Was übrig bleibt, ist Chaos von Schattenaugen ================================================================================ Kapitel 10: unerwarteter Besuch ------------------------------- 10: unerwarteter Besuch Goku hätte zu gerne die Frage gestellt, was es war, aber er sah, dass Vegeta ihm nicht antworten würde. Er war in sich gekehrt, versuchte das wenige an Kontrolle über sich zu erhalten und die Schmerzen im Zaum zu halten. Er konnte es sehen, die immer wiederkehrende Bewegung seiner Hand an seine Stirn, das leichte verziehen seiner Gesichtszüge. Er versuchte es sich nicht anmerken lassen, aber jemand, der ihn lange genug kannte, wusste, dass etwas nicht stimmte. Dennoch hielt er den Mund, es brachte ihm nichts jetzt zu fragen. Er würde ihn nur aufregen, vielleicht sogar so sehr dass das leichte aber manchmal angespannte Verhältnis zerbrach und in Schweigen endete. Nur nicht drängen. Aber wenn es jedes Mal so ablief, dann wünschte er sich, dass die gesamten Erinnerungen dort blieben wo sie waren. Es musste schmerzhaft sein und er wollte nicht wissen, welche Schmerzen kommen würden, welche Schmerzen Vegeta ertragen müsste, wenn ein großer Teil wieder kam. Er wollte es sich nicht einmal vorstellen wie es war, wenn man nur Bruchstücke bekam und nichts damit anfangen konnte. Ein Klingeln an der Tür jedoch riss ihn aus seinen Gedanken und er sah auf, bevor er aufstand. Es war niemand hier, der die Tür öffnen würde, also musste er das wohl oder übel selbst erledigen. Kaum, dass das erledigt war, hing ihm seine eigene Frau um den Hals. Innerlich seufzte er, es war ja nicht so, dass er schon ewig weg gewesen wäre, aber das leise „Goku“ und das dahinterliegende Schluchzen, ließen ihm keine Wahl als genau das zu tun. Er umarmte sie für einen Augenblick, so lange bis er spürte, dass sie sich wieder von ihm lösen wollte. Was sie auch tat und ihn dann mit einem Blick bedachte, der ihn schlucken ließ. Was hatte er jetzt falsch gemacht? „Du hältst es auch nicht für nötig dich mal zu melden oder vorbeizukommen, hm?“ Jetzt stemmte sie die Hände in ihre Seiten, so wie es Bulma vorhin getan hatte, funkelte ihn an. Nichts von dem Ausbruch eben war noch zu sehen und innerlich seufzte er noch einmal laut auf. „Ich hab’s dir doch erklärt Chichi.“ Etwas verloren stand er vor ihr, dann machte er Platz um sie ins Haus zu lassen. „Hast du, das bedeutet aber nicht, dass du ganz abwesend sein musst. Du hast auch eine Familie um die du dich kümmern solltest!“ Nein, stattdessen war er tagelang hier um einen arroganten Prinzen zu pampern! Unglaublich! Ja, sie kannte die Geschichte, aber sie konnte es sich wirklich nicht vorstellen. Vielleicht war sie den langen Weg ja auch nur gekommen, um sich von der Wahrheit zu überzeugen, um es mit eigenen Augen zu sehen und sicher zu stellen, dass ihr Mann nicht mal wieder nur ne Auszeit nahm. „Ich weiß, Chichi.“ Er ging den leichten Weg, den ausgetrampelten Pfad, dem er seit Jahren folgte. „Komm mir nicht damit an. Das Gespräch ist noch nicht beendet.“ Ein wenig Schärfe war aus ihrer Stimme gewichen und mit Erleichterung stellte er fest, dass der Weg der richtige war. „Komm rein, wir essen grad.“ Auf einmal war er aufgeregt, fragte sich innerlich, was Vegeta denken, wie er reagieren würde. Aber es brachte nichts ihn immer zu verschonen, vielleicht waren Konfrontationen wie diese hier ja genau das Richtige. „Ich wollte eigentlich nur wissen, wann du wiederkommst.