Kein Rettungsmittel als die Liebe von KaethchenvHeilbronn ================================================================================ Kapitel 1: ----------- „Schiller, verdammt! Ich war zwei Stunden nicht da, und wie sieht mein Arbeitszimmer aus! Wo sind Sie, zur Hölle! Das ist ja – argh, hinfort mit diesen verfaulten Äpfeln! Schiller! Wenn Sie sich nicht sofort blicken lassen, dann vergesse ich m.........................“ Schiller, der nur ins weiße Laken gewickelt in Goethes Bett lag, sah mit sanften blauen Augen zu ihm auf, die Lippen einen Spalt geöffnet, die blonden Locken auf dem Kopfkissen zerwühlt, und hauchte, indem er ihm beide Hände entgegenstreckte: „Goethee~“ Goethe wusste nicht, ob es die blonden Locken waren, das sanfte Lächeln oder einfach dieser unglaublich liebevolle Ausdruck in Schillers Augen, der ihn seine ganze Wut sofort vergessen ließ. Wahrscheinlich trug alles zusammen dazu bei, dass er nicht mehr klar denken konnte, gar nicht mehr wusste, wie er überhaupt dazu gekommen war, sich über den Blonden aufzuregen. Vergessen waren die verfaulten Äpfel, die Unordnung und das Chaos, das sein Arbeitszimmer durcheinander gebracht hatte. Nur noch ein einziger Gedanke hatte in Goethes Kopf und in seinem Herzen Platz – dass Schiller wunderschön war, schöner als alle anderen Menschen dieser Welt zusammen. Es dauerte einen Augenblick, bis er sich wieder gefasst hatte, doch dann ging er langsam auf Schiller zu, ergriff zaghaft seine Hände und konnte, während er den anderen immer noch unsicher ansah, nur ein leises „Sch-Schiller…“ erwidern. Er wurde von dem Blonden zu sich gezogen – oder sank er selbst? – und fand sich mit seinem Kopf an der weißen Brust wieder. Eine Locke schmiegte sich unter seine Wange und er konnte nur zittrig den wohligen Duft des anderen in sich einsaugen. „Goethe…das mit Ihrem Arbeitszimmer tut mir Leid…aber…ich musste mich doch beschäftigen, da ich mich so einsam ohne Sie fühlte.“ Der Ältere musste daraufhin unwillkürlich lächeln, warf Schiller aber trotzdem, während er ganz unwillkürlich eine blonde Locke um seinen Finger wickelte, einen gespielt tadelnden Blick zu. „Und dann verwüsten Sie mein Arbeitszimmer?“, fragte er schmunzelnd. „Wenn ich jedes Mal, wenn ich mich einsam fühlte, so ein Chaos anrichten würde, wo kämen wir dann hin? Ich dichte stattdessen einen Vers für den Faust, schreibe ein Gedicht, oder…“ Oder denke an Sie, wollte er sagen, traute sich aber nicht, weil es sich viel zu sentimental anhörte und er gar nicht einschätzen konnte, wie der Blonde darauf reagieren würde. Stattdessen wendete er sich lieber wieder dessen Locken zu, die sich so wundervoll weich anfühlten. „Haben…haben Sie auch eines für mich geschrieben?“, fragte Schiller leise und legte seine Arme um den warmen Körper, der sich an ihn schmiegte, „Oder…oder denken Sie nicht an mich, wenn Sie sich einsam fühlen, Goethe...?“ „Natürlich denke ich an Sie, Schiller…“, erwiderte er daraufhin lächelnd und legte sanft seine Stirn gegen die des anderen. Einen Moment lang schloss er schweigend die Augen, fast so, als könnte er dadurch diesen innigen Moment noch viel mehr genießen, dann öffnete er sie langsam wieder, hob seine Hand an und fuhr dem Blonden zärtlich mit den Fingerspitzen über die Wange. „Ich denke nur an Sie, wenn ich einsam bin“, flüsterte er, „weil nur Ihre Abwesenheit dieses Gefühl überhaupt in mir hervorbringt.“ Die Finger prickelten an Schillers Wange, der warme Atem an seinen Lippen. Er wollte Goethe packen, ihn umarmen, ganz fest, er wollte ihn küssen - ! Aber er konnte nur daliegen und in den dunklen, tiefen Augen versinken. Er schluckte. „W-welches Gefühl?“ Goethe nahm liebevoll Schillers Hand und legte sie so auf seine Brust, dass der Blonde seinen rasenden Herzschlag, der ihn fast um den Verstand brachte, spüren musste. „Dieses Gefühl…“, hauchte er dann und sah den anderen eindringlich an, „…dieses Gefühl, das mein Herz jedes Mal schneller schlagen lässt, wenn ich auch nur einen Brief von Ihnen erhalte, das meiner Wut augenblicklich Einhalt gebieten kann, selbst wenn Sie mein Arbeitszimmer verwüstet haben, und das…das mich dazu bringt Ihnen nah sein zu wollen, Schiller, so nah, wie nur irgendwie möglich…“ „Goethe…“ Auf Schillers Lippen legte sich ein zärtliches Lächeln. „Sie sind ein wunderbarer Dichter und Ihr Herzschlag Ihr Versmaß. Und wenn auch noch der Inhalt Ihrer Dichtung keine Idee, sondern Ihre leibhaftige Erfahrung ist…dann will ich mich Ihnen vollkommen hingeben, völlig, mit Seele und Geist und Körper bin ich der Ihrige.“ „Schiller, ich… ich…“, brachte Goethe, der von der Äußerung des Jüngeren sichtlich gerührt war, nur stockend hervor. Er war nicht mehr in der Lage in Worte zu fassen, was in diesem Moment in ihm vorging – zu überwältig war er von seinen Gefühlen, welchen er auch mit dem schönsten Liebesgedicht nicht hätte gerecht werden können. Deswegen beugte er sich langsam nach vorne, um Schiller stattdessen sanft und liebevoll zu küssen und ihm somit zu zeigen, wie viel er ihm bedeutete. Schiller war überwältigt. Überwältigt davon, dass er Goethe sprachlos gemacht hatte, überwältigt von den Gefühlen, die ihn bei diesem Kuss ergriffen. Fest schlang er seine Arme um den anderen, küsste ihn zurück mit allem, was er zu geben hatte, und mit flatternden Wimpern schloss er die Augen. Der Moment war so vollkommen, dass er das Bild eines Renaissancemalers hätte sein können; wenn nur nicht die verfaulten Äpfel über den Boden kullerten. Kapitel 2: ----------- „Trotzdem!“ Energisch stampfte Heinrich von Kleist mit dem Fuß auf und warf seinem Gegenüber einen ungläubigen Blick zu. Nie hätte er gedacht, dass er es sich trauen würde vor Goethe so in Rage zu geraten, doch bei der ungerechten Kritik, die der Dichterfürst gerade im Hinblick auf seine Penthesilea geäußert hatte, konnte er nicht mehr an sich halten. „I-Ich habe dieses Werk auf den Knien meines Herzens zu Ihnen gebracht…u-und nun wollen Sie es einfach so ablehnen, w-weil es nicht vollkommen mit Ihrem klassischen Idealbild übereinstimmt?“ „Meinem klassischen Idealbild? Ich bitte Sie, falls Sie auch nur etwas Ahnung vom aktuellen Kulturgeschehen haben, dann müsste Ihnen doch auffallen, dass nicht einmal die Romantiker es fertigbringen, solch ein...verstörendes, alle Regeln der Moral - der Vernunft brechendes Unding zu produzieren! Eine Frau, die ihren Geliebten verspeist! Das Theater ist nicht dazu da, die Menschen vollkommen entsetzt, sondern besser nachhause zu schicken, und an ihrer Penthesilea finde ich überhaupt nichts Gutes!" Sprachlos auf Grund dieser Äußerung wusste Kleist einen Moment nicht, was er erwidern sollte. Er spürte, wie Tränen in seinen Augen aufstiegen und versuchte verzweifelt sich vom Weinen abzuhalten, weil er vor Goethe nicht als Schwächling dastehen wollte. Doch die Tatsache, dass der berühmte Dichter seine Penthesilea, das Werk, in das er gleichzeitig all den Schmerz und all die Freude seiner Seele gesteckt hatte, überhaupt nicht zu würdigen wusste, verletzte ihn unglaublich. „A-aber den Menschen nur vorzuhalten, wie sie sich verbessern sollen, ohne sie auf gesellschaftliche Probleme hinzuweisen, kann sie doch nicht besser machen! In m-meiner Penthesilea geht es um soziale Determiniertheit u-und die tragischen Folgen, die diese mit sich bringen kann…n-nicht anders, als es auch schon in Schillers Räubern der Fall war.“ Damit warf er dem Blonden, der das Gespräch bisher scheinbar unbeteiligt verfolgt hatte, einen hilfesuchenden Blick zu. Schiller erwiderte den Blick des jungen Dichters nur kurz, bevor er sich erhob. „Goethe, kann ich Sie einen Moment unter vier Augen sprechen?“ Es war nicht wirklich eine Frage, sondern ein gut gemeinter Rat, den Goethe, wenn auch grummelnd, annahm. Er folgte Schiller in den Salon zwei Räume weiter, wo dieser die Tür schloss. Der Herr Geheimrath war äußerst überrascht, als er sogleich eben jene Tür in seinem Rücken vorfand; der Blonde hatte ihn an den Schultern gepackt und sah ihn eindringlich an. Goethe kannte diesen Blick nur zu gut, der ihn aus den halbgeschlossenen Augen traf. Er konnte Schillers Atem auf seinen Lippen spüren, als dieser mit gedämpfter, aber hitziger Stimme sprach. „Erinnern Sie sich an den Abend in Ihrem Gartenhaus? Erinnern Sie sich daran, wie Sie das Weinglas haben fallen lassen und mich von hinten umschlungen und mir in den Nacken gebissen?“ Goethe erzitterte bei dem Gedanken daran. „Erinnern Sie sich, was Sie da zu mir gesagt haben?"“ Die Augen des Älteren weiteten sich. „Schiller...“ „Schiller, haben Sie gesagt.“ „Schiller, ich…ich will mir Ihren Geist einverleiben und wenn ich Sie dazu…“ „Und wenn Sie mich dazu - ?“ „Und wenn ich Sie dazu verspeisen müsste.“ Goethe schluckte. „Sehen Sie“, begann Schiller leise, „Bemerken Sie, wie sehr Ihnen diese Frau eigentlich aus dem Herzen spricht?“ Goethe rang einen Augenblick lang mit sich und versuchte dem eindringlichen Blick Schillers auszuweichen, der ihn fast um den Verstand brachte. „Das…das mag sein“, fing er dann leise an, „Aber das war ein persönliches Ereignis und hat doch nichts auf der Theaterbühne verloren! Was glauben Sie denn, was die Leute denken würden, wenn sie auf einmal statt meiner Iphigenie ein wahnsinnig gewordenes Weib auf der Bühne sehen würden, das nur Chaos um sich herum verbreitet?“ „Ihre Iphigenie“, entgegnete Schiller mit einem Lächeln, das plötzlich wieder so zärtlich war, „ist wunderbar und auch mit nichts zu vergleichen, aber wollen Sie diesem jungen Menschen nicht eine Chance geben? Ich bin mir sicher, auch ihn verbindet etwas mit diesem Stück, und wenn Sie es ablehnen würden, lehnten Sie auch ihn ab, ja lehnten Sie mich ab." „S-Sie?“, brachte Goethe heraus. Schillers Lippen formten sich zu einem Grinsen und er sah den Älteren kokett von oben an. „Bin ich nicht auch manchmal ein bisschen wahnsinnig und verbreite Chaos um mich herum, wenn Sie mir wieder einmal den Verstand rauben, ...Goethe?“ Der Ältere schluckte bei dieser Bemerkung und versuchte verzweifelt die Bilder, die sich vor seinem inneren Auge abspielten, zu verdrängen, um wieder einen klaren Gedanken fassen zu können. „A-aber das ist doch etwas völlig anderes…“, erwiderte er dann, obwohl er wusste, dass es ein schwaches Gegenargument war. Aber auch wenn Schiller ihm mehr bedeutete, als alles andere auf der Welt, so fiel es ihm dennoch schwer sich mit dem Gedanken, das Stück des jungen Dichters auf die Bühne zu bringen, anzufreunden. „Sie wissen, dass Sie mir lieb und teuer sind, Schiller, vor allem, wenn Sie einmal wieder von Ihrem Sturm und Drang fortgerissen werden“, meinte er dann und ergriff liebevoll die Hände des anderen. „Aber das hat doch nichts mit Kleist zu tun. Außerdem…“, fügte er leise hinzu und wich dem Blick des Blonden aus, „…außerdem will ich nicht, dass er sich mit seinem Werk zwischen uns drängt.“ Schiller hätte nicht in Worte fassen können, wie ihn dieses Geständnis rührte. „Aber Goethe!“, begann er sogleich, „Nichts und niemand kann sich zwischen uns drängen, dazu sind wir uns doch viel zu nahe.“ Wie um seinen Standpunkt deutlicher zu machen, schmiegte er sich noch ein wenig enger an Goethe. „Kleist passt nicht zu uns, nein, aber er gehört auf die Bühne. Das, was er zeigt, ist zutiefst menschlich, und das sollte man den Menschen nicht vorenthalten. ...Oder wollen Sie ihn etwa den Romantikern überlassen?“ Seufzend legte Goethe seine Arme um den Jüngeren und vergrub sein Gesicht in den blonden Locken. Er schwieg eine ganze Weile, doch als er wieder zu Schiller aufsah, musste er unwillkürlich lächeln. „Natürlich möchte ich ihn nicht den Romantikern überlassen“, antwortete er daraufhin. „Es liegt mir fern sein Talent überhaupt anzweifeln zu wollen, denn begabt ist er zweifellos, wären seine Stücke nur nicht so …extrem.“ Einen Moment lang schien Goethe noch mit sich selbst zu ringen, dann gab er sich allerdings einen Ruck und hauchte Schiller einen Kuss auf die Wange. „Wenn es Sie aber glücklich machen würde seine Penthesilea auf der Bühne zu sehen, dann will ich mich nicht dagegen wehren…“ Der Blonde sah ihn mit einem erleichterten Lächeln an. „Es würde mich sehr glücklich machen.“, sagte er und kam dem Gesicht des anderen näher, „Und da Sie selbst zugeben, dass Sie Kleist für talentiert halten, sollten wir ihn nicht aufgeben.“ Damit legte er seine Lippen auf die des Älteren und verwickelte ihn in einen sanften Kuss, sodass weitere Widerworte unmöglich waren. Es kam Kleist wie eine kleine Ewigkeit vor, in der er sich allein in dem großen Raum befand und nervös auf die Rückkehr von Goethe und Schiller wartete. Er wusste zwar nicht, was die beiden so lange allein besprachen, aber er war sich sicher, dass es dabei um ihn und die Zukunft seines Dramas ging. Bei diesem Gedanken wurde der junge Dichter unvermeidlich noch aufgeregter und er hätte beinahe schon wieder damit angefangen unruhig hin und her zu gehen, als sich die Tür plötzlich öffnete und die beiden Schriftsteller eintraten. Kleist konnte nicht umhin zu bemerken, dass Goethe wesentlich glücklicher wirkte als zuvor und auch auf Schillers Lippen lag ein sanftes Lächeln. Dennoch wollte er sich noch nicht zu viele Hoffnungen machen und blickte die beiden deswegen nur abwartend an. Schiller musste Goethe erst einen auffordernden Blick zuwerfen, bevor dieser die Stimme erhob. Kleist kam sich vor, wie im Olymp vor einem Richterspruch des Zeus. „Nun, Herr von Kleist“, begann Goethe, „Ich werde meine Meinung über Ihr Drama nicht revidieren, es ist und bleibt ein Unding wider des guten Geschmacks.“ Dem jungen Preußen war während der harten Worte das Herz stehengeblieben. Ihm quollen die Tränen in die Augen. „Aber“, begann Schiller und sah Goethe eindringlich an. „Aber“, seufzte Goethe, „Wenn Sie bereit dazu sind, Ihr zukünftiges künstlerisches Schaffen nur noch unter meiner und Schillers Begleitung stattfinden zu lassen, dann bin ich gewillt, Ihrer Bitte, die Penthesilea an unserem Theater aufzuführen, nachzukommen.“ Einen Moment lang dachte der junge Dichter, er hätte nicht richtig gehört. Als er allerdings das aufmunternde Lächeln von Schiller und den durchaus versöhnlichen Blick Goethes wahrnahm, wurde ihm bewusst, was der Herr Geheimrat gerade tatsächlich gesagt hatte. „I-ich… ich…“, stotterte er daraufhin etwas unbeholfen, „Ich w-weiß gar nicht, wie ich Ihnen danken soll!“ Hastig fuhr er sich über die Augen, um die Freudentränen, die er nicht mehr hatte zurückhalten können, wegzuwischen. Dann strahlte er jedoch die beiden Dichter an und schenke ihnen ein dankbares Lächeln. „N-natürlich wäre es mir die größte Ehre u-unter Ihrer Aufsicht weitere Dramen zu verfassen“, erwiderte er schließlich und ihm war, als Schiller ihm eine Hand auf die Schulter legte und ihn zusammen mit Goethe zu dem immer noch gedeckten Kaffeetisch führte, als hätte er zum ersten Mal in seinem Leben einen Ort gefunden, an dem er bleiben wollte, an dem er glücklich sein konnte. Kapitel 3: ----------- Es war ein Samstagvormittag, als der von Goethe für dieses Wochenende angekündigte Gast vor dem Haus stand. Schiller und Kleist waren gerade dabei Goethes „Götz“, beide mit solch übertriebenen Gebärden und so furchtbar laut, vorzutragen, dass der Hausherr ihnen nur schwer Einhalt gebieten konnte. Nun, jedenfalls bis er ihnen drohte, das Tabakgeld in Zukunft für andere Zwecke zu verwenden. So saßen die zwei also doch brav am zum Tee gedeckten Tisch, als Goethe hinausging, ihren Gast zu empfangen. Beide machten sie dabei aber ein nicht sonderlich begeistertes Gesicht, denn Schiller seinerseits hielt nicht viel auf den Erwarteten und hatte andererseits Kleist mit dieser Haltung scheinbar angesteckt. Ein verwilderter Mann, der sich durch den Dschungel in Südamerika geschlagen, dabei eine unaristokratische Bräune gewonnen und sein großes Maul nicht verloren habe, hatte Schiller gesagt. Kleist stellte sich einen Affen mit langem Bart vor, schwarz, und ein riesiges Maul. Es fröstelte ihn bei dieser Vorstellung mit so einem an einem Tisch sitzen zu müssen. Umso mehr war der junge Dichter deshalb überrascht, als Goethe schließlich mit seinem Gast, den er als Alexander von Humboldt vorstellte, zurückkehrte. Denn Schillers Beschreibung von dem berühmten Naturforscher stimmte mit dem Bild, das sich Kleist nun bot, überhaupt nicht überein. Weder hatte Humboldt einen langen, ungepflegten Bart, noch sah er sonst auf irgendeine Art und Weise verwildert oder heruntergekommen aus. Ganz im Gegenteil – seine gebräunte Haut fiel Kleist im Kontrast zu den strahlend blauen Augen und den blonden Locken, die im Sonnenlicht fast schon wie flüssiges Gold schimmerten, äußerst positiv auf. Wie ein Held aus einer seiner geliebten griechischen Sagen kam ihm der Ältere vor, als er sich ihm und Schiller zuwandte und sie mit einem freundlichen Lächeln begrüßte. Wie Schiller bei so einer Begrüßung ruhig bleiben konnte, wie er nicht sofort aufspringen und zum Stift greifen wollte, um, inspiriert von der Schönheit dieses Mannes, etwas zu dichten, war dem Schwarzhaarigen unbegreiflich. Denn nie hatte er selbst sich so beseelt gefühlt, wie in diesem Augenblick, und er musste, nicht ohne dabei rot zu werden, feststellen, wie er den anderen auch lange nachdem er schon Platz genommen hatte, immer noch anstarrte. Erst als Schiller ihn unter dem Tisch sanft mit dem Fuß anstieß, schien er zu bemerken, dass Humboldt wohl gerade eine Frage an ihn gerichtet hatte. „V-verzeihung…“, stammelte er deswegen peinlich berührt, „w-was sagten Sie, Herr von Humboldt?“ Humboldt lächelte ihn an, scheinbar gnädig mit ihm – oder gar verständnisvoll, da er es bestimmt gewohnt war, dass Frauen und jüngere Männer, die ihn seiner Schönheit wegen begehrten, beziehungsweise beneideten, ihm nicht folgen konnten, wenn er etwas zu ihnen sagte. „Ich hatte Sie gefragt, ob Sie das tatsächlich sind, der die Penthesilea geschrieben hat, zu der mich mein Bruder vergangene Woche überredet hat.