Pulvis et Umbra von Sarracenia ================================================================================ Kapitel 5: ----------- „Was auch immer die kleine Hexe dir gegeben hat, es ist kein Styrax.“ Vector wandte den Blick zur Seite, beobachtete Black Mist einen Moment dabei, wie er das Räucherwerk, welches Rio ihm am Vortag gegeben hatte, in eine Kerze rieseln ließ. Als hätte er nicht schon genug Kopfschmerzen. Der verbrannte Geruch machte das definitiv nicht besser. Genervt wandte er den Blick wieder zur Decke, spielte beiläufig mit seinem Kopfkissen, auf welches er bis vor einigen Minuten noch eingeprügelt hatte. Das hatte wirklich wunderbar gegen den Frust über den vergangenen Abend geholfen. Ihm ging es ja so viel besser. „Der Geruch erinnert mich an Zuhause“, erzählte Black Mist munter weiter, ließ sich nicht davon stören, dass er keine Reaktion bekam. Oder er überspielte es gut, Vector war sich da nicht ganz sicher. Einen Moment herrschte Stille, bis auf das Knistern des Räucherwerks. Vector gähnte. Die Nacht über hatte er kaum ein Auge zu getan – und das war nicht nur die Schuld seines Schoßdämons gewesen. Nur zum Großteil. Unbewusst leckte Vector sich bei dem Gedanken daran über die völlig zerbissene Unterlippe. „Willst du nicht langsam zum Frühstück gehen?“, riss Black Mist ihn aus den Erinnerungen, erhielt jedoch wie schon zuvor keine Antwort. Ihm war nicht nach Essen – beziehungsweise würde ihm bei Sharks Anblick der Appetit vergehen. Oder bei Yuumas. Allein bei dem Gedanken zog sein Magen unangenehm und er schlang einen Arm um sich selbst. „Wenn du mich weiter ignorierst, brenn ich dein Zimmer nieder.“ Der plötzlich so bissige Tonfall entlockte Vector ein Grinsen, ehe er sich auf die Seite rollte, sich Black Mist zuwandte. Für einen vermutlich steinalten Dämon benahm Black Mist sich manchmal wie ein kleines Kind, das Aufmerksamkeit wollte. „Machst du dir solche Sorgen um mich, dass du mich sogar an’s Essen erinnerst?“, hakte Vector nach, streckte die Zunge raus – ehe er sie schnell wieder zurück zog, als Black Mist daraufhin das Feuerzeug weglegte und zu ihm schwebte. „Es wäre doch eine Schande, wenn meinem Meister etwas passieren würde“, schnurrte Black Mist, gluckste leise, als Vector bei dem ‚Meister‘ merklich schauderte. Eine kühle Hand legte sich auf Vectors Wange und jener verdrehte nur die Augen. Langsam gewöhnte er sich daran, wie berührungsfreudig der andere war. Gerade war es auch eine willkommene Ablenkung – wie schon in der Nacht zuvor. „Wenn dir das mit Ryoga und deinem Liebchen so viel ausmacht, werden wir ihn halt los.“ Bildete Vector sich das ein, oder hatte Black Mist gerade beinahe schon eifersüchtig geklungen? Er schüttelte den Gedanken sofort wieder ab. Vermutlich waren Dämonen nicht einmal zu wirklichen Gefühlen in der Lage. Beinahe beneidenswert – und mit ‚beinahe‘ meinte er ‚sehr‘. „Nach gestern würde das auffallen“, entgegnete Vector, schüttelte nachdenklich den Kopf. Er klang nicht so abgeneigt, wie er gewollt hatte. „Ich hatte dich nicht als Feigling eingeschätzt, aber wenn du das sagst…“, seufzte Black Mist, doch bevor er sich abwenden konnte, krallte Vector die Hände in seine Schultern, hielt ihn eisern fest. „Ich bin kein Feigling!