“, sagte sie, während sie seiner Einladung trotz allem folgte. Ein wenig Spannung war auch dabei, wer war sie das zu ignorieren? „Das weiß ich noch nicht.“ Er folgte ihr, sie wusste immerhin wo sich die Küche befand. „Jetzt sag mir bitte nicht, dass du schon wieder wochenlang wegbleiben willst!?“ Wieder wurde sie lauter, manchmal fragte sie sich wirklich warum sie diesen Kerl so sehr liebte. Immer wieder war er nicht da, brachte sich unnötig in Gefahr und tat doch sowieso was er wollte. „Ich sagte doch, das weiß ich nicht.“ Hier war niemand anders als er, keiner wollte sich dem Problem so annehmen, wie er es tat. Und er konnte den Anderen nicht alleine lassen, wollte es nicht. „Ja, das sagtest du schon. Ich wollte dich ja auch nur daran erinnern, dass du eine eigene Familie hast.“ Nur noch wenige Schritte, sagte er sich, die Diskussion war schon so oft gelaufen, dass er auf Autopilot antworten konnte. Es war immer dasselbe, ein wenig Gezeter, ein wenig Geheule und schließlich gab sie ja doch immer nach, weil sie wusste, dass sie keine andere Wahl hatte. Er würde es auch tun, ohne dafür ihre Erlaubnis oder Einverständnis einzuholen, das wusste sie. „Das ist mir völlig bewusst.“, sagte er. War es ja auch, aber ihre Söhne waren alt genug um auf sich selbst aufzupassen. „Das könntest du hin und wieder auch mal zeigen!“, giftete sie noch einmal, blieb dann aber stehen, so dass er beinahe in sie hineingelaufen wäre. Jetzt standen sie wie Vegeta vorhin in der Tür und ein Blick zu eben jenem zeigte, dass er Chichi nur mit großen Augen anstarrte, den Mund voll und völlig vergessen zu kauen oder zu schlucken sah er einfach nur in ihre Richtung. Eine unbekannte Emotion kreuzte seine Augen, dann schien er sich daran zu erinnern, dass sein Mund noch immer voll war, kaute und schluckte ohne dabei den Blick von ihnen zu nehmen. Vorsicht, entschied Goku. Es war Vorsicht die da in seinen Augen stand, keine Angst, keine Panik. Einfach nur die übliche Vorsicht, die man normalerweise vielen neuen Personen zukommen ließ. Eine gewisse Alarmbereitschaft in seiner Haltung, immer darauf bedacht jede Bewegung wahrzunehmen und bei dem kleinsten Verdacht einer Gefahr aufzuspringen. Er gab seiner Frau einen kleinen Stoß, so dass sie ganz in die Küche stolperte, einen Meter vor dem Tisch stehen blieb. Sie funkelte ihn an. „Sorry.“ Der Stoß war kräftiger gewesen, als er beabsichtigt hatte und nun legte er doch eine Hand an seinen Hinterkopf, grinste entschuldigend. „Wer’s glaubt. Ehrlich, manchmal weißt du selbst nicht, wie viel Kraft du hast.“ In all den Jahren hätte sie sich daran gewöhnen müssen, hätte es wissen müssen und einfach hinnehmen sollen und genau das tat sie auch. Dann sah sie wieder zu Vegeta, der bewegungslos dort saß und sie immer noch ansah. Er sah normal aus, aber was hatte sie erwartet? Die Lücken in einem Gedächtnis trug man kaum nach außen sichtbar mit sich herum, oder nicht? Einzig seine Haltung war anders, sein Blick. Sie konnte es nicht einordnen, aber es war da, kaum sichtbar und doch sprang es sie förmlich an. Anders als das Übliche, aus der Spur geraten, fernab seiner sonstigen Haltung. „Ähm… hi?