Harry Potter und die Gestohlene Zeit von abgemeldet ================================================================================ Kapitel 7: Versprochen ist versprochen -------------------------------------- "Harry, bist du da drin?" Keine Antwort. "Harry, ist alles okay mit dir?" Für einen Moment überlegte er, ob sie wieder gehen würde, wenn er sie einfach ignorierte. Leider bewies er sich damit nur ein weiteres Mal, wie schlecht er doch Hermione Granger kannte, denn nachdem er auch auf wiederholtes Klopfen und Rufen nicht reagierte, kam sie schlicht und ergreifend ins Zimmer und setzte sich zu ihm auf den Bettrand. Obwohl er wusste, dass er sich in seinem Weltschmerz benahm wie ein trotziges Kleinkind, tat er weiterhin so, als sei sie nicht da und blieb regungslos auf dem Bauch liegen, das Gesicht zwischen den Armen vergraben. "Remus hat uns erzählt, was passiert ist", sagte Hermione ruhig. Als er immer noch nicht reagierte, fügte sie hinzu: "Es tut uns allen wirklich leid. Das mit deiner Tante, meine ich. Und das mit deinem Vater." Harry hätte sie am liebsten angeschrieen, sie solle aufhören und ihn endlich in Ruhe lassen, doch die Genugtuung, sie merken zu lassen, dass er ihr überhaupt zuhörte, wollt er ihr auch nicht gönnen und so schwieg er einfach weiter. "Harry, Ron und ich wissen, dass wir dir in dieser Sache nicht weiterhelfen können. Damit musst du alleine fertig werden. Falls du jedoch die Wahrheit herausfinden willst... falls du wissen willst, wie die Dinge damals wirklich lagen, dann kannst du darauf zählen, dass wir dich unterstützen werden, so gut wir können... Tja, mehr wollte ich eigentlich gar nicht sagen. Ich lasse dich dann besser wieder alleine. Wir sind unten in der Küche - falls du uns suchen solltest." Damit stand sie auf und schickte sich an, das Zimmer zu verlassen. "Hermione, bitte warte!" Es hatte ihn einige Überwindung gekostet, doch nach allem, was sie gesagt hatte, konnte er sie nicht einfach wieder gehen lassen. Mühsam setzte er sich auf und rieb sich die noch immer verklebten Augen. Er war sich völlig im Klaren darüber, dass er furchtbar aussehen musste, mit seinem vom Weinen verquollenen Gesicht und den noch wirrer als sonst vom Kopf abstehenden Haaren, doch es war ihm egal - wenigstens sagte er sich, dass es das sein sollte. Doch warum dachte er dann überhaupt erst darüber nach? "Was ist?" "Danke." "Wofür?" "Dass du raufgekommen bist... und gesagt hast, dass ihr mich unterstützen würdet, wenn... falls ich..." Er konnte nur schwer in Worte fassen, was ihm Hermiones Versprechen, ihm zu helfen bedeutete. Sie, die doch immer die Vernünftigste von ihnen gewesen war, hatte ihm versprochen dabei zu helfen, Nachforschungen über Florence Potter anzustellen, auch wenn ihr Remus mit ziemlicher Sicherheit von seinen Befürchtungen erzählt hatte, dass jemand, insbesondere Harry, die Geschichte noch einmal aufrollen könnte. "Schon in Ordnung... das würde doch jeder tun... für seine Freunde..." Zu Harrys Erstaunen wurde sie rot wie eine reife Tomate. Hatte er vor nun mehr zwei Jahren beim Ball anlässlich des Trimagischen Turniers festgestellt, dass sie sich über die Jahre zu einer, wenn schon nicht besonders hübschen, dann doch recht ansehnlichen jungen Frau entwickelt hatte, so entdeckte er jetzt, dass sie geradezu unglaublich interessant aussah, wenn sie einmal ihre sonst so unerschütterliche Selbstsicherheit verlor. Die folgenden Tage verliefen recht ereignislos, wenn man einmal von der Standpauke absah, die Madam Pomfrey Harry ob seines Besuches in Snapes Krankenzimmer hielt. Es dauerte eine ganze Weile, sie davon zu überzeugen, dass sein Verhalten ganz sicher keine Absicht und er lediglich auf der Suche nach dem Büro gewesen war, allerdings zeigte sich die resolute, jedoch ansonsten sehr gutherzige Krankenschwester versöhnlich und nahm Harrys Entschuldigung mit einem Lächeln