And if I von abgemeldet ================================================================================ Kapitel 1: And if I ------------------- [And if I] Müde rieb Teresa sich ihre Augen. Heute war wieder ml einer dieser Tage, an denen ihr Berater das feste Ziel hatte, seine Umwelt in den Wahnsinn zu treiben. Eigentlich schien es sein einziger Lebenssinn zu sein, aber an Tagen wie heute hatte es den Anschein, dass er sich besondere Mühe gab. Möglicherweise lag das aber auch einfach nur daran, dass sie bereits seit zwei Wochen keinen ernstzunehmenden Fall gehabt hatten. Ein, zwei Tage ausruhen gingen ja wirklich in Ordnung, aber mittlerweile schien selbst Cho mit seinen Nerven am Ende zu sein. Die Agentin vermutete, dass ihm langsam die Bücher ausgingen, die er so gerne las, doch sie war sich sicher, dass der Agent sich dazu nicht äußern würde. Rigsby war mittlerweile so gelangweilt, dass er sich mit Freude auf jede Akte stürzte, die noch überarbeitet werden musste. Lisbon's Blick wanderte zu Van Pelt, der jüngsten Agentin in ihrem Team. Die Senior-Agentin fürchtete, dass die rothaarige Frau, würde sie sich weiterhin mit der gleichen Inbrunst mit den Computern vertraut machen, wie die vergangenen Wochen, von der IT-Abteilung angefordert werden. Lisbon hatte mittlerweile den Überblick darüber verloren, was Van Pelt mit den PC's alles anstellen konnte, vermutlich wollte sie es aber auch nicht ernsthaft wissen, da ihr eigenes Wissen um diese Geräte gerade ausgeprägt genug war, dass sie sie einschalten konnte. Bei Jane war sie sich nie sicher, wie gut er sich damit auskannte. Bei verschiedenen Gelegenheiten hatte er bewiesen, dass er keinen allzu ausgeprägten technischen Sachverstand hatte, allerdings war ihr Berater durchaus dazu in der Lage, ziemlich schnell zu denken und seine Kreativität war im gesamten CBI genauso berühmt wie gefürchtet. Sollte Jane also jemals auf die Idee kommen, sich von Van Pelt unterrichten zu lassen oder selbst einige Bücher zur Hand zu nehmen, würde er nicht nur die Agenten in den Wahnsinn treiben, sondern auch noch die Kollegen, die für die Computertechnik verantwortlich waren. Seufzend warf sie seiner Couch einen Blick zu. Natürlich lag der gelangweilte Berater nicht dort, ebenso wenig würde er gerade Teetrinkend in der Küche stehen, denn dort konnte selbst er nicht viel Unsinn stiften, zumindest nicht mehr als jeder andere Kollege auch und das war nun wirklich nicht seine Art. Nachdenklich ging sie die Tür hinaus um ihre Kollegen zumindest der Form halber daran zu erinnern, dass sie gerade auf Arbeit waren. Mit einem Mal klingelte ihr Handy und die Frau zuckte kurz zusammen und sie fürchtete, dass jemand anrief, um sich über Jane zu beschweren. Sie fischte ihr Gerät aus der Tasche und drückte auf 'Gespräch annehmen'. „Lisbon“, meldete sie sich. „Agent Lisbon“, sagte eine Stimme, die die Agentin als die von Bertram identifizierte. „Ich habe ihnen gerade eine Fallakte gemailt, wir haben einen Mordfall.“ Ehe die Senior-Agentin etwas erwidern konnte, erklang auch schon ein Tuten, dass ihr sagte, dass Bertram bereits wieder aufgelegt hatte. „Gott sei Dank“, sagte Lisbon leise und riss dann erschrocken die Augen auf. „Hoffentlich hat das niemand gehört.