Ein unerfüllter Wunsch von Rabenkralle ================================================================================ Kapitel 8: Eine schöne Erinnerung --------------------------------- Temari tastete nach einem Bademantel, zog ihn zu sich heran und deckte sich zu. »Das war …« »Furchtbar?«, ergänzte Shikamaru. »Grauenvoll? Der schlechteste Sex, den wir je hatten?« Sie lachte auf und schmiegte sich an seine Brust. »Deine gute Laune ist zurück?« »Wie könnte sie auch nicht?« Er nahm ihre linke Hand und kreuzte seine Finger mit ihren. »Das war –« »Großartig?«, unterbrach sie ihn. »Phänomenal? Der mit Abstand beste Sex, den wir je hatten? Dann hast du verdammtes Recht!« Er kam nicht umhin, sich am Kopf zu kratzen. »So übertreiben musst du auch nicht.« »Das ist keine Übertreibung«, gab sie zurück und strich sich durch den von Schweiß verklebten Pony. »Ehre, wem Ehre gebührt, wie es so schön heißt.« »Hör auf, mit Lob um dich zu werfen.« »Weil?« »Weil es zur Hälfte an dich geht und du die Messlatte für das nächste Mal nicht noch höher legen musst.« »Keine Bange«, sie tätschelte seine Brust, »das tue ich nicht. Das hier wird zwar schwer zu toppen sein, aber –« »Danke«, murrte er sarkastisch. »Aber – und vielleicht lässt du mich ausreden«, sie wartete, ob er etwas zu sagen hatte und setzte nach: »das erwarte ich nicht. Ich war vorher zufrieden und werde es weiterhin sein.« Shikamaru drückte als Antwort ihre Hand und spürte die Kühle des Eheringes, der an ihrem Finger steckte. Ein Schmunzeln schlich sich auf sein Gesicht. Diese wunderbare Frau hatte er nun fest an sich gebunden. Er hatte in seinem Leben noch keine bessere Entscheidung getroffen. »Siehst du«, sprach Temari weiter, »wenn du nur beharrlich genug bist, bekommst du das, was du willst.« Er schnaubte belustigt. »Gut zu wissen.« Sie lachte auf. »Und wenn es jetzt mit dem Baby noch nicht geklappt hat, weiß ich auch nicht.« Zur Verteidigung hob er seine freie Hand. »Ich habe mein Bestes gegeben. Jetzt liegt’s an dir.« »Und falls es nicht sofort funktioniert«, sie fuhr sich rasch über ihren Bauch, »ist es auch nicht schlimm. Obwohl mir der Gedanke gefällt, dass wir an unserem ersten Hochzeitstag in einem Jahr schon Eltern sein könnten.« Er drückte ihr einen Kuss auf. »Warten wir es ab.« Sie lächelte, küsste ihn und sank zurück an seine Schulter. Sie betrachtete das Licht, das in Streifen gefiltert neben ihnen auf den Holzfußboden fiel. Es war deutlich dunkler in dem Raum geworden. »Am liebsten«, setzte sie an, »würde ich mit dir hier liegen bleiben.« »Warum bleiben wir nicht?« »Vielleicht«, sie prustete amüsiert, »weil wir beide seit einer geschlagenen Dreiviertelstunde auf unserer Hochzeitsfeier fehlen?« »Erst?«, fragte er teilnahmslos. »Dann kommt es auf eine weitere Viertelstunde nicht an.« Er drückte seinen Mund gegen ihren Hals und küsste ihn. Seine Hand schob den Bademantel von ihrem Körper, wanderte zu ihrer Hüfte … Temari umschloss sein Handgelenk. »Eine zweite Runde kann bis nach der Feier warten, oder?«, fragte sie. Shikamaru ließ von ihr ab, setzte sich auf und musterte sie mit einem Blick, den sie unmöglich deuten konnte – und der einen Alarm in ihr auslöste. »Okay«, lenkte sie mit ruhiger Stimme ein, »falls es dich deprimiert, wenn wir es nicht auf der Stelle noch mal tun, leg schnell los.