Seelen- Bound von Dolette (gebunden) ================================================================================ Kapitel 3: Schweigend durch die Dunkelheit ------------------------------------------ Die distanzierte Kälte in Melanies letztem Satz, den sie an diesem Abend zu mir gesagt hatte, bevor sie sich endgültig von mir abwandte, beschäftigte mich nicht nur kurz darauf bei meinem Aufenthalt in der Höhle mit den Quellen. Jede Sekunde der folgenden Tage hielt mich dieser winzige und doch intime Moment gefangen. Vor allem da Melanie die verwunderliche Distanz beibehielt, die sich in diesem Augenblick aufgebaut hatte. Sie schien mir zwar nicht mit Absicht aus dem Weg zugehen, aber ein merkwürdiges Gefühl entstand durch den entstandenen Abstand. Wir sahen uns nur Abends in ihrem und Jareds Zimmer. Wobei Jamie unbeabsichtigt, rein durch Anwesenheit, jeden Anflug eines tieferen Gesprächs mit Leichtigkeit abschmetterte. Ich fragte mich, ob ich einen Fehler gemacht hatte. Für diesen einen, ersten Tag von Jareds und Ians Abwesenheit, schien die Kluft zwischen uns überwindbar geworden zu sein. Melanie war wieder greifbar für mich geworden und ein Teil von mir, der, den ich selbst ansatzweise verstehen konnte, fühlte sich angenommen und vor allem auch verstanden. Der andere Teil versprühte weiterhin eine schwer zu definierende Sehnsucht nach Mel, die mit jedem Augenblick, der ohne Kontakt zu ihr verstrich, immer schmerzhafter zu werden schien. Ich schob die Schuld weiterhin auf den sensiblen Wirt, den Pet wohl nur noch verletzlicher gemacht hatte. So kam es nicht selten vor, dass ich, ohne es so richtig zu bemerken, einfach anfing zu weinen, sobald ich mal einen Moment nichts zu tun hatte. Gerade war wieder so ein Augenblick gewesen und ich starrte ausdruckslos auf die eine Träne, die mir über die rechte Wange gerollt war um auf meine Rechte zu fallen, die meine Wasserflasche festhielt und zerbarst. Ein wenig fasziniert beobachtete ich das Schauspiel bei der nächsten Träne. Bei ihrem Aufschlag teilte sich der salzige Tropfen in mehrere so viel kleinere, die teilweise auf meiner Hand landeten und einfach weiter hinab rannen, oder direkt vom Aufprall weiter gen Boden fielen. Das Tageslicht schien in sanften Orangetönen durch die Spiegel in die große Höhle und ich gestattete mir noch einen Augenblick das sich brechende Lichtspiel in den Tropfen verträumt zu betrachten. Hinter mir schoben sich schwere Schritte durch das Getreidefeld, was mich dazu veranlasste die salzige Flüssigkeit rasch fortzuwischen, noch einen Schluck Wasser aus meiner Falsche zutrinken und wieder nach meiner Sense zu greifen. "Guten Tag, Wanda.", begrüßte mich Jeb. Ich tat einen, für meine Verhältnisse, kräftigen Schwung und schlug einigen hellbraunen Pflanzen den Kopf ab, bevor ich mich zu ihm drehte. "Hallo Jeb, kann ich etwas für dich tun?" Er kratzte sich kurz an seinem Dreitagebart, was den Halteriemen seiner Doppelläufigen, die an seiner Schulter hing, leise klimpern ließ. Ich beäugte die Waffe argwöhnisch. Jeb folgte meinem ablehnenden Blick und verstand die stumme Frage. "Es gab heute wieder einen Zwischenfall. Ich halte es für ratsam etwas mehr Autorität auszustrahlen, damit wir keine weiteren Verletzten dazu bekommen. Jim hat es ziemlich schwer erwischt." Ich konnte den Namen nicht direkt zuordnen und beschäftigte mich auch nicht weiter damit, denn meine Alarmglocken schrillten sofort. "Geht es Jamie..." Er hob bestimmt eine Hand und brachte mich so zum Schweigen. Jeb wartete bis ich einmal tief durchgeatmet hatte, bevor er wieder sprach. "Jamie hatte nichts damit zu