This Day Will Die Tonight von Puppenspieler (Eulen-Eskapaden & Katzen-Katastrophen) ================================================================================ Kapitel 5: I Will Remember You With Me On That Field ---------------------------------------------------- Zuerst der Riese. Dann die anderen Erstklässler. Dann hatten sie Kuroo und seine bebrillte Krähe am Hals gehabt. Und jetzt waren es Yamamoto und Karasunos Libero und Glatzkopf. Akinori konnte langsam keine Katzen mehr sehen! Und keine Krähen. Wieso hatten die Katzen sich überhaupt so viele von den schwarzen Flatterviechern angelacht?! Immerhin war es ein trockenes Gefecht. Weder ihre Gegner hatten Wasserbomben übrig, noch sie selbst. Stattdessen flogen schon seit Minuten die gleichen Tafelschwämme immer wieder hin und her, Komi hatte irgendwann noch die dünne Jacke, die er über seinem Schlafshirt getragen hatte, zusammengeknotet und als weitere Munition zur Verfügung gestellt. Saru beschränkte sich lieber auf sein Spuckröhrchen. Nishinoyas unruhiger, nur noch halb gestylter Haarschopf war schon genauso voll mit klebrigen Papierkügelchen wie Yamamotos alberner Irokesenschnitt. Akinori bewunderte die Zielfähigkeiten, die Saru mit den kleinen Papierkügelchen an den Tag legte.   Mit der Zeit wurde die Schlacht schleppender. Akinori konnte es niemandem verübeln; er war selbst langsam müde! Und erschöpft. Nach einem langen Tag noch die halbe Nacht durchzumachen war eben nicht die allerklügste Idee. Er hatte es von vornherein gewusst. Aber nein. Statt zu schlafen mussten sie ja lieber Krieg spielen, und waren jetzt nass und müde und erschöpft und voller Papierkügelchen und Kreidestaub. „Ich brauch ne Pause“, verkündete Komi, als hätte er Akinoris Gedanken gelesen, „Jetzt.“ Saru nickte zustimmend, sein typischer Schlafzimmerblick noch verschlafener als sonst. Er wehrte einen fliegenden Tafelschwamm mit seinem Regenschirm ab – inzwischen schon längst eine routinierte Bewegung, die Akinori grinsen und Komi anerkennend pfeifen ließ. „Nice, Saru!“ Komi und Saru tauschten kurze Blicke, dann grinste Komi noch breiter als vorher, Unheil klar in seinem Blick geschrieben. „Was sagt ihr? Mehl und weg?“   Akinori wäre der letzte, der protestieren würde.       Mehl und weg funktionierte erstaunlich gut: Nachdem Katze und Krähen damit beschäftigt waren, all das klebrige Mehl aus ihren Haaren (oder Glatzen) und Gesichtern zu bekommen, erreichten sie einen wunderbar großen Vorsprung. Sie konnten ihre Verfolger abhängen, da war sich Akinori sicher. Nur noch ein paar Schritte. Hier um die Ecke. Da den Gang entlang. Ein dumpfer Aufprall, gefolgt von einem erschrockenen Ruf und triumphalen Gebrüll, ließen ihn innehalten und herumwirbeln. Komi war wie erstarrt, eine Hand auf die Brust gepresst, die Augen weit aufgerissen. Im Hintergrund sah Akinori nur noch aus dem Augenwinkel, wie die mehlgrauen Gespenster um eine Ecke verschwanden, offensichtlich selbst inzwischen mehr an einem Rückzug interessiert – „Jetzt haben wir’s ihnen heimgezahlt! Zeit für neue Munition!“ Trotzdem hallte ihr Triumphgeschrei noch lange von den Wänden wider. „Komi…?“ Just in dem Moment, in dem Akinori ihn ansprach, sank er mit einem gequälten Stöhnen zu Boden. Komis Brust hob und senkte sich schwer. Unter seiner Hand entdeckte Akinori im Licht seiner Handytaschenlampe einen großen, kreidigen nassen Fleck. „Ich bin getroffen“, keuchte Komi, sog scharf die Luft ein und kniff die Augen zusammen. Sein ganzer Körper bebte, als hätte er starke Schmerzen. Obwohl Akinori wusste, dass es nur billiges Schmierentheater war, fühlte er Beunruhigung in sich aufsteigen – es war verdammt gutes billiges Schmierentheater, verdammt! Langsam ging er neben Komi in die Hocke. Als er zur Seite sah, bemerkte er, dass auch Saru kniete, Komis freie Hand in seinen Händen haltend und ihn mit einem gutmütigen Grinsen tätschelnd. (Wobei Akinori wieder einmal nicht wusste, ob er wirklich grinste.) „Macht ohne mich weiter“, fuhr Komi leise fort. Er biss die Zähne zusammen und gab ein schmerzvolles Ächzen von sich. Sein Kopf rollte erschöpft von einer Seite zur anderen, er schien Mühe zu haben, die Augen offen zu halten, „Ich schaff es nicht mehr!