Die Reise eines Engels von Hei-chan ================================================================================ Kapitel 3: Eine grausame Welt (Kratos Sicht) -------------------------------------------- Am Horizont erkannte ich Feuer. „Da hinten scheint Feuer zu sein.“, meinte ich. Vielleicht war ein Fest zugange. Immerhin waren ja keine Kriegszeiten. Ansonsten hätte ich etwas anderes vermutet. „Oh nein. Da liegt Asgard. Die Desians werden doch wohl nicht?“, brabbelte die Braunhaarige und lief los. „Die Desians werden was nicht?“, fragte ich und lief ihr nach. Als wir Asgard erreichten, war mir klar was sie gemeint hatte. Die Stadt stand in Flammen. Häuser brannten lichterloh, während am Boden etliche Leichen verteilt lagen. Es war sicher ein schrecklicher Anblick. Allerdings war es nichts Erschütterndes für mich. Während des Kharlan-Krieges habe ich dutzende solcher Dörfer und Städte gesehen. Teilweise war ich selbst dafür verantwortlich gewesen, dass die gegnerischen Städte zerstört wurden. Immerhin war ich Anführer der Königlichen Ritter gewesen. Die Braunhaarige sank auf die Knie. In ihren Augen bildeten sich Tränen. „Nein. Das kann nicht sein. Warum nur?“, schluchzte sie. Ich wusste nicht was ich sagen sollte, um sie aufzuheitern. In solchen Sachen war ich nie sehr gut gewesen. Eine Sache wunderte mich nun aber doch. Es herrschte doch Frieden. Wer würde in solchen Zeiten ein Dorf niederbrennen? „Tante! Wo bist du?“, schrie die Braunhaarige nun. Völlig geschockt sah ich meine Begleiterin an. War sie wahnsinnig hier so unbedacht rumzuschreien. Wir wussten nicht ob noch Feinde in der Nähe waren. „Hey da sind noch Überlebende!“, hörte ich einen Mann rufen. Es waren Feinde da. Schnell packte ich meine Begleiterin und versteckte mich hinter eine paar Trümmern. Vorsichtshalber hielt ich ihr den Mund zu. Die Männer bemerkten uns zum Glück nicht. Sie trugen Rüstungen. Desianrüstungen. Was machten die Desians hier? Da sie uns nicht fanden verließen die Männer das Dorf. „Waren das…Desians?“, fragte ich und sah mich vorsichtig um. Sie schienen alle gegangen zu sein. „Wer denn sonst?! Wer würde sonst ein Dorf überfallen?!“, schrie die Braunhaarige und sah sich um. „Ich nehme nicht an, dass die Stadt nur so wenig Einwohner hat. Wo sind die restlichen.“, fragte ich. Hier lagen zwar eine Menge Leichen, aber eine Stadt dieser Größe hatte sicherlich mehr Einwohner. „Die Desians werden sie mit zu ihrer Farm genommen haben. Sie töten nur diejenigen, die sich wehren.“, erklärte die Braunhaarige. Mit einem „Mhm“ gab ich mich zufrieden. Plötzlich hörte ich ein Knacken aus einigen Trümmern. Dort lag ein älterer Mann. „Oh nein!“, schrie die Braunhaarige und eilte zu ihm hin. Ich versuchte ihn aus den Trümmern zu befreien, aber es war vergebens. Der Mann hatte eine fatale Wunde erlitten. Er würde nicht mehr lange leben. „Halte durch.“, kam von meiner jungen Begleiterin. „Oh du bist es Anna.“, keuchte er. „Schön, dass du entkommen konntest. Die anderen sind bei der Steintafel.“ „Nein stirb nicht.“, jammerte die Braunhaarige. „Tu doch was du verdammter Engel! Hilf ihm!“ Ich sah nach unten. „Das kann ich nicht.“ „Wozu seid ihr Engel auch gut. Helfen tut ihr ja doch niemanden!“, schrie Anna unter Tränen. Das schien ja ihr Name zu sein. Ich hatte nichts zu erwidern. Was hätte ich sagen sollen. Sie hatte ja Recht. Ich konnte nichts tun. „Wir sollten nachsehen ob die Menschen bei der Steintafel in Ordnung sind.