Ich lasse dich darum flehen! von Traumfaengero_- ================================================================================ Kapitel 6: Lass dich nicht bloßstellen! --------------------------------------- 6. Kapitel Lass dich nicht bloßstellen! Der nächste Morgen war hart, zumindest für Ron. Sein bester Freund war schon wach, auch wenn Harry heute nicht trainierte. Sein Körper ließ ihn die wenigen Stunden Schlaf spüren, sein Geist hingegen sprühte vor Lebensfreue und Euphorie. „Oh Merlin, was ist denn in der letzten Nacht passiert?“ Fragte Neville, der sich aus dem Bett kämpfte. Er wirkte erschöpft und seine schwarzen Haare standen wild zur rechten Seite ab. Müde griff er mit der linken Hand nach seiner rechten Schulter und massierte diese. Er hatte den Angriff der Schlange überlebt und die Wunden waren soweit verheilt, doch seinen rechter Arm würde in seiner Bewegung wahrscheinlich immer eingeschränkt bleiben. Er konnte ihn nur noch bis knapp unter die Schulter heben. Morgens schmerzte diese oft, wenn er in der Nacht zu lange auf der rechten Seite gelegen hatte. Auch seine Lunge hatte es erwischt und bei zu großer Anstrengung spürte er, wie ihm regelrecht die Luft ausging. Hässliche Narben zierten nun seine Brust und erinnerten ihn jeden Tag wieder an das Geschehene. Er musterte Harry, der sie alle geweckt hatte und sah dann zu Dean, der ebenso verwundert dreinblickte. „Keine Ahnung, ich hätte auch noch länger schlafen können.“ Kommentierte er die Situation, vermutlich erinnerte er sich nicht einmal daran, dass er selbst in der Nacht geweckt worden war. „Ich hab gute Laune. Ist das schlimm?“ Fragte Harry grinsend und Ron schlug die Decke zurück. „Ja, wenn ich darüber nachdenke, dass ich noch eine halbe Stunde hätte schlafen können.“ Knurrte der Rotschopf nun und rieb sich fahrig über die Augen. Er musste ausgiebig gähnen und dann schüttelte er den Kopf. Konnte er vielleicht noch einmal einschlafen? „Denk einfach an das wirklich leckere Essen, das unten auf dich wartet und eine positiv erstaunte Hermine, wenn du so früh wach bist!“ Schlug Harry seinem Freund vor und Neville lachte. Auch er hatte Hunger und so ließ er die Beine aus dem Bett baumeln. Harrys Idee gefiel ihm und doch wollte er Ron ein wenig helfen, denn auch er hätte problemlos etwas länger schlafen können. „Dann denkst du auch an die ersten beiden Stunden heute Morgen? Zaubertränke mit den Slytherins bei Professor Snape?“ Nun stöhnte Seamus laut auf und schlug dann gereizt seine Bettdecke zurück, um schwunghaft aufzustehen. „Jetzt ist mein Morgen verdorben, danke dir, Neville!“ Beschwerte er sich und stand ein wenig steif auf. Müde streckte sich der Ire und fuhr sich dann über die kurzen Stoppelhaare. Mit einem leicht provozierenden Blick sah er zu dem Schwarzhaarigen und meinte direkt. „Na, Angst vor der Abschlussprüfung bei Snape? Immerhin ist das dein mit Abstand schlechtestes Fach!“ Die grünen Augen verengten sich und Harry zog gerade seinen wollenden Pullover zu Recht, als er Seamus stichelnde Worte hörte. Anscheinend war eine gewisse Rivalität seit einigen Monaten zwischen den beiden Gryffindors ausgebrochen. „Nein, Angst habe ich ganz sicher nicht. Du etwa?“ Der irische Schüler verschränkte die Arme vor der Brust und grinste frech. „Wieso sollte ich, immerhin bin ich besser im Brauen von Zaubertränken als du.“ Der schwarzhaarige Draufgänger wollte gerade zu einer Antwort ansetzten, als er einem Kissen ausweichen musste. Ron ging ihr Hahnenkampf anscheinend ganz gewaltig auf die Nerven, dazu war er bei weitem noch nicht wach genug. Dean sah das genauso. Sein Kissen hatte das Ziel allerdings nicht verfehlt und sein bester Freund Seamus wankte, konnte sich vor dem Fall gerade noch an seinem Bett festhalten. Bevor Harry nun zu seinem provozierenden Grinsen noch einen Kommentar in Richtung des Iren geben konnte, meldete sich Ron wieder zu Wort. „Ok, bleiben wir beim Frühstück! Ich will nichts anderes hören als Geschichten über gebratenen Speck, Rührei, warmes, frisch gebackenes Brot und Gläser voll mit Honig, Marmelade und Sirup…“ Rief der Rotschopf laut und ließ sich eher aus dem Bett fallen, als ordentlich aufzustehen. Zuerst begann Neville zu lachen, dann stimmten auch die anderen drei ein. Ron war der letzte, der ihnen ein breites, sehr breites Grinsen schenkte. „Ihr könnt natürlich auch vom Mittagessen sprechen. Aber wehe jemand lässt sich über Gemüse aus!