“, zischte er wütend, bohrte den Blick in den von Black Mist, welcher nun genau über ihm schwebte. „Dann nimm dir, was du willst“, flüsterte Black Mist, strich mit den Fingern bis unter Vectors Kinn, hob dieses leicht an. Als Vector jedoch gerade etwas erwidern wollte, klopfte es an der Tür. Überflüssigerweise schob er Black Mist schnell von sich, setzte sich auf, ehe er den Störenfried mit einem nicht unbedingt einladenden „Was?“ herein bat – und sich auf die Zunge biss, als Yuuma den Kopf durch den Türspalt steckte. „Alles okay?“, erkundigte er sich, trat nun auch ganz ein und schloss die Tür wieder hinter sich, dieses verdammte Lächeln auf den Lippen. Müsste Yuuma nicht Kopfschmerzen haben vom Vortag, oder irgendwas in der Art? Wobei Vector sich ziemlich sicher war, dass er ihn dann trotzdem anlächeln würde, wenn er sich Sorgen machte. Beinahe hätte er mit der Zunge geschnalzt. „Ging mir nie besser“, antwortete Vector schulterzuckend, klang deutlich abweisender als sonst. Zumindest so sehr, dass Yuumas Lächeln ein wenig schmaler wurde und er den Kopf schief legte. „Hab ‘nen Kater“, fügte Vector deshalb sofort an, ignorierte Black Mists abfälliges Schnaufen neben sich, erhob sich, als jener ihm eine Hand auf die Schulter legte, um diese gleich wieder abzuschütteln. Yuuma gluckste leise über die Worte, ehe er ein wenig näher kam, plötzlich wieder besorgt aussah. „Hast du dich gestern noch geprügelt?“, erkundigte er sich, streckte die Hand nach Vectors Lippen aus, als jener nur verwirrt schaute. Sofort zuckte Vector vor der Berührung zurück, ohrfeigte sich innerlich, als Yuuma daraufhin schnell die Hand zurück zog. Black Mists Lachen machte das nicht unbedingt besser. Er musste sich nicht einmal umdrehen, um zu wissen, dass dieser gerade dieses scheiß selbstgefällige Grinsen im Gesicht hatte, was er so sehr hasste. „Bin gestern auf dem Weg gegen ‘ne Laterne gelaufen“, gab Vector gut gespielt widerwillig zu, kratzte sich verlegen am Hinterkopf. Yuuma seufzte langgezogen, grinste allerdings sanft. „Ich hätte dich auch nach Hause bringen sollen“, meinte er amüsiert, streckte Vector die Zunge raus. „Hat er aber nicht, weil er Ryoga dir vorgezogen hat…“ Das Flüstern direkt an seinem Ohr brachte Vector zum Zucken, wobei das kurze Grinsen, welches sich auf seine Lippen geschlichen hatte, sofort wieder erstarb. Dieses Mal ließ er auch zu, dass Black Mist ihm rücklings einen Arm um die Taille schlang – oder ignorierte es eher. „Wie geht’s… Shark?“ Vector hatte sich gerade so eine Beleidigung verkneifen können, nicht aber den eifersüchtigen Unterton. Sein Blick verfinsterte sich auch gleich, als Yuuma rot wurde und verlegen lachend den Blick zur Seite wandte. „Der war wirklich betrunken. Hab ihn noch nie so gesprächig gesehen“, erzählte Yuuma, schien gar nicht zu merken, wie Vector seine Hände zu Fäusten ballte und die Zähne zusammen biss. Natürlich nicht, wieso sollte Yuuma auch auf ihn achten, wenn er von diesem Bastard redete? „Wir haben noch ein bisschen draußen gesessen, bevor ich ihn in’s Bett gebracht hab.