Und die Reise geht weiter von kiala-chan ================================================================================ Kapitel 3: Das Wesen der Magie ------------------------------ Es war ein ganz normales Wohngebiet, Menschen liefen geschäftig durch die Straßen, gingen in Vorgärten ihrer Arbeit nach oder saßen einfach nur herum. Als plötzlich ein heller Lichtblitz erschien, der sich in eine große Lichtsäule verwandelte, blieben die Menschen verschreckt und verwundert stehen, manche rannten schnell ins Haus. Als die Lichtsäule verschwunden war, standen wie aus dem Nichts drei Männer in sehr ungewöhnlicher Kleidung mitten auf der kleinen Straße. Sie hatten ein weißes Plüschtier bei sich. „Wo sind wir?“, fragte Fye und kratzte sich am Hinterkopf. „Diese Welt kommt mir irgendwie bekannt vor“, fiel Kurogane auf. Stille. Dann begann es bei ihnen zu dämmern. Doch bevor einer den Mund aufmachen konnte, um etwas zu sagen, hörten sie ein lautes Rufen und sahen an der nächsten Straßenecke eine Staubwolke auftauchen, die sich mit großer Geschwindigkeit auf sie zubewegte. „Shaolan-kuuuun, Fye-saaaan, Kurogane-saaaan!“ Was die Staubwolke aufwirbelte, war ein aufgewecktes Mädchen im Teenageralter. Sie trug ein auffallendes Kleid im Lolita-Stil und hatte sehr langes, brünettes Haar, das ihr bis zu den Hüften reichte. Bei sich hatte sie eine Handtasche, in dem ein blauer, ziemlich böse dreinblickender Plüsch-Hund saß. Das Mädchen konnte gerade noch rechtzeitig stoppen, um die Gruppe nicht umzurennen. Dabei stolperte sie über ihre eigenen Füße - „Achtung, Kaputtoooo!“, brüllte der blaue Plüsch-Hund in tiefem Männerbass - und Shaolan fing sie auf. „Kobato-chan, schön, dich zu sehen“, sagte er erfreut, „Wie geht es dir?“ Kobato schaute auf. Nun war es das zweite Mal, dass sie in dieser Welt vorbeikamen [1], und Shaolan war aufs Neue erstaunt, wie sehr Kobato ihn an seine Sakura erinnerte, sowohl äußerlich, als auch vom Charakter her. Er errötete leicht und ließ sie los, als sie wieder fest auf den Füßen stand. „Sehr gut, danke! Schön, dass ihr mal wieder hier vorbeikommt! Oh! Aber ihr seht sehr müde aus! Ihr könnt euch gerne erst mal etwas bei mir zu Hause ausruhen“, sagte sie. Dieses Angebot schlugen sie ungern aus, da sie noch immer sehr mitgenommen von den Strapazen der letzten Welt waren und nach ihrem letzten Kampf ohne Auszuruhen weitergereist waren. Da die Leute um sie herum immernoch Augen wie Spiegeleier machten, beschloss Fye nach eindringlicher Aufforderung des Plüsch-Hundes Ioryogi, sie erst mal zu beruhigen und erzählte ihnen irgendetwas von einem Filmdreh und Specialeffects, was ganz gut funktionierte. Sie machten sich auf den Weg zu Kobatos Wohnung. „Wolltest du gerade nach Hause gehen, Kobato?“, fragte Shaolan.  „Äh, nein, eigentlich war ich gerade auf dem Weg zu meinem Nebenjob im Café Tirol, ich habe heute Spätdienst und morgen, also am Wochenende, Frühdienst.“ „Du bist fleißig, wie immer, Kobato“, bemerkte Shaolan. „Wenn du nichts dagegen hast, kann ich dir morgen ja wieder etwas zur Hand gehen.“ „Oh, vielen Dank für das Angebot! Klar, kannst du mitkommen! Wisst ihr, bei uns sind eh gerade einige Arbeitskräfte wegen Krankheit ausgefallen … Da sind wir dankbar für jeden freiwilligen Helfer!