an. Von der Vision des toten Mädchens hatte er noch immer niemandem erzählt, nicht einmal Ron und Hermione, mit denen zusammen er einen Großteil seiner Zeit verbrachte und welchen er sich so nah fühlte, wie schon lange nicht mehr. Wenn sie nicht gerade dabei waren, irgendwelche Arbeiten für den Orden zu verrichten, saßen sie meistens im Zimmer der Jungen und diskutierten wieder und wieder über all die Ungereimtheiten, was Florence Potters mysteriöses Verschwinden und die Beziehung zu ihrer Familie betraf. Dabei kamen sie aber genau wie Harry zuvor zu dem Schluss, dass entweder Petunias Geschichte zumindest teilweise falsch war, oder dass es Dinge gab, von denen sie bisher noch nichts wussten und die letztendlich den Schlüssel zum Geschehen darstellten. Da ein weiteres Gespräch mit Remus Lupin ohnehin sinnlos gewesen wäre, beschlossen sie, Rons Eltern bei Gelegenheit einmal nach Florence zu fragen, auch wenn es unwahrscheinlich war, dass sie ihnen wesentlich mehr würden sagen können. Insgesamt stellte es sich als recht schwierig heraus, einen Ansatzpunkt für ihre Spurensuche zu finden, besonders weil sie mit dem, was sie unternahmen nicht allzu viel Aufsehen erregen wollten. In einer kurzen Unterhaltung mit Lupin hatte Harry nämlich, wenn schon nicht versprochen, dann doch zumindest durchscheinen lassen, dass Florence Schicksal ihn nicht besonders interessierte und er sich lieber auf das nächste Schuljahr vorbereiten würde, als sich weiterhin mit einer Sache zu befassen, an der er ohnehin nichts mehr ändern konnte. Natürlich hatte er nicht wirklich vor, den Rest der Ferien mit Lernen zu verbringen, allerdings verschenkte er mehr als einen Gedanken an die Ergebnisse seiner O.W.L. - Prüfungen. Mehrmals hatte er versucht, das Gespräch auf dieses Thema zu lenken, jedoch ohne erkennbaren Erfolg. Weder Ron noch Hermione schienen den ebenso begehrten wie gefürchteten Umschlag mit den erreichten Noten bereits erhalten zu haben, seltsamerweise kümmerten sie sich aber auch nicht sonderlich darum. Nicht einmal Hermione, die gewöhnlich unter Strom stand, wenn es um schulische Belange ging, machte diese für Hogwarts ungewöhnliche Verzögerung unruhig, ganz abgesehen von Ron, der geradezu überglücklich zu sein schien, nicht mit den unerfreulichen Aspekten seiner Schulzeit in Hogwarts belastet zu werden. Zwar träumte auch er, ebenso wie Harry, von einer Karriere als Auror, im Gegensatz zu diesem sah er die Sache jedoch um einiges gelassener. Seit Neuestem erwog er außerdem, sehr zum Missfallen seiner Mutter ins Scherzartikelgeschäft seiner beiden Brüder, den Zwillingen Fred und George einzusteigen, die zur Verwirklichung ihres Traumes im letzten Jahr die Schule geschmissen hatten. Harry schätzte sich alles in allem nicht einmal schlecht ein, die nötigen Ergebnisse in Verwandlung und in Verteidigung gegen die Dunklen Künste würde er auf jeden Fall erreichen, lediglich Zaubertränke bereitete ihm einige Sorgen. Zwar war die Prüfung nicht wirklich schiefgelaufen, allerdings hatte er von McGonagall erfahren, dass Snape nur Schüler mit einem "O" weiter unterrichtete, ein "E" also schon das Ende seines Berufswunsches bedeutet hätte - ein N.E.W.T. in Zaubertränke war für eine Ausbildung als Auror nahezu unerlässlich. Natürlich hatte sich die Sachlage etwas geändert, da Snape, die Quelle allen Übels, noch immer schwerverletzt im Koma lag, doch selbst wenn er im neuen Schuljahr nicht als Lehrer nach Hogwarts zurückkehrte bestand noch immer die Möglichkeit, dass sein Nachfolger die Vorgaben übernahm und sich damit nichts an Harrys Situation änderte. Mit diesen düsteren Zukunftsaussichten im Hinterkopf war er für jedes auch noch so kleine bisschen Ablenkung dankbar, selbst wenn es sich um die undankbare Aufgabe handelte, Mrs. Weasley beim Herstellen größerer Mengen eines Trankes zu helfen, der im Winter gegen das Hinterlassen von Fußspuren