« Er starrte sie einen Moment an, dann murmelte er ein »Danke, ich verzichte« und legte sich mit hinter dem Kopf verschränkten Armen zurück. Sie musterte ihn einen Augenblick, ließ ein Grinsen aufblitzen und raffte sich auf, um sich anzuziehen. Sie streifte sich das Kleid über, schloss geschickt den Reißverschluss und beugte sich mit in die Hüften gestemmten Händen über ihren Mann. »Aufstehen«, sagte sie. »Ausruhen ist nicht.« »Also muss ich zurück zur Feier?« Sie nickte demonstrativ. »Ich hab keine Lust, Alleinunterhalterin für deine Gäste zu spielen.« Sie rechnete im Kopf kurz durch und fuhr fort: »Von meiner Seite sind nur meine Brüder und Matsuri hier. Die Mehrzahl der Leute hast du eingeladen.« »Und wir haben keine gemeinsamen Freunde?«, warf er ein. »Bekannte ja, Freunde nein«, korrigierte sie ihn. »Immer, wenn ich aus irgendwelchen Gründen hier war, hab ich mich ausschließlich mit dir abgegeben.« »Bereust du es, dass du nicht mehr Kontakte geknüpft hast?« »Wäre ich sonst hier?« Sie lachte. »Du weißt, dass ich kein besonders sozialer Mensch bin und mir Freundschaften nicht viel bedeuten.« »Und dann ziehst du zu mir und gibst alles auf, das dir etwas bedeutet?« Temari zuckte die Achseln. »Gaara und Kankurou sind mir unglaublich wichtig«, begann sie, »aber sie sind erwachsen und können auf sich selbst aufpassen.« »Heißt das«, setzte Shikamaru langsam an, »dass du nur aus dem Grund hier bist, weil ich nicht auf mich achtgeben kann?« »Ab und zu schadet es nicht, wenn ich ein Auge auf dich habe, das stimmt.« Sie hob sein Hemd vom Boden auf und reichte es ihm. »Aber du bist trotzdem ein Depp.« Er zog es an und fragte im Anschluss: »Warum?« »Wenn du annimmst, dass ich dich geheiratet habe, damit ich dich bemuttern kann«, sie sammelte den Rest seiner Kleidung zusammen, »liegst du mehr als falsch.« Er konnte ein Lächeln nicht unterdrücken. Natürlich verstand er, was sie ihm damit sagen wollte, doch er fragte: »Und warum hast du mich geheiratet?« Sie nahm seinen Kragen in ihre Hände, richtete ihn mit ein paar Griffen und schloss mit ihrem wunderbaren Lächeln: »Weil ich dich liebe, du Idiot.« --- »Wie sehe ich aus?«, wollte Temari wissen. Shikamaru betrachtete sie und zuckte die Schultern. »Normal?« Sie rümpfte die Nase. »Was ist das denn für eine Antwort?« »Die, von der ich gedacht habe, dass du sie hören möchtest?« »Dann hast du falsch gedacht«, sagte sie. »Was willst du hören?« »Ich möchte wissen, ob mein Make-up in Ordnung ist.« »Warum fragst du mich dann, wie du aussiehst?« »Weil –« Sie musterte ihren Mann und stieß ein Seufzen aus. »Stimmt, ich hätte es besser wissen müssen.« »Nein, du hättest mir die richtige Frage stellen sollen«, verbesserte er sie. »Nebenbei bemerkt hast du das Beste aus deiner Schminke herausgeholt. Außer Ino wird niemand merken, dass du sie neu gemacht hast.« Temari prüfte ihr Gesicht und nickte. Sie war zufrieden. Jetzt gab es noch eine Baustelle. Sie griff in ihre Tasche, holte den Flakon mit ihrem wunderbar duftenden Parfüm heraus und sprühte sich großzügig ein. »Erledigt«, meinte sie. »Und was machst du, um den Geruch von Liebe zu überdecken?« »Ich könnte mir die Fruchtbowle vom Buffet über den Kopf schütten«, scherzte er. »Oder ich hätte in der Zeit, die du mit Schminken verbracht hast, duschen gehen können.« Sie hob eine Braue und er starrte sie irritiert an. »Worauf wartest du?«, fragte sie. »Ab unter die Dusche mit dir!« »Ich dachte, wir müssen schnell zur Feier zurück!« »Ich muss zur Feier zurück«, betonte sie. »Du bist wegen einer Magenverstimmung spazieren. Niemand fragt nach, wenn du noch zwanzig Minuten länger wegbleibst.