“ „Wenn ich niemand bin, haben Sie vielleicht Glück gehabt“, sagte jemand hinter ihr und sie konnte auf einmal die Gegenwart einer Person spüren. Ihre Knie gaben fast nach und ihr Herz rutschte in die Hose, von allen Personen, die mitbekommen hätten können, was sie gerade gesagt hatte, musste ausgerechnet Jane hinter ihr stehen. Nur mit äußerster Mühe gelang es der Frau, nicht laut zu werden, als sie sich umdrehte. „Wie oft habe ich ihnen gesagt, sie sollen sich nicht immer so von hinten anschleichen?“ zischte Lisbon und beobachtete, wie ihr Berater amüsiert die Lippen verzog. „Seit wann danken sie Gott, wenn es einen Mordfall gibt?“ grinste der Berater und blieb ihr eine Antwort schuldig. „Woher wollen sie wissen, dass es sich um einen Mord handelt?“ wollte die Frau wissen und rollte genervt mit den Augen. „Also Lisbon“, antwortete Jane mit gespieltem Tadel in der Stimme. „Sie fragen mich ernsthaft, woher ich weiß, dass die Leiterin einer Mordkommission einen Mordfall zugemailt bekommt? Jetzt bin ich aber ernsthaft enttäuscht.“ Kommentarlos drehte die Agentin sich um und lief in ihr Büro zurück, um sich an den PC zu setzen. Wie sie erwartet hatte, folgte war ihr Berater gefolgt und stellte sich nun hinter sie, um die Akte ebenfalls sehen zu können. Als die Frau die Anlage geöffnet hatte, spürte sie, wie ihr Herz einen Schlag lang aussetzte. Der Mann hinter ihr versteifte sich und mit einem Mal war jede Fröhlichkeit wie weggeblasen. Ihre Augen übermittelten die Bilder ans Gehirn, welches allerdings standhaft weigerte, diese Informationen sachgerecht zu verarbeiten. Auf dem Bildschirm leuchtete ein riesiges, durch das verlaufene Blut traurig wirkende Smiley. Lisbon bemühte sich um eine neutrale Miene, doch sie brauchte sich nicht umzudrehen, wie Jane aussah. Sein Hass war förmlich zu Greifen und die Agentin hatte das Gefühl, sein geballter Hass würde Formen annehmen. Dass Van Pelt zur Tür kam, bemerkte sie gar nicht. „Boss, ich...“, setzte die junge Ermittlerin an, doch als sie die Szene registrierte, brach sie im Satz ab und ihre Augen weiteten sich entsetzt. Die Gelegenheiten, bei denen die Rothaarige aus Jane's Mimik und Körperhaltung erkennen konnte, wie es ihm ging, konnte sie an einer Hand abzählen, doch so deutlich wie jetzt war es nie gewesen. Ohne dass Van Pelt hätte sagen können, wieso, verspürte sie auf einmal Angst vor dem Mann, mit dem sie bereits seit Jahren zusammen arbeitete, dabei hatte er nicht einmal ansatzweise auf ihre Anwesenheit reagiert. „Rufen sie Rigsby und Cho“, wies Lisbon ihre Kollegin geistesabwesend an. „Wir haben einen neuen Fall.“ Aufmerksam sah Lisbon sich am Tatort um. Sie hatte ihr Team über die Lage aufgeklärt und war dann mit Jane losgefahren, während die anderen Agenten die wichtigsten Sachen einpackten und folgten. Eigentlich hatte die Senior-Agentin Jane im Hauptquartier lassen wollen, doch noch ehe sie diesen Gedanken hatte weiter verfolgen können, hatte sie ihn wieder verworfen gehabt. Ihr war klar, dass ihr Berater sich weder von ihr noch von irgendwelchen Fesseln würde aufhalten lassen. Manchmal hatte sie ihn im Verdacht, Handschellen nur mit seinen Gedanken öffnen zu können, vor Allem, wenn es darum ging, ihn von irgendetwas fern zu halten. Und sie wollte nicht riskieren, dass Jane auf dumme Gedanken kommen würde, was zweifelsohne der Fall sein würde, sollte sie ihn irgendwo alleine zurücklassen. So betrachteten sie beide die vor ihnen liegende Leiche samt des dazugehörigen Tatortes. Die anderen Agenten waren derweil damit