October to May von Earu (Intermezzo With A Stranger) ================================================================================ Kapitel 11: Euphoria -------------------- 3. Januar … Man konnte mich nun wohl offiziell als bisexuell bezeichnen. Na ja, das konnte man vielleicht schon ein Weilchen länger, aber selbst als ich diese Beziehung mit Gackt eingegangen war, hatte es sich irgendwie nicht so angefühlt. Nun, da ich auch richtig mit ihm geschlafen und außerdem realisiert hatte, dass ich in ihn verliebt war, war es mir irgendwie in den Sinn gekommen, dass sich da definitiv etwas getan hatte. Oder war Gackt nur die Ausnahme und alles andere beim Alten geblieben? Aber wenn ich Sex mit einem Mann hatte und mir das ebenso gefiel wie mit einer Frau, dann hieß das doch, dass man bisexuell war, oder? Ich hatte mir noch nie sonderlich viele Gedanken darüber gemacht, was es genau bedeutete, denn eigentlich bekam man das ja im alltäglichen Leben schon irgendwie mit. Aber auf der anderen Seite gab es da auch noch so viele andere Begriffe, die auf -sexuell endeten, die ich vielleicht vom Hören her kannte und gleichzeitig nicht genau wusste, was dahinter steckte: bisexuell, metrosexuell, pansexuell … was auch immer Letzteres mit Brot zu tun hatte (pan = japanisch für 'Brot'). Ich würde das wohl mal nachschlagen müssen. Das Positive war allerdings, dass ich zwar darüber nachgrübelte, was ich nun war, aber es störte mich nicht. Gackt war ein Kerl, aber wenn er ein Mädchen gewesen wäre, hätte das absolut nichts an der Tatsache geändert, dass ich mich in ihn verliebt hatte und scharf auf ihn war. Schließlich hatte ich in den vergangenen knapp zwei Wochen einiges an Sex mit Gackt gehabt und – auch wenn ich von unserem ersten Mal so überwältigt gewesen war, dass ich es mir kaum hatte vorstellen können – wir waren dabei immer besser geworden, hatten unsere Körper noch genauer kennengelernt. Allein zu diesem Weihnachtstag hatten wir es noch zwei weitere Male getan. Schließlich hatten wir einiges nachzuholen, hatte Gackt mit einem Augenzwinkern gesagt. Mit der Zeit waren die Schmerzen auch immer weniger geworden und schließlich ganz verschwunden, was sicherlich auch daran lag, dass wir nun immer Gleitmittel benutzten und nicht mehr improvisieren mussten, was das anging. Gott, von unserem Verbrauch davon und von Kondomen durfte ich eigentlich keinem erzählen, wenn ich nicht wollte, dass uns derjenige hinterher für sexbesessen hielt. Ich hatte diese Gedanken bisher auch nur Gackt gegenüber geäußert und er hatte gesagt, dass das alles gar nicht so schlimm sei, wie ich jetzt vielleicht glaubte. Solange wir keine wunden Stellen bekamen und zum Arzt mussten, war alles in Ordnung. Man musste zwar bedenken, dass ich auch vor ihm schon ein Sexleben gehabt hatte, aber als er mir erzählt hatte, dass das in einer seiner Beziehungen durchaus schon vorgekommen war, hatte ich ihn doch nur mit großen Augen angeguckt. Wunde Stellen aufgrund von übermäßiger Benutzung … das war mir auch noch nirgendwo untergekommen. Tja, über so was dachte ich nach, während ich nur mit einem Paar Shorts und einem von Gackts Hemden bekleidet bei ihm in der Küche stand und uns Omelett zum Frühstück machte. Und als meine Gedanken zu einem Zeitpunkt ungefähr eine Stunde vorher zurückkehrten, musste ich unwillkürlich schmunzeln, denn es war das erste Mal gewesen, dass Gackt mich darum gebeten hatte, dass ich ihn nahm. Ich hatte mich wohl gar nicht so schlecht angestellt, aber ein bisschen unsicher war ich eben doch gewesen. Und jetzt geisterten diverse Dinge durch meinen Kopf, die ich beim nächsten Mal definitiv besser machen würde. Was wiederum dazu führte, dass ich ein bisschen rot um die Nase wurde, während ich mir das alles vorstellte und dabei natürlich auch Gackts Reaktionen und Geräusche nicht ausblenden konnte. „Wo bist du denn jetzt schon wieder?