“, sagte sie schließlich, unsicher was sie sonst hätte sagen sollen. Vegeta war nun wirklich niemand, mit dem man lange Gespräche führen konnte, um ehrlich zu sein hatte sie nie mehr als ein paar Worte mit ihm gewechselt. Und das tat er auch jetzt nicht, nickte einmal lediglich leicht und sah dann zu ihrem Mann. Seinen Ausdruck konnte sie auch jetzt nicht deuten, fragend vielleicht, aber auch das konnte sie sich nicht vorstellen. „Vegeta, das ist Chichi, meine Frau.“ Den Namen musste er bereits gehört haben, aber wer sie war musste zumindest noch geklärt werden. „Setz dich, Chichi.“ Sie tat es einfach, ohne es richtig registriert zu haben. Der Blick, mit dem Vegeta sie bedachte, die leichte Anspannung seiner Muskeln ließ sie einen Moment zögern, zu ihrem Mann blicken und dann wieder zurück, nur um die Frage in ihrem Kopf doch nicht zu stellen. Vegeta sah so unsicher aus, wie sie ihn noch nie gesehen hatte und der Gedanke alleine war irgendwie beunruhigend. Die ganze Spannung in der Luft konnte man fast greifen, es war als ob etwas Unsichtbares die Luft schwer machte, zu schwer zum ruhigen atmen und immer noch zu leicht, um es als gefährlich zu deklarieren. „Möchtest du auch irgendwas?“ Sie schüttelte den Kopf, während sich Goku ebenfalls setzte und bemerkte am Rand, dass Vegeta nicht weiter essen würde. Nicht solange sie hier war, nicht solange sie seine Ruhe störte, dachte sie, als er das Besteck langsam und mit Bedacht auf den Tisch zurücklegte. Vielleicht war die Geschichte ja doch wahr, vielleicht steckte mehr dahinter als sie ursprünglich glauben wollte. Es mit eigenen Augen zu sehen war seltsam, den wachsamen Blick zu spüren, der sich in sie hinein bohrte und unwohl fühlen ließ, weil sie irgendwas unterbrochen hatte, von dem sie nicht einmal wusste, was es war. In all der Zeit hatte Vegeta nicht einen Ton von sich gegeben, seine Bewegungen waren langsam, ohne dabei zuviel Aufsehen zu erregen und sie wusste nicht, wie sie es einordnen sollte… aber er sah wirklich unsicher aus. Bei der Arroganz in Person mit einem Ego jenseits jeglicher Grenzen einfach nicht vorstellbar und doch sah sie es mit eigenen Augen. Die Unsicherheit, die ihr entgegen sprang raubte ihr fast den Atem. „Was ist passiert?“ Sie hatte die Frage gestellt ohne darüber nachzudenken, ohne sich aufhalten zu können und hätte schwören können, dass Vegeta jetzt lieber gegangen wäre. Nur ein kurzer Blick zur Tür, ein kaum sichtbares Schlucken und das Fehlen der verschränkten Arme, das sein Markenzeichen war. „Das hab ich dir erklärt, Chichi.“ Goku war dazu übergegangen sie zu beobachten, seinen Blick zwischen ihnen hin und her zu wandern und jede kleine Reaktion wahrzunehmen. Es passierte nichts, die Spannung war deutlich spürbar, zum greifen nah und doch geschah einfach nichts. Niemand bewegte sich zu schnell, wenn überhaupt und er nahm ein Stück Brot, biss ab. „Ich weiß das, aber…“ Wie sollte sie erklären? Das hier war unwirklich, surreal, nicht einzuschätzen. Sie fand keine Worte und sah für einen Augenblick zu ihrem Mann, der dort so völlig selbstverständlich saß, als ob die Szene hier nicht anders zu erwarten war, als ob er nichts anderes von ihr erwartete. Hatte er sich so schnell an diesen Vegeta gewöhnt oder hatte sie schlicht und einfach etwas verpasst? Und als ob er gar nicht da war und sich dabei vielleicht unwohl fühlen könnte, zeigte sie mit einer vagen Handbewegung auf Vegeta, sah dabei aber noch immer ihren Mann an, fragend, unwissend, nicht fähig Worte zu finden, die hätten ausdrücken können, was sie im Moment