“, sprach ich nach einer Minute Schweigen. Die Braunhaarige hatte die ganze Zeit bei dem sterbenden Mann gesessen und geweint. Nun sah sie mich böse an und stand auf. Ich fragte mich, was ich ihr getan hatte? Warum hasste sie mich so sehr? Anna ging Richtung Steintafel. Ich folgte ihr. Die Bewohner schienen sich hinter der Plattform zu verstecken. Ich näherte mich ihnen langsam. Ein Fehler. Die Bewohner kamen herausgesprungen und griffen mich mit Mistgabeln, alten Schwertern und Stöckern an. Ich wehrte ab und sprang zurück. Ich war ja auch ein Fremder. Wahrscheinlich hielten sie mich für einen Desian. „Geht es euch allen gut?“, fragte nun Anna. Die Bewohner hielten inne und sahen sie an. „Anna?“, fragte eine Frau entgeistert. „Tante Sandra.“, schrie sie und umarmte die blonde Frau. Die Bewohner sahen mich immer noch skeptisch an. „Gehört der zu dir, Anna?“, fragte ein Mann. „So in der Art. Auf jeden Fall ist er kein Desian.“, sagte die Braunhaarige nun abfällig. „Wie bist du von der Farm entkommen?“, fragte Annas Tante nun. „Dieser dreckige Engel hat mir geholfen.“, kam als Antwort. Wenigstens war sie ehrlich. „Oh wirklich? Vielen Dank Fremder.“, bedankte sich ältere Frau bei mir. „Mhm.“, war das einzige was ich von mir gab. Was hätte ich auch sonst sagen sollen. „Was ist hier genau passiert?“, fragte Anna nun. „Die Desians haben uns angegriffen. Ein Großteil der Bevölkerung, hauptsächlich Frauen und Kinder konnten sich hier verstecken. Die Männer haben versucht uns zu verteidigen.“, erklärte eine junge Frau. In der Gruppe gab es tatsächlich nur ein zwei Männer. Wahrscheinlich sollten sie die Gruppe im Notfall beschützen. „ Rino ist…“, schluchzte Anna. Ihre Tante nahm sie in den Arm. „Was sollen wir nun tun? Wir könne doch nicht hier bleiben.“, sprach eine Frau. Sie hielt ein Kind im Arm. Ein paar andere Kinder weinten. Sie hatten wahrscheinlich ihre Eltern verloren. Dass es so etwas in dieser Welt gab. Genau das wollten wir doch ändern. Was haben wir bitte schön verändert? Ich konnte nicht begreifen, das Mithos so etwas zu ließ. „Wir sollten nach Luin gehen.“, schlug ein Mann vor. „Bist du bescheuert. Wie sollen wir dahin kommen? Da draußen sind jede Menge Monster. Die zerfleischen uns doch. Wir sind nur Bauern und Handwerker, keine Krieger oder Abenteurer. Wie sollen wir unsere Familien bitte schön beschützen?“, widersprach ein anderer. „Hört auf zu streiten! Das hilft uns auch nicht. Nach Luin können wir zunächst nicht. Die Desians sind sicherlich noch in der Nähe. Außerdem ist es wie gesagt zu gefährlich. Wir sollten uns erst mal ein paar notdürftige Unterkünfte bauen. Der Winter steht bevor und wir brauchen Häuser besonders für die Kinder.“, erklärte Annas Tante. „Ich kann euch helfen, wenn ihr wollt. Viele Männer seid ihr ja nicht zu sein. Da kann ich bestimmt irgendwo mit anpacken“, bot ich an. „Tu jetzt nicht so auf völlig hilfsbereit!“, motzte mich Anna an. „Schluss jetzt, Anna! Wir haben keine Wahl. Wir nehmen ihr Angebot dankend an.“, sprach ihre Tante nun. „Dann sollten wir loslegen.“, sagte eine Frau nun. Die Gruppe lief nun in die Stadt. „Wir sollten wohl über Nacht erst mal in dem Gebäude da bleiben und morgen früh anfangen.“, schlug ich vor. Dabei deutete ich auf ein noch nicht ganz so zerfallenes Gebäude. War wohl mal ein Gasthaus. „Seit wann hast du hier das sagen?!“, schimpfte Anna. „Ich stimme ihm zu. Wie ist eigentlich ihr Name?“, sagte ihre Tante. „Kratos.“, antwortete ich. „Dreckiger Engel tut es auch.