“, wurde ich auf einmal angesprochen und dabei von hinten in eine enge Umarmung gezogen. Mein Verstand schnappte sofort in die Realität zurück und als ich realisierte, dass es Gackt – Wer auch sonst? – war, der sich da an meinen Rücken schmiegte und mir ins Ohr flüsterte, wurde das Rot auf meinen Wangen augenblicklich noch etwas intensiver. „Irgendwelche Geheimnisse, die du mit mir teilen willst?“ Ich lachte aber nur leise und lehnte mich noch etwas an ihn, sog den frischen Duft des Shampoos ein, den er nach seiner Dusche verströmte. „Nein, keine“, sagte ich nach einer Weile. „Gut“, meinte Gackt darauf, knabberte noch etwas an meinem Ohr und schlüpfte mit den Händen ungeniert unter sein Hemd, das ich trug, und ließ sie dann auf meinem Bauch liegen. „Und?“ „Was und?“ „Wie geht’s dir? Fühlst du dich gut?“ Er klang dabei etwas besorgt und sogar … schüchtern? Ich lachte wieder auf, als ich verstand, was er von mir wollte und beruhigte ihn dann direkt auch: „Ach so. Ja, alles in Ordnung, mach dir keine Sorgen.“ „Das ist gut“, entgegnete Gackt in einem tatsächlich beruhigten Tonfall, „Und was denkst du … willst du das wiederholen?“ Ich begann darauf zu grinsen, was Gackt natürlich nicht sehen konnte, weil er hinter mir stand. Hatte er tatsächlich solche Sorgen, dass ich nach allem, was wir bisher miteinander getan hatten, jetzt noch aus dieser Achterbahn ausstieg? „Ja, liebend gern“, lautete schließlich meine Antwort. „Das ist sogar noch besser.“ „Hehe.“ Und dann begann er, mich am Hals zu küssen, sanft mit den Zähnen zu zwicken und auch zu saugen. Seine Hände wurden nun dabei wieder aktiv, kraulten meinen Bauch und schoben mein Hemd nach oben, entblößten meinen nackten Oberkörper. Er trieb das alles ziemlich schnell immer heftiger – wilder und noch hungriger als sonst, sodass ich ihn wohl oder übel – eher übel! – unterbrechen musste: „Hey, was soll das werden?“ Nicht dass es mir nicht gefallen hätte, aber ich hantierte hier immer noch mit heißen Pfanne herum und wenn die vom Herd fiel und vielleicht noch auf meine nackten Füße oder Gackt mich ganz plötzlich gegen den Herd drückte, dann war das alles andere als schön. Und selbst wenn er mir nur Knutschflecke ohne Ende verpassen würde, dann würde man die doch noch eine ganze Weile sehen und auch das musste nicht unbedingt sein. Ich war mir sicher, dass ich dann von so ziemlich jedem aufgezogen werden würde, wie unersättlich ich doch wäre, wenn ich so etwas zulassen würde. Zumindest meine Freunde würden das tun, da konnte ich mir bei Ken und Tetsu sicher sein! „Ich bin ein Vampir“, antwortete Gackt mir schließlich auf meine Frage, nach der er es sich aber auch nicht nehmen ließ, mit seinem Tun fortzusetzen. Und ich gab nach – wenigstens ein bisschen, denn ich tat ihm den Gefallen, schloss genießend die Augen und legte meinen Kopf nach rechts, um ihm links mehr Platz zu bieten. Allerdings warnte ich ihn auch: „Pass aber auf, ich hab das Frühstück auf dem Herd. Und ich muss in einer halben Stunde wieder los.“ Damit war der Augenblick dann ruiniert. Gackt hörte schlagartig auf, mich zu küssen, und fragte stattdessen verdutzt: „Wo musst du denn hin? So früh gehst du doch nie aus dem Haus.“ Ich öffnete die Augen wieder – widerwillig, wie ich selbst feststellen musste –, um ihm zu antworten: „Heute ist eine Ausnahme. Der Kurs, an dem ich teilnehme, wäre eigentlich gestern gewesen, aber da waren ja noch Semesterferien. Weil der Prof aber einfach nicht in die Puschen kommt und deshalb unbedingt diese Sitzung braucht, müssen wir heute schon antreten und nicht erst nächste Woche. Ist auch gleich eine Doppelsitzung, um die Pause über Weihnachten und Neujahr auszugleichen.