Loving Heartbreaker von Vienne (Liebe ist nicht immer leicht) ================================================================================ Kapitel 16: Enlightenment ------------------------- 16 Ungeduldig wippte sie auf den Absätzen ihrer Pumps vor und zurück. Zupfte immer wieder an ihrem neuen Kleid herum. Sie war stolz auf sich selbst. Darauf das ihre Eltern nicht mitbekommen hatten, dass sie heute die Schule geschwänzt hatte. Darauf das sie endlich das passende Kleid für heute gefunden hatte, die Kleider aus ihrem Schrank genügten ihrem Anspruch nicht mehr. Und darauf wie ihre Haare lagen. Sie hatte sich extra noch einen Friseurbesuch gegönnt. Sie wollte nicht so aussehen wie immer, wenn sie endlich dabei war, Mamoru für sich zu gewinnen. Saori sah auf ihre Armbanduhr. Es war kurz vor fünf. Sein Fußballtraining musste schon vorbei sein. Sie lief einige Schritte in Richtung Schultor. Es war eigentlich unmöglich, dass sie ihn nicht sehen würde. Es war der einzige Ausgang, der noch offen war. Sie stellte sich auf Zehenspitzen, um besser sehen zu können. "Wo bleibt er denn nur?" Kurz kam ihr in den Sinn, dass er vielleicht heute gar nicht zum Training gegangen war. Aber dann hätte sie ihn schon vor zwei Stunden sehen müssen. Sie war schließlich schon hier, als er Schulschluss hatte. Gerade wollte sie sich abwenden, als sie einige Mitschüler von dem Schwarzhaarigen entdeckte. Saori wich ihnen ein Stück weit aus, richtete neuerlich ihr Kleid und fuhr sich durch die Haare. Ihr Herzschlag erhöhte sich. Sie freute sich, ihn endlich zu sehen. In Gedanken durchging sie nochmal alle Begrüßungen. Keine war gut genug. Verstohlen sah sie um die Ecke. Wie gut er wieder aussah. Die Sporttasche lässig über die Schulter geworfen und die Schulttasche in der Hand. Er trug kein Jackett so wie sonst. Nur sein weißes Hemd mit den kurzen Ärmeln, was seine Oberarmmuskeln zur Geltung brachten. Sein Lachen drang an ihr Ohr. Bald würde sie es jeden Tag hören und es würde nur ihr gelten. Es war ganz offensichtlich, dass er über seinen Liebeskummer wegen der dummen Kuh von Mittelstufenschülerin hinweg war. Seine Stimme erreichte sie. Unwillkürlich drückte sie sich ein wenig an die Wand. Ihre Neugierde war einfach zu übermächtig. Saori musste wissen, worüber er sprach. "Deine Laune ist seit Tagen auf einem Hoch. So kennt man dich gar nicht." "Ach halt die Klappe, Hiroto. Mamoru ist eben verknallt." "Naoki!", Mamorus Stimme teilte fast schon die Luft. Er warf seinen Mitschülern einen bösen Blick zu. "Echt?", Hiroto sah zwischen seinen Freunden hin und her. "Na das ich das noch erleben darf. Erzähl mal." "Vergiss es!", Naoki schüttelte stellvertretend für Mamoru mit dem Kopf. "Der redet nicht über sie. Oder?" "Ihr müsst nicht alles wissen.", Mamoru war stehen geblieben und ließ seinen Blick in den Himmel schweifen. Ein Lächeln schlich sich auf seine Lippen, während seine Gedanken zurück zum gestrigen Abend wanderten. Dorthin zurück, als er mit Usagi vor ihrem Elternhaus gestanden war und sie Küsse ausgetauscht hatten. Am liebsten hätte sie ihn mit zu sich genommen und er wäre ihr liebend gerne gefolgt. Allerdings machte ihnen Kenji einen Strich durch die Rechnung. Er gab ihnen noch zehn Minuten und holte sein Töchterlein auf die Minute genau dann ins Haus. Mamoru konnte die väterliche Sorge nachvollziehen. Wahrscheinlich würde er in einigen Jahrzehnten genauso handeln. "Erde an Chiba!" Naokis Rütteln an seiner Schulter holte Mamoru zurück in die Realität. "Dich hat es echt erwischt oder?" "Du grinst wie ein verliebter Idiot.", lachte Hiroto. "Komm schon, erzähl uns ein bisschen was von ihr." Der Schwarzhaarige seufzte leise. Ewig würde er es nicht für sich behalten können und am liebsten würde er ohnehin der ganzen Welt von seinem Glück erzählen. "Also sie hat immer ein offenes Ohr für mich. Hat ihren eigenen Kopf und wir ergänzen uns ziemlich