“, schnaubte nun die Braunhaarige und lief zu den anderen Bewohnern. „Ich muss mich entschuldigen. Meine Nichte ist etwas ungestüm. Sonst ist sie allerdings nicht so feindselig. Ich verstehe das gar nicht.“, meinte Annas Tante. Sie war wohl die Anführerin des Dorfes oder so. Vielleicht die Bürgermeisterin oder die Frau des Bürgermeisters. „Sie mag es wohl nicht, dass ich ein Engel bin.“, rief ich, wobei ich die Braunhaarige beobachtete. Sie kommandierte die Leute herum. Dann rannte sie von Mensch zu Mensch. Ein richtiges Energiebündel. „Sie sind ein Engel?“, fragte die Tante. „Ja.“, antwortete ich und zeigte ihr meine Flügel. Sie wirkte zunächst etwas geschockt. Ob sie mir auch gleich eine scheuern wollte? „Ich hätte mir Engel anders vorgestellt. Wie auch immer. Dann kann ich verstehen, warum Anna sie so sehr ablehnt. Sie hat einen guten Grund Engel zu verachten.“ Fragend sah ich sie an. Was hatte Anna denn für einen Grund Engel zu hassen? „Ich würde ihnen gerne mehr sagen, aber ich glaube es ist besser, wenn Anna es ihnen selbst sagt.“, meinte Frau. „Das stimmt wohl.“, rief ich. Da wir nicht alle in das Gebäude passten, mussten ich und einige andere draußen schlafen. Es war zum Glück nicht sehr kalt, aber doch recht frisch. Das war ich schon gar nicht mehr gewöhnt. In Welgaia war es immer gleich warm. Auch gab es keinen Wind oder ähnliches. Ich empfand es aber als sehr angenehm den Wind in meinen Haaren zu spüren. Auch die Kälte war nicht unbedingt unangenehm. Wenn man bedachte, dass die anderen Engel bis auf wenige Ausnahmen überhaupt keine Kälte wahrnehmen konnten. Entspannt lehnte ich mich gegen einen Baum und genoss die Abendluft. Die meisten der anderen waren schon zu Bett gegangen. Es lief fast keiner mehr draußen herum. „Du hast ja die Ruhe weg, was?“, entgegnete eine Frauenstimme. Ich sah auf und erblickte Anna. „Anna, ja?“, fragte ich nur um sicher zu gehen. „Päh! Bild dir nichts ein, bloß weil du meinen Namen kennst.“, maulte sie. „Warum bist du immer gleich so zickig? Was habe ich dir eigentlich getan?“, fragte ich, obwohl ich nicht glaubte eine ernste Antwort zu erhalten. „Weil du ein dreckiger Engel bist! Deshalb!“, fauchte sie. „Was hast du gegen Engel?“, hakte ich nach. „Ihr spielt euch auf, als wärt ihr Heilige, aber helfen tut ihr uns überhaupt nicht. Ganz im Gegenteil!“, schrie die Braunhaarige. „Ich habe nie behauptet, dass ich heilig wäre.“, widersprach ich. „Du bist aber arrogant!“, zischte sie nun. „Bin ich das?“ Yuan hatte das auch schon mal behauptet. Ich gab doch mit nichts an. Warum sahen mich alle als arrogant an? „Ja bist du! Dein ganzes Auftreten allein. Du tust ja gerade so als hättest du die Weisheit mit Löffeln gefressen.“ „Es ist nicht meine Absicht arrogant zu erscheinen.“, beteuerte ich. „Schon deine Ausdrucksweise! ‚Es ist nicht meine Absicht arrogant zu erscheinen.‘ “, ahmte sie mich nach. Dabei zog sie eingebildet die Nase nach oben. „So eine Mimik habe ich nicht gemacht.“, sprach ich amüsiert. Ich konnte mir ein Lächeln nicht verkneifen. Das sah einfach komisch aus, wie mich die Braunhaarige imitierte. „Na und. Deine Wortwahl sagt alles. Kannst du dich nicht wie ich unterhalten!“, motzte Anna. „Du meinst ich soll so unbeherrscht reden wie du. Nein Danke.“, lehnte ich ab. „Wie bitte!“ Jetzt war sie stocksauer und sah mir die direkt in die Augen. „Unbeherrscht! Das ist genau das, was ich meine du eingebildeter dreckiger Engel!“ Nun schmiss sie mir eine Decke über den Kopf. „Da. Meine Tante meinte ich solle dir eine Decke bringen. Verdient hast du es nicht! So redetet man nicht mit einer Dame!