“ „Aha“, war alles, was Vector dazu sagen konnte – zumindest ohne ausfallend oder laut zu werden. Dieser Idiot vor ihm war auch der einzige, der nicht mitbekam, wie das klang, oder? „Ich hoffe Rio geht’s besser, die sah gar nicht gut aus. Ist auch sofort in ihr Zimmer gegangen, als wir hier waren“, fügte Yuuma an, verzog das Gesicht leicht, denselben Ausdruck auf den Zügen wie zuvor, als er Vector nach seiner wunden Lippe gefragt hatte. Sein Magen zog schmerzhaft. Er und Shark waren also wirklich allein draußen gewesen und es hatte nicht nur so geklungen. Er knirschte mit den Zähnen. „Sicher, dass alles okay mit dir ist?“, riss Yuuma ihn aus seiner inneren Hasstirade, wobei Vector sich nur abwandte, Yuumas Hand, die daraufhin nach seinem Arm griff, gröber als nötig wegschlug, sich dabei auch aus Black Mists Griff wand. „Ich hab noch Hausaufgaben“, entgegnete Vector nun hörbar kühl, bemühte sich auch nicht, nicht so zu klingen, als würde er lügen. Shark war ja so etwas Besonderes und er? Er war auf derselben Stufe wie die ganzen anderen Idioten. Natürlich. „Vector…“ „Verpiss dich!“, zischte Vector schließlich wütend, wandte den Blick ab, als Yuuma ihn verwirrt, beinahe schon verletzt ansah und schließlich das Zimmer widerwillig verließ, natürlich nicht ohne Vector noch einmal einen besorgten Blick zuzuwerfen, ehe die Tür in’s Schloss fiel. Genervt seufzend warf Vector sich auf’s Bett und vergrub das Gesicht in seinem Kissen, schlug einige Male auf die Matratze, bis Black Mist seine Handgelenke festhielt. „Du weißt, dass ich dir helfen kann. Du musst mich nur lassen“, schnurrte Black Mist über ihm, ließ ihn los, als Vector sich daraufhin herumrollte, den Blick in den des anderen bohrte. „Ich kann dir alles geben, was du willst…“, fuhr Black Mist fort, kam Vector dabei immer näher, bis er den kühlen Atem auf seinen Lippen spürte. Er schluckte hart. „Ich will ihn bluten und leiden sehen“, erwiderte Vector nach einem Moment Stille, schloss die Augen, als Black Mist ihn daraufhin küsste. Bis zum nächsten Morgen hatte Vector sein Zimmer kaum mehr verlassen, war zu sehr damit beschäftigt mit Black Mist einen Plan für ein angemessenes Ende für Shark zu entwickeln. Beim Frühstück hatte er jedoch normal bei den anderen gesessen, sich nichts anmerken lassen. Nicht, dass das bei diesen Idioten besonders schwierig war. Das Problem war das Fußballtraining am Nachmittag. Vector blockte jeden Versuch seitens Yuuma, mit ihm zu reden, ab, ignorierte den anderen und faulte am Ende einen seiner Mitspieler, um schnell vom Spielfeld zu kommen. Sollte Yuuma sich doch bei Shark ausweinen. Interessierte ihn nicht. „Hätte dir gar nicht zugetraut, deinem Liebchen so lang aus dem Weg zu gehen“, triezte Black Mist beim Abpfiff, bekam dafür nur einen drohenden Seitenblick. Andererseits war Vector die Ablenkung recht. Nicht, dass er es zugeben würde, aber ein wenig schlecht fühlte er sich, wenn er sich Yuuma, welcher nach einem niedergeschlagenen Blick in seine Richtung zur Umkleide verschwand, so ansah. Sein Magen zog. „Du machst das gut“, lobte Black Mist, der Tonfall etwas weniger spöttisch als zuvor, und strich Vector durch die Haare. „Bald steht dir nichts mehr im Weg.“ Kaum merklich nickte Vector. Bald würde Shark an seinem eigenen Blut ersticken. Er konnte es nicht erwarten. „Vector!