gut. Reicht euch das?" Die beiden anderen sahen sich an. Sie wussten, dass Mamoru nicht mehr erzählen würde und nickten daher nur. Ihr Mitschüler war schon immer irgendwie geheimnisvoll gewesen. Es war ohnehin ein Wunder, dass er sich jemandem öffnete und über seine Gefühle sprach. Mehr oder weniger. Und diese Gefühle bei sich selbst auch zuließ. Es gab also doch noch einen Menschen auf dieser Welt, der sein Herz erreicht hatte. Und Saori wusste in jenem Moment genau, wer dieser Mensch war. Sie selbst. Nur auf sie trafen diese Eigenschaften zu. Sie hatte ihm schließlich immer zugehört und war durchaus selbstbewusst, wusste, was sie wollte und was nicht. Und natürlich ergänzten sie und Mamoru sich perfekt. Er wollte Großes im Leben erreichen und sie würde ihn dabei unterstützen. So wie es sich als japanische Frau gehörte. Mochte sein, dass viele Mädchen ihrer Generation emanzipierter waren, aber das war nicht Saoris Lebensstil. Sie trat aus dem Schatten der Schulmauer heraus, lief einige Schritte hinter Mamoru und seinen Schulfreunden her. Sie musste ihn nicht rufen, er würde sie schon bemerken. Mamoru hörte das Klackern hinter sich. Es waren zweifelsfrei hohe Schuhe. Und sie folgten ihm und den anderen. Verwundert blieb er stehen und drehte sich um. "Saori?" "Hallo Mamoru!", sie beschleunigte ihre Schritte so gut es eben ging in ihren neuen Pumps. Mit einem Nicken begrüßte sie seine Schulfreunde. "Wir sind dann mal weg. Bis morgen, Mamoru!", Hiroto klopfte ihm freundschaftlich auf die Schulter und auch Naoki hob die Hand zum Gruß, bevor er und sein Kumpel die Köpfe zusammen steckten. Die beiden jungen Männer waren sich nicht sicher, ob die Brünette wirklich diejenige war, von der Mamoru eben geschwärmt hatte. Sie sah nicht gerade wie sein Gegenstück aus. Eher wie das komplette Gegenteil davon. Und wirklich gefreut schien sich der Schwarzhaarige auch nicht zu haben. Beide warfen einen letzten Blick zurück. Ihr erster Eindruck von Saori bestätigte sich erneut. Mamoru bekam die Blicke der Mitschüler nicht mit. Er starrte stattdessen ungläubig auf die junge Frau vor sich. Unweigerlich musste er ihr in den Ausschnitt blicken, der viel zu tief war. Als er seine Augen weiter wandern ließ, sah er, wie unsicher sich auf ihren zentimeterhohen Pumps stand. Ihre Knöchel waren vor Anstrengung die Balance zu halten schon weiß verfärbt. Es war sicher nur eine Frage der Zeit, bis sie umknickte und die Sehnen überdehnte oder sie rissen. Es war ihm allerdings relativ egal. Weniger egal war ihm jedoch, warum sie hier so aufgemotzt vor ihm stand. Ein seltsames Gefühl machte sich in seinem Bauch breit. "Das ist ja ein Zufall, dass wir uns hier begegnen.", Saori lächelte ihn hochmotiviert an. "Äh, ja.", er kratzte sich verlegen am Hinterkopf. "Ich wollte dich fragen, ob wir..." Weiter kam Saori nicht. Mamorus Handy meldete sich und er sah sie entschuldigend an. Wandte sich ab und hoffte, dass sie nicht lauschen würde. Er traute ihr mittlerweile fast alles zu. Seine Augen wanderten auf das Display, auf dem Usagis Name leuchtete. Kurz sah er zu der Brünetten, die ihn immer noch mit leuchtenden Augen anschmachtete. Mit dem Finger schob er den grünen Telefonbalken zur Seite. "Hallo Motoki!" "Äh, Mamo-chan?! Ich bin's, Usako!", überrascht darüber, dass Mamoru sie Motoki genannt hatte, schaute sie in die Runde. Instinktiv schaltete sie den Lautsprecher ein. Irgendetwas war los. Das spürte sie genau. "Ich wollte fragen, ob du noch ins Crown kommst. Ich vermisse dich. Und wir wollten doch an unserem Plan weiter arbeiten. Oder bist du noch beim Training?" Mamoru ließ Saori nicht aus den Augen. Er musste vermeiden, dass sie mitbekam, mit wem er gerade telefonierte und gleichzeitig Usagi klar machen, in welchem Schlamassel er momentan steckte. Er hatte nur keine Ahnung wie. "Nein, das Training ist zu Ende. Ich wurde nur aufgehalten und ich befürchte, dass