I've become so numb ... von ChogaRamirez (The Dark Knight) ================================================================================ Kapitel 8: Fledermäuse, ein Clown und sein Harlekin --------------------------------------------------- Harleen fiel aus allen Wolken, als sie einen Anruf von Jacob Warren bekam und er ihr detailliert schilderte, was heute Morgen in Arkham vorgefallen war. Sofort ließ sie Alles stehen und liegen – bügeln wurde ohnehin überbewertet – schnappte sich ihre Autoschlüssel und verließ eilig ihr Appartement. Natürlich hatte sie unterwegs das Glück, eine rote Welle zu erwischen. Jede, wirklich jede Ampel, sprang auf Rot, wenn sie sich mit ihrem kleinen Toyota näherte. Aber das war mal wieder typisch. Immer, wenn man es eilig hatte, war der Verkehr die Hölle. Unwillkürlich musste Harleen an den amerikanischen Ingenieur Edward A. Murphy Jr. denken, der Lebensweisheiten über Fehlerquellen in komplexen Systemen gemacht hatte. ♦ ♦ ♦ ♦ ♦ In Arkham angekommen, eilte sie sofort ins Gebäude und ignorierte den uniformierten Mann am Eingang, der jeden Besucher überprüfte, damit Niemand irgendwelche Dinge einschmuggeln konnte. Sie hielt ihm einfach im Vorbeigehen ihren Mitarbeiter-Ausweis unter die Nase. Normalerweise nahm sie nie den Haupteingang, denn für die Mitarbeiter gab es auf der Rückseite des Gebäudes, direkt am Mitarbeiter-Parkplatz, einen separaten Eingang. Da es aber schnell gehen musste, stand ihr Auto heute auf dem Besucher-Parkplatz. Zügig ging Harleen durch die Gänge bis zur Schleuse des Hochsicherheitstraktes. Dort erklärte sie den Wärtern kurz, warum sie – obwohl sie keinen Dienst hatte – da war und einer der Männer begleitet sie zur Zelle des Jokers. ♦ ♦ ♦ ♦ ♦ In Zivil betrat Harleen die Zelle. Normalerweise war sie im Dienst immer gut gekleidet, heute trug sie allerdings nur Jeans, ein T-Shirt mit einem anzüglichen Spruch und darüber die handgefertigte Strickjacke, die ihr ihre Schwester letztes Jahr zu Weihnachten geschenkt hatte. Der Joker saß in einer unbequemen Haltung an seinem kleinen Tisch und war gerade dabei, mit bloßen Fingern lauter kleiner Fledermäuse mit roter Farbe an die Wand zu malen. Doch nicht nur das. In der Mitte des Bildes war ein Clown, der mit Bällen jonglierte. Als er hörte, wie ein Schlüssel ins Schloss seiner Zellentür gesteckt und umgedreht wurde, wandte er sich verhalten mit dem Kopf in Richtung der Geräuschquelle, um herauszufinden, wer ihn jetzt schon wieder nerven wollte. Doch wohl nicht schon wieder dieser nervige Dr. Warren, dieser schmierige Arzt? "Dr. Quinzel ...", gab er müde mit leichter Überraschung von sich. Es wirkte so, als würde er sich zwar freuen, jedoch in keiner besonders guten Laune sein. Aggressiv war er allerdings auch nicht. Es war eher einer der wenigen Momenten, in denen er in sich selbst Ruhe fand. Er drehte den Kopf wieder weg, beschäftigte sich mit seinem Wandgemälde und wirkte fast ein wenig beleidigt. "Sie sind wieder da?", hinterfragte er mit betont gelangweilter Stimme. Harleen erkannte sofort, dass es sich bei der roten Farbe um nichts Anderes als Blut handeln konnte. Der typische Geruch hing schwer in der Luft der kleinen Zelle. Ihr Gesicht spiegelte deutlich Sorge wider, als sie sah, wie der Joker mit seinem eigenen Blut auf der Wand herum schmierte. Obwohl schmieren nicht das richtige Wort war, denn die Schmierereien sahen wirklich nach Motiven aus. Fledermäuse. Viele kleine Fledermäuse, die um einen jonglierenden Clown herum flatterten. Das Wandbild war beängstigend und zeigte, wie sehr es dem Joker zu Herzen ging, dass er von Batman in seinem Vorhaben gehindert wurde, Gotham City sein eigenes Spiegelbild vor Augen zu halten. Er tat ihr leid. Er tat ihr wirklich leid, dass er in seinen Alb- und Tagträumen von einem Mann heimgesucht wurde, der nachts als Fledermaus verkleidet das Recht in die eigene Hand nahm. Harleen