tun, Wanda. Jim hatte eine aggressive Diskussion mit Dereck. Das Ende vom Lied war, dass Jim sich den Kopf an einem Felsen aufgeschlagen hat. Und darum spreche ich dich auch an. Doc gehen die Medikamente aus, ansonsten haben wir noch von allem reichlich da." Ich verarbeitete das Gesagte so schnell es ging und beschloss für mich es Jeb zu überlassen, die aufkommende Unruhe zu Hause zu bewältigen. "Verstehe." Ich nickte nur kraftlos. "Wann soll ich aufbrechen?" Wieder kratzte sich Jeb am Bart und schaute sich auf dem Westfeld, auf dem ich heute eingeteilt war, um. Hie und da guckten Schultern samt Köpfen heraus, die Genauso wie ich ihre Geräte schwangen, oder das abgetrennte Getreide zusammentrugen. "Wir kommen momentan nicht gut voran. Würde es dir etwas ausmachen, erst nach der Arbeit loszufahren?" Er wollte, dass ich den Tag noch zu Ende arbeite. Natürlich verstand ich das und nickte. Das Gespräch war damit für mich beendet und ich wandte mich um, holte schon wieder mit meiner Sense aus. "Gut, danke. Ich sage Mel Bescheid. Dann könnt ihr nach dem Abendessen los." Mein Herz setzte einen Schlag aus um dann einen schnellen Takt anzustimmen. Ich hielt abrupt in der Bewegung inne und überlegte, ob ich Jeb aufhalten, jemand anderen mitnehmen sollte, oder vielleicht mal alleine fahren würde. Aber ich war wie erstarrt. Einer Salzsäule gleich. Der unkontrollierte Teil in mir fieberte schon jetzt dem Abend entgegen, was mich nur wieder verwirrte. Die Sehnsucht war augenblicklich einem warmen Gefühl in mir gewichen. Ich konnte es nicht richtig erfassen und kramte in Melanies und Pets Erinnerungen um es benennen zu können. Am passendsten befand ich Aufregung, womöglich sogar Vorfreude. Von meinem Bauch breitete sich das erhitzende Kribbeln bis in meine Glieder aus, wärmte meinen Körper bis in die Fingerspitzen und als ich auf meine Sense schaute, sah ich, dass sie in meinem zittrigen Griff etwas wackelte. Äußerlich hätte es nach Nervosität aussehen können, aber dafür fehlte das Unbehagen, das dazu gehörte. Ich seufzte leise in mich hinein und schwang meine Sense zielstrebig auf das Getreide vor mir. Ich kann nicht beschreiben warum, aber an diesem Tag vermochte ich meine Energien viel zielgerichteter einzusetzen, als es mir sonst möglich war. Ich schaffte ein beträchtliches Stück Feld zu mähen und vor allem gelang es mir dadurch, so gut wie gar nicht mehr an diesem Nachmittag an Melanie zu denken. Erst beim Abendessen, am Tisch mit ihr und Jamie, nahm mich ihre urtümliche, natürliche Schönheit wieder in Beschlag. Mels grünbraune Augen fixierten Jamie zwar, der von seinem Schultag berichtete, aber sie schienen beinah leer, als würden sie durch ihren Bruder hindurch schauen. Ich musste ein ähnliches Bild abgeben, starrte ich doch ebenso ausgelaugt vor mich hin. Ich konnte Jamies Gerede schon lange nicht mehr folgen. Mein Blick war zu Melanies weichen Lippen, wie ich seit jenem Abend wusste, gewandert und erinnerte mich an das brennende Glühen, das der flüchtige Kuss auf meiner Stirn hinterlassen hatte. Sie bewegten sich, doch ich hörte nicht zu. Der Anblick war fesselnd. Einnehmend und auf eine undefinierbare Weise anziehend. Mich überkam einmal mehr Sehnsucht nach meiner besten Freundin, Schwester, Seelengefährtin. Anders als noch vor einiger Zeit, war die Sehnsucht merkwürdig körperlich geworden. Ich spürte einen überwältigenden Drang sie berühren zu wollen. Und wären es nur unsere Fingerkuppen gewesen, es hätte den Drang besänftigt. Doch ich rief mich zur Ruhe, schaute hinab auf meine Schüssel, die noch fast bis zum Rand mit Haferflocken befüllt war. Ich schaffte ein