ich nicht kommen kann." Er konnte Usagis Enttäuschung schon fast durchs Telefon greifen. Wieso war das nur so kompliziert? "Wieso nicht?", Usagi versuchte nicht allzu verärgert zu klingen. "Wir sind alle schon da und du hast es versprochen." Verunsichert sah sie in die Tischrunde. Sie hörte die Unsicherheit in Mamorus Stimme. Eine neuerliche Angst beschlich sie. Wollte er sie wieder abservieren? War wieder alles nur gespielt? Ohne das sie was dagegen tun konnte, bemächtigten sich Tränen ihrer Augen. Seiya sprang sofort auf, nahm ihr das Handy aus der Hand. Irgendwas war faul an der Sache. "Mamoru, Seiya hier. Von wem wurdest du aufgehalten?" Der Oberstufenschüler war noch nie so froh gewesen, Seiya zu hören. Erleichterung machte sich in ihm breit. Wenigstens einer in der Clique schien bemerkt zu haben, dass etwas nicht ganz rund lief. "Wir müssen die Planung der Überraschungsparty verschieben. Sonst brauchen wir uns nicht die Mühe machen." Aus dem Augenwinkel sah er, wie Saori sich abgewendet hatte. Sich in einem kleinen Taschenspiegel betrachtete. Überflüssigerweise wie er fand. Aber wenigstens konnte er so ein wenig freier sprechen. Zumindest im Flüsterton. "Saori hat mich abgefangen." "Dachte ich mir.", Seiya seufzte und grinste in die Runde. Er sah die Erleichterung in Usagis Gesicht. Lächelte ihr aufmunternd zu. Ihm war klar, dass sowas kommen würde. Saori war so besessen von dem Oberstufenschüler, dass sie alles tat, um ihn für sich zu gewinnen. "Hör mir jetzt genau zu. Ich hab da eine Idee. Auch wenn sie dir am Anfang wahrscheinlich weniger gefallen wird." Mamoru hörte seinem einstigen Widersacher aufmerksam zu. Seiya hatte Recht: So ganz gefiel ihm der Beginn des Planes nicht. Aber je mehr Details er hörte und je mehr Ideen die anderen mit einbrachten, desto besser wurde es. Es fiel ihm mit jedem Wort schwerer, nicht laut loszulachen. Vorallem die Mädchen brachten immer lustigere Ideen ein. Seiya, Motoki und auch Kobajashi, der ebenfalls anwesend war, mussten sie bremsen. Hinter sich hörte er wieder das Klackern der Pumps. Er drehte sich um. Saori sah ihn an. Mamoru musste sich zusammenreißen, um nicht allzu angewidert auszusehen. Seine Stimme war nun kein Flüstern mehr. Die anderen sollten wissen, dass er nicht mehr ungestört sprechen konnte. "Motoki, plant den Rest ohne mich. Ich bin dann auf jeden Fall heute Abend zur Vorbereitung da. Bis dann!" Der Schwarzhaarige steckte das Handy weg, sah zu der Brünetten. "Also Saori, was verschafft mir die Ehre?" "Ich wollte dich sehen!", sie konnte es nicht verhindern. Saori musste ihm einfach sagen, was sie wollte. Erwartungsvoll sah sie ihn an. Sah, wie er überrascht eine Augenbraue hob und tief durchzuatmen schien. "Okay.", er dehnte das Wort bis zur Schmerzgrenze. "Und warum?" "Ich hab mir solche Sorgen gemacht. Dir ging es am Wochenende so schlecht und nun gehst du schon wieder zum Training. Und dann noch der Liebeskummer wegen Usagi. Geht es dir wirklich gut?" "Ja, mir geht es gut.", er sah sie grinsend an. "Was hälst du davon, wenn du und ich heute unsere Verabredung von neulich nachholen? Ich lad dich ein. Jetzt gleich." Perplex sah sie ihn an. Nickte dann aber. Ihr Herz jubilierte. Endlich! Endlich schien er einzusehen, was er an ihr hatte. Ohne ihn zu fragen oder anzusehen, ergriff sie seine Hand und zog ihn mit sich. Sie bemerkte nicht, wie er die Lippen aufeinander presste und versuchte, seinen Ekel zu unterdrücken. Die kleinen Wellen des Sees im Jubaan-Park plätscherten leise, als sie auf das Kiesufer trafen. Enten schnatteren und das Laub der Bäume rauschte im lauen Sommerwind. Mamoru ließ seinen Blick schweifen. Im Gegensatz zu Saori hatte er sich kein Eis geholt. Sonst hätte sie noch erwartet, dass sie ihn einlud. Und dafür wollte er nun definitiv kein Geld verschwenden. So hatte er sich damit rausgeredet, sein Geld zuhause liegen gelassen zu haben