Der Aufstieg des Uroko Jo von TigerNagato ================================================================================ Kapitel 4: ----------- Es dauerte 10 Minuten bis Raion am Fluss anhielt und Rin den immer noch bewusstlosen Sesshomaru auf den Boden zog. In der Nähe stand ein einzelner Baum, der mit seiner großen Krone den Blick auf alles darunter verdeckte. Raion, der ihrem Blick gefolgt war, verstand und zog ihr dahin. Während Rin ein Stück Stoff von ihrem rosafarbenen Kimono, den sie nur trug, weil sie in der Stadt weniger auffallen wollte, schnitt, drifteten ihre Gedanken weit weg. Sie hatte schon einmal seine Verletzungen behandelt. Damals waren sie schlimmer gewesen, stellte sie beinahe erleichtert fest. Hastig tauchte sie den Stoff ins kühle Wasser und zog Sesshomarus Kleidung ein wenig bei Seite. Sie musste die Wunde reinigen und verbinden, bevor der Geruch des Blutes seinen Aufenthaltsort verriet. Außerdem war es nicht gut, wenn er zu viel Blut verlor. Schnell färbte sich der feine Stoff des Kimonos rot und Rin schnitt ein weiteres Stück Stoff ab. Raion hatte es sich ein wenig abseits am Flussufer gemütlich gemacht. Auch wenn sein Kopf auf seinen Tatzen ruhte, waren seine Ohren aufgestellt und er lauschte nach möglichen Gefahren in der Nacht. Unruhig suchte Rin in ihren Sachen nach der Kräutermischung, die ihr Kaede gegeben hatte. Damals als klar war, dass Rin als Wache für das Dorf in Frage kam, hatte die alte ihr gezeigt, wie man Heilkräuter zu Salben verarbeite. Die getrocknete Kräutermischung die Rin jetzt suchte half bei starken Blutungen. Sie selbst hatte immer einen kleinen Tiegel als Salbe bei sich, damit hatte sie den Schnitt an ihrem Arm behandelt. Als Reserve hatte sie die Kräuter immer bei sich, mit etwas Wasser war die Salbe fertig. Endlich fand sie das zugeschnürte Säckchen und Rin streute eine Handvoll der Kräuter auf einen Felsen. Vorsichtig goss sie das Wasser hinzu, nicht zu viel, immerhin wollte sie keine Suppe kochen. Da die Wunde zu groß war, um sie Salbe direkt darauf zu verteilen, schnitt sie ein drittes Stück Stoff aus ihrem Kimono, dieses mal nicht unten vom Saum, sondern vom Ärmel und verteilte die Kräutersalbe darauf. So würde sie Salbe besser auf der Wunde haften. Vorsichtig positionierte Rin den Stofffetzen und drückte ihn leicht an. Gerade wollte sie sich abwenden, als Sesshomaru nach ihrem Arm griff und die Augen öffnete. Zum ersten Mal, seit Rin denken könnte lag nichts Spöttisches in seinem Blick. Er schaute sie einfach nur an und Rin musste den Impuls unterdrücken ihn zu fragen, wie es ihm ging. Aber dennoch wollte sie etwas sagen, damit er sie losließ oder nicht mehr ansah. „Du hast eine Menge Blut verloren, aber spätestens Morgen Abend sollte alles wieder in Ordnung sein. Als ich dich das erste Mal verarzten musste, sahst du schlimmer aus“, erklärte Rin unbeholfen. „Das Biest hat meine Schwerter“, murmelte Sesshomaru und schloss träge die Augen. „Jaken weiß bescheid“, murmelte Rin, dankbar dass er sie nicht mehr ansah. Es schien ihm wirklich nicht besonders gut zu gehen, wenn er seine Maske aus Arroganz und Macht so offensichtlich fallen ließ. „Das ist gut, Jaken ist verlässlich“, murmelte Sesshomaru schläfrig. Sein Stolz bedeutete ihm eine Menge und gerade das schien er zu vergessen, vielleicht ging es ihm schlechter als Rin annahm. Mit