Und ich schlief ein mit Musik. von Anwysitna ================================================================================ Kapitel 4: Zwei... Eins... -------------------------- Als ich am Morgen aufwachte, war Marzia verschwunden. Ich wusste weder wohin, noch warum. Aber vielleicht war es besser so. Hatte sie Angst vor uns gehabt? Immer wieder blieb ich bei dieser Frage hängen. Aber sie wusste es nicht, wusste weder, dass Joe einer Widerstandsbewegung angehörte, noch, dass ich auch so dachte. Es war logisch, dass sie sich aus dem Staub gemacht hatte. Das war das angeborene zum Überleben wichtige Misstrauen. Ohne das ist ein Tribut so gut wie tot. Joe hatte ein kleines Feuer gemacht und den Zettel drin verbrannt. Wir hatten einen Vogel geschossen, den wir nun über dem Feuer brieten. Essen. Mir lief das Wasser im Mund zusammen. Erst jetzt merkte ich, wie viel Hunger ich hatte. Ich hoffte, dass Joe bald den Vogel vom Feuer nahm. Das tat er auch. Mit dem Messer zerteilten wir das Fleisch und ich biss herzhaft in mein Stück. Stumm saßen wir nebeneinander und kauten. Immer wieder betrachtete ich ihn, wenn er gerade nicht auf mich achtete, fragte mich, was in ihm vorging. Was ließ einen Mann sein eigenes Leben opfern? War der Widerstand genauso rücksichtslos wie die Regierung? Ich hatte so viele Fragen an ihn, aber die würde ich nie stellen können. Joe stand auf, lauschte kurz und drehte sich zu mir um. So standen wir da und sahen uns an. Er war nicht hässlich, ganz im Gegenteil. Wären wir nicht hier in der Arena, sondern draußen in der Freiheit... Vielleicht würde dann alles anders kommen. Vielleicht würde er auf mich zugehen. Mich halten und umarmen. Leidenschaft in seinen Augen. Diese Leidenschaft, die man einem Tribut geraubt hatte. Diese Leidenschaft, die ich trotzdem noch in mir spüre. Und dabei kannte ich Joe kaum. Was dachte ich mir nur dabei? Links von uns erklang eine zunächst willkommende Ablenkung, doch dann wurde mir bewusst, was Geräusche in unserer Nähe bedeuten mussten. "Lauf!", hörte ich Joe schreien, dann legte sich in meinem Körper ein Schalter um und ich war wieder das Tribut. Das Tier. Jagen oder gejagt werden. Diesmal war ich die Gejagte. Ich rannte los, so schnell mich meine Beine trugen. Dort vorne lief Joe. Wenn wir uns jetzt teilten, wäre das unser Untergang. Alleine starb man schnell. Hastig folgte ich Joe, stolperte immer wieder unbeholfen, durch den Wald, riss mit dornigen Zweigen Wunden in meine Haut. Schneller! Egal wer oder was uns folgte, es holte uns ein. Ich fiel hin, als sich etwas in meinen linken Oberschenkel bohrte. Ein Pfeil. Er musste von einem Tribut sein. Ehe ich mich versah, traf mich ein zweiter Pfeil in den Rücken. Hektisch versuchte ich aufzustehen, biss unter Schmerzen die Zähne zusammen, humpelte weiter, sah schwarze Punkte vor meinen Augen. Als ich die Schreie hinter mir hörte, versuchte ich schneller zu werden, aber meine Kraft verließ mich und ich brach stöhnend auf dem Waldboden zusammen. Ich sah einen jungen Mann auf mich zukommen, konnte mich aber nicht an seinen Namen erinnern. Er würde mich jetzt töten. Ich blieb ruhig und sah dem Tod ins Auge. Der Tod schrie plötzlich los, drehte sich um, Blut an seinem Rücken, dann sackte er in sich zusammen. Hinter ihm stand Joe, der elegant herunterbeugte und sein Messer aus dem blutigen Leichnahm zog. Kurz wartete er, aber der Tod bewegte sich nicht mehr. Joe. Er hatte mich gerettet. "Scheiße." Er kam auf mich zu, musterte mich, wie ich da saß, die Hände um den Körper geschlungen. "Jake hat dich ziemlich blöd erwischt." Sanft berührte er meinen Körper. Dann half er mir, mich wieder auf den Waldboden zu legen und setzte sich neben mich hin. "Warum machst du das?", fragte ich ihn, doch dann merkte ich es selbst, schaute den Pfeil an, der in meinem Bein steckte. Den anderen sah ich nicht. "Scheiße", gab ich Joe recht. Ich spürte die Schmerzen kaum, merkte wie mein Körper langsam taub wurde. Hier in der Arena würde mich niemand heilen. "Ich wollte, dass du diejenige bist, die überlebt", flüsterte Joe leise. "Dir würde ich den Sieg am meisten wünschen", gab ich zurück. Da saßen wir nun, Joe und ich, hörten, wie die uns vertraute Melodie erklang. Ich blickte auf die Bilder im Himmel, merkte, das Joe ernsthaft eine Chance hatte, zu gewinnen, als Louis erschien. Sie waren nur noch zu dritt. Joe beugte sich zu mir vor. "Pass gut auf dich auf", flüsterte ich in sein Ohr. "Ich geb mein Bestes." Sanft küsste er meine Stirn. Und ich schlief ein mit Musik. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)