Götterherz von Jadis ================================================================================ Kapitel 8: Stehend sterben -------------------------- 8 ¨¯¯¨˜“ª¤.¸°¸.¤ª“˜¨¨¯¯¨ Stehend sterben Ich betrete den Laderaum eines Shuttles, welches im Helicarrier stationiert ist, und sofort schiebt Fury sich vor mich, versperrt mir den Weg und sieht mich eingehend an. Er macht wir ein wenig Angst. »Stehen Sie bitte nicht im Weg«, richtet der Direktor das Wort an mich, wobei sein verbliebenes Auge gefährlich zuckt. Ich will gerade einverstanden nicken, als ich Lokis sanfte Berührung an meinem Rücken spüre und kommentarlos weiter geschoben werde. Ich kann die Anspannung, die in der Luft liegt fast knistern hören. Loki führt mich stumm an einen dieser futuristisch aussehenden Sitze, direkt hinter denen der Piloten. Ich nehme Platz und sehe mich im Laderaum des Shuttles um. Dr. Banner, Hawkeye und Black Widow haben bereits ihre Startposition in den Sitzen eingenommen und beäugen mich mehr oder minder interessiert. Fury tauscht sich mit dem Cap aus, Tony verschwindet gerade, um sich in seine Rüstung zu werfen und am Heck taucht Agent Hill in ihrem engen blauen Kampfanzug auf, um der Party ebenfalls beizuwohnen. Ich versuche gerade evaluieren, welche Kleidergröße die junge Stellvertreterin von Fury wohl hat, und ob mir so ein Fummel auch stehen würde, als Loki dazu übergeht, die schweren Kreuzgurte vor meinem Körper zu schließen und ihren Sitz nochmals überprüft. Ich beobachte, wie seine schlanken Hände erst an den Schnallen und dann nochmals an den Gurten ziehen. Nach vollbrachter Arbeit geht er vor mir in die Hocke und nimmt mein Gesicht in seine Hände. »Ganz gleich, was passiert«, beginnt er und unterstreicht die Bedeutung seiner Worte, indem er mich eingehend ansieht. »Du wirst dich nicht von der Stelle bewegen.« Ich nicke eifrig und bin mit seiner Forderung absolut einverstanden. »Ich bleibe sitzen«, verspreche ich und Loki zieht sich zufrieden zurück. Er begibt sich, jetzt da alle sitzen, zu dem einzigen Sitz der noch frei ist und nimmt neben Fury Platz. Mein Kopf huscht herum und ich fange Romanovs Blick auf, die mich abschätzend betrachtet, die Lippen schürzt und schließlich wegsieht. Pff, denke ich. Blöde, unecht rothaarige Kuh. Niemand redet mit mir und ich bin froh darüber. Schließlich schließt sich die Ladeluke und das Shuttle startet die Triebwerke. Meine Hände krallen sich in die Gurte, als beim Start ein Vielfaches meines Körpergewichts auf mich einwirkt und das Shuttle davon schießt. Ich weiß nicht, wo unser Ziel liegt, will auch nicht danach fragen, und bemerke nur, dass er Horizont sich hell färbt, als wir den Helicarrier verlassen. ~ Irgendwie... habe ich mir diese Superhelden-Nummer spannender vorgestellt. Seit einer gefühlten Ewigkeit geschieht nichts, außer der Monotonie eines langen Fluges, verbunden mit hin und wieder eingeworfenen Funksprüchen der beiden Piloten. Ich wundere mich, wieso wir diese lange Reise unternehmen, wenn Loki uns doch alle überallhin beamen kann, sage jedoch weiterhin nichts und existiere still vor mich hin. Fury brieft jeden Einzelnen, gerade als ich mir ein Herz fasse und Dr. Banner in ein Gespräch verwickeln will. Ich habe mir auch ein super Thema überlegt: das Wetter. Die Piloten leiten einen Sinkflug ein und ich werde plötzlich nervös. Scheinbar haben wir gleich unser Ziel erreicht. »Machen Sie sich bereit«, ruft Fury über den Lärm der Maschinen hinweg und beginnt sich abzuschnallen. Ich widerstehe dem Drang, es ihm gleichtun zu wollen, denn ich habe es Loki versprochen. Auch Captain America erhebt sich bereits und erteilt Anweisungen. »Clint, du kommst mit mir. Natasha, du und Bruce übernehmt-« Ich werde nie erfahren, was Black Widow und der Hulk übernehmen sollten, denn alle Raketenabwehrsysteme schrillen in diesem Moment los und schneiden dem Cap das Wort ab. »Feindkontakt!