“, meckerte Anna. Ich zog mir die Decke vom Kopf. „Vielleicht würde ich auch nicht so mit einer Dame sprechen, wenn sich diese etwas mehr wie eine Dame benehmen würde.“, konterte ich nun. „Pfff!“, machte sie nur und drehte mir den Rücken zu. Während sie ging rief ich ihr noch etwas zu: „Sag deiner Tante danke.“ Allerdings ignorierte sie mich. Das war ja eigentlich nicht so meine Art, aber ich musste die Braunhaarige etwas ärgern. Die einzige Person, die ich bis jetzt immer etwas geärgert hatte, war Yuan. Noch nicht mal der hatte so viel Temperament wie Anna. Ich beschloss mich hinzulegen. Heute war es schon ziemlich anstrengend. Zumindest verglichen mit den Sachen, die ich sonst immer in Welgaia gemacht hatte. Die Müdigkeit holte mich auch bald ein. Am nächsten Morgen ging es dann auch bald los. Es war ein ziemliches Hin und her. Überall liefen Leute umher, die irgendetwas hin und her transportierten. Anna und ihre Tante gaben Befehle, um das ganze etwas zu organisieren. Ich stellte ein paar Pfosten und Pfeiler auf und half so etwas mit. „Was?! Das kann doch nicht sein!“, hörte ich eine Stimme. Ich sah zu einer Gruppe Menschen. Dort stand eine geschockte Anna. Was war wohl passiert? „Es tut uns leid.“, entschuldigte sich ein Mann. Allen Anschein nach ein reisender Händler. „Warum tut er so was Dummes! Ich muss ihm nach!“, schrie Anna. „Auf keinen Fall, Anna. Du gehst nicht zur Menschenfarm und schon gar nicht alleine.“, widersprach nun die Tante der Braunhaarigen. Was wollte sie denn jetzt wieder bei der Menschenfarm? „Kann denn keiner von den Männern mal nachsehen.“, bat die Tante. „Das geht nicht. Es ist zu gefährlich. Außerdem werden die Desians uns erneut angreifen, wenn wir etwas unternehmen.“, lehnte ein Mann ab. „Männer sind heut zu Tage zu nichts mehr zu gebrauchen.“, kam als Antwort. „Dann muss ich wohl doch gehen. Ich habe doch bereits meine Mutter verloren. Mein Vater ist doch das einzige was ich noch habe.“, sprach Anna. „Du kannst nicht allein gehen!“, schimpfte ihre Tante. Jetzt drehte sich die Braunhaarige zu mir. „Ich bin nicht alleine. Der dreckige Engel kommt ja auch mit.“ „Moment mal! Wer hat gesagt, dass ich dich begleite?“, fragte ich überrascht. „Du warst doch derjenige, der gesagt hat, dass du mich in Sicherheit bringen willst. Die Menschenfarm ist ja nicht gerade sicher. Du musst mich also begleiten.“, meckerte Anna sicher. Na da hatte ich mir ja was eingebrockt. Ich konnte ihr jetzt auch nicht widersprechen. „Dann ist es abgemacht!“, rief sie und ging voraus. Ich seufzte kurz und folgte ihr. „Ganz schön beeindruckend. Du bist gerade erst von diesem Ort entkommen. Trotzdem gehst du zurück. Hast du gar keine Angst?“ Die Braunhaarige antwortete zunächst nicht. Ich wunderte mich, ob sie meine Frage überhaupt beantworten würde bis sie dann doch sprach: „Natürlich habe ich Angst, aber…ich kann meinen Vater nicht im Stich lassen.“ „Was ist überhaupt passiert?“, fragte ich erneut. „Mein Vater ist zur Menschenfarm gegangen, um mich zu retten.“ Das hatte ihr wohl der Händler mitgeteilt. Vielleicht kam er aus ihrer Heimatstadt. Ich gab ein Mhm von mir. Dann trat wieder Schweigen ein. Wir hatten die Menschenfarm bald erreicht. „Wir müssen einen Weg finden hinein zu kommen.“, sprach ich und sah die Farm genauer an. „Die Wachen am Haupttor sehen schwach aus. Die haue ich um!“, sagte sie entschlossen und zog einen Holzstab hervor. Den hatte sie wohl aus Asgard mitgenommen. Sie wollte gerade loslaufen, als ich sie am Arm festhielt. „Du denkst wohl nie nach bevor du handelst?