“ Er schluckte, löste die verkrampfte Hand aus seiner Brust und hob sie wie in Zeitlupe zitternd in Akinoris Richtung. Mehr aus Reflex als bewusst griff er danach. „Ihr müsst… Rache nehmen.“ – „Komiyan…“ – „Ihr müsst, Saru. Ich kann nicht mehr.“ Komis Kopf, den er gehoben hatte, um Saru beim Sprechen anzusehen, fiel zurück auf den kalten Boden. Seine Augen öffneten sich flatternd, suchten Akinoris Blick. Ein Lächeln zupfte an seinen Mundwinkeln, als er die Hand quälend langsam aus Akinoris Griff löste und an seine Wange legte. Komis Finger waren so kalt, dass es Akinori übel davon wurde. „Konohan, ich–“   Komis Hand fiel hinab, seine Augen zu. Er lag reglos auf dem Boden. Akinori blinzelte, von einer seltsamen Schwere erfasst. Fast mechanisch ließ er Komis Hand los und legte sie auf seinem Oberkörper ab. Saru tat es ihm gleich. In seinen Augen glühte etwas, das Akinori nicht ganz zuordnen konnte. Er legte eine schwere Hand auf seine Schulter. „Komm, Konoha.“ Mit einem dumpfen Nicken gehorchte Akinori. Er erhob sich, sah noch einmal hinunter auf Komis reglose Gestalt. Saru neben ihm drückte seine Schulter sanft, zwang ihn, sich abzuwenden. Seine Stimme klang ungewöhnlich schwer, als er leise verkündete: „Ruhe in Frieden, mein Freund.“       Zehn Minuten später hörte man Komis Schnarchen den ganzen Gang entlang.        ***       „Titan hier. Chat Noir ist gerade beschäftigt. Statusreport, jetzt.“ „Team Shiba Inu. Wir sind aktuell draußen auf dem Gelände. Wir haben Bokuto-San und Washio-San bekämpft. Sie haben kürzlich den Rückzug angetreten. Wir werden jetzt aufstocken und dann die Verfolgung aufnehmen!“ „Russian Roulette hier! Ich bin in einem Gefecht  mit Washio-San. Ich melde mich spä– Verdammter Mist!!!“ „City Boy. Country Boy, Rolling Thunder und ich haben vorhin ein Gefecht mit einer ganzen Eulenbrut gehabt. Komi ist endgültig außer Gefecht gesetzt.“   Tetsurou hörte nur mit halbem Ohr zu, während er seine Wasserbombenvorräte aufstockte. Es war ein bisschen eng, und sein Rücken drückte gegen Tsukkis Seite, weil sie doch irgendwie noch nah genug bleiben mussten, um sich ein Paar Kopfhörer zu teilen, aber es funktionierte. Und Tetsurou fand es lustig. Tetsurou fand es noch lustiger, dass Tsukki nach dem ersten Meckern und Naserümpfen längst deutlich entspannter geworden war und schwer auf ihm lehnte. „Sag ihnen, sie sollen weitermachen wie bisher. Sieht aus, als wäre der Sieg nicht mehr weit entfernt.“ Bokuto hätte die Herausforderung gar nicht erst annehmen sollen. Gegen Tetsurou kam er nicht an! (Zumindest nicht außerhalb eines Volleyballspielfeldes.)       ***       Nachts auf Toilette zu gehen war für sich schon unheimlich genug. Asahi mochte es nicht, und er vermied es, so gut es ging. Manchmal ging es nicht, also war er in dieser Nacht trotz seiner Abneigung unterwegs. Er bereute es, als er in die erste Pfütze trat. Der Flur sah aus, als hätten dort ein paar sehr wütende, nasse, mehlige Geister gewütet. In einer Ecke lag ein Tafelschwamm, der da sicher nicht hingehörte. Er hatte ein ganz mieses Gefühl. Irgendwo hörte er Geschrei und Gelächter. Da war Tanakas Stimme. Es war beruhigend, zu wissen, dass es nur seine Teamkameraden waren, und es war beunruhigend, denn er wusste, zu welchem Unfug die fähig sein konnten. Und wo Tanaka war, war Nishinoya nicht weit, also war viel Unfug vorprogrammiert. Er schluckte, während er sich langsam durch den dunklen Gang zur nächsten Herrentoilette vorarbeitete. Seine Socken waren durchnässt, und die Kälte, die dadurch von seinen Füßen aus seinen ganzen Körper hinaufzog, machte die ganze Situation nicht gerade heimeliger.   