“ Der junge Dichter spürte, wie er bei dieser Frage augenblicklich noch röter wurde. Dass Humboldt ein Stück von ihm – nein, nicht ein Stück von ihm, sondern seine Penthesilea gesehen hatte, erfüllte ihn einerseits mit Stolz, machte ihm andererseits aber auch Angst, da die Reaktionen auf sein Drama bis jetzt sehr unterschiedlich ausgefallen waren. „J-ja, das… das Stück ist von m-mir…“, erwiderte er deswegen nur etwas schüchtern und warf Schiller einen leicht hilfesuchenden Blick zu, der allerdings von der Schokoladentorte viel mehr angetan zu sein schien, als von ihrem Gast. Einen Moment lang fragte sich Kleist, ob der Blonde absichtlich so ein großes Desinteresse gegenüber Humboldt zeigte, dann verwarf er den Gedanken aber und entschied sich dafür, sich lieber wieder voll und ganz ihrem Besuch zuzuwenden. „H-hat es Ihnen denn gefallen? D-das Drama?“ Humboldt nickte Goethe kurz dankend zu, der ihm ein Stück der Torte auf den Teller tat, bevor er Kleist wieder ein Lächeln schenkte, in dessen Augen ein noch faszinierenderes als das zuvor. „Ein weiser Mann aus dem Stamm der Nonuyas hat mir einmal gesagt, dass die Geschichten, die sich die Indios erzählen, belehren und den Kindern einen Rat mit auf den Weg geben sollen.“ „Wie die klassischen Dramen.“, mischte sich Goethe nickend ein. Humboldt schenkte auch ihm ein Lächeln. „Da haben Sie wohl Recht“, entgegnete er, wandte sich jedoch gleich wieder an Kleist. „Was der Mann mir aber auch sagte, und das fand ich bei weitem noch einleuchtender: Die Geschichten müssen entsetzen. Sie müssen die Kinder drei Nächte lang nicht schlafen lassen, sie müssen ihnen grässliche Albträume bescheren! Nur dann werden sie die Lehre nie wieder vergessen, nur dann…nur dann können sie sich selbst in den Figuren wiederfinden und aus deren Schicksal für das ihre lernen. Und es vielleicht zum Besseren wenden.“ Schiller sah den jüngeren der Humboldtbrüder verdutzt an. Schau an, es kam auch mal etwas absolut Richtiges aus dessen Mund. Goethe dachte im gleichen Moment das Gegenteil, schwieg aber, da die Angelegenheit Penthesilea für ihn an dem Tag schon abgehakt war, an dem das Stück seine Prämiere am Weimarer Theater gefeiert hatte. Auch Kleist schwieg einen Moment lang – allerdings nicht, weil er sich wie Goethe mit dem Thema abgefunden hatte, sondern weil er von Humboldt und seinen Ausführungen so fasziniert war, dass er kaum wusste, was er darauf antworten sollte. Dass der Blonde seine Meinung teilte, dass auch er der Ansicht war, dass aufwühlende Geschichten den Menschen viel näher gingen, sie noch eher dazu bringen konnten sich zum Besseren zu wenden, als die rein klassischen Dramen, die Goethe immer so sehr in den Himmel lobte, stimmte ihn äußerst glücklich. Dennoch fiel es dem jungen Dichter schwer, seine Begeisterung in Worte zu fassen, und die Tatsache, dass Humboldt ihn unentwegt mit diesem unglaublichen Lächeln bedachte, machte seine Situation nicht gerade besser. Es war Schiller, der ihm schließlich zu Hilfe kam, da der blonde Dichter wohl bemerkt haben musste, wie nervös Kleist war. „Ihre Erzählung in allen Ehren, Alexander, denn es steckt mit Sicherheit viel Wahrheit darin – aber hätten Sie für diese Erkenntnis extra bis nach Südamerika reisen müssen?“ Auch wenn die Frage nicht böse gemeint war, konnte Schiller doch einen leicht ironischen Unterton nicht unterdrücken. „Mir persönlich ist das Reisen meist lästig, und notwendig ist es doch auch nicht – Wer genug Kreativität und Phantasie hat, weiß, dass man auch die entferntesten Länder besuchen kann, ohne jemals dort gewesen zu sein.“ „Selbstverständlich“, entgegnete Humboldt ruhig, was ihn in Kleists Augen noch edler erscheinen ließ, denn er selbst hätte sich von diesem Kommentar aufs Heftigste provoziert gefühlt, „Wem es darum geht, jene Länder als Kulissen für eine weitaus größere Geschichte zu benutzen, dem genügt das selbstverständlich. Wer sich aber wie ich für das Land selbst interessiert und beim Anblick eines Felsens wissen will, aus welchen Gesteinsschichten er besteht, und nicht, ob sich dort ein Held den Kopf zerschlägt, wenn er sich hinunterstürzt, der muss vor Ort gewesen sein, denn für diese Regionen gab es vor mir noch keinerlei Aufzeichnungen, keine Bücher, mit denen ich meinen Wissensdurst hätte stillen können.“ Als Schiller ihn skeptisch ansah, lachte Humboldt leise, um ihn davon zu überzeugen, dass er seinen Standpunkt auch vollkommen verstand. „Sehen Sie, Herr Schiller, ich setze gerne mein Leben in dichten Wäldern, zwischen paradiesischen Tieren, fern der Zivilisation dafür aufs Spiel, dass Menschen wie Sie sich von meinen Berichten, Bildern und Abhandlungen zu großen Dramen inspirieren lassen können.“ „Wie unglaublich edel von Ihnen, Alexander“, meinte Schiller und versuchte so neutral wie möglich zu klingen, auch wenn man ihm anhörte, dass er von Humboldts Ausführungen nicht besonders angetan war, „Aber man kann schließlich nicht von jedem Menschen erwarten, dass er so aufopferungswürdig ist, wie Sie.“ Der Blonde zögerte einen Moment, beschloss dann aber die Diskussion auf sich ruhen zu lassen, da er bereits Goethes mahnenden Blick auf sich spürte. „Aber auch du reist sehr gerne, nicht wahr Heinrich?“, fragte Schiller mit einem etwas versöhnlichen Lächeln. Kleist nickte heftig. „J-ja.“, meinte er, „Auch wenn ich wohl die Natur nicht so genau untersuche, wie Sie, Herr von Humboldt, so bin ich doch immer wieder erstaunt über sie. Und lasse mich gerne von ihr bezaubern.“ „Verstehen Sie mich nicht falsch.“, begann Humboldt, „Ich sehe die Natur auch nicht als Ding. Ich bewundere sie, ich liebe sie in all ihren sonderbaren und atemberaubenden Facetten.“ Kleists Wangen färbten sich tiefrot. „I-ich wollte Sie nicht – f-für irgendwas k-kritisieren…!“ Humboldt schenkte ihm wieder ein großzügiges Lächeln. „Keine Sorge, ich dachte nur, ich könnte mich vorhin etwas ungeschickt ausgedrückt haben.“ Der Schwarzhaarige schüttelte den Kopf, brachte aber kein Wort mehr heraus. Goethe räusperte sich. „Ja, Herr von Kleist reist sehr gerne, nur hat er mit einem wenig reiselustigen Schiller und einem an die Geschäfte Weimars gebundenen Goethe leider sehr selten eine Gelegenheit dazu.“, sagte er, in einem Ton, als würde er Kleist wirklich aufrichtig bedauern. Schiller warf ihm einen irritierten Blick zu. Seit wann war Goethe so viel am Wohle ihres Zöglings gelegen? Und waren sie nicht erst letzten Sommer auf zwei Wochen bei – „Nun, wenn das so ist, Herr von Kleist“, begann Alexander, als Schiller seinen Gedanken noch gar nicht richtig vollendet hatte, „dann sind Sie natürlich herzlich eingeladen, mich auf einer meiner Reisen zu begleiten.“ Das Lächeln, das er dem Schwarzhaarigen daraufhin schenkte, war so ehrlich und aufrichtig, dass der junge Dichter, der zunächst noch geglaubt hatte, sich verhört zu haben, kaum wusste, was er auf dieses Angebot antworten sollte. „I-ich…“, stammelte er deswegen nur unsicher und sah den anderen aus großen Augen an. „Das ist ja eine fabelhafte Idee!“, versetzte Goethe, bevor Kleist seine rasenden Gedanken irgendwie in Worte fassen konnte, „Ihre Arbeit stockt doch gerade sowieso, wären da zwei Wochen Auszeit nicht das Beste, um neue Ideen zu schöpfen?“ Jetzt glaubte Schiller, sich vollkommen verhört zu haben. Zwei Wochen Auszeit?!? War Goethe bis jetzt nicht immer dagegen gewesen, wenn Heinrich sein literarisches Schaffen auch nur für ein paar naturwissenschaftliche Berechnungen unterbrechen wollte?! „Z-zwei Wochen?“, fragte Heinrich, wobei man ihm anhörte, dass ihn der Gedanke, so lange mit Humboldt unterwegs zu sein, sichtlich nervös machte. „A-aber ich…i-ich kann doch nicht – ich meine, ich w-würde Sie sicher stören, w-wenn ich d-die ganze Zeit bei Ihnen w-wäre.“ Allein schon die Vorstellung, dass er vierundzwanzig Stunden lang – und das für ganze zwei Wochen! – nur noch mit dem Naturforscher zusammen sein sollte, lies ihn unglaublich unruhig werden. Auch Schiller, der sich inzwischen nicht mehr zurückhalten konnte und Goethe so unauffällig wie möglich mit dem Fuß anstieß, um ihm daraufhin einen halb fragenden, halb beunruhigten Blick zuzuwerfen, konnte sich mit der Idee nicht so recht anfreunden. Denn auch wenn es stimmte, dass Heinrich momentan nicht so viel zum Schreiben kam, hieß das doch noch lange nicht, dass er komplett damit aufhören sollte. „Aber Sie werden mich keineswegs stören!“, versicherte Humboldt, als wäre er wirklich überzeugt davon. Trotzdem konnte Schiller das so nicht stehenlassen. „Oh, Goethe, ich glaube die Küchenhilfe will Sie sprechen.“ „Hm? Wo?“ Schiller war schon aufgestanden. „Wir sind gleich wieder da, bitten lassen Sie sich nicht stören.“, meinte er an Humboldt und Heinrich gewandt, bevor er Goethe am Arm von seinem Stuhl und mit sich aus dem Raum zog. Tatsächlich in der Küche, wo jedoch keine Küchenhilfe weit und breit zu sehen war, blieb Schiller stehen. „Goethe, was soll das?! Sie meinen doch nicht wirklich, dass Alexander ein guter Umgang für unseren Heinrich wäre!“ „Ich bin nicht nur außerordentlich davon überzeugt, dass Alexander einen sehr positiven Einfluss auf ihn haben würde“, fing Goethe schmunzelnd an, „ich glaube auch, dass Heinrich sich, so rot wie er geworden ist, gerne beeinflussen lässt.“ Liebevoll lächelnd nahm der Ältere daraufhin die Hände des Blonden in seine und sah aufmunternd zu ihm auf. „Ich weiß, dass Sie Alexander nicht sonderlich mögen, Schiller, aber ich bin der festen Überzeugung, dass er ein ganz wunderbarer Mensch ist. Er ist geistreich, gebildet, intelligent, hat zahlreiche wertvolle Erfahrungen durch seine Reisen gemacht… - diese Liste an positiven Eigenschaften könnte ich noch ewig fortführen…“ Schiller entzog ihm hastig die Hände und verschränkte sie stattdessen vor seiner Brust. „Dann müssen Sie ihn nicht Heinrich aufschwätzen, wenn Sie Ihn für so vortrefflich und perfekt und für das größte Genie auf Erden überhaupt halten!“, entgegnete er patzig. „Sie werden doch nicht auf Alexander eifersüchtig sein, Schiller?“, fragte Goethe daraufhin verwundert, konnte ein Lächeln aber nicht unterdrücken, als er bemerkte, wie trotzig der andere in diesem Moment aussah. Dass Schiller keine Antwort gab und sich stattdessen nur ein zarter Rotton auf seine Wangen schlich, während er weiter schmollte, war dem Herrn Geheimrat Antwort genug. „Schiller“, fing er an und nahm den anderen sanft an den Armen. „Sie müssen doch wissen, dass es absolut keinen Grund für Sie gibt, auf Alexander eifersüchtig zu sein.“ Sachte zog er den anderen etwas näher zu sich und bedachte ihn mit einem liebevollen Blick. „Sie müssen überhaupt auf niemanden eifersüchtig sein, denn auch wenn ich Alexander schätze, so heißt das nicht, dass ich ihn für vortrefflich, perfekt oder gar für das größte Genie auf Erden halte – das sind nämlich nur Sie für mich, Schiller.“ Behutsam streckte der Ältere seine Hand aus und strich dem Blonden mit dem Handrücken über die Wange, wobei er feststellen musste, dass diese noch viel schöner aussah, wenn sie von einem leichten Rot geziert wurde. „Und wenn ich Heinrich mit Alexander auf Reisen schicken will“, meinte er ruhig, „dann nur, weil ich glaube, dass er, obwohl er hier mit uns zusammen lebt, oft sehr einsam ist und er, wenn sich zwischen ihm und Alexander nur halb so viel Vertrauen und Liebe entwickeln würde, wie zwischen uns, einer der glücklichsten Menschen der Welt werden müsste.“ Schiller erwiderte nichts. Schließlich packte er Goethe und zog ihn fest in seine Arme. „Sie Idiot!“ „Schiller…!“ „Schweigen Sie.“ Goethe riss die Augen auf, als er plötzlich Schillers Lippen auf seinen spürte. Mit einem Schmatzen ließ ihn der Blonde wieder gehen. „Und Sie meinen tatsächlich, dass…dass Heinrich und Alexander…? Dass die Gerüchte über Letzteren stimmen, war mir bewusst – so muss es ja kommen, wenn man sich nur unter Männern auf solch eine Reise begibt – aber unser Heinrich?!?“ „Wollen Sie wirklich behaupten, Sie hätten nicht gesehen, wie rot er geworden ist, als Alexander mit ihm gesprochen hat? Oder wie er viel mehr gestottert hat, als es normalerweise der Fall ist?“ Mit einem Schmunzeln betrachtete Goethe den Blonden, der immer noch nicht vollkommen überzeugt zu sein schien. „Heinrich war allein bei einem Gespräch fast mehr überrumpelt, als Sie es waren, als ich Sie damals… als wir uns damals zum ersten Mal geküsst haben.“ Auf Schillers Lippen schlich sich ein Lächeln, ohne dass er es merkte. Einen Moment schwieg er, dachte an den Tag zurück, als er durch Goethes Abwesenheit so verzweifelt gewesen war, dass er dessen Arbeitszimmer verwüstet und sich schließlich haareraufend in sein Bett hatte fallen lassen, nur um durch seinen Geruch noch irgendwie das Gefühl zu gewinnen, ihn bei sich zu haben. …Ja, und dann war Goethe wiedergekommen, seine Rage war schnell verflogen, er hatte sich zu ihm ins Bett ziehen lassen und sie…sie hatten sich geküsst. Goethe hatte ihn geküsst, nachdem er ihm aufs Wunderbarste gesagt hatte, wie viel er ihm bedeutete. Schiller schüttelte den Kopf. „A-aber…! Alexander ist – Er wird…! Falls er auch Gefallen an Heinrich findet, dann doch nicht so, wie er an ihm. Nicht so wie…wie wir aneinander. Er wird ihn…! Die niedersten Triebe werden ihn leiten! – Goethe, das können wir unserem Kleinen nicht antun!“ „Die niedersten Triebe?“, wiederholte der Ältere, wobei er den Blonden mit hochgezogenen Augenbrauen betrachtete. „Sie werden mir doch nicht erzählen wollen, dass Sie in dieser Hinsicht altmodischer sind, als ich?“ Mit einem Lächeln trat Goethe auf Schiller zu und schlang noch einmal seine Arme um ihn. „Es ist rührend…“, fing er dann leise an, „wie Sie sich um Heinrich sorgen, aber denken Sie nicht, dass das Erfahrungen sind, die er selbst machen muss? Wenn er sich nicht auf diese Art und Weise zu Alexander hingezogen fühlt, dann wird dieser, und da bin ich mir sicher, auch Verständnis dafür haben. Und wenn doch – dann…dann ist das ihre Entscheidung.“ Er hielt einen Augenblick lang inne, sah daraufhin aber doch zu Schiller auf. „Ist es nicht sogar…verständlich, dass in einer Beziehung auch solche Gedanken aufkommen? Haben Sie damals nicht selbst gesagt, dass Sie bereit wären, sich mir völlig hinzugeben…mit Seele und Geist und Körper?“ Schiller biss sich auf die Unterlippe. Er wurde rot. – Ja, das hatte er gesagt. Das hatte er wirklich… „A-aber ich meinte doch – nicht nur den Körper! Und ich bezweifle, dass Alexander…Ich will nicht, dass er sich nimmt, was er begehrt, dann wieder über alle Berge ist und ein gebrochenes Herz zurücklässt.“ „Das würde ich doch auch niemals wollen, Schiller“, antwortete Goethe und drückte den anderen noch ein bisschen fester an sich. „Aber ich kenne Alexander nun schon so lange, dass ich einschätzen kann, wann er etwas ernst meint und wann es ihm lediglich um sein eigenes Vergnügen geht… und wenn er Heinrich ansieht, dann ist letzteres sicherlich nicht der Fall. Geben Sie den beiden doch zumindest eine Chance – sie würden sowieso nicht gleich heute Abend noch aufbrechen, warum beobachten Sie sie dann nicht selbst noch einmal und beurteilen danach, wie ehrlich Alexanders Absichten sind?“ Mit einem Lächeln hauchte Goethe dem Blonden daraufhin einen Kuss auf die Wange und beugte sich noch ein Stückchen näher zu ihm. „Außerdem…“, sagte er leise und mit einem Grinsen auf dem Gesicht, „hätten wir dann ganze zwei Wochen nur für uns – bedenken Sie das, bevor Sie voreilige Schlüsse ziehen, Schiller.“ Schillers blaue Augen leuchteten sofort angetan auf. Es kam selten vor, dass Goethe derjenige war, der solche Anspielungen machte. Diese Gelegenheit durfte er sich nicht entgehen lassen. „Nun gut“, seufzte er schließlich und versuchte neutral zu klingen, „Ich werde mir das Ganze noch einmal ansehen und dann entscheiden, ob ich es wirklich für gut heißen soll. …Vielleicht können sie ja erst mal mit einem Wochenendausflug starten.“ „Das ist eine wunderbare Idee“, antworte Goethe lächelnd. „Dann lassen Sie uns jetzt zu den beiden zurückkehren, schließlich wollen wir sie nicht zu lange warten lassen.“ Doch als die beiden Schriftsteller wieder in den Salon eintraten, schien es nicht so, als hätten Alexander und Heinrich sie sonderlich vermisst. Auch wenn der schwarzhaarige Dichter immer noch einen etwas nervösen Eindruck machte, so war er doch inzwischen viel ruhiger geworden. „Verzeihen Sie, dass es etwas länger gedauert hat“, meinte Goethe und setzte sich zusammen mit Schiller wieder an den Tisch. „Kein Problem“, entgegnete Alexander und setzte sich auf der Eckbank etwas aufrechter hin, da er doch ein wenig näher zu Heinrich gerutscht war, „So lange alles in der Küche in Ordnung ist.“ „Alles geklärt.“, versicherte Schiller und warf Heinrich einen forschenden Blick zu, den der Jüngere jedoch nicht erwiderte, da seine Augen an Humboldt hingen. „Wie ich sehe“, erwiderte Goethe, als er schmunzelnd feststellen musste, dass Heinrich, jetzt da er ein bisschen aufgetaut war, noch viel mehr von Alexander begeistert zu sein schien, „haben wir gerade ein ganz angeregtes Gespräch unterbrochen – über was haben Sie sich denn unterhalten?“ „Dass…! Wir…!“ Heinrich schien sich fast vor Aufregung zu überschlagen. „W-wir haben festgestellt, dass wir beide sehr gerne schwimmen und…!“ „Dass uns unsere gemeinsame Reise auf jeden Fall an einen See führen muss.“, ergänzte Humboldt mit einem Lächeln. „An einen See?“, wiederholte Schiller langsam und warf Goethe einen eindringlichen Blick zu. An einen See! Je länger der Blonde darüber nachdachte, desto ungeheuerlicher wurde ihm diese Reiseplanung. Denn wenn er sich nur vorstellte, wie sein unschuldiger Heinrich mit Humboldt an irgendeinem See… – nein, daran durfte er gar nicht erst denken! „Aber Heinrich, ich dachte für dein nächstes Drama wolltest du als Schauplatz Heilbronn wählen? Wäre es da nicht produktiver, wenn ihr stattdessen diese Stadt besuchen würdet?“, fügte er an, während er Alexander mit einem misstrauischen Blick bedachte. „Gerne können wir auch nach Heilbronn reisen.“, willigte dieser sofort ein und sah Heinrich fragend an, „Ich bin mir sicher, ich finde auch auf dem Weg dorthin einen schönen See.“ „D-das wäre wundervoll…“, erwiderte Heinrich sogleich, ohne Schiller auch nur die Möglichkeit zu geben, etwas auf Alexanders Vorschlag zu erwidern. „Meinst du nicht auch, Friedrich?“, fragte er stattdessen strahlend, wobei er, so begeistert wie er von der Idee war, gar nicht zu bemerken schien, wie unangebracht Schiller diesen Vorschlag fand. „Wir schauen mal, ob wir einen Termin finden.