einem mulmigen Gefühl wusch Rin sich die Spuren seines Blutes von den Händen und ließ sich ungelenk neben dem mittlerweile wieder schlafenden Sesshomaru fallen. Nachdenklich betrachtete sie seine ebenmäßigen Gesichtszüge und fragte sich, ob es wohl sehr war. Immerhin hatte Sesshomaru einen Ruf, der ihm weit vorauseilte. Er war einer der mächtigsten Dämonen, die es gab und Rin begann sich zu fragen, wie sehr es ihn belastete. Im Laufe seines Lebens hatte er eine Maske erschaffen, eine Maske die er zum Überleben brauchte. In der Welt der Dämonen zählte nur Macht und jede preisgegeben Schwäche wurde gnadenlos gegen einen verwendet. Als Rin Sesshomaru damals verletzt im Wald gefunden hatte, war ihr gar nicht klar gewesen, wie gefährlich die Situation war. Er war verletzlich und bei seinem Ruf gab es viele Dämonen, die diese Tatsache mit vergnügen gegen ihn nutzen würden. Wie lange Rin dort gesessen und über den schlafenden Dämon neben ihr nachgedacht hatte, wusste sie nicht, aber sie musste eingeschlafen sein. Denn als sie jetzt blinzelnd die Augen öffnete, stand die Sonne tief und Sesshomaru lag nicht mehr unter dem Baum. Gehetzt schaute sich Rin um, aber Raion schien nicht besorgt und döste mit offenen Augen in der Sonne. Mit schmerzenden Gelenken stand die junge Frau auf und ging zum Wasser. Dort stand er, bis zur Hüfte im spiegelglatten Wasser und sah ihr direkt in die Augen. Wie erstarrt, stand sie im Schatten des Baumes und konnte sich nicht rühren. Die stelle auf seiner Brust, wo in den Morgenstunden noch eine klaffende Wunde war, war zu einer wesentlich kleineren verschorften Wunde geworden. „Du hast mich erschreckt“, murmelte Rin, als sie ihre Sprache wiedergefunden hatte. „Ich wollte dich nicht wecken, wir werden wohl die Nacht über reisen. Ich will die verlorene Zeit aufholen. Wenn wir eines nicht können, dann ist es trödeln“, meinte Sesshomaru ernst. Irgendwie schaffte es Rin zu nicken. Träge sickerte die Erinnerung von letzter Nacht zu ihr durch, diese komischen Kreaturen hatten sie aufgespürt. Ob durch Zufall oder aus Absicht, war Rin egal. Sie hatten Sesshomaru verletzt. Unweigerlich glitt ihr Blick wieder zu seiner entblößten Brust und der Wunde auf ihr. „Rin!“, holte Sesshomarus scharfe Stimme aus ihren Gedanken und die angesprochene hob ihren Blick. Sie sollte aufhören zu träumen. „Entschuldigung“, murmelte die junge Frau und schaffte es sich umzudrehen. Wofür sie sich genau entschuldigt hatte, wusste sie nicht. Vielleicht dafür dass sie unaufmerksam war oder dass sie ihn so unverhohlen angestarrt hatte. Schlagartig wurde Rin bewusst, dass er im Wasser stand und das höchst wahrscheinlich unbekleidet. Mit einem Mal war es völlig egal, wie mächtig Sesshomaru als Dämon war. Er war ein Mann, noch dazu ein gutaussehender. Sie waren allein und er trug gerade keine Kleidung. Die Erkenntnis ließ Rins Puls in die Höhe schnellen und ihr war bewusst, dass er die Änderung hören musste. Mit eiligen Schritten flüchtete sie hinter den Baum und presste eine Hand auf ihr Herz, in der Hoffnung das verräterische kleine Ding zum schweigen zu bringen. Nachdenklich schaute Sesshomaru dem Mädchen hinterher und fragte sich welche Erkenntnis den dieses Mal ihren Herzschlag beschleunigte. Irgendetwas brachte die Menschen doch immer aus der Fassung. Ein alberner Gedanke, der nicht zur Situation passte oder ein missverstandener Satz. Irgendetwas war immer und das störte ihn. Die Sonne hing tief, als Sesshomaru zu Rin trat. Noch immer stand die junge Frau an den Baum gelehnt eine Hand fest auf die Brust gepresst. Ihre Atmung war wieder ruhiger und auch wenn ihre Augen geschlossen waren, wusste er, dass sie nicht schlief. „Wir brechen auf!