Ein unerfüllter Wunsch von Rabenkralle ================================================================================ Kapitel 9: Getrübtes Glück -------------------------- Temari übernahm nach der Hochzeit vorübergehend den Posten als Botschafterin für die Chuunin-Auswahlprüfung, den sie vor dem Krieg innegehabt hatte. Sie mochte den Job. Er ermöglichte ihr, regelmäßig ihre Brüder zu sehen und wenn sie nicht mit der Planung der Prüfung zu tun hatte, erledigte sie einfache Missionen. Zwar hatte sie sich noch nicht daran gewöhnt, dass sie das Zeichen von Konoha auf ihrem Stirnband trug und die gelegentlichen Botengänge zu anderen Dörfern ähnelten gemütlichen Wanderungen, bei denen sie ihr Potenzial als Jounin nicht ausschöpfen konnte und musste, doch allmählich freundete sie sich mit diesem friedlichen Leben an. Und das Wichtigste für sie war: Sie führte eine harmonische und glückliche Ehe. In den sieben Monaten, seit sie mit Shikamaru verheiratet war, hatte es kaum Streit gegeben. Meist ging es um Kleinigkeiten, die sich im Alltag einschlichen und waren genauso schnell vergessen, wie sie aufgekommen waren. Alles lief großartig – bis zu diesem einen Tag. --- Es war Ende November. Der Wind wehte kalt durch die Bäume hindurch und die Sonne hatte sich durch die dichte Wolkendecke seit Tagen nicht gezeigt. Temari vergrub ihre Hände tiefer in ihren Jackentaschen. Obwohl sie ein Kind der Wüste war, machte ihr das ungemütliche Wetter nicht viel aus, doch nach einem neunstündigen Marsch konnte sie sich nichts Schöneres als ihr warmes Zuhause mit dem gemütlichen Sofa und einer Tasse Früchtetee zwischen den Händen vorstellen. Sie bog um die letzte Kurve und erkannte das Haupttor von Konoha, das in der fahlen Abenddämmerung dunkler wirkte, als es war. Sie hielt darauf zu, grüßte flüchtig Kotetsu und Izumo, die davor standen und mit Schere-Stein-Papier ausmachten, wer die glorreiche Aufgabe des Torschließens zu erledigen hatte – und blieb stehen. Eine Gestalt lehnte an der Wand des Postens, an dem sich die Wachen während ihrer Schicht aufhielten. Sie lag im Schatten verbogen, aber Temari wusste, dass es nur einer sein konnte. Sie trat auf ihren Mann zu und hauchte ihm zur Begrüßung einen Kuss auf. »Woher wusstest du, dass ich heute Abend ankomme?« Shikamaru hob die Brauen. »Weil man für Botengänge ins Eisenreich von hier aus immer viereinhalb Tage braucht?« »Wenn ich getrödelt hätte, hätte ich es nicht in der Zeit geschafft«, ergänzte sie. »Es hätte also sein können, dass du umsonst hier wartest.« Er schüttelte den Kopf. »Du trödelst nie.« Sie lachte und sie gingen los. »Und wie war es im Eisenreich?«, fragte er beiläufig. »Kalt«, sagte sie. »Kälter als sonst, meine ich.« »Darf ich dich dann zu einem warmen Essen einladen?« Temari dachte kurz an die Couch und die Tasse Tee, die nach ihr riefen, nahm die rechte Hand aus der Tasche und griff nach seinem Arm. »Gern.« --- Shikamaru führte sie in ein Restaurant aus, an dem sie zuvor nur vorbeigegangen waren. Die vergoldeten Fensterrahmen hatte von außen schon teuer auf sie gewirkt und die Inneneinrichtung unterstrich diesen Eindruck. Teure Vasen mit aufwändiger Bemalung standen in den Ecken und auf jedem Tisch befand sich ein kristallener Kerzenhalter. Temari hatte nicht viel Ahnung von Holz, doch die dunklen und edlen Möbel waren definitiv aus feinstem Mahagoni. Am liebsten hätte sie kehrt gemacht und wäre geradewegs zu Ichirakus Ramenstand gegangen, aber ihrem Mann zuliebe setzte sie sich auf den Stuhl, den er von dem Tisch am Fenster abgezogen hatte. Sie saß kaum, als der Kellner mit zwei Speisekarten zu ihnen herüberkam. Sie waren in echtem Leder gebunden. Ehrfürchtig nahm sie die Karte entgegen, die ihr der Mann im Smoking reichte und schlug sie auf. Als sie die Preise sah, hielt sie einen Moment den Atem an. Über den Rand blickte sie zu Shikamaru herüber. Er überflog unbeeindruckt seine Karte. »Wollen wir nicht lieber Ramen essen gehen?