“ Drohend erhob der Rothaarige den Zeigefinger, die linke Hand hatte er in die Hüfte gestemmt und funkelte sie alle nacheinander an. Da die roten, nicht mehr so langen Haare in alle Himmelsrichtungen abstanden, wurde das Gelächter nur noch größer. „Dann bin ich für Marmeladen. Erdbeermarmelade, Kirschmarmelade, Heidelbeermarmelade.“ Schlug Harry vor und Neville unterstützte ihn. „Brombeermarmelade. Pfirsichmarmelade.“ Ihr Lachen drang bis in den Gemeinschaftraum vor und erstaunt wartete Hermine unten auf sie. Ihre Schultasche stand schon fertig gepackt auf dem Sofa neben ihr und sie hatte die wilden Locken zu einem einfachen Zopf zusammen genommen. Alle fünf jungen Männer kamen zusammen aus dem Schlafsaal und Dean schüttelte den Kopf. „Nein, aus Pilzen kannst du Soßen machen, du kannst sie in Suppen oder zum Würzen verwenden, ja, sie fallen sogar in die Böse G-Kategorie, aber doch keine Marmelade!“ Meinte er bestimmt und Neville grinste breit, während er nach dem Treppengeländer griff. „Ja, aber du kannst sie mit Trüffeln zu leckerem Brot verarbeiten.“ Meinte er überzeugt und Ron schlug ihm auf die linke Schulter. „Brot ist keine Marmelade!“ Gab er klar an und Seamus seufzte. „Ich denke nicht, dass wir noch irgendeine Beere finden, die man zu Marmelade verarbeiten kann. Wir haben jetzt sicher über 20 Sorten zusammen gefunden, selbst Stachelbeerenmarmelade haben wir schon aufgezählt!“ Parvati strich ihren geflochtenen, schwarzen Zopf über die Schulter und blickte verwundert zu Hermine. Ihr schwarzer Umhang war offen und so konnte man Parvatis farbenkräftige Kleidung darunter bewundern. Die indisch stämmige Hexe trat neben die ebenso irritierte Hermine und fragte direkt. „Sollen wir uns mehr Sorgen darüber machen, dass sie alle so früh wach sind, dass sie alle gemeinsam herunter kommen oder darüber, dass sie Pilze zu Marmelade verarbeiten wollen?“ Die braunen Augen sahen zu ihrer dunkelhäutigen Mitschülerin und Hermine zuckte mit den Schultern. „Die gesamte Kombination lässt mich erschaudern!“ Gab sie offen zu und blickte dann zu ihrem Freund, der anscheinend ausschlaggebend für diese Diskussion war. „Sanddorn, Physalis oder Gojibeeren!“ Meinte Parvati unerwartet und provozierend, während sie die Arme vor der Brust verschränkte. Die fünf jungen Männer blieben stehen und sahen sie alle erstaunt an. Kurz hielten sie inne und dann fragten sie wie aus einem Mund. „Was sind Gojibeeren?“ Es war ein seltsamer Anblick, als die bunt gemischte Gruppe die große Halle betrat. Hermine hatte mit einem Zauber eine Liste angefertigt auf der alle bisherigen Marmeladensorten, keine Kombinationen, aufgeführt waren. Auf dem Weg zum Frühstück hatte sich Padma zu ihrer Zwillingsschwester gesellt und die Almabeere vorgeschlagen, die in den trockenen Regionen Indiens wuchs. Sie wurde von ihrer Freundin Mandy Brocklehurst begleitet, die ebenso aus dem Hause Ravenclaw stammte. Grinsend erklärte die junge Frau, dass ihre Mutter gerne aus Ingwer Marmelade machte und Lisa Turpin meinte, dass es auch Menschen gab, die aus Kastanien Marmelade machten. Allerdings hatte sie nicht probiert, ob das auch essbar war. Auch aus dem Hause Hufflepuff hatten sich drei jüngere Schüler angeschlossen. Einer von ihnen war Bill, der von seiner 5 Jahre älteren Schwester begleitet wurde. Sie war eine dunkelblonde, schlanke17 Jährigen, die von ihrem Rezept mit Honig und Roter Beete vorschwärmte. „Wie sieht es mit Quitten aus? Eine Mischung aus Birne und Apfel, hattet ihr die schon?“ Fragte Thomas, der zweite der drei jungen Hufflepuff Schüler, und ein freudiger Ausruf ging durch die Gruppe. „Klar, wie konnten wir Quitten vergessen? Meine Großmutter jammert ihrem verlorenen Quittenbaum seit Jahren hinterher.