“, bestimmte er dunkel und registrierte wie ihr Atmen schneller ging. Dennoch nickte das Mädchen und leistete seiner Aufforderung stumm Folge. Er flog selbst und Rin traute sich nicht, ihm zu sagen, dass sie es für keine gute Idee hielt. Immerhin war er noch verletzt, aber dennoch wusste sie, dass sie die Nähe zu ihm nicht ertragen hätte. Wie hatte sie nur so blind sein können. Sicher sie war ein Kind gewesen, aber trotzdem hätte sie sich der Tatsache, dass sie es nun nicht mehr war, schneller bewusst werden müssen. Sich selbst ermahnend konzentrierte sich Rin auf den Weg, den sie zurücklegten. Es war dunkel und der Mond, sowie die Sterne waren mit Wolken verhangen, dennoch schien Sesshomaru genau zu wissen, wo er hin wollte. Es dauerte ein paar Stunden, bis ihr einfiel, dass Jaken sie sicher am Fluss suchen würde. „Was ist eigentlich mit Jaken?“, durchbrach Rin die Stille der Nacht. „Der ist schon vorgegangen“, erklärte Sesshomaru nur knapp. Verwundert blickte die junge Frau zu ihm herüber. „Wenn das so ist, warum hat er nicht deine Rüstung oder die Schwerter dagelassen?“, murmelte das Mädchen perplex. „Ich brauche kein Schwert um zu töten oder eine Rüstung um mich zu schützen“, hisste der Dämon und Rin wusste, dass sie seinen Stolz verletzt hätte. „Das weiß ich doch und ich habe auch nichts anderes behaupten wollen. Aber gerade Bakusaiga ist ein Teil von dir und Tōkijin eine deiner größten Errungenschaften. Dieses Schwert hat eine mächtige Aura und du hast diese einfach gebändigt. Es sind Symbole der Macht und ich finde es nur befremdlich, dass du sie nicht bei dir trägst“, erklärte Rin schnell. „Genau deshalb hat sie Jaken mitgenommen. Es soll verdeutlichen, dass ich nach Hause komme“, grollte Sesshomaru dunkel. „Nach Hause?“, wisperte Rin leise und wusste nicht, ob sie von der Idee begeistert sein sollte. Sesshomaru hatte nie davon gesprochen ein Anwesen, etwas anderen könnte sich Rin nicht vorstellen, zu besitzen. Sicher hätte sie nie geglaubt, dass Sesshomaru wie ein Nomade lebte, aber oft war er bestimmt nicht `zu Hause´. „Ja und wenn wir dort sind, wirst du dich an Regeln halten“, bestimmte er und sah sie an. Seine goldenen Augen leuchteten geradezu in der Dunkelheit und ließen sie erschaudern. „Wieso?“, fragte sie heiser. „Ich umgebe mich nicht mit Menschen, von daher ist es sicherer, wenn du gewisse Dinge beachtest“, erklärte er kühl. Träge schluckte die junge Frau, so etwas in der Art hatte sie befürchtet. „Was sind das für Dinge?“ Das Zittern in ihrer Stimme war nicht zu überhören und sie verfluchte sich dafür. Warum konnte sie nicht einfach wütend sein und ihn trotzig herausfordern. Das war besser als sich ängstlich und ausgeliefert zu fühlen. Das eisige Lächeln, welches sich auf Sesshomarus Lippen legte, machte die Lage nicht angenehmer. „Ersten, wirst du mir dort niemals wiedersprechen, mir in Wort fallen oder allgemein unaufgefordert sprechen. Du wirst mir nicht von der Seite weichen, hast du mich verstanden Rin?