« Shikamaru griff sich ein Handtuch und verschwand in die nächste Duschkabine. Sekunden später plätscherte das Wasser. Temari startete noch einen Versuch, ihre Frisur zu retten. Mit den vielen Strähnen, die überall herausgefallen waren, war es ein aussichtsloses Unterfangen. Sie löste alle Spangen und Klammern und trug die Haare offen. Falls Ino sie danach fragte, fiel ihr schon eine gute Ausrede ein. Sie sammelte alle Tücher und Mäntel ein, beförderte sie in den Wäschesack neben der Tür und ging zum Fenster, zog die Jalousie hoch und öffnete es. Vorsichtig blickte sie nach draußen und da sie außer einem Fuchs, den sie bei der spätabendlichen Suche nach Abfällen störte, kein lebendes Wesen sah, stieg sie hindurch. Ein Schmunzeln stahl sich auf ihre Lippen, als sie in Richtung des Vordereingangs huschte. Was tat eine Frau nicht alles, damit ihr Mann glücklich und zufrieden war? --- Die Stimmung der Leute war außer sich, als sie die Halle betrat. Durch das Johlen und Applaudieren der Gäste tönten sogar ein paar Zugabe-Rufe. Temari versuchte die Quelle des allgemeinen Enthusiasmus auszumachen und blickte zur Bühne. Kankurou drückte einem Kellner das Mikrofon in die Hand und schlurfte mit den Händen in den Hosentaschen und vom Beifall begleitet direkt auf sie zu. »Das tue ich nie wieder für dich!«, murrte er. »Warum denn?«, fragte seine Schwester nichtsahnend. »Die Leute sind doch begeistert.« »Ja, jetzt sind sie das.« Seine Augenbrauen wanderten so weit zusammen, dass sie fast zu einer einzigen verschmolzen. »Aber die ersten zwanzig Minuten waren die schlimmsten meines Lebens.« »Es war dein erster Auftritt vor einer größeren Menge, oder?« »Vor einer Menge, die nichts mit schwarzem Humor anfangen kann«, erklärte er. »Die einzigen, die sich amüsiert haben, waren Sai und Naruto. Und unser lieber Bruder hat ab und zu ein Grinsen aus Höflichkeit zur Schau gestellt.« Sie blickte sich um. Keiner der Gäste wirkte auf sie, als hätte er keinen Spaß mit der Performance ihres Bruders gehabt. »Du scheinst rechtzeitig die Kurve gekriegt zu haben.« Sie zuckte die Achseln. »Also warum beschwerst du dich? Sei mir lieber dankbar, dass ich dir diese Möglichkeit verschafft habe.« »Ich mache schwarz-humoristische Stand-up-Comedy! Ich hab keine Lust, zweideutige Witze und Improvisationstheater zu veranstalten, um andere zu unterhalten.« Er räusperte sich und funkelte sie missgelaunt an. »Aber ich kann natürlich aus Dankbarkeit vor dir auf die Knie gehen und dir die Füße küssen.« Sie hob beschwichtigend die Hände. »Das brauchst du wirklich nicht. Ehrlich, danke, dass du mir den Rücken freigehalten hast.« Kankurou verschränkte die Arme vor der Brust. »Ich hoffe, der Sex hat sich wenigstens gelohnt.« »Wie bitte?«, fragte sie perplex. »Wovon –« »Vielleicht sind alle anderen hier blind, liebestrunken oder was auch immer.« Er streckte Daumen und Zeigefinger aus, deutete auf ihre und dann auf seine Augen. »Aber ich hab gute Gucker. Mir ist nicht entgangen, wie dich dein Mann dezent« – ein erneutes Räuspern – »in den Raum hinter die Bühne komplimentiert hat.« »Und?« »Er kam nicht zurück und du hast dich keine zehn Minuten später unter einem Vorwand aus dem Staub gemacht«, sagte er. »Da musste ich nur eins und eins zusammenzählen.« Temari überlegte, ob sie darauf bestehen sollte, dass sie zu Hause gewesen war und entschied sich dagegen. Ihr Bruder kannte sie viel zu gut und kaufte ihr keine – aus seiner Sicht – hanebüchene Lügengeschichte ab. »Okay, wir haben die Hochzeitsnacht vorgezogen«, gab sie zu, wobei sie flüsterte. »So schlimm ist das auch nicht.