“ Lachte Neville und Hermine nahm auch diese mit auf. „Solange ihr keine Tollkirschenmarmelade kochen wollt.“ Kam plötzlich von jemandem, der aus Richtung der Kerker auf den großen Saal zusteuerte. „Nein, Zabini, es werden nur ernsthafte Vorschläge akzeptiert.“ Stieß Seamus hervor und dann kam die Antwort unerwartet. „Hagebuttenmarmelade!“ Meinte der dunkelhäutige Slytherin gelassen. Ron verengte die Augen, er wusste ja nun, wie dieser Kerl zu seinem besten Freund stand. Etwas in ihm schien zu überlegen, ob er den Kerl gleich anspringen und erwürgen sollte, doch das würde Harry ihm sicher übel nehmen, „Noch weitere Vorschläge?“ Knurrte er so nur misstrauisch und Blaise Blick wanderte kurz zu dem schwarzhaarigen Gryffindor daneben. Schnell verstand er, dass das angekündigte Gespräch gestern wohl auch stattgefunden hatte. Zwar gab sich Harry größte Mühe einen neutralen Gesichtsausdruck zur Schau zu tragen, doch die Anspannung konnte er nicht verbergen. „Papaya. Daraus kann man auch gute Marmelade machen.“ Bot er nun an und versuchte sich an einem unschuldigen Lächeln. Harry hingegen spürte den Schmerz in seiner Brust, so stark schlug sein Herz von jetzt auf gleich. Er musste schlucken und sah zu seinem besten Freund. Innerlich schrie ihn eine Stimme an, dass an jeder seiner Gesten, an dem überlauten Schlucken das Verhältnis zu Zabini für jeden Mitschüler abzulesen war. Krampfhaft verdrängte er diesen Gedanken, es kam jetzt nur auf Ron an. Ihre beste Freundin hatte die Tatsache mit seiner ungewöhnlichen Neigung immerhin deutlich besser aufgenommen. Ron wirkte noch immer argwöhnisch und da er dieses seltsame Spiel begonnen hatte, warteten anscheinend alle auf seine Entscheidung. „Auf Papaya wäre ich mein Leben nicht gekommen.“ Meinte Dean nachdenklich brummend und die indischen Zwillingsschwestern kicherten neben ihm. „Schmeckt aber wirklich gut.“ Bestätigte Padma lächelnd und jemand fragte nach einem Rezept dafür. „Gut, du kannst mitmachen.“ Knurrte Ron noch immer skeptisch und füge noch hinzu. „Aber behalt deine Tollkrischen für dich.“ Für einen Moment wurden seine Knie so weich, dass Harry beinahe gestürzt wäre. Irgendwie hatte er schon damit gerechnet, dass sich sein Freund auf Blaise stürzen würde. Vor Erleichterung und dem Gefühl von einer gewaltigen Last befreit zu sein, begann er leicht zu wanken und die schlanke 17 Jährige Hufflepuff Schülerin hielt ihn fest. „Alles ok bei dir, Harry?“ Fragte sie und ihre blaugrauen Augen leuchteten ihn an. Deutlich spürte er die Wärme ihrer Hände, die selbst durch den Stoff der Robe zu brennen schienen. „Klar, kein Ding, nur etwas Hunger, wir haben zu viel über Marmelade gesprochen.“ Meinte er lächelnd und konnte sich einen Moment nicht von ihrem Blick lösen. Seine Gedanken hielten inne, das Grau überlagerte die weichen, blauen Akzente und für einen Moment waren diese gänzlich verschwunden. Blonde Haare und graue Augen… „Rahbarber.“ Schlug Bill vor und griff nach dem Arm seiner Schwester. „Du machst doch auch aus Rahbarber und Kiwi Marmelade.“ Rief er aufgeregt und eine Diskussion brach aus, ob man auch nur Rahbarbermarmelade kochen konnte, denn Kombinationen sollten ja ausgelassen werden. Irgendwie schafften es diese gewaltige Gruppe einen großen Teil des Gryffindortisches einzunehmen. Bis auf das Haus Slytherin verteilten sich die Schüler nach dem großen Kampf auf die unterschiedlichen Tische und mischten sich, wie es ihnen gerade gefiel. Dieses irrwitzige Spiel schien aus einem nicht verständlichen Grund unglaublich Spaß zu bereiten und während sich alle einen Platz suchten, wurde weiter diskutiert. Dass nun auch Blaise aufgeregt war, sein Herz bis zum Halse schlug, ließ er sich in keiner Weise anmerken. Natürlich wurde er von den anderen offensichtlich seltsam angesehen, immerhin war er der erste seines Hauses, der nicht bei den Slytherins saß. Doch viel mehr interessierte ihn, wie Hermine und Ron zu seiner Anwesenheit standen, die über sein kleines Geheimnis wahrscheinlich Bescheid wussten. Es war nicht einfach für ihn, denn bisher kannte kaum jemand seine Vorliebe für das gleiche Geschlecht und er wollte sich nicht ausmalen, was bei einem Verrat dieses Geheimnisses geschehen würde. „Melone! Zabini, du hast mich auf eine Idee gebracht. Haben wir schon Melonenmarmelade?