welche raussuchen“, versprach ich Caroline, die dankbar nickte. Elena klatschte in die Hände und blickte uns einen nach den anderen fröhlich an. „Gut, zeit aufzubrechen! Ich will wissen welche Musik ihr für mich ausgewählt hat. Wehe es ist irgendwas trauriges, wobei jemand weinen muss“, warnte mich Elena und ich konnte nur seufzen. Kapitel 4: Die Beerdigung ------------------------- Kapitel 4: Die Beerdigung „Tränen haben etwas heiliges, sie sind kein Zeichen von Schwäche, sondern von Stärke. Sie sind die Botschafter überwältigender Trauer und unaussprechlicher Liebe.“ (Washington Irving) Damons Sicht: Jemand schlug mir auf die Schulter. „Komm schon, Damon. Du kannst dich doch heute nicht betrinken. Wenn du wirklich betrunken zu Elenas Beerdigung erscheinst, dann trete ich dir in den Arsch“, meinte Alaric leicht dahin, aber ich wusste, dass er es ernst meinte. Finster sah ich das Glas Alkohol vor mir an, in dem sich eine bräunliche Flüssigkeit befand. „Ich hab nicht getrunken. Ich hab es versucht, ganz ehrlich, sogar sehr oft, aber seit… ich kann es einfach nicht mehr. Ich schaffe es nicht mehr Alkohol zu trinken. Ich hasse das Zeug“, antwortete ich ganz ehrlich. Es gelang mir wirklich nicht mehr. Es war einfach unmöglich. Ich schaffte es nicht mich zu betrinken, weil ich immer daran dachte, zu was Elena das Zeug verleitet hatte und dann bekam ich diese unstillbare Wut auf den Alkohol, der sie dazu getrieben hatte, sich umzubringen. „Ich weiß was du meinst. Mir geht es genauso. Ich bekomme auch nichts mehr runter. Aber jetzt ist es Zeit, sonst kommen wir zu spät und du willst dich doch sicher noch verabschieden“, sagte Alaric. Er wollte mich vom Barhocker ziehen, so als wäre ich doch betrunken, aber ich schüttelte nur den Kopf. „Nein, eben nicht! Ich will mich nicht von ihr verabschieden. Denn das würde bedeuten…“ Gott, ich konnte es nicht einmal aussprechen. Es war viel zu schrecklich für mich, als das ich es sagen konnte. „Das würde bedeuten, dass sie wirklich tot ist und gegangen ist. Aber das ist sie, Damon und wir sollten sie gehen lassen, uns jetzt von ihr verabschieden“, redete er auf mich ein und ich stand auf. Ich ging mit ihm, aber ich würde ihr wohl nicht Leb wohl sagen. Das konnte ich nicht, niemals. Jeremys Sicht: Es waren so viele Leute hier, was Elena dazu brachte fröhlich umher zu springen und sich im Kreis zu drehen, als wäre das irgendein Tanz. Ich konnte nicht anders, als darüber zu lächeln. Sie machte das alles hier witzig. Als wäre das eine lächerliche Veranstaltung, was sie auch eigentlich war, denn welcher dieser Leute kannte sie denn schon wirklich? Sie alle kamen immer zur Beerdigung, aber was hatten sie sonst schon groß mit einem zu tun? Ihr rot leuchtendes Kleid, das sie anscheinend gewählt hatte, hob sie von allen hier ab, als hätte sie das Motto der Party verpasst. Elena kam vor mir zum stehen und ich konnte nicht anders als zu lächeln. Dann aber weiteten sich ihre Augen erschrocken und sie sah vollkommen empört aus. „Was macht die denn hier?“, fragte sie und ihre Stimme klang sofort unzufrieden. Fragend drehte ich mich um. „Wer?“ Ich wusste nicht wen sie meinte. „Rebekah!“, sagte sie und ich konnte ihr Missfallen deutlich in ihrer Stimme hören. Waren die manifestierten Gefühle für Rebekah etwa Hass? „Wie hätte ich sie deiner Meinung daran hindern können?“, fragte ich sie verständnislos. Ganz davon abgesehen, das ich nicht mal gewusst hatte, das sie hierher kommen würde. Die ganze Familie war aber anscheinend hier und ich fragte mich wieso. Ich meine, bei Elijah erschien es mir noch einleuchtend, aber manchmal kamen die Leute auch nur, wegen der Trauernden, nicht wegen der Toten. Allerdings glaubte ich nicht, dass Elijahs Verlust oder was auch immer er spürte, der Anlass für ihr Erscheinen war. „Mit einem Zehntonen-Truck!“ Hilflos hob ich ein wenig meine Hände, während mich Elena böse ansah. Dann aber seufzte sie und lief auf Elijah zu. Sie stellte sich neben sich und sie hakte sich irgendwie bei ihm ein. Gut, wenigstens hatte sie Freude daran. Hilflos sah ich mich um, überall waren Menschen und dann war da Damon, der so elend aussah, wie ich mich fühlte. Unsere Blicke trafen sich und wir wussten von dem Schmerz, den der andere fühlte. Alaric klopfte Damon noch einmal auf die Schulter, bevor er ging. Ich trat neben Damon, wusste aber nichts zu sagen. Caroline trat zu uns und sie stellte sich vor Damon, richtete sein Hemd, sein Jackett und seine Krawatte, sodass er ordentlich aussah. „Du siehst gut aus“, meinte sie zu Damon und richtete noch einigermaßen seine Haare. Danach stellte sie sich zwischen uns, nahm uns beide an die Hand und trat mit uns ganz nach vorne, wie es wohl sein sollte. Ich sah mich um, versuchte Elena bei Elijah zu entdecken, doch da war sie nicht mehr. Dann spürte ich eine Wärme an meiner Hand und schaute neben mich. Da stand Elena und sie küsste mich auf die Wange, sagte sonst allerdings nicht. Alles war so still und ich hasste es. Elena legte ihren Kopf auf meine Schulter und ich lauschte Alarics Worten. „Wann immer Tennyson veröffentlicht wurde, bat er das hier ans Ende zu setzen.“ Ans Ende. Wie konnte das hier, das Ende sein? „Sonnenuntergang und auch Abendstern an mich ergeht ein Ruf von Fern; doch bitte trauert nicht, weil ich nun geh' muss ich doch stechen jetzt in See.“ Ich löste mich von Caroline und Elena. Zusammen mit Damon, gingen wir zu ihrem Sarg, wie auch Matt und Tyler es taten. Ich sah zu Elena, die mir zunickte. Damon und ich waren vorn, zusammen mit den anderen hoben wir den Sarg an. „Dämmerung und Abendgeläut und dann die dunkle Nacht; ohne Trauer und Abschied geht die Reise zu dem, der über uns allen wacht.“ Wir trugen ihn, bis zu dem Grab, das man für Elena ausgeschaufelt hatte, in dem sie jetzt liegen würde, zumindest ihr Körper. Ihre Seele war hier, sah uns zu und blieb bei mir. Solange bis ich sie gehen lassen konnte, bis ich mir vor sie verschließen würde. „Wir sind geboren an einem Ort zu unserer Zeit, doch trage die Flut mich endlos weit und wehte über die Schwelle so dann stehe ich, so hoffe ich, vor unserem Steuermann.“ Langsam ließen wir den Sarg hinab in das geschaufelte Grab. Mit Damon kehrte ich zurück an Carolines Seite, die endlos Tränen vergoss. Die Leute redeten, gaben Worte des Abschiedes, doch ich hörte gar nicht richtig zu. Ich beobachtete Elena, die zu ihrem Sarg ging. „Ich nehme an, du wirst mich nicht so einfach gehen lassen“, meinte sie und es klang melancholisch. Minimal schüttelte ich den Kopf. Ich bewegte meine Lippen zu einem „Nein“. Das konnte ich nicht. Traurig blickte sie mir entgegen und verschmolz dann zusammen mit dem Sarg, wahrscheinlich mit ihrem Körper darin. Sie wollte mir zeigen, dass sie tot war und das wusste ich. Ja, natürlich wusste ich das, aber sie war immer noch bei mir und ich war einfach nicht in der Lage sie loszulassen. Damons Sicht: Man sollte meinen, das Ende eines Menschen kam mit seinen Tod, aber so war es nicht. Ein Mensch starb erst wirklich, wenn sich niemand mehr an sie erinnerte. Dass bedeutete, Elena würde ewig leben. Ewig in meiner Erinnerung. So würde sie niemals sterben. Aber das war nicht genug. Das war nicht genug für mich. Ich war kurz davor, mir den Ring abzunehmen, um einfach nur bei ihr sein zu können. Eigentlich wusste ich nicht genau, wieso ich es bisher nicht getan hatte. Nur manchmal, da spürte ich diese Wärme, an meiner Hand, an meiner Wange, an meinem ganzen Körper, auf meinen Lippen. Elena berührte mich, das wusste ich jetzt durch Jeremy und vielleicht war das ja irgendein Zeichen. Zumindest glaubte ich, dass sie mich davon abhalten wollte zu sterben, dass sie es mir nachtragen sollte. Aber sie war auch gestorben. Wie konnte ich das dann nicht einfach? Ich wollte bei ihr sein. Ich wollte einfach nur noch bei ihr sein, alles andere war mir vollkommen egal. Ich wusste einfach nicht, was ich ohne sie tun sollte. Nachdem ich erfahren hatte, das ich hundertfünfundvierzig Jahre auf Katherines „Rettung“ verschwendet hatte, gab sie mir Kraft. Sie wurde zu meinem Grund weiterzukämpfen, weiterzumachen, weiterzugehen. Jetzt war sie nicht mehr da. Der einzig Lohnenswerte Mensch in meinem Leben war verschwunden und ich schaffte es nicht einmal mich deswegen zu besaufen! Ich kniete mich neben Elenas Grab, wollte hier gar nicht mehr verschwinden. War es auch nicht, seit sie vor mehreren Stunden hier begraben wurde. Unter der kalten Erde, ein lebloser Körper, der vergehen würde, wie alles andere auf dieser Welt auch und ich konnte nichts dagegen tun. Was nütze es einen Unsterblich zu sein, wenn der Mensch, der einem am meisten bedeutete, einfach starb? Ich fuhr über die Grabinschrift, die jemand gewählt hatte. Ich glaubte es war Caroline. Für einen Wimpernschlag auf dieser Welt, für immer in unseren Herzen. Wie richtig das war. Ihr Leben war bedeutungslos auf dieser Welt, aber wir würden sie nie vergessen können. Ich würde sie auf jedenfall nie vergessen können. Wie sollte ich von dem Mädchen auch abkommen, das meine Gefühle erwidert hatte und von dem ich wusste, dass es richtig war, sie zu lieben? Ging das überhaupt? Hundertfünfundvierzig Jahre hatte ich wegen einer falschen Liebe verbracht, wie lange würde ich dann meiner richtigen hinterher trauern? Das Wort Ewigkeit bekam im Schmerz eine ganz neue Bedeutung. Ich wusste nicht was ich tun sollte. Ich fühlte mich so hilflos und ich wünschte mir, das Elena hier war, um mich zu trösten. Sie war die einzige, die mich in den Arm nehmen würde. Sie würde nicht sagen, dass alles wieder gut würde, sondern dass es ihr leid tat. Als wusste sie genau, was ich fühlte und das wusste sie auch, sie wusste es als einzige, nur war sie dieses Mal nicht hier bei mir. „Gott, ich vermisse dich! Ich vermisse dich so sehr!“, flüsterte ich in die Nacht hinein und ich stellte mir vor, wie sie selbst, auf der anderen Seite des Grabes stand, mich traurig beobachtete. Ich konnte hier einfach nicht weg. Carolines Sicht: Die letzten Seiten des Buches waren leer, das war eigenartig. Außerdem wollte ich unbedingt wissen, wie die Geschichte nun zu Ende ging. Fanden die beiden nun doch noch zusammen oder nicht? Ich wünschte mir so sehnsüchtig ein Happy End für die beiden. „Wie gefällt dir das Buch?“, fragte mich Elena und ich sah zu ihr auf. „Sehr gut. Auch wenn ich gerne das Ende lesen würde. Ich meine, sie hat jetzt neunhundert Jahre auf ihn gewartet und endlich ist er wieder wach, wie geht es jetzt weiter? Finden die beiden sich? Denn er weiß nicht das sie noch lebt und wenn wird er sicher nicht damit rechnen, dass sie so lange auf ihn gewartet hat!“ Die Liebesgeschichte der beiden war so unglaublich schön und herzzerreißend. Man konnte wirklich sehr gut mit fiebern. Elena setzte sich neben mich, auf das Bett. „Es hat kein Ende, weil es noch nicht zu Ende geschrieben wurde. Die Geschichte ist einfach noch nicht abgeschlossen“, erzählte sie mir und traurig sah ich auf das unvollendete Buch, bevor ich es zur Seite legte. „Das ist traurig“, sprach ich das aus, was ich fühlte. Es war, als könnte auch ich diesen Herzschmerz fühlen, als nahm er auch mich mit ein. „Das ist es wirklich!“, bestätigte Elena mir. Wusste sie etwas? Konnte sie dasselbe spüren wie ich? Dann runzelte Elena die Stirn und stand auf. „Es ist jetzt Zeit für dich aufzuwachen“, sagte sie und fragend sah ich sie an. War ich denn nicht schon wach? Doch dann hörte ich auf einmal den Wecker klingeln und alles um mich herum verschwamm. Ich schlug meine Augen auf und erst in diesem Moment registrierte ich, dass es sich bei dem letzten, um einen Traum gehandelt hatte. Wie immer, so etwas eigenartiges. Die ganze Nacht plagten mich solche Träume und das eigenartige, ich konnte mich im Verhältnis zu meinen anderen Träumen, noch sehr gut daran erinnern, was geschehen war. Ich schaute auf das Bild, das ich auf meinen Nachttisch gelegt hatte. Es zeigte Elena als Kind, genau dieses Kind, sah ich jede Nacht in meinen Träumen und immer war sie angekettet. Ich wischte mir die Tränen aus dem Gesicht, die ich fragwürdiger weise trug. Ich hatte keine Ahnung, was mit mir geschah. Kapitel 5: Die Suche nach der Bedeutung --------------------------------------- Kapitel 5: Die Suche nach der Bedeutung „Der Traum ist der beste Beweis dafür, dass wir nicht so fest in unsere Haut eingeschlossen sind, als es scheint.“ (Friedrich Hebbel) Carolines Sicht: Betrübt sah ich auf mein Glas. „Wie lange ist er da schon?“, fragte ich nach. Wir alle machten uns Sorgen um Damon, denn irgendwie schien er die ganze Zeit bei Elenas Grab zu sein und dort über sie zu wachen. Ich hatte ihn heut Morgen dort gesehen, als ich frische Blumen gebracht hatte. Er war dort. „Willst du meine ehrliche Meinung hören? Ich denke er ist dort, seit der Beerdigung, weil wie es aussieht, trägt er immer noch seinen Anzug“, antwortete Bonnie mir und ich konnte nur seufzen. Es war irgendwie gruselig, aber auch furchtbar deprimierend und traurig, wie er an Elena hing. Er hatte sie wahrlich mehr als jeder andere geliebt. „Das wären dann bereits vier Tage, Bonnie!“, meinte ich leicht verzweifelt und fasste mir an den Kopf. Ich hatte keine Ahnung was ich tun sollte, um ihn zu helfen. Ich konnte nicht mal mir selbst helfen. Doch Alaric, Jeremy, Stefan, Bonnie und ich, wir alle hatten versucht ihn da wegzubekommen, aber es gelang uns einfach nicht. Hoffentlich bemerkten das nicht auch noch irgendwelche Anwohner. „Also ich werde jetzt mal nachsehen, was in den Grimoiren über Träume steht. Wir sehen uns später“, verabschiedete sich Bonnie und ich hielt nur kurz meine Hand hoch, zum Abschied. Ja, meine wundervollen Träume, die mich langsam in den Wahnsinn trieben, weil ich sie ganz und gar nicht verstand. Aber sie konnten weder ein Zufall sein, noch bedeutungslos. Nur wusste ich nicht, welche Bedeutung ich ihnen beimessen sollte. Es war einfach so schwierig. Doch vielleicht würde ich mit Bonnie zusammen auf eine Lösung kommen, herausfinden was diesem Problem zu Grunde liegt. Ich bezahlte meinen Drink und wollte dann nach draußen gehen, genau in dem Moment trat Klaus zusammen mit einem seiner Brüder ein. Großer Gott, das hatte mir gerade noch gefehlt. Ohne ihn weiter zu beachten, ging ich an ihm vorbei. „Hey, Caroline. Hast du Lust was mit uns zu trinken?“, fragte Klaus locker und grinste dabei fröhlich. Ich verdrehte die Augen und ging einfach ihn vorbei, zumindest wollte ich das, doch er hielt mich am Handgelenk fest. „Was ist, Liebes? Nur ein kleiner Drink, was ist daran so schlimm?“ Ich riss mich von ihm los. „Verschone mich, mit ihrer penetranten Aufdringlichkeit, zumindest einmal!“, fauchte ich ihn an und ging dann aus dem Grill. Es dauerte nicht lange, bis ich Schritte hinter mir hörte und ich seufzte genervt, wusste ich doch genau von welchem Esel sie stammten. „Caroline“, rief er, nachdem ich hörte, dass ihn anscheinend beinah ein Auto überfahren hatte. Leider wirklich nur beinahe. Ich drehte mich zu ihm um. „Ist das ihr ernst? Lassen sie es gut sein!“, bat ich ihn eindringlich, denn ich hatte gerade ganz andere Probleme als ihn. „Sei bitte nicht sauer, Liebes. Wir hatten einen albernen Krach. Ich hab ihn sogar schon vergessen“, meinte er so locker, das einem das kotzen kommen konnte. Er hatte keine Ahnung wie ich mich fühlte und wahrscheinlich interessierte es ihn nicht einmal. Wieso sollte es auch? Er hatte ja mit Schuld. „Oh, tja, ich aber noch nicht!“ Ich würde nie vergessen, was er alles getan hat. „Wie kann ich es nur wieder gut machen?“, fragte er und ich musste tief durchatmen, um ihn nicht gleich anzuschreien, denn das stand mir ganz eindeutig im Sinn. Nebenbei würde ich seinen Kopf noch gerne irgendwo aufspießen. „Ganz einfach! Lass mich und meine Freunde einfach in Ruhe. Findest du nicht, das du bereits genug Schaden angerichtet hast?“ Ich wollte mich umdrehen, endlich gehen, mich um andere, wichtigere Dinge kümmern, die mich auch tatsächlich beschäftigen. „Oh, komm schon, Caroline. Riskiere es! Bitte! Rede mit mir! Lerne mich kennen!“, forderte er mich auf und setzte sich auf die Bank. Skeptisch sah ich an und zog eine Augenbraue hoch, fragte mich ob er es tatsächlich ernst meinen konnte. Aber dann kam mir eine Idee und vielleicht konnte ich dieses Gespräch zu meinen Vorteil nutzen. „Ist das ernst gemeint?“, fragte ich nach. „Das reden?“ Ich brauchte so dringend jemand zum reden, um mir über meine Träume klar zu werden. „Sicher, Liebes. Über alles was sie wollen“, versprach er mir und ich wog die Vor und Nachteile ab. Allerdings, was konnte ein kurzes Gespräch denn schon schaden? „Schön“, sagte ich und setzte mich dann doch neben ihn, egal wie unwohl mir war und wie abstrakt das hier war. Eindeutig, eigenartig. Kam auf meiner Liste der unangenehmsten Dinge, sehr weit nach oben. Er lächelte mich glücklich an und ich hob den Zeigefinger. „Nur, damit sie es wissen, ich bin viel zu klug, um mich von ihnen verführen zu lassen“, warnte ich ihn gleich, damit er auch ja nicht auf dumme Ideen kam. Ihm schien meine Aussage allerdings nicht im Geringsten etwas ausgemacht zu haben. „Deswegen mag ich dich auch so.