“ „Wenn das so ist, kommen Kuro-wan und ich diesmal auch liebend gern mit!“, schlug Fye vor. Es folgte ein verächtliches Schnauben von Kurogane. Café, das klang so nach - Süßigkeiten. Und er hasste Süßigkeiten. Aber er fand sich damit ab; solange er keine essen musste, war es noch zu ertragen.   In Kobatos Wohnung angekommen, die ausschließlich aus einem einzigen Zimmer ohne Möbel bestand - nur auf dem Boden lag ein Futon ausgebreitet - setzten sich die Reisenden erst einmal. „So, ich muss jetzt schnell weiter, bis später dann.“ „Vielen Dank, bis später“, sagte Shaolan. Kobato rauschte nach draußen und sie hörten Ioryogi noch schimpfen: „Trödel nicht rum, Kaputto!“ Dann konnten sie sich entspannen und schliefen schnell ein.   Fye saß im Schnee, einsam und verloren. Um ihn herum war alles grau und eiskalt. Er sah neben sich den Turm, in dem sein Bruder gefangen gehalten wurde. Er wollte zu ihm, er war das einzige was er noch hatte, wie ein Teil von ihm, der untrennbar zu ihm gehörte. Wie oft hatte er versucht, an den Mauern hochzuklettern, doch es war stets vergebens gewesen. Nun hatte er keine Kraft mehr, konnte nur noch dasitzen und nach oben schauen, zusehen, wie immer mehr Schneeflocken vom schwarzen Himmel fielen. Aber es waren keine Schneeflocken, sondern Kirschblüten. Mitten in der Nacht war der Magier wach geworden, nachdem ihn mal wieder die Erinnerungen an seine Vergangenheit gequält hatten. Er war aufgestanden, hatte sich nach draußen geschlichen, und befand sich nun im Innenhof des Wohnhauses, in dem ein paar Kirschbäume in voller Blüte standen. So stand er an einen der Baumstämme gelehnt und betrachtete diese Blüten, die aber nicht aufhören wollten, wie Schnee auszusehen. Obwohl es für die Jahreszeit recht mild war, war ihm eiskalt. Er hätte es sich denken können, nach draußen zu gehen, zu diesen Kirschbäumen, war keine sehr hilfreiche Idee gewesen. Sie weckten Erinnerungen. Gerade wollte er woandershin laufen, als er bemerkte, dass er nicht allein war. „Was ist, Kuro-pi? Auch etwas schlaflos?“ Kurogane lehnte an der anderen Seite des Baumstammes. „Quatsch, als ob ich viel Schlaf bräuchte. Ich wollte mir nur etwas die Beine vertreten. Außerdem war ja nicht zu überhören, wie du nach draußen gegangen bist“, log Kurogane, denn auch er hatte keine Ruhe gefunden, zu viele Gedanken wollten ihn nicht loslassen, Gedanken an früher, an seine Mutter, manchmal kamen ihm auch Zweifel am Sinn ihrer Reise. War es nicht eigentlich die Jagd nach einem Phantom? Wie würde ihre Zukunft aussehen? Konnte er wirklich irgendwann in seine Heimat zurückkehren? Er konnte Shaolan auf seiner Suche nicht einfach allein lassen. Die beiden standen eine Weile einfach nur da und schwiegen. Nach einer Weile fragte Fye: „Wie geht’s deiner Schulter?“ „Keine Schmerzen mehr.“ „Wirklich, gar keine, ist das wahr?“, der Blonde schaute ihn prüfend an, ob er auch die Wahrheit sagte. „Wenn ich’s doch sage.“ Fye lächelte zufrieden. „Freut mich, dass es dir besser geht.“ Kurogane schien etwas zu beschäftigen. Schließlich sagte er: „Nun ja, ich war doch überrascht, dass die Schmerzen nach der Behandlung mit deiner Salbe plötzlich weg waren. Ich hatte gedacht, die Heilung würde schon etwas länger dauern.