“ Rief Mandy, Padmas Freundin aus dem Hause Hufflepuff. Hermine hatte die Feder mit einem Zauber belegt, damit sie nicht alles selbst schreiben musste. „Nein, aber nehmen wir nur Melonen oder zählen wir das nach Sorten auf? Ich habe noch nie Marmelade aus Melonen gegessen.“ Es war eine aberwitzige Situation und Blaise versuchte nur unauffällig zu Harry zu sehen, der sich nun sein Grinsen nicht mehr verkneifen konnte. Ob es nur an dem Spiel lag, welches nicht einmal einen Preis besaß oder ob diese Situation aus dem unglaublich tiefverwurzelten Wunsch der Grenzenlosigkeit zwischen den Häusern entsprang, war unmöglich zu bestimmen. Es war wie ein starkes Gefühl, bei dem es nicht allein um das Erraten von Marmeladensorten ging und sie alle nach und nach ergriff. Jemand rief von weiter fort, ob sie schon Orangen und Clementinen hatten, aus denen man auch gut Marmelade machen konnte. In diesem bunten Treiben vergaß Harry seine Sorgen, seine Ängste und seine Zweifel. Ron hatte gestern eine Frage in ihm aufgeworfen, die er krampfhaft verdrängte. Was empfand er eigentlich für Draco? Das er Angst vor diesem einen Wort hatte, wurde ihm nicht bewusst. Sollte die Antwort „Liebe“ heißen, was musste dann folglich daraus resultieren? Welche Konsequenzen hatte es für ihn? So gab er sich lieber dem Moment hin, frei von den Zwängen jeder Beziehung und der Frage, ob man sich in einer Nacht verlieben konnte. „Was macht ihr denn hier? Und was macht DER hier?“ Fragte Ginny, die sich zwischen Ron und Harry quetschte, um sich zu setzten. Sie hatte ihre roten Haare zu einem lockeren Zopf zusammengebunden und blickte misstrauisch zu dem einzigen Slytherin am Tisch. Der schwarzhaarige junge Mann, seines Zeichens von ihr auserkorene Beute ihrer Begierde, schenkte ihr ein Lächeln und meinte mit einem Achselzucken. „Der da sitzt hier, weil er schon zwei neue Marmeladensorten gefunden hat und wir versuchen alle zusammen zu bekommen, die es auf der Welt gibt.“ Dass aus diesem unbedarften Spiel etwas Neues wurde, hatte keiner erwartet. Es war nicht nur die Frage, wo sie die Liste aufbewahren sollten, die schließlich zu der Idee führte. Sie alle hatten gemütliche Gemeinschaftsräume, in denen sie sich in ihren Häusern entspannend den sorglosen Gesprächen, Spielen und auch dem Lernen hingeben konnten. Doch schon nach kurzer Zeit wurde deutlich, dass die Große Halle diese Anforderungen Hausübergreifend nicht erfüllen konnte. Zum Lernen war sie geeignet, aber um den Abend gemütlich mit Freunden bei einer Diskussion über Quidditch, Zauberschach und die anstehenden UTZ‘ zu verbringen, reichte sie nicht aus. So wurde ein neuer Raum geschaffen, ein Ort, an dem die Freizeit und die Gemeinschaft im Vordergrund stand. Es ging um Gemütlichkeit, um lange Abende und die Möglichkeit, dass ein Miteinander gestärkt wurde. All das hatte niemand vorausgesehen, als Ron an diesem Morgen das Kissen nach seinem besten Freund warf. Sie hatten den großen Raum gemütlich eingerichtet, es gab viele kleine Sitzgruppen, die zu gemütlichen Stunden einluden, einen langen Tisch, an dem gemeinsam gelernt oder gespielt werden konnte. Vor dem Kamin waren etliche Sessel und drei längere Sofas aufgestellt, dass selbst eine größere Gruppe zusammen sitzen konnte. Eine große Tafel hing dort an der Wand, die alle bisherigen Marmeladensorten aufführte und darum herum war alles mit weißen Zettel gepflastert. Irgendwann kam jemand auf die Idee, dass die Rezepte als Beweis fehlen würden und nun wurde der Platz immer knapper. Der Raum besaß auf der einen Seite lange, hohe Fenster die einen Blick hinaus auf den See ermöglichten. Auf den Fensterbänken lagen Kissen und Decken, Pflanzen standen in kleinen Nischen oder hingen in Töpfen von der Decke. Die verbleibenden Wände waren mit den Hausfahnen