Vom Dunkel und vom Licht von Vanhia (Das unaufhörliche Streben nach Glück und die Kellen die das Leben gibt) ================================================================================ Kapitel 1: Kapitel 1 - Ankunft in Konohagakure ---------------------------------------------- Ich schwitzte. Aber das war ja auch kein Wunder, bei der Wärme. Die Sonne brannte unnachgiebig herunter und selbst die Insekten schienen sich verkrochen zu haben. Seufzend blieb ich stehen, um etwas zu trinken. Seid Stunden waren wir bereits unterwegs, ohne bisher eine Pause gemacht zu haben. Aber Klagen half nicht. Der Weg in das Dorf war wirklich weit. Aber hier waren überhaupt alle Wege ziemlich weit. Ich hatte feststellen müssen, dass je weiter man nach Osten kam, die Menschen immer weniger von bequemen Transportmitteln zu halten schienen. Etwas missmutig betrachtete ich den Boden unter meinen Füßen. Im Grunde war es nicht mehr als ein Waldweg. Man hatte begonnen ihn irgendwann einmal entlangzugehen wodurch sich mit der Zeit die Erde verdichtet hatte. Nun war es die Handelsstraße in das Dorf. Ich warf meinen Begleiter einen möglichst unauffälligen Blick zu. Auch er schien unter den Temperaturen zu leiden. Er hieß Yashido, soviel hatte ich verstanden, als er sich vorgestellt hatte. Viel mehr wusste ich allerdings nicht. Er war ein schweigsamer Mann, den ich auf Mitte oder Ende 30 schätzte. Erste silberne Strähnen zeigten sich in seinem sonst schwarzen kurzen Haar. Vierzig, beschloss ich. Auf seiner Weste hatte sich feiner Straßenstaub abgesetzt, den er sich gerade abklopfte. Obwohl er eine weite Jacke und weite Hosen trug, schien er mir muskulös zu sein. Vielleicht war er ein Samurai, schoss es mir durch den Kopf, als mein Blick sein Schwert streifte, dass er an seinen Gürtel gebunden hatte. Er bemerkte meinen Blick. Es war ganz sicher unhöflich jemandes Waffe so anzustarren. Verlegen lächelte ich ihn an. Er legte seine Hand auf den Schwertgriff. „Katana.“, erklärte er mir. Das sagte mir etwas, denn mein Vater hatte mir einmal erzählt, dass das Katana eines der traditionellsten Waffen in diesem Land waren. Ich verstaute die Flasche wieder an der Seite meines Rucksacks und schulterte ihn. Auch Yashido hatte einige Schlucke aus einem Schlauch getrunken und sah nun fragend zu mir herüber. Ich verstand die stille Frage und nickte. Die Pause war vorüber. Wortlos gingen wir weiter. Alleine hätte ich den Weg in dieses Dorf sicher nicht gefunden, und als Ausländer, der ich nunmal offensichtlich war, behandelte man mich zwar ausgesprochen freundlich und respektvoll, mit Informationen wie der Lage eines geheimen Dorfes bewarf man mich allerdings nicht gerade. Darüber hinaus, hatte ich mich geirrt, mein fehlendes Sprachwissen, war zu einem ziemlich großem Problem geworden. Außerhalb der Mauern der Herrscherstadt, verstand keiner der Menschen auch nur eine der Sprachen, in denen ich mich hätte verständigen können. Nicht einmal Yashido, konnte eine andere als seine Landessprache sprechen. Ein echter Reinfall. Die Vermutung lag nahe, dass mein Begleiter vielleicht viel zu erzählen hatte, denn hin und wieder hatte er den Mund geöffnet, um mir etwas mitzuteilen, hatte sich dann aber doch anders entschieden. „Yashido?.... Wie lange... Weg?, stammelte ich und kam mir dabei ziemlich blöd vor. Er hob die Hand und zeigte mir dabei zwei Finger. Wunderbar, waren das nun zwei Stunden, oder zwei Tage, vielleicht zwei Monate oder zwei Kilometer? „Zwei Tage. Heute“er zeigte einen Finger. „Morgen“ ,ergänzte er und zeigte den Zweiten. Langsam nickte ich, während ich in meinem Kopf nach den richtigen Worten suchte. „Danke“, sagte ich schließlich lahm. Das war es dann wohl schon mit unserem Gespräch. Innerlich bereute ich es zutiefst nicht mehr Engagement auf das Erlernen dieser Sprache gelegt zu haben. Aber ich war immer davon ausgegangen, dass ich hier niemals ohne meinen Vater sein würde. Aber wir hatten schließlich so vieles anders geplant. Da wir sowieso in friedlicher Eintracht nebeneinander herliefen, versank ich in meinen Gedanken. Meine Reise schien sich langsam ihrem Ende zu nähern. In zwei Tagen würde man mich Sarutobi Hiruzen vorstellen.In Kürze würde ich an meinem Ziel ankommen. Vor meinem inneren Auge begann sich meine Flucht noch einmal auszubreiten und so ließ ich sie Revue passieren. Da ich Züge und dergleichen in meinem Land nicht hatte nutzen können, brauchte ich alleine mehrere Monate um die Landesgrenze zu erreichen. Es waren einfach überall Wachposten aufgestellt worden, die nach mir suchten. Immer wieder hatte ich meine Route ändern müssen. Teilweise hatte ich mich tagelang in Senken und Höhlen verstecken müssen, um nicht entdeckt zu werden, denn auch in den Wäldern suchten Teams nach mir. Einige Male kamen sie mir gefährlich nah und nicht immer waren meine Verstecke so unbewohnt, wie ich sie gern gehabt hätte. Schmerzlich kam mir die Begegnung mit einem Dachs in Erinnerung, der in seinen Bau zurückkehren wollte, während ich darin schlief. Diese Biester waren wirklich ziemlich aggressiv. Ich war im Sommer aufgebrochen und als ich Endlich die Grenze erreichte war es bereits Herbst geworden. Für einen Moment war ich froh es noch vor Wintereinbruch geschafft zu haben, denn dadurch, dass die Bäume ihre Blätter verloren, wären mir über kurz oder lang wahrscheinlich die Versteckmöglichkeiten ausgegangen. Im