«, fragte sie. »Hier kannst du sicher auch welche bekommen«, antwortete er. Er hatte nicht verstanden, worauf sie hinauswollte. »Ich glaube nicht, dass sie genauso gut wie die von Teuchi schmecken«, gab Temari zurück und hätte sich für diesen jämmerlichen Widerspruch am liebsten geohrfeigt. Warum sagte sie ihm nicht, dass sie sich fehl am Platz fühlte? Weil sie ihn nicht vor den Kopf stoßen wollte? Weil sie die Atmosphäre des Restaurants einschüchterte, dass sie den Mund nicht auf bekam? Pah, was für ein Unsinn! »Dann such dir etwas anderes aus«, schlug er vor. »Zu Teuchi können wir morgen Mittag noch, wenn du möchtest.« Sie seufzte tonlos und blätterte eine Seite weiter. Es war nicht so, dass sie eine Ehe am Hungertuch führten, doch bei den Preisen wurde ihr schwindelig. »Shikamaru«, setzte sie erneut an und endlich blickte er sie an, »ich bin für so einen Laden nicht passend angezogen.« Er betrachtete sie kurz und zuckte die Achseln. »Was hast du denn an deinem Yukata auszusetzen?« »Nichts, wenn wir jetzt bei Ichirakus oder im Yakiniku Q sitzen würden«, sagte sie. »Davon abgesehen könnten wir in beiden Läden wir für das Geld, das wir hier lassen werden, einen halben Monat essen.« Sie beobachtete, wie seine Augenbrauen nach oben wanderten. »Warum sagst du nicht gleich, dass es dir nur darum geht?« Sein Blick lag noch zwei Sekunden auf ihr, bis er sich wieder dem Studieren der Speisekarte widmete. »Denk nicht weiter dran und such dir etwas aus.« Temari starrte ihn an und neigte ungläubig den Kopf. Als sie die Lippen spitzte, um zum Sprechen anzusetzen, fuhr er fort: »Bevor du fragst: Ich hab einen kleinen Bonus bekommen.« »Bonus?«, wiederholte sie. »Wofür?« »Für die erfolgreiche Aufzucht der Hirsche in diesem Jahr.« »Ich dachte, darum kümmern sich hauptsächlich deine Mutter und dein Onkel.« »Stimmt«, bestätigte er und warf ihr ein beinahe belustigtes Grinsen zu, »aber habe ich sie nicht ein paar Mal würdig vertreten?« Temari lehnte sich auf ihrem Stuhl zurück, verschränkte die Arme vor der Brust und überlegte. »Wenn du meinst«, begann sie, »dass du heute Abend deinen Bonus für ein viel zu teures Essen ausgeben musst, gut.« Sie musterte wieder die Karte, merkte sich die Nummer des Menüs, das sie bestellen wollte, und legte sie beiseite. Shikamaru tat es ihr nach und sah sich nach dem Kellner um, als sie fortsetzte: »Gibt es das Essen in dem Laden hier auch zum Mitnehmen?« Er blickte sie verwirrt an und fragte: »Willst du draußen in der Kälte essen?« Sie warf ihm ein Lächeln zu und schüttelte den Kopf. »Wenn uns deine Mutter schon mehr oder minder finanziert, müssen wir ihr was Leckeres mitbringen, oder?« Sie wartete nicht auf seine Antwort. »Außerdem haben wir uns zusammen länger nicht bei ihr blicken lassen.« Ihr Mann runzelte die Stirn. »Hast du ein schlechtes Gewissen?« Sie zuckte halbherzig die Achseln. »Du besuchst sie doch noch regelmäßig?« Er nickte. »Ich war in den letzten vier Tagen dreimal zum Abendessen bei ihr.« »Freiwillig?« »Bekocht mich sonst jemand, wenn du nicht da bist?« »Sie würde dich auch bekochen, wenn ich da bin«, sagte sie und bemerkte, dass sie sich besser fühlte. »Mich wundert es, dass du fast jeden Abend zu Hause bist und meine Giftbrühe hinunterwürgst, anstatt bei ihr zu essen.