dachte. Ihr fehlten sonst nie die Worte, sie kam mit jeder Situation mehr oder weniger gut klar, aber das hier war jenseits ihrer Vorstellungskraft. Seit so vielen Jahren war das dort der arrogante Prinz, der zwar wenig redete, sich immer unter Kontrolle hielt und eine Präsenz ausstrahlte, die man nicht übersehen konnte, selbst wenn er sich abseits von allen anderen hielt. Goku verkniff sich ein Augenverdrehen, das wäre nicht gut für ihn ausgegangen. Er verstand schon was sie meinte, aber erklären konnte er es auch nur soweit, wie er es schon getan hatte, also beschränkte er sich auf ein Schulterzucken. Noch einmal alles durchzukauen brachte sie auch nicht weiter. „Gewöhn dich dran, denke ich.“ Er kann auch nichts dafür, hängte er dem in Gedanken an, sprach es aber nicht aus, weil es unhöflich gewesen wäre. All das hier war schon unhöflich genug, es wunderte ihn ein wenig, dass Vegeta noch immer saß und nicht schon lang aufgestanden und gegangen war. Aber dazu war er zu sehr damit beschäftigt Chichi zu beobachten, einzuschätzen, die Situation abzuschätzen – um nicht noch einmal eine solche Reaktion wie zu Anfang zu zeigen. Er müsste spüren können, dass sie keine Gefahr war. Auch wenn Goku zugeben musste, dass diese Frau manchmal äußerst gefährlich werden konnte, aber sie hatte sich nie gewagt gegen Vegeta zu wettern, der wusste sonst nämlich wie man ordentlich konterte und sie wusste es auch. Dann, als ob er die ganze Situation viel zu spät wahrgenommen hätte, als ob die Erkenntnis erst Sekunden später in seinen Verstand gesickert war, legte Vegeta den Kopf um einige Millimeter schief und verschränkte die Arme, verengte leicht die Augen und starrte sie mit einem Blick an, den er selbst nicht deuten konnte. Neugier vielleicht, abschätzendes Warten oder schlicht und einfach analysierend. Er wusste es nicht, es war kein Blick den er so schon einmal gesehen hatte, es war ein schlichtes Mustern, in dem die Zeit langsam vorbeitickte und niemand sich bewegte, abwartete, was als nächstes geschah. Aber es geschah einfach nichts, außer diesem abschätzenden Blick, minutenlanger Stille, in der sich niemand wirklich zu bewegen wagte. Es konnte alles passieren – von einem weiteren stillen Moment bis hin zu einem Ausraster, der sich gewaschen hatte, aber stattdessen bestand nur weiterhin diese unangenehme Stille, in der Chichi irgendwann anfing sich unter seinem Blick auf ihrem Stuhl zu winden. Es war ihr unangenehm, dieser Blick war einfach zu bohrend und die wortlose Aktion ging auch an ihr nicht ganz vorbei, während Goku nur eine Augenbraue hob und seinen Blick zwischen ihnen hin und her wandern ließ, leise seufzte. Das hier war nicht, was er erwartet hatte. Es war eine der Situationen, die in jede Richtung laufen konnte und doch fesselnd lang einfach nur bestand. Er konnte sie kaum einschätzen, aber er hoffte, dass Vegeta einfach nur versuchte sich zu erinnern, aber anscheinend war das auch nur ein weiteres hoffnungsloses Unterfangen, basierend auf seiner fehlenden Reaktion. Nichts geschah, bis Vegeta selbst leise seufzte und den Blick abwandte, kurz zu Goku sah und schließlich aufstand. „Zwecklos.