Herbst setzten Stürme ein, die die meisten Menschen in ihre Häuser vertrieb, einige waren so stark, dass Bäume entwurzelt wurden. Eine dieser Stürme nutzte ich als Gelegenheit um unerkannt über die Grenze zu gelangen. Dort ging es allerdings nicht leichter vorwärts, denn als direktes Nachbarland, noch dazu in einer Union, hatte die Senatorin auch hier viel Einfluss. Darüber hinaus bestand ein Vertrag zwischen den beiden Ländern. Unter anderem enthielt er ein Auslieferungsabkommen. Sollte man mich hier fassen, gab es Nichts und Niemanden der mich retten konnte. Der Vorteil war jedoch, dass man hier noch nicht von mir gehört hatte. Bevor ich die Grenze überquert hatte, waren mir nämlich einige Flugblätter in die Hände gefallen, die mich als gewalttätige Kriminelle auswiesen. Hier aber gab es diese Steckbriefe nicht. Und obwohl es wahrscheinlich war, dass im Randgebiet der ein oder andere Einwohner eines dieser Blätter gesehen hatte, würde sich das verlieren je weiter ich ins Landesinnere kam. In dem Punkt sollte ich Recht behalten. Einige Male ließen mich Farmer auf ihren Heuböden schlafen, oder gaben mir eine warme Mahlzeit oder gestatteten mir eine Dusche. Nach den ganzen Wochen in freier Natur, war das eine richtige Wohltat. Der Winter indes, wurde zu einem der härtesten den der Kontinent seid Beginn der Wetteraufzeichnung gesehen hatte. Nicht immer hatte ich rechtzeitig einen Unterschlupf finden können und hatte mich darüber hinaus durch Schneestürme kämpfen müssen. Die Suche nach sicheren Stellen, erwies sich als ziemlich schwierig. In einem besonders schwerem Sturm, hatte ich kein Glück gehabt und vielleicht wäre ich gestorben, wenn mich nicht zufällig ein Waldarbeiter gefunden hätte. Der Mann war gerade auf dem Heimweg. Halb erfroren hatte er mich in der Nähe seines Hauses gefunden. Am Ende meiner Kräfte war ich im Schnee zusammengebrochen. Er nahm mich mit in sein Haus und zusammen mit seiner Frau half er mir auf die Beine. Er sprach sogar meine Sprache ziemlich gut, weswegen wir uns gut verständigen konnten. Sein Name war Karel und seine Frau hieß Marienke. Als das Fieber kam, kümmerten sie sich rührend um mich. Da Karel und Marienke wohl gemerkt hatten, dass mit mir etwas nicht stimmte holten sie keinen Arzt von außerhalb, sondern behandelten mich selbst in ihrer kleinen Hütte. Sie schienen zu wissen, dass ich etwas verbarg fragten aber auch nicht danach. Dafür war ich ihnen sehr dankbar, denn die Wunde war zu diesem Zeitpunkt noch viel zu frisch gewesen. Sie verstanden viel von Naturheilmitteln. „Hier draußen, muss man sich zu helfen wissen. Es hat Vor- aber auch Nachteile“, sagte Karel mir, als mein Fieber sank. Der Nachteil war, dass die selbstgebrauten Mixturen einfach schrecklich schmeckten. Bald darauf ging es mir schon wieder so gut, dass ich erste Schritte unternahm. Da ich den beiden nicht länger als unbedingt nötig zur Last fallen wollte, entschied ich mich aufzubrechen, sobald sich das Wetter stabilisiert hatte. Zum Abschied hatte Marienke mir einen Schal in die Hand gedrückt und ihren Mann auffordernd angeschaut. „Sie hat ihn für dich gestrickt, er ist nicht gerade unauffällig, aber er passt gut zu deinen dunklen Haaren.“ Mit dieser Beschreibung hatte der den Nagel auf den Kopf getroffen. Die Farbe war eine Mischung aus petrol und indigo. Er würde sehr weit leuchten. Nichtsdesto war er wunderschön – und monströs. Das Strickstück war sicherlich über 2 Meter lang. Daraufhin hatte ich den beiden gedankt, sie umarmt und ihnen Lebe wohl gesagt. Im Frühjahr hatte ich das Land durchquert und passierte die Grenze, als der Schnee zu tauen begann. Eine Hand legte sich auf meine Schulter. Ich blickte auf. Yashido hatte anscheinend mit mir gesprochen. „Was ist?“, fragte ich. Der Mann zeigte auf eine Stelle abseits des Weges. Dort konnte ich hinter Bäumen eine Lichtung erkennen. „Heute Nacht, schlafen.“, erklärte er mir. Vor Überraschung mussten meine Augen noch größer geworden sein, denn er zeigte nach oben in den Himmel. Es war in der Tat bereits Dämmerung. Wir waren den ganzen Tag, seid der Pause am frühen Nachmittag gewandert und ich hatte es nicht einmal bemerkt. Ich folgte ihm zu der Lichtung und ließ mich in dem weichen Gras nieder. Der Krieger wies mich an, auf der Lichtung zu bleiben und verschwand zwischen den Bäumen, vermutlich um Holz zu suchen für ein Feuer. Gehorsam blieb ich sitzen. Insgeheim hatte ich entschlossen, dass es sich einfacher leben ließ, wenn die Leute dachten, dass ich eine ganz normale junge Frau wäre. Ich wollte vermeiden Aufmerksamkeit zu erregen, indem ich mich meiner Ausbildung entsprechend verhielt. Man würde Fragen stellen und auf diese Fragen hatte ich keine Lust. Ein Knirschen zwischen den Blättern kündigte an, dass mein Begleiter fündig geworden war und zurückkehrte. In seinen Armen hatte er einen Stapel voll mit Holz. Diesen schichtete er einen halben Meter vor mir auf und begann damit ein Feuer anzuzünden. Als es schließlich munter brannte reichte er mir einen langen Stock mit ein paar Fleischstücken daran und einer Reisration. Während wir beschäftigt waren, wurde es dunkel. Schweigend saßen wir umringt von Bäumen und dem Zirpen der Grillen und anderer nächtlichen Geräusche. Ein eigenartig friedlicher Moment. Nach einer Weile bedeutete er mir, dass er wach bleiben würde um die erste Wache zu halten, damit ich schlafen konnte. Ich nickte ihm zu, als Zeichen, dass ich ihn verstanden hatte, und rollte mich in meinem Schlafsack zusammen. Mir entging Yashidos Blick dabei nicht und musste lächeln. So etwas wie ein Schlafsack war hier nahezu unbekannt. Auf Reisen nahmen die Menschen hier in der Regel eine Unterlage und deine Decke. „Andere Länder, andere Sitten.