“, mischte sich Goethe beschwichtigend ein, „Noch Kaffee?“ Humboldt hob ihm dankend seine Tasse entgegen, und so saßen sie noch eine Weile am Kaffeetisch beisammen und unterhielten sich über Alexanders Reise nach Südamerika, über Heinrichs Ideen für zukünftige Dramen, sowie seine Zusammenarbeit mit Goethe und Schiller. Und auch wenn letzterer zu Beginn immer noch etwas skeptisch war, so musste er doch nach einiger Zeit zugeben, dass das Gespräch mit Alexander tatsächlich sehr angenehm war. So erfreulich wie Alexanders Besuch für alle gewesen war – auch Schiller hatte, nachdem er die Tage über seine Eifersucht und die Sorge um Heinrich etwas unter Kontrolle gebracht hatte, feststellen müssen, dass Alexander wohl tatsächlich ein sehr angenehmer Mensch war – war der Augenblick seiner Abreise viel zu schnell gekommen. Vor allem Heinrich, der in den letzten Tagen geradezu aufgeblüht war, schien unglaublich niedergeschlagen zu sein, als er Humboldt zum Abschied die Hand reichte. „Es w-war schön Sie kennen gelernt zu h-haben, Herr von Humboldt.“, meinte er leise, wobei er dem Blick des Älteren ein wenig auswich und er spürte, wie er erneut rot wurde. Alexander lächelte ihn an und bedachte ihn mit einem fast schon zärtlichen Blick. „Das beruht ganz auf Gegenseitigkeit, Herr von Kleist. Sie sind ein zauberhaft interessanter Mensch, und ich bin so froh, dass ich hierherkommen und Sie kennenlernen durfte.“ Heinrich wusste einen Moment lang gar nicht, was er darauf erwidern sollte, so überwältigt war er von Humboldts Aussage, die unweigerlich dazu beitrug, dass er noch mehr errötete. Auch wenn er vorhin schon das Gefühl gehabt hatte, dass ihm dieser Abschied das Herz brechen würde, so konnte er nun die Tränen fast nicht mehr unterdrücken. „L-leben Sie wohl…“, antwortete er dann schließlich leise und versuchte das Lächeln des Blonden zu erwidern, auch wenn es ihm nicht so recht gelingen wollte. „… i-ich hoffe, dass wir uns wieder sehen werden, um u-unsere Reise irgendwann d-doch noch zu unternehmen.“ „Aber selbstverständlich.“, versicherte Alexander sofort, „Ich werde Ihnen schreiben, sobald ich Tinte und Papier habe. Und unsere Reise können wir beginnen, sobald Sie“ Er sah kurz zu Goethe und Schiller auf, „bereit dazu sind.“ Heinrich sah, wie er eine Hand hob, indem er sich ein wenig zu ihm beugte, sah sie jedoch kurz vor seinem Gesicht wieder zurückweichen – oder täuschte er sich? – bevor sie die seine ergriff. „Leben Sie wohl, Heinrich.“ Mit Entsetzen stellte er fest, dass er sich Humboldt in diesem Moment gerne an die Brust geworfen hätte. Er brachte kein Wort mehr heraus. Schillers Hand legte sich auf seine Schulter, und da war Goethe schon mit ihrem Gast die letzten Meter zur Kutsche gegangen, die im Innenhof stand. So winkte dieser traumhafte Mann ihm nur noch einmal aus dem Wagen heraus zu, bevor er durchs Tor verschwand. Die Kutsche war erst wenige Meter gefahren, da konnte Heinrich schon nicht mehr an sich halten und ließ seinen Tränen freien Lauf. Schluchzend wandte er sich zu Schiller um, schlang, wie ein Ertrinkender auf der verzweifelten Suche nach etwas, das ihm Halt geben konnte, seine Arme um den Blonden und drückte sich fest an ihn. „H-hol ihn wieder zurück, Friedrich…“, schluchzte er so leise und undeutlich, dass er Angst hatte, der Ältere würde ihn vielleicht gar nicht verstehen, „h-hol ihn wieder zurück, oder ich m-muss für immer unglücklich s-sein…“ Schiller war regelrecht erschrocken darüber, wie sich der Jüngere aufführte. Erst verstand er nicht, was in ihn gefahren war, doch dann, als Heinrich mit tränenunterlaufenen blauen Augen zu ihm aufblickte, da erkannte er den Grund für dessen Trauer: Abschiedsschmerz. Der Schmerz, wenn man eine geliebte Person gehen lassen musste, auch obwohl man wusste, dass man sie wohl bald wiedersehen würde. Genauso hatten ihn einst seine eigenen Augen im Spiegel angeblickt, als Goethe Jena einmal mehr verlassen hatte. Eben jener warf ihm einen fragenden Blick zu, den Schiller unbeantwortet lassen musste. Besorgt folgte der Geheimrat seinem Freund zurück ins Haus, der ihren Zögling immer noch im Arm sanft vor sich her schob. Erst als sie drinnen angekommen waren und Schiller sich zusammen mit Heinrich auf ihrem Sofa niedergelassen hatte, während Goethe, der die Situation immer noch nicht so recht einzuschätzen wusste, auf einem Sessel Platz nahm, wagte es der Blonde, das Wort an den jungen Dichter zu richten. „Heinrich…“, sagte er leise, während er ihm tröstend mit der Hand über den Rücken strich, „nun beruhige dich doch erst einmal. Willst…willst du uns nicht erzählen, was dich so sehr bedrückt?“ „Ich“, schluchzte der Schwarzhaarige und vergrub sein Gesicht voller Scham in seinen Händen, „Ich v-vermisse ihn so heftig, w-wie – wie ein Mädchen ihren Geliebten! So schrecklich b-bin i-ich in Liebe zu ihm entbrannt, aber das darf doch nicht sein! Er ist doch ein Mann! I-ich bin ein Mann!“ Mit einem verzweifelten „Friedrich, hilf mir!“ warf er sich dem Blonden an die Brust. Schiller schwieg zunächst einen Moment lang, drückte Heinrich nur fest an sich und warf gleichzeitig Goethe einen fragenden Blick zu. Auch wenn die beiden Dichter bis jetzt nicht mit ihrem Zögling über ihre Beziehung gesprochen hatten, so erschien es dem Blonden doch nun an der Zeit zu sein, endlich mit offenen Karten zu spielen. „Heinrich…“, begann er deshalb sanft, „deswegen musst du doch jetzt nicht so aufgelöst sein. Wenn…wenn du Alexander wirklich von ganzem Herzen liebst, dann ist an dieser Liebe auch nichts Verwerfliches zu finden. Goethe und ich, wir…“, noch einmal brach Schiller ab, unsicher, ob er nun tatsächlich die Wahrheit sagen sollte. „Heinrich, schauen Sie“, mischte sich Goethe ein und sah ihn gutmütig an, „Sie vermissen Alexander, weil er nicht mehr bei Ihnen ist.“ „Ja.“, brachte er heraus. „Sie haben die Zeit mit ihm genossen, jedes Wort, das von seinen Lippen kam, aufgesaugt und sich eingebrannt, um es nie mehr zu vergessen.“ „Ja!“ „Sie lieben seine Art, wie er spricht, was er sagt, wie er Sie anblickt, seinen Geruch, seine Nähe.“ „J-ja! Ja!“ „Und Sie wollen seine Aufmerksamkeit. Sie wollen sie nur für sich haben, immer, jede Sekunde, er soll auch sie lieben, soll er das?“ „Jaa…“, schluchzte Heinrich und presste sich erneut an Schillers Brust, der ihm zärtlich durch die Haare fuhr. „Sehen Sie“, meinte Goethe und sein Lächeln wurde breiter, „Genau diese Gefühle hege ich schon seit Jahren für Schiller, und er, hoffentlich immer noch, für mich.“ Schiller lachte sanft. „Aber sicher, Goethe.“ Es dauerte einen Augenblick, doch dann wischte sich Heinrich mit dem Handrücken über die Augen und blickte schüchtern zwischen den beiden Dichtern hin und her. Erst fürchtete er noch, der Ältere hätte all das vielleicht nur erzählt, um ihn zu beruhigen, doch als er bemerkte, wie liebevoll sich Goethe und Schiller in diesem Moment ansahen, musste er unwillkürlich lächeln. „D-dann verurteilen Sie mich n-nicht? Weil ich…weil ich d-diese Gefühle habe?“, fragte er vorsichtig. „Nein“, antwortete Schiller und strich ihm über den Kopf, wie eine Mutter ihrem Kind, „Keineswegs.“ „Bestimmt nicht“, versicherte auch Goethe mit einem fast schon stolzen Lächeln, „Schon gar nicht, wenn unser kleiner Rebell endlich die klassischen Ideale einer solch edlen Beziehung zwischen zwei Männern begriffen hat und am eigenen Leibe erfährt.“ Ein zarter Rotton legte sich nun wieder auf Heinrichs Wangen, als er sich noch näher an Schiller kuschelte und sich langsam wieder beruhigte. Er war unglaublich erleichtert, dass die beiden Verständnis für seine Situation zeigten, auch wenn er insgeheim wusste, dass er sich mit Alexander eine Beziehung wünschte, die über eine rein geistige Liebe hinausging. Doch momentan traute er sich nicht, auch noch dieses Thema anzusprechen – zu froh war er darüber, dass er sich wenigstens getraut hatte, von seinen Gefühlen zu erzählen. Am Abend, während Heinrich sich seltsam wehmütig fühlte, als er hinüber zum leeren Bett schaute, in dem die letzte Nacht noch Humboldt gelegen hatte, konnte sich Schiller glücklich schätzen, zu seinem Dichterkollegen ins Bett steigen zu dürfen. Goethe empfing ihn mit einer Umarmung, zog ihn dicht an sich und küsste ihm die Stirn. Als er bemerkte, dass der Blonde sein überschwängliches Lächeln nicht wirklich erwidern konnte, sagte er: „Schiller, was ist denn mit Ihnen? Freuen Sie sich nicht, dass das ewige Zureden bei unserem Heinrich endlich fruchtet? Und dazu ist es noch Alexander! Ich meine gerade, wir lebten in Sparta, wenn ich die beiden zusammen sehe – nein! Auf dem Olymp!“ Unwillkürlich musste der Blonde lächeln, als er sah mit welch einer Begeisterung ihn Goethe anblickte. Es kam selten vor, dass der Ältere sich zu so einer Schwärmerei hinreißen ließ, normalerweise war es eher Schiller, der sich übermütig seinen Gefühlen hingab. Doch auch wenn der Jüngere glücklich darüber war, dass ihr Heinrich einen Menschen gefunden hatte, den er über alles liebte, so bereitete ihm der Gedanke daran, dass es ausgerechnet Alexander war, nichts desto trotz Unbehagen. „Wissen Sie, Goethe…“, fing er an, wobei er sich an den Älteren schmiegte und den Kopf an dessen Schulter lehnte, „ich freue mich durchaus für Heinrich, aber andererseits…andererseits habe ich auch Angst, dass Alexander ihm tatsächlich das Herz brechen könnte…“ Als Schiller den kritischen Blick Goethes wahrnahm, fügte er sofort hinzu: „Aber nicht aus den Gründen, an die Sie nun vielleicht denken. Meine Meinung über Alexander hat sich in den letzten Tagen wirklich zu einer positiveren entwickelt, vor allem seit ich weiß, dass…dass Sie ihn nicht mehr schätzen als mich.“ Mit einem sanften Lächeln hauchte der Blonde dem anderen einen Kuss auf die Wange und sah ihn liebevoll an. „Ich fürchte nur“, meinte er dann langsam, „dass eine so stark geistige Liebe, wie es unsere ist, zwischen Heinrich und Alexander gar nicht möglich sein wird. Schließlich spricht allein Alexanders Kör- … i-ich meine sein ganzes Aussehen dagegen…“ Goethes Blick war kein bisschen unkritischer geworden. „Sie wollen mir doch nicht etwa sagen, dass so eine reine Liebe – im Großen und Ganzen reine Liebe – zwischen uns nur möglich ist, weil…weil ich so unattraktiv bin?!“ „Aber Goethe, das meinte ich doch nicht so!“, antwortete Schiller augenblicklich und sah den anderen aus großen Augen an. „Ganz… ganz im Gegenteil“, fügte er leise hinzu, wobei er dem Blick des Älteren ein wenig auswich, „… ich hatte immer eher das Gefühl, dass wir uns nie näher gekommen sind, weil… weil Sie nur Frauen körperlich anziehend finden und ich Ihnen auf diese Art und Weise gar nicht gefalle…“ Da musste Goethe schmunzeln. Er umschlang den Blonden und presste sein Gesicht in dessen Locken. „Schiller“, hauchte er dicht am Ohr des anderen, was diesem einen wohligen Schauer über den Rücken laufen ließ, „Sie wissen ja gar nicht, wie sehr Sie mir gefallen.“ Er hauchte einen Kuss auf die blasse Haut. „Ich würde Ihnen gerne zeigen, wie sehr…aber erst einmal sollten wir uns über Ihre Befürchtungen unterhalten. Ich denke nicht, dass Heinrich so stark für Alexander empfindet, dass er mit ihm bis zum Äußersten gehen will – Hat er jemals für einen anderen Mann geschwärmt? – Und dann wird Alexander so etwas auch nicht von ihm erwarten, der, wie ich behaupte, sehr wohl dazu imstande ist, auch rein geistige Bindungen einzugehen.“ „Aber ist Ihnen denn nicht aufgefallen, wie Heinrich Alexander die ganze Zeit über betrachtet hat?“, fragte Schiller und sah den anderen nachdenklich an. „Natürlich…natürlich waren es vor allem verliebte und unsichere Blicke, die er dem anderen zugeworfen hat, aber nichts desto trotz…“ Einen Moment lang hielt der Blonde inne, bevor er sich wieder an Goethe kuschelte und leiser, aber nicht weniger bestimmt weitersprach: „Nichts desto trotz weiß ich doch auch, wie ein Mensch aussieht, der sich nicht nur nach emotionaler Nähe sehnt, sondern der auch das Verlangen hat, von seinem Liebsten in den Arm genommen und geküsst zu werden – zumindest glaube ich, dass ich Sie so angesehen habe, als ich damals, nachdem ich Ihr Arbeitszimmer verwüstet habe, in Ihrem Bett lag und auf Sie gewartet habe.“ Goethes Augen weiteten sich, was Schiller nicht sehen konnte. Dennoch fürchtete er, dass der Blonde hörte, wie sich sein Herzschlag bei diesen Worten beschleunigte. „Schiller“, sagte er, viel zu hastig, wie er gleich darauf feststellte, „Schauen Sie mich an.“ Schiller gehorchte, wenn auch nicht gleich, aber kaum hatte er seinen Kopf gehoben, presste sich Goethes Mund auf seinen. Es waren nur ihre Lippen, die sie aufeinander bewegten, aber doch war dieser Kuss auf irgendeine Art anders, als die vorigen. „So?“, fragte Goethe, ein wenig außer Atem, als sie sich wieder in die Augen blickten, „Sieht er so aus wie ich in diesem Moment, ein Mensch, der sich nicht nur nach emotionaler Nähe sehnt?“ Schiller konnte zunächst nur bestätigend nicken, so überwältig war er einen Moment lang von ihrem Kuss und dem Ausdruck von Leidenschaft, den er in Goethes dunklen Augen erkennen konnte. „Ja…“, hauchte der Blonde dann kaum hörbar und spürte regelrecht, wie er errötete, „genau so hat er ihn angesehen…“. Vorsichtig streckte er daraufhin seine Hand aus und legte sie dem anderen auf die Brust, nur um sich davon zu überzeugen, dass das Herz des Älteren mindestens genauso schnell schlug, wie das seine. „Und wenn ich nun schon in diesem Moment so aufgeregt bin, Goethe“, flüsterte er dann, „obwohl wir uns schon ewig kennen, wie wird es dann unserem Heinrich in solch einer Situation ergehen, wo er Alexander doch noch gar nicht richtig einschätzen kann?“ „Das…“ Goethe brach ab. „Erwarten Sie jetzt von mir bitte keine geistreiche Antwort, ich…das wird sich alles ergeben, nur…“ Er fasste den anderen an der Wange, „Lassen Sie uns für heute schweigen.“, und küsste ihn erneut. Er wollte darüber nachdenken, ob es angebracht war, aber da er nicht denken konnte, öffnete er einfach seine Lippen, und seine Zunge stahl sich im nächsten Moment in Schillers Mund. Etwas überrascht, aber dennoch vollkommen glücklich darüber, dass er Goethe so nah sein durfte, erwiderte Schiller den Kuss leidenschaftlich, während er den anderen noch näher an sich zog. Fest entschlossen, auf den Vorschlag des Älteren einzugehen, verdrängte er all die negativen Gedanken, die ihm noch vor einem Augenblick Sorgen gemacht hatten, um sich stattdessen lieber vollkommen auf diese wundervolle Situation einzulassen. Goethe fiel ein Stein vom Herzen, dass Schiller seinen Kuss so eifrig erwiderte, und so wagte er es, dem Verlangen nachzugeben, seine Hände an dessen Brust wandern zu lassen, wo sie sich unter das wie immer unsorgfältig zugeknöpfte Hemd stahlen. „G-Goethe…“, keuchte Schiller, als er spürte, wie die warmen Hände über seine nackte Haut strichen und ihn damit beinahe in den Wahnsinn trieben. „Goethe, w-wenn Sie jetzt nicht aufhören, dann… dann kann ich mich nicht mehr zusammenreißen…“ Der Ältere sah ihm außer Atem in die Augen, während seine Hände geschickt das Nachthemd weiter öffneten, sodass er auch den flachen Bauch erreichen konnte. „T-tun Sie das bitte nicht. Halten Sie sich nicht zurück, mir wird es auch nicht mehr gelingen.“ Lächelnd ließ Schiller sich daraufhin das Hemd vom Körper streifen, bevor er Goethe an den Schultern packte und ihn in die weichen Kissen drückte, sodass er sich über ihn beugen und leidenschaftliche Küsse an seinem Hals verteilen konnte. „Dann wissen Sie aber hoffentlich“, flüsterte er mit einem Grinsen ganz dicht am Ohr des Älteren, „dass Sie sich mit einem Stürmer und Dränger eingelassen haben, Goethe…“ Auf Goethes Gesicht schlich sein ein gefälliges Grinsen, als er den Blonden an der Hüfte fasste und sich ein wenig verwöhnen ließ. „Das hatte ich sehr wohl bedacht. Und glauben Sie ja nicht, dass meine Ader zum Sturm und Drang vollkommen versiegt ist.“ „Tatsächlich?“, fragte Schiller neckisch und sah den Älteren mit leuchtenden Augen an, während er ihn ebenfalls von dem störenden Hemd befreite. „Davon müssen Sie mich erst noch überzeugen, Goethe.“ Sofort fand sich der Blonde mit dem Rücken auf der Matratze wieder, Goethe über ihm, der ihn stürmisch küsste und sich so dicht an ihn presste, dass er nur wohlig aufkeuchen konnte. Kapitel 4: ----------- Goethe sah ein wenig verwirrt von seinem Frühstücksei auf. „Hat unser Heinrich eben ein Fiepsen von sich gegeben und ist wie vom Teufel besessen aufgesprungen und aus dem Zimmer gestürmt?“ Schiller warf ihm ein verständnisvolles Grinsen zu und tätschelte seine Hand. „Ja, aber nicht vom Teufel besessen, sondern von Alexander von Humboldt.“ Goethe war nun noch verwirrter. „Er hat einen Brief von ihm bekommen.“ Daraufhin musste nun auch der Ältere schmunzeln, der sich, wenn auch nicht so sehr wie Heinrich, ebenfalls über diese Neuigkeit freute. „Nun?“, fragte er deshalb neugierig, als ihr Zögling wieder zurückkam und sich mit einem glücklichen Lächeln an den Tisch setzte, „Was hat er denn geschrieben?“ Unwillkürlich färbten sich Heinrichs Wangen rot, doch das strahlende Lächeln wich nicht aus seinem Gesicht. „E-er hat…geschrieben, dass wir…a-also falls Friedrich und Sie es erlauben würden…dass er mich dieses Wochenende schon abholen könnte und wir nach Heilbronn fahren.“ „Nun…“, fing Goethe an, während er Schiller einen nachdenklichen Blick zuwarf, „…darüber haben wir uns ja bereits ausführlich in den letzten Tagen unterhalten und ich denke, wenn Sie sich an Ihr Versprechen, dass Sie uns schreiben werden und diese Reise nicht zu lange dauern wird, halten, dann steht Ihrem Ausflug mit Alexander nichts mehr im Wege.“ Fast schon automatisch fasste der Ältere währenddessen unter dem Tisch nach Schillers Hand und drückte sie sanft. Goethe wusste genau, wie schwer es dem Blonden fiel, ihren Heinrich gehen zu lassen, doch er war sich sicher, dass auch er sich nicht gegen die freudige Begeisterung des jungen Dichters würde wehren können. „D-d-das…! Danke, Herr Goethe! Friedrich!