«, schreit einer der Piloten noch, dann sehe ich etwas auf uns zurasen. Bedrohlich, groß, leuchtend und definitiv tödlich. Ein Schrei bleibt mir in der Kehle stecken, als ein rot-gelber Blitz das Geschoss ablenkt und das Shuttle lediglich eine abgedämpfte Explosion zu spüren bekommt. Wir werden trotzdem hart durchgeschüttelt und das Shuttle gerät ins Trudeln. »Wir gehen runter!«, ruft irgendjemand. Ich kann die Stimme gerade nicht zuordnen, da ich die Augen zusammen kneife und zu sehr damit beschäftigt bin, mich nicht zu übergeben. »Vorsicht!«, ruft wieder jemand panisch, dann wird der Flug abrupt gebremst und das Shuttle schliddert und poltert noch mehrere hundert Meter über sandige Wüstenlandschaft, bevor er es in einer Düne endgültig zum Liegen kommt. Vom Absturz fix und fertig, hänge ich in meinem Gurt. Wieso bin ich gleich noch einmal mitgekommen? Ich hebe den Blick, treffe Lokis, der mich stumm an unsere Vereinbarung erinnert und gleich darauf in einem »Phlump« verschwindet. »Ist jemand verletzt?«, will Fury wissen, was mehrstimmig verneint wird. »Los, los, los!«, brüllt der Cap daraufhin, kaum nachdem sich die Ladeluke am Heck geöffnet hat. Die Avengers, einschließlich Hill und Fury, springen aus dem Shuttle und verschwinden in blendend heller Wüstensonne. Mein Herz rast, als in der näheren Umgebung weitere Explosionen die Luft zerreißen und Lichtblitze den klaren Himmel durchzucken. Sandregen rieselt auf das abgestürzte Shuttle hernieder und als etwas Großes und Schweres gegen das Shuttle geworfen wird, sodass dieses sich ächzend zur Seite neigt, schreie ich auf. Nur nicht hysterisch werden, sage ich mir. »Ich bleibe sitzen, ich bleibe sitzen, ich bleibe sitzen«, sage ich immer wieder wie ein Mantra vor mich hin, während meine Augen wie wild hin und her huschen. Das Bersten von Sicherheitsglas lässt mich in Richtung der Piloten blicken, die noch auf ihren Plätzen sitzen und wild auf den Anzeigetafeln herum tippen. »Ach du-«, kann ich noch sagen, dann werden beide durch den Einsatz irgendeiner Strahlenkanone einen Kopf kürzer gemacht. Ich kann nicht einmal mehr schreien, als der, im zerstörten Cockpitfenster, auftauchende Chitauri-Krieger in meine Richtung sieht. »Ich verschwinde«, beginne ich ein neues Mantra und fingere bereits an meinem Gurt herum. »Ich verschwinde, ich verschwinde!« Die letzten Worte sind nur noch ein hysterisches Kreischen, dann habe ich mich vom Sitz befreit und laufe, wild mit den Armen wedelnd, zur offenen Ladeluke. Ein kurzer Blick über die Schulter verrät mir, dass der Chitauri sich gerade durch das zerborstene Fenster quält und die Verfolgung aufnimmt. Okay, denke ich. Im Fernsehen sind diese Viecher schon gruselig, aber das hier ist einfach nur... grotesk. Ich kann kaum glauben, dass ich diese Superhelden-Sache noch vor wenigen Minuten als unspannend bezeichnet habe. Das ist jetzt fast schon ein wenig zu viel des Guten. Ich springe ins Freie, lande im weichen Wüstensand, wo meine Beine unter mir nachgeben und ich zur Seite rolle. Die Helligkeit brennt in meinen Augen und ich muss kurz blinzeln, bevor ich etwas erkennen kann, außer unklare Umrisse. Dann ertönt hinter mir ein durchdringendes Kreischen und ich springe auf die Beine, stolpere los und bahne mir einen Weg durch ein Katastrophenszenario. Wohin ich auch sehe, strömen Chitauri-Krieger herbei, kämpfen die Avengers unerbittlich