“, sagte ich. Natürlich verstand er kein Wort. Da er sich damit abgefunden zu haben schien, dass ich genauso viel in seiner Sprache sprechen konnte wie ein fünf Jahre altes Kind, begnügte er sich damit mir lächelnd zuzunicken. Lächeln und nicken. Es war wohl die gängigste Methode in diesem Land mit schwierigen Situationen umzugehen. In Gedanken verdrehte ich die Augen und seufzte ergeben. Es war eine so nichtssagende Geste, dass man schier wahnsinnig werden konnte. Ich zuckte mit den Achseln und drehte mich mit dem Gesicht vom Feuer weg und schloss die Augen. Einige Stunden später wurde ich geweckt. Wachwechsel. Nun war es an mir mich ans Feuer zu setzten. Auch wenn Yashido davon ausging, dass ich wehrlos war, sah er es offensichtlich nicht als Problem an sich hinzulegen. Die größte Gefahr, die er vermutlich erwartete war ein verirrtes Wildschwein. Falls ich also ein merkwürdiges Geräusch hörte, musste ich ihn nur mit meinem Stock zu stupsen und ihn so wecken. Ernsthafte Angriffe waren nicht zu erwarten, zumindest keine über die ich mir ernsthafte Sorgen machte. Der Arm der Senatorin muss wirklich lang geworden sein, wenn sie uns dort erreichen kann. Die Worte hatte mein Vater damals gesagt. Recht hatte er gehabt, so weit konnte kein Arm reichen, nicht bis zum anderen Ende der Welt. Allem was mich hier erwarten mochte war ich gewachsen, denn ich hatte einen zweifelhaften Vorteil: Es gab nichts mehr das ich noch verlieren konnte. Grimmig stocherte ich mit meinem Stock im Feuer umher, das bereits weit herunter gebrannt war. Glühende Asche flog umher und ich erinnerte mich an meine Kindheit, als mein Vater zusammen mit mir und meinen Cousins an einen See gefahren war. Dort hatten wir geangelt und uns abends um ein Lagerfeuer gesetzt und er erzählte uns Geschichten. Ich spürte die Bewegung am Rand der Lichtung mehr als dass ich sie sah. Langsam neigte ich den Kopf um in die Richtung zu sehen. Aus der Dunkelheit sahen mich zwei leuchtend gelbe Augen an. Ich starrte gelassen zurück. Der Besucher schob sich ein paar Schritte weiter in meine Richtung und blieb dann unschlüssig stehen. Ich hob eine Augenbraue und warf ihm eine wortlose Frage zu: ' Na, was willst du?' Er hob seinen zotteligen Kopf und ich konnte sehen, dass sich seine Ohren neugierig aufstellten, bevor er den Kopf schief legte und seine lange rosa Zunge aus dem Maul hängen ließ. 'Ich habe das Licht gesehen und war neugierig, was das ist.', schien er zu sagen. 'Und nun da du es weißt, was hast du vor?' Er schüttelte den Kopf und trat einen weiteren Schritt vor ohne, dass unser Augenkontakt abbrach. 'Ich weiß nicht. Eigentlich bin ich auf der Jagd und hier habe ich etwas Essbares gerochen.' Der Wolf schaute vor meine Füße, wo noch die Reste des Abendessens von Yashido lagen. Es waren noch einige dicke Stücke Fleisch übrig geblieben. Sie stammten von einem Reh, dass er einen Tag vorher erlegt hatte. Er hatte vorsorglich alle verbliebenen Fleischstücke über dem Feuer geröstet. Roh würden sie sich keinesfalls einen Tag länger halten, so warm wie es war. Es überraschte mich, dass er überhaupt jagen gegangen war, denn die Reisration aus dem Palast hätte ohne Probleme noch einige Tage gereicht. Vielleicht hatte er keine Lust mehr auf puren Reis, tönte es in meinem Kopf. Ich musste kichern. Auch der Wolf zog die Lefzen hoch, so dass es aussah als ob er mich angrinste. Umgeben vom Zirpen der Grillen lächelten wir uns an, als ob wir einen guten Witz gehört hatten. Irgendwo in der Nähe schrie eine Eule. Vermutlich war auch sie auf der Jagd und hatte soeben ihre Beute ergriffen, um sie auf einem Baum in Ruhe zu verspeisen. In meinen Gedanken gab ich dem Wolf den Namen Tonda. 'Nun Tonda, willst du mir Gesellschaft leisten?', fragte ich ihn und legte dabei etwas meinen Kopf schief. Kopfschütteln. Schade, dachte ich, es wäre schön gewesen mit jemanden reden zu können. ' Hast du keine Angst vor mir?', schien er mich zu fragen. ' Nein wieso?' 'Weil ihr Menschen für üblich anfangt zu schreien, wenn ihr mich seht. Die Bauen werfen Sachen nach mir, wenn ich mich ihren Herden nähere. Manche von ihnen legen vergiftete Köder aus um mich zu töten.' Traurig blickte ich einen Moment zu Boden. ' Die Menschen sind dumm, Tonda. Sie haben Angst vor Allem, was stärker oder anders ist als sie selbst. Gleichgewicht schert sie dabei wenig.', nach kurzem zögern fügte ich hinzu:'Versuch ihnen zu verzeihen, denn sie wissen es nicht besser.' Der Wolf jaulte leise. Es war ein merkwürdiges Gefühl. Natürlich hatte ich nicht die geringste Ahnung was ein Tier dachte, aber dieses Gespräch in meinem Kopf hatte etwas reales. Vielleicht würden wir dieses Gespräch führen, wenn er reden könnte. Ich blickte zum Himmel hinauf. Dieser zeigte an, dass die Morgendämmerung kurz bevor stand. Neben mir regte sich der schlafende Yashido und schlug die Augen auf. Das hatte zur Folge, dass er Tondas Aufmerksamkeit erregte. Er klappte die Ohren nach hinten und schielte argwöhnisch zu dem auf dem Boden liegenden Mann. Der Krieger indessen hatte