und außerdem musste er ja eh noch darauf achten, was er aß. Die junge Frau neben ihm glaubte es. Aus dem Augenwinkel sah er, wie Saori immer wieder an ihrem Kleid und vorallem an ihrem Ausschnitt herum nestelte. Mamoru fand es viel zu auffällig. Obwohl auch er ab und an in ihr Dekoltée schielen musste. Er war auch nur ein Mann. Außerdem musste er Vergleiche ziehen und kam zu dem Schluss, dass Usagi zwar drei Jahre jünger als die Brünette war, dafür hatte sie jedoch eine viel weiblichere Figur. Er war sich sogar fast sicher, dass Saori nur einen Push-Up trug. Es sah alles irgendwie falsch an ihr aus und ihm kam in den Sinn, warum er jemals dachte, sie könnte dich Richtige für ihn sein. Saori war es definitiv nicht! "Also Mamoru, ich finde es schön, dass wir hier sind.", sie kam sich total lächerlich vor. Obwohl sie dieses Treffen minutiös durchgeplant hatte, agierte sie nun albern und wie ein Teenager. So wie sie nie sein wollte. "Ja, es ist nett hier.", er versuchte so einsilbig wie möglich zu antworten. "Es ist schön, dass es dir wieder gut geht. Liebeskummer ist immer schlimm." "Ja." "Aber du findest du sicher bald jemand neues. Jemand der dich wirklich liebt." "Meinst du?" "Ja aber sicher doch. Es gibt doch so viele Mädchen da draußen, die dich attraktiv finden.", Saori atmete tief ein und sah zu Mamoru. "Zum Beispiel ich." Der Oberstufenschüler drehte den Kopf, legte ihn schief und sah so aus, als müssten ihre Worte erst zu ihm durchdringen. Er sah ihren schmachtenden Blick, sah, wie sie ihn anstarrte und dabei seltsam breit lächelte. Es war schon angsteinflößend und seine Augen huschten kurz suchend umher. Er wusste, dass er vielleicht etwas hätte sagen sollen. Aber ihm fiel nichts ein. Und sie machte sowieso schon wieder den Mund auf. "Ich weiß, dass es viele Mädchen gibt, die dich als ihren Freund wollen. Aber sie meinen es nicht ehrlich mit dir. Doch ich, ich will dir wirklich immer zur Seite stehen. Bei dir sein und dich unterstützen bei deinen Träumen und Zielen. Ich werde zuhause auf dich warten, wenn du nach einem anstrengenden Tag im Krankenhaus nach Hause kommst. Ich werde für dich Kochen und den Haushalt machen. Du musst dich dann um nichts kümmern." Er musste sie stoppen! Und doch sprach sie weiter. "Ich will immer bei dir sein. Das wollte ich schon immer. Und egal was kommt, ich werde es immer sein. Wir passen so gut zusammen und meine Eltern werden von dir begeistert sein. Sie werden so froh sein, dass ich endlich jemanden habe, der für mich sorgen wird und es kann.", sie redete sich immer mehr in Rage. "Ich weiß, Geld ist nicht alles. Aber es gibt Sicherheit. Und ich möchte nicht viel. Nur unsere Kinder sollen abgesichert sein." Mamoru musste einen Würgereiz unterdrücken. Erst recht, als sie seinen Arm umfasste und sich gegen ihn lehnte. "Wir werden so ein tolles Leben haben. Ein Haus am Stadtrand vielleicht. Also natürlich erst nach dem du deinen Abschluss hast und einen gut bezahlten Job in Krankenhaus. Du solltest dich unbedingt auch in Privatkliniken bewerben. Die zahlen noch besser. Oh es wird so toll werden, Mamoru. Nur du und ich!" Er hörte, wie sie tief und scheinbar zufrieden seufzte. Offensichtlich war sie fertig mit ihrer seltsamen Liebeserklärung und ihrer abstrusen Zukunftsplanung. Er rieb sich den Nasenrücken. Sie war definitiv durchgeknallt. Er war gerade mal achtzehn und würde erst nächstes Jahr im April seinen Schulabschluss machen. Das geplante Medizinstudium würde noch einmal einige Jahre in Anspruch nehmen, von der Zeit als Assistenzarzt mal ganz abgesehen. Das war seine Zukunft. Aber sie war sicher nicht ihre. Schon gar nicht ihre gemeinsame. Dafür hatte er jemand ganz anderes eingeplant. "Hey Mamoru!" Sein Herz machte einen kleinen Hüpfer, als er ihre Stimme hörte. Endlich war sie da. Er hatte schon nicht mehr gewusst, wie er dem Redeschwall Saoris Einhalt gebieten sollte. Mit