“, erklärte Sesshomaru eisern. Die junge Frau wollte gerade etwas erwidern, als er den Blick abwendete und fortfuhr. „Ich tue das um dich zu schützen. Dort werden viele Dämonen sein, die dich ohne zu zögern töten würden. Also tu dir selbst einen Gefallen und sei ein braves Mädchen“, presste er hervor. Nachdenklich richtete Rin ihren Blick in den Himmel. Zwischen den dunklen dicken Wolken waren vereinzelt leuchtende Sterne zu sehen. Offenbar schien er sich Sorgen um sie zu machen. Ein Lächeln schlich sich auf Rins Gesicht, sie war ihm irgendwie wichtig. „In Ordnung, aber stell dich darauf ein, dass ich dich anschreien werde, sobald ich wieder darf“, erklärte Rin ernst. Sie zweifelte nicht daran, dass es mehr als eine Situation geben würde, die ihr nicht gefallen würde. „Gut, ich fürchte nämlich, wir werden dort zwei oder drei Tage bleiben müssen. Jedes mal wenn ich nach Hause komme, werde ich belagert und soll alle Möglichen Entscheidungen treffen“, murrte der Yokai. „Dann solltest du einfach öfter nach Hause gehen, wenn du mehr Zeit da verbringen würdest, würde sich die Arbeit nicht so stapeln“, kicherte Rin amüsiert und erntete ein dunkles Grollen als Antwort. Den Rest des Weges bleib es stumm und Rin sah es als gute Übung an. Wenn es dort wirklich so gefährlich war, dann sollte sie alles tun, um so wenig wie möglich aufzufallen. Sesshomarus Haus war riesig. Das Anwesen bestand aus mehreren Häusern, die sich schon von weitem zu sehen waren. Obwohl sie etwas derart prunkvolles erwartete hatte, war sie beeindruckt. Die Mauern der Hauser waren nicht aus Holz, sondern aus Stein und wurden offensichtlich gebaut um den Zeichen der Zeit für hunderte von Jahren zu trotzen. Entgegen ihrer Befürchtung, war das Anwesen nicht leer, sondern von Dämonen übersäht. Nicht einen Menschen konnte sie sehen und dennoch herrschte ein geschäftiges Treiben. Nach ihrer Ankunft wurde Sesshomaru überschwänglich von allen begrüßt und auch wenn niemand das Wort an Rin richtete, spürte sie die abschätzigen Blicke auf sich ruhen. Stumm folgte sie Sesshomaru, der sie zwar ignorierte, aber immer darauf achtete, dass sie einen Raum immer vor ihm betrat. Außerdem fiel der jungen Frau auf, dass er stets einen Arm um sie legte, wenn er stehen blieb um sich die Sorgen eines ihr fremden Dämons anzuhören. Das kam in der Regel alle fünf Meter vor, dass ein Dämon vor ihnen Auftauchte und sich darüber beschwerte, dass jemand seine Ländereien oder was auch immer gestohlen hätte. Einer der Dämonen hatte sich sogar darüber beschwert, dass der Dämon neben ihm, seine Ernte gestohlen habe, aber nicht seine Ehefrau. Sesshomarus Antworten waren rau, kurz angebunden und wurden mit jedem weiteren Problem, das eigentlich kein wirkliches Problem war, ungehaltener. Von daher viel es Rin leicht zu schweigen, so konnte sie zumindest sicher gehen, dass sich seine Laune nicht noch verschlechterte. Nach zwei ganzen Stunden hatte Sesshomaru es geschafft den Weg vom Eingang bis hin zu seinen Privaträumen zurückzulegen. Ohne Störungen hätte er keine drei Minuten gebraucht, wenn er langsam gegangen wäre. Auch wenn es ihn nicht überraschte Jaken in seinen Privaträumen anzutreffen war er alles andere als Begeistertet. Der Kappa war der einzige, den er hier überhaupt duldete, aber seine Laune war eh schon miserabel. „Fass dich kurz“, knurrte Sesshomaru und schon Rin weiter durch den Raum. „Ich habe die Anfragen sortiert und so gelegt, dass die wichtigsten Termine in zwei Tagen geregelt werden. Am besten erkläre ich die Details nach dem Essen“, fasst Jaken zusammen und zog sich anschließend zurück. „Jaken“, hielt Sesshomaru den Kappa noch zurück. „Wie wahrscheinlich ist es, das ich nicht im großen Saal essen muss?