“ „Heißt das etwa, dass du den gesamten Vormittag weg sein wirst?“, hakte Gackt nach meiner Erklärung nach … und schlussfolgerte damit haargenau richtig. „Ja.“ „Das ist Mist.“ „Wieso? Hattest du irgendwas Besonderes vor?“ „Nicht wirklich“, gab Gackt zu, klang allerdings trotzdem etwas niedergeschlagen, „aber ich hab heute nur den Vormittag frei und muss danach ins Tonstudio und diese Nacht auch arbeiten.“ Er brauchte gar nicht weiterzureden, denn auf die Folgen konnte ich auch alleine kommen: Wir würden uns heute nicht mehr sehen. „Meh“, war deshalb meine Reaktion darauf, hatte dann aber eine Idee. „Ganz genau“, kam Gackt mir jedoch zuvor, noch bevor ich wieder zum Sprechen ansetzen konnte, „musst du denn wirklich zu dem Kurs? Du könntest doch mal schwänzen und dich stattdessen mit mir vergnügen. Wie klingt das?“ Ich seufzte daraufhin erst einmal. Wie oft hatte ich es ihm erklärt? Hatte er denn nie zugehört oder war er tatsächlich so vergesslich? „Ich muss nicht wirklich da hin“, begann ich also noch einmal von vorn, legte den Kochlöffel zur Seite und drehte mich in Gackts Umarmung zu ihm um, „es interessiert bei uns kein Schwein, wer alles zu den Vorlesungen oder Seminaren aufkreuzt. Aber ich mach das schließlich freiwillig, um vielleicht noch ein bisschen was aufzuschnappen, das ich für meine Abschlussarbeit benutzt kann. Sorry, Gacchan, aber nicht hinzugehen ist keine Option. Wie wäre es denn aber damit, wenn du mitkommst?“ Daraufhin zog er ungläubig beide Augenbrauen nach oben und sah mich äußerst irritiert an: „Ich? In einer Veranstaltung an der Uni? Und dann auch noch Kunst! Ich versteh davon doch gar nichts.“ „Ach, jetzt tu mal nicht so, als ob es so abwegig wäre, dass du zur Uni gehst“, war es nun an mir, mich etwas pikiert und zweifelnd zu geben, „du bist doch nicht blöd. Und wenn du wirklich nichts verstehst oder es dir zu langweilig wird, dann kannst du ja noch ein bisschen schlafen … da wärst du echt nicht der Einzige.“ „Na, da kann ich ja eigentlich gleich zu Hause bleiben“, war Gackt Einspruch dazu, wobei er abschätzig die Lippen verzog. „Aber zumindest hätten wir noch ein bisschen Zeit zusammen. Komm schon, Gacchan, tu mir den Gefallen“, bettelte ich nun schon ein wenig, lehnte mich nach vorne und reckte den Hals, um ihm einen kurzen Kuss auf die Lippen zu drücken. Ich versuchte, ihn zu verführen, ihm ein Ja zu entlocken, denn auch mich fuchste es an, dass wir heute praktisch nur das Frühstück zusammen haben würden, obwohl – oder vielleicht auch gerade weil? – ich die letzten Tage fast komplett mit ihm verbracht hatte. Und das lag sicherlich zu einem nicht unerheblichen Teil daran, dass mir vor gut einer Woche angefangen hatte, tiefere Gefühle für Gackt zu hegen. Das hatte ich ihm übrigens noch nicht gesagt. Ich wusste nicht, wieso … vielleicht, weil ich mir selbst noch nicht ganz sicher war. Wobei ich mir da eigentlich ziemlich die Hucke voll log, wenn ich ganz ehrlich war. Denn seitdem wir das erste Mal miteinander geschlafen hatte, lief ich praktisch mit einem Dauergrinsen durch die Gegend, wenn Gackt dabei war, und in meinem Bauch kribbelte es, als wäre er wirklich voller Schmetterlinge. Und trotzdem hatte ich nichts gesagt … stattdessen hatte ich es Tetsu erzählt … wenn es auch eher zufällig war. Es war Silversterabend und wir hatten uns zusammen mit zahlreichen anderen Studenten in genau der Bar eingefunden, in der die ganze Sache mit mir und Gackt