die Augen aufgerissen und schien zu überlegen was er nun tun sollte. Ich konnte es in seinem Kopf beinahe rattern sehen, während er alle Möglichkeiten durchspielte. Zweifelsfrei, nahm er an, dass ich total verängstigt war und unfähig mich zu bewegen. Es war die Entschuldigung dafür, dass ich versäumt hatte ihn zu wecken. Ich grinste, was er zum Glück nicht sah. Wäre er nicht wachgeworden, hätte ich sicher noch eine Weile meinen Spaß an der tierischen Gesellschaft gehabt. Menschen hatten vor so vielen Dingen Angst. Die Wahrheit war, dass die meisten wilden Tiere mehr Angst vor uns hatte, als wir vor ihnen. Ich betrachtete Yashido's Hinterkopf. Wieso hatte er nur eine solche Angst vor dem Tier, das nur vorbeigekommen war, weil es Nahrung suchte. Yashido neigte den Kopf und verlagerte sein Gewicht so, dass er sein Katana ziehen könnte, wenn der Wolf Anstalten machte anzugreifen. Tonda war indes auch nicht klüger, ihm war, wie mir, die Absicht des Kriegers natürlich aufgefallen und legte nun seine Ohren an. Ein leises drohendes Knurren entwich ihm. Ich beschloss einzugreifen, bevor das Tier oder mein Führer irgendwelchen Schaden nahmen. „Shhhh...“ Yashido drehte sich zu mir um. Langsam legte den Finger auf meine Lippen, während ich mich langsam hinab beugte um zwei der großen Fleischstücke aufzunehmen. Natürlich war ich mir bewusst, dass mich nicht nur der Mann, sondern auch der Wolf beobachtete. Der Eine ziemlich entgeistert, der Andere aufmerksam. Was hatte der Mann denn gedacht, was ich tun würde? Hatte er etwa erwartet, dass ich im Kreis laufen und um Hilfe rufen würde? Anscheinend hatten die Männer hier ein merkwürdiges Frauenbild. Ich sah Tonda tief in seine gelben Augen und warf ihm dann die beiden Fleischstücke zu. 'Geht auf mich, eins zum gleich fressen und eines zum Mitnehmen', dachte ich. Das riesige Tier schien den gleichen Gedanken gehabt zu haben, denn das größere von beiden Fleischstücken fing er bereits in der Luft und verschlang es ohne langes Federlesen. Das Andere nahm er zwischen seine Fänge und sah mich ein letztes Mal an. Er jaulte leise, bevor er sich umdrehte und wieder in den Wald trottete. Sobald er aus unserem Blickfeld verschwunden war, sprang der Mann auf und starrte mich vorwurfsvoll an. Da ich mich sowieso nicht in seiner Sprache so ausdrücken konnte,und mich somit auch nicht erklären konnte, entschied ich mich für die einfachste Lösung: Ich lächelte ihn an und nickte. Das Feuer war mittlerweile gänzlich niedergebrannt und erloschen und ich war mir sicher, dass er sich Yashido nicht noch einmal hinlegen wollte. Stattdessen packten wir schweigend unsere Sachen zusammen, kippten Wasser über die Feuerstelle um sicher zu gehen, dass kein schwelender Rest einen größeren Brand verursachen konnte und begaben uns mit den ersten Sonnenstrahlen wieder auf den Weg. Yashido schien den Weg schnell hinter sich bringen zu wollen, denn er schlug einen zügigen Schritt an. Ich nahm an, dass er zum Einen froh war mich endlich loszuwerden, zum Anderen vermisste er sicherlich seine Familie. Ein weiterer Grund sprach dafür, dass wir in den frühen Morgenstunden so viel Strecke wie möglich hinter und brachten. Solange die Temperatur noch angenehm war, konnten wir gut vorankommen. Würde die Sonne aber erst einmal ihre ganze Kraft entfaltet haben, würden wir von alleine langsamer werden. Da keiner von uns beiden den Wunsch verspürte ein weiteres Gespräch zu versuchen wanderten meine Gedanken wieder in die Vergangenheit. Nachdem ich Karel und Marienke verlassen hatte und die Grenze ebenfalls hinter mir gelassen hatte, kam ich schneller voran. Schließlich hatte ich sogar Glück, da ich eine kleine Gauklergruppe fand, die genau wie ich in das Land des Feuers wollte. Ich bat sie, mich mitzunehmen und mich als Gegenleistung irgendwie nützlich zu machen. Ursprünglich hatte ich dabei an Kochen und ähnliches gedacht, aber einen Koch hatten sie bereits. Aber sie konnten noch einen Artisten gebrauchen. Ein paar artistische Kunststücke hatte ich sicherlich drauf, oder konnte sie zumindest schnell lernen. Körperbeherrschung war schließlich für mich kein Problem. Natürlich wollten sie eine Kostprobe haben und ich zeigte ihnen meine Fertigkeiten beim Messerwurf. Der Anführer der Gruppe war überaus begeistert und gab mich direkt in die Obhut eines großen Mannes mit einer braunen Hautfarbe und einer hervorstehender Unterlippe. Sein Name war Tafari. Er sprach nicht viel, sondern war eher der praktisch veranlagte Typ. Bevor er im Training zu viele Worte verlor zeigte er mir meine Fehler anschaulich durch Nachahmung bis ich es verstand. Mit ihm zusammen übte ich verschiedene Nummern ein, die wir dann in den Dörfern durch die wir kamen, zur Schau stellten. Hin und wieder kam ich auch in den Genuss mit Alima zu üben. Alima war Akrobatin und beherrschte den Seiltanz wie keine Zweite. Darüber hinaus war sie überaus gelenkig. Wenn sie auftrat, war sie der Mittelpunkt der ganzen Show. Nicht nur wegen ihres Könnens, sondern auch weil sie so schön war. Sie kam aus dem Orient und hatte somit die grazile Körperstatur, die Menschen aus diesen Ländern zu eigen ist. Darüber hinaus besaß sie lange, seidige schwarze Haare und große dunkle Augen, die von langen dichten Wimpern umrahmt wurden. Mir war dieses Training auf zwei verschiedene Weisen überaus willkommen. Zum Einen wollte ich nicht aus der Form