“, fragte Sesshomaru gestresst. „Ich werde es veranlassen, aber um das Abendessen werdet ihr nicht herumkommen, Meister“, erklärte Jaken fest und ging. Verwundert blickte Rin dem kleinen Grünen Dämon nach, sonst wirkte er immer so unsicher, aber hier schien es als wäre er wie ausgewechselt. Offenbar nahm er, wenn er anwesend war die Rolle des Verwalters ein und Rin war beeindruckt, von der Souveränität, die er gezeigt hatte. „Das ist ein Grund, warum ich Jaken nicht umbringe, ohne ihn hätte ich doppelt so viel Arbeit“, murrte Sesshomaru, als hätte er ihre Gedanken gelesen und ließ sich auf die Kissen an der Wand sinken. „Er wirkt so bestimmend“, stellte Rin unnötigerweise fest. „Er ist hier sehr viel öfter als ich und da er mich in allem Vertreten muss, braucht er das passende Auftreten. Ganz zu schweigen davon, dass er eine ganze Armee angeführt hatte, als ich ihn traf“, erklärte Sesshomaru matt. Verwundert drehte sich Rin zu ihm. So mitteilsam war er selten und wenn sie ihn genauer betrachte, wirkte er müde und erschöpft. „Verstehe“, flüsterte sie und begann sich verwundert umzusehen. Die Ereignisse im Anwesen waren so verwirrend gewesen, dass sie Raion fast vergessen hatte. Ihre Sachen standen dort in einer Ecke, aber vom Katzendämon fehlte jede Spur. „Wo ist er?“, murmelte Rin perplex. „Bei Jaken und ich hoffe sehr für ihn, dass er ihn nicht frisst“, knurrte Sesshomaru, klang aber nicht sonderlich bedrohlich dabei. „Wenn ihm ein Stück fehlen sollte, weist du ja wer es war“, kicherte Rin und wartete fast auf die strenge Ermahnung, doch er schwieg. Unsicher blickte sie zu ihm auf. Sein Blick ruhte auf ihr und es wirkte beinahe so als würde er lächeln. Er musste wirklich erschöpft sein. „Setzt dich, oder willst du den ganzen Tag da herumstehen?“. Kopfschütteln kam sie seiner Aufforderung nach. Allerdings achtete sie darauf nicht zu nah neben ihm zu sitzen, immerhin war ihr bewusst, dass sie mit ihm allein war und zumindest ihr Verstand spielte ihr schon wieder Streiche. Irgendwie hatte Rin es geschafft einzuschlafen, denn sie erwachte erst wieder als Jaken das Mittagessen in den Raum trug. Er lief geschlagene viermal und Sesshomaru hatte stumm ihren Arm festgehalten, als sie ihm helfen wollte. Das Essen verlief nicht wie sonst schweigend, sondern glich einem Bericht, den Jaken zwischen den Bissen herunterleierte. Er nuschelte nicht einmal beim sprechen. Sesshomarus Anmerkungen waren kurz und nur sporadisch und als Rin glaubte, dass Jaken fertig war begann der Kappa schwer zu seufzen. „Außerdem reden die Leute. Es war zu erwarten, dass es Gerüchte gäbe, wenn Ihr einen Menschen mit hierherbringt, aber dieses Ausmaß hätte ich nicht erwartet. Ilva und seine Schwester erscheinen heute Abend“, endete Jaken finster und auch Sesshomarus Gesichtsausdruck wurde eine spur ernster. Rin wagte es dank der eisigen Stimmung nicht nachzufragen, wer dieser Ilva war, aber anhand der Reaktionen schien er wichtig zu sein. Nach einer Ewigkeit schlich sich ein Lächeln auf Sesshomarus