damals an seinem Geburtstag so richtig ihren Lauf genommen hatte. Wir, das waren natürlich ich und Gackt, Tetsu und Ayana, Ken, Yuki und You. Auch Chacha hatten wir eingeladen, aber er hatte dankend abgelehnt, da er an sich zwar gerne mit Freunden einen draufmachen ging, er sich zwischen all den jungen Studenten allerdings etwas fehl am Platze fühlen würde. Außerdem hätte er schon eine Einladung von einigen anderen Freunden, die im kleineren Kreis feiern wollten. Okay, das war zwar schade, aber man konnte die Leute auch nicht zu ihrem Glück zwingen. So wirklich schwer trugen es wohl auch nur Gackt und You, da wir anderen Chacha nicht so gut kannten, wie wir vielleicht gewollt hätten. Jedenfalls waren wir dann eben zu siebt auf die Party gegangen, für die man sogar eine Liveband organisiert hatte, die nach Tetsus und Yous Aussagen allerdings eher mäßig war. Meinen Geschmack traf sie auch nicht gerade, aber zumindest war es mal was anderes als das ewige Dance-Pop-Gedudel, was einem sonst so auf Partys um die Ohren gehauen wurde. Und man konnte auch hierauf ganz gut tanzen, was ich an diesem Abend schon regelmäßig mit Gackt getan hatte. Dabei waren mir die langsamen Songs wesentlich lieber, denn dann konnte man nicht nur durch die Gegend hüpfen, sondern auch ein bisschen knutschen. Nicht zu heftig natürlich, sonst würden wir am Ende vielleicht noch den Countdown verpassen, weil wir auf irgendeiner Toilette steckten und Sex hatten. Im Moment war aber eher Verschnaufpause angesagt, in der ich mit Tetsu an der ungewöhnlich leeren Bar stand und mir ein Bier genehmigte. Ken hatte ihm Ayana für einen Tanz entführt, damit ihn das Mädchen, dass er sich zwei Stunden vorher anscheinend unbeabsichtigt angelacht hatte, endlich in Ruhe ließ. Gackt und Yuki waren vor der Tür eine rauchen und wo You steckte … wusste ich absolut nicht. Vielleicht hatte er sich jemanden geschnappt und wollte nun ein bisschen Privatsphäre, aber als ich diese Vermutung geäußert hatte, hatte Gackt nur gelacht, den Kopf geschüttelt und war dann durch die Menge nach draußen verschwunden. Und als hätte Tetsu nur auf die Gelegenheit gewartet, fiel er sogleich mit Fragen über mich her: „Und? Wie war euer Weihnachtstag zu zwei allein? Man musste ja richtig Angst haben, dass du bei einem falschen Wort zum Berserker wirst.“ Natürlich war sein letzter Satz nur ein Scherz – das konnte ich an seinem breiten Grinsen und seinem Tonfall nur zu gut bemerken. Und dann lag da noch etwas in seinem Blick, das mir verriet, dass er vor Neugier fast platzte. Wir hatten uns in den letzten Tagen aber auch nicht gesehen und ich hatte mich geweigert, ihm am Telefon, per Mail oder über SMS davon zu erzählen. „Gut, gut … war ein schöner Tag“, antwortete ich knapp, was selbstverständlich die Untertreibung des fast vollendeten Jahres war. Aber Tetsu würde sicher nachhaken, nicht zuletzt, weil ich wirklich merkte, wie sich ein ebenso breites Grinsen wie bei ihm auf meine Lippen stahl. „Rück lieber gleich mit der Sprache raus, Doiha. Du weißt, ich kenne dich lange genug, um zu sehen, dass du mir was verschweigst und drauf brennst, es mir zu erzählen.“ „Ach, ist das so?“, fuhr ich ihm möglichst gelassen dazwischen und nahm einen Schluck von meinem Bier. Aber natürlich wurde ich wieder einmal überhört. „Erzähl, was habt ihr getrieben?“ Immer noch schmunzelnd presste ich die Lippen aufeinander, als er dieses letzte Wort ausgesprochen hatte – getrieben. Richtig, Tet-chan, genau das. Und ich brauchte diesen Gedanken noch nicht einmal zu äußern, da wusste es mein bester Freund auch schon: „Die Baustelle habt ihr also beseitigt. Und wie war's?