Irgendwie erreichte er die Toilette, ohne auf einen der Unruhestifter zu stoßen, die das ganze Chaos hier verursacht hatten. Leise, als hoffte er, dadurch nicht die Aufmerksamkeit des ganzen Tumults zu erregen, der hier irgendwo um ihn herum stattfand, öffnete er die Tür zur Toilette. Und erstarrte. „Hey hey hey! Was machst du in unserem super geheimen Hauptquartier?!“ Fukuroudanis Captain. Asahi schluckte, trat einen vorsichtigen Schritt zurück. Sein Körper erinnerte ihn unangenehmerweise wieder daran, wieso er eigentlich hier war. Er schluckte noch einmal, hob abwehrend die Hände. „Ich müsste mal die Toilette benutzen“, erklärte er mit einem nervösen Lachen. Sein Gegenüber blinzelte, legte dann den Kopf schief und sah so eulenhaft aus dabei, dass er dem Namen seiner Schule wirklich alle Ehre machte. „Aber das ist unser super geheimes Hauptquartier!“ – „…Das hier ist eine Toilette“, gab Asahi bemüht diplomatisch zurück. Er lächelte, doch sein Gesicht verzog sich dabei eher zu einer Grimasse der Verzweiflung, „Ich muss wirklich dringend, also–“ „Nein.“ Asahi blinzelte entsetzt. Sein Gegenüber stemmte empört die Hände in die Hüften. „Es wird nicht ins Hauptquartier gepinkelt!!!“ – „Aber…“ Er schluckte die Frage herunter, warum sie ihr Hauptquartier überhaupt auf der Toilette aufgeschlagen hatten und fuhr sich mit einer Hand durch das wirre Haar, von dem er sich nicht die Mühe gemacht hatte, es hochzubinden, nur um auf die Toilette zu gehen. „Bitte? Ich muss wirklich, wirklich dringend auf Toilette. Ich bin danach auch sofort wieder weg, und ich verrate euer Hauptquartier auch nicht, und–“ – „Hey hey hey!!! Okay! Du darfst aufs Klo gehen! Aber nur, wenn du uns danach hilfst! Der Chibi macht auch mit!“   Asahi seufzte, ließ resigniert die Schultern hängen. Er hatte doch gar keine andere Wahl als zuzustimmen…       ***       Akinori fuhr zusammen, als sein Handy laut einen Anruf verkündete. Dank unterschiedlicher Klingeltöne musste er nicht einmal hinsehen, um zu wissen, dass es Bokuto war. Er bedeutete Saru, die Tür zu schließen, ehe er sich erschöpft in dem Biologieraum, in dem sie gelandet waren, niederließ und den Anruf auf Lautsprecher annahm. „Hey hey hey!“, dröhnte ihm entgegen, noch bevor er etwas hätte sagen können. „Hier spricht Top Five!“ Akinori erstarrte. Saru lachte, seine Mimik eindeutig einmal passend zu seinem Gemütszustand und Akinori konnte nur entnervt stöhnen. „Nein.“ Codenamen. Das war nicht Bokutos Ernst, oder? Bitte, lass das nicht sein Ernst sein.   „Was gibt’s?“, griff er das Gespräch lieber wieder auf, bevor er sich vor Genervtheit noch wehtat. Er drückte Daumen und Zeigefinger einer Hand gegen seine Nasenwurzel und schloss die Augen. Er konnte förmlich spüren, wie Saru neben ihm immer noch grinste. „Ah! Genau! Ich bin jetzt im Stützpunkt, zusammen mit Duttmännchen! Fluffy braucht übrigens Verstärkung, könnt ihr Kaktusblume rüberschicken?“ – „Was.“ Akinori starrte sein Handy entgeistert an, in der Hoffnung, es würde in gellendes Gelächter ausbrechen und verkünden, dass dieser Schwachsinn nur ein schlechter Scherz war. Saru neben ihm lachte schon wieder. Als Akinori zu ihm aufsah, formten seine Lippen fast tonlos die Worte „Wer ist Kaktusblume?“, ehe er einen neuen Lachanfall hinter seinen Händen erstickte. Akinori fand das überhaupt nicht lustig.   „Hey hey hey! Hörst du mir überhaupt zu, Voyeur?!“   Akinori fand das wirklich nicht lustig. Er schnaubte, presste seine Finger fester gegen seinen Nasenrücken. „Bokuto, ich habe keine Ahnung, wovon du redest.