im Schnee helfen sollte. Er war gerade dabei, eine höchst übelriechende Brennnesselart in kleine Stücke zu hacken, als Ron in die Küche gestürmt kam. "Mum, Harry! Professor Dumbledore und Professor McGonagall sind hier!" "Danke für die Ankündigung, Mr. Weasley, aber ich denke, der Direktor und ich können uns ganz gut von selbst bemerkbar machen." Obwohl die Worte keinesfalls scharf ausgesprochen wurden und ganz sicher als Scherz gemeint waren, sah Harry seinen besten Freund erröten, als Minerva McGonagall, dicht gefolgt von Albus Dumbledore die Küche betrat. Beide trugen schwere, weite Reiseumhänge und sahen ausgesprochen müde aus. "Guten Abend, Molly, schön dich zu sehen, Harry!" Harrys Herz setzte für einen Sprung aus. Er hatte dem Schulleiter nicht mehr persönlich gegenübergestanden , seit er nach Sirius Tod mit gemischten Gefühlen sein Büro verlassen hatte und obwohl er vieles, was er damals gesagt hatte, noch immer als gut und richtig erachtete, so bereute er doch zutiefst, dass er Dumbledore angeschrieen und nicht das geringste bisschen Verständnis für seine Situation gezeigt hatte. Nie hatte der Direktor so alt und traurig ausgesehen, wie in dem Moment, als er Harry gestanden hatte, dass er ihn nur aus Sorge und Zuneigung nicht zum Vertrauensschüler ernannt hatte. Nun, als er dem Zauberer, dem er so viel verdankte wie kaum einem anderen, erneut gegenüberstand, wusste er weder, was er sagen, noch wie er reagieren sollte. "Guten Abend, Professor Dumbledore, guten Abend, Professor McGonagall." Mehr brachte er nicht heraus, doch glücklicherweise schien man auch nicht mehr von ihm zu erwarten, denn Molly Weasley hatte sich inzwischen ihre verklebten Hände gewaschen und streckte sie nun ihren beiden Gästen zur Begrüßung hin. Harry konnte sehen, wie der Direktor ihm noch einmal hinter seinen halbmondförmigen Brillengläsern zuzwinkerte, bevor er sich Mrs. Weasley zuwandte. "Wie geht es ihm?" Seine Stimme klang unzweifelhaft besorgt. "Unverändert - bis auf das Fieber, das letzte Nacht dazugekommen ist. Aber Madam Pomfrey wird Ihnen da sicher mehr sagen können. Ich nehme doch an, dass Sie..." "Ich werde gleich raufgehen und mit ihr reden." "Ich komme nach, Albus. Nachdem ich eine kleine Unterhaltung mit Mr. Potter hier hatte." "Ach ja, natürlich." Ein Lächeln huschte über das von Sorgen verschleierte Gesicht Dumbledores und Harry fragte sich unwillkürlich, was ihm seine Hauslehrerin zu sagen haben könnte, das seine der Situation unangemessene Heiterkeit rechtfertigte. Es sollte nicht lange dauern, bis er die Antwort auf diese Frage erfuhr, denn genau wie vorher Remus Lupin bat ihn Professor McGonagall ins Büro, um eine "wichtige Angelegenheit" mit ihm zu besprechen. Auf dem Weg dorthin begegneten sie erneut dem Schulleiter, diesmal in Begleitung Poppy Pomfreys, die ihn anscheinend aus Snapes Zimmer heraus auf den Gang komplimentiert hatte, um ihn mit einem resignierten Schulterzucken den Stand der Dinge beizubringen. Harry schnappte einige Satzfetzen auf, die sinngemäß besagten, dass die Wunden entweder aufgrund eines Fluches oder aber des schlechten Allgemeinzustandes des Patienten gar nicht oder nur sehr langsam heilten, dann wurde er von seiner Lehrerin sanft, aber bestimmt in Richtung Büro weitergeschoben. Erst jetzt fiel ihm auf, dass sie den Stock, auf den sie sich nach ihrem Aufenthalt in St. Mungo's hatte stützen müssen, nicht mehr zu brauchen schien. "Ich nehme an", begann sie schließlich, als beide Platz genommen hatten, "dass Sie sich bereits gefragt haben, wo Ihre Prüfungsergebnisse abgeblieben sind." "Nun ja, da Ron und Hermione auch noch keine..." " Ich bin Mr. Weasley und Miss Granger zu großem Dank verpflichtet. Zunächst einmal dafür, dass sie geschwiegen haben." Harry fühlte Enttäuschung in sich aufsteigen. Sie hatten ihn also wieder getäuscht und angelogen - wie im Jahr zuvor. "Und dann