“ Sofort ruckte Vectors Blick zur Seite, von wo ein alles andere als begeistert aussehender Alit auf ihn zu kam. Er trug noch seine Sportsachen, sah allerdings nicht danach aus, als käme er gerade in dem Moment vom Boxen, hatte ihnen demnach wahrscheinlich zugesehen, wie er es ab und zu tat. Oder seine Gegner waren irgendwelche Unterstufler gewesen, dass er so gar nicht in’s Schwitzen gekommen war. „Was gibt’s?“, erkundigte Vector sich gleichgültig, streckte sich dabei ausgiebig. Er war es immerhin gewohnt, dass einer der anderen ihn ansah, als hätte er was ausgefressen – hatte er meistens ja auch. „Was hat Yuuma dir getan?“, erkundigte Alit sich, als er vor Vector zum Stehen kam, verschränkte die Arme vor der Brust. Na wunderbar. Das eine Thema, auf das Vector absolut keinen Nerv hatte. Er zuckte mit den Schultern. Was auch immer er tat, er durfte nicht eifersüchtig wirken. Wie schwer konnte das schon sein? „Ich dachte, du magst ihn“, fügte Alit an, sichtlich genervt von der fehlenden Reaktion. Was war Alit, Yuumas selbsternannter Wachhund? Vector verkniff sich den Gedanken laut auszusprechen. „Dann üb das mit dem Denken nochmal“, erwiderte Vector gelangweilt, wandte sich halb ab, war das Thema für ihn doch erledigt. Er verdrehte die Augen, als Alit ihn am Shirt festhielt und zurück zog. „Du tust ihm weh!“ „Interessiert mich, weil…?“ Yuuma hatte angefangen! Yuuma musste ja unbedingt Shark ihm vorziehen! Gerade Shark… Vector ballte die Hände zu Fäusten, entspannte sie jedoch sofort wieder, als Black Mist seine Handgelenke daraufhin umfasste, ihm ein ‚Beruhig dich…‘ zuflüsterte. Fuck, er war ruhig. Black Mist sollte ihn mal erleben, wenn er nicht ruhig war. „Ich weiß, ihr fliegt alle so auf den Knirps, aber mich nervt er einfach nur, okay? Hab lang genug so getan, als könnte ich ihn leiden“, meinte Vector ohne eine Miene zu verziehen, auch wenn langsam ein schlechtes Gewissen an ihm nagte, von dem er nicht einmal wusste, dass er es besaß. Er musste Shark wirklich schnell loswerden. Sofort ließ Alit Vector los, als würde er ihn plötzlich anwidern, zog die Augenbrauen zusammen. Das war fast so amüsant wie Mizael auf die Palme zu bringen. Langsam schlich sich ein Grinsen auf Vectors Lippen. „Du bist so ein Arschloch“, knurrte Alit, spannte seinerseits seine Hände an, als Vector daraufhin ein weinerliches Gesicht aufsetzte, spottete: „Buh-Huh, der böse, böse Vector ist gemein zu meinem liebsten Yuuma und mir.“ Kurz rechnete Vector damit, dass Alit mal seine Boxfähigkeiten unter Beweis stellte und ihn schlug, doch der andere zog mit einem bissigen ‚Leck mich‘ ab, nachdem er sichtlich mit sich gerungen hatte, ließ Vector auf dem Spielfeld zurück. „Du solltest öfter so mit diesen Vollidioten reden“, schnurrte Black Mist hörbar angetan, schlang seine Arme langsam um Vectors Schultern, biss ihn leicht in die Halsbeuge. Ein Glucksen verließ Vectors Lippen, als er schauderte. Immerhin war Black Mist eine verdammt gute Ablenkung – auch wenn die Gedanken an Yuuma ihn schnell wieder einholten. Seufzen. „Heute Nacht holen wir ihn uns“, flüsterte Vector, klang nicht so überzeugt, wie er eigentlich vorgehabt hatte. Es konnte nichts schief gehen. So weit er wusste wurde wegen des Schülers, der sich erhängt hatte, nicht einmal ermittelt und von dem Paar auf dem Friedhof