“ Stille. Stille, die sich verdächtig in die Länge zog. Er hob die Augenbrauen, sah zu Saru hinüber, der mit einem breiten Grinsen nur ratlos die Schultern zuckte. (Und ja, er grinste wirklich. Langsam lernte Akinori, es zu erkennen. Zumindest in dieser Situation.) „Bokuto?“ War die Verbindung weg? Ein Blick aufs Display zeigte, nein, der Verbindung ging es prächtig, und Akinori war sich sicher, Hintergrundgeräusche hören zu können. Von Bokuto kein Wort. Akinori stöhnte entnervt, als ihm dämmerte, woher das Schweigen kam. Er konnte förmlich vor sich sehen, wie Bokuto vor seinem Handy saß, mit diesem typischen idiotisch-starren Blick, den er immer drauf hatte, wenn er irgendetwas wollte. Akinori hasste es, dass er ahnte, was Bokuto wollte. Akinori hasste es noch mehr, dass er keine andere Chance hatte, als es ihm auch zu geben. Er seufzte noch einmal gequält. Gequält genug, dass Saru scheinbar Mitleid mit ihm hatte und ihm das Handy aus der Hand nahm. „Top Five?“ – „Hey hey hey!!!” Saru grinste. Akinori schlug seine Hand gegen die Stirn, bis es schmerzte. „Was sollen wir tun?“ Bokuto wiederholte, den gleichen Schwachsinn, den er eben schon geplappert hatte – und legte einfach auf. Er ließ Akinori, Saru und das Tuten des Telefons völlig ratlos zurück. Sie tauschten resignierte Blicke. „Wer zum Teufel ist Kaktusblume?“, fauchte Akinori dann genervt, und Saru lachte wieder los, klopfte ihm aufmunternd auf die Schulter, und seine Augen glühten vor übermütiger Freude, „Keine Ahnung, aber ich weiß, wer Voyeur ist.“   Das wusste Akinori auch. Er hätte auf das Wissen allerdings verzichten können.       ***       Seit Kuro auch nur signalisiert hatte, dass er eine Idee hatte, hatte Kenma gewusst, dass es eine verdammt dumme Idee werden würde, und dass früher oder später alle Beteiligten und Nichtbeteiligten sie bereuen würden. Er hatte es gewusst. Trotzdem hatte er sich aus dem Zimmer gewagt, bewaffnet mit seiner Zahnbürste, weil ein nächtliches Aufwachen ihn mit einem unangenehm pelzigen Geschmack im Mund zurückgelassen hatte, den auch die Wasserflasche, die er neben seinem Futon hatte, nicht wegspülen konnte. Er kannte Kuro; er war ein Idiot, aber er war nicht ganz lebensmüde, also sollte der Weg zu den Toiletten vergleichsweise sicher sein, vorausgesetzt, er stolperte nicht zufällig in eine Schlacht mitten auf dem Flur. Aber die Schule war groß. Das Gelände noch größer. Wie groß war die Wahrscheinlichkeit schon, dass ihm etwas passieren würde? Kenma wusste aus Erfahrung, dass man auf großer Fläche eigentlich immer sehr gute Chancen hatte, ohne Feindkontakt von A nach B zu kommen. Er hatte es schon oft genug ausgenutzt, wenn er keine Lust auf ewig langweilige Monsterkämpfe hatte. Außerdem, so, wie er Kuro einschätzte, würde der ohnehin darauf achten, alle Schlachten von den Toiletten weg zu lotsen. Und den Hauswirtschaftsräumen. Und der Küche. Es sollte also eigentlich nichts schief gehen. Eigentlich hatte Kenma aber auch vergessen, die Variable Fukuroudani und Bokutos Unberechenbarkeit in seinen Plan mit einzubeziehen.   Und irgendwie wunderte es ihn dann doch nicht, als er erst einmal darüber nachdachte, dass er plötzlich mitten im Gefecht stand, und eine grellblaue Wasserbombe direkt auf ihn zugeflogen kam. Ah. Natürlich. Er wusste, er war nicht schnell genug, um auszuweichen, und er wusste, die Wasserbombe würde mit seinem Gesicht kollidieren und ihn völlig durchnässen, und er wusste ganz genau, danach würde er verärgert abziehen, den Hauswirtschaftsraum suchen, und Yaku dazu bringen, diesen Schwachsinn zu beenden.   Die Bombe zerbarst gut dreißig Zentimeter von seinem Gesicht entfernt in einer ausgestreckten Hand. Wasser spritzte in Kenmas Gesicht, doch seine weit aufgerissenen Augen waren ohne jede Regung auf den zerzausten, nassen, orangeroten Haarschopf gerichtet, der zu dem Besitzer der Hand gehörte, die eindeutig versucht hatte, Kenma vor seinem Schicksal zu bewahren. „Shouyou…“   Irgendwo hörte er Levs Rufe – „Kenma-San! Es tut mir Leid!