setzte sich dem Joker gegenüber und musterte ihn aufmerksam. "Ich habe von Dr. Warren erfahren, was heute morgen im Speisesaal passiert ist", sagte sie vorsichtig. "Warum haben Sie das getan?" Langsam sah der Clown zu ihr hinüber und stoppte mit seinen Malereien, ließ allerdings den Finger an der Wand. Für einen Moment sah es aus, als ob er ihr antworten wollte, doch dann drehte er den Kopf wieder in Richtung Wand. "Sie hätten mich ruhig die Zeitlang alleine lassen können. Besser als mit diesem Gorilla zusammen zu sein", entgegnete er ihr schließlich mit einem deutlich genervten Unterton in der Stimme. "Gorilla?", wiederholte Harleen irritiert. "Wen meinen Sie damit?" Als der Joker nicht antwortete, seufzte sie leise. "Ich habe mir Sorgen um Sie gemacht, als ich hörte, dass Sie jemanden angegriffen und die Nase gebrochen haben. Deswegen bin ich hier. Aber um Ihnen helfen zu können, müssen Sie schon mit mir reden." Mit einem Blick, der seiner Meinung nach Alles aussagte, erwiderte er ihren Blick. Doch als dieses »Sie wissen schon, wer« nicht bei Harleen ankam, wandte er sich wieder seinen Zeichnungen zu und malte weiter, während er sprach. "Es macht Einen kribbelig, wenn der Arzt plötzlich einfach so jemand Anderen zu Einem schickt ...", murmelte er in seinen nicht vorhandenen Bart hinein. Seine ganze Haltung drückte Verletzung und Irritation aus. Wie ein Kind, das nun in der Ecke saß, weil es ausgeschimpft wurde. Man könnte auch sagen, er hätte es aus Trotz getan. "Hören Sie, ich habe keine Lust mit Irgendwem zu reden!", knurrte er Harleen regelrecht an, doch nicht wirklich böse, eher, als wäre er genervt von seinen eigenen Gefühlen. "... aber ... " Joker senkte den Kopf. Es sah wirklich so aus, als wolle er ihr mit voller Ehrlichkeit ein Geständnis machen. "... Sie geben mir das Gefühl ... dass da jemand ist, der mich versteht ..." Wieder blickte er zu seiner Zeichnung. Zu dem Clown hatte er nun einen Harlekin dazu gemalt, welcher mit einem riesigen Hammer die Fledermäuse um den Clown herum zermalmte und ihn somit von diesen befreite. "Jemand, dem ich alle meine Geheimnisse anvertrauen kann ..." Harleens Gesichtsausdruck wurde deutlich milder. "Ich habe mir das nicht ausgesucht. Eigentlich wollte ich gar nicht weg, aber ich hatte keine andere Wahl." Sie folgte seinem Blick an die Wand und sah zu seiner Zeichnung. Für einige Sekunden verharrte ihr Blick dort, ehe sie wieder den Joker ansah. "Ich verstehe Sie ja. Und es tut mir Leid, dass Sie Dr. Warren nicht mögen. Aber es ist nur für ein paar Tage." Harleen stand auf, ging um den Tisch und dann vor ihrem Patienten in die Hocke. "Bitte tun Sie mir einen Gefallen und seien Sie nett zu Dr. Warren. Er macht auch nur seinen Job. Und wenn Sie ihn erst einmal besser kennen, werden Sie ihn sicher mögen." Joker erwiderte ihren Blick und sah ihr tief in die Augen, doch das vorsichtige, fast schüchterne Lächeln konnte er nicht zurück geben. Eigentlich war sie wirklich nett - und auch süß. Dass sie ihm das Alles so einfach abkaufte war im Grunde genommen ja irgendwie schon – Er wandte den Kopf von Harleen ab, ohne auch nur ein einziges Wort zu sagen. Sein Blick verharrte auf seiner Zeichnung, als würde er lieber weiterhin in seiner Fantasiewelt bleiben wollen, die er gerade auf der Wand vor sich erschaffen hatte, anstatt sich mit der rauen Wahrheit zu befassen, die ihm verriet, dass er nichts weiter als ein Patient in einer Nervenheilanstalt war. Seine Gedanken schweiften ab. Er ignorierte Harleen jetzt gänzlich und betrachtete den Clown, welcher umbringt von Fledermäusen war ... Er wusste selbst nicht mehr, wie viel Wahrheit in dieser Zeichnung steckte und ihm wurde schmerzlich bewusst, dass er Alles vergessen hatte in seinem Wahn. Aber es war okay. Vielleicht gab es ja wirklich noch Jemanden in seinem Leben. Noch jemand Zweites. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)