« Sie legte ihm einen Arm um die Schultern und zog ihn abrupt an sich, wie sie es in ihrer Kindheit immer getan hatte, wenn sie ihm geholfen hatte. »Dank dir hat uns niemand vermisst.« »Allerdings«, betonte er. »Ich hoffe, mein Einsatz war nicht für die Katz.« Sie runzelte die Stirn. »Warum sollte er?« »Weil ich ernsthaft enttäuscht sein werde, wenn nicht bald ein Neffe oder eine Nichte für mich herausspringt!« »Was meinst du, woran wir gerade arbeiten?« Sie senkte abermals ihre Stimme und fuhr fort: »Aber verrate es niemandem. Sonst fragen die Leute ständig nach und psychischen Stress kann man nicht gebrauchen, wenn man schwanger werden möchte.« Kankurou befreite sich aus ihrem Griff und knuffte sie in die Seite. »Mein Mund ist verschlossen.« Er hob die Hand vor sein Gesicht, zog einen imaginären Reißverschluss zu und wandte sich zum Gehen. »Ach, Bruderherz«, rief sie ihm spontan nach. Er blieb stehen und blickte über seine Schulter zu ihr herüber. »Du wirst mir fehlen«, sagte sie mit einem Lächeln. Er quittierte es mit dem dreistesten Grinsen, das sie je bei ihm gesehen hatte. »Das will ich schwer hoffen!«, wetterte er ihr entgegen. Beide prusteten los. --- »Geht es dir besser, mein Junge?« Yoshino musterte ihn mit besorgtem Blick von oben bis unten. »Ich hab es von Ino gehört … Dass dir das ausgerechnet auf deiner eigenen Hochzeit passieren muss!« Wie Recht sie hatte. Dass seine Mutter ausgerechnet auf seiner Hochzeit anfangen musste, ihn zu bemuttern … »Mir geht’s großartig«, antwortete Shikamaru wahrheitsgemäß. »Es war schließlich nicht meine erste Magenverstimmung.« Was für eine simple Ausrede … Und glücklicherweise schluckte sie jeder. Das Leben konnte so einfach sein. Yoshino kam ein Stück weiter auf ihn zu und setzte abermals ihre übertrieben besorgte Miene auf. »Bist du in einen Regenschauer geraten?« »Nein«, stammelte er perplex. Ha, von wegen einfach … Da hatte er sich wohl zu früh gefreut. »Warum sind deine Haare nass?« Er starrte sie einen Augenblick an, fuhr sich mit der Hand über den Hinterkopf und fluchte innerlich. Seine Mutter achtete auf jedes Detail. Warum hatte er nicht darauf geachtet, sie komplett trockenzuföhnen? Ein Erinnerungsfetzen schoss ihm durch den Kopf. Am Tag, an dem er Temari den Antrag gemacht hatte, hatte Yoshino ihn mit derselben Frage gelöchert. Und nun konnte er davon profitieren, dass er ihr damals nicht darauf geantwortet hatte. »Ein Junge hat mir eine Wasserbombe an den Kopf geworfen«, log er rasch. Ihm wurde erst hinterher bewusst, was das für eine geniale Ausrede war. Sie war einfach und logisch. Und seine Mutter mochte einfache und logische Erklärungen. »Tatsächlich?« Sie stemmte ihre Hände in die Hüften. »Wer war es? Dieser Bengel von nebenan?« »Keine Ahnung, irgendein Kind eben«, gab er zurück. »Ist nicht weiter wichtig.« »Für mich schon!«, wetterte Yoshino los. »Diesem Balg, das es gewagt hat, meinen Sohn an seinem Hochzeitstag einen Streich zu spielen, werde ich auf die Schliche kommen und –« »Mutter!«, unterbrach Shikamaru sie. Sie schaute ihn missgestimmt an. Sie war es nicht gewohnt, dass ihr jemand ins Wort fiel – erst recht nicht ihr einziges Kind. Er ließ sich nicht von ihrer starren Miene beeindrucken und fuhr fort: »Ich bin kein kleiner Junge mehr, auf den du aufpassen musst.