kommen, zum Anderen lenkte es mich von meinen oft trüben Gedanken ab. Ich nahm auch an den anderen Trainingsprogrammen der restlichen Mitglieder teil, so waren da noch ein Boxkämpfer und zwei kleine asiatische Männer, die mit Kung Fu Schwertern Kämpfe inszenierten. Sie alle brachten mir auf die eine oder andere Art neue Dinge bei. Mit einem Schwert hatte ich bis dato noch keine Kampferfahrungen gemacht. Und so machte das Training mit Zura und Han ziemlich viel Spaß. Allerdings war es schwierig, sich immer zurückzuhalten. Ich war fit und ich wusste auch wie tödlich ich war. Wären es echte Kämpfe gewesen, hätte keiner von ihnen etwas gegen mich ausrichten können. Doch die Bewegung tat mir im Allgemeinen gut. Gemeinsam reisten wir so durch viele Dörfer zeigten unser Können, verdienten Geld und reisten am nächsten Tag weiter. Manchmal vergaß ich für eine Weile meinen Verlust, der zu diesem Zeitpunkt bereits über ein Jahr zurücklag. Doch Nachts, wenn ich nicht beschäftigt war, drückte er um so schwerer auf mein Gemüt. Doch davon merkten die Anderen nichts. Vor den Augen der Anderen war ich ein ausgewechselter Mensch. Ich lachte mit ihnen und versteckte meine Trauer. Eines der schönsten Dinge auf dieser Reise waren die Landschaften die ich sah. Die Vegetation veränderte sich beständig, je weiter wir nach Osten kamen. Laubbäume wurden zu Tannen, als wir durch Gebirge reisten. Und diese wurden wiederum zu Palmen, Auch das Klima änderte sich. Nachdem wir das hohe Gebirge passiert hatten, wo es furchtbar kalt und windig gewesen war, wurde das Klima mit jeder einzelnen Woche immer wärmer. Marienkes Schal verschwand in meinem Rucksack. Doch nicht nur die Bäume veränderten sich, sondern auch die Menschen. Sie wurden kleiner und in ihrem Hautton dunkler, gebräunter, je weiter wir uns dem asiatischen Kontinent näherten in dem das Feuer-Reich lag. Insgesamt waren wir ein Jahr gemeinsam unterwegs gewesen, da wir für unsere Aufführungen immer wieder Pausen einlegen mussten. Aber schließlich war es soweit, wir standen vor den Toren der Hauptstadt des Feuerreichs. Die Gebäude waren anders, als in der Stadt in der ich geboren wurde. Sie waren nicht so hoch und auch anders angeordnet. Dennoch erschien mir die Bauweise irgendwie chaotisch. Viele Gebäude hatten einen breiteren Grundriss und verjüngten sich nach oben. Alima sagte mir, dass es typisch für diesen Kontinent war, seine Straßen und Gebäude so anzuordnen. Sie wies mich auch auf die Nebengassen hin, die viel schmaler waren, als wie ich es gewohnt war. Dennoch war nicht weniger Treiben auf den Straßen. Überall wurde gerufen, Händler boten ihre Waren an, Kinder riefen nach ihren Eltern um die eine oder andere Leckerei zu erbetteln. Es war laut, bunt und für mein Empfinden viel zu überfüllt. Ich fühlte mich regelrecht erschlagen. Allerdings war es einfach herauszufinden wo sich die Residenz des Herrschers befand. In einiger Entfernung ragte eine riesige Burg auf. Das Wort 'Monumental' beschreibt am Besten den Eindruck, den der Komplex bereits von Weitem auf mich machte. Man konnte es nicht einmal verfehlen, wenn man es vorgehabt hätte. Denn nicht nur die Größe war ungeheuerlich, sondern die Straßen führten auch geradewegs auf den riesigen Bau zu. Irrtum ausgeschlossen. Ich atmete auf. Endlich. Nach fast zwei Jahren war ich nun endlich am Ziel. Plötzlich hatte ich Angst. Was wäre, wenn mir in diesem Palast keiner helfen würde? Wenn ich den ganzen weiten Weg hierhergekommen war und dieser Hiruzen womöglich schon gestorben war? Ich wischte den Gedanken trotzig beiseite. Positiv bleiben, befahl ich mir. Dieses Ziel hat dir in den letzten zwei Jahren so viel Kraft gegeben, es wird hier nicht einfach so vorbei sein. Nur ab sofort ist eben alles weniger vorhersehbar. Ertönte es in meinem Kopf. Das stimmte wohl, ab sofort lag es nicht mehr in meiner Hand, was mit mir geschah. Ich verabschiedete mich also von der Spielgruppe, wobei mir der Verdacht kam, dass sie gehofft hatte ich würde weiter bei ihnen bleiben. Ich war nicht gerade unbegabt, was dieses Geschäft anging und sie rechneten sich sicherlich aus, dass man mit mir noch gutes Geld verdienen konnte. Traurig winkten sie hinter mir her, als ich mich auf den Weg in Richtung des Palastes machte. Was so erreichbar ausgesehen hatte, erwies sich als überaus zermürbende Angelegenheit. Offensichtlich hatte mich der oberflächliche Schein betrogen, denn es führten nicht alle Wege auf direktem Weg zur Residenz. Im Gegenteil. Immer wieder stand ich vor Sackgassen oder Hauseingängen. Somit verbrachte ich einen Großteil des restlichen Nachmittags um mir einen Weg zu suchen. Letztendlich stand ich dann aber doch endlich vor dem großen Tor. Was von weitem riesig ausgesehen hatte, war von nahem geradezu gigantisch. Sie war sicherlich vier Meter hoch und mehrere Meter breit. Das massive Holz war mit vielen Ornamenten verziert und rot getüncht worden. Ein wirklich erhabener und zugleich einschüchternder Anblick. Vor dem Tor standen links und rechts mehrere Wachposten. Ich dachte mir nichts weiter dabei und hatte an ihnen vorbei gehen wollen, da ich sie mehr für Dekoration hielt. Weit gefehlt, denn augenblicklich wurde ich von Wachen umzingelt. Jeder von ihnen trug eine braune Tōseigusoku. Ein Mann baute sich vor mir auf. Im Gegensatz zu den restlichen Bewachern, hatte seine Rüstung eine grünliche Färbung. Energisch sagte er etwas zu mir, das ich nicht verstand. „Scheiße“, entfuhr es mir. Nun stellte er mir eine Frage ich verstand sie wieder nicht. Ich versuchte es in meiner eigenen Sprache: „ Ich möchte dem Herrscher vorsprechen, ich habe einen Brief.