Lippen, das ihn nur noch bedrohlicher aussehen ließ. „Vielleicht ist es ganz passend. Besorg Rin doch etwas Hübsches zum Anziehen für heute Abend. Wir wollen sie doch richtig präsentieren“, seine Stimme war so eisig wie sein Lächeln und Rin lief ein kalter Schauer über den Rücken. Offenbar musste sie erschrocken ausgesehen haben, denn Jaken tätschelte ihr das Knie, hoffend das es sie beruhigte. „Keine Sorge, du musst nur hübsch aussehen und schweigen. Wenn du magst, könntest du helfen und Meister Sesshomaru etwas anhimmeln“, erklärte Jaken leise. „Was?“, quiekte das Mädchen und schlug sich entsetzt die Hand vor den Mund. Sie wusste gar nicht, dass ihre Stimme so hoch sein konnte. „Es ist das einfachste, wenn die Leute glauben, … na ja… wie sage ich das am besten….“, murmelte Jaken verlegen und Rin begann zu verstehen. Zischend sog sie die Luft ein, dass konnte unmöglich ihr Ernst sein. Wenn Sesshomaru glaubte, das sie bei so einer erniedrigenden Lüge ruhig neben ihm sitzen würde, war er verrückt. Andererseits hatte er sie gewarnt, dass die Dämonen hier, sie ohne zu zögern umbringen würden. Aber er hatte es von Anfang an so geplant, immerhin erklärte das dem Arm auf ihrer Schulter, wenn er mit anderen redete. Wütend funkelte sie Sesshomaru an, der ihren Blick gleichgültig erwiderte. Eines wusste sie jetzt schon, wenn das hier vorbei war, würde sie mehr als nur schreien. „Ich nehme einmal an, dass mein Standpunkt hier nicht zählt“, zischte Rin leise und erhob sich, um sich neben ihre Habseligkeiten zu setzen. „Dann wäre das ja geklärt“, bemerkte Sesshomaru selbstgefällig. Nicht das er Zweifel an ihrer Kooperationsbereitschaft hatte, aber er wusste, warum er es nicht früher erwähnt hatte. Blieb nur zu hoffen, dass sie heute Abend überzeugender war. Wenn Ilva oder seine Schwester auch nur den leisesten Verdacht einer Lüge hatten, würden sie Rin töten. Den Nachmittag verbrachte Rin schmollend in ihrer Ecke und Sesshomaru nahm es mit grimmiger Ignoranz zur Kenntnis. Erst als Jaken wieder in Raum trat, regte sich Rin erneut. Pikiert starrte sie auf die Rote Seide, die Jaken ihr hinhielt und betrachtete den teuren Stoff genauer. Es war ein roter Seidenkimono, der mit goldenen Blumen bestickt war und ein schwarzer, ebenfalls mit Gold verzierter Obi. Noch nie hatte Rin derart wertvolle Kleidung in den Händen gehalten und wenn sie nicht so sauer wegen dieser Maskerade wäre, würde sie sich freuen den Stoff zu tragen. Geschäftig stellte Jaken eine Trennwand auf, hinter der sie sich ankleiden konnte. Anschließend holte er eine junge Dämonen herein und wies sie harsch an, Rin beim anlegen des Kimonos zu helfen. Das junge Mädchen war eine Kitsune und zitterte fürchterlich, als sie Sesshomaru sah. Das änderte sich auch nicht, als sie Rin half den teuren Kimono anzulegen und so dauerte es eine gefühlte Ewigkeit, bis das junge Mädchen nach einer tiefen Verbeugung eilig den Raum verließ. Noch bevor Rin hinter der Trennwand hervortreten konnte, hielt Jaken ihr ein Schmuckkästchen unter die Nase und schob sie vor einen Spiegel. Seufzend steckte sich Rin die Haare nach oben und platzierte die mit Perlen und Gold verzierte Glasblume in ihrem Haar. Sogar Puder, Liedschatten und einen roten Lippenbalsam hatte Jaken aufgetragen. Als Rin endlich hinter der Trennwand hervortrat, kam sah sie ihn ihren Augen wunderschön, aber nicht mehr wie sie selbst aus. Zum krönenden Abschluss drückte ihr Jaken Raion in die Hand, der eine große rote Schleife aus Seide um den Hals trug. Verwundert schaute sie zwischen Jaken und Sesshomaru hin und her. Raion mochte keine Halsbänder, aber er schien die Schleife zu erdulden. „Es hat Stunden gedauert ihm das zu erklären, aber er wird ein braves unschuldiges Kätzchen sein.