gegen die Kreaturen an, zerreißen weitere Explosionen die Luft. Irgendetwas saust knapp an mir vorbei und ich bemerke erst, dass es einer von Clints Pfeilen war, als dieser sich in das Auge meines Verfolgers bohrt und der Chitauri hinter mir zu Boden geht. Ich haste weiter, vorbei an toten Chitauri-Kriegern, in die Landschaft gesprengten Kratern und umgestürzten Kakteen. Ich halte meinen Kopf gesenkt, dicht zwischen die Schultern gezogen und kreische mädchenhaft, als ich wie ein Hase durch die Dünen hopse. Ich werfe mich hinter einen Schutz bietenden Sandberg, gerade als der Hulk mit bloßen Händen zwei außerirdische Kreaturen zermalmt und achtlos neben mich wirft. Ich starre noch entsetzt auf die leblosen Körper, als ein Vibrieren in meiner Gesäßtasche meine ganze Aufmerksamkeit fordert. Ich krame das Telefon hervor, schimpfe über diesen neumodischen Touchscreen und nehme des Telefongespräch an. Vielleicht ist es meine Mom. Dann kann ich ihr vor diesem apokalyptischen Hintergrund noch einmal sagen, dass ich sie liebe, ganz egal, ob sie nun verrückt ist oder nicht. »Ja?«, brülle ich und kann mein eigenes Wort kaum verstehen, als Iron Man im Tiefflug über mich hinweg saust. »Ich bin jetzt in San Francisco. Das heißt, wir sind jetzt in San Francisco. Wo bist du? Wir warten schon über eine Stunde.« Nick! Ich hatte versprochen, ihn und Bob abzuholen. War das etwa schon heute? »Es ist gerade eher ungünstig«, rufe ich, während ein gefallener Chitauri Krieger, von einem monströsen Eiszapfen durchbohrt, über den Rand der Düne stolpert. »Was ist denn das für ein Lärm bei dir?«, fragt Nick unbeirrt weiter und ich springe kreischend auf die Beine, als ein Chitauri direkt vor mir aus dem Sand auftaucht. Hallo?!?! Aus dem Sand!!! »Ich rufe dich zurüüüüüück!« Hoffe ich. Ich kullere total ungalant den Hang hinunter, als sich der Chitauri nähert. Seine eindeutigen Bewegungen verdeutlichen, dass er mir gleich das Licht ausknipsen will. Mit einem Mal wirft Hill sich vor mich, lädt in einer fließenden Bewegung, wie in so einem Action-Streifen, ihre Waffe nach und ballert dem Fiesling die Cyborg-Schädeldecke weg. »Was geht hier vor?«, will ich von ihr wissen und muss über den Kampflärm hinweg schreien. »Das sollten Sie Loki fragen«, antwortet sie mir knapp und feuert ein paar Schüsse über den Dünenrand. »Vorsicht!« Hill springt zu mir und drückt meinen Kopf nach unten, sodass ich Sand schlucke, als ein Lichtblitz über uns hinweg schießt und hinter uns, ohne Schaden anzurichten, roten Wüstensand zersprengt. Hill ist bereits wieder auf den Beinen, als ich hustend den Kopf hebe und einen Zweikampf zwischen ihr und einem Chitauri beobachte. Meine Augen kommen kaum hinterher und ich bin mir sicher, dass Hill eine Ausbildung bei Mister Miyagi abgeschlossen haben muss, als sie den Krieger mit einer Kombination aus Handschlägen und Fußtritten zurück drängt. Unvermittelt, schießt die gepanzerte Faust des Chitauri nach vorn, durchbricht Hills Deckung und landet einen sauberen Schlag in Hills hübschen Gesicht. Ich höre ein Knacken, das mir durch Mark und Bein geht, und sehe, wie Hill leblos zusammen sackt und die Düne hinunter rollt. »Hill!