« »Es heißt: In guten, wie auch schlechten Zeiten.« Temari hob forschend eine Braue. »Und mein Essen sind die schlechten Zeiten?« »Was meinst du, warum wir hier sind?«, fragte Shikamaru mit einem unverschämt breiten Lächeln. Sie starrte ihn an – und lachte zusammen mit ihm los. ­--- »Bist du sicher, dass du dir das heute noch antun möchtest?« Ihre Hand, die auf dem Weg zu Yoshinos Türklingel war, hielt in der Bewegung inne. Die Couch und die Tasse Tee kamen ihr in den Sinn und hinzu gesellte sich die plüschige, rot-blau karierte Wolldecke, die ordentlich zusammengelegt auf der Lehne lag. An keinem Ort der Welt wollte sie im Moment lieber sein. Ein Ort, der für sie das Paradies und einen Fußweg von fünfzehn Minuten bedeutete, wenn sie auf der Stelle losgingen. Das Gewicht in ihrer anderen Hand hielt sie davon ab, auf der Stelle kehrt zu machen und morgen Nachmittag wiederzukommen. Sie neigte den Kopf und betrachtete das sorgsam in Alufolie verpackte Essen, das sie in einer Plastiktüte mit sich trug. Es war eine Verschwendung, wenn sie es wegwerfen würde und ein kurzer Plausch mit Shikamarus Mutter brachte sie nicht um. Und ob sie in einer oder in einer halben Stunde auf die Couch kam, machte für sie keinen Unterschied mehr. Temari antwortete ihm, indem sie die Klingel betätigte. Es dauerte nicht lange, bis Schritte zu hören waren und die Tür aufging. Yoshino blickte ihre beiden Besucher einen Augenblick überrascht an und ihr Mund bog sich zu einem Lächeln. Sie strahlte regelrecht. »Wie schön, euch zu sehen!« Die Frau trat auf ihre Schwiegertochter zu und öffnete die Arme für eine Umarmung. Temari ließ sich kein zweites Mal darum bitten, umfasste die Griffe ihres kulinarischen Mitbringsels fester und drückte Yoshino an sich. Als sie ihren Sohn mit einem sanften Klaps auf die Schulter willkommen geheißen hatte, fuhr sie fort: »Ich treffe mich nachher mit Inos und Choujis Müttern zum Spieleabend und hab nicht viel Zeit, aber kommt doch ein paar Minuten herein und fühlt euch wie zu Hause.« --- »Shikamaru hat mir erzählt, dass du wieder auf Mission warst«, begann die Frau, nachdem sie dankbar das Essen entgegen genommen hatte. »Wie ist es dir unterwegs ergangen?« »Auf dem Hinweg bin ich in einen Schneesturm geraten«, erzählte sie, »und die Gastfreundschaft im Eisenreich hält sich in Grenzen, aber sonst war es in Ordnung. Wie immer, könnte man sagen.« Yoshino füllte das Gemüse-Risotto, das sie ihr mitgebracht hatten, auf einen Teller um und roch daran. Ihre Brauen zuckten und ihr skeptischer Blick lichtete sich endgültig, nachdem sie einen Löffel genommen hatte. »Das schmeckt köstlich«, bemerkte sie anerkennend. »Ich würde es nicht besser hinbekommen.« Sie setzte sich zu den beiden an den Küchentisch und fragte weiter: »Weißt du schon, wann die nächste Reise ansteht?« Temari nickte. »Ende nächster Woche geht’s in meine Heimat, um die letzten Kleinigkeiten für die kommende Chuunin-Auswahlprüfung zu besprechen.« »Wie lange wirst du dort sein?« »Vier Tage sind eingeplant.« »Das heißt, dass ich zehn Tage für Shikamaru mitkochen muss, oder?«, fragte Yoshino und lächelte. Ihre Schwiegertochter hob die Brauen und blickte unschuldig drein. »Danach bin ich zwei Wochen am Stück hier«, sagte sie zu ihrer Verteidigung. »Das heißt, bis es Mitte Dezember wieder losgeht.« »Die zweite Prüfungsphase findet diesen Winter in Kumogakure statt, habe ich gehört?«, forschte Yoshino nach. »Genau wie die Endrunde«, bestätigte sie. »Ich werde aber versuchen, dass ich zu den Feiertagen frei bekomme und hier sein kann.