“, versicherte Jaken und eilte aus dem Raum. „Komm“, forderte Sesshomaru, der noch nicht einen Blick auf Rin geworfen hatte. Seufzend trat die junge Frau vor ihm aus dem Zimmer, bestimmt würde es ein anstrengender Abend werden. Ilva und seine Schwester waren furchterregende Dämonen, wie Rin feststellte. Man sagte Sesshomaru nach, er sei grausam, aber die beiden ließen ihn wie einen Engel erscheinen. Wahrscheinlich hätten die beiden auch Naraku harmlos erscheinen lassen, aber genau konnte es Rin nicht beurteilen. Immerhin kannte sie Naraku nur aus Geschichten. Aber seit die beiden Dämonen das Anwesen betreten hatte, führen sie sich auf, als gehöre es ihnen. Ilvas Schwester hieß Leiko und auch wenn sie eine atemberaubende Schönheit war, so war sie in Rins Augen nur eine verwöhnte, machthungrige, arrogante Ziege. Der Abend war angespannt. Eine reine Demonstration von Macht und Rin war froh, dass alle Anwesenden sie ignorierten. „Nun, mein Herz, den neues Spielzeug ist ja wirklich allerliebst und recht hübsch, für einen Menschen“, säuselte Leiko und schenke Rin ein verschlagenes uns falsches Lächeln, welches sie tapfer erwiderte. Ihr Essen hatte sie kaum angerührt, allein der Anblick Ilvas und seiner Schwester ließ ihren Magen schwer werden. „Sie ist kein Spielzeug“, entgegnete Sesshomaru kalt und Leikos Lächeln wurde noch ein wenig verlogener. „So… nun Kleines du bist so still, kannst du nicht reden?“, hauchte Leiko und strich sich großmütig durch die Haare. Zum ersten Mal an diesem Abend wanderten Sesshomarus Augen kurz zu Rin, auch wenn sein Gesicht keinerlei Regung zeigte. Rin würde noch ein wenig übler, aber sie behielt ihr Lächeln standhaft bei. „Nun, wenn ich ehrlich sein darf, ich weiß nicht was ich sagen könnte. Ich habe Angst etwas falsch zu machen“, flüsterte Rin leise und senkte scheu den Blick. Es war die Wahrheit, aber der Ton gefiel ihr nicht. „Entzückend“, lachte Ilva trocken und beugte sie zu Rin herüber. „Nun, wie ist es seine Nächte mit einem der mächtigsten Kreaturen zu verbringen?“, fügte er boshaft und kalt hinzu. Es war offensichtlich, dass er die junge Frau bloßstellen wollte, aber darauf würde sie sich nicht einlassen. „Ich bin sicher das gewisse Dinge besser hinter verschlossenen Türen bleiben, aber Sesshomaru ist bestimmt gerne bereit Ihnen alles zu sagen, was sie wissen müssen“, lächelte Rin so kindlich und unschuldig, wie sie konnte und lehnte sich haltsuchend an Sesshomaru. Dieser schob einen Arm vor das Mädchen und es war Rin egal, ob er es tat um sie zu schützen oder ihr den Mund zu verbieten. Für den Moment, war sie nur dankbar. „Was findest du nur an dem dummen Ding?“, fuhr Leiko Sesshomaru erbost an. Zum ersten Mal an diesem Abend lächelte sie nicht und das ließ sie weniger falsch wirken. Ihre Augen blitzen gefährlich und eines wusste Rin. Sollte sie dieser Dämonin jemals außerhalb dieser Mauern und ohne Sesshomaru begegnen, war sie tot. „Aber das ist typisch, dein Vater hatte schon so verachtungswürdige Neigungen, man nehme nur seinen Bastard.