“, fragte ich, wobei ich sie schief ansah. „Hör auf mich zu beleidigen!“, zischte sie. „Wenn du dahin gehst, wissen sie gleich dass wir kommen. Wir sollten uns unbemerkt hinein schleichen. Am besten über die Klippe dort.“, schlug ich vor. „Wie sollen wir bitte da rüber kommen? Soweit kann keiner springen.“, fragte Anna aufgebracht. „Ich fliege einfach mit dir rüber…“ Weiter kam ich allerdings nicht, denn die Braunhaarige unterbrach mich. „Auf Keinen Fall!“ Ich musste leicht lächeln. Warum wusste ich auch nicht so recht. Es sah niedlich aus wie Anna ihre Miene verzog. „Hast du Höhenangst?“, fragte ich nach. „Nein…ich will bloß nicht wieder in einem Baum landen oder gegen die Wand.“, schnauzte sie. „Soweit ist es nicht. Das schaffe ich schon. Mach dir keine Sorgen.“, versicherte ich ihr. „Nein!“, widersprach sie erneut. „Es ist aber der einzige Weg. Du willst doch deinen Vater retten oder etwa nicht?“ Sie sah grummelnd zu Boden. Das nahm ich jetzt einfach als Bestätigung. „Wir sollten fliegen, wenn es dunkel ist.“, schlug ich vor. Es dämmerte schon. Dann würde es wohl nicht mehr lange dauern bis es dunkel wurde. Während wir warteten gingen wir noch mal unseren Plan durch. „Die Gefangenen sind im Keller. Dein Vater ist bestimmt auch dort.“, sprach ich. „Genau. Ist es dunkel genug. Können wir starten?“, fragte Anna. Ich nickte. „Ich warne dich, Engel. Wehe wir fliegen irgendwo gegen.“, drohte mir die Braunhaarige. Sie stellte sich nun vor mich und hielt sich an meiner Schulter fest. Sie vergrub den Kopf in meiner Brust. Warum hatte sie wohl solche Höhenangst. Ich wollte sie erst fragen beließ es aber dabei. Sie würde wohl eh nicht antworten. Nun hob ich sie mit meiner rechten Hand etwas hoch und hielt sie fest. Ich nahm ein paar Meter Anlauf, sicher war sicher. Dann lief ich los. Anna bohrte ihre Finger schon krampfhaft in meine Schuler bevor ich überhaupt abgesprungen war. Ihre Augen waren geschlossen und ich sah wie sie sich ängstlich auf die Lippe biss. Der Flug war wie erwartet kein Problem. Ich glitt mit Leichtigkeit hinüber und landete auf dem Hof. „Wir sind gelandet.“, sagte ich, da Anna sich immer noch krampfhaft festhielt. Nun sah sie sich perplex um und ließ mich auf der Stelle los. „Wir sollten uns beeilen.“, meinte ich. Sie nickte. Wir gingen Richtung Keller. Wachen waren hier zum Glück keine. Vielleicht waren die alle schon im Bett? Hören konnte ich zumindest nichts. Meine Sinne waren ja durch den Cruxis-Kristall verstärkt. Dann hörte ich doch Stimmen. Männliche Stimmen. Wahrscheinlich Desians. Es waren mehrere. Wahrscheinlich waren sie in einem Raum. „Ich kann weiter vorne Desians hören.“, sprach ich leise. „Mhm? Ich höre gar nichts?“, entgegnete mir Anna verwirrt. „Meine Engelssinne sind ziemlich gut.“, erklärte ich und ging voraus. Wir erreichten einen Raum. Dort waren die Desians drin. Ich konnte hören was sie sagten. „Der Typ hat noch etwas mehr verdient.“ „Ja vielleicht erlauben wir dir dann deine Tochter wiederzusehen.“ Nun hörte ich einen Schlag und einen leisen schmerzerfüllten Schrei. „Was ist?“, fragte Anna. Sie konnte wohl nicht hören, was da drinnen vor sich ging. „Ich glaube dein Vater ist da drinnen.“, flüsterte ich und versuchte weiter zuzuhören. Ich musste auf eine passende Gelegenheit zum Angriff warten. „Ihr verdammten Hunde! Lasst meinen Vater in Ruhe!