geschmückt und selbst das Grün der Slytherins war vertreten. Ein kleiner Kern der großen Gruppe war geblieben. Neben Ron, Harry und Hermine kamen von den Gryffindors noch Ginny, Neville und Luna dazu, bei den Hufflepuff schloss sich die dunkelblonde Maria, mit den beiden Zwillingsbrüdern Moor der Gruppe an. Die beiden Schwestern Parvati und Padma ärgerten die zwei mit größter Vorliebe und Lisa Turpin hatte anscheinend ein Auge auf den einzigen Slytherin geworfen, der sich in der Runde befand. Auch Mandy leistete ihnen hin und wieder Gesellschaft und erfreute sie mit kleinen Zaubertricks. Zusammen lernten sie, lachten und manchmal saßen sie abends Stundenlang zusammen und genossen einfach nur die Zeit. Es war für Ron nicht einfach, dass Blaise ein Teil dieser Gruppe wurde und erst nach Wochen konnte er seinen Groll langsam begraben. Er fand es nicht gut, dass sein bester Freund anscheinend noch immer sehr freizügig lebte und so wollte er lieber nicht wissen, ob er mit der blonden Rahbarber-Maria auch etwas angefangen hatte. Die Wochen verstrichen und der Schnee taute. Harry war noch immer nicht bereit sich dieser einen Frage zu stellen, auch wenn er nach und nach wieder gelassener wurde, mehr von den liebenswerten Verhaltensweisen zeigte, die er vor der Eröffnung seines bevorstehenden Todes besaß. Noch immer stand er morgens vor den anderen auf, auch wenn er nun nicht mehr alleine war. Jetzt bestand sein Training zuerst darin, Ron aus dem Bett zu schmeißen und dann machten sie sich gemeinsam auf den Weg. Hermine verstand immer noch nicht, wie ihr Freund das noch vor dem Frühstück schaffte, aber sie bewunderte ihn stolz dafür. Natzürlich verschwiegen die beiden, dass Ron einen kleinen, geheimen Essensvorrat hatte, den er allmorgendlich nutze. Ein ums andere Mal tat der Rotschopf bei ihren morgendlichen Läufen seinen Unmut darüber kund, dass auch drei Mitschülerinnen und ein … und Blaise zu viel „Abwechslung“ wären! Ganz gleich, ob nun alle wussten, dass es nichts Festes war und nur ein Spiel aus leidenschaftlicher Lust. Misstrauisch musterte er dann immer das breite Grinsen seines Freundes, dem es anscheinend mit seinem Arrangement sehr gut ging. Sie hatten nicht wieder über diese eine Nacht gesprochen, nicht noch einmal über Draco und doch bemerkten Hermine und Ron wie Harry jeden Morgen nach dem Essen und vor dem Unterricht den Tagespropheten genau las. Dass er etwas Bestimmte suchte oder besser, dass er froh darüber war, etwas Bestimmtes nicht gefunden zu haben, war offensichtlich für sie. Nachmittags lernten sie, wobei Hermine die langsam wieder auftretende Schludrigkeit ihrer beiden Freunde streng überwachte. Anscheinend war Harrys Vorhaben, „überragend“ und nicht nur „gut“ zu sein, langsam in den Hintergrund getreten und besonders das Fach Zaubertränke schien ihn zu quälen. Dafür zog er sich jeden zweiten oder dritten Abend zurück, ging seinem alten Training nach und stieß dann oft später zu der kleinen Gruppe hinzu, die es sich im großen Gemeinschaftsraum gemütlich gemacht hatte. An diesem Abend war er von einer seltsamen Stimmung ergriffen. Wie eine böse Vorahnung schwang ein Gefühl in seinem Herzen mit, welches ihn schon den ganzen Tag bewegte. Blaise hatte ihm einen Rat gegeben, an den er sich heimlich jeden Morgen klammerte, wenn er die letzte Seite der Zeitung schloss. Wenn Bellatrix Draco wirklich erwischt hatte, dann wüssten sie es alle. Wahrscheinlich würde sie seinen Kopf als Rache vor dem Eingangstor aufspießen. Dennoch… heute Abend konnte ihm dieser Gedanke keine Ruhe schenken. Selbst die Aussage, dass Draco gerissen genug war, um an all diese Informationen zu kommen und er so sicher gut auf sich selbst aufpassen konnte, erschien ihm absurd. Draco… er hatte ihn so lange aus seinen Gedanken verbannen können, nur allmorgendlich hatte er es zu gelassen, aber nun war er da, mit einer gewaltigen Macht. Schuld mischte sich in dieses Gefühl, plötzlich kamen ihm all die intimen Momente wie ein Betrug vor. Wütend straffte er die Schultern und schüttelte den Kopf. Was brachte