“ Verständnislos schaute der Wachkommandant mich an. Gut, ein Fehlschlag ich wiederholte den Satz in allen Sprachen die ich beherrschte. Keine Reaktion, nur die Verwirrung schien größer zu werden. Als ein Mann seinen Speer an meinen Hals hob, wurde mir mulmig. Fieberhaft überlegte ich und ich versuchte es mit den einzigen Bruchstücken die mir einfielen: “Suche.... Hiruzen... Sarutobi.. ähm.. Hokage? Daimyō?“ Dann zeigte ich auf den Palast. Verblüfft schaute der Mann mich an, dann hob er eine Augenbraue und gab ein Zeichen an seine Männer. Diese traten einige Schritte zurück und auch der Mann mit dem Speer entspannte sich. Ich nutzte die Gelegenheit und nahm meinen Rucksack vom Rücken und kramte nach dem Brief meines Vaters. Nach all den Jahren war er immer weiter nach unten gewandert, so dass es einige Minuten dauerte bis ich ihn aus den untiefen meines Gepäckstückes befördern konnte. Mit einem triumphierenden „Ha!“ hielt ich ihn in die Höhe und überreichte ihn dem Hauptmann. Dieser nahm ihn skeptisch entgegen und drehte ihm um, sodass er das Siegel sah. Seine Miene veränderte sich schlagartig und er musterte mich noch einem mal abschätzend und vor Allem prüfend. Siedend heiß fiel mir ein, dass ich wahrscheinlich nicht den besten Eindruck machte. Meine Kleidung hatte in den Jahren gelitten und sah wahrscheinlich mehr als verschlissen aus. Darüber hinaus war es etwas her, dass ich einen Spiegel gesehen hatte, denn unsere letzte Vorstellung war vor einer Woche gewesen und somit hatte es keinen Grund gegeben sich irgendwie heraus zu putzen. Die Sachen, die ich bei unseren Auftritten getragen hatte waren Leihgaben von Alima gewesen und somit natürlich auch bei ihr geblieben. Alles in Allem musste ich also einen ernüchternden Anblick bieten. Einen weiteren Augenblick zögerte er, dann signalisierte er mir, ihm zu folgen. Vor ihm wurden die Tore geöffnet und mir war es, als öffnete sich eine Tür zu einer ganz anderen Welt. Das Areal hinter der Mauer war eine riesige Parkanlage. Überall waren in Blüten stehende Bäume und Teiche. Eine Allee von Kirschbäumen führte zum Eingang des Gebäudes. So etwas Schönes hatte ich noch nie gesehen. Mit großen Augen folgte ich dem Kommandanten bis zum Tor der Burg selbst, dort hieß er mich zu warten. Ich nickte um zu verdeutlichen, dass ich ihn verstanden hatte. Man ließ mich nicht lange warten, aber anstatt mit einem Minister oder anderen wichtig aussehenden Person erschien der Mann mit einer steif aussehenden älteren Frau. Ich beäugte sie misstrauisch. Das war sicher nicht der Daimyō. Die Beiden sprachen miteinander und machten sich nicht einmal die Mühe leise zu reden. Mussten sie auch nicht, ich verstand sie eh nicht. Nach ein paar Minuten, drehte sich der Mann zu mir um, zeigte auf die Frau verbeugte sich und stiefelte wieder zurück auf seinen Posten. Die Frau indes musterte mich genauso wie der Wachkommandant. Ich musste furchtbar aussehen. Damals auf der Flucht aus dem Wachkomplex hatte ich eine schwarze Hose und ein dunkles T-Shirt getragen, zusammen mit den Stiefeln, die zu unserer Ausrüstung gehörten. Die Stiefel hatte ich noch an, weil sie sehr robust waren. Den Rest hatte ich allerdings, um die Sachen zu schonen in meinen Rucksack gepackt und stattdessen eine lange Hose aus einem groben Material und eine Lange Bluse angezogen, die ich mit meinem Gürtel etwas tailliert. Ich hoffte damit weniger wie ein Vagabund auszusehen. Anscheinend ein weiterer Fehlschlag. Nervös zupfte ich an meiner Bluse herum. Beide starrten vor Dreck und Staub. Sie rümpfte die Nase und nahm mich bestimmt bei der Hand und zerrte mich mit sich. Ich hatte einmal Bilder von einer Geisha gesehen, sie sah diesem Bild irgendwie ähnlich, denn die trug einen langen wunderschönen Kimono der mit Pfauen bemalt war. Ihr Haar war zu einer Frisur gesteckt worden, in der ein wunderschöner Haarstab mit einem Pfauenschmuckstück als Zierde eingearbeitet war. Einen Moment dachte ich, sie würde mich nun zu irgendjemanden führen, den mein Vater gekannt hatte. Aber stattdessen brachte sie mich zu einem Zimmer und bedeutete mir hineinzugehen. In diesem Zimmer war eine Wanne und mehrere junge Frauen die mich kichernd ansahen. Damit ging mir ein Licht auf. So war das, ich sollte baden. Bevor ich noch etwas anderes hatte sagen können, wurde hinter mir bereits die Tür geschlossen und ich saß in der Falle. Tjah Pech gehabt, dein Instinkt hat versagt. Hörte ich es gehässig in meinem Kopf. Auf der Stelle umringten mich die Frauen und ich wurde entkleidet. „Was zum..?!“ Weiter kam ich nicht, schon zog man mir die Bluse über den Kopf und warf sie achtlos in eine Ecke. Das Gleiche passierte mit meiner Hose und Unterwäsche. Die Hausdame nahm die Wäschestücke sogleich mit spitzen Fingern hoch und besah sie sich. Dann trug sie sie mit einem weiteren rümpfen ihrer Nase weg. „Hey... Halt! Das sind meine Sachen!