paar Löffel des faden Breis, dann gab ich auf. "Werdet ihr irgendwo übernachten, oder kommt ihr heute Nacht direkt wieder nach Hause?", fragte Jamie irgendwann und endlich konnte ich mich wieder auf ihn konzentrieren. Ich schaute in das braun gesprenkelte Grün von Melanies Augen, das schon auf den Kontakt gewartet hatte und überlegte nur kurz. "Da wir die Krankenhäuser in der Nähe schon alle um einiges an Medikamenten erleichtert haben, denke ich es wäre besser wenn wir irgendwo einen Zwischenstopp einlegen und uns etwas ausruhen, oder was meinst du?" Ich musste meinen Blick zwischenzeitlich abwenden, so intensiv war der von Melanie geworden. Er war undeutbar, darum hielt ich ihm nicht stand. Mit meiner Frage zum Ende hin, nahm ich den Blickkontakt aber wieder auf. Nun war sie es die sich abwandte. "Keine Ahnung, ich fahr auch die Nacht durch.", erklärte sie achselzuckend, beinah desinteressiert. "Nachdem du schon den ganzen Tag gearbeitet hast?" Kyle passierte grade unseren Tisch und war scheinbar hellhörig geworden. Der blonde Hüne schaute prüfend auf Melanie herab, die ihn gekonnt ignorierte. "Grade beim Fahren darfst du dir keine Unachtsamkeit erlauben, das weißt du besser als die meisten hier, Mel. Ein unbedachter Schwenker und schon hast du einen Polizisten, oder schlimmer noch, einen Sucher auf den Fersen. Jeb hat euch nicht umsonst gebeten heute Abend noch aufzubrechen. So versäumt ihr nur einen Tag und nicht gleich zwei, seid aber trotzdem ausgeruht unterwegs." Die wohlbedachten und besonnen gewählten Worte schienen Mel zu irritieren, denn sie hatte sie abgewogen und überdachte offenbar den Denkanstoß. Schließlich zuckte sie aber wieder nur mit den Schultern und murmelte ein "Wie ihr meint.", während sie ihre Schüssel leerte. Kyle zog eine Augenbraue hoch und ging mit einer irritierten Miene weiter. "Was ist denn mit dir los, Mel?", sprach Jamie die Frage aus, die sicher auch Kyle genauso wie mir durch den Kopf ging. Die Angesprochene schaute ihrem Bruder fest in die Augen und schenkte ihm ein, wie ich fand, hinreißendes Lächeln. "Nichts, was soll denn sein?" Jamie antwortete nicht gleich und durchschaute, anders als ich, die schöne Fassade. "Du kannst auch einfach sagen, wenn du nicht darüber reden willst. Ich kann auch nichts dafür, dass Jared nicht da ist." Ich sog scharf die Luft ein, denn Melanies Augen hatten sich schlagartig verdunkelt. Jamie hielt dem, durchaus angsteinflößendem, Blick seiner Schwester jedoch ohne Mühe stand. "Was denn?", fragte er unschuldig und schaute mich an. Ich sagte nichts, wartete gespannt auf eine Reaktion von Melanie. Als ihre Augen schließlich auch die meinen suchten veränderte sich ihr Blick schlagartig und wurde weich. Ein ewig scheinender Moment verstrich dann wurde er resignierend und schlussendlich traurig. Sie seufzte ergeben und wandte sich wieder an Jamie. "Du solltest einfach nicht über Dinge sprechen, die du nicht verstehst." Melanies Stimme war überraschend leise und sanft geworden. Jamie wollte direkt antworten, schien für den Bruchteil einer Sekunde aufgebracht, doch schluckte das Gefühl augenscheinlich runter und ließ ebenso ruhig verlauten: "Ich vermisse Jared doch auch, Mel." Schmerz funkelte im grünbraun ihrer Augen auf, bevor sie sich von ihm abwandte und vom Tisch erhob. "Du hast einfach keine Ahnung, Jamie. Hast du aufgegessen, Wanda?" Melanie wartete meine Antwort nicht ab und brachte ihre Schüssel zielstrebig zum Tresen um sie dort abzuladen, dann verschwand sie aus dem Speisesaal. Ich seufzte. "Irgendwie komisch. Sie spricht gar nicht über Jared, als würde sie ihn gar nicht