hatte er ebenfalls nichts gehört oder gelesen. Alles würde nach Plan laufen - und dann holte er sich, was er so sehr wollte. Das leichte Gefühl eines Déjà-vus kam in Vector auf, als er durch die dunklen Flure des Wohnheims schlich, Black Mist wieder viel zu nah hinter ihm. Doch inzwischen hatte er sich daran gewöhnt, dass das Prinzip von persönlichem Raum bei dem anderen völlig verloren war – oder besser gesagt, er hatte sich damit abgefunden. Vielleicht genoss er das Spiel mit dem Feuer auch ein wenig, wer wusste das schon. Sein Herz schlug ihm bis zum Hals, als er vor Sharks Tür zum Stehen kam. Kurz wandte Vector den Blick über die Schulter, legte die Hand auf die Klinke, als Black Mist nickte. Sein linkes Auge glühte in der Dunkelheit fast schon unheimlich. Vector schüttelte den Gedanken ab, als er bemerkte, dass er ein wenig länger als nötig gestarrt hatte, ignorierte Black Mists Grinsen daraufhin. Lautlos öffnete Vector die Tür, schlüpfte durch den Spalt hinein, verschloss sie dann hinter sich. Ohne es wirklich zu merken hatte er erwartungsvoll die Luft angehalten. Langsam trat er an das Bett heran, betrachtete Shark einen Moment. Sogar wenn er schlief schaffte dieser Bastard es irgendwie, Vector den letzten Nerv zu rauben. Vermutlich war es einfach Schicksal, dass sie sich hassten. Nun, vielleicht ja im nächsten Leben. Vectors Mundwinkel zuckten leicht, ehe er sich Black Mist zuwandte, ihm bestimmt zunickte. Sofort verflüchtigte dieser sich zu Nebel, ergriff Besitz von Shark, wie er es schon bei seinen Opfern zuvor getan hatte, dieses Mal jedoch leiser, ohne dass Shark wirklich aufzuwachen schien. Interessiert beobachtete Vector wie Black Mist sich aufsetzte. Er würde sich die Pulsadern aufschneiden und Shark einfach verbluten lassen. Niemand würde so einen klischeehaften Selbstmord hinterfragen, Vector würde niemals in Verdacht geraten. Und trotzdem… „Warte.“ Fragend legte Black Mist den Kopf schief, zog die Augenbrauen leicht zusammen, als befürchtete er, Vector hatte es sich anders überlegt. Hatte er auch. Das alles… Fühlte sich nicht richtig an. „Ich will es tun“, erklärte Vector leise, den Blick aufgeregt in die so verhassten Augen gebohrt. Shark sollte nicht so einfach wie die anderen sterben. Er wollte ihn leiden sehen, wollte seinen letzten Herzschlag, den letzten Atemzug in der Hand haben. Er schauderte leicht bei dem Gedanken. Black Mist gluckste leise, ehe er Vector an den Handgelenken zu sich auf’s Bett zog, seine Hände an seinen – Sharks – Hals legte. „Ganz sicher?“, versicherte Black Mist sich, klang dabei viel zu zufrieden mit der Entscheidung. Vector nickte, den Blick noch immer auf den besessenen Shark fixiert. „Zeig mir, was du kannst…“, wisperte Black Mist, den anzüglichen Unterton, den Vector schon kannte, in der Stimme. Er drückte Vectors Hände dabei fester auf seine Kehle, ehe er sich zurück auf die Matratze fallen ließ, Vector mit sich zog, sodass jener auf seinen Oberschenkeln saß und über ihn gebeugt war. Vermutlich könnte Vector sich mit der Situation wirklich anfreunden – wenn Black Mist gerade nicht dieses Gesicht hätte, welches er am liebsten mit einem Baseballschläger einschlagen würde. Es fühlte sich wie eine Ewigkeit an, in der Vector