« Und als sie nichts sagte, schloss er: »Ich bin jetzt ein verheirateter Mann und Temari sorgt sich mehr als genug für euch beide um mich.« Yoshinos Gesichtszüge wurden sanfter und schließlich erschien ein Lächeln auf ihrem Gesicht. »Stimmt«, sagte sie, »und wie ich deine Frau einschätze, gibt es niemanden, der es besser machen könnte als sie.« --- Ino hielt ein Glas Sekt in die Höhe. »Auf die Braut!«, jauchzte sie und lachte. »Auch wenn sie aus unerfindlichen Gründen ihre tolle Frisur ruiniert und in ihrem Parfüm gebadet hat.« Karui und Sakura brüllten vor Lachen und stießen mit ihr an und Temari machte nach kurzer Überlegung mit. Sie leerte ihr Glas noch vor den anderen und schenkte sich nach. Sakura kicherte. »Du willst dich doch nicht vor der Hochzeitnacht betrinken?« Sie winkte ab. »Glaubst du, dass mir ein bisschen Fusel etwas ausmacht?« »Dir?« Ihre grünen Augen musterten sie kritisch, bevor sie loslachte. »Auf keinen Fall!« Temari stimmte mit ein und Ino und Karui ließen sich ebenfalls zum Lachen hinreißen. Als das letzte Glucksen verstummt war, trat ihre Trauzeugin ein Gespräch über Kankurous Auftritt los. Im Wechseln gaben sie ihre Lieblingswitze und -parodien wider und obwohl es ihnen nicht halb so gut gelang, konnten sie sich vor Lachen kaum halten. Temari lächelte vor sich hin. Ihr kleiner Notnagel hatte sich als Highlight des Abends herausgestellt und das stimmte sie fast so glücklich wie die Tatsache, dass Shikamaru seit seinem Wiederkommen viel bessere Laune hatte. Ihr Blick schweifte durch den Raum. Kankurou hatte sich zu ihren Kollegen aus der Zeit der Chuuninprüfung gesellt und veranstaltete mit Kotetsu ein Wetttrinken; Gaara und Matsuri führten eine angeregte Unterhaltung mit Naruto und Hinata und auch keiner der anderen Gäste schien sich zu langweilen. Sie schaute zu dem Tisch, an dem es am lautesten war. Kiba lachte so sehr, dass er vom Stuhl gefallen wäre, wenn Shino und Tamaki ihn nicht an beiden Seiten festgehalten hätten und Chouji hielt sich vor Lachen den Bauch. Temari versuchte sich vorzustellen, worüber sie sich amüsierten, als ihr auffiel, dass Shikamaru nicht mehr neben seinem besten Freund saß. Sie wollte sich gerade nach ihm umsehen, als sie eine Hand auf ihrer Schulter spürte. Sie wandte sich um und bevor sie ihren Mann fragen konnte, warum er sich angeschlichen hatte, nahm er ihr Handgelenk und bedeutete ihr, aufzustehen. »Ich schulde dir einen Tanz«, erklärte Shikamaru auf ihren argwöhnischen Blick hin. Temari schmunzelte. »Bist du dir sicher, dass du dir diese Peinlichkeit noch mal antun möchtest?« »Wie gesagt«, wiederholte er, »ich schulde ihn dir. Vorhin hab ich mir nicht wirklich Mühe gegeben.« »Du meinst, du warst nicht in der Lage, dir Mühe zu geben, oder?« Er nickte. »Weder physisch noch psychisch.« Sie lachte, streckte ihren Arm nach ihm aus und ließ sich von ihm aufhelfen. Sie bemerkte, dass das Gespräch an ihrem Tisch verstummt war und alle Augen auf ihr lagen. Temari warf ihren Gesprächspartnerinnen ein Lächeln zu, murmelte ein heiteres »Entschuldigt mich« und ließ sich von Shikamaru zur Tanzfläche führen. --- Mit langsamen Schritten bewegten sie sich in Kreisen über das Parkett. Sie waren das einzige Paar auf der Bühne und um nicht zu viel Aufmerksamkeit auf sich zu ziehen, hielten sie sich im hinteren Bereich nahe der Tür auf. Er wollte das Debakel von vorhin wiedergutmachen, deshalb sollte dieser Tanz nur seiner Frau gehören. Seine Hände ruhten auf ihrer Taille und obwohl er keine Ahnung hatte, was er tat, geleitete er sie von einem Klang zum nächsten, führte den Tanz an und vermied jeden möglichen Fehltritt. Der Duft ihres Parfüms umgab sie und obwohl er so stark war, löste er keine Gefühle in ihm aus, die unterdrückt werden mussten. Temari roch wundervoll und die Erinnerung daran, wie sie sich berührt und geküsst hatten, reichte ihm im Moment. Shikamaru spürte einen unerwarteten Atemzug an seinem Hals. Sie unterdrückte ein Auflachen. »Hab ich dich getreten?