es ihm schon? Draco war nicht zu finden, er konnte hier nicht weg und außerdem wusste er ja noch nicht einmal, was der blonde Slytherin für ihn empfand… geschweige denn, was er für ihn! Er sollte sich beeilen, er war heute schon spät dran. Die anderen wollten noch einmal einiges für die Abschlussprüfungen durchgehen, die in einer Woche begannen. Noch eine Woche und dann begann die letzte, alles entscheidende Phase ihres Schullebens. Seine schwarzen Haare waren noch feucht vom Duschen und er trug nur ein weißes T-Shirt. Der Sommer war angebrochen und die Temperaturen wurden immer wärmer. Die Sonne erhellte die hohen Türme des Schlosses und würde erst in zwei, drei Stunden untergehen. Erschöpft ließ er die Schultern kreisen, sie schmerzten etwas. Der breite Flur war leer, allerdings konnte er die anderen Schüler schon hören. Je näher die Prüfungen für die UTZ rückten, desto voller wurde der Raum. Beinahe der gesamte 7. Jahrgang hatte sich hier versammelt und auch viele aus dem 6ten, ebenso einige aus dem 5. Schuljahr. Erstaunt blickte er in den großen Raum, dessen viele Sitzgruppen nun alle genutzt wurden. Sein Blick schweifte über die unzähligen Gruppen, die sich immer wieder neu mischen würden. Sie bestanden aus allen Häusern und zum ersten Mal schienen sie sich gegenseitig zu unterstützen. Nachmittags tummelten sich immer häufiger auch Slytherins hier, jedoch nur aus den unteren Klassen. Er hatte Blaise in Verdacht, der wohl immer wieder aufmunternde Worte an die Kleinen richtete, damit sie endlich den ersten Schritt gingen. Seit er nicht mehr verbissen alle Frauen kritisierte und sich herablassend über alles äußerte, hatte man den dunkelhäutigen Schüler für einige seiner Fähigkeiten zu schätzen gelernt. Seine Freunde saßen wie immer hinten in der Ecke, ihr fester Stammplatz. Sie waren in ein Gespräch vertieft, anscheinend konnten sie sich über etwas nicht einigen, Bücher waren überall verteilt, ihre Unterrichtsnotizen waren auch zu erkennen. Anscheinend ging es um ein Problem in Zauberkunst. Er selbst hatte am meisten Sorge vor seiner Prüfung in Zaubertränke, die er für seine angestrebte Ausbildung als Auror brauchte. „Um was geht es?“ Fragte er nach einer Weile, die er neben der Gruppe gestanden hatte und dem Gespräch zu folgen versuchte. Erstaunt blickten sie zu ihm auf und schienen ihn erst jetzt zu bemerken. „N’Abend Harry.“ Kam von den vier Zwillingen wie aus einem Mund und nach einer kurzen Pause brach ein unterdrücktes Lachen aus. „Es geht um einen Verwandlungszauber.“ Begann Hermine nun und erklärte, wo das Problem lag. Müde und irgendwie schwer im Kopf setzte er sich zu ihnen und nickte. Dass er in seinen Notizen nichts finden würde, war ihm gleich klar. Parvati und Padma saßen auf zwei Sesseln dicht nebeneinander, die beiden Brüder hatten es sich auf Kissen davor bequem gemacht. Ron und Hermine teilten sich ein Sofa und Maria saß auf einem Kissen neben dem Sessel, den sich Blaise geangelt hatte. Mandy schien heute nicht in der der Runde zu sein und Ginny hockte auf der Lehne des Sofas, die Füße neben ihrem Bruder auf der Sitzfläche abgestellt. Seine Gedanken flohen wieder zu dem blonden Slytherin, der ihn heute nicht in Ruhe lassen wollte. Rons Frage kehrte zurück in seinen Verstand und leise knirschte er mit den Zähnen. Ja, da waren noch immer so viele Fragen, die er Draco stellen wollte und die Sehnsucht nach dieser Ehrlichkeit begann wieder zaghaft in seinem Herzen zu brennen. Vielleicht bildete er sich ja auch einfach nur etwas ein? Was war denn bitte geschehen, dass er sich immer wieder Gedanken über diese Nacht machte? Vielleicht war es weniger das, was Draco zu ihm gesagt hatte, sondern eher die Art und Weise. Sie hatten sich über Dinge unterhalten, über die Harry bisher mit keinem gesprochen hatte und auch im Nachhinein blieb das Gefühl, dass er ihn hätte alles fragen können. Was war so faszinierend an diesem jungen Mann, dass er ihn nicht aus seinen Gedanken bekam? Was sollte er sagen, wenn er ihn wieder sah? Sollte er ihn fragen, was genau er mit diesen Worten gemeint hatte, was er genau für ihn empfand? ‚Wie lange hast du dir darüber nun schon den Kopf zerbrochen? Immer noch so begriffsstutzig wie früher?