«, rufe ich und haste hinter ihr her, werfe mich über sie und rüttele an ihren Schultern, während Blut aus ihrer Nase sprudelt. Ein Kreischen lässt mich herum fahren. »Scheiße«, hauche ich nur, als der Krieger sich über uns aufbaut und zum Schlag ausholt. Ich schließe die Augen, warte auf das Ende und bin überrascht, als es nicht kommt, sondern ein Repulsorstrahl von Iron Man das Wesen ins Jenseits befördert. Erleichtert aufatmend, öffne ich die Augen, nur um zu sehen, dass eine Granate des Feindes unweit von uns im Sand landet. »Och nee«, sage ich noch und mein Körper läutet gleich eine echte Nervenkrise ein. Phlump. Keine Sekunde später ist Loki schützend über mir, drückt mich mit seinem Körpergewicht nach unten und hält meinen Kopf gegen seine Brust gedrückt. Ich spüre das Knistern einer Magiebarriere, die uns abschottet, als die Granate ohne Schaden anzurichten explodiert. Ich hebe den Blick und sehe in Lokis gehetztes Gesicht. »Ich konnte nicht sitzen bleiben«, fühle ich mich genötigt zu sagen, als Lokis grüne Augen ängstlich über mein Gesicht huschen. »Ich wollte wirklich, aber dann kam dieser Chitauri mit seinem krassen Energiestrahlkanonendingens und hat die beiden Piloten ins Jenseits befördert.« Okay, ich plappere. Loki scheint dies auch zu bemerken, denn er runzelt die Stirn, als er mein Handgelenk packt und mich mit sich in eine aufrechte Position zieht. »Es tut mir leid«, sagt er, als feindliche Geschosse von seiner, immer noch bestehenden, Schutzbarriere abprallen und diese kurz grün aufflackern lassen. »Ich hätte dich nicht in Gefahr bringen dürfen. Es war ein Fehler, anzunehmen, dass es sicher wäre, wenn du bei mir bleibst.« »Nichts passiert«, sage ich schnell und füge ein gedankliches »mir zumindest« hinzu, als ich an die bewusstlose Hill zu unseren Füßen denke. Phlump. Ich blinzele, sehe mich um und staune, dass wir uns wieder auf der Insel im Ari-Atoll befinden. »Warte hier«, sagt Loki und tritt einen Schritt zurück, um sich wieder in die Wüste beamen zu können. »Halt, warte!«, rufe ich entsetzt und kann den Gedanken nicht ertragen, dass er auf ein Schlachtfeld zurückkehrt und mich hier allein lässt. »Lass mich hier nicht allein!« »Du bist nicht allein«, meint Loki nur und deutet mit dem Kinn auf Hill, die reglos am islamischen Strand liegt. »Ich hasse dich«, sage ich emotionslos und ziehe die Augenbrauen zusammen. Loki gestattet sich ein schiefes Grinsen, tritt wieder an mich heran und kommt meinem Gesicht so nah, dass sich unsere Nasenspitzen fast berühren. »Nein, tust du nicht«, flüstert er, beugt sich vor und keine Sekunde, nachdem er einen leichten Kuss auf meine Lippen drückt, ist er verschwunden. Okay, ich hasse ihn nicht. ~ Ich stehe barfuß am Strand und langweile mich. Schon wieder. Die Wellen schwappen um meine Füße und graben mich immer tiefer in den weichen Sand der Insel. Ich werfe einen Blick zurück über meine Schulter. Hill dämmert immer noch in tiefer Bewusstlosigkeit vor sich hin. In einer großen Kraftanstrengung habe ich sie an den Stamm einer Schatten spendenden Palme gezerrt und gehofft, dass sie bald aufwacht. Aber das ist jetzt auch schon wieder eine Stunde her. Seufzend wende ich den Blick wieder ab und lasse ihn über das weite Meer schweifen. Plötzlich bekomme ich Fernweh. Ich will Urlaub. Keinen Roadtrip durch die USA. Einfach mal ganz weit weg. Eine Weltreise oder so. Selig lächelnd, male ich mir gerade die Route aus, als mich ein komisches Gefühl dazu bringt, mich umzudrehen. »Loki«, sage ich erleichtert, als ich sein Angesicht auf halbem Weg zur Palmenformation ausmache. Ich laufe auf ihn zu, werde jedoch gleich wieder langsamer und halte schließlich ganz an, als ich etwas bemerke. Irgendetwas ist seltsam. Seine Augen... »Warum kann die Raupe sprechen?«, höre ich mich fragen, während ein ganz mieses Gefühl droht, mir die Kehle zuzuschnüren. Loki kneift völlig untypisch die Augen zusammen. Diese Geste sieht irgendwie falsch an ihm aus. »Wie bitte?«, fragt er und mein ungutes Gefühl wird zu etwas ganz Anderem. »Ich will wissen, warum die Raupe sprechen kann«, wiederhole ich und gehe langsam und, wie ich hoffe, unauffällig rückwärts. »Riley, dafür habe ich jetzt echt keinen Nerv.