“ Es war zwecklos, die Sachen würde ich sicher nicht mehr wiedersehen. Eine zweite Frau wollte sich meinen Rucksack nehmen, da wurde es mir dann aber doch zu bunt. Unsanft schubste ich die Frauen beiseite und riss ihr mein Hab und Gut aus den Händen. Böse funkelte ich sie an. Die Tatsache, dass ich dabei nackt war,ließ mich dabei sicherlich lächerlich aussehen. Dennoch hatte es einen kleinen Effekt, denn obwohl ich nichts am Leibe trug, war ich dennoch mindestens einen halben Kopf größer als die größte von ihnen. Die Menschen hier waren generell ziemlich klein, das war mir auch schon auf der Reise und in der Stadt aufgefallen, ich war sogar größer als die meisten Männer. Somit konnte ich den Preis als unauffälligste Person schon mal vergessen. Auch mein Körperbau war anders als bei den Frauen die sich um mich scharrten und versuchten mir den Rucksack abzunehmen. Mein Körperbau war viel breiter als diese grazilen Wesen, die auch junge Mädchen hätten sein können. Frustrierender Weise kam ich mir nun also auch noch vor, wie ein Elefant unter Rehen. Na wunderbar. Abermals wurde die Tür geöffnet und die alte Frau kam wieder herein. Da sie offensichtlich erwartet hatte, dass ich bereits in der Wanne saß und geschrubbt wurde, schaute sie etwas verdrießlich drein. Mit herrischer Stimme sagte sie etwas zu den Badefrauen, die ihr etwas antworteten und dann auf mich und den Rucksack deuteten. Sie seufzte hörbar und bedeutete den Frauen, mir den Rucksack zu überlassen. Als sie von mir weggetreten waren, entspannte ich mich. Nun da ich nicht mehr befürchten musste, dass auch er auf Nimmerwiedersehen verschwand, zeigte ich mich kooperativer. Ich brachte ihn zu einer Wand und lehnte ihn dagegen. Abermals schaute ich die Frauen böse an. Dann ergab ich mich in mein Schicksal und ging zur Wanne. Sogleich nutzten sie die Gelegenheit und schubsten mich mehr oder weniger sanft über den Rand, so dass mit meinem Eintritt in die Wanne ein nicht unbeträchtlicher Schwall des Wassers als Gegenleistung herausschwappte. Energisch begannen sie mich abzuschrubben und mir die Haare zu waschen. Dabei kicherten sie ununterbrochen, ich kam mir etwas blöd vor. Ich war durchaus imstande mich selbst zu waschen. Missmutig grummelte ich vor mich hin. Irgendwann zogen sie mich aus dem Wasser vor einen großen Spiegel und begannen mich abzutrocknen und einzukleiden. Die Kleiderwahl stellte sich dabei, als etwas schwieriger heraus. Wie bereits gesagt, war ich mindestens einen halben Kopf größer als die Größte unter ihnen. Was bedeutete, dass die Kleidungsstücke, die sie mir reichten schlichtweg zu klein waren. Am Ende brachte man mir eine dunkle Hose, Sandalen und etwas, dass sie als Haori bezeichneten. Darunter zog ich ein T-Shirt. Da sie mir alle Kleidungsstücke abgenommen hatten, besaß ich auch keinen BH mehr. Allerdings kein großer Verlust, wirklich ausgeprägt war meine Oberweite noch nie gewesen. Trotzdem fühlte ich mich ohne ihn merkwürdig nackt. Nun begannen sie mich zu frisieren, wobei sie nicht wirklich zimperlich umgingen. Tatsächlich hatte ich das Gefühl, dass sie mir meine Haare büschelweise herauszogen. Irgendwann reichte es mir, und mit einer unwirschen Handbewegung scheuchte ich sie von meinem Kopf weg. Mit etwas Verwunderung bemerkte ich wie lang meine Haare in den letzten Jahren geworden waren, glatt gekämmt reichten sie mir im Rücken fast bis zur Taille. Ich trug sie für gewöhnlich einfach in einem Dutt, damit sie mich nicht störten. Und da ich mir auch selten die Mühe gemacht hatte mir die Haare zu kämmen, war mir ihr Wachstum auch nicht aufgefallen. Einen Moment bewunderte ich sie im Spiegel. Eine der Frauen reichte mir einen Kamm und ein Band. Ich lächelte ihr zu und begann mir noch einmal die Haare zu bürsten. Versetzte meinen Scheitel etwas auf die rechte Seite und kämmte den restlichen Wust nach links, dann fasste ich den Zopf unter meinem linken Ohr und begann mir einen Zopf über die linke Schulter zu flechten. Das Band nutzte ich um den Zopf unten zusammenzubinden, indem ich es einfach mehrmals um das Ende schlang. Zufrieden betrachtete ich mein Spiegelbild. Ich sah hübsch aus. Meine braunen Haare umrahmten mein Gesicht und der graue Haori bildete dazu einen guten Kontrast. Ich sah mir einen Augenblick in die Augen, sie waren grau, nur um die Pupille gab es einen kleinen grünen Ring. Als die Hausdame wieder erschien bedachte sie mich mit einem Anerkennenden Blick, zog dann eine weitere Haarnadel aus ihrem Ärmel und fixierte mir eine lose Strähne im Nacken. Einen Moment dachte ich erschrocken, dass womöglich jemand der Frauen die Stelle in meinem Nacken berührt und gespürt vielleicht sogar gesehen hatte. Aber Keiner von ihnen schien etwas Merkwürdiges aufgefallen zu sein. Aber selbst wenn sie es gesehen hätten, da ich für sie exotisch war, hielten sie die Stifte mit größter Wahrscheinlichkeit für Piercings oder ähnliches. Ich war nun also endlich salonfähig. Die alte Frau winkte mir mit ihrer schmalen Hand, damit ich ihr folgte. Beinahe hätte ich meinen Rucksack vergessen, drehte mich aber noch mal um und holte ihn. Gemeinsam gingen wir durch viele verschiedene Flure und Gänge. Irgendwann blieb sie stehen und wies mit der Hand auf ein Zimmer. Das war dann wohl meines. Anscheinend empfing man mich nicht sofort, sondern ließ mich warten. Aber nachdem ich so lange unterwegs gewesen war, erschienen mir ein paar Stunden nicht weiter schlimm. „Danke.