“ –, aber er ignorierte sie. Fixierte lieber den kleinen Erstklässler, der gerade auf dem Boden aufgekommen schon zu ihm herumwirbelte, die Augen groß und besorgt. „Kenma! Ist alles okay?!“ Shouyous Gesicht war nah. Zu nah, und Kenma zog sein eigenes unwillkürlich ein Stück zurück, ehe er langsam, wortlos nickte. Einen langen Moment noch blieb Shouyous Blick besorgt, dann stieß er in einem erleichterten Seufzen die Luft aus. „Gut! Ich will nicht, dass Kenma etwas passiert!“ Er strahlte, so sehr, dass Kenma die Augen zusammenkneifen musste, und im nächsten Moment hatte er sich herumgewandt, eine Wasserbombe in der Hand, und schwor Lev grausame Rache – wofür auch immer. Kenma schüttelte den nassen Kopf und schlurfte in ungewöhnlich schnellem Tempo außer Reichweite des Tumults.   Die Wasserbombe war nicht mit seinem Gesicht kollidiert. Aber er würde trotzdem den nächtlichen Kaffeekranz stören.       ***       Das Besenduell war eindeutig der Höhepunkt für Tetsurou. Er hatte längst den Überblick darüber verloren, wie viel Zeit vergangen war. Ihre Wasserbombenreserven waren mindestens zur Hälfte erschöpft, ihre Mehlbomben fast alle verbraucht, und so viele Spuckkügelchen, wie an allen Beteiligten klebten, dürfte auch davon nicht mehr viel übrig sein. Und es war großartig gewesen. Großartig, und noch großartiger wurde es, als er sich Bokuto gegenübersah, beide von ihnen zufällig – nein. Es war Schicksal! – mit einem Besen bewaffnet. Ein Blick in die glühenden Augen des anderen Captains hatte gereicht. Wortlose Verständigung. Ein böses Grinsen, ein spöttisches Schnauben, und dann waren sie mit den Besenstielen aufeinander losgegangen, mitten in der Sporthalle, in die es sie inzwischen verschlagen hatte. Das Aufeinanderschlagen der Holzstöcke hallte laut von den Wänden wider, zusammen mit den Anfeuerungsrufen der anderen Anwesenden. Es waren nicht ihre vollständigen Teams, aber es war genug, dass die Halle lebendig wirkte und dreckig wurde, immerhin stand hier niemand still. Es wurde mit Wasserbomben, Tafelschwämmen und Mehlwolken geworfen, Papierkugeln gespuckt, und irgendjemand ganz kreatives hatte Softbälle aus dem Geräteraum geholt, die nun munter hin und her flogen – und nicht selten aus Reflex heraus geschmettert statt geworfen wurden.   Es war genau, wie Tetsurou es sich vorgestellt hatte. Unvergesslich.   Als die Turnhallentür aufging, eine der wenigen Türen, die nicht nach dem Schiebeprinzip funktionierte, und auf die man dadurch wunderbar oben einen gefüllten Wassereimer hatte balancieren können, klatschte besagter Eimer wie geplant herunter, ergoss seinen Inhalt mit einem lauten Platschen über das arme Opfer. Die gesamte Belegschaft in der Halle wandte sich um, um wahlweise zu lachen oder Mitleid zu bekunden. Tetsurou blieb das Lachen im Halse stecken. Und nicht nur ihm. Die Stille, die in der Halle herrschte, war so allumfassend, dass man die Flöhe hätte husten hören können. In Tetsurous Ohren dröhnte sein Herzschlag, als der endlich wieder einsetzte, und er schluckte hörbar.   In der Tür standen Suga, Akaashi und Yaku, einer nasser als der andere. Und einer wütender als der andere.   „Ich denke“, das war Sugas Stimme, und sie klang viel zu gefasst und viel zu bemüht freundlich. Yaku neben ihm sah weit weniger freundlich aus, als er in einem lautlosen Fauchen die Zähne bleckte, ehe er fortfuhr: „dass ihr genug Spaß hattet.“ Akaashi sagte gar nichts, und das war sogar noch gruseliger.       „Aber Akaashiiiiiiii! Im Krieg und in der Liebe ist alles erlaubt, hat Kuroo gesagt!“ Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)