“, schrie Anna nun, während sie an mir vorbei und in den Raum lief. Ich konnte es nicht fassen. Was dachte sie sich dabei? Mir blieb keine andere Wahl als ihr nachzulaufen. Mit gezogenem Schwert betrat ich den Raum. Ein Desian lag keuchend am Boden. Anna hatte ihm wohl mit dem Stab eine übergezogen. Drei weitere sahen nun mich an. Anna kniete neben ihrem Vater. Dieser schien leicht verletzt zu sein, aber es schien nichts Ernstes zu sein, zumindest soweit ich das erkennen konnte. „Hey das ist doch A 012. Die vom Angelus Projekt.“, sprach einer der Desians. „Kvar wird uns bestimmt befördern, wenn wir sie fangen. Den Typen da gibt es als Bonus.“, sagte ein anderer. „Ihr könnt es ja mal versuchen!“, zischte Anna und stellte sich kampfbereit hin. Das war gar nicht gut. Diese Typen konnten mit Leichtigkeit Verstärkung holen. Wäre ich allein hier, wäre auch das nicht das Problem, aber mit Anna und ihrem verletzten Vater sah das schlecht aus. Ich musste die beiden ja beschützen. Zunächst erledigten wir die drei Feinde. „Wir müssen hier weg und zwar schnell!“, befahl ich. Anna und ihr Vater liefen mir nach. Schon erklang eine Alarmsirene. „Das war zu erwarten.“, maulte ich. Es war auch zu erwarten, dass uns gleich eine Gruppe von Desians entgegen kam. Mit denen konnte ich mich nicht alle auf einmal befassen. Ich musste Anna welche übrig lassen. Ihr Vater konnte wohl in seiner momentanen Verfassung nicht kämpfen. „Anna, beschützt du deinen Vater, ich mache uns einen Weg frei!“, kommandierte ich. Auch ohne eine Antwort, wusste ich, dass sie genau das tun würde. Mit meinem Flamberge streckte ich die Feinde nieder, die uns im Weg waren. „Los lauft!“, schrie ich, als der Weg frei war. Anna zog ihren Vater hinter sich her. Ich folgte den beiden und hielt dabei noch einige unsere Verfolger mit Grave auf. Wir erreichten den Hof. „Los flieg uns hier raus!“, forderte Anna. „Ich kann nicht mit euch beiden gleichzeitig fliegen.“, erklärte ich. „Was?! Und was nun?!“, fauchte die Braunhaarige. Nun stürmte eine Gruppe von Desians auf uns zu. Ich wehrte die Angriffe meiner Feinde ab und dachte nach. Wir mussten das Tor öffnen. Dazu mussten wir zum Kontrollmechanismus. Leider hatte ich keine Ahnung wo der war. Plötzlich hörte ich ein surrendes Geräusch das immer näher kam. Ein Angriff mit Magie! Ich merkte, dass der Angriff nicht auf mich gerichtet war, aber bestimmt auf einer der anderen. Ehe ich etwas unternehmen konnte, erklang ein lauter Schrei. Es war eine Männerstimme. Geschockt drehte ich mich um, als mir plötzlich Blut ins Gesicht spritzte. Ich erkannte Annas Vater, der nun leblos zu Boden sackte. „Daddy nein!“, schrie Anna und eilte zu ihm. Ihr Vater hatte immer noch den geschockten Ausdruck im Gesicht. Ansonsten lag er regungslos da. Der Angriff musste ihn sofort getötet haben. „Ach wie tragisch.“, ertönte eine kalte Stimme. Ich sah auf und blickte in das kalte Gesicht von Kvar, der etwas weiter entfernt stand. Der magische Angriff war ohne jeden Zweifel von ihm gekommen. „So eine erbärmliche Kreatur. Er glaubte doch tatsächlich, er könnte seine Tochter retten. Armselig oder nicht?“ „Du!“, zischte ich wütend. Wie konnte er nur so abschätzend über ein Lebewesen reden? „Ja? Solch niederen Kreaturen haben im Zeitalter von Lord Yggdrasill keinen Platz. Ergreift sie beide!“, befahl der Kardinal seinen Diener welche uns eingezingelt hatten. Ich sah kurz zu Anna. Diese saß weinend bei ihrem Vater. Sie war wohl nicht in der Lage zu kämpfen. Selbst wenn, wäre das wohl aussichtslos gewesen. Ich ließ meine Flügel erscheinen und konzentrierte mich. Es ging wohl nicht anders. Ich fühlte mein Mana, welches mich umgab. Dann murmelte ich ein paar Worte und entfesselte meine Attacke schließlich mit dem Wort: „Judgement!