“, war das einzige, was er sagte, während er die Küche genauso leise verließ. Er hatte es wirklich versucht, er wollte sich erinnern, wollte alte Bilder oder einfach nur andere wirre Fetzen seines verlorenen Ichs heraufbeschwören, aber der Versuch war fruchtlos geblieben, nichts war geschehen. Nichts kam ihm einfach so zugeflogen und zusammen mit dem beinahe vergessenen Schmerz seines letzten Erinnerungsfetzens hinterließ es nichts weiter als Enttäuschung. Über sich selbst, über das alles hier, über…was auch immer. Über die Tatsache, dass er es nicht einfach herbeizaubern konnte und mit der leeren Welt leben musste, die sein Verstand darstellte. Es war annervend, es regte ihn auf und fühlte sich gleichzeitig an, als ob er ertrinken würde. Ersticken an seiner eigenen Unfähigkeit, an seinem verlorenen Ich, das nicht wiederkommen wollte und sich Zeit dabei ließ ihn zu quälen. Unwissenheit war nicht das generelle Problem, er konnte damit Leben die Menschen in seiner Umgebung nicht zu kennen, aber er konnte sich nicht mit dem Gedanken anfreunden, dass er selbst nicht wusste, wer er war – nur das wusste, was man ihm erzählt hatte und das war nicht gerade viel, nicht sehr befriedigend gewesen. Er seufzte innerlich, der Appetit war ihm vergangen, weitere Zeit in der Küche zu verschwenden und Jemanden anzustarren, den er nicht kannte, brachte ihn einfach nicht weiter. „Hmpf.“ Nur ein leises Grummeln in den Tiefen seiner Kehle, während sich seine Hände erst zu Fäusten ballten und er letzten Endes die Arme vor der Brust verschränkte, mitten im Gang stehen blieb. Den Blick zu seinen Füßen gerichtet, stand er einfach nur da und wusste nicht was er machen sollte. Zurück in sein Zimmer? Gehen? Wenn ja, wohin zum Teufel gehen, wenn er keinen Plan hatte, wo was war und was er damit anfangen sollte? Seine Finger gruben sich in seinen Oberarm und er grollte ein weiteres Mal tief in seiner Kehle. Dieser Tag war nicht das, was er erwartet hatte. Was erwartete er überhaupt? Dass plötzlich alles wieder auf ihn zugeflogen kam und alles so war, wie es vorher war? Vielleicht hatte er genau das gehofft diese Unwissenheit, diese schwarze Leere in seinem Kopf machte ihn wahnsinnig und dass er das alles nicht kannte, machte seine Situation auch nicht besser! Zur Hölle damit, es regte ihn schlicht und einfach auf, dass da, wo normalerweise eine Menge Infos gespeichert waren, nichts weiter als dumpfes Nichts war. Seine Finger bohrten sich nur noch weiter in seine Haut und er holte tief Luft um die aufkommende Wut irgendwie unter Kontrolle zu halten. Diese Frau würde nicht begeistert sein, wenn er noch irgendwas in diesem Komplex zerstören würde und er war selbst nicht sonderlich scharf drauf, ihrer eigenen Wut zu begegnen. Sie würde ihm nichts anhaben können und das wusste er auch, aber die Art wie sie ihn ansah, die Art, wie sie über ihn redete, selbst wenn er anwesend war, tat auf sonderbare Art und Weise weh. Er wusste nicht, was sie für ein Problem hatte, er wusste aber, dass es nicht nur an diesen blöden Maschinen liegen konnte, die er in seiner unüberlegten Hast zerstört hatte. Sie hatte ihn angesehen, als ob der Blick in sein Gesicht ihr selbst wehtat und doch war da die unausgesprochene Wut, eine andere Emotion, die er nicht einordnen konnte. Es war kein Hass, es war auch kein Vorwurf, den sie nicht aussprach. Es war Unglaube, Sorge, Hilflosigkeit und Verzweiflung, alles vermischt und in selber Konzentration vorhanden, so dass man kaum erkennen konnte, was Oberhand gewann und was nicht. Klar überfordert was er mit dieser Erkenntnis anfangen sollte, knurrte er noch einmal leise auf