“ „Ziemlich … intensiv, würde ich sagen“, entgegnete ich, nachdem ich ein bisschen überlegt hatte, wie ich es ausdrücken sollte, „ich hab so was ja noch nie gemacht. Aber Gackt war toll … er hat alles getan, damit ich mich wohlfühle. Und geschenkt hat er mir auch noch was.“ Daraufhin hielt ich meinen linken Arm nach oben, wo am Handgelenk das Band aus Onyx hing und selbst in dem matten Licht der Bar glänzte. „Hübsch“, kommentierte Tetsu mein neues Schmuckstück, wandte sich dann aber wieder dem Ausgangsthema zu, „und denkst du, dass ihr das wiederholen werdet?“ Wieder erschien ein breites Grinsen auf meinen Lippen, das eigentlich wie eben schon alles sagen sollte und wahrscheinlich auch tat. Trotzdem antwortete ich: „Das hat sich schon erledigt.“ „Oha!“ „Hm … Gackt ist nur kurz zum Conbini geflitzt, um Gleitmittel zu kaufen, damit es nicht ganz so weh tut, und dann konnte es direkt weitergehen. Und in den Tagen drauf-“ „Ah, Doiha, halt!“, unterbrach Tetsu mich dann aber, „du weißt, ich hab dich ganz doll lieb, aber das sind mir dann doch ein bisschen zu viele Informationen. Freut mich allerdings, wenn es dir mit ihm so gut geht. Freut mich wirklich …“ Er schenkte mir noch ein aufmunterndes Lächeln, ehe er erneut an seinem Bier nippte, und ich überlegte, ob ich ihm vielleicht nicht doch noch ein bisschen mehr von den letzten Tagen mit Gackt erzählen sollte. Nicht vom Sex natürlich, sondern … von dem anderen. Und noch bevor ich tatsächlich großartig darüber nachgedacht hatte, ergriff ich auch schon wieder das Wort. „Ich denke sogar, ich bin dabei, mich in ihn zu verlieben“, erzählte ich Tetsu mit einem leicht schüchternen Ausdruck in der Stimme. Wo das herkam, konnte ich mir sogar nur zu genau vorstellen, schließlich war das hier das erste Mal, dass ich es gegenüber jemand anderem laut zugab – selbst wenn es nur Tetsu und nicht Gackt war. Aber auch der machte ein ganz überraschtes Gesicht mit großes Augen und offenem Mund … ehe er er sich zwei oder drei Sekunden später wieder fing und mir anerkennend auf die Schulter klopfte. „Das ist gut“, sagte er dann auch dazu. „Und wie sieht's mit ihm aus?“ Genau das war hier die Preisfrage. „Weiß nicht … ich hab's ihm noch nicht gesagt und da eben auch noch nicht gefragt, ob sich bei ihm was geändert hat“, gab ich ohne Umschweife zu, „und ich bin mir ja selbst noch nicht so ganz sicher.“ „Wie sicher willst du dir denn noch sein? Gackt macht dich ganz offensichtlich ziemlich glücklich. Sag's ihm doch einfach und frag ihn, wie er das sieht.“ „Ja, ich weiß. Aber ich weiß auch wieder nicht, ob ich damit umgehen kann, wenn er … keine Ahnung … ablehnt. Ich hab da irgendwie Angst.“ Tetsus Lächeln war nun komplett verschwunden – ebenso wie meins. Stattdessen rieb er mir aufmunternd über den Oberarm und blickte mich mitfühlend an. Er musste diese Verlustangst kennen, schließlich war er auch in einer Beziehung … und hatte vorher schon andere gehabt. Er wusste, welches Risiko man einging, wenn man sich auf einen anderen Menschen einließ und sich so sehr an ihn band. Selbst wenn beide sich liebten, war da immer die Befürchtung, dass der andere einem fürchterlich weh tun konnte. Am Anfang meiner Beziehung zu Gackt hatte mich das nicht so sehr gestört, denn es war alles ganz locker gewesen – fast ohne irgendwelche Verpflichtungen – und wenn wir gewollt hätten, hätten wir vermutlich problemlos zu einer bloßen Freundschaft zurückkehren können, die auf andere nur vielleicht ein bisschen seltsam wirken mochte. Doch jetzt ging das nicht mehr – jetzt hatten wir Sex und ich hatte mich ihm sogar noch viel tiefreichender hingegeben. „Dann nimm dir einfach noch ein bisschen Zeit und denk drüber nach, was du willst. Allerdings finde ich schon, dass du es ihm sagen solltest. Er hat schließlich irgendwo doch ein Recht drauf, es zu erfahren.