“ Na großartig, meine Ablehnung törnte ihn an. Es wurde ja immer besser und besser. „Über was willst du reden, Liebes?“, fragte er nach, da ich ja genau diesem Teil zugestimmt hatte und vielleicht brachte es ja was. Ja, wer weiß. Er war schließlich tausend Jahre alt, vielleicht wusste er ja etwas über dieses Thema. Gut möglich. „Über Träume“, antwortete ich schnell und er grinste mich an, weswegen ich nur die Augen verdrehen konnte. „Das ist genau das, was ich von dir wissen will. Deine Wünsche, Hoffnungen, Träume“, sagte er und langsam zweifelte ich daran, dass das hier eine gute Idee gewesen war. Er nahm es doch sowieso nicht ernst. „Ich meine nicht sowas. Ich meine richtige Träume, die wenn man schläft“, erklärte ich ein wenig scharf, damit er schnell von diesem nervigen romantischen Zeug wieder weg kam, denn sowas persönliches, würde ich ihn bestimmt nicht verraten. „Wie Albträume oder hast du von mir geträumt, wo wir…“ Ich stöhnte und stand auf. „Das bringt sowieso nichts“, meinte ich und wollte weggehen, doch wieder hielt er mich auf. Er zog mich zurück und seine Miene wurde ernst, als wollte er mir tatsächlich aufmerksam zuhören. „Du willst über Träume reden. Ich höre dir zu, ich verspreche es! Ganz ernst!“, sagte er und in der Tat war da kein blödes Grinsen auf seinem Gesicht. Ich sah ihn noch eine Weile abwartend an, entschied mich dann aber dazu, es ihm zu erzählen. „Seit Elenas Tod, hab ich eigenartige Träume und es sind keine Albträume oder ähnliches. Es ist… eigenartig.“ Er runzelte die Stirn und ich wusste es klang komisch, weil nach Elenas Tod, konnte es gut möglich sein, das ich einfach zu viel Stress hatte oder das ich ihren Tod verarbeiten musste, aber so war es nicht. Ich hatte das am Anfang auch gedacht, aber es war ganz anders. „Zum Beispiel, eine Szene wiederholt sich in ähnlicher Form immer wieder. Da ist dieses kleine Mädchen. Sie ist angekettet, an vier Ketten, um genau zu sein, es sind immer vier. Ich frag sie, wer sie ist, aber sie antwortet mir nicht und wenn sie etwas sagt, dann sowas wie, das sie nicht weg kann und das ich nach ihr gerufen habe und weiß wer sie ist. Ich kann sie einfach nicht befreien. Außerdem kommt sie mir sehr bekannt vor. Deswegen hab ich nach Kinderfotos gefragt, auch Jeremy, nach einem von Elena und tatsächlich, sie ist es. Sie redet mit mir und versucht mir viele Dinge zu sagen, verschiedene Dinge, aber ich versteh sie einfach nicht“, offenbarte ich ihn ein Teil meiner Träume. Dieses angekettete Mädchen machte mir sorgen. Ich hatte Angst um sie und ich wollte sie unbedingt befreien, vor allem wenn es Elena war. „Du fragst mich, was ich davon halte?“, fragte er nach, aber ich schüttelte den Kopf. „Ich frag mich, ob du was über Träume weißt. Etwas, das mit etwas übernatürlichem zusammenhängt, denn ich weiß, nachdem ich jede Nacht davon träume, dass etwas nicht stimmt. Es fühlt sich viel zu real an und wenn ich aufwache, bin ich total erschöpft, als hätte ich das alles wirklich erlebt.“ Klaus schien nachdenklich zu sein, zumindest machte er keine blöden Witze darüber, wie es erwartet hatte, das war zumindest ein kleiner Vorteil. „Manche Geister lassen nicht los, weil sie noch irgendwas zu erledigen haben. Sie schalten sich unbewusst in Träume ein, damit derjenige, das für sie erledigt.“ Das klang, gar nicht mal so dumm. Vielleicht lag daran die Lösung, aber so wirklich verstand ich es dann noch immer nicht. Was genau wollte Elena mir mit all diesen Dingen sagen? „Das beschäftigt dich wirklich“, stellte Klaus fest und ich sah ihm ins Gesicht. Es war von großer Bedeutung für mich. „Meine beste Freundin versucht mir etwas zu sagen, etwas das anscheinend sehr wichtig ist. Natürlich will ich dann wissen, was es ist. Sie ist tot und vielleicht ist dass das einzige was mir von ihr geblieben ist. Ich muss ihr helfen!“ Auch wenn sie tot war, so blieb meine Treue zu ihr und der Wunsch ihr zu helfen und davon würde mich niemand abbringen können. „Das mit Elena tut mir leid“, sagte er zu mir, aber ich konnte nur mit dem Kopf schütteln. Das war nichts, was ich ihm glauben konnte. „Spar es dir. Sie ist auch deinetwegen gestorben, vor allem wegen dir und dem was du ihr angetan hast und ja, das ist etwas, das ich dir nie vergeben werde“, antwortete ich ihm sicher und stand auf. Diesmal ging ich wirklich und er hielt mich nicht auf. Mein Zorn auf ihn, war aber nichts im Vergleich zu der Trauer, die mich zu Elena zog und mich an sie kettete. Elenas Sicht: Jeremy sah ziemlich hibbelig aus, so als würde er gleich wieder wegrennen wollen und so wirklich konnte ich ihm das nicht einmal verübeln, aber zulassen würde ich es dennoch nicht. Zumindest würde ich versuchen, ihn mit allen Worten davon abzubringen. „Jetzt musst du einfach nur noch klingeln“, redete ich ihm zu und deutete auf die Klingel, die ich leider nicht selbst drücken konnte. Dummerweise konnte ich eigentlich gar keinen Einfluss auf die Welt nehmen. Ich konnte nur mit meinem Bruder reden und er war meine einzige Möglichkeit in dieser Welt zu handeln. „Ich halte das für gar keine gute Idee“, hielt er dagegen und ich verdrehte die Augen. „Ich schon, jetzt mach schon! Niklaus und Kol sind gar nicht da und die sind die schlimmsten. Außerdem ist Rebekah unter der Dusche und Finn am nächsten an der Tür und der ist vollkommen in Ordnung“, erklärte ich ihm. Skeptisch sah er mich an und beäugte mich genau. „Es ist gruselig, was du alles weißt. Gut, von mir aus“, sagte er und ganz zögernd, drückte er die Klingel. Ich hatte recht mit meiner Vermutung. Finn war es, der sich in Bewegung setzte und zur Tür ging und bei dem brauchte ich nicht gleich Angst zu haben, das er meinen Bruder umbrachte. Er machte die Tür aus und mein Bruder sah alles andere als glücklich aus. „Kann ich dir helfen?“, fragte Finn und seine Stimme klang zwar distanziert, aber dennoch höflich. Ich bewegte meine Hand ungeduldig, als Jeremys Blick zu mir wanderte. „Ähm… ja. Kann ich mit Elijah reden?“, fragte er zögernd nach und ich hatte schon wieder das Gefühl, das er am liebsten wegrennen würde. Finn nickte ihm zu. „Sicher“, antwortete er und trat zur Seite. Unsicher sah Jeremy hinein und ich beugte mich mit meinem Oberkörper vor, um zu sehen, ob das war merkwürdiges war. Nur ein leerer Saal. „Nein, danke. Ich verzichte“, meinte mein Bruder. Ich sah ihn an und hob eine Augenbraue. Er öffnete den Mund, um zu antworten, besann sich dann aber anscheinend wieder. „Ist sicher besser nichts zu sagen. Ich denke, das er auch so schon an deinem Verstand zweifelt.“ Jetzt lagen Jeremy eindeutig Worte auf der Zunge und es fiel ihm schwer, sie nicht heraus zu lassen. Sein Blick wanderte aber eisern zurück zu Finn und er trat noch einen Schritt zurück. Dieser lächelte jetzt amüsiert, schloss dann aber wieder die Tür. „Ich seh mal, wie es um dein Schicksal steht“, erklärte ich an Jeremy, bevor ich durch die verschlossene Tür trat. Finn war schon oben, weswegen ich mich nach dorthin teleportierte. Als Geist konnte man auch so schnell von einem Ort zum anderen kommen, musste ja auch irgendwelche Vorteile haben. Finn klopfte an Elijahs Tür, die kurz darauf geöffnet wurde. Wie immer sah Elijah perfekt aus und obwohl ich es besser wusste, fragte ich mich so manches mal, ob er in diese Anzüge geklebt war. „Ein Junge hat nach dir gefragt, ich glaube der Bruder der Doppelgängerin“, berichtete Finn seinem Bruder. Wenigsten konnte er Jeremy einordnen und das, obwohl er ihn nur bei der Beerdigung gesehen hatte. „Weißt du was er will?“, fragte Elijah, trat aber sogleich aus dem Zimmer. Ich wusste, das er meinen Bruder helfen würde. Ich wusste nicht wieso, aber ich war mir dessen sicher. „Auf jedenfall nicht in dieses Haus eintreten.“ Anscheinend fand Finn das amüsant, war es auch für sie wahrscheinlich irgendwie und es war toll, zumindest Finn so ein wenig gut gelaunt zu sehen. Das war er nämlich sehr selten, besonders nachdem er von meinen Tod erfahren hatte, der den Zauber außer Kraft gesetzt hatte. Anscheinend hob sich der Zauber auf, wenn das Bindungsglied fehlte. Das hatte zumindest Esther gesagt und jetzt versuchte sie einen neuen Plan zu entwerfen. Elijah ging nach unten und ich verschwand sogleich wieder zu meinen Bruder. „Er kommt“, berichtete ich ihm, aber anscheinend schaffte ich es nicht, ihn damit zu beruhigen. Kapitel 6: Zorn --------------- Kapitel 6: Zorn „Die bittersten Tränen die wir an Gräbern vergießen, vergießen wir wegen ungesagter Worte und Taten, die nicht vollbracht wurden.“ (Harriet Beecher Stowe) Elijahs Sicht: Jeremys Bitte war ungewöhnlich und ich wusste nicht wirklich, ob ich da helfen konnte, aber er schien sich da sehr sicher zu sein. Zumindest wollte ich es versuchen. Irgendwie hatte ich das Gefühl, das ich dem Jungen etwas schuldet, was wohl hauptsächlich an seiner Schwester lag. Ich stellte mir vor, dass Elena darüber glücklich wäre. Das ich ihr damit etwas Gutes tun würde. Und das allein veranlasste mich bereits zum handeln. Zusammen mit Jeremy trat ich auf den Friedhof, wo ich Damon sogleich an Elenas Grab bemerkte. Er sah ziemlich fertig aus. Auch ein Vampir konnte nicht an einer Stelle so lange ausharren, dass er die Folgen nicht tragen musste. „Schicken sie jetzt dich, um mich hier wegzuholen? Ich will nicht gehen“, beharrte er sogleich stur, bevor ich mich überhaupt bemerkbar machen konnte. Ein wenig Wachsamkeit war anscheinend noch vorhanden. „Deine Freunde machen sich sorgen um dich“, begann ich und erntete für meinen Kommentar gleich ein spöttisches Lachen. Zum ersten Mal aber, musste ich keine Wut wegen ihm unterdrücken. Da war einfach nur Mitleid, wenn ich daran dachte, was er gerade durch machte. Genauso war es damals bei mir gewesen. Ich hatte Tatias Tod einfach nicht akzeptieren können und wollte einfach nicht mehr leben. Ich war auf jeden sauer gewesen. „Ich hab keine Freunde“, erklärte er, aber da irrte er sich gewaltig. „Doch, hast du. Wenn es nicht so wäre, würden sie sich nicht solche Sorgen machen, das sie mich hierher holen würden.“ Sie sahen einfach keine andere Möglichkeit mehr und trotzdem glaubte ich, dass es viel Überwindung kosten musste. Auch dass es sie kümmerte, das Damon so lange an ihrem Grab wachte, zeigte dass er ihnen wichtig war. Damon wandte sich zu mir und sah mich mit einem gequälten Lächeln an. Als würde er das Leid der Welt auf seinen Schultern tragen. „Jeremy hat dich hierher gebracht und das bedeutet dass ihn jemand dazu angestiftet hat. Alaric hätte nicht so viel Überzeugungskraft auf ihn. Die einzige, auf den der Junge wirklich hört, ist seine Schwester.“ Ich runzelte die Stirn, besonders als Damons Blick an mir vorbei, auf Jeremy glitt. „Hab ich recht? Elena hat dich dazu angestiftet! Sie hat es dir gesagt!“ Das war doch Schwachsinn! Hatte er jetzt komplett den Verstand verloren? Aber zu meiner Überraschung, senkte Jeremy tatsächlich schuldbewusst den Kopf, was ich nicht wirklich verstand. Wie sollte ihn Elena dazu anstiften? „Habt ihr das noch nicht herausgefunden? Warum ich ihn immer Geisterjunge nenne? Er kann mit den Toten sprechen. Seit Elenas Tod redet er die ganze Zeit mit ihrem Geist. Das ist nicht fair! Er hat sie gar nicht richtig verloren, deswegen hat er auch gut reden, wenn er mir sagt, ich soll loslassen. Er hat sie ja nicht verloren!“ Damons Stimme zitterte und wurde immer lauter. Er war wütend und ich wusste, dass er diesen Zorn irgendwie versuchte herauszulassen. Verzweifelt nach einen Grund suchte. Aber mich beschäftigten mehr seine Worte. Das Jeremy mit den Toten reden konnte, insbesondere mit Elena. „Ist sie hier? Ist sie gerade hier?!“, rief Damon wütend aus und forderte nach einer Antwort. Jeremys Blick schien automatisch neben sich zu wandern und dann wusste ich genauso wie Damon, das sie da war. Sie beobachtete uns. Sie war mit uns hier. „Und das ist ihr großer Plan? Elijah hierher zuziehen, damit er auf mich einredet? Sag ihr, sie soll sich was Besseres einfallen lassen!“ Kalt und traurig wandte er sich wieder von uns ab und schaute wieder wie gebannt auf das Grab, das mir Blumen überseht war. Selbst von mir und meiner Familie. „Er versteht dich“, gab Jeremy als Antwort und jetzt wusste ich, dass Elenas Worte waren, die er wiederholt hatte. Dass sie mich mochte, diese Worte hatten bitter geklungen, als wollte er sie mir nicht sagen. Es war einfach das, worum Elena ihn gebeten hatte, es wiederzugeben. „NIEMAND VERSTEHT MICH VERDAMMT NOCHMAL! DENN ICH BIN NICHT TRAURIG, ICH BIN WÜTEND!“, schrie er auf einmal und wie es schien, hatte er endlich einen Grund gefunden, seinen Zorn freien Lauf zu lassen. Er war auch sicher traurig. Aber das würde er erst richtig registrieren, wenn seine Wut Platz gemacht hatte und die Erkenntnis vollkommen ins Herz gesunken war. Wut und Trauer waren eine schreckliche und zerstörerische Kombination. „Auf wen bist du wütend, Damon?“, fragte ich ruhig und wollte seinen Gefühlen die Möglichkeit lassen, herauszukommen. Das war es, was er jetzt brauchte. „Ich bin auf dich und deine narzisstische Familie sauer. Auf Klaus und… und… und…“ Er zitterte. Er zitterte wirklich und dann begann er wieder zu schreien. „UND ICH BIN AUF SIE SAUER! WIE KONNTE SIE DAS TUN?! ICH HAB SIE GELIEBT UND SIE MICH! WIE KONNTE SIE EINFACH ABHAUEN? ICH HÄTTE ALLES FÜR SIE GETAN! WIE KONNTE SIE MICH DA EINFACH ALLEIN LASSEN? Wie konnte sie mich hier allein zurücklassen?“, fragte er am Ende kraftlos und ließ die Schultern sinken. Tränen liefen über sein Gesicht. Nichts vermochte diesen Schmerz zu lindern, das wusste ich nur zu genau. Als er auf einmal vor Jeremy stand und ihn an seine Schultern packte, um ihn zu schütteln, beeilte ich mich dazwischen zu gehen. „SAG ES MIR! WAS HAT SIE DAZU ZU SAGEN? WAS IST IHRE VERDAMMTE BEGRÜNDUNG?!“ Ich schaffte es Damon von Elenas Bruder wegzuziehen, aber er schrie noch immer, wenn auch einfach in die Welt hinein, da Elena nicht auszumachen war. „SAG ES MIR, ELENA! VERDAMMT NOCHMAL, WAS SOLLTE DAS? WIESO MUSST DU NUR IMMER DEINE BESCHEUERTEN UND SELBSTZERSTÖRERISCHEN IDEEN UMSETZEN? WIE KONNTEST DU MICH HIER EINFACH HIER LASSEN? WIESO DURFTEST DU GEHEN UND ICH NICHT? WIESO HAST DU DICH NICHT RETTEN LASSEN? ICH WUSSTE DAS DICH DEINE ENTSCHEIDUNGEN IRGENDWANN INS GRAB BRINGEN WÜRDEN! ICH HAB ES GEWUSST! Ich hab es gewusst“, flüsterte er verzweifelt. „Ich hab es gewusst!“, wiederholte er immer und immer wieder, mal leiser, mal lauter. Wie in einer Endlos Schleife. Ich schaute an die Stelle, zu der Jeremy vorhin gesehen hatte, bittend. Nur sie konnte wirklich etwas tun oder sagen, was etwas ändern würde. Aber vielleicht auch nicht, womöglich würde es seinen Schmerz nur verlängern. Doch es musste hart sein, zu wissen, dass jemand sie sehen konnte und er nie dazu wieder die Möglichkeit haben würde. „Wir müssen ihn von hier wegbringen“, meinte Jeremy und er kam dazu, um Damon hochzuziehen, was jetzt auch klappte. Auch wenn er nicht wirklich wieder er selbst war, zumindest ließ er sich von hierwegbringen und das war das, was Jeremy, oder Elena, wie es wohl wirklich war, erreichen wollte. Jeremys Sicht: Wir brachten Damon zurück zu uns oder mir nach Hause, da er zu sich schon gar nicht wollte. Er war dort wohl ewig nicht mehr gewesen. Caroline hatte schon vor Elenas Beerdigung Sachen von dort holen müssen, weil er sich kaum von ihrem Sarg wegbewegt hatte. Auch schien er die Anwesenheit seines Bruders nicht ertragen zu können. Das was Damon gesagt hatte, hatte mich schockiert. Wie er dachte und fühlte, machte mir klar, dass niemand so sehr über Elenas Tod leiden konnte, wie er. Ich hatte mein Leid für groß gehalten, aber seines überstieg meines bei weitem. Die Verzweiflung war geradezu greifbar. Nachdem wir Damon in ein Bett abgelegt hatten, ging ich mit Elijah wieder nach unten, brachte ihn zur Tür. „Vielen Dank für deine Hilfe“, sagte ich zu ihm und er nickte leicht, sah dann an mir vorbei. „Ist sie hier?“, fragte er nach. Ich schüttelte den Kopf. „Sie ist bei Damon geblieben. Sie ist fast immer bei ihm, besonders die Zeit, wo er am Grab war. Geister können sich frei bewegen und beobachten die Menschen, die sie hier festhalten. Vor allem spüren sie, wenn man sie mental ruft und Damons Verzweiflung ist für Elena der stärkste Ruf“, erklärte ich ihm das, was ich bisher erfahren hatte. Elena hatte mit mir viel darüber erzählt, was sie erfahren hatte. Es war anders und musste eine grausame Erfahrung sein, wie faszinierend es auch für andere klingen mochte. Elijah runzelte die Stirn. „Die Menschen die sie festhalten? Wo halten sie Elena fest, auf dieser Welt?