vermissen.", sprach Jamie nun seine Gedanken aus und rieb sich einen imaginären Kinnbart. "Dabei wirkt sie so tieftraurig.", fügte er noch hinzu. Ich überlegte. Viel zu lange wie mir sein erwartender Blick verriet. Da ich es mir auch nicht anders erklären konnte antwortete ich: "Sie vermisst Jared sicher einfach, nimm es ihr nicht übel. Sie ist bestimmt frustriert." "Geht es dir auch so wegen Ian?" Die Frage traf mich wie ein Hammerschlag. Ian war mit seinem Aufbruch mehr oder minder aus meinen Gedanken verschwunden. Irritiert brachte ich nur ein "Mhm." zustande und erhob mich um Melanie zu folgen. "Geh zeitig schlafen, Jamie.", sagte ich noch und verließ die Speisehöhle. Melanie wartete schon draußen vor dem Höhleneingang auf mich. Sie lehnte, mit vor der Brust verschränkten Armen, an einer steilen Felswand und schaute auf die ersten Sterne, die sich am dämmrigen Himmel blicken ließen. Das sanfte Rot der untergehenden Sonne verlieh ihrer Erscheinung etwas Magisches. Sie bemerkte mein Eintreffen nicht und so blieb ich stehen und betrachtete sie eindringlich. Trotz der erhabenen Anmut, die sie immer auszustrahlen vermochte, hingen ihre Schultern kraftlos runter und ein tiefer Seufzer entfuhr ihr, als sie den Blick vom Sternenzelt gen Boden richtete. Ihr trauriger Anblick ließ mich frösteln und ich tat einen unbeholfenen Schritt zur Seite. Das Knirschen unter meinen hellbraunen Stiefeletten ließ Melanie zusammenfahren und ihren Blick herum reißen. Sie lächelte kurz schwach, dann wurde ihre Miene wieder ausdruckslos und sie machte eine Kopfbewegung vom Höhleneingang weg. "Können wir?", fragte sie und wartete meine Antwort nicht ab. Ich wollte nur nicken, doch da sie sich schon von mir weg gedreht hatte, sagte ich ein leises "Sicher." zur Erwiderung. Die anderthalb Meilen zum Unterschlupf unserer Fahrzeuge legten wir schweigend zurück. Erst nachdem sie in ihrem Lieblingsjeep die Innenraumbeleuchtung angeschaltet und auf dem Lenkrad eine Karte ausgebreitet hatte, erklang wieder ihre melodische Stimme. Die Kälte darin jagte mir einen unangenehmen Schauer durch den Körper und ließ mich erschrocken zu ihr herum fahren. "Hier waren wir schon überall." Sie zog einen Kreis mit dem Finger um sicher zehn Städte, ein beachtliches Areal, wie ich fand, bevor sie fort fuhr. "Hier liegt Kingstonville, das sind ungefähr 230 Meilen. Was hältst du davon?" Ich schaute auf den kleinen Fleck auf den sie deutete und nickte abwesend. "Sicher, die Seelen sind überall freundlich, also ist es mir gleich." Wortlos faltete Melanie die Karte zusammen, reichte sie mir und drehte den Zündschlüssel. Ich packte das zusammengefaltete Papier ins Handschuhfach und löschte die Innenraumbeleuchtung. Melanie trieb den Wagen direkt zu Höchstleistungen und hinter der Plane am Heck des Jeeps wirbelte der staubige Wüstensand Arizonas auf um unsere Spuren zu verwischen. Sie richtete ihren Blick starr nach vorne und wir sprachen kein Wort, was mich irritierte. Aus den Augenwinkeln betrachtete ich verstohlen ihr Profil. Die kalte Ablehnung, die sie ausstrahlte, hatte etwas Beängstigendes und zugleich Anziehendes. Je mehr sie mich mit Missachtung bedachte, um so mehr wollte ich unbedingt mit ihr reden und ihr wieder nah sein. "Mel?", sprach ich sie darum an. "Mh?" Das Geräusch war so leise, dass ich mir gar nicht sicher war, ob ich es wirklich gehört hatte. "Ist...ist alles in Ordnung?", fragte ich schließlich nach einiger Überwindung. Sie schaute mich nicht an, aber hellhörig geworden zog sie eine Augenbraue gen Haaransatz. "Warum sollte es das nicht sein? Wir sind draußen. Du weißt wie ich es genieße mal