beschäftigt, nach Zeugen und anderweitigen Spuren, die zum Täter führen würden, zu suchen. Lisbon war sich jedoch sicher, dass dies nicht der Fall sein würde, denn Red John machte keine Fehler. Oder aber er hatte überall mächtige Freunde sitzen, die seine Fehler beseitigten, in jedem Fall würden aber weder Lisbon noch die anderen Agenten verwertbare Spuren finden. So war es bislang immer gewesen und sie hatte die Hoffnung aufgegeben, dass es anders sein würde. Jane war wie immer wie ein Hai, der Blut gerochen hatte, unterwegs. Die Agentin bedauerte bereits jetzt schon jeden Polizisten, der ihrem Berater versehentlich in den Weg gelangen würde, denn sie wusste genau, wie ungehalten der blondhaarige Mann werden konnte, wenn man ihn unterbrach. Tatsächlich hatte es nicht lange gedauert, da wollte ein recht junger Polizist anfangen, die Beweisstücke einzutüten, ohne vorher sicher zu gehen, dass Jane bereits soweit war, dass alles eingetütet werden durfte. Mit betretener Miene lief die Agentin zu ihrem Berater und legte ihm eine Hand auf den Arm. „Kommen sie Jane, lassen sie den armen Mann leben“, redete sie beschwichtigend auf ihn ein. Wann immer es einen Red John Fall gab, neigte Jane dazu zu vergessen, dass es auch noch andere Menschen auf diesem Planeten gab, die ihrer Arbeit nachgehen wollten. „Ich war noch nicht fertig“, schnappte der Mann und widerstand den Versuchen seiner Partnerin, ihn wegzuziehen. Lisbon musterte ihren Berater und fragte sich, woher er nach all diesen Rückschlägen die Energie nahm, immer weiterzumachen und nahm sich vor, ihn irgendwann einmal darauf anzusprechen. Red John war zwar bereits einige Male ein Thema gewesen, aber meistens auf den Aspekt der Rache fokussiert. Mittlerweile wusste die Senior-Agentin nicht, ob sie am Ende wirklich dazu Willens oder in der Lage war, Jane aufzuhalten; die Agentin in ihr rasselte verschiedene Paragraphen runter, die ihr vorbeteten, warum sie den Mann aufhalten musste, die trauernde Freundin und Kollegin in ihr, die einen wichtigen Freund und drei Kollegen verloren hatte, hoffte, dass der Mann, der vor ihr stand, Erfolg haben würde. Hoffte, dass er den Verbrecher finden und leiden lassen würde. „Jane, wir haben Tatortphotos“, sagte die Agentin. „Und sie hatten genug Zeit, sich die Szene einzuprägen und ich weiß, dass sie bis an ihr Lebensende kein Detail mehr vergessen werden. Lassen sie die Männer ihre Arbeit tun, der arme Kerl sieht so aus, als würde er zusammenbrechen, wenn er hier noch länger verweilen muss.“ Wortlos drehte Jane sich um und verschwand kommentarlos, Lisbon blieb besorgt zurück, beschloss dann aber, dass sie zumindest den Anschein wahren musste, die Verantwortung für den Tatort zu tragen. Leise seufzend kam sie zu der Erkenntnis, dass sie eher früher als später mit Jane sprechen musste. Zwei Wochen und unzählige Überstunden später hatten sie dann einen Verdächtigen, der aber lediglich ein Gehilfe zu sein schien, der nicht einmal besonders oft Kontakt zu dem so verzweifelt gesuchten Serienmörder hatte. Ein Verhör mit Jane hatte ausgereicht, dass der Mann stotternd alles erzählte, was er wusste. Bedauerlicherweise war die einzige Neuigkeit eine Botschaft an Jane, in der Red John sie alle wissen lies, dass er sie wieder einmal reingelegt hatte. Der Verdächtige war über den Mittelsmann eines Mittelsmannes beauftragt worden, hatte in aller Kürze alle wichtigen