«, fragte er im Affekt, weil er nicht wusste, was sie zum Lachen gebracht haben konnte. »Nein«, erwiderte sie rasch und fuhr amüsiert fort: »Ich hätte nur nicht gedacht, dass du dich beim Tanzen so graziös bewegen kannst.« »Graziös?« »Klingt besser als einigermaßen rhythmisch, oder?« Nun musste er lachen. »Viel besser.« Er zog sie näher zu sich und sie schmiegte sich an seine Schulter. Still tanzten sie so, bis das Lied allmählich ausklang. »Danke«, sagte Temari während der letzten, hörbaren Takte. »Wofür?«, fragte Shikamaru. »Dass ich dir nicht auf die Füße getreten bin?« »Auch«, entgegnete sie belustigt, »aber vor allem für den schönen Abend.« »Der Abend ist noch nicht vorbei«, bemerkte er, »also freue dich lieber nicht zu früh.« Sie machte sich ein Stück von ihm los, sodass sie ihm in die Augen sehen konnte. »Hey, wir beide sind zufrieden, also was soll noch schiefgehen?« Sie schenkte ihm das Lächeln, das er so an ihr liebte. Er erwiderte es flüchtig, beugte sich zu ihr herunter und drückte seinen Mund auf ihre weichen, ungeschminkten Lippen. Sie schloss die Augen und obwohl sie diese Art Liebesbekundung in der Öffentlichkeit mied, erwiderte sie den Kuss. Der Griff ihrer Arme, die sie hinter seinem Nacken verschränkt hatte, verstärkte sich instinktiv. Dasselbe geschah mit seiner Umarmung. Er hielt sie fest, als würde er sie nie wieder loslassen wollen und das schenkte ihr eine Sicherheit, die sie in so vielen Jahren ihres Lebens vermisst hatte. Unbewusst stellte sie sich auf die Zehenspitzen, um ihn noch besser küssen zu können und – Temari vernahm ein leises Klicken. Das Geräusch war für ein ungeschultes Ohr kaum zu hören, doch sie erkannte sofort, was es war – und sie wusste, dass es Shikamaru genau so gehen musste. Sein Mund lag zwar noch auf ihrem, den Kuss hatte er jedoch eingestellt. Widerstrebend machte sie sich von ihm los, blickte in das Objektiv einer Kamera und in das strahlende Lächeln von Yoshino. Sprachlos starrten die beiden die Frau an und bevor Shikamaru seine Fassung wiedererlangte, um sie zu fragen, was das sollte – und die Frage lag ihm auf der Zunge –, bemerkte seine Mutter: »Das ist garantiert das schönste Foto des Abends.« Schlagartig fand ihr Sohn seine Worte wieder: »Um das wir dich nicht gebeten haben«, sagte er verstimmt. Yoshino verstaute die Kamera in ihrer Tasche und stemmte die Hände in die Hüften. »Jetzt regst du dich über mich auf, aber in ein paar Jahren wirst du froh darüber sein, dass ich das Bild gemacht habe.« Sie zwinkerte ihm zu und das ärgerte ihn noch mehr. Er suchte Temaris Blick und zu seiner Überraschung lächelte sie. Sie tastete nach seiner Hand und kreuzte ihre Finger mit seinen. »Leg dich nicht mit ihr an«, flüsterte seine Frau. »Aber –« Mit einem angedeuteten Kopfschütteln brachte sie ihn zum Verstummen. »Wer weiß«, fuhr sie fort, »vielleicht ist das Foto für uns in ein paar Jahren tatsächlich eine schöne Erinnerung.« Sie sollte Recht behalten. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)