« Er tritt näher. Meine Augen werden feucht, als Panik in mir aufsteigt. Ich weiß bereits, dass das nicht Loki ist, aber ich wiederhole meine Frage trotzdem noch einmal. Leise, stockend, tränenerstickt. »Warum kann die Raupe sprechen?« Genervt wirft Lokis Abbild die Hände in die Höhe. »Die Raupe kann nicht-«, beginnt er schreiend, dann zerfällt er zu Staub und gibt den Blick auf einen weiteren Loki frei, der mit vor Magie glühenden Händen vor mir steht. »Weil sie Stimmbänder hat«, sagt er bestimmt und ich laufe bereits los. Loki verschwindet in einem »Phlump«, nur um im nächsten Augenblick wieder direkt vor mir aufzutauchen. Ich pralle hart gegen seine Brust, als mein Lauf abrupt gestoppt wird, aber das ist mir egal. Ich spüre, wie seine Arme meinen Körper umschlingen und mich an ihn drücken. Ich kann kaum atmen, doch auch das ist mir egal. »Was geht hier vor?«, frage ich und führe somit Hills Ratschlag aus. Loki küsst mein Haar, lockert seine Umarmung und greift nach meinem Handgelenk. »Die Chitauri«, beginnt er und schiebt einen Finger zwischen meine Haut und dem Armband mit Ortungszauber. »Sie sind hier um Rache auszuüben. An mir, der Erde, und denen, die mir etwas bedeuten.« Ein kurzer Ruck seiner Hand zerreißt das Armband. Die filigrane Kette mit dem kleinen Anhänger fällt nutzlos in den Sand. »Weil du die Erde nicht versklavt hast?« »Weil das Universum nicht ihnen gehört.« Die sind aber ganz schön nachtragend. »Habt ihr denen ordentlich den Hintern versohlt?« »Es war nur ein kleines Schiff. Wir konnten das Portal schließen, doch ich fürchte, dass sich bald ein neues auftun wird.« »Oh man«, nörgele ich. »Können die damit nicht noch ein paar hundert Jahre warten?« Dann ist mir echt alles egal. Loki lächelt gnädig, dann teilt er mir mit, dass es sicherer ist, auf den Helicarrier zurückzukehren. Phlump. Ich stolpere leicht rückwärts, als sich fester Boden unter meinen Füßen materialisiert. Loki packt mich noch fester und entschuldigt sich, dass er mich noch einmal verlassen muss. »Was ist mit Hill?«, will ich wissen. »Lassen wir sie noch etwas schmoren«, sagt Loki verschwörerisch und ein fieses Funkeln tritt in seine Augen. Ich stimme nickend zu, warte bis er erneut verschwindet und gehe zu dem Geländer, um mir einen Überblick über das Geschehen auf der Brücke zu verschaffen. Scheint alles normal. Sogar der Typ mit dem Ballerspiel ist wieder da. Mit einem Mal läuft mir ein Schauder über den Rücken. Mich fröstelt und ich reibe mir die Oberarme. »Hab ich dich«, dröhnt unverhofft eine Stimme dicht hinter mir und ich wirbele, auf alles gefasst, herum... und erstarre. Das... Dadadadadas ist... »Eisriese!«, ruft jemand und nimmt mir damit die Worte aus dem Mund. Die enorme Hand des gigantischen Wesen schießt nach vorn und packt mich am Hals. Ich werde von den Füßen gerissen und eine eisige Kälte ergreift von mir Besitz. Meine Augen treten ängstlich aus ihren Höhlen, während ich wild um mich strampele und versuche, den eisigen Griff des Riesen zu lösen. Ich höre noch, wie Alarmsirenen durch den Helicarrier hallen, Stimmen laut werden, der Eisriese gehässig lacht, dann durchzuckt ein schrecklicher Schmerz meinen Körper und alles wird dunkel. ~ Ich erwache und schnappe hustend nach Luft. Mein Hals schmerzt und eine Kälte hat von meinem Körper Besitz ergriffen, die mich ohne Unterlass zittern lässt. Ich bin immer noch barfuß, ziehe meine Beine unter meinen Körper, erhebe mich und sehe mich in einer... Eishöhle um. Glänzendes, kaltes Eis. Überall. An Decken und Wänden. Ein Ausgang