“ Sogleich fiel Heinrich Schiller auch schon um den Hals. „Vielen – vielen Dank! Sie wissen ja gar nicht, w-wie viel mir diese Reise bedeutet…! Und ich verspreche, dass wir nicht unnötig die Zeit vertrödeln werden. Nach Heilbronn und wieder zurück. Dichterehrenwort!“ Lächelnd drückte Schiller Heinrich an sich und fuhr ihm dabei liebevoll durch die schwarzen Haare. „Dass du aber ja gut auf dich aufpasst, Heinrich…“, sagte er leise und warf dem Kleineren einen besorgten Blick zu. „Du brauchst dir keine Sorgen zu machen, Friedrich.“, versicherte dieser mit einem Lächeln, das man nicht anders als verliebt bezeichnen könnte, „Alexander ist doch so ein schlauer, starker Mann und kennt sich mit der Natur und in Deutschland so gut aus, wie kein anderer, er wird schon auf mich Acht geben.“ „Natürlich wird er das“, erwiderte Goethe sogleich und bedachte Schiller mit einem sanften Lächeln, das der Blonde, wenn auch immer noch etwas beunruhigt, erwiderte. Doch auch wenn er sich wohl immer Sorgen um seinen Heinrich machen würde – egal mit wem er auf Reisen gehen würde – wusste er andererseits auch, wie viel ihm dieser Ausflug mit Alexander bedeutete. Gerade deshalb wollte er dem jungen Dichter nicht im Weg stehen und versuchte deshalb nicht mehr allzu besorgt zu wirken. So konnte Heinrich also am Wochenende abreisen. Alexander war mit Goethe draußen am Wagen, wo sie seinen Koffer verstauten, während der Schwarzhaarige selbst noch im Hausflur vor dem Spiegel stand und den Kragen seines Rocks richtete. Der junge Dichter war dabei so in Gedanken versunken, dass er zunächst gar nicht bemerkte, wie Schiller aus einem Nebenraum auf ihn zukam. Erst als ihm der Ältere eine Hand auf die Schulter legte, wurde er sich seiner Anwesenheit bewusst. „E-erschreck mich doch nicht so, Friedrich!“, stieß er hervor, während er sich zu dem Blonden umdrehte und ihn vorwurfsvoll anblickte. Schiller lächelte ihn ein wenig wehmütig an. „Machst du dich schick für deinen Alexander, hm?“ Heinrich spürte, wie er auf Grund dieser Frage rot wurde, nickte dann aber doch bestätigend. „K-kann ich so g-gehen…?“, fragte er unsicher, während er noch einmal einen nervösen Blick in den Spiegel warf. Schillers Lächeln wurde zu einem Schmunzeln und er legte Heinrich seine Hände auf die Schultern. „Natürlich kannst du das. Wenn Alexander nicht von deinem aufbrausenden Gemüt gefesselt ist, sondern darauf achtet, wie dein Rock sitzt, dann hat er dich nicht verdient.“ Er drückte seinem Zögling zu dessen Erstaunen einen schmatzenden Kuss auf die Stirn. „Mach’s gut, Heinrich, und pass auf dich auf.“ „D-das werd‘ ich auf jeden Fall, Friedrich“, antwortete der Jüngere sichtlich gerührt und schlang noch einmal zum Abschied seine Arme um den Blonden, um ihn fest zu drücken. Die beiden schwiegen eine Weile, doch als Alexander sie schließlich rief, da es Zeit war abzureisen, machten sie sich gemeinsam auf den Weg nach draußen. Dort angekommen verabschiedete Heinrich sich auch noch von Goethe, bevor er schließlich mit rasendem Herzen in die Kutsche stieg und gar nicht glauben konnte, dass er nun tatsächlich diese Reise antreten würde. Goethe tat einen Seufzer, als die Kutsche den Frauenplan hinabgefahren und in der nächsten Straße verschwunden war. „Na, dann bin ich mal gespannt, wann er uns – “ Er hielt inne, als er hinüber zu seinem Dichterkollegen sah. „Schiller…? Weinen Sie etwa?“ „A-ach was!“, wehrte der Blonde ab und wischte sich hastig übers Gesicht, „Mir ist nur etwas ins Auge gekommen.“ „Etwas ins Auge gekommen…“, wiederholte Goethe ungläubig, während er mit Schiller zurück ins Haus ging. „Tatsächlich?“, fügte er lächelnd hinzu, während er seine Arme um den Blonden legte und ihn sanft an sich zog. „Es sieht nämlich eher so aus, als würden Sie unseren Heinrich schon jetzt unglaublich vermissen…“ „I-Ich weiß, dass es lächerlich ist…“, brachte Schiller heraus und wich dem Blick des Älteren aus, da er sich heftig schämte, „Ich weiß, er ist erwachsen, und…a-aber…“ „Aber Schiller, das ist doch nicht lächerlich“, erwiderte Goethe daraufhin sofort und drückte den anderen noch ein bisschen fester an sich. „Ganz im Gegenteil – es ist sogar äußerst rührend, wie Sie sich um Heinrich Sorgen machen.“ Liebevoll lächelnd strich er dem Blonden beruhigend über den Rücken und hauchte ihm einen Kuss auf die Wange. „Aber ich kann Ihnen versichern, dass Alexander sich gut um ihn kümmern wird und allzu lange werden die beiden ja auch nicht unterwegs sein.“ „Sie…! Sie beantragen beim Herzog, dass er Alexander des Landes verweist, wenn er meinem Heinrich auch nur ein Haar krümmt!“, rief Schiller und ein paar Tränen kullerten ihm über die erhitzten Wangen, als er blinzelte. „Nun beruhigen Sie sich doch erst einmal wieder, Schiller“, antwortete Goethe sanft und sah den Blonden eindringlich an. „Alexander würde doch Heinrich nie etwas antun. Außerdem haben Sie selbst doch schon viel waghalsigere Reisen unternommen, als unser Heinrich – oder wie war das damals mit Ihrer Flucht aus Stuttgart?“ „Das…das war doch etwas vollkommen…!“ Schiller seufzte laut auf und wischte sich über die Augen. „Sie haben ja Recht, Goethe.“, meinte er, „aber…eine Woche wird es sicher dauern, w-wie soll ich die denn bitte überleben, ohne mir Tag und Nacht Sorgen um ihn zu machen…?!“ „Nun, ich denke, da wird uns bestimmt etwas einfallen…“, antwortete der Ältere schmunzelnd und ließ seine Hände am Rücken des Jüngeren etwas nach oben wandern, um dessen blonde Locken von dem schwarzen Band, das sie zusammenhielt, zu befreien. „Zum einen“, fuhr er dann fort, während er Schiller eine Haarsträhne aus dem Gesicht strich, „bräuchte ich dringend Ihre Unterstützung bei meinem Faust – schließlich möchte ich das Drama dieses Jahr noch veröffentlichen. Und zum anderen würde ich mich, neben diesem großen klassischen Werk, gerne auch einmal wieder dem Sturm und Drang zuwenden…“ Schiller musste unwillkürlich grinsen. „Sagen Sie bloß, Sie haben Alexander nur auf unseren armen Heinrich gehetzt, um eine Woche mit mir allein zu sein…?“, fragte er und legte seinem Gegenüber eine Hand an die Brust, um mit den Rüschen seines Halstuchs zu spielen. „Sie müssen doch zugeben, dass die Vorstellung, eine Woche nur für uns zu haben, durchaus verlockend ist, oder nicht?“, erwiderte Goethe nun ebenfalls grinsend und zog den Blonden noch ein wenig näher an sich. „Nun…“, begann Schiller mit gedämpfter Stimme, „Da ich sonst die nächsten Tage in Kummer und Sorge verenden würde, habe ich wohl keine andere Wahl, als mich Ihnen hinzugeben…“ „Sie haben keine andere Wahl?“, wiederholte Goethe, wobei er Schiller gespielt entrüstet ansah. „Mein lieber Schiller, wenn das so ist, dass Sie sich nur auf mich einlassen, um sich von Ihren Sorgen abzulenken, dann sollte ich Alexander vielleicht schreiben, dass er sich ruhig noch ein bisschen länger mit Heinrich an dem See aufhalten darf…“ Mit einem Ruck packte Schiller sein Gegenüber am Halstuch und zog es durch seinen unnachgiebigen Griff fester zu. Durch die heftige Bewegung waren ihm einige Haarsträhnen über die Schulter gefallen und er blickte den anderen mit seinen blauen Augen intensiv an. „Das würden Sie nicht wagen, Goethe.“, hauchte er, dicht über seinen Lippen. Einen Moment lang schien der Ältere über Schillers ungestüme Reaktion sichtlich überrascht zu sein, da er aber nicht eingeschüchtert wirken wollte, beschloss er mitzuspielen und schubste den Blonden deswegen ein Stück nach hinten, sodass er ihn mit dem Rücken eng an die kühle Wand drücken konnte. „Würde ich nicht?“, fragte er leise und bedachte den Jüngeren mit einem eindringlichen Blick, bevor er ihn zu sich zog und leidenschaftliche küsste. „Überzeugen Sie mich, Schiller.“ „Das werde ich tun.“, brachte der Blonde heraus, bevor er seine Lippen wieder auf Goethes prallen ließ. Er umschlang den anderen und schob sich von der Wand weg; sie stolperten durch den Raum. Am Türrahmen blieben sie hängen, da Goethe Schillers Hals mit heißen Küssen übersäte. „G-Goethe…“, keuchte dieser, als er spürte, wie sich der Ältere mit den Lippen an seinem Hals festsaugte und gar nicht mehr von ihm ablassen wollte. „Lassen… lassen Sie uns … ins Schlafzimmer…“ Goethe brummte eine Zustimmung und schob ihn weiter voran. Da sie nicht voneinander ablassen konnten, war ihr Weg ein wenig beschwerlich, vor allem die Treppe hinauf, aber als sie eng umschlungen aufs weiße Laken fielen, waren sie nicht minder in ihrer Leidenschaft füreinander entbrannt. „Ich glaube so leidenschaftlich habe ich Sie noch nie erlebt, Goethe…“, hauchte Schiller, nachdem er eine Weile später eng an seinen Dichterkollegen gekuschelt im Bett lag. „Allerdings befürchte ich, dass ich von nun an in der nächsten Zeit immer Halstücher tragen muss...“, fügte er hinzu, als er sich vorsichtig mit den Fingerspitzen über die Stelle an seinem Hals fuhr, an der Goethe vor kurzer Zeit noch leidenschaftliche Küsse verteilt hatte. „Lassen Sie Ihren hübschen Hals doch so, dann können die Leute wenigstens sehen, dass Sie mir gehören.“, murmelte der Ältere und strich seinem Geliebten eine Locke aus dem Gesicht. „Und was meine Leidenschaft für Sie angeht: Diese ist unermesslich.“ Ein wehmütiges Lächeln huschte auf Grund dieser Aussage über Schillers Gesicht, bevor er einen Augenblick lang die Augen schloss. „Wenn ich das nur könnte, Goethe…“, flüsterte der Blonde dann, wobei er den bitteren Unterton in seiner Stimme nicht unterdrückten könnte. „Wenn ich das nur könnte, ich würde es tun, aber diese Möglichkeit, zu zeigen, dass ich allein Ihnen gehöre, werde ich wohl niemals haben.“ Ein trauriges Lachen entfuhr ihm, während er zärtlich mit seinen Fingern über Goethes Wange strich. „Stellen Sie sich vor, wie die Leute reagieren würden, wenn sie tatsächlich davon wüssten. Man möchte sich die Reaktionen gar nicht ausmalen, wenn wir wirklich auch in der Öffentlichkeit…“. Unwillkürlich schüttelte Schiller den Kopf und ließ sich wieder zurück in die Kissen sinken. „Verzeihen Sie, Goethe, das ist alles dummes Geschwätz. Es… es tut nur manchmal so weh, wenn ich daran denke, dass Ihre Friederike als die Frau in die Geschichte eingehen wird, für die Sie Ihre wunderschönen Sesenheimer Lieder geschrieben haben, genau wie Ihre Lotte für immer dafür bekannt sein wird, dass sie das große Vorbild für Ihren Werther war. Sogar an Charlotte von Stein wird man sich im Zusammenhang mit Ihrer Iphigenie erinnern und Ihre Liebesbeziehung zu diesem furchtbaren Weib als großes Glück empfinden. Nur ich… ich werde einfach nur Schiller bleiben, der Dichter, der zwar mit dem großen Goethe zusammengearbeitet hat, der ihm aber nicht einmal so nah stand, als dass er ihm jemals das Du angeboten hätte…“ „Ich weiß.“, sagte Goethe leise, „Und auch wenn ich weiß, dass die Ewigkeit Ihnen wichtig ist, so kann ich nichts daran ändern. Aber falls es Ihnen auch nur ein klein wenig etwas bedeutet, was Sie für mich sind, was ich von Ihnen halte, so sei Ihnen gesagt, dass, während Friederike schon vor meinem inneren Auge verblasst ist, Lottes Gesicht nur noch Schemen sind, die beim Lesen des Werthers vor mir auftauchen, und mir die Stein nur noch Gram bereitet, wenn ich an sie denke, jedoch Sie hier“ Er nahm Schillers Hand und legte sie sich an die Brust. „hier auf ewig verwahrt sind. Mit allen Ihren Eigenheiten, mit allen Ihren Besonderheiten. Sie werden immer der wichtigste Mensch in meinem Leben sein, meine bessere Hälfte, und wenn ich Sie sieze, dann hat das damit zu tun, dass ich Sie unglaublich schätze, respektiere, aber wenn Sie – wenn du es lieber hättest, dass ich dich duze, Friedrich, dann werde ich auch das liebend gerne tun.“ Einen Moment lang war Schiller so gerührt, dass er überhaupt nicht wusste, was er erwidern sollte. Stattdessen schlang er seine Arme um den Älteren und drückte sich so fest an ihn, wie er nur irgendwie konnte. „Mein Name hört sich wunderschön an, wenn Sie ihn aussprechen, Goethe…“, flüsterte er dann schließlich und sah dem anderen in die Augen. „Aber Sie müssen, nein Sie sollen mich gar nicht duzen. Es war töricht von mir, überhaupt einen Gedanken daran zu verschwenden, was die Nachwelt von unserer Liebe denken wird – so lange ich weiß, dass ich für immer einen Platz in Ihrem Herzen haben werde, ist mir das mehr wert, als alles andere auf der Welt.“ Kurz hielt der Blonde inne, doch dann beugte er sich langsam nach vorne und küsste seinen Geliebten sanft auf den Mund. „Ich liebe Sie so sehr, Goethe.“, meinte er dann leise, „So sehr, dass es gar keinen Unterschied macht, wie Sie mich nennen, oder wie die Gesellschaft über unsere Beziehung denken mag. Denn jeder Mensch, der auch nur einmal in seinem Leben halb so viel für einen anderen empfunden hat, wie ich für Sie empfinde, der wird bei der Lektüre unserer Werke bemerken müssen, wie unglaublich viel uns verbunden hat.“ Goethe lächelte den Blonden erleichtert an und schenkte ihm ebenfalls einen zärtlichen Kuss. Eng umschlungen schliefen sie schließlich ein, und wenn sie die ganze Woche im Bett verbringen sollten, war das, so fanden sie, auch nicht weiter schlimm. Kapitel 5: ----------- Letztendlich war die Woche schneller vorübergegangen, als die beiden Dichterfürsten gedacht hatten. Heinrich hatte immer brav geschrieben, von jeder Stadt aus, die er und Humboldt passierten, hatte er anscheinend einen Brief abgeschickt. Anfangs noch hatte er viel über Alexander berichtet, darüber, wie gescheit und bewandert er in allen Dingen war, wie wunderbar er sich um ihn kümmerte, sodass Schiller sich gar keine Sorgen zu machen brauchte. Nur später, auf ihrer Rückreise von Heilbronn aus, schrieb er überwiegend vom Wetter und der Landschaft und sogar über eine Rinderherde, in die sie hineingeraten waren, was Schiller dann doch etwas, trotz Goethes Beschwichtigungen, beunruhigte. Aber nun war es soweit, ihr Heinrich war wieder zurück, die Kutsche fuhr in den Hof ein, und er sprang freudestrahlend aus dem Wagen heraus. „Heinrich!“ Mit einem ebenso glücklichen Lächeln war Schiller, als er die Kutsche gehört hatte, in den Hof geeilt und streckte nun die Arme nach Heinrich aus, um ihn zur Begrüßung zu umarmen. „Es ist so schön, dass du wieder bei uns bist!“, meinte er freudig, als er den Kleineren schließlich so fest an sich drückte, als ob er ihn nie wieder loslassen wollte. „Und dir geht es auch gut? Hat Alexander auf dich Acht gegeben?“ „Jaa.“, antwortete ihm der Schwarzhaarige mit einem breiten Grinsen, doch seine Wangen färbten sich augenblicklich rot. Schiller wollte deshalb zur nächsten Frage ansetzen, doch da trat Goethe zu ihnen. „Wo ist er überhaupt, Alexander?“ „Oh, er ist hier“, antwortete Heinrich mit einem verträumten Lächeln. Als er aber den verwirrten Blick Goethes bemerkte, fügte er hinzu: „H-hier in Weimar, meinte ich. In e-einer Gaststätte.“ Sofort fasste ihn Schiller an den Armen. „Habt ihr euch verstritten?!?“, rief er aufgebracht, „Hat er – hat er dir etwas angetan?!“ Hastig schüttelte Heinrich den Kopf, während er den Blonden aus großen Augen ansah. „Nein, n-nichts dergleichen ist p-passiert!“, erwiderte er eindringlich. „Wirklich n-nicht. Es ist vielmehr, d-dass… d-ass…“ Kurz sah der junge Dichter zu Goethe, senkte seinen Blick aber wieder rasch. Mit einem Schritt war Goethe bei ihnen und legte Schiller eine Hand an den Rücken. „Die Liebe, Schiller, ich glaube es ist die himmlische Liebe, die die beiden erwischt hat.“, sagte er mit einem Schmunzeln auf den Lippen und blickte Heinrich an, damit dieser seine Vermutung bestätigen könnte. „J-ja, das… d-das könnte man so ausdrücken…“, bestätigte Heinrich nickend. „Alexander... i-ich…, ich meine wir…“. Etwas scheu brach er von neuem ab, unsicher darüber, inwiefern er von den Geschehnissen der Reise erzählen sollte. „Wollen w-wir nicht vielleicht hinein gehen?“, fragte er deshalb zunächst, um noch etwas Zeit zu gewinnen. „Aber sicher.“, meinte Schiller und zog ihn mit sich ins Haus, während Goethe noch regelte, dass Heinrichs Koffer in sein Zimmer gebracht wurde. „F-Friedrich, wieso so e-eilig?!“, versetzte der Schwarzhaarige ganz aufgebracht, Schiller gab jedoch erst eine Antwort, als sie im Salon am Tisch saßen. „Weil du mich noch ganz verrückt machst, mit deinem Herumgedruckse!“ Heinrich war erschrocken, als er sah, wie panisch ihn die blauen Augen des Blonden anblickten. „Ich mach mir Sorgen, Heinrich! H-hat er dich – hat er dich irgendwie angefasst, wie du es nicht - !?“ „Nein!“, antwortete Heinrich sogleich. Nervös holte er einmal tief Luft, bevor er sich doch dazu überwinden konnte, Schiller die Wahrheit zu sagen. „Nein, d-das würde Alexander doch niemals tun. Es ist nur, dass… dass wir uns d-doch darüber unterhalten haben, dass eine rein g-geistige Liebe zwischen zwei Männern n-nicht verwerflich ist. Wenn ich dir jetzt a-aber erzählen würde, dass Alexander und ich…, dass wir uns auch k-körperlich näher gekommen sind…?“ Unruhig beobachtete er den Blonden, bis er schließlich sein Gesicht in den Händen verbarg, um ihn nicht mehr ansehen zu müssen. „Bitte, d-du darfst m-mich dafür nicht hassen, Friedrich! Ich h-habe Alexander n-nur so unglaublich gern und ich w-wollte ihm nah sein, und d-dann ist es einfach so p-passiert…“ Der junge Dichter zuckte zusammen, als er Schillers Hände an seinem Kopf spürte, aber sein aufgehetzter Herzschlag beruhigte sich, als er an die Brust des Blonden gezogen wurde. „Heinrich.“, sagte Schiller leise und Heinrich glaubte, ein Lächeln in seiner Stimme zu hören, „Auch wenn ich Alexander weiterhin nicht recht einschätzen kann, so hasse ich dich auf keinen Fall. Körperliche Liebe…ist nicht verwerflich, auch nicht zwischen Männern. Sogar…“ Der Blonde zögerte kurz, bevor er sich zum anderen herunterbeugte und ihm ins Ohr flüsterte: „Erzähl es niemandem, dass ich es dir verraten habe, aber sogar Goethe und ich lieben uns körperlich.“ „W-Wirklich?“, fragte Heinrich und sah den Blonden ungläubig aus großen Augen an. Als er aber bemerkte, wie aufrichtig ihn der andere anblickte, wusste er, dass er ihm die Wahrheit gesagt hatte. Sichtlich beruhigt drückte er sich deshalb wieder an Schiller und atmete erleichtert aus. „Und ich d-dachte schon, ihr w-würdet nichts mehr mit m-mir zu tun haben wollen…“ „Aber nicht doch, Heinrich.