und begann weiter zu gehen, den Blick auf den Boden gerichtet und die Augenbrauen in Konzentration zusammen gezogen. Es brachte ihm auch nichts den Ausdruck anderer zu analysieren, wenn er sich seiner eigenen Stimmung nicht einmal sicher war! Das plötzliche Verlangen, aufgrund dieser unnützen Gedanken, irgendwas in die Luft jagen zu wollen, traf ihn und erneut blieb er stehen, während sich seine Arme aus der Verschränkung lösten und sich seine Hände an seinen Seiten zu Fäusten ballten. Die Augen verengt starrte er den Boden an, als ob dieser mit purem Willen in Flammen aufgehen würde, drehte sich abrupt um und lief in die entgegen gesetzte Richtung weiter. Zurück dahin, woher er gekommen war, lief er an der Küche vorbei und wusste selbst nicht so genau, wo seine Beine ihn hintragen sollten. Es war nicht so, dass er sich in diesem Gebäude auskannte, ignorierte die verwirrten Blicke der Anderen, die noch immer da am Tisch saßen und folgte seiner Eingebung, die nicht einmal eine war. Das alles machte ihn rasend, diese verdammte Unwissenheit machte ihn so wütend, dass er selbst nicht merkte, dass er bereits dabei war den Garten zu durchqueren. Mit minimalem Aufwand und ohne darüber nachzudenken hob er ab, nur um nach wenigen Minuten mit Kakarott konfrontiert zu werden, der die Hand nach unten nahm und im selben Moment einen so ernsten Ausdruck aufsetzte, dass er nicht wusste, was er davon halten sollte. Für einen Augenblick war er völlig ratlos, nicht fähig das Geschehene zusammen zu setzen und aus seiner Wut gerissen, die sich so beharrlich in ihm breitgemacht hatte ohne dass er etwas dagegen tun konnte. „Wohin so eilig?“ Vegeta zog die Augenbrauen zusammen und wusste doch im selben Moment, dass es nichts bringen würde, was seine innere Wut nur wieder schürte, wie ein Lauffeuer durch seine Venen brannte und ihn einzunehmen drohte. „Woher soll ich das wissen?“ Ein lautes Grollen, wie ein Donner durchzogen die Worte, die er eigentlich nicht sagen wollte, die Luft. Ich wüsste nicht, was dich das angeht, hatte er sagen wollen und doch war dieser Nonsens dabei herausgekommen, was die Situation an sich nicht besser machte. Er hörte ein Seufzen und es machte ihn wütend, auf sich selbst, auf den Anderen. Das alles hier war so verdammt falsch, es fühlte sich wirklich an als würde er an seiner eigenen Wut ersticken. „Ich hab keinen Plan wohin, ich weiß ja nicht einmal …“ Eine kleine Pause, ein kurzes Schlucken und der verzweifelte Versuch nicht über seine eigenen Worte zu stolpern. „Woher soll ich also wissen, wohin es geht, hm?“ Selbst in seinen Ohren klang seine Stimme erstickt. Das war nicht er, das war nicht richtig, aber er konnte nichts dagegen machen, außer dem Versuch seine Hände noch fester zu ballen, als sie ohnehin schon waren, während sie sich in der Luft gegenüber standen und dieser verfluchte Blick des anderen seinen innersten Kern zum brennen brachte. Verdammtes Mitleid! „Ich kenn mich ja so wunderbar aus hier!“, war der nächste sarkastische Versuch mit sich selbst umzugehen, aber er wusste, dass auch das nichts bringen würde. „Gibt bestimmt n paar nette Sehenswürdigkeiten, die es wert sind, besucht zu werden!