wieder aus den Höhlen zukommen." Das wusste ich in der Tat, aber darauf konnte ich mich auch nicht weiter konzentrieren. Ich wollte nicht schon wieder mit Jareds und Ians Abwesenheit antworten, sie wieder daran erinnern. "Naja...", versuchte ich mich, doch es fiel mir einfach nichts ein. Betreten schaute ich auf meine Hände, die einander nervös kneteten. Melanie schaute rüber und ich spürte wie mein Gesicht wärmer wurde. Sie seufzte. "Was ist denn mit dir?" mein Kopf schnellte hoch um sie etwas erschrocken anzusehen, doch sie hatte ihren Blick schon wieder auf die Straße gerichtet. Um der vagen Frage, die ich eh nicht hätte beantworten können zu entgehen, schlug ich eine ganz andere Richtung ein. "Seit neulich Abend bist du so..." Ich suchte meine Hirnwindungen nach einem passenden Adjektiv ab, doch es wollte mir, bei all den vereinten Erinnerungen in mir, keines einfallen. Aus dem Augenwinkel sah ich Melanies Unterkiefer zucken. Den Blick weiter ins Dunkel der Wüste gerichtet. Unbeschienen, denn natürlich waren die Scheinwerfer nicht eingeschaltet. "Vergiss den Abend, Wanda." "Aber seitdem bist du so..." Ich musste wieder pausieren, da mir partout kein Wort einfallen wollte, das die erneute Distanz zwischen uns beschrieb. Ich redete einfach weiter. "Vorher sprachen wir noch darüber, dass wir nie alleine waren. Dass wir...dass wir einander vermissen." Pause. Die Klarheit, die ich plötzlich in meinen eigenen Worten fand schockierte mich und ich musste erst einmal schlucken, bevor ich meine Sprache zurückerobern konnte. "Und dennoch gehst du mir aus dem Weg." Melanies Augen wollten kurz zu mir huschen, doch sie besann sich und schaute wieder aus der Windschutzscheibe. Erneut stieß sie seufzend die Luft aus. "Ich habe nicht das Gefühl, dass neben Ian noch Platz für mich ist." "Was? Unsinn! Wie kommst du darauf?" Ich hatte mir keine Zeit genommen über ihre Worte nachzudenken. Wenn sie das wirklich dachte, vermittelte ich Mel genau das Gegenteil von dem was tatsächlich in mir vorging. Schlitternd brachte sie den Jeep zum stehen. Das Geröll unter den bremsenden Reifen drang kurz ohrenbetäubend laut durch die halb offenen Fenster an meine Ohren. Melanie schaltete den Motor ab. Das letzte Licht, ausgehend vom Armaturenbrett, das ihr Gesicht beschienen hatte, erlosch. Es dauerte aber nicht lange, bis ich ihr Gesicht dennoch schemenhaft erkennen konnte, nachdem meine Augen sich an die Dunkelheit gewöhnt hatten. Sie schaute mich direkt an. "Du denkst immer sofort an Jared und Ian, ganz egal worüber wir sprechen, aber ich will nicht über die beiden reden. Ich bin nicht wegen Jared so..." Offenbar konnte Melanie ihren Gemütszustand selbst nicht beschreiben, was mich geräuschlos schmunzeln ließ. "Mel, ich denke momentan so gut wie gar nicht an die beiden.", platzte es beinah überschwänglich aus mir heraus. Ihre Augen wurden groß und das Grün darin schien die Überhand zu ergattern, funkelte, wie es mir schien. Sie sagte jedoch nichts. Legte stattdessen ihre Rechte auf meinen Unterarm. Ihre Hand war beinah unerträglich heiß und es fiel mir schwer, mich auf etwas anderes zu konzentrieren. "Es fühlt sich wie Verrat an..., aber nicht falsch." Die Worte kamen unwillkürlich über meine vollen Lippen. Das war zu viel. So viel wollte ich nicht preisgeben. Ihre Hand auf meinem Arm setzte sich minimal in Bewegung und doch hinterließ sie eine brennende Spur aus Feuer auf meiner Haut. "Mir geht es auch so, aber an dich denke ich fast jede Minute, Wanda. Du fehlst mir so sehr." Melanie wandte den Blick wieder in die dunkle Ferne und sprach so leise, dass ich die Sänfte ihrer