einfach auf das Gesicht unter sich starrte – ehe er mit aller Kraft dessen Kehle zudrückte. Einen Moment verharrte Black Mist noch bewegungslos in dem Körper, dann wurde Sharks Blick klarer und er fing an zu husten. Sofort verzerrte Panik die sonst so stoischen Züge und Vector spürte, wie der Körper unter ihm sich in Todesangst wand. Sharks Hände krallten sich in Vectors Arme, zerrten an ihnen, bohrten Fingernägel in seine Haut. Vector konnte nicht anders als zu grinsen, schließlich entrückt zu lachen. Das war besser als alles, was er sich je erträumt hatte. „Vec-“ Auch mit Mühe bekam Shark seinen Namen nicht über die Lippen, wurde immer wieder von Husten und dem verzweifelten Ringen nach Luft unterbrochen. Beinahe spielte Vector mit dem Gedanken, ihn kurz loszulassen – einfach, um es zu hören, um die letzten Worte dieses Wichsers gewesen zu sein. „Du denkst, du hast immer alles unter Kontrolle“, wisperte Vector, lehnte sich dabei ein wenig hinab, presste seine Handballen gegen den Kehlkopf des anderen, entlockte diesem damit ein ersticktes Würgen. „Überraschung! Wer sitzt jetzt am längeren Hebel, Sharkie?“ Vector gluckste begeistert auf, als sich Tränen in Sharks Augen sammelten, jener sich immer verzweifelter wehrte. Sein Puls schlug viel zu schnell an Vectors Hand, ließ diesen erneut schaudern. Er zitterte vor Anstrengung und Aufregung. Vector hatte das Gefühl, die Zeit um ihn herum war stehen geblieben. Und doch kam alles ihm viel zu schnell vor, als Sharks Griff schwächer wurde und seine Arme schließlich zur Seite auf die Matratze zurück fielen. Trotzdem hörte er nicht sofort mit der Tortur auf, setzte sich nur langsam auf, ließ schließlich seine Finger von der geschundenen Haut des anderen gleiten, als er keinen Herzschlag mehr spüren konnte. Sein Atem ging schnell und Blut rauschte in seinen Ohren. Beinahe fühlte er sich wie bei dem Jungen, den Black Mist als erstes getötet hatte. Doch das hier war… Anders. Für einen Moment schloss Vector die Augen, brannte sich das Bild des blanken Horrors in Sharks Blick in sein Gedächtnis. Es war so viel besser als die Male zuvor. „Ich bin stolz auf dich.“ Black Mist hatte er beinahe vergessen. Sofort öffnete er wieder die Augen, sah nach oben – und erschauderte, als er Black Mists Blick bemerkte. Er sah ihn beinahe an, als wolle er ihn verschlingen. Vector lächelte ekstatisch. „Wir sollten ihn loswerden“, fuhr Black Mist nach einem Moment fort, nahm Vectors Gesicht dabei in seine Hände, küsste ihn hart, bis er das Gefühl hatte, die Wunde an seiner Lippe platze auf. Nur langsam löste Vector sich von dem anderen, erhob sich vom Bett, betrachtete die Leiche. In Filmen sahen Tote immer so friedlich aus, mit geschlossenen Augen und über der Brust verschränkten Händen – doch hier lag Shark, das Gesicht verzerrt, die Augen aufgerissen und Speichel, der sein Kinn hinabgelaufen war. So ungern er es zugab, doch Black Mist hatte recht, sie sollten den Abfall loswerden. Vector holte tief Luft, versuchte sich von dem Adrenalinschub zu erholen, von dem Gefühl der unbeschreiblichen Macht, das ihn durchflossen hatte. Und tief in ihm keimte der Wunsch, Yuumas Puls unter seinen Händen zu spüren. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)