“ Er konnte das Brennen, das seine Augen befiel, genauso wenig aufhalten wie sein eigenes inneres Chaos. Es war zum verzweifeln, zum wütend sein, ausrasten, irgendwas zerstören, auf irgendjemanden einschlagen. Irgendwas, nur damit er sich selbst ein wenig besser fühlen konnte, das schwarze Nichts für einen Augenblick vergessen und wissen, dass es jemandem schlechter ging als ihm selbst. Was machte er sich vor? Das war nur ein weiteres wegrennen, ein fruchtloser Versuch den Tumult in sich irgendwie zu ordnen. „Vegeta.“ Goku hatte ihn so aufgelöst gesehen und er schluckte einmal schwer. Der Anblick brach ihm das Herz, die Aussagen des Anderen unterstrichen nur noch mehr, dass er selbst nicht wusste, was er machen sollte. Aber er wusste es auch nicht. Er wusste nur, dass er vielleicht nachvollziehen konnte, was in dem Kleineren vor sich ging, vielleicht erahnen konnte, wie es sich anfühlen mochte. Er konnte aber nichts dagegen machen, außer sich stumm seine Tirade anzuhören und dabei innerlich zu verkrampfen, wenn er die Tonlage hörte und in seine Augen sah. Von dem einst so stolzen Kämpfer war nur eine Ansammlung von Gefühlen geblieben, die nicht zu ihm passen wollten und die dieser nicht in Einklang bringen konnte. „Hör auf. Beruhig dich wieder.“ Er sah sofort, dass er etwas Falsches gesagt hatte, als die zusammengeballten Hände zu zittern anfingen. „Beruhigen? Ich soll mich beruhigen?“, fragte er, ein plötzlich eisiger Blick in seine Richtung werfend, der Goku für einen Moment die Luft zum atmen nahm. „Ja, beruhigen.“ Was sollte er sonst sagen? Er hatte keinen Zweifel daran egal welche Situation klären zu können, die aufgrund dieser Worte entstehen könnte. „Dann erklär mir doch mal, wie zur Hölle ich das machen soll?!“ Sein Ton war zu ruhig, leise. Von einer Sekunde auf die Andere schien er ausgewechselt zu sein, nur die brennenden Augen verrieten sein Inneres und Goku schloss die seinen für einen Moment um nachzudenken. „Hör zu…“ Seine Augen öffneten sich wieder, Wut und Verzweiflung zu klar in denen seines Gegenübers. „Ich kann mir nicht vorstellen, wie es sich anfühlt, das weiß ich. Ich kann eigentlich auch nicht verlangen, dass du alles einfach hinnimmst und ich bin froh, dass du das nicht machst, weil das einfach nicht du wärst. Aber ich kann nicht zulassen, dass du gehst.“ Auf den Punkt, klar hinaus in die dunkler werdende Nacht um sie herum. Keine Ausflüchte, keine unnötigen Worte, kein Versuch ihn nachzuempfinden. Das war nicht nötig, es verzögerte das alles nur und dazu hatte er keine Lust. „Du bist nicht das, was jeder andere auf diesem Planeten ist und ich kann nicht zulassen, dass du in deinem Frust irgendwas machst, was wir bereuen würden. Ich kann dich nicht gehen lassen, zu deinem eigenen und zum Schutz aller anderen. Wenn du irgendein Problem hast, lass es an mir aus.“ Ein Schulterzucken folgte, das war das Mindeste, was er tun konnte. „Ich hab kein Problem!“, war jedoch die einzige Antwort. Mach doch was du willst, aber lass mich in Ruhe, hängte er in Gedanken an, seufzte und wunderte sich über den so plötzlich verschwundenen Drang irgendwas zerstören zu wollen. Wut lungerte noch immer in seinem Geist, aber die Verzweiflung, das Chaos hatte die Oberhand gewonnen. Er fühlte sich ausgebrannt. „Warum zum Teufel bist du dann wie ein Wahnsinniger nach draußen gestürmt?“ Geduld, er musste Geduld haben, sagte er sich und atmete tief durch um die eigene aufkommende Wut zu unterdrücken. Es war ein langer Tag gewesen, all das Handeln mit jemandem, den man noch weniger einschätzen konnte als sonst, hinterließ ein seltsam dumpfes Gefühl in ihm. „Das weiß ich nicht!