“ „Das reicht“, donnerte Sesshomaru mir einer Autorität in der Stimme, die Rin zusammenzucken ließ. Unweigerlich schlang sie ihre Arme um Raion, den sie seit einer Ewigkeit umklammert hielt. Aber Rin war der wütende Blick aufgefallen, den der Katzendämon ihren Gästen zugeworfen hatte. „Ihr seit in meinem Haus und ich verlange Respekt. Ilva es wäre besser wenn du und deine Schwester jetzt geht, bevor ich mich vergesse“, fuhr Sesshomaru bedrohlich knurrend fort. „Selbstredend. Es war wie immer ein Vergnügen, Schwester“, lächelte Ilva und erhob sich. Widerstrebend folgte Leiko ihrem Bruder und Jaken beeilte sich, die hohen Herrschaften hinaus zu belgeiten. „Meister Sesshomaru, haltet ihr es für Klug die gnädige Frau so zu beleidigen?“, fragte ein anderer Gast und verneigte sich tief. Allein ein Blick reichte aus, um den Dämon und alle anderen Gäste aus dem Zimmer flüchten zu lassen. Erst als Jaken den Saal betrat erhob sich Sesshomaru. Wortlos übergab Rin Raion an Jaken und beeilte sich Sesshomaru durch die Gänge zu folgen. Er war immer noch wütend am liebsten wäre Rin ihm aus dem Weg gegangen. Selbst in seinem Zimmer wanderte Sesshomaru noch aufgebracht hin und her. Selten hatte sie ihn so nach Fassung ringen sehen und deshalb beschloss Rin, dass sie besser still blieb. Nach einer gefühlten Ewigkeit richteten sich seine goldenen Augen auf die junge Frau. In ihnen tobte ein Sturm, den Rin noch nie zuvor gesehen hatte. „Du hast dich gut geschlagen“, bemerkte Sesshomaru sachlich. „Ich hätte gerne noch so viel mehr gesagt“, gab Rin kleinlaut zu. „Ich auch“, bestätigte Sesshomaru kühl. „Warum hast du es nicht?“, fragte sie leise und begann vorsichtig ihr Haar zu lösen. Vielleicht würde er sich beruhigen, wenn sie ihn dazu brachte zu reden. „Politik“, erwiderte er nur knapp. Das Augenrollen konnte sich Rin nicht verkneifen, er sollte reden nicht schweigend vor sich hin grollen. Langsam schritt sie auf ihn zu und schlang ihre Arme um ihn. „Es ist in Ordnung. Ich verstehe, dass du in deiner Position nicht die Blöße geben kannst, aber auch du hast ein Recht darauf einmal nicht perfekt und überfordert zu sein. Niemand kann es dir zum Vorwurf machen und ich verspreche dir, was immer du mir in diesem Zimmer oder sonst irgendwann anvertraust, wird unter uns bleiben. Wenn nötig nehme ich deine Geheimnisse mit ins Grab“, flüsterte Rin. Es war ihr egal, dass sie gerade zu viel preisgab. Es war wahr und er musste es wissen. Sesshomaru schwieg eine Ewigkeit, ließ Rins jedoch gewähren. Sie hatte Recht, das musste er sich selbst eingestehen und es gefiel ihm nicht. Dieses Mädchen durfte ihn nicht derart durchschauen. Genau aus diesem Grund, sollte er fortschieben. Dennoch war er außerstande sich zu bewegen. Mehr als gewillt diese Schwäche zuzulassen. Nur diesen einen Moment. Denn obwohl Rin ein Mensch war, glaubte er ihr. Sie hatte ihn noch nie belogen. Nicht damals, als sie noch das hilflose kleine Mädchen war und auch nicht jetzt, wo sie ihm offen entgegen trat. „Es ist spät. Morgen wird ein anstrengender Tag“, stellte Sesshomaru nach einer Ewigkeit fest. Lächelnd nickte sie. Er hatte sie nicht wegzustoßen und auch wenn er nicht geredet hatte, so war er doch schon merklich ruhiger. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)