“, fragte Elijah. Anscheinend war das ein Thema, wo er sich nicht auskannte. Schon überraschend, bei einem tausend Jahre alten Vampir. „Festgehalten wird sie von den Menschen, die sie zu sehr lieben, um sie ziehen zu lassen. Deswegen ist sie ein Geist. Sie ist nicht in unserer Welt, aber sie konnte auch nicht weiter gehen. Elena sagt, dass es sowas wie die Vorhölle ist, der Limbus, wie wir ihn nennen würde. Sie kann nicht weitergehen, solange wir sie festhalten. Da sie freiwillig gestorben ist, müsste sie eigentlich ohne Probleme weitergehen. Anders als die anderen Geister, die ich kenne, hält sie sich nicht selbst fest, das sind wir.“ Ich wusste nicht wer es alles war. Da hatte ich nicht weiter nachgefragt. Aber Elena würde nicht gehen können, solange wir sie nicht alle loslassen würden. Das würde sich besonders schwer bei mir und Damon gestalten, von den anderen abgesehen, die sie ebenfalls unbewusst hier an diese Welt regelrecht anketteten. „Wie kann es sein, das du Geister siehst?“ Anscheinend hatten die Urvampire davon mal nichts mitbekommen. War interessant, das es auch etwas gab, das sie nicht wussten und auch erleichternd. Allerdings hatte ich in Elena eine neue Allwissende gefunden, was durch ihren Tod gekommen zu sein schien. „Ich wurde erschossen und bin gestorben und Bonnie hat mich wieder zum Leben erweckt. Die Geister der Hexen hatten sie vor den Konsequenzen gewarnt und das sind sie anscheinend. Ich kann bestätigen, dass es nicht so toll ist, wie es sich anhört“, gab ich zu. Vielleicht wäre es besser für mich, nicht immer meine tote Schwester zu sehen. Das ich meine tote Ex-Freundin hatte sehen können, hatte mich schon in genug Schwierigkeiten gebracht. Das die Toten tot waren, hatte seinen Sinn und auch das sie weg waren. Sie gehörten nicht in die Welt der lebenden. Auch nicht Elena. Doch auch, obwohl ich das wusste, half es mir nicht, emotional von ihr Abstand zu nehmen. Das war mir einfach nicht möglich. „Das nehme ich an. Bitte sag, das es mir leid tut“, bat er mich. Ein Lächeln schlich sich auf mein Gesicht. „Das weiß sie und sie hat dir vergeben, wie auch jeden anderen. Sie ist ohne Zorn und sie wäre frei, wenn wir es zulassen würden“, erklärte ich ihm, da es sein konnte, das auch er sie wegen seiner Reue hier festhielt. Akzeptanz allein reichte nicht immer aus. Elijah nickte mir zu, bevor er ging und ich sah ihm hinterher, versuchte mich gegen das Verständnis zu wehren, wieso Elena ihn gemocht hatte. Es wurde mir leider immer klarer. Elenas Sicht: Ich stand an meinem Grab, da Damon eingeschlafen war und der Sog zu ihm so abgenommen hatte. Der Besucher meines Grabes überraschte mich. Stefan, Bonnie, Alaric, Matt, Caroline, Elijah, Jeremy und Damon. Bei ihnen allen verstand ich es, besonders bei den letzten vier, da ich ihren Sog spürte. Bei ihm allerdings wusste ich nie woran ich war. Im Tod war er mir nur ein viel größeres Rätsel geworden. Am Anfang schien er mehr als zornig über meinen Tod, danach aber schien er es zu akzeptieren und manchmal sogar traurig und bedauernd zu sein. Aber das war keine Traurigkeit, über den Verlust seiner Hybriden. Er zeichnete von mir Bilder. Natürlich nicht so viele, wie von Caroline. Dennoch war es ein komisches Gefühl, ein Zeichen, das ich selbst nicht genau zu deuten wusste. Er war in einer Kirche gewesen, wo er eine Kerze angezündet hatte und meinen Namen geflüstert hatte. Jetzt hatte er weiße Veilchen an mein Grab gebracht und verweilte hier. „Was machst du hier Niklaus?“, fragte Rebekah und ihre Stimme klang nicht ärgerlich, wie ich vermutet hätte, sondern nur neugierig. „Das weiß ich nicht“, antwortete er ihr, blickte aber nicht zu ihr, sondern bedachte mein Grab weiter mit seinen Blicken. Rebekah trat neben ihn und ihr Blick war ohne Hass. „Damon ist endlich weg von hier. Ich dachte schon er würde hier austrocknen. Er hat mich an Elijah erinnert“, sprach sie weiter, ohne auf Klaus unschlüssige Antwort einzugehen. Ich hatte gedacht sie würde ihn damit aufziehen, wie es unter den Geschwistern eigentlich üblich war. „Das bedeutet, er hat die Doppelgängerin am meisten geliebt, wie Elijah damals Tatia.“ Es war komisch zu sehen, wie die beiden einmal nicht abfällig über mich redeten. Gut, sie hatten es eigentlich nie getan, seit dem ich tot war, aber eigentlich hatte ich damit gerechnet. Das hier war irgendetwas anderes. „Sowas merkt man wohl immer erst, wenn es zu spät ist“, antwortete Rebekah darauf und sie beugte sich hinunter zu meinem Grab, um dort weiße Lilien abzulegen. Es war wirklich überraschend, mehr als das und ich stellte es immer wieder aufs Neue fest. Ich spürte etwas, ein Sog und drehte mich in diese Richtung. „Was macht ihr beide denn hier?“, fragte Elijah, der darüber genauso verwundert zu sein schien, wie auch ich. Rebekah lächelt spöttisch, wie ich es kaum anders von ihr kannte. „Klaus empfindet Reue und will deswegen Abbitte leisten“, offenbarte Rebekah ihrem Bruder und während Elijah seine Stirn in Falten legte, weiteten sich meine Augen überrascht. Das konnte doch nicht der Grund sein, oder? Aber Klaus widersprach nicht, er machte nicht einmal eine genervte Geste oder etwas Ähnliches. „So wie auch, Rebekah“, meinte er nur und ich schaute mir jeden der Geschwister genau am. Es war also doch möglich, noch im Tod überrascht zu werden. „Als ob das etwas bringen würde. Sie würde uns nie vergeben und damit hätte sie auch recht“, befand die Blondine und zu gern würde ich ihr widersprechen. Ihr sagen dass sie sich irrte. „Sie hat uns allen vergeben“, erklärte Elijah und fragend sah ich ihn an, wollte zu gern erfahren, woher er das wusste. Er hatte damit recht, natürlich, aber er dürfte es nicht wissen. „Das zumindest hat mir ihr Bruder gesagt. Offenbar kann er mit Geistern kommunizieren. Wie eine Art Fluch für ihn, er wird von seiner Schwester nie loslassen können.“ Ich hoffte wirklich, dass das ein Punkt war, in dem er sich irrte. Die drei begannen über meinen Bruder und mich zu diskutieren und ich verschwand, wollte nicht mithören, da sie es auch mit ihren Erlebnissen verglichen. Deswegen entschied ich mich Finn zu beobachten. Ich hoffte ihm ging es gut. Kapitel 7: Sichtbar ------------------- Kapitel 7: Sichtbar „Das Wichtigste ist, Verständnis aufzubringen. Jeder von uns ist es wert, dass man für sie oder ihn – oder es – Verständnis aufbringt.“ (Sarah Dessen) Carolines Sicht: Meine Träume nahmen einfach überhand, deswegen wollte Bonnie einen Zauberspruch sprechen, der mir das Problem, die Ursache dafür zeigen würde. Sie hatte es bereits mit einem Zauber versucht, der mir einen ruhigen Schlaf verschaffen sollte, aber der hatte nichts gebracht. Bonnie hatte um mich Herzen aufgestellt und redete nun in einer Sprache, die ich nicht kannte, wie sie diese aber immer für Zaubersprüche verwendete. „Мрії, щоб не продовжувати турбувати кажу їм, що лежать в основі. Вона прагне до мирного сну, так покажіть нам проблеми.“ Für mich ergab das Ganze nicht einmal einen Sinn. Aber es wirkte anscheinend. Die Flammen der Kerzen sprangen höher und Bonnie hielt ihre Hand auf, in der ich meine legte, wie sie es mir gesagt hatte. Sie nahm ein Messer und schnitt mir damit in die Handfläche. Ein kurzer intensiver Schmerz, aber ich konzentrierte mich mehr darauf, was sie mit meinem Blut tat. Sie ballte meine Hand zur Faust, sodass das Blut auf den Boden tropfte und dann schien der Zauber vorbei zu sein. „Das wars?“, fragte ich ungläubig, da es das noch nicht gewesen sein konnte. Wo war jetzt die Lösung für mein Problem? Bonnie kannte meine Ungeduld, weswegen sie nur kurz die Augen verdrehte und zu dem Boden deutete, auf den mein Blut getropft war. Meine Wunde war schon längst wieder verschlossen. Interessiert und aufmerksam beobachtete ich, wie sich aus meinem Blut etwas bildete. Ein Name! Elena. Oh mein Gott! Sie hatte tatsächlich etwas mit meinen Träumen zu tun. „Was mach ich jetzt? Das verschwindet doch nicht einfach so. Kl… ich meine ich denke, sie will mir irgendetwas sagen.“ Klaus hatte mich darin bestätigt, aber es wäre wohl nicht so gut, Bonnie davon zu berichten. Meine Freundin sah nachdenklich aus und begann deswegen in ihrem Grimoire zu blättern. „Es gibt hier einen Zauber, der jemand einen Geist sehen lässt, aber nur unter bestimmten Bedingungen. Wenn diese nicht erfüllt sind, kann man sie nicht sehen. Ich hab es mal bei meiner Großmutter versucht, aber es hat nicht geklappt. Der Zauber wirkt nur manchmal und ich weiß nicht ob es bei dir so ist.“ Bonnie war zögernd, doch ich nickte entschlossen, da ich alles versuchen wollte, was möglich war. Auch wenn die Hoffnung auf Lösung noch so klein war. „Versuchen wir es!“, beschloss ich und Bonnie las in ihrem Grimoire. Sie holte mich aus dem Kerzenkreis heraus und verstreute einige vertrocknete Blätter auf den Boden des Kreises. Dann erst begann sie wieder zu sprechen. „Слухайте слова, почуй мою молитву, повинні бачити мене знову сьогодні. Переступити поріг великого назад трафік на своє джерело. Captivate тримати вас тут, ті, хто дав вам, дивитися на вас пройти щоб вони могли бачити ваш розум.“ Weiße Lichter funkelten in diesem Kreis und bildeten sich langsam zu einer Gestalt. Sie wurden bunter und formten sich schlussendlich zu Elena, die sich begann verwirrt im Raum umzusehen. Anscheinend hatte sie nicht damit gerechnet gerufen zu werden und auch wenn ich das gewollt hatte, war ich weniger darauf vorbereitet, sie jetzt einfach so zu sehen. Ich meine sie war tot! Ich begann doch gerade damit, mich mit diesem Zustand abzufinden und jetzt stand sie dort einfach so. „Elena“, hauchte ich dennoch und ihr Blick huschte zu mir. Sie sah mir direkt in die Augen und erkannte mich. Sie runzelte die Stirn. „Caroline?“, fragte sie mich und ich schlug mir die Hand vor den Mund. Das war ihre Stimme. Elenas. Sie war hier, oder ihr Geist, aber sie war hier. „Kannst du sie sehen?“, fragte mich Bonnie und ich konnte einfach nur nicken. Jetzt weiteten sich Elenas Augen überrascht und sie sah mich ungläubig an. „Du kannst mich sehen?“, fragte sie fassungslos nach. Das war schon ein Hammer. Eigentlich war Jeremy der einzige von uns allen, der Geister sehen konnte, doch durch diesen Zauber war es mir auch möglich. „Ja“, antwortete ich ihr und sie traut aus dem Kreis heraus und wo sie eben noch geleuchtet hatte und durchsichtig gewesen war, was sie nun ein normaler Mensch. Zumindest sah sie so aus. Fassungslos japste ich und ich trat automatisch einen Schritt nach hinten, da ich so erschrocken war. Das hier war einfach alles so unwirklich. Verwirrt sah sich Elena um, bemerkte wohl die Kerzen und all die anderen Zauberutensilien. Skeptisch runzelte sie die Stirn. „Was habt ihr getan?“, fragte sie nach und ihre Stimme klang ängstlich. „WAS HABT IHR GETAN?“ Ihre Stimme klang mehr panisch, aber sie schrie, wie ich es nicht von ihr gewohnt war. „Was ist?“, fragte Bonnie und mir wurde erst jetzt richtig klar, dass nur ich sie sehen konnte und für Bonnie das sicher eigenartig wirkte. Ich würde ihr alles erklären müssen, damit sie es verstand. „Sag bitte, was genau der Zauber bewirkt hat“, bat ich Bonnie. Sie sah mich verwirrt an, dann fragend zum Kreis mit den Kerzen. Dann aber begann sie zu sprechen. „Es ist ein Zauber, um Geister zu beschwören. Damit der Geist sichtbar wird, verstärkt man die Fesseln der Menschen, die ihn hier an dieser Erde halten, sodass diejenigen die den Mensch lieben, ihn sehen können. Allerdings sind mit Fesseln Bindungen gemeint.“ Elena schloss auf Bonnies Worte die Augen, vielleicht um sich zu beruhigen, obwohl es mehr so aus sah, als würde sie bald verzweifeln. „Nein, mit Fesseln sind Fesseln gemeint. Sie stammen von den Menschen, die nicht loslassen können. Die Bindungen sind so stark, dass sie den Geist auf der Erde halten, sodass er keinen Frieden finden kann. Ihr habt diese gerade so sehr verstärkt, das ich nicht weiß ob ich jemals wieder gehen kann.“ Fesseln, die sie halten. Oh mein Gott. Ich halte sie fest. Ich kann sie sehen und halte sie fest. Dennoch bleibt sie doch jetzt hier. „Ist das nicht gut?“ Sie schüttelte entschieden den Kopf. „Nein, das ist nicht gut, Caroline. Ich bin tot und sollte gehen können von dieser Erde und zwar vollständig. Es könnte sein, das ihr mir jetzt meinen Frieden genommen habt und zwar für immer.“ Geschockt sah ich Elena an, konnte es kaum glauben. Oh nein, wir hatten es verbockt. Obwohl, das war nicht einmal ein Ausdruck dafür, keine wirklich gute Beschreibung. Es war mit das schlimmste, was wir hätten tun können. „Ich glaube Bonnie, wir hätten diesen Zauber nie sprechen dürfen. Wir haben die Fesseln verstärkt, die sie an dieser Welt halten und jetzt kann es sein, das sie nie Frieden finden wird.“ Damit schaffte ich es auch Bonnie zu schocken und sie begann verzweifelt in ihrem Buch zu suchen, wahrscheinlich nach einem Gegenzauber. Ich hoffe es gab einen. „Ich wollte mit dir reden“, erklärte ich ihr entschuldigend meinen Grund, für das Rufen. Ich hatte nicht damit gerechnet, dass es solche Folgen haben könnte. Elena sah mich bedauernd und verzweifelt an. „Du hättest Jeremy fragen können, für dich zu übersetzen. Er kann mich sehen.“ Natürlich. Wieso hatte ich ihn nie danach gefragt. Sie war seine Schwester, es war nur logisch, dass er sie sah, weil er sie nicht gehen lassen konnte, wie auch ich. Jetzt konnte es sein, das sie nie gehen könnte. „Wie kann ich dir helfen?“, fragte sie mich nachsichtig. Elena vergab mir, das würde sie immer tun, sie war kein Mensch oder Geist, der lange auf jemand anderen wütend sein konnte. „Ich hab da diese Träume“, begann ich. Elena nickte nur. „Ich weiß. Ich seh dich deswegen aufwachen und du hast es bei Jeremy das erste Mal angedeutet. Du redest oft mit Bonnie darüber und du hast auch Klaus deswegen befragt.“ Überrascht sah ich sie an. Woher wusste sie das alles? Sie lächelte mich sanft an. „Ich beobachte dich. Ich spürte diesen Zug von dir immer wieder, weil du mich vermisst und mich hier hältst, so bist du ein wichtiger Bestandteil meines Lebens nach dem Tod.“ Oh. Sie beobachtete mich. Das war… rührend. Aber das sie mich mit Klaus beobachtet hat, war peinlich. Dennoch schien sie nicht böse wegen dieser Entwicklung zu sein. „Aber Caroline, falls du mich deswegen gerufen hast, so muss ich dich enttäuschen. Ich weiß nicht wieso du solche Träume hast.“ Ihre Worte versetzten mich in Panik. An den Rand des Wahnsinns besser gesagt. Oh Gott. Ich hatte sie gerufen und das anscheinend ganz ohne, das sie mir helfen konnte, also vollkommen umsonst. Es war unnötig gewesen. Elena trat auf mich zu und legte ihre Hände auf meine Schultern. Ich konnte eine leichte Wärme dort spüren, wie schon öfters. Wenn ich das fühlte, bedeutete das, dass sie bei mir war? „Beruhig dich, Caroline. Ich gebe dir nicht die Schuld dafür. Du wusstest es nicht. Jetzt rede mit mir darüber, wovon träumst du? Wenn du den Grund erfährst und ihn lösen kannst, kann es sein, das die Träume verschwinden werden.“ Das war auch meine Hoffnung gewesen. Aber ich hatte ursprünglich gedacht, dass sie ihn mir liefern würde, nicht das ich ihn selbst heraus finden müsste. Jetzt hatte ich sie auch noch mit hineingezogen. „Ich träume von dir, wie du von vier Fesseln festgehalten wirst“, erzählte ich ihr das, was ich am traumatischsten fand. Elena nickte verstehend. „Das bin ich. Die vier Fesseln symbolisieren sowohl dich, als auch Jeremy, Damon und wohl zu deiner Überraschung Elijah. Ihr vier könnt mich nicht loslassen und solange das so ist, kann ich nicht gehen. Jetzt, da ihr mich seht, wird euch das kaum helfen, von mir loszukommen.“ Oh Gott. Wir hielten sie fest. Es war unsere Schuld und ich sah das in meinen Träumen. Das wurde mir damit gesagt. In den Träumen, dort immer hatte sie mich um Hilfe gebeten. Sie wollte, dass ich sie losließ. „Dann… dann reden wir dort auch immer, über ein Buch oder einen Film, aber es behandelt immer wieder dieselbe Gesichte. Eine Frau, die auf einen Mann 900 Jahre gewartet hat und jetzt ist er zurück, aber das weiß sie nicht und er weiß nicht, dass sie noch lebt und ihn liebt.“ Wieder nickte Elena nur verstehend. Sie wusste dann auch darüber Bescheid. „Die Geschichte ist real und sie beschäftigt mich sehr. Ich bin dabei, eine Lösung deswegen zu finden und beobachtete deswegen alles sorgfältig, aber es ist schwer in diese Welt einzugreifen, wenn mir nur Jeremy helfen kann, da er mich sieht.“ „Ich kann dir helfen!“, platzte es gleich übereifrig aus mir heraus. Ich wollte ihr so gerne helfen. Elena sah zu Boden. „Ich weiß noch nicht wie. Aber ich denke, wenn ich es herausfinde, kann ich es dich wissen lassen. Bonnie wird keinen Gegenzauber finden. Es gibt keinen. Ihr müsst mich gehen lassen, nur das wird mich befreien können.