“ Er war nur seinem Instinkt gefolgt, hatte nicht nachgedacht. Sekundenlange Stille fror die Szene in ihrer Gesamtheit ein, unausgesprochene Worte schwebten in der Luft zwischen ihnen und doch schienen sie sich stumm zu einigen. Ein simultanes Seufzen hob die Pause auf. „Wenn irgendwas ist, sag es mir.“ Damit ließ Goku sich auf den Boden sinken, wartete auf den Anderen, der sich weitaus mehr Zeit ließ und ihn mit einem Blick bedachte, der dem alten Vegeta alle Ehre machte. Ein Lächeln trat auf seine Lippen, vielleicht war doch all der Stress nicht umsonst, vielleicht zahlte es sich aus, dass er sich selbst zu einem Aufpasser gemacht hatte und alle Anderen sich dem Problem nicht annehmen wollten. Er verstand es immer noch nicht, aber so blieb er als Einziger übrig, der etwas tun wollte und konnte, eine 24 Stunden- Schicht nach der anderen. „Wenn du Fragen hast, frag. Ich beiße nicht und vielleicht hilft es dir ja.“ Je eher diese Erinnerungen wiederkamen, desto besser und schneller konnte er sein eigenes Leben auch wieder aufnehmen. Innerlich rüstete er sich bei diesem Gedanken schon gegen die Standpauke, die ihn erwartete, sobald sie zurück waren - er hatte seine Frau ohne ein Wort zu sagen einfach in der Küche sitzen lassen, aber der Gedanke war nichts gegen den nächsten Blick, den er erntete. Absoluter, nicht versteckter Unglauben und ein Ausdruck der sagte, „Träum weiter!“, und es ließ ihn lächeln. „Außerdem hab ich ne bessere Idee als deine Wut irgendwo abzulassen, wo du Menschen mit hinein ziehen könntest.“, sagte er letzten Endes. Es war eine Idee, ein bloßer Gedanke, der sich plötzlich in seinen Kopf setzte und Freude, sowie eine unerklärliche Angst mit sich brachte. „Was?“ Nur ein leises Grollen, weil die Neugier zu groß war um den Mund zu halten. „Du wirst schon bis morgen warten müssen.“ Erst musste er Bulma fragen, sich selbst mit der Idee anfreunden und das stumme Unbehagen in sich selbst bekämpfen. Gerade jetzt, wo der Kleinere nicht mehr das war, was er sein sollte. Das letzte Mal war dieser Weg in einer Sackgasse geendet und er hatte nicht vor denselben Fehler zweimal zu machen. „Was auch immer.“ Es war das Letzte, was sie sagten. Stumm legten sie den Weg zurück und auch wenn Vegeta es ungern zugab, er war müde. Weshalb er das aufgeregte Gezeter der Frau auch einfach ignorierte als sie ankamen, strikt ihre Stimme einfach ausblendete und den Weg zu seinem Zimmer ansteuerte. Er war geschafft, all diese emotionale Scheiße verbrauchte seine Energie und sobald er die Tür hinter sich geschlossen hatte, ließ er sich auf seine Matratze fallen. Seine Kopfschmerzen kamen wieder, waren nie wirklich ganz verschwunden. Der Schmerz erinnerte ihn an einen anderen, erinnerte ihn daran, dass da mehr sein musste, aber er hatte nicht mehr die Kraft darüber nachzudenken. Nur die wenigen Fetzen seiner selbst im Hinterkopf schloss er die Augen und gab sich seiner Erschöpfung hin. Irgendwo tief in sich wusste er, dass er hätte anders reagieren sollen und müssen, aber es war egal – er hatte auch dort nicht den Willen zu diskutieren, nicht die Kraft einen weiteren Ausbruch aufzubringen. Stillstand, alles was blieb war Stillstand, ein schwarzes Tuch, das sich um ihn legte und den dumpfen Schmerz des Vergessens für ein paar Stunden ersetzte. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)