führt aus der kleinen Höhle, führt durch weitere Gänge und verläuft sich im Was-weiß-ich-wo. Hat man mich etwa schon wieder entführt? Das wird allmählich zur Gewohnheit. Allen Mut zusammen nehmend, setze ich mich in Bewegung und versuche einen Ausweg aus dieser Höhle zu finden. Vorsichtig luge ich um jede Ecke, die ich passiere. Beißender Wind weht durch die Gänge und ich habe keine Ahnung, was mich hinter der nächsten Kreuzung erwartet. Die Luft wird noch kälter, als der Gang leicht ansteigt. Ich beginne zu keuchen, zwinge mich weiter zu gehen und erreiche schließlich eine... in einen Gletscher geschlagene Nische im arktischen Eismeer? Viele hundert Fuß unter mir tobt das Meer, Schollen treiben im Wind und Wellen brechen an der massiven Gletscherwand. »Ich werde erfrieren«, wimmere ich vor mich hin und mein Atem steigt in weißen Wolken in die klare Luft empor. Eifrig reibe ich meine Hände aneinander, um erste Erfrierungen zu verhindern. »Ich werde jämmerlich erfrieren!« Ich greife an mein Handgelenk, dahin, wo das Armband mit Lokis Ortungszauber immer hängt, und fluche. Scheiße. Das ist jetzt echt mies. Ich beiße mir auf die rauen Lippen und beschließe, wieder in die künstlich angelegte Höhle zu gehen. Vielleicht gibt es ja noch einen anderen Ausgang. Vielleicht treffe ich auch einen Eisbär, der netterweise so freundlich ist und mich in Stücke reißt. Dann findet das ganze Dilemma hier wenigstens bald ein Ende. Ein Eisriese erscheint auf der Plattform, als ich mich wieder ins Innere des Gletschers begeben will. Ich stolpere zurück, als ich seiner gewahr werde. Er ist so groß, dass er sich bücken muss, um durch den kleinen Ausgang zu passen. Ich starre das Wesen unhöflich an. Es ist riesig, blauhäutig, muskulös und jagt mir eine Heidenangst ein. »Keine Sorge«, dröhnt seine tiefe, furchteinflößende Stimme von den Wänden wider. »Ich werde dir nichts tun. Noch nicht.« Und das soll mich beruhigen? Seine roten Augen bohren sich in mich und ich versuche krampfhaft nicht daran zu denken, dass Loki von so etwas abstammt. »Was willst du?«, wage ich mit kratziger Stimme zu fragen. Dabei schlagen meine Zähne klappernd aufeinander und ich ziehe die dünne Jacke, die ich trage, noch enger um meinen zitternden Körper. Der Eisriese verzieht den Mund zu einem grotesk wirkenden Grinsen, setzt sich langsam in Bewegung und läuft, in Gedanken versunken, zum Rand der Plattform, um seinen Blick über die Weite der rauen See schweifen zu lassen. Ich bemühe mich, immer den maximal möglichen Abstand zu ihm zu halten und bemerke dabei, dass ich meine Füße kaum noch spüre. Wie viel Grad unter Null hier wohl herrschen? Aber eigentlich will ich es gar nicht wissen. »Mein Volk sagt, dass Loki Laufeysons Herz so kalt ist wie die Schneestürme in Jotunheim«, lärmt die Stimme des Joten zu mir herüber, obwohl er mit dem Rücken zu mir steht. »Viele behaupten sogar, dass er gar kein Herz besitzt.« Der Eisriese lässt eine dramatische Pause und wendet sich geruhsam an mich. »Das ist eine Lüge. Sein Herz ist verweichlicht. Und es schlägt für ein mickriges Menschlein.« Ich fühle mich angesprochen, hebe den Blick und sehe in diese irren blutroten Augen. »Er wird für sein Scheitern bestraft werden. Die Chitauri werden ihre Armeen schicken und dieser Planet wird unter meiner Herrschaft in eine neue Ära geführt.