“ Wie aber sollte ich sie gehen lassen? Musste ich es beschließen, es fühlen, es sagen? Ich wusste nicht wie ich das vollbringen sollte, noch weniger, ob ich überhaupt dazu in der Lage war, ob ich es tatsächlich konnte. „Ich weiß, du liebst Tyler und das ist gut. Ihr beide verdient einander, aber falls du dich wunderst oder es dich beängstigt, Klaus liebt dich wirklich. An seinen Gefühlen brauchst du nicht zu zweifeln, aber du solltest dich auch in acht nehmen. Ich weiß nicht was er tun wird, wenn er dich nicht bekommt oder etwas nicht nach seinem Plan verläuft. Denn auch wenn er dich liebt, ich denke Besessenheit spielt auch mit da hinein“, berichtete sie mir. Sie hatte auch Klaus beobachtet. Sie war davon überzeugt, dass er mich liebte. Ich schaute zu Bonnie, die noch immer verzweifelt in ihren Büchern suchte. Aber Elena hielt es für Hoffnungslos. „Warum bist du gegangen?“, stellte ich die Frage, die mich am meisten beschäftigte. Dass sie uns alle allein gelassen hatte und das, obwohl wir so viel für sie gekämpft hatten, riskiert und geopfert. Sie war einfach gegangen. „Weil ich es wollte, Caroline. Ich wollte sterben.“ Das hatte ich gewusst, nach ihrem Selbstmord hatte ich das gewusst, aber diese Worte trafen mich dennoch ins Herz und Tränen bildeten sich in mein Gesicht. „Du musst lernen, mich gehen zu lassen. Nur dann kann ich auch wahrhaftig sterben. Wenn nicht, dann quälst du mich nur“, sagte sie mir und dann verschwand sie einfach. Konnte ich sie nicht mehr sehen? Hatte Bonnie einen Gegenzauber gefunden? Aber nein, sie blätterte noch eifrig in einem ihrer Grimoire. Wo war Elena dann? Kapitel 8: Verbündete --------------------- Kapitel 8: Verbündete „Die Hoffnung ist das übelste aller Übel, weil sie die Qual der Menschen verlängert.“ (Friedrich Nietzsche) Elenas Sicht: Mies gelaunt schaute ich auf das Buch im Regal. Es stand nicht weit oben oder so, aber ich konnte es einfach nicht anfassen. Wenn Bonnie mich schon stärker an diese Welt ketten musste, hätte sie mir doch auch gleich die Fähigkeit geben können, äußere Dinge zu beeinflussen. Aber nein, ich war vollkommen hilflos. Ich spürte, das Elijah hierher kommen würde. Wieso auch nicht? Das war sein Zimmer. Frustriert betrachtete ich das Buch weiter und verschränkte die Arme vor meiner Brust. Ich stellte mir vor wie es heraus schweben würde und auf mich zu kam, aber natürlich geschah das nicht. Sowas passierte nur in schlechten Filmen und ich war nicht einmal eine Hexe. Nicht einmal zu Lebzeiten. Die Tür ging auf und Elijah trat herein. Als ich aber merkte, wie er auf einmal stehen blieb und dann auch noch keuchte, wandte ich mich zu ihm um. Bei seinem erschrockenen Gesichtsausdruck wusste ich es dann genau. Bonnie hatte wirklich großen Mist gebaut. Genervt verdrehte ich die Augen, konnte nicht glauben wie verloren ich jetzt war. „Großartig, du kannst mich auch sehen.“ Der Sarkasmus in meiner Stimme, musste sich wohl überschlagen. Aber das war auch eine wirklich beschissene Situation. „Ja“, antwortete er eher ziemlich schwach. Ich musste zugeben, das war verständlich, wenn man davon ausging, dass ich eigentlich tot war und man Tote nicht sehen konnte. Ich seufzte leicht und versuchte das positive daran zu sehen. „Gut, dann kannst du mir ja helfen. Ich brauche das Buch da“, sagte ich und zeigte auf das entsprechende Buch. Er reagierte aber gar nicht auf meine Bitte, sondern sah mich einfach weiterhin ungeniert an. Als ob das als Tote weniger unangenehm war. Plötzlich stand er vor mir so nah, das ich ihn spüren konnte, doch ich wusste, dass er höchstens Wärme von mir wahrnehmen konnte. Er legte verwirrt seine Stirn in Falten. „Wie kannst du hier sein?“, fragte er mich heiser und ungläubig. Ich lächelte ihn leicht an. „Ich kann sein, wo immer ich will. Das ist ein Vorteil von uns Toten. Wir können hingehen wohin wir wollen und niemand kann uns zwingen irgendwo zu sein.“ Nun, die einzige Ausnahme war es, als Bonnie mich mittels des Zaubers gerufen hatte, aber das würde nie wieder geschehen. „Du bist nicht wirklich hier?“ Ich wusste, das war schwer zu verstehen. „Ich bin hier“, bestätigte ich ihm. Er war auf keinen Fall verrückt oder so. „Aber ich bin nur ein Geist.“ Bei dieser Aussage fasste ich durch sein Herz, wo er erschrocken hinsah. Er dürfte nur eine Wärme die ihn dort durchfloss spüren. Er fasste an seine Brust und sah fassungslos auf meine Hand, die ich wieder wegzog. „Wie kann ich dich sehen?“ So viele Fragen und alle davon waren verständlich. „Bonnie hat einen Zauber gesprochen, den sie nicht hätte sagen sollen, jetzt bin ich für einige auf dieser Welt sichtbar. Keine Sorge, so viele sind es nicht.“ Insgesamt nur vier, aber das war schlimm genug. Ich wich seinen Blick aus, weil ich ihn nicht mehr so sehen wollte und starrte stattdessen auf das Buch, an das ich nicht heran kam. „Ich würde gern dieses Buch haben. Holst du das bitte für mich raus?“, bat ich ihn lieb und deutete dabei auf das Buch, das ich unbedingt lesen wollte. Nur leider konnte ich sowas nicht ohne Hilfe. Elijah sah mich noch eine Weile an, versuchte das hier wahrscheinlich zu begreifen, folgte aber schlussendlich meinen Blick. „Wieso willst du ausgerechnet dieses Buch lesen?“, fragte er mich, als er es offensichtlich erkannte. Er wusste was darin stand und suchte den Zusammenhang zu mir. Ich zuckte mit den Schultern, überlegte wie ich es ihm sagen konnte. „Ich bin sicher, dass ich das darin finde, was ich suche“, redete ich um die Sache herum, auch wenn es gleichzeitig die reine Wahrheit war. Da war einfach dieses Gefühl, das ich richtig lag. „Und du glaubst das wieso?“ Elijah war wirklich gut darin, jemand etwas zu entlocken ohne etwas über sich selbst preis zu geben. Das tat er wenn dann nur mit Absicht. Sonst schaffte er es immer mit seinen Worten, die Menschen dazu zu bringen, ihn das zu sagen, was er hören wollte. „Ich bin ein Geist. Es gibt nicht wirklich viele Fähigkeiten, die ich habe, aber ein wenig kann ich schon. Nennen wir es einen sechsten oder siebenten Sinn, der mir sagt, wo ich etwas finden kann, ob richtig oder falsch liege, wenn es etwas bald geschehen wird. Ich suche nach etwas und ich weiß, das mich dieses Buch weiter bringen wird, allerdings beinhalten meine Fähigkeiten nicht nach dem Buch zu greifen und es durchzublättern. Das einzige was geschehen würde, wäre das ich durch fasse.“ Es war schwer zu erklären. Es war wie, als wenn ich wusste, dass das Telefon gleich klingeln würde oder dass jemand an der Tür war. Ich wusste es einfach. Ein paar Dinge konnte ich, aber ich konnte keinen direkten Einfluss auf diese Welt nehmen und das hatte auch einen Grund. Ich war tot. Ich sollte eigentlich gar nicht hier sein und niemand sollte mich sehen können. Nicht einmal mein Bruder. Elijah nahm das Buch heraus und besah es sich kurz, bevor er es auf das Bett schmiss. „Das sind Aufzeichnungen über das 12. Jahrhundert. Wieso interessiert dich das?“ Ich wusste doch, dass es genau das war, nachdem ich suchte. Zumindest war es das passende Jahrhundert und das war schon einmal eine Menge wert. „Wenn ich dir das sagen würde, dann…“ „… müsstest du mich töten?“, unterbrach mich Elijah. Empört öffnete ich den Mund und legte dann meine Stirn in Falten. „Nein! Was für ein schlechter Spruch, das ist doch nur ein dämliches Filmklischee. Obwohl selbst Obama das schon benutzt hat“, fiel mir ein, aber genau genommen hasste ich dieses Zitat. Wer hatte damit nur angefangen? War doch vollkommener Blödsinn. „Abgesehen davon könnte ich dich gar nicht töten, denn wenn wir ehrlich sind, dann bin ich die wahre Tote von uns beiden, du bist nur ein lebender Toter. Eine Sache die halb begonnen wurde und nicht richtig zu Ende gebracht wurde, irgendwie unfertig.“ Obwohl ich das Thema total witzig fand, schien Elijah meinen Humor nicht zu teilen. Allerdings war das bei ihm schon immer etwas schwierig gewesen und auch jetzt, wo ich ihn unbemerkt beobachtet hatte, war er so ernst, selbst im Kreise seiner Familie. „Was dann, Elena?“, sprach er ernst aus und auch ein wenig ungeduldig. Dabei war er doch sonst die Geduld in Person. Ich hatte immer gedacht, weil Geduld eine Tugend war und Elijah schien für mich die Personifizierung von Tugenden zu sein. Da konnten normal Sterbliche, wie ich, nicht mithalten. Man war das, ein geniales Wortspiel. „Ehrlich gesagt, weiß ich das nicht. Hab gerade den Faden verloren. Also, wir sprachen über das Buch, das ich lesen will und wenn ich dir sagen würde wieso, könnte ich… ah!“ Da war es wieder. So eine Art Gedankenblitz. Rekonstruktion von Erinnerungen funktionierte doch, zumindest wenn sie nicht allzu weit entfernt waren. „Jetzt fällt es mir wieder ein. Dann könnte ich es dir auch gleich erzählen. Eigentlich ich das gar keine schlechte Idee. Da du mich jetzt sehen kannst, wirst du für mich das erledigen, was ich nicht vollbringen kann, aus verständlichen Gründen meines eher abwenden Zustands in dieser Welt.“ Ich war tot, so konnte ich nicht handeln, aber Elijah konnte es. Einfacher Sachverhalt. „Wenn du dich nicht umgebracht hättest, dann könntest du es selbst tun.“ Oh, er war auch wütend. Wie Damon. „Wenn ich das nicht getan hätte, wüsste ich nichts davon und könnte gar nicht handeln. Ich hab das Wissen nämlich erst nach meinem Tod erhalten.“ Als Lebende wäre es nicht einfacher gewesen, vielleicht noch viel schwieriger. Wie man es auch drehte und wendete, in dem einen besaß ich nicht, das nötige Wissen, in dem anderen nicht die Handlungsfähigkeit. „Was kann im 12. Jahrhundert geschehen sein, das dich interessiert? Das spielt doch keine Rolle!“ Ich runzelte die Stirn und wusste worauf das Gespräch hinauslaufen würde, worauf er es unbewusst lenkte. „Falls das darauf hinausläuft mir einen Vorwurf zu machen, weil ich mich selbst getötet hatte, solltest du anfangen zu schreien und vielleicht noch ein paar Tränen herausdrücken, damit das überzeugender wirkt. Nimm dir ein Beispiel an Damon und raste einfach so richtig aus. Am besten du wirfst das Regal um“, schlug ich vor und deutete dabei auf eines seiner Bücherregale, das was direkt neben uns stand. Ich ließ mich auf sein Bett fallen und hob meine Hände auffordernd. „Bitte, tu dir keinen Zwang an. Am besten du bringst deinen Wutanfall gleich hinter dich, damit wir dann über interessantere Dinge reden können, als über meinen Tod.“ Elijahs Sicht: Schockiert betrachtete ich Elena, die mich erwartungsvoll ansah, während sie halb auf meinem Bett lag und sich leicht auf ihren Ellenbogen abstützte. Es war so anders und eigenartig, wie sie mit mir redete, sie spottete und scherzte, war sarkastisch und brachte eigenartige Beispiele an, bevor sie wieder ins ernste wechselte. Ich war wütend, sie hatte recht. Besonders jetzt, wo ich sie auch noch sehen konnte. Aber das Bücherregal wollte ich deswegen nicht umwerfen, allein schon deshalb, um ihr das Gegenteil zu beweisen und nicht ihre Erwartungen zu erfüllen. „Gut, lass uns reden. Wozu brauchst du meine Hilfe?“ Ich war kaum überrascht, wie bereitwillig ich war, ihr zu helfen. Auch wenn sie ein Mensch gewesen wäre, hätte sie mich um einen Gefallen bitten können. Ich war mir sicher, dass ich ihn ihr erfüllen würde. Prüfend legte Elena den Kopf schief und besah mich, bevor sie sich wieder aufrichtete und sich ordentlich hinsetzte. „Es geht um deinen Bruder“, begann sie und ich konnte mir ein Seufzen nicht verkneifen. Er machte auch nur Ärger. Was hatte er wohl diesmal wieder angestellt oder was plante er? „Was hat er getan?“, fragte ich sie und überlegte gleichzeitig bereits, wie ich Niklaus in die Schranken weisen konnte. Es war noch schwieriger als früher. Elena runzelte die Stirn, bevor sie entschieden den Kopf schüttelte. „Es geht nicht um Klaus! Ich rede von Finn.“ Was? Was hatte sie mit Finn zu tun. Verwirrt besah ich sie. „Finn?“, fragte ich nach, glaubte vielleicht, das ich mich verhört hatte oder sie sich versprochen oder etwas anderes in der Art. „Ja, Finn. Dein älterer Bruder? Weißt du er hat dunkelbraune Haare und…“, half sie mir nach, doch ich stoppte ihre Ausführungen, die wirklich unnötig waren. „Ich weiß wen du meinst“, sprach ich etwas unwirsch. „Du sahst verwirrt aus, deswegen wollte ich deinem Gedächtnis nachhelfen“, antwortete sie amüsiert. Für eine Tote hatte sie ungewöhnlich gute Laune. Ich fand das hier nicht annähernd so witzig wie sie. „Ich war nur verwirrt, das es um Finn geht.“ Sie kannte ihn nicht einmal, zumindest dürften sie sich nur kurz auf den Ball getroffen haben und das würde wohl keine große Bindung geschaffen haben. „Ja, es geht um Finn“, bestätigte sie mir noch einmal. „Um Finn, um dich, um deine Familie. Aber eigentlich brauchst du das alles nicht wissen, das wäre nicht gesund für deinen Blutdruck und deine emotionale Beschaffenheit. Deswegen musst du nur folgendes wissen, wir werden Finn und Sage wieder zusammen bringen.“ Ich konnte nicht glauben, was sie da redete. Finn und Sage zusammenbringen? Woher wusste sie von den beiden? Warum interessierte sie das überhaupt? Aber der letzte Satz hatte mich nicht vergessen lassen, wovon sie davor geredet hatte. Dass es dabei auch um mich und meine Familie ging und das sie indirekt gesagt hatte, dass ich mich darüber aufregen würde, wenn ich die Wahrheit kannte. „Worum geht es hier genau, Elena?“, fragte ich sauer und hasste die Tatsache, dass sie nicht wirklich da war. Wenn es meine Familie betraf, dann könnte ich sie zwingen, egal wie sehr ich mich danach dafür hassen würde. Jetzt aber war ich darauf angewiesen, das sie mit mir sprach und zusammenarbeitete. Elena grinste leicht und biss sich ein wenig auf die Unterlippe. „Also für dich geht es darum, dass du willst, dass dein Bruder wieder glücklich ist. Mehr brauchst du nicht zu wissen, der Rest regelt sich dann von allein oder ich werde eben ein wenig nachhelfen.“ Irgendwas ging hier vor. Etwas das mir auf jedenfall nicht gefiel, auch wenn ich nicht wusste was. Das war doch eindeutig zum verrückt werden. „Und worum geht es für dich?“ Elena kicherte fröhlich. Sie war sich genau bewusst, dass ich nicht in der Lage war, ihr irgendwie zu schaden oder anderweitig etwas aus ihr herauszulocken. „Für mich geht es natürlich um dich. Auf, los! Na komm schon! Wir haben viel zu erledigen. Ab sofort, sind wir wieder Verbündete.“ Ist ja toll, dass sie das so beschlossen hatte, aber ich wollte deswegen nicht wirklich widersprechen, denn es war auch meine einzige Möglichkeit etwas zu erreichen. Dennoch warf sich bei mir eine bestimmte Frage auf. „Wieso bittest du deinen Bruder nicht, dir bei deinen Plänen zu helfen? Er kann dich doch sehen.“ Ihm könnte sie doch viel mehr vertrauen, als mir. „Das hab ich doch. Ich hab ihn zu dir geschickt, damit du Damon von meinem Grab wegholst, weil ich wusste, dass du ihn verstehen würdest.“ Fragend und auch überrascht sah ich sie an. Woher wusste sie so viel? „Wegen der Sache mit Tatia.“ Woher wusste sie so viel? „Ich könnte jetzt, nach Bonnies Zauber, natürlich auch Damon bitten, allerdings ist er gerade sehr instabil und Caroline hat einfach nicht genug Einfluss. Du dagegen stirbst auf jedenfall nicht so leicht und das ist dann doch ein großer Vorteil.“ Wirklich schmeichelhaft, welche Auswahlkriterien mich für diese Aufgabe nominiert hatten und schlussendlich gekrönt. Elena sprang auf und schnippte mit den Fingern. „Na los, wir haben es durchaus eilig. Ich kann dich leider nicht anschieben, also würdest du bitte…“ Sie drehte ihre Hand auffordernd im Kreis und ich konnte nicht glauben, was sie sagte oder tat. Alles sprach dafür, dass sie sich überhaupt nicht unwohl fühlte mit ihren Zustand und das sie bester Laune war. Wie konnte das nur sein? Aber ich war dennoch froh, dass sie wieder hier war. Auch wenn es nur wegen eines Zaubers war, das ich sie sehen konnte, vielleicht gab es dann auch einen, der ihre Seele zurück in ihren Körper schickte. Kapitel 9: Einwirken in die Wirklichkeit ---------------------------------------- Kapitel 9: Einwirken in die Wirklichkeit „Was ich versprochen, muss ich tun. Und Meilen noch, dann kann ich ruh‘n. Und Meilen noch, dann kann ich ruh‘n.“ (Robert Frost) Elijahs Sicht: Skeptisch sah ich nach vorn, dann neben mich. „Bist du sicher, dass sie hier ist?“, fragte ich noch einmal nach, weil ich nichts sehen konnte. Elena hatte gesagt, dass sie die Anwesenheit von anderen fühlen konnte, dass sie wusste, wenn jemand in der Nähe war oder wo sie nach jemanden suchen musste. Sie sah mich nicht an, blickte nur weiter geradeaus, lächelte aber leicht. „Weißt du, was toll ist? Du hast einfach gar keine andere Wahl, als mir zu vertrauen.“ Danke, dass sie mich daran erinnerte. Aber ich mochte das Gefühl nicht, so bedingungslos auf jemand anderen angewiesen zu sein, auch wenn es sie war. „Das ist auch der einzige Grund, warum wir hier sind. Sonst hätte ich dich dazu gebracht, mir die Wahrheit zu sagen.