“ Der Blonde wirkte erst erstaunt, dann klatschte er erfreut die Hände zusammen. „Das ist ja prima, ich habe es zum ersten Mal geschafft!“ „Hä? Was geschafft?“ Fye grinste wie ein Honigkuchenpferd. „Heilmagie!“ „Heilmagie? Hätte ich mir eigentlich denken können. Aber du hattest mal gesagt, du beherrscht keine Heilzauber oder so.“ Der Schwarzhaarige bewegte, wie um dies zu bestätigen, nochmals die vermeintlich verletzte Schulter - ohne, dass irgendwas wehtat. „Habe ich bis vor kurzem auch nicht. Das ist das erste Mal, dass es wirklich funktioniert hat.“ „Dann hast du sie dir selbst beigebracht? Funktioniert denn das so einfach?“ „Nein, einfach war es für mich ganz und gar nicht. Das ist eine lange Geschichte … Als ich bei König Ashura gelebt habe, habe ich mich sehr viel mit dem Studium der Magie beschäftigt. Aber ich habe es nie geschafft, einen Heilzauber zu erlernen. Deswegen habe ich mir schon damals oft Vorwürfe gemacht. Doch es war nur eine Frage der Einstellung, mir fehlte im Grunde das nötige Interesse. Ich versuchte es nicht länger, sondern gab das Studium der Heilmagie auf. Doch das habe ich sehr bereut, als Ashura von dieser Krankheit befallen wurde und ich nichts anderes tun konnte, als ihn in Schlaf zu versetzen. Als ich später miterleben musste, wie du schwer verletzt im Sterben lagst - und das nur wegen mir - das war so unerträglich für mich, dass ich, wenn du … gestorben wärst, ich weiß nicht was ich getan hätte.“ Fye musste kurz innehalten, ehe er seine Stimme wiederfand. „Ich hatte von da an einfach den starken Wunsch, den Menschen, die ich liebe, helfen zu können, nicht nur durch Verteidigungs- und Angriffszauber. Da ich aber keinen Zugang mehr zu Lehrbüchern der Magie hatte, habe ich das Studium der Medizin begonnen. Und nun ist es mir gelungen, dass ich meine eigene Form der Heilmagie entwickelt habe.“ Fye erzählte das so voller Stolz, als wäre das etwas ganz Besonderes für einen Magier. „Wie, ‚eigene Form‘? Gibt es denn verschiedene Formen?“, hakte Kurogane nach. „Magie ist nicht gleich Magie. Es ist so: Jeder Magier benötigt als Voraussetzung, Magie ausüben zu können, natürlich seine magischen Kräfte, die er, vor allem je größer sie sind, lernen muss, zu kontrollieren. Es gibt die verschiedensten Arten und Methoden, dies zu lernen, in jeder Kultur, wie auch in jeder Welt, in der wir waren, geschieht dies etwas anders. Alle Zauber, die ich bisher beherrsche, stammen aus Büchern von Ashuras Bibliothek, die die unterschiedlichsten Formeln und Zaubersprüche enthielten. Um diese alle zu studieren, hätte ich wohl noch mein ganzes restliches Leben dort verbringen müssen … Und diese Heilzauber, die ich einzusetzen versuche, entwickle ich selbst, die gab es eben in der Form noch nicht.“ „ … Ah.“ Fye schien in Erinnerungen zu schwelgen. Dann erzählte er: „ Als ich noch bei Ashura lebte und gerade wieder total am Boden war, weil ich es nicht schaffte, mir die Formeln für Heilzauber zu merken, sagte er zu mir, dass ich mir deswegen keine Vorwürfe zu machen bräuchte und … und dass ich allein mit meinem Lächeln seine Seele geheilt hätte.“ [2] Fye schloss die Augen und machte eine Pause.  „Mir wurde klar, dass Magie nicht nur das ist, was in Lehrbüchern steht oder wozu spezielle Kräfte als Voraussetzung benötigt werden. Im Grunde steckt in Allem Magie: In der Natur, den Tieren und Pflanzen, in jedem Menschen, in der Kunst. Wir Magier nutzen sie nur für uns und verstärken die Wirkung durch spezielle, uns eigene Kräfte.“  Kurogane interessierte sich nicht für Fyes Vergangenheit. Er war ein Mensch, der generell Vergangenes Ruhen ließ. Was vorbei war, war eben vorbei und nicht zu ändern. Wichtig war, dass man nach vorne sah. Und doch berührte ihn die Tatsache, dass der Magier ihm solches Vertrauen entgegenbrachte, Dinge aus seiner Vergangenheit zu erzählen, die er sonst niemandem erzählte. Der Ninja erinnerte sich, wie verschlossen der Blonde anfangs gewesen war und sich hinter einer Maske aus aufgesetzter Fröhlichkeit und Lügen versteckt hatte. Nun war er selbst derjenige, dem Fye sich so ehrlich anvertraute - weil er ihn liebte. Er lächelte. Der Blonde bemerkte dies. Den Schwarzhaarigen sah man so selten lächeln. Deswegen fügte er hinzu: „Weißt du, auch Worten wohnt große magische Kraft inne. Sie können wie Waffen verwendet werden oder auf heilende Weise. Oder, wenn ich dir sage, ‚Ich liebe dich, Kurogane‘, dann kann auch das Magie sein.“ Kurogane legte seine Arme um den anderen. Sein Körper wärmte Fye. Er sah nun nicht länger Schneeflocken, sondern sah das, was sie waren - nichts als herabsegelnde Kirschblütenblätter. Sie setzten sich und Fye bettete seinen Kopf auf dem Schoß des Schwarzhaarigen. „Sollten wir nicht lieber wieder reingehen?“, fragte Kurogane. „Geht schlecht, wir konnten keinen Wohnungsschlüssel mitnehmen.“ „Erzähl keinen Quatsch, wozu bist du ein Magier?“ „Oh, erwischt.“ „Lass besser deine Scherze.“ „Dann bring mich doch zum Schweigen.“ Sie küssten sich. Es war ein zärtlicher, leichter Kuss. Die beiden blieben noch eine ganze Weile draußen und genossen die Zeit, die sie in Zweisamkeit verbringen konnten.   Als Mokona aufwachte, war es mitten in der Nacht. Sie war aus dem üblichen Grund aufgewacht. Sie bemerkte stets, wenn die anderen nicht schlafen konnten, weil es ihnen nicht gut ging. Jeder der Gruppe war nach wie vor auf seine Weise einsam. Sie blickte sich um und bemerkte, dass Fye und Kurogane nicht da waren. Sie hopste leise, um die anderen nicht aufzuwecken, zum Fenster und sah hinaus. Da sah sie den Magier draußen stehen, an einen Baum gelehnt, mit verträumtem Blick nach oben starrend. Sie spürte seinen seelischen Schmerz. Fye hatte es noch nicht überwunden, dachte sie, er dachte wieder an früher. Das weiße Zauberwesen war erfüllt von großem Mitleid. Dann sah sie eine große, dunkle Gestalt aus dem Schatten der Kirschbäume hervortreten. Es war Kurogane. Das weiße Zauberwesen konnte es nicht genau erkennen, aber die zwei schienen miteinander zu sprechen und lagen sich schließlich in den Armen. Sie fühlte, wie der Schmerz der beiden geringer wurde. Lächelnd wendete sie den Blick ab und hopste zu Shaolan, der auf dem Boden schlief. Immer hatte er eine kleine Sorgenfalte auf der Stirn. Er brauchte sich zwar um Sakura keine Sorgen zu machen, da sie in Sicherheit war. Aber sie war eben nicht bei ihm und er konnte auch nicht oder nur zu selten bei ihr sein. Mokona wollte sich zu ihm legen, da merkte sie, dass seine Augen geöffnet waren. „Du kannst nicht schlafen, Shaolan?