“ Und noch bevor ich den Mund zu einer Erwiderung öffnen konnte, fuhr mir jemand anderes in die Parade: Gackt selbst, der gerade mit Yuki im Schlepptau vom Rauchen zurückgekehrt war. „Was soll er wem sagen?“, fragte er und legte dabei einen Arm um meine Schultern. „Ach, nichts“, beeilte ich mich mit einer Antwort, wirkte dabei aber natürlich wenig glaubwürdig. Dafür kam mir Tetsu zu Hilfe: „Dass er deinen Hintern in der Jeans viel zu hübsch findet, um ihn nicht zum Tanzen zu schwingen. Es war ihm nur zu peinlich, dir das auch direkt zu sagen.“ „Ah~ ja, das kenn ich schon. Er mag keinen Dirty Talk“, stimmte Gackt dem ungeniert zu und ich biss mir dabei innen auf die Unterlippe. Doch ich war nicht der Einzige, dem das ein wenig unangenehm war. „Noch so einer, der mit zu vielen Informationen ankommt“, beschwerte sich Tetsu und hielt sich übertriebenerweise die Ohren zu, „ihr zwei passt wirklich zueinander. Jetzt schert euch endlich zum Tanzen! Aber passt auf, dass ihr pünktlich um Mitternacht wieder hier seid. Sonst hätte das ja alles keinen Sinn.“ „Aye, aye!“, meinte Gackt nur und salutierte dazu auch, ehe er sich bei mir unterhakte und mich dann tatsächlich zur Tanzfläche abführte. Unterwegs ließ er es sich aber nicht nehmen, mich noch einmal auf Tetsus Bemerkung eben anzusprechen: „Zu viele Informationen? Was hast du ihm denn erzählt?“ „Uhm … er hat nur gefragt, wie meine Ferien so waren. Weiter nichts“, klärte ich Gackt auf und das schien schon zu reichen, denn er schmunzelte und gab ein verstehendes „Ah~“ von sich. Dann hielt er an, schlang die Arme um meinen Hals, weil gerade ein ziemlich langsamer Song gespielt wurde und begann damit, uns im Takt zu wiegen. Und schließlich lehnte er sich zu mir herunter und küsste mich sanft, was ich sofort erwiderte und die Schmetterlinge in meinem Bauch ebenfalls zum Tanzen brachte. „Bitte komm mit, Gacchan“, bat ich ihn noch einmal und sah ihn aus großen, unschuldigen Augen an, „tu's für mich.“ „Na, gut“, gab er schließlich seufzend nach, grinste dann allerdings schon wieder so dreckig, dass ich schon wusste, dass jetzt gleich irgendwas kommen würde, „dafür bist du mir aber was schuldig. Und ich meine damit nicht, dass du ab jetzt immer für's Frühstück zuständig bist. Wenn ich diese Nacht von der Arbeit komme, will ich, dass du schon nackt und willig im Bett liegst und mich anschließend nach Strich und Faden verwöhnst. Mein Tag wird schließlich anstrengend.“ „Du Schuft!“, fiel mir dazu nur ein, „sag du noch mal, ich wäre ein kleines Teufelchen. Du bist auch nicht viel besser!“ „Schuldig im Sinne der Anklage“, säuselte Gackt noch, ehe er mir einen weiteren kurzen Kuss raubte und sagte: „Wir sollten dann was essen, wenn wir bald los müssen. In einer halben Stunde hast du gesagt, oder?“ „Jep.“ Und was war das Ende vom Lied? Dass wir tatsächlich hätten zu Hause bleiben können, weil mich Gackt so dermaßen ablenkte, indem er einfach nur still neben mir saß, unter dem Pult meine linke Hand festhielt oder mir federleicht über den Oberschenkel strich, dass ich ansonsten kaum etwas mitbekam und wir uns nach der Hälfte der Zeit aus dem Saal schlichen. Meinen Professor interessierte das natürlich herzlich wenig – er war es ja schon gewohnt, dass fast die halbe Studentenschaft in seinen Vorlesungen den Schlaf nachholte, den sie in der vergangenen Nacht nicht bekommen hatte. Und dann holten Gackt und ich etwas nach, das wir am Silvesterabend nicht getan hatten: Sex auf dem Klo. tbc. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)