‘ Hörte er die weiche, melodische Stimme in seinen Ohren, die dennoch höhnisch klang. Irritiert bemerkte er die Blicke, die nun auf ihn gerichtet waren. Langsam musterte er die einzelnen Gesichter, bis ihm schlagartig klar wurde, dass Hermine von ihm eine Antwort erwartete. „Oh… ähm…“ Begann er und die Hitze schoss ihm in die Wangen. „Ich soll dazu jetzt etwas sagen oder?“ Fragte er nach und versuchte sich an einem Lächeln, welches wahrscheinlich kläglich versagte. Die rothaarige Ginny griff nach dem Kissen neben ihren Füßen, mit einer schnellen Handbewegung riss sie es in die Luft und schlug zu. Sie hatte nicht allzu viel Kraft genutzt und zog die gefederte Waffe über Harrys Hinterkopf. „Ahhh… es tut mir ja leid!“ Rief er und versuchte dem Kissen noch auszuweichen, als er es zu spüren bekam. Schützend hob er die Hände und hielt sie abwehrend vor seinen Hinterkopf, doch ein zweiter Angriff folgte nicht. „Es tut mir ja wirklich leid!“ Rief er und wartete noch einen Moment, bevor er die Hände wieder sinken ließ. „Was hast du angestellt?“ Erklang die ruhige, wenn auch leicht belustigte Stimme von Neville, der nun mit einer freudig lächelnden Luna zu ihnen kam. Sie hatte ihre blonden Haare zu einem Zopf geflochten, der auf der linken Seite über ihre Schulter hing. Sie trug ein kurzes, hellrotes Kleid und eine dunkelgrüne, seidene Strumpfhose. Alles war wie immer mit kleinen Rüschen und Anhängern versehen. „Erst will er wissen, über was wir uns hier unterhalten und während Hermine es ihm erklärt, scheint er mit seinem Kopf irgendwo anders zu sein.“ Meinte Parvati und Maria grinste breit. „Wer weiß, vielleicht stellt er sich ja schon in Gedanken vor, wie er seine Abschlussprüfung als Auror besteht.“ Schlug die Blonde vor und Harry spürte, wie ihm das Blut in die Wangen schoss. Nun rutschte Ginny von ihrem Platz herunter, damit das Paar sich neben Ron und Hermine setzten konnte. Sie machte es sich neben Harry bequem und der Schwarzhaarige ahnte, dass er ihr langsam mal klar machen sollte, dass er ganz offensichtlich nicht so wie sie dachte. Er mochte sie und noch immer war er der Meinung, dass sie langsam immer attraktiver wurde. Allerdings war er froh darüber, dass Ron wegen Blaise die Füße still hielt und wenn er nun etwas mit seiner kleinen Schwester anfing… Obwohl er sich nicht sicher war, wessen Rache er mehr fürchten sollte, die seines besten Freundes oder die Ginnys! All diese Gedanken brachten ihn wieder zu diesem unausweichlichen Punkt, um den sich heute seine ganzen Überlegungen drehten. Er wusste, dass es eine Schwärmerei mit Cho war, vielleicht auch etwas mehr, ein wenig Liebe. Ginny war jemand, denn man lieben musste, wenn man sich auf sie einließ. Aber war er in seinem Leben schon einmal wirklich verliebt gewesen? Wieder bemerkte er, dass die Gespräche weiter gingen und er nichts davon verstanden hatte. Heute wichen seine Gedanken ab, drifteten zu all den Problemen, um die er sich sonst zu drücken versuchte. „Na, etwas müde?“ Fragte Ginny und stieß ihm sanft in die Seite. „Du scheinst heute mit deinen Gedanken wirklich abwesend zu sein.“ Sie hatte sich zu ihm vorgebeugt und er konnte das Leuchten ihrer braunen Augen erkennen. Sie hatte schöne Augen. „Ja, ich weiß auch nicht. Vielleicht bin ich etwas müde. Heute ist nicht so ganz mein Tag, glaube ich. Man, ich kann es noch immer nicht fassen, dass sich Snape dazu bereit erklärt hat, mit uns noch einmal die wichtigsten Zaubertränke zu wiederholen.“ Lenkte er nun vom Thema ab und die Rothaarige nickte grinsend. „Oh ja, ich wüsste immer noch gerne, warum er das macht. Soll wohl das erste Mal vor den Prüfungen sein.