“, flüsterte Mokona. Stille. „Du denkst an Sakura.“ „Ihr Geburtstag steht bevor. Oder besser gesagt, mein und Sakuras Geburtstag. Ich habe im Traum mit ihr gesprochen.“ Der Traum war derzeit die einzige Möglichkeit, wie die beiden sich begegnen und auch miteinander kommunizieren konnten. „Dann werden wir auf jeden Fall hingehen!“, sagte Mokona. „Ja, ich wünsche mir sehr, dass das möglich sein wird …“, entgegnete Shaolan traurig. „Wir bringen ihr ein passendes Geschenk mit, dann wird sie sich riesig freuen“, schlug der weiße Kloß vor. „Danke, Mokona. Gute Idee, wir gehen nach Hause …“, Shaolans Augen schlossen sich wieder, er fühlte sich ruhiger, „ja, und wir bringen ihr natürlich etwas ganz Besonderes mit.“ Und mit einem Lächeln auf den Lippen schlief er ein.     Am nächsten Morgen bei Kobatos Nebenjob in „Bäckerei und Café Tirol“. Außer Kobato war noch einer ihrer Arbeitskollegen da, ein Mann mittleren Alters namens Ishii-san. „So, das ist der richtige Moment, mein neues Rezept für Windbeutel auszuprobieren!“, verkündete Fye voller Elan. „Tolle Idee, was du bäckst, ist immer so lecker, das wird der Verkaufsrenner!“, pflichtete Mokona ihm begeistert bei, „Und ich helfe dir!“ „So, ihr müsst euch aber erst mal diese Schürzen umbinden, hier hinten sind sie“, Kobato führte sie in ein Nebenzimmer. Fye wusste sofort, wofür er sich entscheiden sollte. „Ich nehme das hier!“ Kurogane erschrak. „WAS?“ „Das ist perfekt.“ „Aber Fye-san“, setzte Shaolan an. Doch Fye war schon verschwunden und als er wieder hervorkam, war er in voller Montur, einem perfekt sitzenden Maidkostüm. Die anderen waren zwar erst etwas perplex, mussten aber dann doch zugeben, dass ihm das wirklich gut stand. „Ganz bezaubernd!“, schwärmte Mokona. „Ja“, meinte Kobato. „Das kannst du nicht machen“, brachte Kurogane nur mit erstickter Stimme hervor. „Jetzt reg dich doch nicht gleich auf, Kuro-wan. Ich wollte es ja nur kurz anprobieren“, beruhigte ihn der Blonde. Kurogane ächzte. Das war zu viel für ihn. Das war einer dieser Momente, in denen er sich fragte, warum er nicht sofort in seine Welt zurückkehrte. Aber natürlich ging das nicht - wieso hatte er sich in so jemanden verliebt? „Nimm es nicht so schwer, Kurogane-san“, Shaolan wusste nichts, außer ihm tröstend auf die Schulter zu klopfen. Na super, jetzt wurde er schon von seinem Schüler bemitleidet. Der Tag fing ja schon mal gut an.   Kurogane war gerade dabei, das Schaufenster zu putzen, als er sie vorbeilaufen sah. Er erschreckte sich sosehr, dass ihm der Lappen aus der Hand fiel und Mokona traf, die gerade darunter stand. Schon hing der Schwarzhaarige am Fenster und drückte sich die Nase platt. Fye bemerkte dieses für den Ninja so ungewöhnliche Verhalten. „Was gibt’s denn so Interessantes, Kuro-pi?“ Die Frage erübrigte sich, denn in diesem Moment ging die Tür auf und eine Jugendliche mit langen schwarzen Haaren betrat den Laden. „Hallo, Tomoyo-chan!“, grüßte Kobato. Alle Blicke waren auf sie gerichtet. Tomoyo schien dies aber überhaupt nicht aufzufallen. Kein Zweifel, es handelte sich um Tomoyo, sie besaß dieselbe Seele, aber es war eine andere Person, als die, denen sie schon begegnet waren. „Hmm, was nehme ich denn diesmal …“ „Die Windbeutel sind seit heute neu im Angebot“, empfahl Kobato. „Dann nehme ich doch gleich zwei Stück. Du, Kobato-chan, ich bin eigentlich gekommen, weil ich kurz mit dir sprechen wollte. Wann hast du Pause?