jedem ihrer Worte war ihm bewusster geworden, wie sehr sich die Brünette in diese Sache verrannt hatte. Wie sehr sie ihn wollte und wie rücksichtslos sie dabei war. Es war ihr im Grunde egal, was er dazu sagen würde. Sie hatte die nächsten dreißig Jahre minutiös durchgeplant und er war in ihrer Fantasie ein fester Bestandteil davon. Ob er wollte oder nicht. Und jetzt musste er hoffen, dass Seiyas Plan aufging und weder er selbst noch Usagi in die Schusslinie gerieten. Er drehte sich auf der Bank um, sah die Blondine lächelnd auf ihn zu kommen. Sie musste zwischenzeitlich Zuhause gewesen sein. Ihre Schuluniform hatte sie gegen bequeme Jeansshorts und ein T-Shirt getauscht. Sie sah wie immer wunderschön aus. Ihr Lachen erreichte ihre Augen und ließ sie noch mehr funkeln als sonst schon. "Was will die denn hier?", Saoris Stimme war nicht mehr als ein Zischen. Verblüfft schaute sie zu Mamoru, der neben ihr aufgestanden war und um die Bank herum ging. "Ich nehme an, sie ist auf dem Weg ins Crown. Durch den Park ist es der kürzeste Weg.", er versuchte sich nichts anmerken zu lassen. Ging stattdessen einige Schritte in Richtung Usagi. "Hallo!", er musste sich beherrschen, um nicht allzu breit zu grinsen oder sie in den Arm zunehmen. "Was machste du denn hier?" "Oh, ich bin am Weg ins Crown. Die Mädels warten auf mich.", sie schaute an ihm vorbei und lächelte Saori zu. "Hallo!" Die Angesprochene quittierte die Begrüßung nur durch ein Nicken, verbunden mit einem säuerlichen Blick. Das Auftauchen der Blondine war definitiv nicht das, was sie jetzt gebrauchen konnte. Und so wie sich Usagi benahm, flirtete sie gerade heftigst mit dem Schwarzhaarigen. Langsam stand sie auf, ging zu den beiden rüber. Umfasste neuerlich seinen Arm und schmiegte sich ein wenig an ihn. Irgendwie musste sie ja ihr Revier markieren. "Ich muss dich wohl nicht fragen, was du und Saori hier machen." Mamoru war erstaunt, wie gelassen Usagi war. Sie war als Schauspielerin wirklich talentiert. "Ja, Mamoru und ich haben ein Date.", Saori versuchte zuckersüß zu klingen, was ihr jedoch schwerfiel. "Oh wie schön. Dann seid ihr jetzt also zusammen?" "Ich habe Mamoru vorhin meine Gefühle gestanden. Also ja, wir sind zusammen." "Das ist doch schön, wenn sich zwei gefunden haben.", Usagi lächelte breit und wandte sich dann an Mamoru. "Und du?" "Was ich?", er sah sie fragend an. "Naja, du bist doch so ein Gefühlsautist. Wie kommt's, dass du Saori so schnell deine Gefühle gestanden hast." Usagi wusste, dass Mamoru noch nichts dergleichen gesagt hatte. Sie kannte ihn nun lange genug. Ohnehin fand sie es schon dreist von Saori, dass sie einfach so von einer Beziehung ausging. Seiya hatte sie diesbezüglich auf ihrem gemeinsamen Weg hierher vorgewarnt. Und sie hoffte, dass ihr Gegenüber gleich nicht allzu sehr durchdrehen würde. Sie legte den Kopf schief, sah Mamoru fragend und lächelnd zugleich an. "Er hat es mir gesagt. Mehr musst du nicht wissen. Ist schließlich nicht mehr deine Beziehung.", Saoris Laune ging immer mehr unter Kellerniveau. Es behagte ihr weder, dass Usagi hier aufgetaucht war, noch das sie so nachbohrte bezüglich Mamorus Gefühle. Saori durfte sie nicht wissen lassen, dass er noch gar nichts gesagt hatte. Obwohl das auch nur noch eine Frage der Zeit war. Da war sie sich sicher. "Stimmt. Du hast ja Recht. Es geht mich wirklich nichts mehr an.", Usagi war einen ihrer Zöpfe über die Schulter und ließ den Blick schweifen. "Ich weiß ja bereits, wie Mamoru zu mir steht und was er für mich empfindet." Alle Farbe entwich aus Saoris Gesicht. Sie hatte den Mund weit aufgerissen und sah wahrscheinlich dümmer aus denn je. Hektisch sah sie zwischen Mamoru und Usagi, die nun Mamoru mit ihren Augen fixierte, hin und her. Irgendwas stand zwischen den beiden, von denen die Brünette noch nichts wusste. Was war ihr nur entgangen? Sie versuchte die Blicke zu deuten, doch es