“, widersprach Schiller und fuhr ihm beruhigend über den Rücken, „Ich…ich hätte dir wohl auch keine Vorwürfe machen können, wenn ich nicht selbst in der gleichen Situation wäre, dafür…“ „…sieht Alexander zu gut aus?“ „Nein, du Dummchen, dazu hab ich dich zu sehr lieb!“ Ein glückliches Lächeln legte sich auf Heinrichs Lippen, als er sich noch näher an den Älteren kuschelte und langsam wieder beruhigte. „Ich h-hab dich auch sehr lieb, Friedrich“, antwortete er dann leise. „Und ich bin dir so d-dankbar, dass du dich damals für mich eingesetzt hast, a-als ich mit meiner Penthesilea zu euch gekommen bin. Wenn du Goethe nicht überzeugt hättest, dann hätte ich meinen Alexander vielleicht n-niemals kennengelernt…“ „Dafür musst du mir nicht danken, das hab ich gern gemacht.“, entgegnete Schiller und gab dem Kleineren einen Kuss auf die Stirn. In diesem Moment betrat Goethe den Raum. „Heinrich, Ihr Koffer ist bereits auf Ihr Zimmer gebracht word-“, setzte er an, bevor er der Situation gänzlich gewahr wurde und mit einem etwas irritierten Blick feststellen musste, wie die beiden Dichter eng aneinander geschmiegt beisammen saßen und Schiller den Jüngeren gerade auf die Stirn küsste. „Nun?“, fragte er schließlich, da er nicht recht wusste, was er sagen sollte. Doch auch obwohl er sich sehr bemühte, möglichst neutral zu klingen, wusste er, dass er einen gewissen eifersüchtigen Unterton in seiner Stimme nicht unterdrücken konnte. Schiller, der diesen ganz genau gehört hatte, sah lächelnd zu ihm auf. „Heinrich hat mir eben gebeichtet, dass tatsächlich eine kleine Flamme der Liebe zwischen ihm und Alexander entbrannt ist, und da macht er sich solche Sorgen, dass ich es nicht für gut heißen würde, weil ich doch nicht so viel auf Alexander halte.“ Heinrich, der sich erstaunt von ihm löste, warf er einen beruhigenden Blick zu. Goethes Gesichtsausdruck wurde augenblicklich sanfter, als er das Lächeln des Blonden bemerkte. Langsam ging er auf die beiden zu, um sich zu ihnen zu setzten. „Und deshalb haben Sie Ihren Alexander gar nicht erst wieder mit nach Hause gebracht, Heinrich?“, meinte er an den Jüngeren gerichtet. „Ihre Befürchtungen haben sich doch aber sicherlich nicht als wahr erwiesen?“, fügte er hinzu, während er Schiller fragend ansah. „Nein“, meinte Heinrich mit einem immer noch erleichterten Lächeln und blickte zum Blonden auf, „Es war falsch von mir, anzunehmen, dass gerade Friedrich mich verurteilen würde.“ Als er anscheinend erst einige Sekunden später selbst seine Worte verstanden hatte, sah er rasch zu Goethe. „S-Sie haben doch auch nichts dagegen einzuw-wenden, oder…?“ Mit einem sanften Lächeln schüttelte Goethe den Kopf. „Nein, natürlich nicht“, antwortete er sogleich, „Schließlich bin ich davon überzeugt, dass Alexander ein ganz wunderbarer Mensch ist, und wenn Sie sich lieben, dann wüsste ich nicht, was dieser Beziehung im Weg stehen sollte.“ Einen Moment lang blieb der Ältere noch sitzen, dann stand er aber doch auf, um sich auf den Weg zur Tür zu machen. „Wenn Alexander allerdings noch in Weimar ist, dann werde ich ihm jetzt einen Besuch abstatten, denn es wäre sehr unhöflich, ihn nicht zu begrüßen.“ „J-ja, machen Sie das.“, brachte Heinrich heraus und wusste nicht so Recht, was er davon halten sollte, „G-grüßen Sie ihn von mir!“, warf er ihm noch hinterher, nachdem er Goethe die Adresse von Humboldts Unterkunft genannt hatte, und schlug sich, als Goethe endgültig aus dem Raum war, die Hände an die Wangen. „Jetzt findet er es doch heraus…“ „Das wird nichts an seiner Meinung ändern, Heinrich, deshalb musst du dir keine Sorgen machen“, antwortete Schiller sanft und legte dem Kleineren eine Hand auf die Schulter. „Goethe mag vielleicht manchmal etwas streng erscheinen, aber das heißt noch lange nicht, dass er es nicht nachvollziehen kann, wenn zwei Menschen ineinander verliebt sind.“ „W-wieso hast du ihm eben dann nicht die ganze Wahrheit gesagt, Friedrich?“, fragte Heinrich doch noch etwas ängstlich nach und sah den Blonden mit großen Augen an. „Weil ich der Meinung war, dass dein Alexander ruhig auch etwas Verantwortung übernehmen und deshalb Goethe davon erzählen kann“, erwiderte Schiller. „Außerdem kennen die beiden sich nun schon so lange, dass es Alexander sicher leichter fallen wird, mit Goethe darüber zu reden, als es bei dir der Fall gewesen wäre – oder hättest du es ihm lieber selbst gesagt?“ „N-nein!“, wehrte Heinrich ab. „D-das ist schon besser so.“, meinte er und sah Schiller erleichtert an, jetzt da er dessen Gründe kannte. „Dann ist ja gut.“, sagte der Blonde und legte ihm einen Arm um die Schultern. Als Goethe bei der Gaststätte ankam, fand er Alexander, wie er bereits erwartet hatte, im Innenhof vor, wo er an der frischen Luft noch die letzten Sonnenstrahlen des Tages zu genießen schien und dabei ganz in seine Lektüre vertieft war. „Ihnen muss wirklich viel an Heinrich liegen“, sagte der Ältere schmunzelnd, als er näher an den Naturforscher herangetreten war und nun lesen konnte, dass es sich bei dem Werk um Kleists Penthesilea handelte, „wenn Sie sich dieses Geschreibsel antun…“ „Goethe!“, schreckte Alexander auf, da er den anderen gar nicht näherkommen gehört hatte. Hastig stand er auf und reichte dem Älteren die Hand. „J-ja, ich bin ihm sehr – “ Er sammelte sich einen Moment. „Hat Heinrich…hat er denn schon etwas erzählt?“ „Nun, Schiller meinte, unser Heinrich hätte ihm erzählt, dass eine kleine Flamme der Liebe zwischen Ihnen entbrannt sei“, begann Goethe lächelnd, „Mehr hat er mir allerdings nicht gesagt. Außer, dass ich Sie von ihm grüßen soll.“ „Oh“, kam es von Alexander ein wenig erstaunt, „Eine kleine Flamme der– “ Er schüttelte den Kopf und legte das Drama beiseite. „Setzen Sie sich doch.“, bot er an, und beide nahmen sie gegenüber auf den Bänken Platz, die am Tisch standen, bevor er wieder zu sprechen begann. „Nun, diese kleine Flamme der Liebe hätte ich persönlich als Weltenbrand bezeichnet, aber vielleicht wollte Heinrich…vielleicht wollte er Schiller nur schonen, denn dass er mich heftiger als mit kleiner Flamme liebt, das hat er mir glücklicherweise schon bewiesen.“ Mit dem Lächeln eines Verliebten blickte er Goethe an. „Das… das hat er Ihnen schon bewiesen?“, meinte der Ältere und sah Alexander fragend an. „Wenn ich Sie richtig verstehe, Alexander, dann könnte ich mir schon vorstellen, warum Heinrich noch nicht die ganze Wahrheit erzählt hat, denn das war tatsächlich Schillers Sorge, dass eine rein geistige Liebe zwischen Ihnen gar nicht möglich ist…“ Nun sah ihn Alexander seinerseits fragend an. „Sie verstehen mich schon richtig, aber…“ Er lehnte sich näher zu Goethe hinüber, „Aber hat er wirklich solche Probleme damit? Ich weiß, dass er mir gegenüber eher skeptisch eingestellt ist, aber wenn er mir nicht erlaubt, Heinrich auch auf diese Weise nahe zu sein, dann…dann kann ich darauf keine Rücksicht nehmen, denn Heinrich ist nicht – er ist nicht zu ersetzen, mit keinem Mann dieser Welt, verstehen Sie, Goethe?!“ „Natürlich verstehe ich das“, antwortete der Ältere und hob beschwichtigend die Hände. „So habe ich das auch gar nicht gemeint. Ich kann Ihnen versichern, dass Schiller nichts gegen Ihre Beziehung einzuwenden hat. Wissen Sie, Alexander, ich glaube, er ist nur so besorgt, weil er Heinrich sehr gern hat und nicht möchte, dass ihm irgendetwas Schlimmes widerfährt. Heinrich ist recht sensibel, und deshalb hat er Angst um ihn. Aber wenn ich mir ansehe, wie verliebt Sie beide ineinander zu sein scheinen, dann glaube ich kaum, dass man sich deswegen Sorgen machen muss…“ „Auf keinen Fall!“, bestätigte Alexander eindringlich, „Niemals könnte ich Heinrich irgendetwas Böses wollen, er – Sie hätten ihn erleben müssen, auf unserer Reise, Goethe!“, versetzte er mit einem zunehmenden Leuchten in seinen Augen. „Er ist richtig aufgeblüht! Er liebt die Natur und die Freiheit, die man als Mensch in ihr haben kann, so sehr wie ich – wie ein zartes Reh ist er mit mir durch Wiesen und Wald gerannt, und abends – abends musste ich jedes Mal zusehen, wie still er wurde, wie traurig seine Augen schienen, und ich wusste nicht, wie ich ihm helfen sollte – ich wollte helfen, aber…! Ich wusste doch nicht, dass er nur traurig war, dass wieder ein Tag mit mir vorüber war, und verzweifelt, weil er nicht wusste, ob ich seine Gefühle erwidern kann. Oh, und als ich sie erwiderte! Es war himmlisch! Ich – “ Er musste lachen. „Ich sehe ihn gerademal eine Stunde nicht und habe schon Sehnsucht nach ihm. Am liebsten würde ich mit Ihnen mitkommen, Goethe, und gleich meine Koffer bei Ihnen lassen, damit ich bei meinem Heinrich bleiben kann, sonst müsste ich ihn mit nach Berlin nehmen.“ „Nun, wenn das so ist, Alexander“, begann Goethe schmunzelnd, „dann wäre ersteres vielleicht doch die bessere Lösung, denn wenn Sie Heinrich einfach mit sich nach Berlin nehmen würden, dann hätten Sie wohl tatsächlich ein Problem mit Schiller. So wie ich die beiden kenne, sitzen sie nämlich bestimmt schon wieder beisammen und besprechen Heinrichs Ideen für sein nächstes Drama.“ „Nein, das wäre nur im absoluten Notfall geschehen. Ich will Heinrich auf keinen Fall von Friedrich trennen, denn auf unserer Reise durfte ich merken, wie groß der Platz ist, den er in seinem Herzen eingenommen hat.“ Alexander musste schmunzeln. „Ich wäre fast eifersüchtig geworden, wenn ich nicht wüsste, dass Schiller nur Ihnen gehört.“ Unwillkürlich musste Goethe bei diesem Kommentar lächeln. „Da haben Sie Recht, Alexander, die beiden stehen sich tatsächlich sehr nahe. Schiller war während Heinrichs Abwesenheit so besorgt, dass er sich kaum auf etwas anderes konzentrieren konnte. Lediglich, wenn wir miteinander… gedichtet haben, kam er auf andere Gedanken.“ Etwas peinlich berührt wandte der Dichter kurz den Blick ab, wobei er inständig hoffte, dass sein Versprecher Alexander gar nicht erst aufgefallen war. „Jedoch gibt es keinen Grund zur Eifersucht“, fügte er schnell hinzu, „dafür ist Ihnen Ihr Heinrich viel zur sehr in Liebe zugetan.“ „Das hat er mich unsere Reise über spüren lassen, ja.“, entgegnete Alexander mit träumerischem Blick und schwieg. Als Goethe ebenfalls eine Weile nichts sagte, kam er wieder ins Hier und Jetzt zurück. „A-aber was Sie eben – Meinten Sie das ernst?“, hakte er nach, „Ich…ich will mich eigentlich nicht dazu erdreisten, mich in Ihre kleine Dichterfamilie zu drängen, aber Heinrich…“ Er musste lächeln. „Goethe, Sie sind schon fast ein Vater für mich, wenn Sie mir auch noch erlauben würden, in Ihrem Haus bei meinem geliebten Heinrich zu leben, dann…dann müsste ich Sie anbeten und verehren bis in alle Ewigkeit.“ „Das Haus ist groß genug, sodass auch noch für Sie Platz wäre, Alexander.“, antwortete Goethe lächelnd. „Und solange Sie Ihren Heinrich bis in alle Ewigkeit anbeten und verehren, soll mir das schon reichen.“ Alexander fasste nach seiner Hand, die er auf dem Tisch abgelegt hatte, und drückte sie mit seinen fest. „Danke.“, brachte er mit einem Grinsen auf dem Gesicht und einem unbeschreiblichen Glücksgefühl im Bauch heraus. Er würde bei seinem Heinrich wohnen dürfen. Er würde mit ihm zusammen sein dürfen von früh bis spät…! Diese Aussichten belebten ihn derartig, dass er gleich aufspringen und seine Koffer wieder holen musste. „Warten Sie, Goethe, ich bin gleich wieder hier! Ich eile! Ich komme mit ihnen! Einen Moment!“ „Lassen Sie sich ruhig Zeit!“, rief Goethe, wobei er mit einem Schmunzeln feststellen musste, dass Alexander ihn wahrscheinlich gar nicht mehr gehört hatte, so schnell war er in die Gaststätte geeilt, um seine Sachen zu packen. Heinrich und Schiller waren gerade mit dem Kaffeekochen fertig, da hörten sie, wie Goethe wieder zurückkam. Als sie vernahmen, wie er mit jemandem redete, wurden sie stutzig. „Das kann doch nicht…!“ Hastig sprang Heinrich in den Flur, und tatsächlich: Da war sein Alexander. „Heinrich“, sagte Alexander, während er näher auf den Jüngeren zuging und ihn mit einem sanften Lächeln bedachte. Der Naturforscher war immer noch so glücklich über Goethes Entscheidung, dass er einen Moment brauchte, um sich zu sammeln. Als er sich aber schließlich gefasst hatte und sein plötzliches Auftauchen erklären wollte, wurde er von Schiller, der inzwischen ebenfalls in den Flur getreten war und ihm nun einen etwas irritierten Blick zuwarf, unterbrochen. „Alexander?“, meinte der Blonde und sah den anderen fragend an, „Das ist aber eine Überraschung – damit habe ich gar nicht gerechnet, Sie so schnell wieder als unseren Gast empfangen zu dürfen…“ „Alexander!“ Heinrich ignorierte Schillers Erstauntheit; er konnte nicht anders, als sich seinem Geliebten in die Arme zu werfen. „Mein Heinrich.“, hauchte dieser und streichelte ihm durchs Haar, bevor er wieder zu Schiller aufblickte. „Nun, ich…also Goethe…“ Hilfesuchend sah er zum Herrn Geheimrat. „Sehen Sie, Schiller“, begann Goethe sanft und trat auf seinen Dichterkollegen zu, „als ich Alexander vorhin besucht habe, hat er mir bestätig, dass er Heinrich mehr liebt, als alles andere auf dieser Welt. Er konnte nicht einmal eine Stunde ohne ihn sein, da hat er ihn schon wieder vermisst. Gerade deswegen hat er bereits mit dem Gedanken gespielt, Heinrich zu sich nach Berlin zu holen, damit er nicht mehr von ihm getrennt sein muss. Da ich aber weiß, dass Ihnen auch sehr viel an Ihrer Zusammenarbeit mit Heinrich liegt, habe ich Alexander vorgeschlagen, zu uns zu ziehen, weil ich dachte, dass das allen Beteiligten sehr entgegenkommen würde.“ „Das…“, entgegnete Schiller, „Das alles kommt doch etwas plötzlich für mich, aber im Vergleich zur anderen Option, die sie nannten, ist diese mir natürlich die liebste. Denn Heinrich gehen zu lassen, käme nicht infrage, das müssen Sie verstehen, Alexander.“, ergänzte er an Humboldt gewandt. „Natürlich verstehe und respektiere ich das“, erwiderte Alexander lächelnd, „denn dass Sie meinem Heinrich äußerst wichtig sind, Friedrich, hat er mir schon während unserer Reise erzählt.“ Liebevoll küsste er den Schwarzhaarigen, der seine Arme noch immer fest um ihn geschlungen hatte, auf die Stirn. „Nicht wahr, Heinrich?“ „I-ich würde es auch g-ganz schrecklich finden, w-wenn ich mich zwischen Weimar und Berlin e-entscheiden müsste“, brachte der Kleine nervös heraus, „zwischen d-dir, Friedrich, und Alexander. D-das k-könnte ich auf keinen Fall…!“ „Das müssen Sie auch nicht, Heinrich“, antwortete Goethe, der seinem blonden Dichterkollegen sanft eine Hand auf den Arm gelegt hatte und ihn nun eindringlich anblickte. „Ich bin mir sicher, dass sich für Sie einerseits die Möglichkeit bieten wird, um zusammen mit Schiller an Ihren Werken zu arbeiten, und andererseits werden Sie bestimmt auch genug Zeit finden, um etwas mit Alexander zu unternehmen. Denken Sie nicht auch, Schiller?“ Der Blonde sah zu Alexander hinüber, der seinen Blick erwiderte, Heinrich immer noch im Arm. Schiller seufzte. „Ja, ich…“ Er versuchte ein Lächeln. „Wir kommen sicherlich miteinander klar.“, meinte er und dachte daran, dass er die Zeit, in der Alexander seinen Heinrich für sich beanspruchte, ja mit Goethe verbringen konnte. „Davon bin ich auch überzeugt“, meinte Alexander, der das Lächeln des Blonden erwiderte, bevor er sich noch einmal zu Heinrich hinabbeugte und den Kleineren liebevoll auf die Stirn küsste. „Dann sollten wir mal schauen, ob Ihre Koffer schon angekommen sind, Alexander“, mischte sich Goethe freudig ein, „damit wir dann alle zusammen Kaffeetrinken und die Vermehrung unsrer dichtrichen Familie feiern können.“ „Ja, l-lass uns nachsehen, Alexander“, meinte Heinrich, der eifrig nickte und den Größeren sogleich an der Hand mit sich zog. Goethe folgte währenddessen Schiller in die Küche, wo er dem Blonden, der sich gerade um die Kaffeekanne kümmern wollte, von hinten die Arme um den Körper legte und ihn sanft an sich zog. „Habe ich Sie mit meiner Einladung, Alexander bei uns einziehen zu lassen, sehr überrumpelt, Schiller?“ „Ja, das haben Sie in der Tat.“, entgegnete Schiller streng und tat so, als wenn er die Umarmung des Älteren ignorierte, indem er den Schrank öffnete und jeweils vier Tassen und Untertassen herausholte, „Ich hoffe“, fing er an, „Sie finden einen Weg, wie Sie mich angemessen für diese Unannehmlichkeit entschädigen können.“ „Natürlich werde ich das“, antwortete Goethe lächelnd, während er Schiller die Tassen abnahm und sie auf einem Tablett abstellte, um daraufhin die Hände des Blonden zu ergreifen und sie liebevoll zu drücken. „Was auch immer Ihnen dabei vorschwebt, Schiller, ich bin gerne bereit, alles zu tun, um meine Entscheidung wieder gutzumachen.“ „Dann“, fing Schiller mit gesenkten Lidern leise an, und es legte sich ein Grinsen auf sein Gesicht, als er das Nasenbein des Älteren mit seinem Zeigefinger hinabfuhr, „sollten Sie mich für diese Nacht in Ihr Gartenhaus einladen. Die Einzelheiten werden wir dann dort…besprechen.“ „Gerne…“, erwiderte Goethe, der von diesem Vorschlag der Wiedergutmachung mindestens genauso sehr angetan war, wie Schiller selbst. Mit einem Lächeln strich er dem Blonden eine Haarsträhne aus dem Gesicht und hauchte ihm einen zärtlichen Kuss auf die Wange, bevor er flüsternd hinzufügte: „Schließlich gibt es kein Rettungsmittel, als die Liebe, nicht wahr?“ „Nur die Liebe.“, hauchte Schiller angetan und verschloss ihre Lippen zu einem Kuss. Der gleichen Meinung waren wohl Heinrich und Alexander in diesem Moment, die eng umschlungen in ihrem nun gemeinsamen Zimmer standen und sich innig küssten. „Mein Heinrich…“, brachte Alexander heraus, seine Hände tief in den schwarzen Haaren vergraben, „Ich bin so ein glücklicher Mensch, dich geschenkt bekommen zu haben.“ Ein zarter Rotton legte sich auf Heinrichs Wangen, als er mit großen Augen zu dem Älteren aufsah. „Nicht so g-glücklich, wie ich es b-bin, dich zu haben, Alexander“, flüsterte er und drückte sich fest an den anderen. „Ich k-kann gar nicht glauben, dass du nun auch h-hier wohnen wirst – hier, b-bei mir…“ Mit einem zärtlichen Lächeln sah ihn der Ältere an. „Ich bin aber hier, Heinrich, und solange mich Goethe nicht wieder rausschmeißt, werde ich nicht von deiner Seite weichen.“ Er gab dem Kleinen einen schmatzenden Kuss auf die Stirn. „Außer natürlich du dichtest mit Schiller an einem wunderbaren neuen Drama. Dann, denke ich, wird es mir genügen, mich zusammen mit Goethe mit den Naturwissenschaften zu beschäftigen.