Details gelernt und hatte die grausame Tat dann ausgeführt. Nun saß Lisbon im Büro und blickte müde auf die Uhr. Es war mittlerweile Mitternacht und ihr Bericht war gerade erst fertig geworden. Bis auf sie waren bereits alle Agenten nach Hause verschwunden, gescheucht von Lisbon, die sehen konnte, dass niemand von ihren Kollegen, die sie schon fast als ihre Familie betrachtete, noch die Kraft hatte, viel länger durchzustehen. Eigentlich hätten sie alle einen langen, erholsamen Urlaub verdient, doch leider konnte sie nur ein verlängertes Wochenende erwirken. Sie schickte ihren Bericht als Mail an Bertram, dann fuhr sie den PC runter und verließ das Büro. Ihr Blick blieb bei der Couch hängen, auf der sie die vertrauten Konturen ihres Beraters erkennen konnte. Wie üblich war es seine Intuition gewesen, der es dem Team ermöglicht hatte, den Täter zu fassen. Vorsichtig näherte sie sich ihm und sah die Kopfhörer in den Ohren des Mannes. Dennoch schien er ihre Anwesenheit zu spüren und setzte sich auf. „Sie sollten nicht mehr hier sein“, sagte er stirnrunzelnd, während er die Kopfhörer rausnahm. Im Hintergrund konnte sie hören, dass die Musik noch lief, achtete jedoch nicht darauf. „Ich musste meinen Bericht noch fertig schreiben“, murmelte sie. „Sie kennen doch Bertram, er will so schnell wie möglich in den Medien stehen und bewirken, dass wir wie Helden wirken.“ „Sie können kaum noch gerade stehen, Lisbon“, meinte Jane und trotz seiner gelassenen Fassade konnte sie die Sorge wahrnehmen. „Ich hoffe doch, dass sie sich nicht wagen, das Wochenende über hier zu erscheinen, sonst sehe ich mich dazu gezwungen, sie nach Hause zu bringen und dort anzuketten.“ „Das würden sie nicht wagen“, sagte die Agentin und bemühte sich, ernst dabei zu bleiben. „Ich würde sogar jeden Tag persönlich vorbeikommen und mich vergewissern, dass es ihnen auch gut geht“, grinste der Berater. Lisbon konnte nicht verhindern, dass ihr das Blut ins Gesicht schoss und war dankbar für die schummrige Beleuchtung, durch die Jane das unmöglich sehen konnte. „Ihre Sorge rührt mich“, murmelte sie. „Ich wollte mit ihnen aber noch reden.“ „Ich weiß“, sagte der Mann. „Aber nicht mehr jetzt, sie müssen dringend ins Bett. Ich verspreche ihnen, dass wir nächste Woche über alles sprechen werden, was ihnen auf dem Herzen liegt, aber wir beide brauchen Zeit, unsere Gedanken zu sortieren.“ „Dann sehen sie zu, dass sie auch von hier verschwinden“, nickte Lisbon. „Das hier ist das Büro und nicht ihr zu Hause und wenn sie mich schon zwingen, mein Wochenende nicht hier sondern zu Hause zu genießen, nehme ich mir das Recht heraus, das gleiche von ihnen zu verlangen.“ „Klingt fair“, grinste Jane. „Ich werde dann eben die Couch herrichten, dass sie vernünftig aussieht und dann werde auch ich verschwinden.“ Lisbon lächelte und drehte sich um, um Richtung Aufzüge zu gehen. Zum ersten Mal an diesem Abend achtete sie auf die Kopfhörer und errötete erneut, als sie hörte, was Jane für Musik hörte. „And if I was a betting man I'd bet you love me too.“ Normalerweise machte die Frau sich keine Gedanken über die Musik, die andere Menschen hörten, doch jetzt fragte sie sich unwillkürlich, ob Jane nicht doch mehr für sie empfand, als er immer vorgab. Kopfschüttelnd beschleunigte sie ihre Schritte, aber ein kleines Lächeln blieb auf ihren Lippen. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)