“ Irgendwie und ich hätte mich gleichzeitig dafür gehasst und verurteilt. Danach würde mich die Reue überfallen, aber getan hätte ich es dennoch. „Charmant, Elijah. Aber wie die Umstände nun mal auch sind, sie geben dir diesen Weg vor und dich darüber zu beklagen bringt dich auch nicht weiter.“ Sie war auch ungehemmt frech, in ihrem neuen Zustand. Ich verstand das alles noch nicht so genau. Aber ich würde es noch erfahren, zumindest würde ich alles Notwenige dafür tun, um es heraus zu bekommen. Wie auch sie, konzentrierte ich mich wieder auf das Geschehen vor uns. Hoffentlich hatte sie recht. „Wie kann es eigentlich sein, das du als Tote so gute Laune hast?“ Zu sterben deprimierte die meisten Menschen, egal unter welchen Umständen, zumindest glaubte ich das. Ich war mir sicher, das sich meine Schwester, an ihrer Stelle, die Augen ausheulen würde, egal wie viel älter sie als Elena war. „Ich war betrunken, als ich starb und da war ich ziemlich heiter aufgelegt. Alle Gefühle manifestieren sich wenn man stirbt und lassen sich danach nur schwer beeinflussen. Für längere Zeit ist es sogar unmöglich, deswegen bin ich so humorvoll.“ Gefühle manifestierten sich? Es war auf jedenfall anders zu sterben, als wenn man ein Vampir wurde, denn da wankten die Gefühle gefährlich. Aber etwas störte mich. „Du warst heiter, als du beschlossen hast dich umzubringen?“ Das passte doch irgendwie nicht zusammen. Elena wandte sich nun doch zu mir und lächelte mich ziemlich kokett an. „Wenn ich betrunken bin, dann bin ich aufgedreht, fröhlich und ziemlich leichtsinnig. Ich verlier meine Hemmungen und tu genau das was ich will und was meine tiefsten Überzeugen sind. Mein Unterbewusstsein leitet mich sozusagen. Es sagte mir, töte dich, dann wird es dir besser gehen.“ Das war… grauenvoll. Krank. So hatte sie zum Zeitpunkt ihres Todes gedacht oder kurz davor? „Ja, Elijah, so ist es. Ich wollte sterben, so sehr. Nichts wollte ich mehr auf dieser Welt und ehrlich gesagt bereue ich es nicht, nicht in einer Sekunde. Es tut mir leid wegen Damon und ich vermisse ihn, aber sonst… Ich find es toll tot zu sein, nichts gibt es besseres für mich. Es macht sogar Spaß. Wenn wir mal ehrlich sind, dann war mein Leben Scheiße und zwar hauptsächlich durch deinen Bruder, aber auch durch jedes andere übernatürliche Wesen. Jetzt ist es besser.“ Das konnte doch unmöglich ihr ernst sein. Sie mochte es tot zu sein? Das machte ihr Spaß. „Besser? Elena, du bist tot.“ Tot, wie wirklich tot. Kein Vampir, sondern sie war weg und sie würde nie wieder zurück kommen können. Ich konnte sie wirklich nicht verstehen. „Elijah, mein Leben war grauenvoll. Abgesehen, was mir alles angetan wurde, hast du mal überlegt, wie viele andere allein wegen mir leiden mussten oder gestorben sind? Und sag jetzt nicht, dass es nicht meine Schuld gewesen war, denn das war es. Auch ist es kein Argument, das sie es für mich getan haben und nicht bereuten, das macht es höchstens nur noch schlimmer. Weißt du, wie das für mich war? Es war wie, wenn du Henrik und Tatia verloren hast, nur das auch noch alle anderen mit hineingezogen wurde und letztendlich auch starben. Stell es dir vor. Klaus, Finn, Rebekah, Kol, Esther. Sie sterben auch und das wegen dir. Wie würdest du dich fühlen?“ Ich sah in ihr Gesicht und dann wusste ich es. Schrecklich und zerrissen. So würde ich mich fühlen und auch wenn einige von ihnen noch übrig waren, es konnte einen kaputt machen. So sehr, dass man sterben wollte. „Natürlich, es ist schrecklich für die anderen. Mein Bruder, Damon, Caroline und all die anderen. Das versteh ich vollkommen. Aber ich konnte nicht mehr für mich allein leben und für sie leben…? Was hätte das gebracht? Das Klaus sie auch noch bei der nächsten Gelegenheit umgebracht, wenn er mich zu irgendwas erpressen wollte? Jetzt sind sie sicher und sobald ich wahrhaftig von dieser Welt gehen kann, wird es für mich nichts Besseres geben.“ Elena zu verstehen und es zu akzeptieren, waren zwei verschiedene Dinge. Das erste konnte ich jetzt, das zweite nicht. „Ich hätte dir helfen können“, sprach ich dass aus, was mich schon so lange beschäftigte. Wenn sie zu mir gekommen wäre, dann hätte ich alles getan, um ihr zu helfen. Glücklich lächelte sie mich an und legte eine Hand auf meine Wange, wodurch ich sofort die Wärme spürte. „Das weiß ich, Elijah. Ich weiß wie du dich fühlst. Wie auch bei den anderen, spüre ich dein Leid und es zieht mich zu dir, bringt mich dazu immer wieder in deiner Nähe zu sein und dich zu beobachten. Aber du hättest nichts tun können, damit ich mich besser fühle und es ist gut so, wie es ist. Du musst mich loslassen und meinen Tod akzeptieren, dann wird es leichter werden, wie damals.“ So wie sie das sagte, klang das ziemlich leicht, aber so war es gewiss nicht. Es war schwer, so wie damals. Nicht allumfassend schlimm, das ich nicht wusste, was ich tun sollte, doch ein ausreichender Schmerz, damit er mich betäubte und zweitweise bewegungsunfähig machte. „Wie damals…“ „Wie bei Tatia.“ Es war erschreckend, wie viel sie wusste und somit auch über mein innerstes, aber sie hatte recht. „Sie ist da“, sagte sie plötzlich und ich runzelte die Stirn, wusste nicht gleich wovon sie redete. Doch dann fiel mir ein, weswegen wir hier waren und ich schaute nach vorn. Da war Sage und gerade ging sie tatsächlich in das Hotel, wie Elena es mir gesagt hatte. „Was sollen wir jetzt tun?“ Ich stellte die Frage in den Raum, dachte selbst darüber nach, was als nächstes geschehen würde. „Nun die naheliegenste und allgemeine Methode wäre das reden. Da sie mich nicht sehen kann, wirst du das tun müssen“, antwortete Elena mir wie selbstverständlich und ich hörte die Belustigung in ihrer Stimme, die sich auf mich bezog. „Und was soll ich ihr sagen?“, fragte ich und versuchte meinen Ärger zu unterdrücken. Es war, als würde ich mit Damon oder Kol sprechen, die auch diese Art von Humor benutzten, nur leider auch täglich und immer zu. „Das Finn wieder lebt und in Mystic Falls ist. Keine Sorge, sie wird mitkommen. Sie hat neunhundert Jahre auf ihn gewartet.“ Ich zog eine Augenbraue hoch, weil das ziemlich unglaubwürdig klang. „Woher willst du das wissen?“ Es war kaum zu glauben, dass jemand neunhundert Jahre auf jemand warten würde, wobei die Hoffnung auch noch gering war, sehr gering. „Ich weiß es einfach. Jetzt komm. Auf, auf!“, rief sie enthusiastisch und ich seufzte ergeben. Ich war sowas von geliefert. Jeremys Sicht: Ich spielte mit Elena zusammen Schach. Dafür musste ich nur ihre Figuren mit bewegen, wie sie es mir sagte. „Ich finde, du solltest hier mal rauskommen. Du könntest ins Grill gehen“, schlug mir Elena vor, doch ich war davon nicht wirklich begeistert, denn irgendwie kam mir alles so geistlos vor. Alles hatte irgendwie seinen Sinn verloren. „Wieso? Was sollte ich dort tun?“, fragte ich nach, denn mir fiel nichts ein. Ich wollte mich nicht mit irgendjemanden unterhalten, der mir sein Mitleid bekundete. Darauf konnte ich wirklich verzichten. Elena zuckte mit den Schultern. „Ich weiß nicht. Aber ich weiß, das Rebekah dort ist und du könntest mit ihr zusammen Billard spielen“, versuchte Elena mich zu überreden. Ich kniff die Augen zusammen und dann verstand ich es. Etwas fassungslos sah ich sie an. „Du willst mich mit einer Urvampirin verkuppeln? Mit Rebekah?“ Irgendwie konnte ich das nicht glauben. Hatte sie denn jetzt vollkommen den Verstand verloren. Aber sie lächelte mich einfach nur selig an. „Ich würde dich sogar mit einem Schimpansen verkuppeln, wenn es dich dazu bewegen würde, aus diesem Haus zu kommen“, antwortete sie mir. Na toll, sie war tatsächlich verrückt geworden. Ich schüttelte nur ungläubig den Kopf. Das konnte sie einfach nicht ernst meinen, aber ich würde bestimmt nicht weiter darauf eingehen. Ich schlug ihre Dame, was ziemlich gut war. „Mein Turm dahin“, meinte sie und zeigte auf das entsprechende Feld. Ich tat was sie sagte. „Schach matt.“ Was? Ungläubig schaute ich auf das Spielfeld, versuchte einen Ausweg zu finden, dass sie sich vielleicht doch geirrt hatte, aber es stimmte. Mist. Ich war so darauf fixiert gewesen, ihre Dame zu schlagen, dass ich das gar nicht mitbekommen hatte. Sie hatte mich in eine Falle laufen lassen. „Damon kommt“, sagte sie dann und verwirrt schaute ich auf. „Was?“, fragte ich nach und dann trat er auch schon in das Zimmer hinein, das eigentlich Elenas Zimmer war und das er wie die Pest bisher gemieden hatte. Elena stand auf und sah lächelnd zu ihm. „Hallo Damon“, antwortete sie sanft und ihre Stimme klang glücklich. Wie eine seichte Melodie, die einem direkt ins Herz ging und die man nicht mehr vergessen würde oder auch nur wollte. „Ich hab deine Stimme gehört“, erzählte er matt und starrte sie förmlich an. Auch wenn Elena nur ein Geist war, war die Atmosphäre die um die beiden entstand, wie früher, einfach einzigartig und unleugbar. Eine Spannung entstand immer um sie, die fast schon greifbar war, so hatte man zumindest das Gefühl. „Ich kann dich sehen.“ Kein Wunder, das seine Stimme ungläubig klang, denn das war wirklich nicht normal. Meine Schwester trat auf sie zu und sie legte ihre Hände auf seine Wangen, nahm sein Gesicht in ihre Hände und sah ihm in die Augen. „Ein Zauber von Bonnie. Aber es betrifft nur das sehen, mehr nicht. Kein fühlen oder spüren. Ich bin immer noch tot, nur ein Geist, den du jetzt sehen kannst“, erzählte sie ihm. Er drückte seine Lippen gegen ihre, zumindest soweit es möglich war. Ich wusste, dass sie sich nicht wirklich spüren konnten, dennoch sah es so aus, wie ein sanfter zärtlicher Kuss. „Ich fühle dich, deine Wärme“, erzählte er und legte dann seine Stirn gegen ihre. Ich stand auf und ging an den beiden vorbei, wollte ihnen ihren intimen Moment gönnen. Es war wirklich besser die beiden allein zu lassen, sie hatten sich sicher viel zu sagen. Damons Sicht: Ich konnte nicht glauben, dass Elena bei mir war. Das war einfach nur unglaublich. Auch wenn ich sie nur sehen konnte, das NUR war in diesem Fall größer als alles andere geschrieben. „Du hättest mich nicht verlassen sollen“, warf ich ihr vor, obwohl ich das doch eigentlich nicht wollte, sondern nur den Moment mit ihr genießen wollte. Dennoch kam ich nicht um hin, ihr das vorzuwerfen. „Ich musste das tun, Damon. Für mich. Ich konnte nicht mehr hier bleiben“, erzählte sie mir und ich spürte, wie wieder die Tränen kamen, die ich einfach nicht aufhalten konnte. Sie verfolgten mich einfach. „Ich hab dich geliebt. Ich liebe dich noch immer“, offenbarte ich ihr. Davon würde ich nicht mehr abkommen, zumindest wusste ich einfach nicht wie, da ich mich auf nichts anderes konzentrieren konnte. Sie war der Mittelpunkt meiner Existenz, auch noch jetzt, wo sie bereits tot war. „Ich liebe dich auch. Aber das hat nicht gereicht. Nicht für dieses Leben.“ Sie strich über meine Wange, ich fühlte ihre sich leicht verschiebende Wärme. „Es war nicht deine Schuld. Du hast alles und noch mehr für mich getan und du glaubst gar nicht, wie dankbar ich dir für alles bin. Ich konnte nur einfach nicht mehr.“ Ich auch nicht. Ich ertrug das alles ebenfalls nicht mehr, jetzt wo sie nicht mehr bei mir war. Es war alles viel zu schrecklich. „Wieso hast du mich hier allein gelassen? Hast du geglaubt, dass ich das ohne dich schaffen würde?“ Sie sah mich traurig und bedauernd an. „Jetzt glaub ich es nicht mehr.“ Sie wusste es, sie wusste wie ich mich fühlte. Es schien mir, als wäre es wie immer, wie zuvor, als sie noch lebte, dass sie die einzige auf der Welt war, die mich verstehen konnte. „Dann bittest du mich nicht, dich loszulassen?“ Es wäre sowieso sinnlos. Elena schüttelte den Kopf. „Ich weiß dass es unmöglich es ist. Aber so kann ich auch nicht gehen. Doch ich weiß, das Jeremy, Caroline und Elijah es schaffen werden mich loszulassen und dann sind nur noch wir beide übrig.“ Nur noch wir beide. Das klang gut. Das klang schön. Jeremys Sicht: Ich konnte das Glas nur ansehen. Von Elena wusste ich, das Alaric und Damon dieselben Probleme mit diesem verfluchten Zeug hatten, das sich Alkohol schimpfte. „Wenn du das nicht trinken willst…“, begann eine Stimme neben mir und sogleich schob ich ihr das Glas herüber. Ich wusste sowieso, dass es nichts bringen würde, dass ich es nicht trinken konnte. Vielleicht aber war es Zeit etwas zu tun, das was meine Schwester wollte, wie schrecklich es auch irgendwie klang. „Würdest du mit mir eine Runde Billard spielen?“, fragte ich das blonde Mädchen neben mir, das mich überrascht musterte. Es war so absurd, aber vielleicht war es das Risiko wert und was war mir anderes als das Risiko übrig geblieben? Ich hatte doch nichts mehr zu verlieren. Kapitel 10: Unbekannte Pläne ---------------------------- Kapitel 10: Unbekannte Pläne „Wir verlangen, das Leben müsse einen Sinn haben - aber es hat nur ganz genau so viel Sinn, als wir selber ihm zu geben imstande sind.“ (Hermann Hesse) Elijahs Sicht: Finn betrachtete Sage noch ungläubig, als sie in den Raum trat, dann aber eilte er zu ihr und umarmte sie glücklich. Es war ein faszinierendes Bild, das mich irgendwie fesselte. „Dieser Moment ist wahrlich ein Foto wert. Ein Happy End, wie schön“, befand Elena neben mir selig und neigte den Kopf ein wenig zur Seite. Auch wenn es mir schwer fiel, das zuzugeben, musste ich ihr da wirklich zustimmen. Es tat gut meinen Bruder so glücklich zu sehen, auch wenn es Sage war, von der niemand viel aus meiner Familie gehalten hatte, auch ich nicht. Aber das sie neunhundert Jahre auf ihn gewartet hatte, so wie Elena es mir gesagt hatte, überzeugte mich auf einem Schlag vom Gegenteil. Ich könnte Sage nicht dankbarer sein, das sie meinen Bruder so glücklich machte und auch Elena, die einen großen Teil zur Wiedervereinigung beigetragen hatte. Finn sah über Sages Schulter hinweg zu mir, betrachtete mich ein wenig ungläubig, aber vor allem dankbar. „Du hast das getan?“, fragte er mich. Ich wollte ihm die Wahrheit sagen, alles klar stellen, aber Elena hielt mich auf. „Sag ja. Erzähl ihn nicht von mir.“ Ich wusste nicht genau wieso sie das wollte, aber vielleicht war es auch wirklich besser, wenn er es nicht wusste. „Sie kann dir bestimmt helfen, dich besser in diese Zeit einzufinden“, antwortete ich ihm. Mein Bruder betrachtete mich noch eine Weile, nickte mir dann aber dankbar zu. „Ich denke wir sollten so diskret sein und den beiden Zeit und Raum für sich alleine lassen. Lass uns ins Wohnzimmer gehen. Klaus malt gerade ein Bild und ich will ihn dabei beobachten, das ist irgendwie immer seltsam interessant“, erzählte sie mir und verschwand dann gleich. Sie hatte natürlich recht, deswegen begab auch ich mich ins Wohnzimmer. Zwar wäre das nicht der Ort gewesen, den ich gewählt hätte, aber ich wollte bei Elena sein oder ihren Geist, wie sie mir oft genug betonte. Es war merkwürdig sie auf der Sessellehne neben Niklaus zu entdecken. Das war einfach ein eigenartiges Bild. „Wieso hast du das getan?“, fragte mein Bruder ohne von seinem Bild aufzublicken und im Gegensatz zu Elena würde ich wohl nicht einfach erfahren, was darauf abgezeichnet ist. Ich blickte zu Elena, weil ich auch gerne den wirklichen Grund dafür erfahren würde. „Fördert euer familiäres Zusammenleben“, meinte sie nur. Ich wusste auch keine bessere Ausrede als Elena, weswegen ich ihre Worte einfach noch einmal wiederholte. „Fördert unser familiäres Zusammenleben. Kann doch nur gut sein, wenn unser Bruder glücklich ist.“ Niklaus zuckte nur mit den Schultern, widersprach aber zumindest nicht. Es konnte nur gut sein. „Wo sind Rebekah und Kol?“, fragte ich. Sie waren nicht da und ich war nicht dagewesen, so wusste ich nicht, was hier vorgegangen war. „Unsere Schwester versucht sich zu betrinken, wahrscheinlich wegen Aufmerksamkeitsmangel. Unser Bruder dagegen… naja du kennst Kol, er tut auf jedenfall etwas, was unsere Mutter nicht gutheißen wird.“ Elena kicherte wegen seiner Aussage und nickte mir zu, bestätigte mir Niklaus Theorie. Na großartig. „Und wo ist unsere Mutter?“ Sie war für mich noch immer ein Rätsel, da ich nicht genau wusste, was ich von ihr halten sollte. Mein Bruder schien das aber nicht weiter zu kümmern, er zuckte nur mit den Schultern. „Spazieren?“ Ich sah auf Elena, die dazu diesmal keine Reaktion oder einen Kommentar abgab, sonder stoisch auf Niklaus Zeichnung sah. Auf dem Ball hatte sie mich wegen meiner Mutter angelogen, irgendwas ging hier doch vor. „Bald ist im Übrigen All Hallows' Eve oder auch Halloween genannt“, meinte Elena irgendwann. Da Niklaus mit seiner Zeichnung beschäftigt war und nicht aufblickte, zog ich fragend eine Augenbraue hoch in ihre Richtung. „Man könnte meinen das ist unwichtig, aber an diesem Ort könnte mit Magie da einiges manipuliert werden und dann hättet ihr an diesem Tag gewaltige Probleme.“ Ich hasste diese Andeutungen und gerade konnte ich nicht einmal fragen, was sie mir damit sagen wollte, wegen Niklaus Anwesenheit. Elena lächelte wissend, sich meiner Zwickmühle genau bewusst. „Wusstest du, das Mystic Falls auf einem magischen Pentagramm liegt?