“ „Das hört sich w-wundervoll an…“, erwiderte Heinrich, auf dessen Gesicht sich ein sanftes Lächeln geschlichen hatte. „Und Goethe würde dich doch niemals rausschmeißen, d-dafür mag er dich viel zu sehr. Und Friedrich sah auch so aus, als könnte er sich an den Gedanken gewöhnen… schließlich weiß er ja, w-wie viel du mir bedeutest.“ „Das hoffe ich.“, meinte Alexander und strich ihm eine Strähne aus der Stirn. „Wollen wir mal nachsehen, ob wir den beiden mit dem Kaffeetisch helfen können?“ Heinrich nickte und folgte Alexander daraufhin in die Küche, wo sie Goethe und Schiller vorfanden, die bereits die Kaffeekanne und einige Tassen auf ein Tablett gerichtet hatten. Während des Kaffeetrinkens, bei dem sich hauptsächlich Schiller und Heinrich über die Kekse hermachten, rückte Goethe mit dem Vorhaben heraus, dass er und Schiller den Abend und den morgigen Tag in seinem Gartenhaus zubringen würden, denn sie hatten noch einige unvollendete Xenien, die man doch der Welt nicht vorenthalten könnte. „T-tasächlich?“, stieß Heinrich sogleich mit großen Augen aus und kam nicht umhin, seinen Alexander mit einem Grinsen anzusehen. Als ihm aber bewusst wurde, wie seine erfreute Reaktion auf die anderen wirken musste, wurde er augenblicklich rot im Gesicht und fügte stotternd hinzu: „D-Das sind n-natürlich wundervolle Neuigkeiten, d-dass Sie an w-weiteren Xenien arbeiten w-werden…“ „Ja, das“, Goethe räusperte sich, „finden wir auch.“ Schiller verbarg ein Kichern in seiner Kaffeetasse. „Ich hoffe, es geht in Ordnung, wenn wir Sie beide also schon jetzt, gerade in Ihrer ersten Nacht, Alexander, die Sie hier verbringen werden, im Hause alleine lassen?“ Da Alexander der Vorstellung, das Haus für eine ganze Nacht nur für sich zu haben, nicht weniger abgeneigt war, als sein geliebter Heinrich, konnte er Goethe versichern, dass er sich wegen ihm absolut keine Sorgen zu machen brauchte. Deswegen waren die beiden Dichterfürsten am frühen Abend auch guter Dinge, als sie sich schließlich auf den Weg machen wollten. „Dass du mir aber ja nichts anstellst, Heinrich…“, flüsterte Schiller dem Schwarzhaarigen mit einem Zwinkern zu, als er ihn zum Abschied umarmte. „Ich werde so brav sein, wie du, Friedrich.“, entgegnete der Kleine mit einem schelmischen Grinsen. „Was gibt es da zu flüstern?“, mischte sich Goethe amüsiert ein und legte Schiller besitzergreifend eine Hand an die Hüfte. Mit einem vielsagenden Lächeln wandte sich der Blonde dem Älteren zu und bedachte ihn mit einem liebevollen Blick. „Es ging nur um…um das Verfassen der Xenien, Goethe.“, antwortete er mit einem Grinsen. „So“, gab der Geheimrat schmunzelnd von sich, „Da Sie, wie ich Sie kenne, beim Verfassen von Xenien…unersättlich sein können, sollten wir schnellstmöglich aufbrechen.“ Schiller, dessen Wangen sich auf Grund dieser Aussage rot färbten, nickte nur zustimmend, und so machten sich die beiden Dichter, nachdem sie sich auch noch von Alexander verabschiedet hatten, auf den Weg. Als sie schließlich am Gartenhaus ankamen, kam Schiller nicht umhin zu bemerken, wie sehr er diesen Ort vermisst hatte. Schon lange war er nicht mehr mit Goethe hier gewesen, obwohl er die Zeit, die er zusammen mit dem Älteren in dem kleinen Haus verbracht hatte, immer sehr genossen hatte. „Es ist so schön hier…“, meinte er schließlich leise, als er an einem der Fenster stand und hinaus ins Grüne blickte. Goethes Arme schlangen sich von hinten um ihn, und er spürte, wie sich der Ältere an ihn schmiegte. „Wissen Sie, was es immer wieder noch schöner macht?“, hauchte er und vergrub sein Gesicht in Schillers Rücken, „Ihre Anwesenheit.“ Mit einem zärtlichen Lächeln auf den Lippen drehte sich der Blonde zu Goethe um und lehnte seine Stirn sanft gegen die des Älteren. „Davon habe ich früher immer geträumt…“, flüsterte Schiller, während er seinem Gegenüber liebevoll mit den Fingerspitzen über die Wange strich, „…dass ich hier einmal mit Ihnen Zeit verbringen darf.“ „Aber…“, fing Goethe ein wenig irritiert an, „durften Sie das nicht bereits?“ „Natürlich…“, antwortete Schiller lächelnd und hauchte dem Älteren einen Kuss auf die Wange, „Es ist nur…als ich mich damals in Stuttgart wie ein Gefangener gefühlt habe, war der Gedanke, dass ich, wenn ich mich nur genug anstrengen würde, vielleicht einmal neben Ihnen ein berühmter Dichter sein würde, fast das einzig Positive in meinem Leben. Und dass ich…dass ich nun tatsächlich hier mit Ihnen stehe, dass ich sogar jeden Morgen neben Ihnen aufwachen darf, das kann ich manchmal gar nicht so recht glauben.“ Goethe, ganz gerührt von diesen Worten, schloss den Blonden in die Arme. Ganz fest zog er ihn an sich, das Gesicht in seiner Halsbeuge vergraben, und wollte ihn nie wieder loslassen. „Schiller“, begann er, „Ich…ich schäme mich, jedes…jedes Mal, wenn ich zurückdenke, dafür, wie ich Sie zu Anfang behandelt habe, und es ist eine schwache…eine lausige Entschuldigung, dass ich nur zu…zu gefesselt von Ihnen war, dass Sie mir Angst bereitet haben, Angst, welch Einfluss Sie auf mich haben, Angst, dass ich mich in Ihnen verlieren könnte, dabei…dabei sind Sie das Beste, was mir jemals passiert ist.“ Einen Moment lang schwieg Schiller, unfähig auszudrücken, wie sehr ihn dieses Geständnis von Goethe berührte. Als der Ältere dann aber zu ihm aufsah, legte sich ein sanftes Lächeln auf die Lippen des Blonden und er beugte sich leicht hinab, um den anderen zärtlich zu küssen. „Es gibt keinen Grund…“, sagte er dann leise, „wieso Sie sich entschuldigen müssten, Goethe. Schließlich…schließlich habe ich mich Ihnen gegenüber oft nicht besser verhalten. Aber was…was wirklich zählt, ist doch, dass wir am Ende zueinandergefunden haben, nicht wahr?“ „Da haben Sie Recht“, murmelte Goethe und fuhr seinem Geliebten zärtliche durch die Locken, „Und weil wir schon so viel Zeit in unserem Leben ohne einander verschwendet haben, sollten wir unsere Zweisamkeit nun umso mehr genießen.“ Damit führte er ihre Lippen erneut zusammen, küsste den Blonden, und als dieser seinen Mund für ihn öffnete, meinte Goethe wieder, wie jedes Mal, wenn sie sich so innig küssten, Schiller würde ein Stück seiner Seele in ihn einhauchen, wie er auch ihm durch diesen Kuss ein Stück seiner Seele schenkte. Als sie sich schließlich wieder voneinander lösten, bedachte Schiller den Älteren mit einem liebevollen Blick. „Werd ich zum Augenblicke sagen: Verweile doch, du bist so schön, dann magst du mich in Fesseln schlagen, dann will ich gern zugrunde gehn“, flüsterte er daraufhin und musste lächeln. „Ist das fürchterlich, Goethe?“, fragte er leise, „dass mir dieses Zitat aus Ihrem Faust jedes Mal in den Sinn kommt, wenn wir uns so nah sind? Dass ich mir wünsche, dass diese Momente unseres Zusammenseins nie enden werden, dass die Zeit einfach stehen bleiben soll, damit ich für immer bei Ihnen sein kann?“ Goethe lachte leise und schmiegte seine Wange an die Schillers. „Nein, gar nicht fürchterlich. Ich kann Sie voll und ganz verstehen.“ Er schloss die Augen und es war einen Moment still, draußen vor den Fenstern dämmerte es. „Goethe…“, hauchte Schiller, nachdem die beiden Dichter eine ganze Weile geschwiegen hatten, und er bedachte den Älteren mit einem liebevollen Blick. So viel wollte er ihm in diesem Augenblick sagen, wie sehr er ihn liebte, wie froh er war, dass er nun hier mit ihm Zeit verbringen, ihn umarmen, ihm nah sein durfte. Doch er schien einfach nicht die richtigen Worte zu finden, um auszudrücken, wie viel ihm dieser Moment ihres Zusammenseins bedeutete, und deshalb küsste er den anderen stattdessen sanft und zärtlich. Goethe erwiderte den Kuss ebenso liebevoll und konnte spüren, wie viel dieser ihm über Schillers Gefühle sagen sollte. Er fühlte nicht anders, genauso intensiv. Seine Lippen wanderten an Schillers Hals, zu seinem Ohr, zwischen die wunderbar weichen Locken. „Ich liebe Sie.“ „Ich liebe Sie auch, Goethe“, erwiderte der Blonde, während er dem Älteren sanft mit den Fingerspitzen über die Wange fuhr. „Ich…ich liebe Sie so sehr…“. Noch einmal küsste er den anderen, diesmal noch viel inniger als zuvor. Als sie sich wieder voneinander lösten, musste Schiller unwillkürlich lächeln. „Das ist eine wundervolle Wiedergutmachung, die Sie sich für mich ausgedacht haben, Goethe…“ Goethe erwiderte das Lächeln. „Das meine ich aber auch.“, entgegnete er, „Obwohl ich doch ein wenig Bedenken dabei habe, unsere beiden Hausgenossen alleine zu lassen…nachdem, was mir Alexander über ihre Art der Bindung erzählt hat…“ Einen Augenblick lang sah Schiller den Älteren verwundert an. „Was…was genau hat Ihnen Alexander denn über seine Beziehung zu Heinrich erzählt?“, fragte er interessiert. „Nun“, begann Goethe und spielte mit Schillers Haaren, „Er sprach von… - Sie erzählten mir doch von der kleinen Flamme der Liebe zwischen ihnen. Alexander sprach in diesem Zusammenhang von einem Weltenbrand.“ Vielsagend blickte er den Blonden an und hoffte, nicht weiter ins Detail gehen zu müssen. „Ah, dann…dann wissen Sie also auch davon…“, erwiderte Schiller vorsichtig und spürte, wie er bei dem Gedanken etwas rot wurde. „Heinrich hat es mir ebenfalls erzählt, er war ganz aufgelöst deswegen, weil er…weil er Angst hatte, wir würden nichts mehr mit ihm zu tun haben wollen, nachdem er Alexander auch auf diese Weise näher gekommen ist…“ Goethe räusperte sich. „Naja, Sie…Sie hatten es ja schon befürchtet, dass…dass so etwas dabei herauskommen würde. Trotzdem denke ich, wir…“ Er nickte, um sich selbst zu bestätigen. „Wir werden gut damit zurechtkommen, schließlich wird sich ihr…ihre Zuneigung sicherlich in Grenzen halten. Sie werden es bestimmt nicht…ähm, übertreiben.“, endete er mit einem nervösen Lächeln. „Bestimmt nicht…“, meinte Schiller zustimmend, auch wenn er nicht ganz davon überzeugt war. „Die beiden nutzen ihre…ihre Momente der Zweisamkeit sicher aus, wenn sie ungestört sind…und das würde ich nun auch liebend gerne tun.“ Erst als er den Satz bereits beendet hatte, fiel ihm auf, wie unglücklich er sich ausgedrückt hatte, weshalb er schnell noch hinzufügte: „Um…um an den Xenien zu arbeiten, meinte ich natürlich…“ Goethe musste bei diesen Worten schmunzeln. „Das halte ich für eine ganz wunderbare Idee.“, meinte er und zog Schiller vom Fenster weg, „Wollen wir uns an den Schreibtisch setzen, oder meinen Sie, im Bett ist es gemütlicher?“ „Ich glaube, im Bett ist es sogar viel gemütlicher…“, erwiderte Schiller lächelnd und zog Goethe sanft mit sich, nur um sich kurz darauf zusammen mit ihm in die weichen Kissen zu kuscheln. Liebevoll lehnte der Blonde seinen Kopf an die Schulter des Älteren, während er noch einmal ihre Notizen für die nächsten Xenien durchlas. Goethe verteilte Küsse in Schillers Haaren und genoss dessen Nähe – bis der Blonde sich plötzlich auf die Ellenbogen aufrichtete. „Goethe, einen Bleistift! Mir kommt gerade eine vortreffliche Idee!“ Sofort sprang der Ältere auf, um vom Tisch das gewünschte Schreibutensil zu holen. Bevor er es seinem Geliebten überreichte, drückte er ihm einen Kuss auf die Lippen. „Ihre Augen leuchten so wunderschön, wenn Sie kurz vor einem schöpferischen Durchbruch stehen.“ Alexander drückte seinem Geliebten einen Kuss auf die Lippen. „H-Heinrich, deine A-Augen leuchten so wunderschön, wenn du kurz vor dem h-höchsten Gefühl der Lust stehst.“ Heinrich schaffte es nicht, darauf etwas zu erwidern, zu sehr überwältigten ihn die Gefühle, die ihm der Ältere in diesem Moment bescherte. „M-mein Alexander…“, hauchte er stattdessen und verwickelte den anderen in einen innigen Kuss, mit dem er versuchen wollte irgendwie auszudrücken, wie glücklich er darüber war, seinen Liebsten in diesem Augenblick bei sich zu haben. Alexander keuchte in den Kuss hinein, sein Heinrich war ein wunderbarer Küsser, er brachte ihn jedes Mal wieder um den Verstand, dabei war er in diesem Moment doch schon hoffnungslos verloren. „A-ah, ich k-kann nicht mmh – Ha-Heinrich!“ Auch Heinrich konnte nicht mehr an sich halten, als er sah, wie leidenschaftlich sich sein Alexander ihm gegenüber verhielt. Noch einmal stieß er den Namen seines Geliebten aus, dann vergrub er das Gesicht in der Halsbeuge des Älteren, bis sich sein Herzschlag wieder beruhigt hatte. „A-Alexander…“, flüsterte er schließlich, als er wieder zu Atem gekommen war und hauchte dem anderen einen zärtlichen Kuss auf die Lippen. Alexander küsste ihn zurück, küsste seine Wange und schmiegte sich eng an ihn. Ein liebevolles Lächeln lag auf seinem Gesicht. „Du machst mich zu einem unglaublich glücklichen Mann, Heinrich, weißt du das?“ Ein zarter Rotton legte sich auf die Wangen des jungen Dichters, und einen Moment lang wusste er gar nicht, was er darauf erwidern sollte. Er war so froh, seinen Alexander bei sich zu haben, und die Tatsache, dass auch er ihn glücklich machte, löste ein unbeschreibliches Gefühl der Freude und Zufriedenheit in ihm aus. „Nicht so glücklich, w-wie du mich machst, Alexander…“, flüsterte er schließlich, während er dem anderen zärtlich durch die wunderschönen Locken strich. Alexander lachte leise und stupste ihre Nasenspitzen aneinander. „Das kann gar nicht sein, weil du mich noch viel glücklicher machst.“ Ein liebevolles Lächeln erschien bei diesen Worten auf Heinrichs Lippen und er kuschelte sich noch näher an den Älteren. „Und von nun an leben w-wir sogar zusammen hier…“, flüsterte er, da er sein Glück immer noch nicht ganz fassen konnte. „Hm, ja…“, murmelte Alexander und strich seinem Liebsten sanft durch die Haare, „Wobei die künftigen Nächte, in denen wir das Haus nicht mehr für uns alleine haben, sehr hart für mich werden“ Er musste grinsen. „wenn ich hier neben dir liegen und mich zurückhalten muss.“ Heinrich musste bei diesem Gedanken ebenfalls unwillkürlich grinsen, auch wenn er spürte, wie er gleichzeitig etwas rot wurde. „N-nun, da müssen w-wir uns eben noch etwas einfallen lassen…“, flüsterte er. Alexander schmunzelte und fuhr die wunderschön geschwungenen, rosigen Lippen des Jüngeren mit seinen Fingern nach. „Oder wir müssen einfach ein wenig leiser sein.“, meinte er. „D-das wäre natürlich auch eine Möglichkeit…“, erwiderte Heinrich lächelnd, bevor er Alexander einen Kuss auf die Lippen hauchte. „Oder aber…“, fügte er dann grinsend hinzu, „wir hoffen einfach, d-dass Friedrich auch in Zukunft noch ganze viele Einfälle für…f-für weitere…Xenien haben wird und er sich d-deshalb mit Goethe in das Gartenhaus zurückzieht…“ „Die hat er sicherlich.“, entgegnete Alexander und konnte ein Gähnen nicht unterdrücken. „Du hast mich ganz schön geschafft, Heinrich, ich könnte gleich einschlafen, in deinen Armen. Oder meinst du, ich sollte rüber in mein Bett gehen?“ „Nein, a-auf keinen Fall!“, entgegnete der Schwarzhaarige und zog seinen Geliebten fest an sich. „Bleib bei mir, Alexander…“, flüsterte er sanft, während er sich an den Älteren schmiegte und zärtlich durch dessen Locken strich. Mit einem zufriedenen Lächeln schloss Alexander die Augen. „Gute Nacht, mein Schatz.“ Kapitel 6: ----------- Die letzten Tage waren, seit Goethe und Schiller wieder von ihrem Ausflug ins Gartenhaus zurückgekehrt waren, wie im Fluge vergangen. Jeder der vier Hausgenossen hatte sich mittlerweile mit den anderen eingelebt, und so kam es nicht selten vor, dass Goethe und Humboldt schon früh morgens vor dem Frühstück mit Geräten und Ausrüstung auf den Ettersberg losgezogen waren, um den Gang der aufgehenden Sonne zu erfassen, oder sonst eine naturwissenschaftliche Beobachtung zu machen, während Schiller und Kleist, noch völlig erschöpft von ihrem Dramenmarathon mit viel Wein und Tabak vom Abend zuvor, der bis weit nach Mitternacht angedauert hatte, schlafend in ihren Betten lagen. Heinrich war nun schon um einiges weitergekommen, was sein neues Drama betraf, trotzdem fand er es schade, dass Alexander immer schon schlief, wenn er sich müde ins Bett fallen ließ, und andersherum er erst aufstand, wenn sein Geliebter schon längst auf den Beinen und mit Goethe beschäftigt war. Aber zu seinem Glück fühlten Schiller und Goethe wohl genauso, denn heute hatten der Blonde und er ihre nächtliche Sitzung auf Ein Uhr beschränkt, da der Herr Geheimrat seinen Dichtergefährten am nächsten Morgen „auch ja pünktlich zum Frühstück!“ erwartete, um mit ihm bei dem schönen Wetter eine gemeinsame Wanderung mit anschließendem Theaterbesuch am Abend zu unternehmen. Zum Abendessen würden sie dann wieder zurück sein, um zu erfahren, wie Alexander und Heinrich ihren freien gemeinsamen Tag verbracht hätten. Als Heinrich sich also heute ein wenig früher ins Bett fallen ließ, schlief sein Alexander zwar schon, aber dafür würden sie den kommenden Tag gemeinsam verbringen und am Abend gemeinsam einschlafen können. Für Schiller waren die Aussichten genauso rosig, doch trotzdem kamen die Sonnenstrahlen, die auf seine geschlossenen Augen fielen, als Goethe am Morgen des verheißungsvollen Tages die Fensterläden aufriss, für seinen Geschmack wesentlich zu früh. Noch vollkommen verschlafen drehte sich der Blonde auf die Seite und vergrub sein Gesicht so gut es nur ging in den weichen Kissen, um sich vor dem grellen Sonnenlicht zu schützen. Auch wenn er sich schon sehr auf die gemeinsame Zeit freute, die er heute mit Goethe verbringen würde, wollte er doch wenigstens noch fünf Minuten liegen bleiben. „Ist es denn wirklich schon Zeit, um aufzustehen…?“, murmelte er schläfrig, während er sich tiefer in die warme Bettdecke kuschelte. „Ja, mein Lieber“, antwortete Goethe, der trotz des Nachthemds, das er noch trug, schon vollkommen frisch und fröhlich wirkte, „Erheben Sie Ihren Traumkörper aus den Federn, so ein vielversprechender Tag will strebsam begangen werden.“ „Ist es nicht noch ein bisschen früh, um strebsam zu sein?“, nuschelte Schiller träge, bevor er gähnend eine Hand nach Goethe ausstrecke, um den Älteren sanft zu sich ins Bett zu ziehen. Lächelnd schlang der Blonde daraufhin einen Arm um den anderen und lehnte seinen Kopf an dessen Schulter. „Nur noch eine halbe Stunde, Goethe…“, flüsterte er und hauchte ihm einen Kuss auf die Wange. Goethe, der gar nicht damit einverstanden war, wieder im Bett zu landen, konnte sich jedoch nicht wirklich gegen die Zärtlichkeiten des anderen wehren. „Sch-Schiller, es ist wirklich an der Zeit aufzustehen.