“   In der Mittagspause gingen sie nach draußen. Kobato stellte ihre Freunde vor und erzählte, wo sie herkamen. Tomoyo hörte mit großem Interesse zu. Bei Shaolan fiel ihr auf, dass er jemandem, den sie kannte, zum Verwechseln ähnlich sah und sogar denselben Namen hatte. Das war wirklich mehr als eigenartig. Aber sie hielt es für einen komischen Zufall und erwähnte es nicht. Aber zu Mokona sagte sie: „Du bist ja süß. Noch ein Zauberwesen!“ „Wieso ‚noch ein‘? Kennst du denn noch mehr?“, fragte Mokona verdutzt. „Ja, einige, zum Beispiel Kero-chan und Spinel.“ Mokona war erfreut. Hier gab es also auch einen Kero-chan. In einer anderen Welt hatte sie bereits einen kennengelernt. „Woher kennen du und Tomoyo-chan euch, Kobato-chan?“, fragte Fye. „Tomoyo-chan kauft hier oft ein, sie ist sozusagen schon Stammkundin. Wir hatten aber noch nie miteinander gesprochen, bis sie Ioryogi vor ein paar Tagen aus der Patsche geholfen hat. Als ich hier Dienst hatte und Ioryogi als Maskottchen getarnt auf der Ladentheke saß, hat ein kleines Kind ihn mitgenommen, weil er ihm wohl so gefallen hat. Ich war gerade so im Stress, dass ich es nicht bemerkt hatte. Draußen ist das Tomoyo-chan aufgefallen. Sie hat ihn zurückgebracht und so sind wir ins Gespräch gekommen.“ Nun meldete sich Tomoyo wieder zu Wort: „Ich bin eigentlich vorbeigekommen, weil ich dich zum Kirschblütenfest einladen wollte, Kobato-chan. Meine Freunde und ich sind schon seit heute Morgen im Park. Ihr könnt auch gerne mitkommen, je mehr desto lustiger!“ „Natürlich, ich komme gern vorbei! Um zwei kann ich heute Schluss machen“, sagte Kobato. „Au ja, au ja, das wird ein Spaß, wir machen ein Gelage“, begeisterte sich Mokona. Auch die anderen hatten nichts einzuwenden. „Toll, also dann bis nachher, ich hole euch am südlichen Eingang des Pinguin-Parks ab!“ Und weg war sie. Die Gruppe ging wieder an die Arbeit. Als die anderen gerade nicht hinhörten, wandte sich Fye neckend an den Schwarzhaarigen: „Ts, ts, noch eine Tomoyo. Das wird langsam etwas viel für dich, Kuro-rin, stimmt’s?“ „Ach was, irgendwann verwundert einen nichts mehr.“ „So? Das sah vorhin aber nicht so aus, als du ihr durch die Scheibe so völlig perplex hinterhergeschaut hast.“ Um die leichte Eifersucht, die in seiner Stimme mitschwang, zu verbergen, fügte er schnell noch hinzu: „Das sah wirklich komisch aus, wie du dir die Nase am Schaufenster platt gedrückt hast.“ Kurogane wollte seinem Gegenüber erst einfach sagen, er solle die Klappe halten. Doch ihm war der Unterton in dessen Stimme nicht entgangen. Er beschloss zu kontern. „Eifersüchtig?“ In Fyes Augen flackerte zunächst etwas überrascht auf. „Vielleicht“, antwortete er schließlich.   Der Weg zum Pinguin-Park führte vorbei an verschiedenen Geschäften. Auf den Straßen herrschte buntes Gewimmel. Mokona fühlte sich pudelwohl. Sie hopste überall herum und schaute in jedes Schaufenster. „Seht mal hier, so ein schönes Schaufenster! Oh, und hier, noch eins! Und …. oh, so viele Menschen. Ach wie schön, mal wieder so richtig unter Leuten zu sein!