“, fragte mich Elena grinsend, bewusst, dass ich keine Ahnung hatte, aber es jetzt genau wissen wollte. „Das ist auch der Grund, warum es alles Magische hierher zieht. Ein magisches Pentagramm, wie es sich die Hexen zu nutzen machen können, besteht aus den fünf Elementen Holz, Feuer, Erde, Metall und Wasser. Man kann dies herbeiführen, in dem man diese fünf Elemente so anordnet“, erzählte sie mir und ich wusste was sie meinte. Hexen, die mit der Natur sehr verbunden waren, nutzen diese Kraft, anstelle von Geistern, für ihre Zwecke. Es konnte sehr nützlich für sie sein, denn es verstärkte alles. „Aber wenn es von der Natur gegeben ist, ohne fremde Hilfe, kann das ein sehr starker Katalysator sein. Ein großer Machtverstärker und wenn man das weiß, ebenso das sich Mystic Falls in so einem Pentagramm befindet, stell dir vor, was man damit alles erreichen könnte.“ Das könnte machthungrige Leute oder andere, die etwas erreichen wollten, auf wirklich dumme Ideen bringen oder kranke. Auf jedenfall konnte es viel Unheil bringen. „Mystic Falls wird von dem See umrundet, den Höhlen in dem unterirdisch Silbervorkommen sind, von heißen Quellen in den Bergen, genug Bäume gibt es auch und Erde und Schlamm ebenso. Also Wasser, Metall, Feuer, Holz und Erde und zufälliger Weise von der Natur so angeordnet, dass es ein Pentagramm ergibt.“ Verdammter Mist. Ich war über tausend Jahre alt, aber sowas hatte ich nicht gewusst. Das es sowas gab und dann auch noch hier. „Der perfekte Ort für Rituale und Zauber, findest du nicht? Deswegen hat es die Werwölfe ursprünglich hierhergezogen und auch euch, weil man hier stark werden konnte, wenn man sich sowas zu Nutze macht. Aber auch London liegt auf so einem Pentagramm, wie auch der Brocken im Harzgebirge in Deutschland oder das Himalaya Gebirge.“ Beispiele die ich durchaus kannte, aber von denen ich in diesem Zusammenhang noch nie etwas gehört hatte. Woher aber wusste sie das? Ich wollte etwas sagen, fragen, aber sie legte ihren Finger auf ihre Lippen. „Pss. Du willst doch nicht, dass jemand dich verrückt hält.“ Sie legte den Kopf schief und grinste mich frech an. Sie wusste genau, dass mich das ärgerte und in den Wahnsinn trieb, dass ich einfach nichts dagegen tun konnte. Elena genoss das. „Ich nehme an, du willst wissen, was das mit All Hallows' Eve zu tun hat, was ich erwähnt hatte.“ Das auch und noch vieles mehr. Nach ihrem Tod wusste sie verdammt nochmal sehr viel. Alles was Interesse erweckte oder für mich interessant war. Aber sie hatte die Informationen sicher nicht erhalten, weil sie für mich von Bedeutung waren, sondern für sich selbst. Wissen war Macht. Wissen machte stark. Aber neuerdings wusste ich auch, Wissen war gefährlich. Besonders wenn andere es besaßen und man selbst es haben wollte. „An diesem Tag ist die Grenze zwischen der Welt der Lebenden und der Toten ein schmaler Grad und jeder Geist, der noch etwas erledigen will, erhält an diesem Tag die nötige Kraft. Auch ich hab vor diesen Tag für mich zu nutzen“, offenbarte sie mir ihren Plan. Obwohl, Plan war nicht das richtige Wort, schließlich wusste ich wirklich nicht, was sie denn überhaupt vor hatte. Nur das sie etwas plante. „Ich hab vor an diesem Tag auf die andere Welt überzugehen. Wenn ihr es schafft mich ausreichend loszulassen, könnte das möglicherweise meine Erlösung sein, meine Chance von hier zu gehen.“ Elena klang absolut ernst, was ich von ihr kaum noch gewohnt war und ihre Augen zeigten Sehnsucht für die weite Ferne. Eine Entfernung die ich mir nicht einmal vorstellen mochte. Doch sie war dem Tod viel näher als ich. Sie war tot! Sie fand nur keinen Frieden. Allerdings fragte ich mich wie ihre Freude loslassen konnten… warte, sagte sie nicht ihr? Implizierte das mich? Ich sollte sie ebenso auf dieser Welt festhalten? Das erschien mir wahnsinnig. „Was?“, fragte ich automatisch, aber das war ein Fehler, denn jetzt sah Niklaus auf, während Elena sich neben ihm kaputtlachte. Die ganze Zeit hatte sie es provoziert und nun hatte ich mich einfach nicht mehr zurückhalten können. „Er… hält… dich… dich sicher… für bescheuert“, japste sie unter ihrem Lachen zusammen und wischte sich die Tränen aus dem Gesicht. Dass sie diese als Geist projizieren konnte. „Was, was?“, fragte Niklaus nach, der natürlich gar nichts verstand, aber das war in einer solchen Situation auch nur verständlich. Aber ich war viel zu sehr auf Elena fixiert, als mich auf meinen Bruder konzentrieren zu können. Diese wurde nämlich schlagartig ernst und stand dann da wie eine Statur. Spürte sie etwas? Fühlte sie etwas? Erfuhr sie gerade etwas? Zumindest runzelte sie die Stirn, als passierte etwas, mit dem sie nicht gerechnet oder geplant hatte und das sie jetzt vollkommen aus der Bahn warf. Ich wollte ihren Namen sagen, bis mir einfiel, dass das jetzt wohl vollkommen unpassend wäre. Aber vielleicht notwendig. Irgendwie musste ich damit recht haben, denn von einem auf den anderen Moment verschwand sie einfach und ich blieb mit einem ebenso ratlosen Niklaus zurück, auch wenn er wohl andere Gründe hatte. „Was hast du Bruder?“, fragte er und schaute auf die Stelle neben sich, wo eben noch Elena gewesen war. Spürte er wie ich, immer ihre Wärme. Sie schien so oft bei ihm zu sein und ich kannte nicht einmal wirklich den Grund, nur ihre fadenscheinigen Ausreden. Carolines Sicht: „Diese Party wird großartig! Jeder wird davon sprechen. Zusammen werden wir dieses Halloween unvergesslich machen!“, sprach ich begeistert aus, voll verzückt von meiner Idee. Sie war aber auch einfach unschlagbar und Rebekah hatte anscheinend diesmal kein Interesse mir meine Position deswegen streitig zu machen. Elena hatte gemeint, dass sie beschäftigt war, mit was oder wem auch immer, mir konnte das auch wirklich egal sein. „Nein, du wirst die Party unvergesslich machen, Caroline. Ich kann dir wirklich sehr schlecht dabei helfen“, verbesserte mich Elena. Ich verdrehte die Augen, weil ich von so einem Unsinn wirklich nichts hören wollte. „Du bist ein Geist! Wer könnte bessere gruseligere Ideen haben als du?“, fragte ich rein rhetorisch, denn ich fand ein Geist war dafür ein Vorzeigeobjekt „Ein Vampir?“, antwortete sie im Gegenzug, in derselben Tonlage, die ich eben noch verwendet hatte. Ich kniff meine Augen zusammen. „Wieso kannst du mir nicht diese kleine Freude lassen?“ Ich hatte seit ihrem Tod nichts mehr zu lachen gehabt, sogar davor waren die Tage eher spärlich besät gewesen. Dieser Anlass räumte mir dafür aber Möglichkeiten ein. Elena lächelte mich freundlich an. „Das tue ich. Wirklich. Und weil ich weiß, wie sehr es dir helfen wird, zu erkennen, dass du mich nicht brauchst, wenn du das durchziehst, unterstützte ich das hier voll und ganz.“ Sie loslassen. Immer wieder sprach sie von diesem Thema in irgendeiner Form. Erinnerte mich ständig daran, dass sie nicht hier sein sollte und obwohl ich es zum Teil schrecklich fand, weil ich wusste, was ich damit bei ihr anrichtete, kam ich nicht umhin mich an ihre Präsenz zu gewöhnen. Es war einfach toll dass sie wieder hier war. Vielleicht wollte ich sie auch gar nicht loslassen. Vielleicht… Allerdings wusste ich auch, wie egoistisch dieser Gedanke war. Ich musste es früher oder später tun. Lieber später… Dennoch, ich musste und ich wollte auch dass sie Frieden fand, das wünschte ich mir tatsächlich von ganzem Herzen. Aber es war so schwierig. So unbeschreiblich. Sollte wirklich mein Leben bedeuten, dass ich den Tod meiner Liebsten akzeptieren musste? Immer und immer wieder? Das konnte ich kaum glauben. Das wäre dann viel zu traurig. Aber wenn ich in Elenas Augen sah, dann wusste ich durch diese Sehnsucht und gleichzeitige Leere, die sie ausstrahlten, das hier nicht hergehörte. Ich wusste dass sie tot war und dennoch wollte ich das nicht. Es klang verrückt. Vielleicht war es das auch nicht. Vielleicht konnte das auch nur jemand begreifen, der einmal einen geliebten Menschen verloren hatte, dessen Tod nicht vorhersehbar war, dessen Tod nicht sein sollte. Elena war jung und sie war ein wahrhaft guter Mensch. Es gab keinen Grund für ihren Tod. Dennoch war sie gegangen, einfach so und das freiwillig. Mein Leben würde nie mehr so sein wie vorher, denn sie war einfach nicht mehr da. Mein Leben war von ihrem Tod geprägt. Kapitel 11: Wiedergeburt ------------------------ Kapitel 11: Wiedergeburt „Des Menschen Seele gleicht dem Wasser: Vom Himmel kommt es, zum Himmel steigt es, und wieder nieder zur Erde muss es, ewig wechselnd.“ (Johann Wolfgang von Goethe) Elenas Sicht: Ich war glücklich, dass ich nicht wieder hatte eingreifen müssen. Für einen schrecklichen Moment hatte ich damit gerechnet. Doch Finn hatte seiner Mutter Einhalt geboten, ohne dass seine Geschwister davon etwas mitbekommen hatten und deswegen war ich sehr stolz auf ihn. Ich hatte meine Hand deshalb auf sein Herz gelegt und ihn mit meiner Wärme das Gefühl vermittelt, das richtige getan zu haben. Ich wusste, dass er das mehr als alles andere brauchte. Finn konnte man eindeutig als eine meiner Lieblingspersonen rechnen, die ich nach meinem Tod unter die Lupe nahm. Sein Schicksal war tragisch, mitnehmend und doch sah ich Hoffnung für ihn. Vielleicht hatte ich das alles Vordergründig nur getan, um Elijah das Leben zu retten, aber mich kümmerte auch seine Existenz. Prüfend drehte ich mich im Kreis vor den Spiegel, mit dem Kleid das ich mir in meiner Fantasie gewoben hatte. Ein perfektes Timing, denn gerade trat Elijah in den Raum, es war auch schließlich seiner und wieder blieb er abrupt stehen. „Was meinst du, seh ich gut aus? Caroline organisiert die Halloween-Party und ich werde dieses Kostüm tragen.“ Ich hatte Elijah regelrecht in einen Schock-Zustand versetzt und das sicher nicht wegen meinem plötzlichen auftauchen, das tat ich in letzter Zeit öfters. „Du siehst aus wie Tatia“, entfuhr es ihm und ich verdrehte die Augen. Das war so banal und langweilig. „Ein Einfaches, du siehst toll aus, hätte mir auch vollkommen ausgereicht“, belehrte ich ihn und drehte mich nochmals im Kreis. Ich hatte ein wunderschönes langes weinrotes Kleid gewählt, das mit roten Stickereien verziert war und ich hatte meine Haare etwas aufwendig hergerichtet. Einige Strähnen waren geflochten, andere gelockt und mache nur zusammen gebunden. Aber nicht alle meine Haare waren so verarbeitet wurden, manche blieben auch einfach nur so und dann waren wieder die Strähnen miteinander verbunden. Eben eine aufwendige Frisur aus dem Mittelalter, an dem eine Magd sicher eine Weile morgens gesessen hätte oder die Mutter. Mir gefiel es und so wollte ich zu der Party gehen, mal etwas anderes als in den beiden vorherigen Jahren, als ich das Krankenschwestern-Kostüm getragen hatte. Das hier hatte auch mehr Stil. „Du weißt offensichtlich viel, auch über Tatia. Wieso musst du dann so aussehen wie sie? Eine Folter für mich?“ Elijah schien des Öfteren sauer auf mich zu sein, aber das verstand ich sehr gut, schließlich konnte er mich nicht zu irgendwas bewegen. Er war einfach seinen Emotionen ausgesetzt und sozusagen handlungsunfähig. Sowas konnte einen gut und sicher frustrieren. „Nein, eigentlich nicht. Ich hab nur darüber nachgedacht, was mir stehen könnte und gleichzeitig für diese Zeit ein Kostüm ist und da hab ich mich an mein früheres Leben erinnert.“ Ich wusste, das war wirklich mies von mir, das Thema so locker anzuschneiden, aber das hatte alles einen Sinn und Zweck. Es konnte mir nur helfen, wenn ich meinen Zeitplan einhalten wollte. Elijah stand vor mir und wollte mir an die Schultern fassen, offensichtlich hatte er vergessen, dass ich ein Geist war und so fasste er nur durch mich hindurch. „Das kann nicht sein! Du lügst!“ Elijah war aufgebracht, wie in letzter Zeit oft und völlig aus dem Konzept gebracht. Zu gern hätte ich jetzt die Fähigkeit ihn zu umarmen, zu trösten. Leicht schüttelte ich den Kopf und legte meine Hand auf seine Schulter, mir bewusst das er nur die Wärme fühlen konnte. „Ich wurde öfters wiedergeboren, wie jeder andere Mensch auch und in meinem einen Leben wurde ich Tatia genannt. Wenn man stirbt, erinnert man sich an alles und dann kann man entscheiden, sobald man übergegangen ist, wo man wiedergeboren werden möchte, bei welchen Eltern, man kann sein Leben ein Stück weit planen und ich habe dieses Leben bewusst gewählt mit seinem Verlauf. Ich hab mir gute Freunde ausgesucht und eine tolle Familie, aber auch die Schwierigkeiten. Eine Seele muss lernen und sie wird so oft wiedergeboren bis sie ausgelernt hat und glücklich geworden ist. Das Leben und der Tod bergen so viele Geheimnisse, die du niemals verstehen kannst, solange du lebst. Aber das ist in Ordnung, leben ist gut und Unwissenheit hilft uns darin nicht wahnsinnig zu werden.“ So viele Geheimnisse hatten sich mir nach meinem Tod offenbart, dass ich sie gar nicht alle aussprechen konnte. Manche Geheimnisse sollten auch besser welche bleiben. Nicht alles auf der Welt sollte gesagt werden. „Oder dabei dich nicht zu erkennen“, sprach er bitter über die Tatsache, dass er nicht mitbekommen hatte, dass ich wiedergeboren wurde. Doch das war kein Grund sich schuldig zu fühlen, niemand hatte es gewusst und so sollte es auch gar nicht sein. „Es fällt dir so schwer mich loszulassen, weil ich für dich noch einmal gestorben bin. Deine Seele fühlt den Verlust und kann so nicht loslassen, zumindest nicht so leicht. Mein Wissen kommt von meinen früheren Leben und das, was meine Seele nach meinem Tod beobachtet, bis die Menschen es schaffen loszulassen. Das letzte Mal haben du und Klaus ewig dafür gebraucht.“ Ich war nur froh, dass ich Klaus in diesem Leben so wenig bedeutet hatte. Auch seine Seele fühlte meinen Verlust, deswegen war er so voller Reue, aber wenn er eine Bindung zu mir gehabt hätte, die nur etwas gut gewesen wäre, dann hätte auch er eine Kette an mich angelegt, ob gewollt oder nicht. Elijah schien es jetzt zu verstehen, doch dann legte er noch einmal die Stirn in Falten. „Wieso nennst du ihn dann Klaus?“, fragte er und das war eine berechtigte Frage. Lächelnd sah ich Elijah an. „Ich sagte dir, die Gefühle manifestieren sich nach dem Tod. Ebenso wirkt am stärksten das letzte Leben auf mich, solange ich noch nicht gehen kann und hier ein Geist bin. In meinem Leben als Elena, liebte ich zuletzt Damon. Damit ist meine Fixierung meiner Gefühle nur auf ihn zurückgeblieben. Meine letzten Gefühle galten ihm.“ Ein paar Monate oder Wochen davor hätte es genauso gut Stefan sein können. Das kam immer ein wenig auf die Situation an. Bei Vampiren verstärkten sich alle Gefühle, auch die unterdrückten. Bei Geistern dagegen manifestierten sie sich. Elijah schien traurig zu sein über mein Geständnis, sicher auch deswegen, weil er nun wusste, wer ich war. „In meinem Leben als Tatia manifestierten sich meine Gefühle dagegen sowohl auf dich, als auch auf Klaus. Ich weiß das, dass ich euch geliebt habe und das hat großen Einfluss auf mich. Aber mein Leben als Elena, sagt mir, dass ich ihn Klaus nennen sollte, nicht Niklaus. Das verschwimmt miteinander.“ Ich war so verwundert, als ich merkte, dass ich für Klaus keinen Hass mehr empfinden konnte. Nur noch Mitleid, Bedauern und Interesse. Die Liebe meines früheren Lebens konnte meinen Hass nicht in diese Liebe umwandeln, aber zumindest war sie offensichtlich so stark, das über den Hass hinweg ebbte. „Es fällt mir so schwer dich zu verstehen“, gab er zu und mir ging es da kaum anders. Es war nun einmal so wie es war. Ich seufzte und überwand diese Gefühle ganz einfach, alles schaltete so leicht wieder zu meiner guten Laune um, dass es schon fast gruselig war. „Nun, wie dem auch sei. Ich nehme an, dass ich gut aussehe für die Halloween-Party. Willst du mich dorthin begleiten oder schaffst du es vorher loszulassen?“ Bei Elijah half eigentlich nur Vernunft und ich hatte ihm jeden logischen Grund gegeben sich anzustrengen, um von mir abzulassen. Er wandte sich von mir ab, entfernte sich sogar ein paar Schritte von mir. Ich wusste, dass seine Gefühle nicht so leicht wandelbar waren wie meine und ich versuchte mir deswegen Verständnis aufzuzwingen. Aber meine Gefühle waren ebenso schwer zu beeinflussen, sie von dem wegzubekommen, was ich als letztes gefühlt hatte. „Du weißt, dass du mich loslassen musst, Elijah. Sonst kann ich keinen Frieden finden und wer weiß, wenn ich wiedergeboren werden, vielleicht erkennst du mich dann und wir können glücklich werden.