gelang ihr nicht. Sie konnte in den Augenpaaren der beiden nicht lesen. Sie umklammerte Mamorus Arm stärker. Durfte sich nichts anmerken lassen und sah mit festem Blick zu Usagi. "Verschwinde!" Die Blondine rührte sich nicht. Stattdessen war es Mamoru, der sich zu regen begann. Der seinen Arm aus Saoris Umklammerung löste und ohne sie anzusehen, zu Usagi ging. Mit vor Schreck geweiteten Augen starrte Saori auf die sich vor ihr abspielende Szene. Sah, wie Mamoru langsam die Hand Usagis ergriff und sie an seine Lippen führte. Jeden einzelnen Finger sanft küsste. Die Brünette musste feststellen, dass die beiden die wenigen Zentimeter Distanz überbrückten und sich immer näher kamen. "Lass deine dreckigen Finger von meinem Freund!", sie wusste, dass sie hysterisch klang. Doch das war Saori reichlich egal. Sie durfte nicht zulassen, dass die dumme Blondine ihre Pläne durchkreuzte, dass sie Mamoru wieder für sich gewann. Unter keinen Umständen. "Mamoru gehört zu mir und nicht zu dir. Ich bin diejenige, die ihm das Wasser reichen kann. Du bist doch viel zu dumm dazu!" Saori ging einige Meter auf das so vertraut wirkende Pärchen zu, streckte die Hand nach dem Schwarzhaarigen aus. "Komm wieder zu mir, Mamoru. Mit mir wirst du einen wunderbare Zukunft haben. Unsere Kinder werden wunderbar sein und so schlau wie du und ich. Wir werden dank deines guten Klinikjobs ein tolles Leben haben. Wir werden viel reisen und in einem prächtigen Haus leben. Alles wird so viel besser sein, wenn du mit mir zusammen bist. Was kann sie dir schon bieten?", sie sah verächtlich zu Usagi, die sich an den jungen Mann geschmiegt hatte. "Diese dumme Pute will dich doch nur ausnutzen. Sie kann froh sein, wenn sie es auf eine mittelklassige Oberschule schafft und dort den Abschluss. Sie wird dir immer nur ein Klotz am Bein sein. Nie für sich selber sorgen können. Willst du das wirklich?" Sie wich einen Schritt nach hinten, als sie den kalten Blick Mamorus sah, den er ihr zuwarf und der sie ein wenig aus dem Konzept brachte. "Ich würde alles für dich tun, Mamoru. Alles! Nur um mit dir zusammen zu sein. Und ich weiß, dass du für mich genauso empfindest wie ich für dich." Mamoru hingegen schüttelte den Kopf, konnte sich ein Lachen nicht verkneifen und zog Usagi noch enger an sich. "Ich empfinde nichts für dich. Gar nichts!" Usagi fuhr ein Schauer über den Rücken. Selbst zu ihr klang er nie so eiskalt. Trotz des Missverständnisses wegen der Fotos klang seine Stimme noch nie so wie heute. Wie in diesem Moment. Obwohl es nicht ihr galt, machte es ihr Angst. Sie presste sich noch mehr an ihn, suchte seinen Blick. "Ich liebe nur sie. Nur Usagi!", Mamoru hauchte der Blondine einen Kuss auf die Stirn und wandte sich dann wieder Saori zu. "Was du getan hast, ist das hinterhältigste, was ich je erlebt habe. Nicht nur, dass du eifersüchtig hoch zehn bist, nein! Du denkst auch überhaupt nicht nach, was für Konsequenzen das ganze hat. Nicht nur für dich oder mich oder Usagi. Sondern überhaupt. Du hast es geschafft, einen riesigen Riss in meine Clique zu reißen. Und du hast nicht nur Usagi wehgetan, sondern auch mir. Du bist der schlimmste Mensch, der mir jemals über den Weg gelaufen ist." Saori starrte ihn einfach nur an, bevor sie heftig den Kopf schüttelte. "Das ist nicht wahr! Die blöde Kuh hat dich betrogen und war auch noch so dumm, Fotos davon zu machen. Ich hingegen, ich liebe dich!" Sie ging wieder einen Schritt auf ihn zu. Packte ihn am Kragen seines T-Shirts und zerrte daran. "Du und ich! Wir beide gehören zusammen.", sie sah mit vor Wut funkelnden Augen zu Usagi. "Du kleine Schlampe! Ich lasse mir von dir nicht mein Leben versauen. Mamoru und ich werden eine Familie haben. Ich werde ihn verwöhnen und ihm wird es an nichts fehlen. Ich werde mit ihm die Welt sehen und ihm den Haushalt machen. Du hingegen wirst irgendwann ganz weit unten landen. Da wo du