“ Ioryogi, der in Kobatos Handtasche saß, wirkte sehr angespannt. „Hey, Mokona, komm sofort zurück hierher!“, rief er, aber zu leise, „Sagt ihr, sie soll zurückkommen, sie zieht viel zu viel Aufmerksamkeit auf sich!“ Die anderen verstanden. Shaolan holte den weißen Kloß zurück. „Du musst in dieser Welt so tun, als wärst du ein Stofftier, Mokona.“ „Och, stimmt ja“, sagte sie ein wenig enttäuscht, „aber hier gibt es doch so viele interessante Sachen zu sehen. Sag mal, Shaolan, hier findest du doch sicher irgendein Geschenk für Sakura.“ „Für Sakura?“, fragte Fye nach. „Ja, sie hat bald Geburtstag“, antwortete der Brünette. „An dem Tag müssen wir unbedingt wieder in Clow Country sein!“, fügte Mokona hinzu. Fye blickte nachdenklich drein. „Zu dumm nur, dass wir kein Geld dieses Landes haben.“ „Blöd“, sagte Mokona enttäuscht, „da können wir ja gar nichts kaufen.“ „Ich hab’s“, sagte Fye, „vielleicht können wir ja etwas eintauschen. Mokona, was hast du noch alles in petto?“ In der Hoffnung, dass sie in den letzten Welten, in die sie gereist waren, etwas Brauchbares eingesammelt hatten, gingen sie in eine Seitengasse und Mokona spuckte alles aus: Leere Lunchboxen, ein paar Decken und die Schriftrolle, die sie in der vorherigen Welt gefunden hatten. Da war nichts dabei, was man zu Geld hätte machen können. „Das ist alles? Dann müssen wir uns wohl noch etwas anderes einfallen lassen.“ Doch erst mal mussten sie weiter, sie hatten schließlich eine Verabredung. Tomoyo erwartete sie schon am Eingang des Parks. Sie wirkte aufgedrehter als vorhin. „Wie schön, dass ihr da seid! Kobato-chan, ich kann dir heute meine allerbeste Freundin vorstellen“, sagte sie ganz hibbelig. „Sie war in Hongkong und es hieß, sie reist erst morgen wieder hier an. Aber gerade habe ich eine SMS von ihr erhalten und sie will sogar heute schon vorbeikommen! Oh Gott, ich bin so aufgeregt, ich war gerade schnell noch mal bei mir zu Hause, um meine Kamera zu holen, damit ich diesen besonderen Moment festhalten kann, wenn sie zurückkommt. Ich wollte eigentlich mit Touya zum Flughafen, um sie abzuholen, aber ich hatte euch ja versprochen, euch hier zu treffen.“ „Jetzt beruhig dich erst mal, Tomoyo-chan“, sagte Fye. „Du hast Recht. Erst mal tief durchatmen“, sagte das Mädchen zu sich selbst. „Kommt mit, ich stelle euch meine anderen Freunde vor.“ Sie durchquerten ein ganzes Stück des Pinguin-Parks, der sehr weitläufig war. Überall standen Kirschbäume in voller Blütenpracht und dazwischen hatten es sich Menschen auf Picknickdecken gemütlich gemacht. „Was hat deine Freundin denn in Hongkong gemacht?“, fragte Kobato. „Studiert sie vielleicht dort?“ „Ach so, das habe ich ja noch gar nicht erzählt. Nein, sie war bei ihrem Freund Shaolan zu Besuch. Den bringt sie dann auch gleich mit.“ Shaolan horchte auf: Das war doch gerade sein Name gewesen? Konnte das ein Zufall sein, oder bedeutete es vielleicht sogar … „Tomoyo-chan, wie heißt deine Freundin?“, Shaolans Stimme klang belegt. Die Antwort nahm Shaolan wie aus weiter Ferne wahr. „Sie heißt Sakura Kinomoto.“ [1] Sie waren ja schon mal in Kobatos Welt, das müsste etwa in Folge 20 gewesen sein. [2] Siehe Tsubasa Band 21, Kapitel 161 ^^ Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)