“ Daran glaubte ich wirklich. Ich war mir sicher, dass es für ihn und mich auch Glück geben musste. Ob das bei uns im Entgegenkommen lag wusste ich noch nicht zu beurteilen, aber es wäre eine gute Option, wie auch die zu Damon. Ich verschwand, als er sich zu mir umdrehte, um ihn mit diesen Gedanken allein zu lassen. Damons Sicht: Frustriert schmiss ich den Alkohol gegen die Wand, weil ich ihn wie immer nicht runter bekam. Er war so ein Fluch für mich geworden, dass es anders nicht zu beschreiben ging. Ein Fluch, der mich ewig verfolgte. Elena erschien neben mir und sofort war ich bei ihr. Ich fasste nach ihren Händen und wenn ich es mir nur genug einbildete, dann konnte ich sie tatsächlich auf meiner Haut fühlen. „Bist du sicher, dass es funktioniert?“, fragte ich sie, weil wir einen Plan gemacht hatten. Wenn alles so lief wie geplant, dann würde der ganze Spuk nach Halloween vorbei. Zuversichtlich lächelte sie mir entgegen. „Wir sind auf einen guten Weg“, versicherte sie mir aufrichtig und das erleichterte mich wirklich. Elena deutete an, dass sie meine Hand nach oben schob und ich ging ohne zu zögern darauf ein, ließ es zu, wie sie sich unter meinen Arm drehte. Sie sah einfach nur wundervoll aus. „Ist das dein Halloween-Kostüm?“, fragte ich neugierig. Zwar hatte mir ihr Krankenschwestern-Kostüm des letzten Jahres auch gefallen, das war sehr sexy gewesen, dennoch, das war besser. Es hatte etwas Elegantes und natürliches. Als würde dieses Kleid zu ihr gehören. „Meinst du es gut gewählt?“, fragte sie stattdessen. Es schmiegte sich hervorragend um sie, als wäre es allein nur für sie gemacht worden. „Du siehst traumhaft faszinierend aus. Ich kann meine Augen nicht von dir lassen“, gestand ich ihr aufrichtig. Allerdings konnte ich das sowieso kaum, egal welches Outfit sie auch trug, besonders jetzt immer. Ich hatte bei jedem Mal, wenn sie verschwand, Angst dass ich sie nie wieder sehen würde, dass sie für immer verschwinden würde, mir entgleiten, noch einmal. Doch das wollte ich nicht noch einmal zulassen. „Dieses Kompliment gefällt mir“, erzählte sie mir grinsend und ich legte meine Hand auf ihre Wange, strich ihr dann eine Haarsträhne aus dem Gesicht und ich fragte mich, wie sie es bewerkstelligte, das es auch genau so aussah. Fast konnte ich die Leichtheit ihres Haares spüren. Wir küssten uns, so wie wir es immer taten. Ohne uns wirklich zu berühren, aber in dem wir die Wärme unseres Gegenübers spürten und das war fast schon mehr, als das was ich zu ihren Lebzeiten bekommen hatte. Ein gutes Gefühl, das kaum von etwas anderes getrübt war, denn zum ersten Mal wusste ich dabei, das wir uns beide liebten. „Du musst auf mich draußen warten, bis ich alles erledigt haben und dann können wir gemeinsam gehen“, versprach sie mir. Das war das, worauf ich so sehnsüchtig wartete. Einfach so zu gehen, würde mir nichts bringen, aber wenn alles erledigt war, dann konnten wir für immer zusammen sein. Entschlossen nickte ich ihr zu. „Ich werde auf dich warten!“, versicherte ich ihr inbrünstig. Ich würde ewig auf sie warten, wenn es sein musste, denn auf der Welt gab es nichts Wichtigeres als mich. „Gut, dann wird alles klappen. Elijah wird es aus Vernunft tun, Caroline wird es einsehen und für Jeremy wird es eine neue Verbindung zum Leben geben. Dich kann ich nicht dazu bewegen loszulassen, oder?“ Die Frage war rhetorisch, denn wir wussten beide, wie unmöglich das für mich war. Ich würde immer an ihr hängen, ewig. „Niemals!“ Wir setzten uns auf die Couch und begannen unsere Pläne zu vervollständigen. Nicht über das nahestehende, das stand alles bereits fest. Wir planten unsere Zukunft, unsere Wiedergeburt, wie es dann sein würde. Elena hatte mir viele Geheimnisse des Todes offenbart, was man alles wusste und was man alles tun konnte. Die Seele konnte das nächste Leben fast in allen Einzelheiten planen, so als wüsste sie alles im Voraus. Aber wenn man dann im Leben steckte, dann wusste man gar nichts mehr und das würde sich auch erst wieder ändern, wenn man starb. So planten wir unsere Zukunft, wie es im nächsten Leben sein würde und das wir dort zusammen sein wollten. Die Seele wollte lieben und lernen. Sie plante schreckliche Schicksale mit ein, ebenso gute Momente und auch letztendlich den eigenen Tod. Das einzige was man nicht planen konnte, war das Vampirleben. Das verlief vom Schicksal, aus der Reihe und das bürgte das eigentliche Problem in der Natur. Es war nicht so, dass wir der Natur zu wider waren, wir hatten sogar einen festen Platz darin, in der ganzen Nahrungskette. Unser Schicksal war nur nicht von vornerein bestimmbar. Aber man konnte es planen ein Vampir zu werden. Man konnte sich seine Eltern und Geschwister aussuchen, seine Erfolge und Niederlagen im Leben. Einfach alles. Doch uns kam es im Leben immer wie ein Zufall vor. Aber das war es nicht. Alles verlief nach Plan. Eins war darin auch sicher, wir strebten alle danach wiedergeboren zu werden, immer und immer wieder. Bis wir genug gelernt hatten. Und wann hatte man schließlich schon genug gelernt? Es war ein Kreis, ein Kreislauf. Das bedeutete Ewigkeit. Kapitel 12: Halloween --------------------- Kapitel 12: Halloween „Du erhältst Kraft, Mut und Vertrauen mit jeder Erfahrung, für welche du bestimmt inne hältst, um der Angst in die Augen zu sehen. Du musst das machen, für das du dich unfähig hältst.“ (Eleanor Roosevelt) Jeremys Sicht: Ich versuchte mich auf Elena zu konzentrieren, weil ich mit ihr reden wollte, doch es fiel mir in letzter Zeit so unglaublich schwer. Immer mehr Zeit verbrachte ich mit Rebekah und sie forderte meine ganze Aufmerksamkeit. Nicht weil sie anstrengend oder dergleichen war, sondern weil ich fasziniert von ihr war und wenn ich bei ihr war, dann vergaß ich immer wieder den Schmerz über den Tod meiner Schwester. Sowas durfte doch nicht passieren! Was sagte es über mich aus, wenn ich sowas vergaß, wegen einem Mädchen? Nun natürlich war Rebekah nicht einfach ein Mädchen. Sie war wirklich toll, womit ich niemals gerechnet hätte. Aber ich fühlte mich immer wieder so schuldig deswegen. Dennoch konnte ich nicht umhin zu lächeln, als Rebekah eintrat, verkleidet als Piratin und sie sah sich suchend im Raum herum. Ich trat zu ihr und bot ihr meinen Arm an. „Du siehst ziemlich heiß aus in diesem Outfit. Trägst du eine Waffe, sodass ich jetzt Angst vor dir haben muss?“, fragte ich sie interessiert, weil sie wirklich so aussah, als wäre sie Fluch der Karibik oder so entstiegen. Frech lächelte sie mir entgegen. „Du musst immer vor mir Angst haben, du tapferer Soldat, nicht nur als jemand der mich fangen wollte.“ „Ich würde dich doch nicht fangen wollen. Wir sind ein paar Jahre aneinander vorbei und das ist keine Marineuniform.“ Ich hatte die Uniform meines Großvaters gewählt, der im zweiten Weltkrieg mitgekämpft hatte. Ich führte Rebekah zur Tanzfläche und sah mich gleichzeitig nach Elena um, doch ich fand sie einfach nicht. Deswegen versuchte ich sie ganz aus meinen Gedanken zu verbannen und konzentrierte mich allein auf das Mädchen, mit der ich in letzter Zeit all meine Freizeit zusammen verbrachte. Carolines Sicht: Alles verlief genau wie es sollte, nach Plan. Jeder Winkel dieser Halle sah schaurig und gruselig aus und die Party lief einfach nur hervorragend. „Wir haben es geschafft!“, meinte ich aufgeregt zu Elena. Die aber verdrehte diesmal nicht die Augen, sondern schüttelte einfach nur lächelnd den Kopf. „Nein, du hast es geschafft, Caroline. Ganz allein, ohne mich. Wie du es immer tust. Du hast einfach die Kraft alles zu schaffen, was du willst.“ Alles zu schaffen was ich wollte. Nur wusste ich zurzeit wirklich nicht was das denn sein sollte. „Wir sollten noch dem DJ wegen der Musik ein wenig anheizen, wir brauchen eindeutig etwas Eindrucksvolleres. Hast du einen Vorschlag?“, fragte ich sie und schlug schon einmal die Richtung zum Musikpult ein, um den Kerl einzuheizen. „Das war schon immer dein Problem, Caroline. Du hast nie zugehört!“ Verwundert sah ich zu ihr und bemerkte wie sie ging, zum Eingang, wo doch tatsächlich Elijah eingetreten war. Wieso sollte ich nicht zugehört haben? Ich hatte zugehört! Aber wenn sie mir nicht helfen wollte, ich schaffte das auch ganz gut alleine. Elenas Sicht: Lächelnd trat ich zu Elijah, der tatsächlich gekommen war. So sicher war ich mir deswegen nicht gewesen. „Ich nehme an, du bist als Anwalt oder so verkleidet“, erriet ich spaßeshalber, obwohl er natürlich einen Anzug wie immer trug¬. Es war auch irgendwie abwegig, das er sich verkleiden würde. Elijah verdrehte tatsächlich die Augen auf meine Aussage. „Wenn du es so bezeichnen willst.“ Ich konnte nicht anders als zu kichern, denn wie immer war ich in heiterer Stimmung. „Dumm, wir können nicht tanzen, denn das würde aus der Sicht der anderen ziemlich doof aussehen, da ich nicht für sie sichtbar bin. Aber wir können rausgehen“, schlug ich vor. Zusammen mit Elijah ging ich durch die Hintertür nach draußen und wir gingen zum Sportplatz, wo sonst keiner war, um zu reden. „Wieso hast du mir all diese Dinge erzählt. Jede Menge zusammenhanglose Informationen und Andeutungen?“ Ich zuckte nur mit den Schultern. Vieles davon würde wichtig sein, war gut zu wissen und vielleicht würde Esther irgendwann doch noch einmal eine Gefahr werden oder etwas anderes. „Könnte noch mal wichtig sein“, antwortete ich kryptisch und ungenau. Ich hatte einfach das Gefühl, das ich ihm ein paar hilfreiche Informationen geben sollte, die man nur nach dem Tod bekam. Und wer würde mit solch wertvollen Geheimnissen besser umgehen können als er? „Willst du etwas cooles sehen?“, fragte ich ihn fröhlich, weswegen er fast sofort die Stirn runzelte. „Ich meine eigentlich fühlen“, verbesserte ich mich selbst. Noch immer sah er verwirrt aus. Dennoch ging ich auf ihn zu. „Streck deine Hände aus“, forderte ich ihn sanft aus und er tat es, wenn auch etwas zögernd. Lächelnd legte ich meine Hände in seine, griff nach ihnen. Erschrocken sah er mich an und ich wusste sein Inneres spielte verrückt. Wir sahen uns in die Augen, während wir uns an den Händen festhielten. „Ich kann dich fühlen. Es ist als wärst du tatsächlich vor mir!“, erzählte er mir zutiefst erschüttert. Das war auch wirklich eine Hammer Sache. Eine Weile standen wir so da und ich konnte ihn ebenso fühlen, wie er mich. Seine Haut, die Wärme, auch was um mich geschah, der Wind, dessen Kälte, einfach alles. „Und jetzt?“, fragte er mich. Ich lächelte ihn traurig an, nahm seine Hände und legte sie mit seinen auf sein Herz. „Jetzt schließt du die Augen“, sagte ich langsam und bedeutungsvoll und nach einer Weile tat er es auch. „Du schaust in dein innerstes und sortierst die Menschen aus, durch dessen Tod du erschüttert wärst, durch das du dich verändern würdest und nicht mehr so weiterleben könntest“, leitete ich ihn weiter an. „Das sind nicht sehr viele. Das sind es nie.“ Kein Mensch hatte so viele andere, die einen so in der Seele berührten. Auch bei mir war das nicht so gewesen. Wenn dann würden wir selbst daran zerbrechen. Es würde uns umbringen. Aber vielleicht war es wichtig, dass wir uns darüber mal klar wurden. „Da sind auf jedenfall deine Geschwister und ich. Du filterst mich raus, konzentrierst dich auf mein Bild.“ Ich ließ ihm Zeit das zu tun, sich zu sammeln und die Gedanken schweifen zu lassen, vielleicht auch wichtige Erinnerungen durchzugehen. „Dann wünschst du mir das Beste, das es mir gut geht und das ich keine Last mehr tragen muss.“ Das war ein wichtiger Prozess. „Auch deine nicht.“ Ich spürte wie sein Griff um meine Hände fester wurde und ich streichelte über seine drüber. „Du wünschst mir, dass ich frei bin und gehen kann. Du lässt mich los.“ Nur allmählich, aber Stück für Stück, wurde sein Griff um meine Hände lockerer. Immer mehr und dann konnte ich ohne Gegenwehr ihm meine Hände entziehen. Ich spürte selbst, wie die Schwerkraft die mich als Geist zu ihm zog nachließ, bis sie vollkommen verschwand. Jetzt wirkte nur noch meine Kraft, die ich durch diesen besonderen Tag erhielt. „Meine Stimme wird verblassen und wenn du jetzt du Augen öffnest, werde ich nur noch eine Erinnerung für dich sein.“ Ich löste meine Kraft, sodass ich nur noch zu einem Beobachter wurde. Er öffnete die Augen und sah sich nach mir um. „Und so soll es sein“, flüsterte ich zu ihm und es war das letzte, was ich zu ihm sagte. Elijahs Sicht: Ich wollte es nicht tun, aber ich wusste, ich musste. So ließ ich sie los und es war eines der schwersten Dinge, die ich je hatte tun müssen. „Meine Stimme wird verblassen und wenn du jetzt du Augen öffnest, werde ich nur noch eine Erinnerung für dich sein.“ Augenblicklich öffnete ich meine Augen und sie war tatsächlich nicht mehr da. Ich sah mich nach ihr um, aber sie war nirgends zu entdecken. „Und so soll es sein“, hörte ich ihre leise Stimme. Sie war weg. Ich konnte es fühlen, nichts mehr von ihrer Aura war übrig geblieben und ich war allein, ohne sie. Sie war einfach nicht mehr da. Carolines Sicht: Alles war genau so, wie ich es mir vorgestellt hatte und es verlief alles nach Plan. „Es ist perfekt“, flüsterte ich, zu niemand bestimmtes. Mir kam das einfach so unglaublich vor. Und so normal. Als hätte der Alltag um uns alle wieder eingesetzt und das machte mir Angst. „Warum?“, fragte ich. Elena war nicht mehr hier, nichts würde mehr so sein wie früher, nie mehr würde es so sein und doch schienen alle wieder in ihr Leben zurückzukehren. „Es gibt keine Antwort. Du musst es einfach hinnehmen.“ Ich drehte mich um und da stand Elena, in ihrem weinroten Kleid das mit weiteren roten Stickereien verziert war. Sie sah so natürlich in dem Kleid aus. Als würde es zu ihr gehören und nicht als wäre es ein ausgewähltes Kostüm. „Was soll ich denn anfangen ohne dich?“, fragte ich sie leise. Vielleicht konnte ich sowas alleine, wie ein Fest organisieren, aber mein Leben war doch noch so voller anderer Probleme. Wir hatten in der letzten Zeit so viel Gemeinsam durchgemacht, wie sollte ich das jetzt anders hinbekommen? „Du hast doch deine Freunde und deine Mutter. Menschen die dich lieben sind für dich da und ich bin nicht die einzige von uns beiden, die von vielen geliebt wird.“ Tränen rannten über mein Gesicht und ich konnte mich nicht erinnern, wann ich angefangen hatte zu weinen. Ich schüttelte den Kopf. „Aber du nicht!“ Sie würde nie wieder zurückkommen, egal wie sehr ich mir das auch wünschte. „Du musst stark sein, Caroline und das wirst du sein. Du bist selbstbewusst, Caroline, engagiert, talentiert, freundlich, kontaktfreudig und vor allem bist du ein guter Mensch. Du wirst es schaffen“, versicherte sie mir lächelnd und nickte mir dabei zu. Ich konnte nicht aufhören zu weinen und ich hatte Angst. Wenn ich sie loslassen würde, wie würde mein Leben dann weiter gehen. Sie trat auf mich zu. „Was meinst du? Kann ich jetzt gehen? Bitte!“ Ihre Stimme berührte mich direkt in meinem Herzen und weinte hier und zwang mich zu einem Lächeln, das sicher mehr als dürftig war. Doch ich schluckte all die Bitterkeit herunter, die Selbstzweifel, die Angst und ich ließ sie gehen. Ich wünschte ihr vom Herzen, das sie Frieden fand. Mit diesem Gedanken löste sie sich auf. Sie wurde transparent, immer mehr, bis sie vollkommen verschwand und nichts mehr von ihr übrig blieb. Jeremys Sicht: Ich tanzte gemeinsam mit Rebekah und fühlte mich gut dabei. Fast schon frei. „Wie fühlst du dich?“, fragte sie mich überraschender Weise, denn darüber hatten wir bisher noch nicht geredet. Das Thema um meine Schwester vermieden wir. Sie hatte sie gehasst und ich sie geliebt. Das war ein himmelweiter Unterschied. „Schlecht, wenn es um sie geht“, gab ich ehrlich zu. Mir ging es immer schlecht, wenn ich an meine Schwester dachte und ich wusste nicht, was dagegen zu tun würde. Eindringlich sah mich Rebekah an und dann wusste ich, dass es sie ehrlich interessierte, was da in mir vorging. „Ich weiß nicht, wie ich es schaffen soll ohne Elena.“ Das schien mir einfach nicht klar zu sein. Es waren zumindest immer wir beide gewesen, wenn wir auch alles andere um uns herum verloren hatten. Da waren immer noch sie und ich. Rebekah lächelte mich gequält an, denn sie wusste mir da wohl auch keine Antwort zu geben und ich wusste, dass auch sie ihren Bruder verloren hatte, Henrik. Was gab es da schon zu sagen? „Manchmal, da würde ich viel lieber einfach weglaufen und so tun, als wäre das alles nie passiert. Wenn es nur nicht so verdammt wahr wäre.“ Ich schluckte, um irgendwie weiter sprechen zu können, es erklären zu können, denn das hatte ich bisher noch nicht geschafft. „Aber ich weiß, was Elena zu mir sagen würde. Sie würde sagen…“ Meine Lippen zitterten und ich sah Elena hinter Rebekah, wie sie den Kopf leicht schief legte und mich ernst ansah. „…du musst stark sein, Jer. Es ist an der Zeit weiterzugehen und es ist Zeit, dich den Menschen zu widmen, die du liebst. Du kannst nicht ewig einen Geist lieben.