Kein Rettungsmittel als die Liebe von KaethchenvHeilbronn ================================================================================ Kapitel 1: ----------- „Schiller, verdammt! Ich war zwei Stunden nicht da, und wie sieht mein Arbeitszimmer aus! Wo sind Sie, zur Hölle! Das ist ja – argh, hinfort mit diesen verfaulten Äpfeln! Schiller! Wenn Sie sich nicht sofort blicken lassen, dann vergesse ich m.........................“ Schiller, der nur ins weiße Laken gewickelt in Goethes Bett lag, sah mit sanften blauen Augen zu ihm auf, die Lippen einen Spalt geöffnet, die blonden Locken auf dem Kopfkissen zerwühlt, und hauchte, indem er ihm beide Hände entgegenstreckte: „Goethee~“ Goethe wusste nicht, ob es die blonden Locken waren, das sanfte Lächeln oder einfach dieser unglaublich liebevolle Ausdruck in Schillers Augen, der ihn seine ganze Wut sofort vergessen ließ. Wahrscheinlich trug alles zusammen dazu bei, dass er nicht mehr klar denken konnte, gar nicht mehr wusste, wie er überhaupt dazu gekommen war, sich über den Blonden aufzuregen. Vergessen waren die verfaulten Äpfel, die Unordnung und das Chaos, das sein Arbeitszimmer durcheinander gebracht hatte. Nur noch ein einziger Gedanke hatte in Goethes Kopf und in seinem Herzen Platz – dass Schiller wunderschön war, schöner als alle anderen Menschen dieser Welt zusammen. Es dauerte einen Augenblick, bis er sich wieder gefasst hatte, doch dann ging er langsam auf Schiller zu, ergriff zaghaft seine Hände und konnte, während er den anderen immer noch unsicher ansah, nur ein leises „Sch-Schiller…“ erwidern. Er wurde von dem Blonden zu sich gezogen – oder sank er selbst? – und fand sich mit seinem Kopf an der weißen Brust wieder. Eine Locke schmiegte sich unter seine Wange und er konnte nur zittrig den wohligen Duft des anderen in sich einsaugen. „Goethe…das mit Ihrem Arbeitszimmer tut mir Leid…aber…ich musste mich doch beschäftigen, da ich mich so einsam ohne Sie fühlte.“ Der Ältere musste daraufhin unwillkürlich lächeln, warf Schiller aber trotzdem, während er ganz unwillkürlich eine blonde Locke um seinen Finger wickelte, einen gespielt tadelnden Blick zu. „Und dann verwüsten Sie mein Arbeitszimmer?“, fragte er schmunzelnd. „Wenn ich jedes Mal, wenn ich mich einsam fühlte, so ein Chaos anrichten würde, wo kämen wir dann hin? Ich dichte stattdessen einen Vers für den Faust, schreibe ein Gedicht, oder…“ Oder denke an Sie, wollte er sagen, traute sich aber nicht, weil es sich viel zu sentimental anhörte und er gar nicht einschätzen konnte, wie der Blonde darauf reagieren würde. Stattdessen wendete er sich lieber wieder dessen Locken zu, die sich so wundervoll weich anfühlten. „Haben…haben Sie auch eines für mich geschrieben?“, fragte Schiller leise und legte seine Arme um den warmen Körper, der sich an ihn schmiegte, „Oder…oder denken Sie nicht an mich, wenn Sie sich einsam fühlen, Goethe...?“ „Natürlich denke ich an Sie, Schiller…“, erwiderte er daraufhin lächelnd und legte sanft seine Stirn gegen die des anderen. Einen Moment lang schloss er schweigend die Augen, fast so, als könnte er dadurch diesen innigen Moment noch viel mehr genießen, dann öffnete er sie langsam wieder, hob seine Hand an und fuhr dem Blonden zärtlich mit den Fingerspitzen über die Wange. „Ich denke nur an Sie, wenn ich einsam bin“, flüsterte er, „weil nur Ihre Abwesenheit dieses Gefühl überhaupt in mir hervorbringt.“ Die Finger prickelten an Schillers Wange, der warme Atem an seinen Lippen. Er wollte Goethe packen, ihn umarmen, ganz fest, er wollte ihn küssen - ! Aber er konnte nur daliegen und in den dunklen, tiefen Augen versinken. Er schluckte. „W-welches Gefühl?“ Goethe nahm liebevoll Schillers Hand und legte sie so auf seine Brust, dass der Blonde seinen rasenden Herzschlag, der ihn fast um den Verstand brachte, spüren musste. „Dieses Gefühl…“, hauchte er dann und sah den anderen eindringlich an, „…dieses Gefühl, das mein Herz jedes Mal schneller schlagen lässt, wenn ich auch nur einen Brief von Ihnen erhalte, das meiner Wut augenblicklich Einhalt gebieten kann, selbst wenn Sie mein Arbeitszimmer verwüstet haben, und das…das mich dazu bringt Ihnen nah sein zu wollen, Schiller, so nah, wie nur irgendwie möglich…“ „Goethe…“ Auf Schillers Lippen legte sich ein zärtliches Lächeln. „Sie sind ein wunderbarer Dichter und Ihr Herzschlag Ihr Versmaß. Und wenn auch noch der Inhalt Ihrer Dichtung keine Idee, sondern Ihre leibhaftige Erfahrung ist…dann will ich mich Ihnen vollkommen hingeben, völlig, mit Seele und Geist und Körper bin ich der Ihrige.“ „Schiller, ich… ich…“, brachte Goethe, der von der Äußerung des Jüngeren sichtlich gerührt war, nur stockend hervor. Er war nicht mehr in der Lage in Worte zu fassen, was in diesem Moment in ihm vorging – zu überwältig war er von seinen Gefühlen, welchen er auch mit dem schönsten Liebesgedicht nicht hätte gerecht werden können. Deswegen beugte er sich langsam nach vorne, um Schiller stattdessen sanft und liebevoll zu küssen und ihm somit zu zeigen, wie viel er ihm bedeutete. Schiller war überwältigt. Überwältigt davon, dass er Goethe sprachlos gemacht hatte, überwältigt von den Gefühlen, die ihn bei diesem Kuss ergriffen. Fest schlang er seine Arme um den anderen, küsste ihn zurück mit allem, was er zu geben hatte, und mit flatternden Wimpern schloss er die Augen. Der Moment war so vollkommen, dass er das Bild eines Renaissancemalers hätte sein können; wenn nur nicht die verfaulten Äpfel über den Boden kullerten. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)