“ Helle Lichtstrahlen gingen auf die Gegner nieder und töteten jeden den sie trafen. Ich nahm mir natürlich nicht die Zeit, um zuzusehen. Schnell packte ich Anna und erhob mich in die Lüfte. „Nein! Was ist mit meinem Vater!“, schrie Anna und wollte sich losreißen. „Du kannst nichts mehr für ihn tun.“, sagte ich und flog über die Mauern des Gebäudes. In einiger Entfernung zur Menschenfarm landete ich. Ein Stückchen lief ich noch mit Anna. Am Waldrand hielt ich an. Sie schienen uns nicht zu verfolgen. Es war auch dunkel. Wahrscheinlich wussten sie nicht wo wir waren. Trotzdem konzentrierte ich mich auf meine Sinne. Nichts. Nur ein kleiner Plumps war zu hören. Es war direkt hinter mir. Musste also von Anna kommen. Ich sah zu der Braunhaarigen. Sie war auf die Knie gesunken und weinte bitterlich. „Warum? Warum nur?“, schluchzte sie. „Anna ich…es tut mir leid.“, sprach ich. In solchen Situationen wusste ich einfach nicht, was ich sagen oder tun sollte. Der Kampf gegen eine feindliche Übermacht fiel mir leichter als das hier. Da war ich 4000 Jahre alt und es gab nichts was ich für diese Frau tun konnte. Ich kniete zu ihr nieder und legte meine Hand auf ihre Schulter. Anna reagierte nicht darauf. Sie schluchzte laut, während ihre Tränen auf den Boden fielen. Ich wollte ihren Vater retten, aber ich hatte versagt. Dabei sollten Engel doch gütige Geschöpfe sein, die den Menschen helfen sollten. Zumindest hatte man es sich zu meiner Zeit immer so erzählt. Plötzlich spürte ich ein Gewicht gegen meine Brust drücken. Es war Anna. Sie hatte sich an mich gedrückt. Ihre Hände lagen auf meinen Schultern, während sie ihren Kopf in meiner Brust vergrub. Zögernd legte ich meine Arme um sie. Dabei strich ich ihr sanft über den Rücken. Ich hoffte, dass würde ihr etwas helfen. Wir blieben eine Weile so bis Anna sich schließlich in den Schlaf geweint hatte. Vorsichtig legte ich sie auf den Boden und legte ihr die Decke um, welche ich von ihrer Tante hatte. Dann setzte ich mich auf einen Ast und beobachtete die Ebenen vor mir. Keine Feinde zu sehen. Auch nicht zu hören. Die Nacht war still, friedlich könnte man meinen, aber das täuschte. Es verging eine gewisse Zeit, in der ich nur da saß und nachdachte. Was war nur aus dieser Welt geworden? Ein besserer Ort? Nein bestimmt nicht. Wie konnten solche Dinge geschehen ohne, dass ich davon wusste. Mithos hatte es verheimlicht, aber das war nicht der Grund. In meiner Ignoranz wollte ich es doch gar nicht sehen. Mithos änderte sich direkt vor meinen Augen, aber ich wollte es nicht wahr haben. Da hatte ich die Sinne eines Engels und war trotzdem blind gewesen. Blind für die Wahrheit. Das hatte jetzt ein Ende. Ich konnte Mithos nicht weitermachen lassen. Viel zu lange war ich untätig gewesen, vegetierte auf Welgaia dahin wie die dessen leblose Bewohner. Ich hatte jetzt meinen Entschluss gefasst. Ich würde mich gegen Mithos und Cruxis stellen. Auch wenn sie mich verfolgen würden. Es war an der Zeit etwas zu ändern. Entschlossen blickte ich auf die Ebenen vor mir. Die Sonne würde wohl bald aufgehen. Der Horizont war schon in ein leichtes rot getaucht. „Ich werde für diese Welt kämpfen!“, sprach ich bestimmt und sprang vom Baum. Ich sah mir zum ersten Mal in 4000 Jahren wieder einen Sonnenaufgang. Dieser Sonnenaufgang symbolisierte einen Neuanfang für mich. Deswegen würde er mir wohl ewig in Erinnerung bleiben. Hosted by Animexx e.V. 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