« Der Blick der Frau lag kurz auf ihr, dann murmelte sie ein zuversichtliches »Das klappt sicher« und lachte auf. Nachdem Temari ihr dankbar zugelächelt hatte, widmete sie ihre Aufmerksamkeit ihrem Risotto. Bis sie aufgegessen hatte, wechselten die beiden zwischendurch ein paar Sätze. Shikamaru hielt sich zurück und wollte zufrieden mit der Situation sein, doch die Fragen und Kommentare seiner Mutter schmeckten ihm nicht. Er musterte Temari aus den Augenwinkeln. Sie schien es nicht zu bemerken und vermutlich wollte Yoshino nicht, dass ihr auffiel, dass etwas nicht in Ordnung war. Er versuchte herauszufinden, was seiner Mutter nicht gefiel und achtete auf jede Kleinigkeit, die sie sagte, aber mehr als die merkwürdige Betonung mancher Worte erschloss sich ihm nicht. Er kam zu dem Schluss, dass er es sich einbildete und hakte das Thema in Gedanken ab. Ein merkwürdiges Gefühl blieb jedoch. Schließlich brachte die Frau ihren leeren Teller zur Spüle, wusch und trocknete ihn rasch ab. Als sie ihn in den Schrank zurückgestellt hatte, klatschte sie abrupt ihre Hände zusammen. »Jetzt hab ich euch gar nichts zu trinken angeboten!«, sagte sie in einem Ton, als würde sie sich über sich ärgern. »Was möchtet ihr? Ich habe Wasser, Früchtetee und Kaffee im Haus.« Shikamaru schüttelte den Kopf und wollte den Stuhl vom Tisch abrücken, um sich zu verabschieden, doch Temaris Stimme ließ ihn innehalten. »Ich nehme einen Tee, wenn es dir keine Umstände macht«, sagte sie. »Natürlich macht es mir keine Umstände«, erwiderte Yoshino und erneut lag etwas in ihrer Tonlage, das ihn aufhorchen ließ. Irgendetwas stimmte definitiv nicht. Er beschloss, sie bei der nächsten Gelegenheit zu fragen, wenn Temari nicht dabei war. Seine Mutter füllte den Tee von der Kanne in eine Tasse um und brachte sie mit einem Blick auf die Uhr zum Tisch herüber. »Ich muss mich langsam fertig machen«, sagte sie, ohne das obligatorische »Danke« ihrer Schwiegertochter abzuwarten. »Ihr könnt bleiben, so lange ihr möchtet.« Sie eilte durch die Küche und blieb im Türrahmen stehen. Shikamaru sah, dass sich ihre Hände kurz zu Fäusten ballten, da machte sie kehrt. »Eine Frage habe ich noch«, begann sie. Sie legte ihre Finger auf die Lehne des Stuhls, auf dem sie gesessen hatte und verharrte einen Moment in der Position, ehe sie den Mund öffnete und fortfuhr: »Ihr zwei seid seit mehr als einem halben Jahr verheiratet.« Ihr Sohn hatte keinen Schimmer, worauf sie hinaus wollte, tauschte einen flüchtigen Blick mit Temari aus und fragte: »Und weiter?« »Wie soll ich sagen?« Yoshino warf ihm ein Lächeln zu. Es war das bizarrste Lächeln, dass er jemals bei ihr gesehen hatte. »Ich werde nicht jünger, also …« Sie legte eine Atempause ein und schloss: »Wann kann ich endlich mit meinem ersten Enkel rechnen?« Shikamaru sah sie nach wie vor an, doch die Augen seiner Mutter lagen nicht mehr auf ihm, sondern auf seiner Frau. Sie wollte keine Antwort von ihm haben, sondern von Temari. Er wandte sich zu ihr um. Sie nippte an ihrer Teetasse, erwiderte Yoshinos Blick nicht und starrte gedankenverloren vor sich hin. Vielleicht hatte sie nicht mitbekommen, dass sie direkt angesprochen worden war und er hoffte, dass die Frage an ihr vorbeigegangen war, aber er glaubte es nicht. »Seit wann ist man dazu verpflichtet, nach dem Heiraten gleich Kinder in die Welt zu setzen?«, unterbrach Shikamaru die Stille. Seine Mutter seufzte. »So habe ich das nicht gemeint«, entgegnete sie, aber er wusste, dass es ihr Ernst war. Nach einundzwanzig Jahren als ihr Sohn konnte sie ihm nichts vormachen. Er überging ihre Rechtfertigung und legte entschlossen fest: »Wann wir was tun, ist allein unsere Sache.