Worte beinah nicht fassen konnte. Ich legte meine Hand auf ihre und verschränkte unsere Finger ineinander. Sie schaute wieder zurück in meine hellbraunen Augen, nachdem ich auch meinen Oberkörper in ihre Richtung gedreht hatte. "Dann meide mich ab jetzt nicht mehr. Ich will dir auch wieder nah sein, Mel. Teile deine Gedanken mit mir. Zeig mir was in dir vorgeht." Mein Ton war viel weniger sanft als die Botschaft meiner Worte, beinah befehlend und doch zogen sich Melanies Finger enger zusammen und drückten meine. Sie drehte sich auf dem Fahrersitz so, dass sie mir nun direkt gegenüber und vor allem näher war. Hob zögernd ihre andere Hand und strich mir vorsichtig eine verirrte blonde Locke hinters Ohr. Von dort aus wanderte ihre Hand zu meiner Wange, die zärtlich von ihrem Daumen gestreichelt wurde. Blitze jagten durch meinen Körper. Ließen erst meinen Bauch und dann meinen Unterleib kribbeln und sich zusammenziehen. Erhitzten meine warmen Wangen noch weiter. Ich erwiderte den sanften Druck unserer ineinander gehakten Finger und tauchte tief in Melanies grünbraune Augen ab, die auf einmal nur noch sanft und liebevoll in meine blickten. Kälte und Ablehnung waren vollends daraus entschwunden. "Mein Gefühl hat mich also doch nicht getäuscht.", sagte sie schließlich nach einer winzigen Ewigkeit. "Welches?" Zu mehr als einem Wort brachte ich es nicht. Meine Kehle war trocken und ich musste schlucken um sie überhaupt noch spüren zu können. Ich konnte Melanies erdigen Duft wahrnehmen. Er war einnehmend und berauschte meine Sinne, was mich zwar verwirrte, aber schön wie es war, genoss ich es einfach, ohne weiter darüber nachzudenken. "Die Sehnsucht galt mir.", sagte sie leise und der Hauch ihrer Worte streichelte mein Gesicht, manifestierte sich in einer Gänsehaut, die mir von da aus über den Körper kroch. "Ja.", erwiderte ich flüsternd, der Fähigkeit beraubt meine Gefühle weiter zu verschleiern, oder zu zügeln. Melanie lächelte sanft und ließ ihre Hand von meiner Wange in meinen Nacken wandern. Das Ziehen in meiner Magengegend verdoppelte sich und ein mächtiger Impuls drängte meine Augen dazu sich zuschließen. Sie waren schon fast zu, da schluckte Melanie und zog sich und ihre Hände zurück. Was war das gerade? Mein Körper spielte verrückt, als gehörte er nicht mir, aber da war keine andere Seele in ihm außer meiner. Bei Ian, Jared oder auch Jamie verselbstständigte er sich nie in dem Maße. Ich starrte verwirrt in Melanies Augen, die mich ebenso irritiert musterten. Sie wischte sich einen dünnen Schweißfilm mit dem Handrücken von der Stirn, riss ihren Blick nach vorne zur Scheibe und musste drei mal nach dem Zündschlüssel greifen, ehe sie ihn fand und schließlich umdrehte. Das Aufheulen des Motors riss mich hart aus meiner verwirrten Starre. Eilig wandte ich mein gerötetes Gesicht von Mel ab und schaute ebenfalls aus der Windschutzscheibe. "Schau mal auf die Karte und such uns eine Route nach Kingstonville raus. Da steuern wir dann erstmal das nächste Hotel an, oder was meinst du?" Ich nickte bedächtig, bis mir einfiel, dass Melanie das wohl gar nicht sehen konnte. Grade als ich antworten wollte griff sie nach meiner Hand und zog sie auf die Mittelkonsole, wo sie sie festhielt. Nun wandte sie mir ihr Gesicht zu. Sorge war darin zu lesen. "Hey. Alles in Ordnung?" Wieder nickte ich und war froh, dass sie mir das sprechen abnahm. Sie hielt meine Hand bis wir den Highway erreichten und sie die Scheinwerfer anstellen musste. Einvernehmlich schweigend fuhren wir durch die Nacht, bis wir Kingstonville erreichten. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)