“, versuchte er es noch einmal und entwand sich dem Griff des Blonden ein wenig. Seufzend ließ Schiller von dem Älteren ab und drehte sich auf die andere Seite. „Dann stehen Sie doch schon einmal auf und kümmern Sie sich um das Frühstück“, murmelte er schmunzelnd, bevor er seine Augen wieder schloss. „Ich hätte gerne etwas Süßes…“ „Ich bin nicht Ihre züchtige Hausfrau!“, entgegnete Goethe erbost und packte kurzerhand das Kissen, das auf seiner Seite des Bettes lag, um es dem Blonden ins Gesicht zu pfeffern. Überrascht riss Schiller die Augen auf, doch es dauerte nicht lange, bis er sich wieder gefasst und das Kissen zurückgeschleudert hatte. Lachend schlang er daraufhin seine Arme um Goethe, zog ihn fest an sich und verteilte liebevolle Küsse an seinem Hals. „Nein, das sind Sie zum Glück nicht“, flüsterte er dann schmunzelnd, „denn mit einer züchtigen Hausfrau könnte ich auch gar nichts anfangen…“ Goethe musste schmunzeln, auch wenn der Impuls, wieder aufstehen und Schiller mit sich ins Bad zerren zu müssen, noch immer irgendwo in seinem Hinterkopf nagte, wenn der Kissenwurf von eben ihn nicht ganz vernichtet hatte. „Und was könnten Sie mit einer züchtigen Hausfrau zum Beispiel nicht anfangen?“ Grinsend beugte sich Schiller näher zu dem Älteren, um ihm seine Antwort bewusst lasziv ins Ohr zu flüstern. „Wenn Sie verstehen, was ich meine…“, fügte er lächelnd hinzu, während er sich an den anderen schmiegte. Goethe lief bei diesen Worten schlagartig rot an. „Sch-Schiller…!“, zischte er und versuchte unter seinem Nachthemd nicht ganz so erfolgreich zu verbergen, was der Blonde schon wieder mit ihm machte, „D-das können Sie doch nicht…ernst meinen…!“ „Nicht?“, fragte Schiller betont unschuldig und strich mit seinen Fingerspitzen scheinbar unabsichtlich über den Oberschenkel des Älteren. „Nun, wenn das so ist, Goethe, dann sollten wir jetzt vielleicht doch besser aufstehen…“ „D-das sollten wir definitiv.“, brachte Goethe heraus und schälte sich aus dem Bett. Er räusperte sich. „Ist ja auch schon reichlich spät. Sicherlich sind Alexander und Heinrich längst wach.“ „Bestimmt…“, antwortete Schiller schmunzelnd und folgte Goethe schließlich ins Badezimmer, sodass die Dichter ihren beiden Mitbewohnern schon bald am Frühstückstisch Gesellschaft leisten konnten. Die freudige Stimmung, die dort trotz der frühen Morgenstunde bereits herrschte, konnte den ganzen Tag über nicht getrübt werden. Nicht nur Heinrich und Alexander, sondern auch Goethe und Schiller waren überaus glücklich darüber, dass sie endlich einmal wieder die Möglichkeit hatten, einen Tag ganz allein mit ihrem Liebsten zu verbringen. Als sie am Abend wieder beisammen an dem reichlich gedeckten Tisch saßen, merkte man es jedem einzelnen an, wie sehr sie den heutigen Tag genossen hatten. „Und Alexander ist so staark!“, kam es schwärmerisch von Heinrich, während er verträumt an einem Stück Käse nagte, „Als wir an den Fluss kamen, da h-hat er mich einfach auf den Arm genommen und hinübergetragen…wie ein j-junges Fräulein…“ Seine Wangen wurden rot, als er daran zurückdachte. „Das hört sich ja so an, als wären Sie ein echter Märchenprinz, Alexander“, erwiderte Schiller daraufhin grinsend, wobei man ihm anhörte, dass er es nicht böse meinte. „Es war aber auch wirklich ein ganz vortrefflicher Tag, um sich in der Natur aufzuhalten, so schön war es heute die ganze Zeit über.“ Während Alexander versuchte, die Bezeichnung „Märchenprinz“ zu reduzieren, was Heinrich mit seinen Gegenargumenten natürlich zunichtemachte, betrachtete Goethe seinen Dichterkollegen und dachte daran zurück, was ihm heute bei diesem schönen Wetter allzu oft aufgefallen war: Bei strahlendem Sonnenschein sah sein Schiller wie ein Engel aus, ein Engel mit leuchtend goldenen Locken und federweichen Schwingen an seinem Rücken, die nur derjenige erkennen konnte, der ihn auf ihm würdige Weise betrachtete. Schillers Schmunzeln, das sich während Heinrichs und Alexanders Diskussion auf seine Lippen geschlichen hatte, wandelte sich zu einem sanften Lächeln, als er bemerkte, wie liebevoll Goethe ihn in diesem Moment betrachtete. Sachte legte er dem Älteren eine Hand auf den Arm und erwiderte seinen zärtlichen Blick. Goethe genoss es, von Schiller so angesehen zu werden. Am liebsten würde er sich nun nach vorne lehnen und dem Blonden einen Kuss auf die wunderschönen Lippen hauchen. Wie weich und sinnlich diese waren, hatte er heute auf ihrer Wanderung, als sie in ein kleines Waldstück gelangt waren, wieder einmal feststellen dürfen. „Nun, dann sieht es ja wirklich so aus, als hätte sich der heutige Tag für uns alle sehr gelohnt“, warf Alexander, dem der intensive Blickkontakt zwischen Goethe und Schiller nicht entgangen war, schließlich schmunzelnd ein. „Das hat er sich tatsächlich.“, gab ihm Goethe Recht und warf Schiller noch einen liebevollen Blick zu, bevor er sein Besteck auf seinen Teller legte, „Und so ereignisreich, dass ich mich jetzt gerne zurückziehen würde. Räumen wir noch den Tisch ab und gehen dann nach oben?“, fragte er in die Runde. Diesen Vorschlag nahmen alle nur zu gerne an, weshalb es nicht mehr lange dauerte, bis sie sich eine gute Nacht wünschten und schließlich auf ihre Zimmer gingen. Dort ließ sich Alexander erschöpft, aber unglaublich glücklich auf das weiche Bett sinken, während er seinen Heinrich fest an sich zog. „Es war so schön, dich heute endlich einmal wieder ganz für mich zu haben, Heinrich“, sagte er leise. Heinrich kuschelte sich eng an seinen Alexander, der zu seiner Freude stets in Hosen schlief und somit seinen traumhaften Oberkörper unter keinem Nachthemd versteckte. „D-das hat mich auch g-ganz glücklich gemacht…“, entgegnete er und küsste den gebräunten Hals, „U-und ganz be-besonders ha-hab ich mich auf heute N-nacht gefreut…“ Er vergrub sein Gesicht an Alexanders Brust und nur seine Ohren verrieten, dass er gerade schrecklich rot wurde. Schmunzelnd strich Alexander dem Jüngeren durch die schwarzen Haare, bevor er sich zu ihm beugte und ihm einen zärtlichen Kuss auf die Stirn hauchte. „Hast du das, ja?“, fragte er lächelnd und strich ihm liebevoll über den Rücken. Heinrich nickte heftig. „I-ich w-will dir wieder ganz n-nahe sein…“, flüsterte er ohne aufzuschauen, „D-deinen wundersch-schönen Körper a-an m-meinem. U-und…und da-dann darfst du w-wieder…“ Er brach ab und sah fast schon flehend zu seinem Geliebten auf. Mit einem Lächeln rollte Alexander den Schwarzhaarigen auf den Rücken und sah ihm tief in die Augen. „Nun, wenn das so ist…“, hauchte er zwischen zwei Küssen, „dann sollten wir keine Zeit mehr verlieren…“ „Ja-ah…!“, keuchte Heinrich, als sein Alexander sich so eng an ihn schmiegte. Eifrig erwiderte er die Küsse, die er bekam, und gab sich voll und ganz den wunderbaren Händen hin, die seinen Körper erkundeten. Während Heinrich und Alexander ihre Zweisamkeit genossen, hatte sich auch Schiller bereits auf die weichen Kissen des großen Bettes sinken lassen, wo er nun auf seinen geliebten Goethe wartete. Als dieser endlich das Badezimmer verließ und auf ihn zukam, legte sich ein zärtliches Lächeln auf die Lippen des Blonden. Erwartungsvoll streckte er seine Hände nach dem Älteren aus, um ihn kurz darauf zu sich ins Bett zu ziehen. Goethe ließ sich vom Blonden umarmen und schlang ebenso seine Arme um den dünnen Körper. „Sie können es ja schon wieder kaum abwarten, Schiller.“, flüsterte er schmunzelnd und stupste ihre Nasen aneinander. Schiller lächelte daraufhin und streichelte dem andern sanft mit den Fingerspitzen über die Wange. „Es war ja auch schon so lange her, seit wir gemeinsam Zeit miteinander verbracht haben…“. Zärtlich küsste er Goethe, bevor er seine Stirn gegen die des Älteren lehnte. „All die langen Nächte, in welchen ich immer mit Heinrich an seinem Drama gearbeitet habe… ich habe Sie schon so vermisst.“ „Ich Sie nicht minder.“, entgegnete Goethe und erwiderte die Küsse mit ebenso viel zärtlicher Hingabe, während er seine Hände sanft über Schillers Rücken und seine Seiten streichen ließ. Schiller, der bei diesen liebevollen Berührungen genießerisch die Augen geschlossen hatte, schmiegte sich noch näher an Goethe und hielt ihn so fest, als würde er ihn nie wieder loslassen wollen. Gerade hatte er ihre Lippen zu einem innigen Kuss verschlossen, als ihre Zweisamkeit von einem unüberhörbaren Stöhnen unterbrochen wurde. Einen Moment lang dachte der Blonde noch, sich verhört zu haben, als aber kurz darauf erneut Heinrich, der mit erregter Stimme „A-Alexander…!“ ausstieß, zu hören war, stieg dem Dichter augenblicklich die Röte ins Gesicht und er wandte peinlich berührt seinen Blick von Goethe ab. Dieser hatte die Augen entsetzt aufgerissen und traute seinen Ohren nicht. Aber auch wenn die Stimme nun, entweder durch eine Hand oder einen Kuss, ein wenig gedämpft wurde, war doch eindeutig Heinrich zu hören, der Laute der Wonne von sich gab, während ihm sein Alexander…eben diese bescherte… Goethe räusperte sich unbeholfen. Er wusste nicht, was er in diese peinliche Stille hinein sagen sollte, um die Geräusche aus dem anderen Schlafzimmer zu übertönen. „Und ich dachte Sie hätten zu mir gesagt, dass die beiden es bestimmt nicht übertreiben würden, was…was ihre Zuneigung zueinander angeht“, meinte Schiller schließlich nervös lachend, als er es nicht mehr länger aushielt, zu schweigen. „Nunja…“, antwortete Goethe, „Alexander hätte ich da wirklich ein wenig mehr Vernunft zugetraut, bloß scheint es so, dass…dass Heinrich ihn wohl…“ Er sah den Blonden hilfesuchend an. „…dass er ihn wohl um diese Vernunft bringt, wie Sie manchmal…“ Hastig senkte er seinen Blick und brach ab. „Wie ich manchmal…?“, wiederholte Schiller fragend, während er dem anderen liebevoll durch die dunklen Haare fuhr. „Wie ich Sie manchmal um Ihre Vernunft bringe, Goethe?“, hauchte er und schenkte dem Älteren ein zärtliches Lächeln. Goethe nickte. Er blickte den Blonden eindringlich an und ließ seine Hand von Schillers Wange dessen Hals hinabgleiten. Falls Heinrich gerade immer noch irgendetwas von sich gab, er hörte ihn nicht mehr. „Dann…dann komme ich mir so…ordinär vor, wie jemand, der Ihre Zuneigung gar nicht verdient hat.“ „Aber Goethe, wie kommen Sie denn nur auf so etwas?“, erwiderte der Blonde ungläubig und sah den Älteren aus großen Augen an. Liebevoll schlang er seine Arme wieder um Goethe und schmiegte sich eng an ihn. „Das…das ist doch nicht ordinär…“, flüsterte er ihm daraufhin ins Ohr, „ganz im Gegenteil, es…es macht mich glücklich zu wissen, dass ich Ihnen auch auf diese Art und Weise gefalle…“ „Das tun Sie, Schiller.“, antwortete Goethe und atmete erleichtert den wunderbaren Geruch des Blonden ein, „Das tun Sie außergewöhnlich gut…“, hauchte er und küsste die Wange und den marmorweißen Hals, während er seine Hände genießerisch über den nur ins dünne Nachthemd gekleideten Körper fahren ließ. Schiller, dem aufgrund dieser sanften Streicheleinheiten ein leises Keuchen entkommen war, erwiderte die Berührungen des Älteren nur zu gerne. Zärtlich strich er ihm mit den Fingern über die Wange, bevor er sich nach vorne lehnte und ihn innig küsste. Goethe erwiderte den Kuss voller Hingabe, genoss jedes Keuchen, das er dem Blonden entlocken konnte, und jede Berührung der langen dünnen Finger. Seine eigenen Hände schoben sich soeben unter Schillers Nachthemd und strichen liebkosend über dessen Bauch. „G-Goethe…“, stieß der Blonde angetan aus, als er spürte, wie die warmen Hände des anderen zärtlich über seine nackte Haut strichen. Vorsichtig ließ er seine Finger ebenfalls über den Körper des Älteren wandern, wobei er nicht verhindern konnte, dass sich dabei ein leichter Rotton auf seine Wangen schlich. Goethe keuchte in Schillers Halsbeuge, als der Blonde mit seinen grazilen Händen seine Brust erreichte. Er zögerte einen Moment, doch dann überwand er sich und rutschte näher, um sein Bein über Schillers Hüfte zu schieben, womit er ihre nackten Leiber nun ganz verband. „Sch-Schiller…!“, brachte er heraus, wollte noch so viel mehr sagen, aber der Blick in den blauen Augen brachte ihn um den Verstand. Goethe so nah sein zu dürfen, war eines der wundervollsten und intensivsten Gefühle, das Schiller in seinem gesamten Leben jemals erfahren durfte. Sich dem anderen so vollkommen hingeben zu können, war der perfekte Abschluss für einen fantastischen Tag, den die beiden, so waren sie sich einig, als sie eine Weile später eng umschlungen einschliefen, bald wiederholen wollten. Kapitel 7: ----------- „Monsieur Kleist!“ Mit einem überschwänglichen Lächeln auf den Lippen kam die dunkelhaarige Frau auf den jungen Schriftsteller zugeeilt und warf ihm einen beeindruckten Blick zu. „Mon Dieu!“, stieß sie schließlich aus, „So habe ich mir den Dichter der Penthesilea wahrlich nicht vorgestellt. Dafür, dass Sie diese Frau ihren Geliebten zerfetzen lassen, sehen Sie selbst unwahrscheinlich unschuldig aus!“ Ein Lachen entkam ihr, dann sprach sie jedoch weiter, ohne auch nur eine Antwort ihres Gegenübers abzuwarten. „Aber wie ich bereits hörte, soll ihr Käthchen ja weitaus humaner sein – ich bin jedenfalls schon sehr darauf gespannt, weshalb ich mir die Uraufführung hier an diesem wunderschönen Theater natürlich nicht entgehen lassen wollte.“ Als die Dame bemerkte, wie überrumpelt Kleist wirkte, lachte sie abermals und schüttelte unwillkürlich den Kopf. „Verziehen Sie bitte, ich rede schon wieder viel zu viel und habe dabei ganz vergessen mich vorzustellen: Madame Germaine de Stael und das ist mein Begleiter Wilhelm Schlegel.“ Mit einem kurzen Nicken deutete sie in die Richtung des Mannes, der hinter ihr stand, bevor sie sich an die Bekannten Kleists wandte. Alexander von Humboldt lächelte sie dabei kokett an, Goethe jedoch begrüßte sie nur mit einem beiläufigen „Bonjour Monsieur“. Als ihr Blick aber auf Schiller fiel, der sich bis jetzt etwas im Hintergrund gehalten hatte, erhellte sich ihre Miene augenblicklich. „Monsieur Schiller!“. Begeistert strahlte sie den Blonden an und hielt ihm ihre Hand entgegen, als erwartete sie zur Begrüßung einen Handkuss. „Ich hoffte, sie endlich einmal wieder zu sehen, es ist schon viel zu viel Zeit vergangen, seit wir uns sahen zum letzten Mal…“ Schiller brachte ein Lächeln zustande und gab ihr den ersehnten Handkuss. Diese Frau war unmöglich, nun war ihr gemütlicher Theaterabend dahin. „Ich grüße Sie, Madame.“, entgegnete er auf ihren Redeschwall, „Was für ein schöner Zufall, Sie hier zu treffen. Herr Schlegel.“ Er nickte dem älteren der Schlegelbrüder zu. „Die Freude ist ganz meinerseits“, erwiderte die Madame mit einem strahlenden Lächeln. „Ich muss sagen, dass es ist ganz wundervoll erneut zu sein in Weimar– es gibt zwar einige schöne Städte in Deutschland, aber mit Ihrer kleinen kulturellen Hochburg, die Sie hier allein dank Ihrem fantastischen literarischen Schaffen gründeten, Monsieur Schiller, kann wirklich nichts mithalten.“ Begeistert sah sie zu dem Blonden auf und wollte abermals das Wort ergreifen, als sie etwas unsanft von Goethe unterbrochen wurde. „Nun, es ist schön, dass Ihnen Schillers Weimar so gut gefällt, Madame“, fing er äußerst höflich an, wobei er einen leicht ironischen Unterton nicht unterdrücken konnte, „aber nichts desto trotz sind wir heute wegen Herrn von Kleist hier und da das Stück bald beginnen wird, wird es Zeit sich auf den Weg in die Logen zu machen.“ „Da haben Sie recht, Monsieur“, entgegnete die Dunkelhaarige, während sie sich bei Schiller einhakte und diesen charmant lächelnd fragte: „Sie haben doch sicher noch einen Platz für mich frei?“ „Aber natürlich.“, antwortete Schiller, und obwohl er Goethes skeptischen Blick auf sich spürte, führte er die Madame ins Theater. Dort nahmen Alexander und Heinrich nebeneinander Platz, Goethe setzte sich neben Alexander. Er hoffte inständig, dass Schiller sich trotz allem wie geplant neben ihn setzen würde, und zu seiner Erleichterung kam der Blonde dieser unausgesprochen Bitte nach, doch die Madame pflanzte sich natürlich auf den Sitz zu Schillers Linken. Schlegel stand als letzter ein wenig verloren neben der Sitzreihe, sodass ihn de Stael einfach am Arm packte und kompromisslos auf den freien Platz neben sich zog. Während der Aufführung verhielt sich die Madame für ihre Verhältnisse recht ruhig. So wie die Mehrheit der anderen Theaterbesucher war sie von Kleists Stück vollkommen eingenommen und klatschte begeistert Applaus, als der Vorhang nach dem dritten Akt fiel und eine kleine Pause gemacht wurde. In dieser hielt sie sich die ganze Zeit über in der Nähe Schillers auf, den sie in angeregte Diskussionen – die vielmehr als einzig langer Monolog ihrerseits bezeichnet werden konnten – verwickelte. Nur ein einziges Mal wandte sie sich an Heinrich, um ihm für die ausgesprochen gelungene Wahl des Namens „Friedrich“ für den Grafen Wetter vom Strahl zu gratulieren. Für diesen schwärmte sie nämlich ganz besonders, weshalb sie sich gerade für die Szene im letzten Akt, in der der Graf schließlich sein Käthchen zur Frau nahm, begeistern konnte. Die Schauspieler, die die Hauptpersonen verkörperten, hatten sich gerade geküsst, da lehnte sich de Stael zu Schiller, um ihm mit einem verschmitzten Lächeln zuzuflüstern: „Nun Monsieur, täusche ich mich, oder es ist eine Eigenheit von Männern, die Friedrich heißen, zu sein äußerst charmant?“ Schiller schenkte ihr ein amüsiertes Lächeln. So penetrant sie auch sein mochte, Goethes eifersüchtige Blicke, die er ihm und de Stael die ganze Zeit schon zuwarf, waren es wert, sich mit ihr herumzuschlagen. „Da täuschen Sie sich auf keinen Fall, Madame.“, antwortete er also mit einem Zwinkern und schlug seine Beine übereinander, um sich ihr ein wenig mehr zuzuwenden. Schmunzelnd rückte die Madame daraufhin noch etwas näher und fuhr Schiller scheinbar unschuldig mit den Fingerspitzen über den Oberschenkel. „Dann sollten Sie vielleicht das nächste Mal den Grafen spielen...“, flüsterte sie ihm zu, „Ich kann mir vorstellen, dass Sie wären ein ganz begnadeter Schauspieler.