« Moment, Moment, Moment! Zu viel Input. Die Chitauri und die Eisriesen stecken unter einer Decke? Ein Krieg zwischen den Welten? Schon wieder?!? Ich würde jetzt liebend gern in eine Papiertüte atmen, denn mein Körper gibt sich bereits einer weiteren Nervenkrise hin, als ein charakteristisches Geräusch mich hoffen lässt, dass ich den nächsten Sonnenuntergang doch noch erleben werde. Ich wende den Blick zur Seite, als Loki mit einem »Phlump« neben uns auftaucht und halte mich gerade noch rechtzeitig davon ab »Halleluja« zu rufen. »Byleist«, sagt er mit kalter Stimme und ein Schauder läuft mir über den Rücken. Böse lächelnd, wendet Byleist sich an Loki. »Hallo Bruder«, sagt er und ich wundere mich langsam ernsthaft über Lokis Familienverhältnisse. »Wie ich sehe, hast du meine Nachricht erhalten.« Ich verstehe nur Bahnhof, versuche kein Aufsehen zu erregen und gebe mir alle Mühe an etwas Neutrales zu denken. Weißes Pferd auf grüner Wiese, weißes Pferd auf grüner Wiese, weißes Pferd auf grüner... Mist, klappt nicht. Die Brüder umkreisen sich, wie Raubtiere vor einem Angriff. Kalter Wind pfeift über die Plattform, reißt an meinem Haar und lässt mich immer schlimmer bibbern. »Sprich«, fordert Loki letztlich, verschränkt die Arme hinter seinem Rücken und sieht die so viel größere Gestalt des Eisriesen an. »Was willst du?« Byleist lächelt noch immer. »Wir konnten dich nicht finden«, erklärt er seelenruhig. »Deine Schutzzauber sind wirklich sehr zuverlässig. Und da wir noch eine kleine Rechnung zu begleichen haben, mussten wir irgendwie deine Aufmerksamkeit erregen.« Ich denke an die Trugbilder von Lokis Kindern, als die Blicke beider Brüder kurz zu mir huschen. »Sie ist ein Niemand«, erklärt Loki schnell und ich spüre einen Stich in der Brust, trotz des Offensichtlichen Versuchs, mich aus der Misere raus zu halten. »Ein Menschenweib, die für meine Pläne gut genug ist.« Ouch. Byleist nickt verstehend und wirkt nachdenklich. »Wirst du diese Pläne ruhen lassen und freiwillig mit mir gehen, Bruder?« Ich versuche in Lokis Gesicht zu lesen, als Byleist auf eine Antwort wartet, habe jedoch keinen Erfolg damit, denn keine Regung ist zu erkennen. Ich werde das Gefühl nicht los, dass er auf etwas wartet. Ist die Kavallerie unterwegs? Will er Zeit schinden? Wieso nietet er diese Frostbeule nicht einfach um und wir gehen nach Hause und sehen uns in Ruhe die neue Staffel von »How I Met Your Mother« an? Schließlich verzieht auch Lokis Gesicht sich zu einem Grinsen. »Ich kann es kaum erwarten.« Byleist wirkt zufrieden und als hätte er überhaupt keine andere Reaktion erwartet, dann sieht sein hässliches Gesicht nachdenklich zu mir. »Ein Niemand, sagst du«, wiederholt er Lokis Worte und reibt sich das spitze Kinn. »Dann kann ich sie ja töten.« All meine Alarmglocken schrillen, als Byleist sich unaufhaltsam auf mich zubewegt und seine enormen Hände zu Fäusten ballt. Jetzt aber mal halblang! »Nein!«, ruft Loki und tritt näher an seinen Bruder heran, als dieser ungehalten in der Bewegung inne hält. Ich atme erleichtert aus und warte auf das große »Badaboom«, welches gleich folgen wird und Byleist in die Atmosphäre schießt, als Loki seine Hand auf den Unterarm des Eisriesen legt und sich an ihm vorbei schiebt. »Das übernehme ich selbst.« Ich starre. Perplex. Mit offenem Mund. Läuft mir Sabber aus dem Mundwinkel? Habe ich etwas mit den Ohren? So fühlt es sich also an, wenn man den Verstand verliert. Byleist lässt Loki in einer theatralischen Geste den Vortritt und dieser kommt langsam auf mich zu. Er sieht mir in die Augen. Seine eigenen sind kalt und erbarmungslos. Ich weiß nicht, wie ich mich verhalten soll. Wenn das ein Trick ist, habe ich ihn nicht begriffen. Soll ich mich einfach auf den Boden werfen und das Beste hoffen? »Knie nieder«, sagt Loki und baut sich bedrohlich vor mir auf. Den Spruch habe ich doch schon einmal irgendwo gehört. »Ich sagte, KNIE NIEDER!