“ Antwortete sie ihm und sie schien den Blick noch immer nicht von ihm abwenden zu wollen. Langsam spürte Harry ein Kribbeln im Nacken, es war ihm etwas unangenehm sie so nah bei sich zu haben und doch mochte er diese braunen Augen, dieses breite Lächeln. Sie hatte einen starken Charakter und einen Dickkopf, den sie immer wieder unter Beweis stellte, Eigenschaften, die er bevorzugte. Nachdenklich glitt sein Blick über ihre sommersprossigen Wangen und blieb an ihren sanften Lippen hängen. Er war erledigt! Bei diesem Gedanken zuckte er leicht zusammen und richtete seinen Blick wieder auf die noch immer nicht aufgeschlagenen Bücher vor sich. Ob Ron noch immer nicht begriffen hatte, dass seine Schwester etwas von ihm wollte? Flüchtig sah er zu seinem besten Freund und bekam dafür einen tadelnden, strafenden Blick von Hermine. Ok, sie wusste es! Klar, sie wusste immer alles! Vorsichtig setzte er sich um, wich somit etwas von Ginny fort. Klasse, das war heute wirklich nicht der richtige Abend für… was auch immer das war! Die grünen Augen blinzelten, als er einen kleinen Gegenstand bemerkte, der sich in seinem Sichtfeld bewegte. Es war ein flaches, kantiges Etwas, welches sich durch die Luft bewegte und auf dem etwas geschrieben stand. Noch ein Blinzeln später, denn er konnte nicht glauben, was er da sah, erkannte er die Buchstaben auf dem fliegenden Brief. Da stand Blaise Zabini in einer einfachen, klaren Schrift. „Ähm… was ist das?“ Kam zuerst von ihm und dann wurden auch die anderen darauf aufmerksam. Der sauber gefaltete Briefumschlag schwebte ruhig und zielsicher durch die Luft, bis er bei ihnen angekommen war und direkt vor Blaise verharrte. „Das ist ein schwebender Briefumschlag.“ Meinte Hermine und mit einem Seufzen antwortete ihr der Schwarzhaarige. „Das sehe ich auch. Aber normalerweise fliegen diese Viecher nicht. Also, was ist das?“ Die brünette Hexe setzte sich weiter auf, sah sich im großen Raum um und ließ ihren Blick über die kleinen Sitzgruppen schweifen. Auch am langen Tisch fiel ihr nichts auf und der Eingang schien leer zu sein. „Jemand muss ihn schweben lassen, Harry, natürlich fliegen Briefe nicht von allein. Sonst bräuchten wir ja keine Eulen.“ Gab sie etwas schnippisch von sich, offensichtlich war sie nicht mehr gut auf ihn zu sprechen. „Ich glaube, das ist ein Heuler.“ Meinte Maria plötzlich und Hermine drehte sich wieder zu ihnen um. „Wie kommt ein Heuler hier her?“ Bevor sie eine Antwort erhalten konnte, begann sich der Umschlag wie von Zauberhand zu öffnen und zu wandeln. Zwei dunkle Augen entstanden und ein schmaler, schnittförmiger Mund. Die Stimme, die nun laut durch die große Halle donnerte, gehörte einer ihnen allen gut bekannten Frau. Wie erstarrt saßen sie dort, starrten auf den Brief, der direkt vor Blaise kalkweißem Gesicht schwebte und seine lachende, hämische Borschaft verkündete. Wie immer triefte Pansy Parkinsons Stimme nur so vor boshaftem Spott. „Du bist schlecht geworden, Zabini! Das dich die Freundschaft mit diesen widerwärtigen Gryffindors dumm und blind machen würde, war mir von Anfang an bewusst. Dass du aber auch noch schlampig bist, hätte ich nicht erwartet. So lange hast du dein kleines Geheimnis vor uns verborgen und jetzt verlierst du in unserem Gemeinschaftsraum den Brief von deinem Vater? Aber ich will ja nicht so sein, da du ihn noch nicht gelesen hast, werde ich das für dich tun!“ Ein kurzes Räuspern war zu hören und im gesamten Raum war es totenstill geworden. Alle Blicke hatten sich auf die kleine Gruppe gerichtet. Dass Hermine selbst so schockiert war, bereute sie zu tiefst. Hätte sie früher gehandelt, wäre vielleicht alles anders gekommen, doch dass sich die Slytherins nun gegenseitig fertig machten, hätte sie niemals erwartet. „Blaise! Die Anschuldigungen, die ich gegen dich erhoben habe, sind von derart widerwärtiger Natur, dass ich dein Schweigen nur als Schuldeingeständnis anerkennen kann. Da du weder in den letzten Ferien zu einer Konfrontation bereit warst, noch auf die Briefe meinerseits geantwortet hast, habe ich eine Entscheidung getroffen. Solange du deiner abartigen Neigung weiterhin frönst und der Meinung bist, das Bett mit deinem Geschlecht zu teilen, werde ich dich nicht als meinen Sohn anerkennen. Es ist mir gleich, was…“ Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)