“ Schiller lächelte sie zur Antwort an, denn dass sie ein vortreffliches Käthchen abgeben würde, brachte er dann doch nicht über die Lippen. Stattdessen wollte er ihr zustimmen, wurde aber von Goethe unterbrochen. „Schiller ist mitnichten ein begnadeter Schauspieler, jedenfalls wenn es darum geht, auf der Bühne eine Rolle zu übernehmen.“ Er blickte mit einem gehässigen Grinsen zwischen den beiden hin und her. „Im Alltag jedoch kann er einem wahrlich wunderbare Dinge vorgaukeln.“ „Das kann ich mir beim besten Willen nicht vorstellen!“, entgegnete die Madame entrüstet und zügelte sich nur ein wenig, als Wilhelm ihr leise, aber eindringlich zuflüsterte, dass sie sich im Theater doch nicht so laut verhalten konnte. Schiller hingegen erwiderte nichts, warf Goethe aber einen betroffenen Blick zu. Der andere musste doch wissen, dass er nicht wirklich Gefallen an der Dunkelhaarigen fand, sondern nur auf ihre Avancen einging, weil sie ihn amüsierte! „Ich glaube, Sie können sich so einiges nicht vorstellen.“, entgegnete Goethe, und als er Schillers Blick vernahm, legte er ihm unauffällig eine Hand an den unteren Rücken. Was sah der Blonde ihn jetzt so verletzt an, es war sein gutes Recht, seinen Geliebten vor dieser Furie zu verteidigen. Ein erleichtertes Lächeln schlich sich bei dieser sanften Berührung auf Schillers Lippen. Liebevoll sah er Goethe an, bevor er sich wieder an die Madame wenden wollte, die ihn allerdings gar nicht erst zu Wort kommen ließ. „Tatsächlich?“, fragte sie an Goethe gewandt und blickte ihn fast schon herablassend an. Goethe hätte so viele Argumente zum Kontern gehabt, hätte er sie nur auf den Tisch bringen dürfen. Jedoch wollte er eine Auseinandersetzung mit de Stael, zumal sie sich immer noch im Theater befanden, vermeiden. „Es irrt der Mensch, solang er strebt, Madame.“, antwortete er deshalb nur schmunzelnd, „Und wenn ich mich nicht irre, löst sich die Gesellschaft hier so langsam auf. Wir könnten unseren Monolog also auch in andere Räumlichkeiten verlegen. Ich schlage das Wirtshaus um die Ecke vor.“ Auf diesen Vorschlag ging de Stael natürlich nur zu gerne ein, weshalb sie sich kurze Zeit später zusammen mit den fünf Herren auf den Weg ins Gasthaus machte. Dort wurde Heinrich zunächst erst einmal zu seinem großartigen Werk beglückwünscht, denn sein Käthchen war von der Mehrheit der Zuschauer außerordentlich gut aufgenommen worden. „Es war wirklich großartig!“, erklärte nun auch Alexander und lächelte seinen Heinrich liebevoll an, was der Madame mit einem Schmunzeln auffiel. „D-das freut mich, dass es dir gefallen hat.“, antwortete ihm Heinrich mit roten Wangen aber einem strahlenden Grinsen auf dem Gesicht, „E-es hat mir ja a-auch viel Freizeit gekostet, de-deshalb ist es mir wichtig, dass das Ergebnis – weißt du, ich will ja n-nicht, dass ich die Zeit umsonst, die i-ich ja ei-eigentlich m-mit, also…“ Schiller räusperte sich und schob sich in das Blickfeld der Madame, sodass diese leider nicht mehr hören konnte, was der Schwarzhaarige noch zu sagen hatte. Etwas enttäuscht blickte de Stael zu Schiller auf, machte sich aber weiter nichts daraus, da sie ja nun wieder die volle Aufmerksamkeit des Blonden für sich hatte. Mit einem koketten Lächeln fasste sie den Dichter am Arm und zog ihn mit sich zu einem der freien Tische im hinteren Teil des Wirtshauses, wo sie sich augenblicklich neben ihm auf der Sitzbank niederließ. „Und Ihnen hat das Stück genauso gut gefallen, Monsieur?“ „Ja, es war ganz vortrefflich.“, antwortete Schiller, während die anderen ebenfalls am Tisch Platz nahmen, „Ich hatte ja das Glück, Herrn von Kleist ein wenig dabei unterstützen zu dürfen, aber es jetzt zum ersten Mal vollendet auf der Bühne zu sehen, ist doch noch einmal ein ganz besonderes Gefühl.“ „Da haben Sie Recht“, mischte sich der Geheimrat auch sogleich ein und packte sie am Handgelenk, „Trotzdem sollten Sie Ihre grazilen Hände bei sich behalten und– “ Er schien sich beherrschen zu müssen. „Und lassen Sie in Gottesnamen endlich die Avancen sein! Schiller will nichts von Ihnen.“ Er warf dem Blonden einen prüfenden Blick zu. „Nein, ich… ich bin bereits vergeben, Madame.“, erwiderte der Blonde sofort und rückte unwillkürlich näher zu Goethe, dem er einen dankbaren Blick zuwarf. „So?“, fragte de Stael da sofort nach, keineswegs ernsthaft eifersüchtig, aber dafür doppelt so sehr interessiert. „Wer ist denn die Glückliche?“ „Die… die Dichtkunst“, erwiderte Schiller und versuchte dabei möglichst überzeugend zu klingen. „Die Dichtkunst war schon immer meine große Liebe und wird es auch immer bleiben.“ Hilfesuchend sah der Blonde zu Goethe, da er genau wusste, dass sich die Madame mit dieser Antwort nicht zufrieden geben würde. Glücklicherweise erschien aber in diesem Moment die Bedienung, sodass de Stael zunächst nicht dazu kam weitere Fragen zu stellen. Der junge Mann stellte einen Krug Wein und genügend Gläser auf den Tisch, bevor er sich an Goethe wandte. „Wir haben heute Abend Saumagen da, Herr Geheimrat, wenn’s das sein darf.“ „Mit Knödeln?“ „Mit ganz feinen Klößen.“ „Dann bitte sechs Portionen davon.“ Goethe sah noch einmal kurz fragend in die Runde, doch er erhielt keine Gegenstimme. Glücklicherweise galt das Interesse der Madame nun auch dem Kulinarischen. „Gläße?“, wiederholte sie das letzte Wort der Bedienung, „Ist das eine sächsische spécialité?“ „Der junge Mann sprach von Klößen, Madame“, entgegnete Goethe schmunzelnd, nachdem er einen Schluck Wein getrunken hatte. „Aber ja doch, hierbei handelt es sich um eine sächsische Spezialität und ich bin mir sicher, dass sie Ihnen schmecken wird.“ Und wie es de Stael schmeckte. Sie war so begeistert, dass sie sogar fast das ganze Essen über schwieg und ihren Mund lediglich zur Nahrungsbeförderung benutzte. Nur kommentierte sie hin und wieder das Essverhalten Schlegels, der ihrer Meinung nach entweder viel zu gierig, und ohne Genuss aß, eben typisch deutsch. Der neutrale Beobachter mochte nun vermuten, dass der Ältere der Schlegelbrüder ihre Aufmerksamkeit bekommen würde, weil Schiller ja augenscheinlich vergeben war, doch in Wirklichkeit waren die Blicke der Madame überall. So entging ihr natürlich nicht, wie Goethe Schiller während des Essens immer wieder verstohlene Blicke zuwarf und mit sichtlicher Faszination die Locken des Blonden, die ihm nun über die Schultern fielen, betrachtete. Kurz huschte ihr Blick zu Humboldt und Kleist, die in ihrer eigenen Welt zu verweilen schienen, dann wurde ihre Aufmerksamkeit wieder auf den blonden Dichter gelenkt, denn er hatte soeben seine Gabel in Richtung Goethes Teller ausgestreckt. „Die…die Kruste…?“ Goethe schenkte ihm ein Schmunzeln, das man nur als liebevoll beschreiben konnte. „Die Kruste dürfen Sie haben, ja.“, meinte er, „Aber erst essen Sie das Gemüse auf.“ Schiller schien damit nicht so zufrieden, doch Goethes aufmunternder Blick ließ ihn sich schließlich doch dem Gemüse auf seinem Teller zuwenden. Die Madame konnte ein leises Kichern nicht unterdrücken, als sich ihr diese Szene bot. Mit einem Lächeln auf den Lippen durfte sie beobachten, wie Goethe Schiller doch noch die Kruste abgab. So strahlend blickte der Blonde den Älteren an, dass de Stael nicht umhin kam sich zu fragen, ob ihr Schiller vorhin nicht doch etwas verheimlicht hatte. Als sie beim Nachtisch angelangt waren, rückte sie ein wenig näher an Schiller heran und lehnte sich zu ihm. „Monsieur, darf ich Ihnen eine indiskrete Frage stellen?“ Sie wartete keine Antwort ab, sondern sprach gleich weiter: „Kann es sein, dass Sie und Monsieur Goethe verbindet mehr als eine dichterische Partnerschaft?“ „W-wie bitte?“, erwiderte Schiller entsetzt und sah de Stael ungläubig an. Einen Moment lang war er so schockiert, dass er völlig vergaß in welcher Gesellschaft er sich befand, erst als er Goethes fragenden Blick auf sich spürte, versuchte er sich ein wenig zu beruhigen. „Wie kommen Sie nur auf so etwas, Madame?“ De Stael schenkte ihm ein keckes Lächeln. „Ich muss wohl ein Gespür dafür haben.“ Und mit einem Seitenblick zu Humboldt und Kleist ergänzte sie: „Dass die zwei hier es treiben noch bunter als Sie beide, erkannte ich in der ersten Sekunde.“ Schiller senkte hilflos den Blick, als er erkannte, dass Goethe soeben verstanden hatte, über was sie redeten. Doch mit dem folgenden Konter des Älteren hatte er nicht gerechnet: „Und ich musste leider erkennen, dass Sie und Herr Schlegel sich immer noch nicht aufgerafft haben, sich gegenseitig Ihre Zuneigung zu gestehen.“ Selten kam es vor, dass der Madame die Worte fehlten, doch auf diesen Kommentar wusste sie einen Moment tatsächlich nicht, was sie erwidern sollte. „Das…das ist doch…“, antwortete sie unbeholfen, wobei sie sichtlich rot wurde. „Das ist anmaßend, Monsieur.“, erklärte sie schließlich und sah Goethe herablassend an. „Nicht anmaßender als Ihre Unterstellung.“, entgegnete dieser gelassen, während Schiller neugierig zu Schlegel hinüberblickte, der rot wie eine Tomate geworden war. Da hatte Goethe eine wahre Tatsache angesprochen; ihm selbst waren schon beim letzten Besuch der Madame die Sticheleien zwischen den beiden aufgefallen, die klar aussagten, dass die zwei füreinander schwärmten, Schlegel offensichtlich, de Stael heimlich, und damit es weiter ein Geheimnis bleiben würde, tat sie so, als würde sie ihren Wilhelm unausstehlich finden. „Ich glaube, Ihnen ist der Wein zu Kopf gestiegen, Monsieur“, erwiderte de Stael hochnäsig, als sie sich wieder etwas gesammelt hatte. „Und mon dieu, es ist inzwischen auch schon reichlich spät geworden…vielleicht sollten wir uns langsam wieder auf den Weg machen?“, meinte sie und blickte fragend zu Schlegel. Der murmelte nur eine kurze Zustimmung und erhob sich hastig, als die Madame aufstand. Goethe und Schiller folgten seinem Beispiel, nur Humboldt und Kleist brauchten einen Moment, bis sie, ganz in ihr Gespräch vertieft, merkten, dass man aufbrechen wollte. Während Goethe drinnen bezahlte, blieb man noch kurz vor dem Wirtshaus stehen. Nachdem sich de Stael und Schlegel dort für die Einladung bedankt und sich von den vier Herren verabschiedet hatten, machten sie sich auf den Weg in das Gasthaus, in dem sie die Nacht verbringen würden. Sie hatten kaum ihr Zimmer betreten, da fing die Madame schon an sich furchtbar über Goethe aufzuregen. „Incroyable!“, rief sie aus und sah Wilhelm entrüstet an. „Incroyable, wie sich Goethe erlauben kann so etwas zu behaupten! Was Schiller nur an ihm findet! Wirklich incroyable!“ „Was Schiller an ihm findet, kann ich Ihnen nicht sagen.“, antwortete ihr Schlegel mit für sie unüberhörbarer Bitterkeit in der Stimme, „Ich kann Ihnen nur sagen, was Sie bereits wissen, und zwar, dass er Recht hat. Was mich jedenfalls betrifft.“ „Wie…wie meinen Sie das?“, fragte die Madame, die sich inzwischen wieder etwas beruhigt hatte, dafür nun aber für ihre Verhältnisse auf eine ganz merkwürdige Art und Weise verunsichert zu sein schien. Schlegel sah sie verständnislos an. „Das meinen Sie nicht ernst, oder?“, versetzte er, „Das kann Ihnen doch nicht entgangen sein, dass ich– “ Er hielt nur kurz inne, beschloss dann aber, dass es auf diese eine Demütigung nun auch nicht mehr ankam. „Dass ich Ihnen vollkommen verfallen bin! Jetzt tun Sie nicht so unwissend, Sie nutzen diese Schwäche doch die ganze Zeit ewig aus! – wir teilen uns ein Zimmer! Ich muss fünf Meter entfernt von Ihnen schlafen, weil Sie genau wissen, dass ich– “ Seine Stimme, die sich hysterisch gehoben hatte, brach ab und er verbarg sein glühendes Gesicht in den Händen. „Dass Sie…?“, wiederholte die Madame fragend, nachdem sie eine Zeit lang geschwiegen hatte. Als der andere jedoch nicht antwortete, ging sie auf ihn zu und legte ihre Hände vorsichtig auf seine Arme. Fast schon sanft blickte sie ihn an, als sie sich näher zu ihm beugte und ihm leise ins Ohr flüsterte „Sehen Sie mich an, Wilhelm.“ Bei der sanften Berührung der Madame zuckte Schlegel zusammen, und als er ihre Stimme so dicht an seinem Ohr vernahm, begann er zu zittern. Natürlich gehorchte er und sah zu ihr auf. „Quälen Sie mich nicht, Madame.“ „Wie kommen Sie nur darauf, dass ich Sie quälen möchte, Wilhelm?“, fragte de Stael leise und lächelte den anderen sanft an. „Mon dieu, sind denn alle deutschen Männer solche Narren?“ Mit einem liebevollen Schmunzeln auf den Lippen kam sie ihrem Gegenüber mit ihrem Gesicht näher, sodass sich schon beinahe ihre Nasenspitzen berührten. „Küssen Sie mich endlich, Wilhelm.“, hauchte sie dann, „sonst ich warte nicht länger und küsse Sie stattdessen.“ Schlegel glaubte, sich verhört zu haben. Sein Herz pochte so laut, dass er die Worte fast nur auf seinen Lippen gespürt hatte. Er wusste nicht, was er sagen sollte, was tun, er fühlte nur, dass seine Knie gleich nachgeben würden, und versank in den dunklen Augen seiner Angebeteten. Einen Augenblick wartete die Madame noch, doch als Schlegel ihrer Aufforderung auch dann nicht nachkam, beschloss sie ihre Drohung wahr zu machen. Lächelnd legte sie ihrem Gegenüber die Arme um den Nacken und reckte sich etwas in die Höhe, um ihre Lippen zu einem sanften Kuss zu verschließen. Schlegel glaubte, er dürfte in diesem Moment glücklich sterben. Ein Keuchen entwich ihm, bevor die Madame den Kuss intensivierte und er gar keinen Laut mehr von sich geben konnte. Endlich legten sich seine Hände an ihre Hüfte und zogen sie näher. Nach einer gefühlten Ewigkeit trennte sich die Madame von Schlegel und schenkte ihm einen liebevollen Blick. Zärtlich strich sie ihm mit ihren Fingern über seine Wange, dann holte sie plötzlich aus und gab ihm eine Ohrfeige. „Das war dafür, dass du brauchtest so lange, um mir die Wahrheit zu sagen, Wilhelm.“, meinte sie, wobei ihr Lächeln verriet, dass sie ihm nicht böse war. Einen Moment war Schlegel wie weggetreten, die Augen vor Entsetzen aufgerissen. Schließlich fasste er sich wieder, ging mit einem „Sie…!“ auf de Stael los, doch bevor diese sich vor einem tätlichen Angriff hätte fürchten können, packte er sie am Kopf und küsste sie – zwar nicht zur Besinnungslosigkeit, aber hinüber zum Bett, wo sie eng umschlungen in die Kissen sanken. In Goethes Haus am Frauenplan hatte man gerade die Türen geschlossen und Alexander und Heinrich verabschiedet, die sich fertig fürs Bett machen wollten, da brach der Hausherr in Schimpftiraden über die Madame de Stael aus. „Unfassbar!“, rief dieser ungehalten aus, „Es ist wirklich unfassbar, wie dreist dieses Weib ist! Wie sie es sich nur erlauben kann, hier in Weimar aufzutauchen und sich so unerhört zu benehmen!“ Wütend ließ er sich auf dem großen Bett nieder und warf Schiller einen entrüsteten Blick zu. Der Blonde setzte sich seufzend zu ihm und legte ihm von hinten seine Hände auf die Schultern. „Goethe“, fing er an, „Sie haben Recht, dass es dreist von ihr war, sich in Schlegels und Ihrer Gegenwart derart an mich ranzuschmeißen…“ Seine Hände begannen den Älteren zu massieren, und er lehnte sich näher an sein Ohr. „Aber dass sie das über uns herausgefunden hat, lag nur an den feurigen Blicken, die Sie mir ständig zuwerfen.“ Goethe hatte seufzend seine Augen geschlossen, während er Schillers Finger Wunder wirken ließ. Erst als der Blonde seinen Satz beendet hatte, öffnete er sie wieder, um den Jüngeren schmunzelnd anzublicken. „Es ist mein gutes Recht, Sie so anzusehen, Schiller.“, meinte er und strich dem anderen eine blonde Haarsträhne hinters Ohr. „Außerdem waren Sie selbst schuld, schließlich haben Sie Ihre wunderschönen Haare das ganze Essen über offen getragen…“ Schiller legte seinen Kopf schief und blinzelte seinen Geliebten an. „Irgendwie musste ich Sie ja dafür belohnen, dass Sie de Stael den ganzen Abend so gnädig ertragen haben.“ „Belohnen?“, fragte Goethe leise lachend, während er Schiller sanft mit den Fingerspitzen über die Wange strich, „Gequält haben Sie mich, weil ich die ganze Zeit mit ansehen musste, wie de Stael Sie berührt hat, während ich nur dasitzen und kaum eingreifen konnte. Ich war so eifersüchtig.“ Besitzergreifend schlang er seine Arme um den Blonden und zog ihn an sich. Schiller schmiegte sich in die Umarmung des Älteren und schloss die Augen. „Dann dürfen sie nun alles nachholen, Goethe, solange Heinrich und Alexander noch im Bad beschäftigt sind.“ Lächelnd strich Goethe daraufhin mit seinen Händen durch die blonden Locken, bevor er sich zu Schiller beugte und ihn zärtlich küsste. „Sie sind wunderschön, Schiller, habe ich Ihnen das schon einmal gesagt?“ Schiller gab dem Älteren einen ebenso zärtlichen Kuss und ließ seine Hände genießerisch über dessen Brust gleiten. „Es freut mich jedenfalls“, flüsterte er, „Ihnen so sehr zu gefallen, dass ich Ihnen genüge und Sie sich nach keiner Frau umschauen müssen.“ „Niemals“, antwortete Goethe leise, „Niemals werde ich mich mehr nach einer Frau umsehen, Schiller.“ Liebevoll ließ er seine Hände über Schillers Rücken wandern, während er den weißen Hals küsste. „Dafür liebe ich Sie viel zu sehr.“ Da packte Schiller den Älteren an den Schultern und küsste ihn heftig. „Ich liebe Sie auch! Innig und heißblütig und ewig!“ Schneller als Goethe schauen konnte, lag er unter dem Blonden in den Kissen. Einen Moment lang genoss er einfach nur die Zärtlichkeiten des Blonden, dann rollte er sie jedoch auf die Seite und erwiderte die innigen Küsse seines Geliebten. „So hätte uns die Madame sehen müssen“, flüsterte er schmunzelnd, „dann hätte sie sich nicht getraut, Sie so dreist anzufassen.“ „Ja, genau so hätte sie uns sehen sollen.“, hauchte Schiller gegen Goethes Lippen und fing an, ihm die Weste und das Hemd aufzuknöpfen. Goethe entwich ein Keuchen, als Schiller ihn schließlich von dem lästigen Kleidungsstück befreit hatte und begann mit seinen Lippen die nackte Haut zu erkunden. Bevor der Ältere jedoch die liebevollen Berührungen erwiderte, fasste er den Blonden sanft an den Wangen und sah ihm tief in die blauen Augen. „Für immer…“, hauchte er daraufhin zwischen zwei Küssen, „Für immer sollen Sie bei mir bleiben, Schiller, das müssen Sie mir versprechen.“ „Ich verspreche es Ihnen.“, antwortete Schiller und dies tat er mit solch einer Aufrichtigkeit in seinem Blick, dass Goethe sich ihm nun vollkommen hingeben konnte. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)