« Ich zucke zusammen, als er mich anschreit und überlege ernsthaft, was dieses kleine Schauspiel für einen Sinn hat. Dennoch beschließe ich meine Rolle zu spielen, recke das Kinn nach vorn und sehe Loki herausfordernd an. »Ich will lieber stehend ster-« Schmerz explodiert auf meiner Wange, als Loki mir mit der flachen Hand ins Gesicht schlägt. Ich stolpere zur Seite und stoße mit der Stirn hart gegen die Eiswand. Sterne tanzen vor meinen Augen und etwas Heißes läuft mir ins Auge. Mein Blickfeld färbt sich rot. Byleists hämisches Lachen erfüllt meine Ohren, als ich gegen die Wand gelehnt nach oben sehe und Lokis unbarmherzigen Blick auf mir spüre. In diesem Moment kapiere ich, dass das hier überhaupt kein Versuch ist, mich zu retten. Ich sehe in Lokis Augen und begreife, dass ich jetzt sterben werde. In einem kläglichen Versuch, seiner Reichweite zu entkommen, werfe ich mich zur Seite und robbe über den Boden, werde jedoch gepackt, auf den Rücken gedreht und am Schlafittchen auf die Beine gerissen. Loki wirbelt mich herum und mir wird die Luft aus den Lungen gepresst, als mein Rücken gegen eine Wand donnert. Seine schlanken Finger legen sich um meinen Hals, stemmen mich in die Höhe, sodass meine Füße hilflos über dem Boden zappeln. Ich habe Angst, verstehe die Welt nicht mehr und grabe meine Finger in Lokis Unterarme, während ich röchelnd nach Luft schnappe. Wieso tut er das? Ein Traum, das kann nur ein böser Traum sein. Lokis Körper presst sich gegen meinen und während ich überlege, ob ich ihm die Augen auskratzen soll, füllen sich meine Augen mit Tränen. Es ist zwecklos sich zu wehren. Ich bin zu schwach. Und außerdem... es ist Loki. Ich würde ihm nie absichtlich wehtun, selbst wenn ich dazu in der Lage wäre. Also gebe ich auf. Ich lasse von seinen Unterarmen ab und versuche Verständnis in meinen Blick zu legen. Ich will ihm sagen, dass es in Ordnung ist, wenn es heute ein Ende findet. In seinem Gesicht spiegelt sich noch immer keine Regung. Er trägt eine Maske, die sich auch nicht ändert, als seine rechte Hand von mir ablässt und ein Dolch aus Eis darin erscheint. Ich beginne zu weinen, zittere – ob vor Kälte oder Angst, weiß ich nicht – und schließe die Augen, als Loki den Dolch, Schwung holend, in die Höhe reißt. Mein Schrei hallt gellend von den Wänden wider, als das Fleisch meiner linken Schulter zerrissen wird und eine eiserne Klinge an meinen Knochen vorbei schrammt. Ich reiße entsetzt die Augen auf und glaube ein kurzes Flackern in Lokis unergründlichen Augen zu sehen, als er von mir ablässt und ich entkräftet zu Boden rutsche. Ein Blick nach unten führt dazu, dass ich mich beinahe übergebe, als ich den Eisdolch aus meinem Körper ragen sehe. Blut sickert aus der Wunde hervor und tränkt meine Kleidung. »Bring es zu Ende«, höre ich Byleist sagen und Loki hält auf halbem Weg zu ihm inne, dreht sich langsam zurück zu mir. Ich schlucke, kämpfe mich auf wackelige Beine und bemühe mich um einen festen Stand. Lieber stehend sterben... Mit einer schnellen Handbewegung schickt Loki dutzende der tödlichen Klingen in meine Richtung. Sie zischen durch die Luft und ich falle nach hinten, als mein Körper von der Salve getroffen wird. Ich knalle hart auf den kalten Boden, während sich mein eigenes Blut um mich ausbreitet. Mein Kopf kippt zur Seite und ich sehe, wie Byleist zufrieden eine Hand auf Lokis Schulter legt. Eine Sekunde später sind beide verschwunden und lassen mich sterbend zurück. Nun weine ich lautlos. Mein Körper ist taub und eine seltsame Ruhe hat von mir Besitz ergriffen. Sterben ist friedlich, leicht. Leben ist schwerer. ~ Ende des 8. Kapitels ~ Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)