hingehörst." "Saori!" Doch sie ging auf Mamoru nicht ein. Ließ ihn los und stand nun viel zu nah vor Usagi. "Du wirst dich nicht vor mir verstecken können. Ich werde dir das Leben zur Hölle machen. Und zwar so lange bis du verstanden hast, dass ich zu Mamoru gehöre. Erst dann und dann auch nur vielleicht, lass ich dich in Ruhe. Aber hier und jetzt schwöre ich dir, dass du keinen Fuß mehr auf den Boden bekommen wirst, wenn du ihn und mich nicht in Ruhe lässt. Du wirst vielleicht noch einen Schulabschluss schaffen, aber dann war's das auch schon für dich. Keiner wird dich mehr ansehen wollen. Egal wie unschuldig du denjenigen ansehen magst. Keiner wird dir mehr glauben. Ich hab da meine Quellen, Püppchen. Und ich werde sie genauso nutzen, wie ich sie bei den manipulierten Fotos genutzt habe." Ein lautes Klatschen unterbrach Saori und sie fuhr herum. Sah sich hektisch um. Und mit jeder Sekunde wurde ihr klarer, was sie da eben preisgegeben hatte. Für den Moment jedoch war es egal. Darum würde sie sich kümmern, wenn Usagi endlich weg war und sie die Quelle des Klatschens ausgemacht hatte. Mamoru würde ihr schon glauben. Sie konnte sehr überzeugend sein. Sie bemerkte nicht, wie Mamoru Usagi von ihr wegzog. Sich schützend vor sie stellte. Noch immer hörte sie das Klatschen. Suchte die Person dazu und erstarrte, als sie denjenigen erspähte. "Seiya!" Ihre Augen verengten sich zu schmalten Schlitzen. Sie konnte sein Blick genauso wenig deuten wie wenige Minuten zuvor die von dem Pärchen vor sich. Sie sah nur, dass er in schnellen Schritten auf sie zukam. "Ein wunderbarer Auftritt, Saori.", seine Stimme triefte vor Sarkasmus. "Du hast dich heute von deiner besten Seite gezeigt. Und ich denke, dass wir nun alle wissen, zu wem Mamoru wirklich gehört." Er stellte sich neben seine Mitschülerin und seinem ehemaligen Konkurrenten. "Dir glaubt doch keiner.", verächtlich sah die Brünette ihn an. Langsam setzten sich alle Puzzelteile zusammen. "Du hast es ihnen also erzählt?" Seiya nickte nur. "Du bist so ein Waschlappen. Ich dachte, du wolltest unbedingt mit Usagi zusammen sein? Oder wollte sie dich nicht mehr. Würde mich auch nicht wundern, so ein Weichei wie du bist. Du hast doch nicht mal genug Eier in der Hose." Ihr Gesicht verzog sich immer mehr zu einer hässlichen Fratze. "Doch, ich wollte mit Usa zusammen sein. Sehr sogar. Ich habe sie geliebt und das tue ich immer noch.", er sah kurz zu der Blondine. "Aber ich habe gelernt, dass man Gefühle nicht erzwingen kann und es falsch ist, etwas zu trennen, was zusammen gehört. Usagi und Mamoru gehörten zusammen wie der Mond und die Erde. Und nichts und niemand kann sie trennen. Auch nicht du, Saori." "Das werden wir ja noch sehen. Und scheinbar legst du ja auch genauso viel Wert darauf wie Usagi, keinerlei Zukunft zu haben." "Wieso? Willst du mir das Leben auch zur Hölle machen?", Seiya lachte leise auf. "Keine Sorge, das war es bereits. Und ehrlich gesagt, glaube ich eher, dass du keine Zukunft mehr haben wirst." "Was?" Unsicherheit machte sich in ihrer Stimme breit. Verwirrt sah sie zwischen den drei Anwesenden hin und her. Sie grinsten sich alle feierlich an. "Das, meine liebe Saori, wirst du noch früh genug erfahren.", Usagi klopfte ihr breit grinsend auf die Schulter. "Aber keine Sorge, aus dir wird schon was werden. Und nun entschuldige mich bitte. Mamoru und ich müssen ins Crown. Seiya, kommst du mit?" "Na klar. Die anderen warten doch schon." Während Saori unschlüssig dastand und nicht wusste, was sie tun sollte, bot Mamoru Usagi den Arm an. Das erste Mal seid Tagen wusste die Brünette nicht, was sie tun sollte. Ja, sie hatte sich verraten. Ja, niemand glaubte ihr mehr. Aber wieso sollte sie plötzlich keine Zukunft mehr haben? Sie wollte den anderen hinterher laufen, wurde jedoch von einem Kopfschütteln seitens Seiya zurückgehalten. Musste sie sich wirklich überraschen lassen? Musste sie