Zuckersüße Küsse von May_Be ================================================================================ Kapitel 14: Zuckersüße Küsse ---------------------------- Die letzten Tage hatte Minako es erfolgreich geschafft, Yoshiro aus dem Weg zu gehen. Er hatte versucht, sie die ganze Zeit per Email zu erreichen, hatte sie sogar angerufen und in der Schule passte er sie immer ab, doch Minako wich jedem seiner Versuche aus. Auch Hina ging sie aus dem Weg, schon allein deswegen, weil diese ihr so merkwürdige Blicke zuwarf. Minako würde es gerne interessieren, was ihr Problem war. Jetzt, wo Minako nicht mehr ihre Konkurrentin war, hatte Hina doch freie Bahn. Der Gedanke daran, dass Yoshiro mit einem anderen Mädchen zusammen war, schnürte ihr immer noch die Kehle zu. Sie würde sich damit wohl nie abfinden können. Das Klingeln, das das Ende des Unterrichts ankündigte, ließ sie unwillkürlich zusammenzucken. Heute war Freitag und freitags hatten sie immer gleichzeitig Schluss. Yoshiro würde sie sich wieder abpassen wollen, also ließ sich Minako extra viel Zeit beim Packen ihrer Schultasche. Vielleicht würde er denken, sie wäre schon gegangen und würde somit nicht auf sie warten. Als sie beinahe als letzte die Klasse verließ, warf sie noch einen Blick zu Hina, die wegen des Klassendienstes länger bleiben musste. Ihr Blick versprühte Blitze, doch sie ließ sich nicht unterkriegen. Sie lächelte ihrer Klassenkameradin fröhlich entgegen und verließ das Klassenzimmer. Immer schön gute Miene zum bösen Spiel machen! Minako ging durch den Flur und steuerte direkt den Ausgang an. Sie sah sich stets nach Yoshiro-kun um. Nicht dass er hinter der nächsten Ecke auf sie lauerte. Die frischen Luft strömte ihr entgegen, als Minako nach draußen trat. Jetzt ab nach Hause, dachte sie noch schnell bei sich, bevor sie dann doch innehalten musste. Yoshiro unterhielt sich mit seinen Freunden am Schultor. Verdammt. Wie sollte sie bloß unbemerkt an ihnen vorbei schlüpfen? Bevor Minako sich einen Plan überlegen konnte, hatte Arata sie bereits entdeckt. Er winkte ihr lächelnd zu, sodass nun auch Yoshiro seinen Blick auf sie richtete. Minako spürte, wie ihr auf einmal heiß und kalt zugleich wurde. Ihr Herzschlag beschleunigte sich. Der Augenblick, in dem sie sich ansahen, schien eine Ewigkeit zu dauern. Die letzten Tage ohne ihn waren wie eine Qual. Sie hatten noch nie über längere Zeit nichts miteinander zu tun gehabt und es grenzte an ein Wunder, dass sie es tatsächlich überlebt hatte. Aber sie vermisste ihn schrecklich. Und jetzt wo sie ihn sah, wurde dieses Gefühl noch schlimmer. Minako machte einen Schritt nach vorn in seine Richtung. Sie wollte diesen Schmerz nicht mehr, sie wollte nicht mehr ohne ihn sein, auch wenn es bedeutete, dass sie seine Beziehung mit Hina akzeptieren musste. Doch bevor sie ihn erreichen konnte, wich er ihrem Blick aus, verabschiedete sich von seinen Freunden und ging einfach davon. Am Abend lag Minako auf ihrem Bett und starrte die kahle Decke an. Ihre Augen taten weh vom stundenlangen Heulen. Als Yoshiro sie heute Nachmittag ignoriert hatte, fühlte es sich so an, als würde man ihr das Herz raus reißen. Doch sie konnte ihm sein Verhalten nicht verübeln, da sie ihm selbst die letzten Tage aus dem Weg gegangen ist. Und trotzdem... es tat ungeheuer weh. Sie hätte von Anfang an ehrlich zu ihm sein sollen, sie hätte ihm sagen sollen, was sie für ihn empfand. Dann würde sie jetzt nicht in dieser misslichen Lage stecken. Doch sie hatte Angst gehabt, dadurch ihre Freundschaft zu gefährden. Und nun war genau das eingetreten, was sie die ganze Zeit befürchtet hatte. Irgendwann im Laufe des Abends hörte Minako ein dumpfes Klopf an ihrer Tür und setzte sich auf. „Herein“, krächzte sie. Blöde Stimme. Mit der Person, die ihr Zimmer betrat, hatte sie gar nicht gerechnet. „Yoshiro“, murmelte sie überrascht und wenigstens jetzt klang ihre Stimme nicht mehr gebrochen. Ihr Freund schloss die Tür hinter sich, blieb aber unschlüssig mitten im Raum stehen. In den Händen hielt er eine Dose. Es war die dunkelblaue Dose, die sie ihm letzten Freitag mit den Nusshörnchen gegeben hatte. „Ich wollte dir deine Dose zurückbringen“, sagte er und trat näher. Minako spürte, wie die Aufregung in ihr stieg. „Das wäre nicht nötig“, meinte sie geknickt, weil das anscheinend der einzige Grund war, warum er hier war. Sie nahm die Dose, die sich irgendwie schwerer anfühlte als sonst, und sah fragend zu Yoshiro auf, der direkt vor ihr stand und mit einem undefinierbaren Ausdruck in den Augen auf sie hinab blickte. Minako öffnete die Dose und der Geruch nach Zimt strömte ihr in die Nase. „Was ist das?