“ Elena nicke mir zu und mein Herz war so schwer. Ich spürte mehr denn je, Rebekahs Arme um mich und ich legte meinen Kopf auf ihrer Schulter ab, so als könnte ich ihr damit auch meine Last abgeben. „Leb wohl, Elena. Mögest du in Frieden ruhen“, wünschte ich ihr vom ganzen Herzen und ich sah zu wie sie sich umdrehte und ging. Diesmal für immer, ich wusste es und ich ließ sie ziehen. „Ich bin noch da“, hörte ich Rebekahs Stimme und ich klammerte mich an sie, fühlte mich nicht ganz so allein. Doch Elena würde dennoch nie mehr zurückkehren und ich hatte meine Schwester, auf ewig verloren. Das würde ich nie mehr wiederbekommen. Aber vielleicht musste ich deswegen nicht unbedingt allein sein. Vielleicht… Elenas Sicht: Er saß am Kamin und war mit zeichnen beschäftigt, wie eigentlich immer. Ich liebte es ihm dabei zuzusehen, denn es vermittelt mir ein Gefühl von Frieden und ließ mich glauben, dass in ihm noch etwas Gutes war. Ich kniete mich vor ihn hin und legte meine Hände auf seine. Sogleich hielt er inne. Er sah nach vorn, aber ich benutzte nicht so viel Kraft, dass er mich sehen konnte. Diesmal wollte ich aber intensive Gefühle auf ihn verwenden, das brauchte er auch viel mehr, als das sehen. „Bitte finde Frieden, Klaus. Deinen eigenen, deinen Inneren“, flüsterte ich ihm zu. Er sollte es nicht hören, nur die Gefühle spüren. Das war alles, was ich wollte. Ich legte meine Hand auf sein Herz und richtete mich dann soweit auf, dass ich ihn auf die Stirn küssen konnte. „Du bist nicht allein und du wirst geliebt. Wenn du das erkennst, wird alles nicht mehr so schwer sein. Es wird weniger weh tun und solange ich noch nicht wiedergeboren bin, werde ich über dich wachen und dein Gewissen sein. Ich hoffe du wirst auf meine flüsternde Stimme hören.“ Seine Hand krampfte sich unter meiner und einzelne Tränen bildeten sich in seinen Augen, doch er kämpfte stark. Als ich von ihm abließ, wischte er sie sofort weg. „Leb wohl, Klaus und mach nichts Dummes.“ Ich verschwand, denn nun war nur noch ein letztes zu tun. „Sonnenuntergang und auch Abendstern an mich ergeht ein Ruf von Fern; doch bitte trauert nicht, weil ich nun geh' muss ich doch stechen jetzt in See.“ „Dämmerung und Abendgeläut und dann die dunkle Nacht; ohne Trauer und Abschied geht die Reise zu dem, der über uns allen wacht.“ „Wir sind geboren an einem Ort zu unserer Zeit, doch trage die Flut mich endlos weit und wehte über die Schwelle so dann stehe ich, so hoffe ich, vor unserem Steuermann.“ (Alfred Tennyson) Kapitel 13: Hinübergehen ------------------------ Epilog: Hinübergehen „Uns verändern vielleicht andere Dinge, aber wir beginnen und enden in der Familie.“ (Anthony Brandt) Elenas Sicht: „Buh!“, rief ich amüsiert und tatsächlich zuckte Finn zusammen. Ungläubig drehte er sich zu mir um und sah mich eine Weile einfach nur fassungslos an. „Du… du bist Katerina, richtig?“ Jetzt klang seine Stimme wieder so langweilig nüchtern, aber ich hatte noch ein paar gute Überraschungen auf Lager, um ihn außer Fassung zu bringen. „Eigentlich… Elena.“ Seine Augen weiteten sich wieder. So machte das ganze mehr Spaß. „Aber ich nehme an, diese Verwechslung ist verständlich, wenn man bedenkt das ich… ähm… tot sein sollte.“ Ich sprach es locker aus, dass es selbst mich überraschte, aber in letzter Zeit hatte ich viel Gelegenheit gehabt zur Ausarbeitung meines Humors. Finn sah mich ungläubig an und streckte tatsächlich seine Hand nach mir aus, nur um dann durch mich durch zu fassen, was mich kichern ließ, besonders als er dann noch erschrocken zurückwich. Ich setzte eine total ernste Miene auf und hielt meine Stimme ganz tief. „Ja, ich bin ein Geist.“ Das war irgendwie witzig, nun ja, zumindest wenn man nicht selbst der betroffene Überraschte war. „Was willst du von mir?“, fragte er und seine Stimme klang sogar ein wenig ängstlich. Beruhigend lächelte ich ihn an und legte meine Hand auf seine Schulter, wodurch er kurz zusammen zuckte, sich dann aber automatisch entspannte, da er die angenehme Wärme spüren musste. „Oh, beruhig dich, Finn. Das war ein Scherz. Du brauchst keine Angst vor mir zu haben, du bist schließlich mein Lieblingsursprünglicher“, erklärte ich ihm. In gewissen Punkten lag er ehrlich dabei sogar über Elijah. Zumindest mochte ich ihn auf eine ganze bestimmte Art. Dennoch legte Finn seine Stirn in Falten. Immer waren alle so misstrauisch. „Wie kannst du hier sein?“, fragte er nach. Fragen über Fragen. Ich zuckte ein wenig mit dem Kopf und winkte dann mit der Hand ab, denn das war wirklich mehr als unwichtig. „Das liegt an diesem Tag, aber das ist nicht weiter wichtig. Ich möchte nur mit dir reden. Möchtest du dich setzen oder fühlst du dich in diesem Zustand bequem?“, hinterfragte ich seine steife Haltung. Ich war ein Geist, bei mir war das im Grunde genommen ganz egal. Seine Haltung zeigte mir allerdings, dass er lieber so blieb. „Wie du dann willst. Dann versuch ich dir das mal in Kurzfassung und so verständlich wie möglich zu erklären. Also da ich dich mag…“, fing ich an, wurde dann aber gleich unterbrochen, weswegen ich nicht mal wirklich ins Thema hinein fand. „Woher kennst du mich? Wieso weißt du das du mich magst?“ Ehrlich gesagt, das waren gar keine so schlechten Fragen, wenn man mal so darüber nachdachte. Kurz zuckte ich mit den Schultern. „Ich bin tot. Ich beobachtete Menschen.“ Auf sein Gesicht schien der pure Schock geschrieben zu sein, durch meine Äußerung und mir kam in den Sinn, wodurch das kommen konnte. „Oh, keine Sorge. Nicht beim Duschen oder sowas, das würde ich nie tun. Vielleicht beim schlafen, aber da passiert ja nichts Aufregendes.“ Sein Gesichtsausdruck ließ immer noch nicht nach, offenbar hatte ich ihn nicht mit meiner Äußerung beruhigt. „Aber auch nicht, wenn du mit Sage schläfst. Obwohl ich zugeben muss, das es einmal sehr knapp war, eure Stimmung ist so schnell übergeschlagen… Das war dann gruselig.“ Mir fröstelte es bei den Gedanken und ich schlang meine Arme um mich, wenn ich daran dachte. Kein schöner Augenblick. Finn schien mehr oder weniger in Ohnmacht zu fallen, weswegen ich wieder zu Thema zurückfinden wollte. „Nicht das ich das nicht alles toll finden würde. Ihr passt echt super zusammen, deswegen hab ich Elijah auch dazu angeleitet Sage zu dir zu bringen…“ Seine Augen zeigten puren Schock. Ich runzelte die Stirn. „Und weil, ich nicht wollte, das du hilfst euch alle umzubringen. Von der Idee hielt ich auch nicht sehr viel.“ Im Allgemeinen war sie einfach nur grauenvoll. Bevor Finn Fragen stellen konnte, redete ich schnell weiter. „Also, weil ich das alles so gemacht habe und ich dich mag und so… Nun… du musst wissen, dass man als Geist sein Leben, also das nächste, irgendwie planen kann, bis auf eine Sache. Die Einwirkung von Vampiren auf das Leben und das Vampirleben an sich, falls man das wollen würde. Das man irgendwann ein Vampir wird, das könnte man aber schon planen.“ Jede Regel musste natürlich mal wieder eine Ausnahme haben, sonst wäre es doch gar nicht schön kompliziert. Finn sah vollkommen verwirrt aus, was verständlich war, denn das war kein leichtes Thema. „Wie dem auch sei, das musst du alles nicht so genau wissen. Das einzige was du wissen musst ist, das du in ungefähr in einhundert zweiunddreißig Jahren, sieben Monaten, zwei Wochen, einen Tag, vier Stunden und dreiundfünfzig Minuten in Irland nördlich am Lough Lene sein musst.“ Jetzt sah er erstmal schockiert aus, aber sein Gesichtsausdruck war so genial. Er schien das erst einmal verarbeiten zu müssen, deswegen ließ ich ihn Zeit, bis er von selbst reagierte. „So ungefähr?“, fragte er nach. Ich nickte lächelnd. „So ungefähr“, stimmte ich zu. „Keine Sekundenanzahl?“, fragte er weiter nach. Oh, ich liebte es, wenn er mal so etwas wie einen kleinen Funken Humor zeigte. „Ich nehme an, für die wirst du an Geduld aufbringen“, meinte ich zuversichtlich. Das war ich mir wirklich ganz sicher. Finn war, was Geduld betraf, mit Elijah auf einer Wellenlänge. Vielleicht besaß er sogar noch mehr. Sie beide konnten ausrasten und das war dann nicht zu unterschätzen, aber in der meisten Zeit waren sie die Gelassenheit in Person. „Es ist wohl ein großes Geheimnis, wieso ich in einhundert zweiunddreißig Jahren, sieben Monaten, zwei Wochen, einen Tag und vier Stunden an diesem See sein soll“, schätzte er, aber da lag er ein klein wenig falsch. Dennoch kam ich nicht umhin, ihn auf noch etwas zu verbessern. „Und dreiundfünfzig Minuten und nein, es ist kein Geheimnis. An diesem Ort wird etwas passieren und du wirst mich retten.“ Durch sein Eintreten in mein nächstes Leben, würde es viel durch Ungewissheit gelenkt werden, aber ich war mir sicher, dass sich alles zum Guten wenden würde. Das was wichtig war, stand fest. Mein Treffen mit Damon. „Du willst, dass ich dich rette? Was wird da mit dir passieren? Wieso ich?“ Ich legte den Kopf schief und überlegte kurz, was ich ihn alles davon verraten konnte, ohne dabei zu viel zu sagen. „Nur zu deiner letzten Frage, ich mag dich, Finn. Du bist mein Lieblingsvampir, könnte man sagen“, meinte ich schmunzelnd, besonders weil ich wusste, dass er sich selbst hasste oder das was er war. Ich hoffte dieses Gefühl konnte er irgendwann überwinden. „Ich darf mein Leben planen, mir wünschen mit wem ich in meinem Leben Kontakt habe, wer mir wichtig ist. Du sollst mir wichtig sein. Ich wünsche mir, das du mein Vater bist.“ Ungläubig sah mich Finn auf und sein Mund öffnete sich bereits, aber ich redete einfach weiter. „Natürlich weiß ich, dass Vampire keine Kinder bekommen können. Deswegen musst du an diesem Tag dort sein und da wirst du mich finden. Ich werde nur ein paar Tage alt sein und dann kannst du auf mich aufpassen.“ Das klang mies, dass ich es so geplant hatte und von ihm erwartete, dass er dort einfach so mitspielte. Das wusste ich ganz genau. Aber ich wusste, dass es gut sein würde, so wie es kommen würde. Entsetzt schüttelte Finn allerdings den Kopf. Schien ganz und gar nicht einverstanden mit meinen Plänen zu sein. „Wie kommst du nur darauf, dass ich das wollte? Ich bin ein Vampir! Ein Monster sollte kein Kind aufziehen, deswegen können wir auch keine Kinder kriegen und zeugen, weil es ein Verbrechen ist!“ Ich verdrehte die Augen, denn da konnte ich nicht in einem Punkt zustimmen. Sein Selbsthass zeigte sich mal wieder im hohen Maße. „Das ist der größte Schwachsinn den ich je gehört hab. Bist du bescheuert?“ Geschockt von meinen nicht sehr charmant gewählten Worten sah er mich an. „Du bist der beste Mensch, Vampir den ich je getroffen habe. Gut, deine Familie zu töten, war eine deiner weniger vorbildlichen Entscheidungen, aber sonst bist du großartig und das solltest du wissen.“ Ich trat auf ihn zu und sah ihn ganz genau in die Augen. „Du bist gut, Finn. Sehr gut sogar und das darfst du niemals vergessen. Du darfst dir von niemand etwas anderes einreden lassen, vor allem nicht von dir selbst, denn es ist nicht wahr. Ich bitte dich, wenn du mich findest, dich um mich zu kümmern. Ich wünsche mir wirklich deine Tochter zu sein und natürlich Sages. Ich könnte mir keine besseren Eltern vorstellen, deswegen bitte, sag nicht nein“, bat ich ihn eindringlich. Ich hatte viel darüber nachgedacht und ich wusste auch wirklich eine Menge. Viele Menschen hatte ich kennengelernt und unter all denen hatte ich mich für sie entschieden, egal wie komisch das klang. Es würde sicher gut für mich sein und auch für sie. Er stand etwas verloren da, aber ich war mir sicher, dass er mich nicht einfach da liegen lassen würde, wenn er es wusste, egal wie sehr sich dagegen sträubte. Zumindest würde er mich retten. „Du hast jede Menge Zeit dich darauf vorzubereiten, also innerlich und denk mal darüber nach, niemand hat so viel Zeit sich einen Namen auszudenken, wie ihr beiden und euch darauf zu einigen“, versuchte ich ihn spaßeshalber aufzuheitern. Da gab es wirklich keine vergleichbare Zahl. „Wieso nur ich?“, fragte er noch einmal fassungslos und auch verzweifelt wie es schien. „Aus all den Gründen, die ich dir genannt habe. Du bist gut, ich mag dich und Sage und es wird sicher toll eure Tochter zu sein. Sage ist ein guter Ausgleich im Übrigen, dann werde ich nicht so ernst wie du und lern auch ein wenig Humor kennen.“ Obwohl ich fröhlich grinste, war er nur ernst. „Das ist genau das, was ich meine“, meinte ich mit einem Schnippen. „Es gibt natürlich noch einen guten Grund. Falls ich Klaus begegne, kannst du mich vor ihm gut beschützen, sodass ich vielleicht nicht seine blöde Schachfigur bin und jede Woche zur Blutspende muss, was sicher nicht gesund ist. Ich nehme mal an, ich werde mein Leben mögen und daran hängen.“ Irgendwie hang ja jeder an seinem Leben, auch ich hatte das getan. Am Ende hatte ich es einfach nur nicht mehr ausgehalten, was aber nicht bedeutet hatte, dass ich nicht gern gelebt hatte. Er sagte nichts dazu. „Also sind wir uns einig!“, befand ich fröhlich und tatsächlich nickte er zögernd. Leicht nickte ich ihm zu. „Dann also Leb wohl“, verabschiedete ich mich, was ihn zu verwirren schien, nach unserem Gespräch. „Denn ich werde mich an das hier nicht erinnern. Das ist allein deine Erinnerung, vergiss sie nicht“, riet ich ihm und verschwand dann, um ihn allein zu lassen. Damons Sicht: Ich kniete an Elenas Grab, da ich versprochen hatte, hier auf sie zu warten. Ich konnte spüren, als sie bei mir war. Irgendwie konnte ich das immer fühlen. „Hast du alles geschafft, was du tun wolltest?“, fragte ich sie, denn sie hatte noch einiges zu erledigen gehabt. So viele Menschen, die an ihr hangen und denen sie wichtig gewesen war. „Es ist alles getan und gleich ist der Tag auch vorbei, meine Kraft lässt bald nach.“ Heute war sie wirklich sehr mächtig gewesen, für einen Geist. Ich streifte meinen Ring ab und legte ihn zu den Blumen auf Elenas Grab. Dann stand ich auf und hielt ihr meine Hand hin. Ich konnte fühlen, wie sie mich berührte und die letzten Minuten des Tages, konnte ich sie dann also noch wirklich spüren, bei mir haben. „Ein letztes noch“, flüsterte sie und nahm mein Gesicht in die Hand. Ihre Lippen legten sich auf meine und ich fühlte sie, so sehr wie noch nie zuvor in meinem Leben, nicht einmal, als sie selbst noch lebte. Es war so intensiv und gut und ich hielt mich an ihr fest. Wir küssten uns, bis der Tag zu Ende war. Als Mitternacht die Verbindung wieder schwächer werden ließ und als ihre Lippen nur noch zu einem warmen Gefühl wurden. Dennoch war der nachhaltige Druck etwas, das ich mir bewahren würde. Bis zum Schluss, auch wenn dieser nicht mehr fern lag. Sie griff nach meiner Hand, die sich sofort angenehm warm anfühlte. „Lass uns zum See gehen und uns den Sonnenaufgang ansehen“, schlug sie vor und wir gingen Hand in Hand zum See. Zwar musste ich aufpassen, dass ich ihre Hand nicht verlor, das ich nicht durchgriff, doch das war mir egal. Wir waren ein Paar, wenn auch ein wenig eignes. Aber wann war schon einmal etwas zwischen uns normal gewesen? „Wirst du bei mir bleiben? Auch wenn ich sterbe?“, fragte ich nach. Ich wusste nicht, ob ich wollte, dass sie meinem Tod zusah oder nicht. Einerseits wünschte ich mir ihren beistand, andererseits wollte ich nicht, dass sie so etwas sehen musste. Ernst sah sie mich an und nickte mir dann zu. „Ich werde bis zum Ende bleiben!“, versicherte sie mir und die Betäubung meines Körpers wurde für einen kurzen Moment mit Wärme erfüllt. Bis zum Ende. Bis zum Schluss. Das war so endgültig und auch so befreiend. Jetzt verstand ich erst wirklich, was Elena damals auf der Brücke gefühlt hatte und was sie vielleicht dazu veranlasst hatte, darunter zu springen. So viele Gefühle und jedes einzelne wollte zu ihr. Tot sein, um zu leben. „Wird mich jemand festhalten?“ Ich wollte nicht warten müssen, bis mich jemand losließ, damit ich endlich zu ihr konnte. Elena schüttelte zu meiner Erleichterung den Kopf. „Nicht Stefan, nicht Alaric. Aber sie werden sehr traurig und um dich trauern“, erzählte sie mir. „Ich weiß“, antwortete ich, doch das schien mir in diesem Augenblick so bedeutungslos. Ich würde bei ihr sein, das war das einzige was zählte und nur ihr zureden hatte mich dazu gebracht, solange durchzuhalten. Wahrscheinlich hätte ich mich sonst schon nach ihrer Beerdigung umgebracht. Alles in mir schrie nach dem Tod. Zusammen setzten wir uns an Ufer. Unsere Hände ineinander schauten wir auf den See und wir redeten nicht. Wir hatten schon so viel geredet, uns über unsere Gefühle ausgetauscht und wussten, dass wir nicht ohneeinander konnten. Die Sonne kroch langsam hervor und ich sah zu Elena. Wie ihr Gesicht sanft beleuchtet wurde, das war das schönste, was ich je gesehen hatte. Die Schmerzen waren grausam, unmenschlich und unerträglich. Ich schrie, laut und schmerzerfüllt. Aber irgendwann war es vorbei und ich sah neben mich, wo Elena noch immer stand. Sie sah mich an, traurig. Aber als ich sie anlächelte, lächelte sie zurück und wir standen auf und gingen weiter. Weiter. Weg, von dieser Welt. „Was hinter uns liegt und was vor uns liegt sind keine Angelegenheiten verglichen mit dem, was in uns liegt.“ (Ralph Waldo Emerson) Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)