“, sagte ich schüchtern in ihrer Sprache und bekam ein breites Lächeln als Antwort. Vielleicht war sie doch nicht so verkniffen? Sie ließ mich allein und ich sah mich in dem kleinen Raum um. Er war nicht sonderlich groß, aber es gab ein Futonbett hinter einem Vorhang. Plötzlich war ich unendlich müde. Ein bisschen hinlegen konnte doch nicht schaden, oder? Bevor mein Kopf die Matratze erreichte, war ich bereits eingeschlafen. Einige Stunden später wurde ich geweckt und einige Männern eskortierten mich durch das Schloss. Man brachte mich in ein Audienzzimmer in dem vor einem Podest ein Kissen lag, das wohl für mich bestimmt war. Ich schaute mich um. Der Boden war aus polierten Holzdielen und die Wände schienen mit Stoff bezogen zu sein, die verschiedene Motive hatte. Auf einer Wand war ein Samurai zu sehen, der sein Schwert gezogen hatte, während er sich mutig angreifenden Männern entgegenstellte. Mein Blick wanderte zurück zu meinem Kissen und dem Podest. Auf dem diesem saßen aneinandergereiht der Herrscher und seine Berater. Der Daimyō selbst saß in der Mitte. Zumindest nahm ich an, dass er der Regent war. Sein fächerartig aufragender Kopfschmuck hob sich von den anderen Männern ab, daher lag der Schluss nahe. Siedend heiß fiel mir ein, dass ich für solcherlei Begegnungen in keinster Weise Erfahrung hatte. Über die Etikette wusste ich kein bisschen. Zögerlich ging ich auf das Kissen zu, bis ich hinter ihm stand und somit gegenüber dem Herrscher eines ganzen Reiches. Meinem Instinkt folgend, sank ich auf die Knie und verbeugte mich tief. Es schien zumindest nicht gänzlich falsch zu sein, denn nach einer Weile, forderte man mich auf, mich zu erheben und Platz zu nehmen. Einige der Minister schauten mich belustigt an. Verunsichert nahm ich auf dem mir angebotenen Kissen Platz. Da ich mich nicht selbst verständigen konnte, hatte man einen Übersetzer herbeigerufen. Ich beherrschte sechs verschiedene Sprachen fließend, aber hier half mir keine Einzige davon. Ein Berater hatte den von mir überreichten Brief gelesen und hatte sich an Mahn, meinen Vater, erinnert. Daraufhin fragte mich ein Minister nach meinem Namen. Ich nannte ihm diesen. Der schien dem Herrscher allerdings nicht zu gefallen, weswegen er beschloss mir einen Neuen zu geben, da ich schließlich vorhatte von nun an in diesem Land zu leben. Er diskutierte ein wenig mit seinen Beratern. Ich verhielt mich ruhig und nickte nur. Ein neuer Name war nicht das Schlimmste. Es bezeichnete einen Neubeginn und obendrein, wurde mir somit ein Alibi geschaffen. Allerdings konnte er sich nicht gut entscheiden zur Auswahl standen Kuraiko, was Kind der Dunkelheit bedeutete, Dai, was so viel wie groß hieß und Haruka.. Ich persönlich war für Haruka, denn es bedeutete 'weit entfernt'. Das schien auch dem Daimyō in den Sinn gekommen zu sein, denn er klatschte in die Hände und beschloss, dass man mich von nun an nur noch mit Haruka anzusprechen hatte. Niemand wird je deinen richtigen Namen erfahren, flüsterte es in mir. Na und? Gab ich zurück. Es gab niemanden mehr, für den dieser Name eine Bedeutung gehabt hätte. Ich spürte einen stumpfen Schmerz in meinem Herzen. Die Bilder der Nacht waren genauso deutlich wie damals. Nur die Emotionen hatte ich mittlerweile in eine kleine Kiste in meinem Herzen verbannt. Ich hatte dem Gesprächsverlauf nicht gefolgt und war nun überrascht, als ich angesprochen wurde. Man fragte mich, wieso ich alleine hierhergekommen wäre und warum ich überhaupt aus meinem Land geflohen war. Kurz überlegte ich, ob ich die Wahrheit sagen sollte, entschied mich aber dagegen. Je weniger die Menschen wussten, desto besser. Ich würde natürlich nicht lügen. Also erzählte ich, dass meine Eltern Teil des Regierungsgeschehens gewesen, und ihrerseits Senatsmitglieder gewesen waren. Sie hatten sich zur Opposition der Senatorin bekannt. Da meine Eltern einen guten Ruf besaßen, den sie durch ihr politisches Engagement für das Land erworben hatten, waren sie zu einem Dorn entwickelt. Und schlussendlich, hatte die Senatorin um ihre Macht fürchten müssen, und beschlossen ihre Gegner ein für alle mal zu eliminieren. Während ich erzählte, übersetzte der Mann neben dem Daimyō eifrig was ich sagte und der Herrscher nickte mitfühlend. Insgeheim fand ich ihn etwas merkwürdig, ließ mir aber nichts anmerken. Er machte auf mich den Eindruck eines völlig weltfremden Menschen, wahrscheinlich kam er nie aus diesem Palast heraus. Ich schloss mit den Worten, dass mein Vater geplant hatte seinen alten Freund Hiruzen Sarutobi aufzusuchen. Einige Berater runzelten daraufhin die Stirn. Erst später wurde mir bewusst, dass man hier den Nachnamen zuerst aussprach, und meine Art und Weise für sie befremdlich geklungen hatte. Nachdem ich geendet hatte, zog sich der Herrscher einige Minuten zurück, um zu überlegen, was nun geschehen sollte. Als er endlich wiederkam, verbeugte ich mich abermals tief, was ihm sichtlich zu gefallen schien. Über den Dolmetscher ließ er mir mitteilen, dass ich noch ein paar Wochen seine Gastfreundschaft genießen sollte und er dann jemanden schicken würde, der mich bis in das Dorf Konohagakure begleiten würde. Dort war Sarutobi Hiruzen Hokage und würde sich meiner weiteren Bedürfnisse annehmen. Damit war ich entlassen worden. „Haruka?“, tönte es neben mir. Es dauerte einen Augenblick, bis ich begriff, dass Yashido mich angesprochen hatte. An den Namen hatte ich mich noch nicht gewöhnt. „Ja?“, fragte ich. „Wir sind da. Das ist Konohagakure.“, er deutete mit seinem Arm nach vorne. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)