“, fragte sie überrascht, als sie gebackene Kügelchen erblickte. „Das ist mein Friedensangebot“, meinte Yoshiro und fuhr sich durchs Haar. Das tat er immer, wenn er verlegen oder unsicher war. „Ich hab sie nach der Schule gemacht. War gar nicht so einfach. Ich wusste gar nicht, dass Backen so ein großer Aufwand ist.“ Er lächelte dabei, als er es sagte. Doch als sie weinte, schwand sein Lächeln ein wenig. „Das... ist echt lieb...“, murmelte sie leise und fuhr sich über die Augen. Yoshiro setzte sich zu ihr und strich ihr die Tränen von den Wangen. „Warum weinst du? Du hast sie doch noch gar nicht probiert“, meinte Yoshiro liebevoll und nahm sich eine Zimtkugel. „Mund auf“, befahl er und wartete, bis sie seinem sanften Befehl nach ging. Minako zögerte kurz, doch tat dann wie ihr geheißen. Die Kügelchen schmeckten süß und würzig nach Zimt und waren weich auf der Zunge. Die Leckerei löste Glücksgefühle in ihr aus und zauberte ihr ein zufriedenes Lächeln auf die Lippen. Yoshiro sah sie die ganze Zeit erwartungsvoll an. „Schmeckt wunderbar“, lobte Minako. Ihr bester Freund hatte sich solche Mühe gegeben. Nur für sie. Dabei wusste sie, dass er er noch nie gebacken hatte. „Genau so wie du“, hörte sie ihn sagen, doch bevor die Bedeutung der Worte zu ihr durchdringen konnte, hatte er seine Lippen bereits auf ihre gelegt. Wieder breitete sich das wohlige Gefühl in ihrer Magengegend aus und für einen kurzen Augenblick vergaß Minako all ihre Zweifel. „Wir sollten nicht...“, murmelte sie zwischen zwei Küssen, während Yoshiro die Dose aus ihren Händen nahm und sie zur Seite stellte, um Minako sogleich zurück aufs Bett zu drücken. „Doch, wir sollten“, erwiderte er, ohne von ihr zu lassen. Er lag über ihr und streichelte über ihre Seite, als seine Lippen über ihren Hals wanderten. Minako würde gerne alles, was zwischen ihnen vorgefallen war, überspielen, aber sie empfand zu viel für ihn, um locker mit der Situation umzugehen. Sie konnte nicht so tun, als wären sie nur Freunde, die bisschen rumknutschten. So legte sie ihre Hände auf seine Schultern und drückte ihn leicht von sich. „Du bist mit Hina zusammen...“ „Nein“, unterbrach er sie sogleich und sah sie ernst an. „Nein, wir sind nicht mehr zusammen. Am Dienstag habe ich mit ihr Schluss gemacht. Ich konnte nur an dich denken.“ Yoshiros Worte ließen sie hoffnungsvoll nach Luft schnappen. „Ich habe deine Liebe nicht sofort erkannt, Minako, und es tut mir wirklich leid, dass es so lange gedauert hat, bis ich es endlich begriffen habe.“ Yoshiro legte sich zu ihr und zog sie fest an sich. „Ich hoffe nur, dass sich deine Gefühle für mich noch nicht geändert haben“, murmelte er leise an ihrem Ohr. Sofort durchzog sie eine prickelnde Gänsehaut. Konnte das alles möglich sein? Hegte Yoshiro doch dieselbe Gefühle für sie? Minakos Herz tanzte im Einklang mit dem seinem. Sie schmiegte sich an seinen warmen Körper und hob dann ihren Blick, um ihn direkt anzusehen. „Es hat sich nichts geändert“, antwortete sie und strich ihm sanft über die Wange. „Ich liebe dich.“ Yoshiro schenkte ihr ein glückliches Lächeln und hauchte zarte Küsse auf ihr Gesicht. „Und ich dich erst!“ Minako musste lachen, weil seine Küsse kitzelten. „Ich möchte noch mal von den Zimtkügelchen naschen“, meinte Minako und griff nach der Dose. Sie setzte sich im Schneidersitz hin und steckte sich eine Kugel in den Mund. Die nächste reichte sie ihm. „Danke“, sagte er und zog sie wieder zu sich, um sie zu küssen. Die Küsse schmeckten zuckersüß nach Zimt und Zucker. Und Minako konnte nicht genug davon bekommen. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)