dafür beten, dass alles glimpflich ablaufen würde? Angst ergriff sie. Und sie war ohnmächtig dagegen. Konnte nichts dagegen tun. Und fühlte sich so hilflos wie noch nie zuvor. "Da seid ihr ja endlich!", erleichtert lief Motoki auf die drei Ankömmlinge zu. Umarmte jeden von ihnen, als hätte er sie zuletzt vor Jahren gesehen und nicht erst vorgestern oder vor ein bisschen mehr als einer Stunde. Auch die anderen wirkten erleichtert, als Mamoru mit Usagi im Arm und Seiya im Schlepptau das Crown betraten. "Ist alles gut gegangen?", Rei rutschte ein wenig auf der Bank und machte so Mamoru Platz, der Usagi auf seinen Schoß nahm. Seiya schnappte sich einen Stuhl und schob sein Smartphone in die Runde. "Naja, sie wurde ein wenig hysterisch und hat sich natürlich wunderbar verplappert.", grinste Usagi. "Schaut es euch doch am besten selber an." Die ganze Clique verfolgte den knapp zwanzigminütigen Film auf Seiyas Handy. Und nicht nur die Freunde. Auch andere Stammgäste sahen sich Saoris oscarreifen Auftritt an und schüttelten dabei ungläubig mit den Köpfen. Ein Raunen ging durch das Café, gefolgt von einigen erschrocken Ausrufen, als Saori ihr wahres Gesicht zeigte. Zweimal mussten sie sich das Video ansehen, nur um zu begreifen, dass der Spuk und das Intrigenspiel endlich sein Ende hatte. Ein Applaus erfüllte das Crown, als Usagi und Mamoru sich nach der zweiten Filmvorführung küssten. Und die Clique war erleichert, als sich die Menschentraube um ihren Stammtisch wieder auflöste. "Was hast du nun mit dem Video vor, Seiya?", Minako sah ihn neugierig an. "Oh, ich dachte, dass mir da vielleicht Ami helfen kann. Du bist do so ein Talent was Computer und so angeht." "Danke für das Kompliment.", Ami lief ein wenig rot an. "Was soll ich machen?" "Ich dachte daran, dass es eine gerechte Strafe für sie wäre, wenn wir es ihren Elten zuspielen. Sollen die doch mal sehen, was ihr feines Töchterlein so alles angestellt hat." "Das ist schon fies." "Ist es nicht, Mako. Ich hab es meinen Eltern auch gebeichtet.", Seiya seufzte und starrte in sein Colaglas. "Ab morgen hab ich drei Wochen Hausarrest und muss die Aufgaben meiner Brüder im Haushalt für die nächsten drei Monate übernehmen." "Erst ab morgen?" "Ich hab ihnen gesagt, dass ich euch ja noch helfen muss." "Das hast du auch.", Usagi umarmte ihn. "Danke nochmal!" "Schick es ruhig an ihre Eltern. Ich bin nicht besonders erpicht darauf, noch weiter den Vorbereitungskurs mit ihr zu besuchen. Du vielleicht Koba?", grinste Mamoru schief. "Nein, ich verzichte auch nur allzu gerne.", lachte der Angesprochene. Sie plauderten noch eine ganze Weile, während Ami das Video auf ihren Laptop lud und es versendete. Keiner von ihnen bemerkte, wie Mamoru seine Liebste vom Tisch weg und ins Hinterzimmer zog. Verdutzt folgt Usagi ihm und ließ sich nur allzu gerne in eine enge Umarmung ziehen, als die Tür hinter ihnen ins Schloss fiel. Sie ertrank in seinen ozeanblauen Augen und erwiderte seinen sanften Kuss. Genoss es, als er mit der Hand durch ihr Haar fuhr. "Mamo-chan?", sie sah ihm an, dass ihn etwas beschäftigte. "Was hast du?" "Nichts. Ich bin gerade nur, und an dieser Stelle darfst du gerne lachen, so dankbar für alles. Ich hätte nie gedacht, dass es wirklich mit uns klappen könnte." "Langsam wirst du mir mit deinen ganzen Gefühlsduseleien echt unheimlich.", sie kicherte. "Aber ich weiß, was du meinst. Nach all den Sachen die passiert sind, bin ich echt froh, dass es vorbei ist. Zumindest hoffe ich das." "Du glaubst nicht daran, dass sie uns in Ruhe lässt?" "Nein, nicht wirklich." "Ich bleibe immer bei dir. Immer.", er umfasste ihr Gesicht mit seinen Händen. "Ich liebe dich, Usako!" Seine Lippen streiften sanft ihre. Und Usagi wurde in dem Moment klar, dass er recht hatte. Das er immer bei ihr bleiben wollte. Das er immer für sie da sein würde. Immer. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)