natürlich dafür, dass sie geradezu darauf bestanden haben, ihre eigenen Ergebnisse nicht vor den Ihren zu erhalten." McGonagall lächelte, als habe sie seine Gedanken genau erraten und Harry konnte gar nicht anders, als ihr Lächeln zu erwidern. Seine Freunde hatten über einen ganzen Monat unseligen Wartens auf sich genommen, nur um ihn nicht hintergehen und enttäuschen zu müssen. "Ja, Mr. Potter, Sie können sich wirklich glücklich schätzen, solche Freunde zu haben. Wie Sie sich sicher denken können, lagen uns die Prüfungsergebnisse, wie immer, bereits im Juli vor und wurden auch direkt an die Schüler weitergesandt. Bei Ihnen allerdings gab es da ein kleines Problem - nun, Mr. Potter, werden Sie doch nicht gleich so bleich! Ihre Leistungen waren zwar in vieler Hinsicht noch verbesserungswürdig, als besonders schlecht würde ich sie jedoch nicht bezeichnen. In Bezug auf Ihren im letzten Jahr mir gegenüber geäußerten Berufswunsch zumindest müssen Sie sich in keinem Fach Sorgen machen - bis auf eine Ausnahme." "Zaubertränke", murmelte Harry zerknirscht. "Richtig. Obwohl Sie sich, wie ich sicher weiß, sehr angestrengt haben, reichte Ihre Leistung über ein "E" leider nicht heraus. Wir alle kennen..." Sie zögerte für eine Sekunde, bevor sie weitersprach, " Professor Snapes Gewohnheiten, was seine weiterführenden Klassen betrifft. Trotzdem wollte ich nichts unversucht lassen, um ihn umzustimmen, denn wie Sie sich vielleicht erinnern können, habe ich Ihnen einmal versprochen, alles in meiner Macht stehende zu tun, um Ihnen die Aurorenausbildung zu ermöglichen. Harry stutzte. So sehr ihn die Worte seiner Hauslehrerin damals in Umbridges Gegenwart auch ermutigt hatten, er hatte niemals anzunehmen gewagt, dass es ihr damit tatsächlich Ernst gewesen war. Auf einmal fühlte er das starke Bedürfnis, ihr zu danken, doch als er den Mund öffnete, hob Professor McGonagall die Hand und gebot ihm zu schweigen. "So arrangierte ich also mehrere Treffen mit Sev... äh... Professor Snape, die jedoch allesamt ohne Ergebnis blieben. Leider muss ich Ihnen gestehen, dass wir zuletzt im Streit auseinander gingen." Ein Schatten huschte über ihr Gesicht. "Ich war bereits gewillt, Sie mit der Enttäuschung zu konfrontieren und Ihnen die Ergebnisse ohne die Zusicherung zu senden, dass Sie Ihre Ausbildung im Fach Zaubertränke trotzdem fortsetzen dürfen, als sich dieser überaus tragische Zwischenfall ereignete, dessen Ergebnis Sie im Nebenzimmer sehen können." Mit einiger Verwunderung bemerkte Harry, dass sie mit den Tränen zu kämpfen schien. Er selbst hatte immer angenommen , dass sich die Rivalität zwischen Gryffindor und Slytherin auf die Hauslehrer übertragen ließ, allerdings musste er zugeben , dass es sich bei Snape und McGonagall um zwei erwachsene Menschen handelte, die, wenn schon kein kollegiales, dann doch zumindest ein auf gegenseitigem Respekt beruhendes Arbeitsverhältnis verband. "So wartete ich also trotz allem noch ab, bis ein Nachfolger für Professor Snape gefunden war... denn wie Sie ja unschwer einsehen werden, wird er wohl nicht in der Lage sein, im nächsten Jahr zu unterrichten. Wie, nun ja, sagen wir meistens, bewies Professor Dumbledore auch in diesem Fall eine ausgesprochen glückliche Hand bei der Auswahl einer Lehrkraft. Professor Nefertari, die Sie zukünftig in Zaubertränke unterrichten wird ist eine, wie ich selbst die Gelegenheit hatte mich zu überzeugen, äußerst fähige Frau auf ihrem Gebiet und wir wurden uns schnell einig, was die Aufnahmebedingungen für Sechstklässler angeht. So darf ich Ihnen trotz der traurigen Umstände gratulieren, Mr. Potter. Insgesamt eine recht zufriedenstellende Leistung." Damit reichte sie Harry einen versiegelten Umschlag und wartete mit auf dem Tisch gefalteten Händen, bis er ihn geöffnet und seine Ergebnisse eingehend betrachtet hatte. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)