« Yoshino, die mit dem Widerspruch nicht gerechnet hatte, funkelte ihn in einer Mischung aus Ärger und Überraschung an, bis ihre kleine Wutfalte auf der Stirn sanfteren Zügen wich. »Entschuldigt bitte, ich wollte nicht aufdringlich sein.« Sie stemmte die Hände in die Hüften und atmete tief aus. »Wenn ich darüber nachdenke, ist es auch besser, wenn ihr mit Kindern noch wartet. Ihr seht euch schließlich kaum.« Dann wandte sie sich ab und verschwand in den Flur. Shikamaru ärgerte sich über ihre Äußerung. Wenn er allein zu Besuch gewesen wäre, wäre er ihr hinterher gegangen, hätte sie zur Rede gestellt und mit Freuden einen Streit und wochenlange Funkstille riskiert. Doch er unterdrückte das Bedürfnis, ihr nachzueilen und die Meinung zu sagen. Er drehte sich zu Temari um. Der Rand der Tasse lag noch an ihren Lippen, aber sie tat nicht mehr, als würde sie ihn in kleinen Schlucken trinken. Sie umklammerte den Henkel und ihre Augen starrten geweitet ins Leere. Er legte seine Hand auf ihre, die sie vor sich auf dem Tisch platziert hatte. »Hör nicht auf sie«, flüsterte er ihr in der Hoffnung zu, dass es sie tröstete. »Es geht sie nichts an und solange wir mit der Situation zufrieden sind, ist es okay.« »Sind wir das denn?« Sie blinzelte und stellte die Tasse ab. Ihr Blick blieb jedoch trübselig. »Bist du zufrieden?« »Du bist in letzter Zeit oft unterwegs, das stimmt«, erwiderte Shikamaru, »und ich würde lügen, wenn ich dir sage, dass ich jeden Abend zu Hause eine Party feiere, wenn du nicht da bist …« Er brach ab. »Als ich mich nach unserer Hochzeit für den Job gemeldet habe, dachte ich ›Jetzt noch ein paar Monate reisen, der alten Zeiten wegen‹«, sie lachte tonlos und er spürte, wie ihre Finger unter seinen zu zittern begannen. »Ich wollte einen letzten Hauch unbeschwerter Freiheit genießen, bis sich der erhoffte Ernst des Lebens einstellt, verstehst du?« »Ich weiß.« Er nickte und legte einen Arm um ihre Schulter. »Deshalb ist es in Ordnung für mich, dass du nicht immer hier bist.« Anstatt seine Umarmung zu erwidern, versteifte sie sich unter seiner Geste. »Es geht mir nicht ums Reisen«, gab sie zurück. »Wenn ich zurückblicke, geht es mir schon seit Wochen nicht mehr darum.« Und er verstand. »Wir waren uns doch einig, als wir gesagt haben, dass es nicht schlimm ist, wenn es nicht sofort klappt, oder?« »Das ist richtig«, sagte sie, »aber …« »Dann setz dich bitte nicht unter Druck.« Er strich sanft mit den Fingerkuppen über ihre Knöchel und setzte nach: »Und mit meiner Mutter werde ich über den dämlichen Kommentar, den sie abgeben hat, reden.« Temari schüttelte den Kopf. »Sie hat doch Recht!« Sie schnappte nach Luft, als wäre sie knapp dem Ertrinken entronnen. »Wir versuchen es seit fast einem Jahr!« »Ernsthaft seit sieben Monaten«, verbesserte er sie, da er nicht wollte, dass sie in ihrem Kummer vom falschen Zeitraum ausging, »und in denen warst du mehrmals –« »Nein«, fuhr sie ihm ins Wort, »ich war nur einmal nicht hier, als …« Ihre Stimme versagte und sie biss sich auf die Unterlippe. »Bei einem der sechs Male hätte es klappen müssen, oder?« Mit glasigen Augen schaute sie ihn an. Shikamaru erwiderte verständnisvoll ihren Blick, doch die richtigen Worte wollten ihm nicht einfallen. Er konnte sie nur fester an sich ziehen und hoffen, dass es sie tröstete. Sie widerstand ihm kurz, dann gab sie nach und ihre Wange sank an seine Schulter. »Warum bin ich noch nicht schwanger?«, fragte sie leise. Sie weinte nicht, als sie es aussprach, aber die Verzweiflung ihrer Worte blieb ihm lange in Erinnerung. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)