Love you like you do von Marron ================================================================================ Kapitel 5: ----------- Das Gespräch war – wie sollte es anders sein – für beide Seiten eine angenehmen Sache. Tsubasa war begeistert, welche neuen Tricks man sich bei anderen Vereinen ausdachte. Eigentlich hatte Schneider auch nicht so viel verraten wollen, doch die begeisterte Art des Mittelstürmers war so ansteckend, dass er sich nicht halten konnte und ein Fachgespräch über Drall und Schusswinkel begann. Ehe er sich dessen bewusst geworden war, hatte er schon zwei der neuesten Strategien erklärt. Tsubasa selbst hatte bisher noch wenig gesagt – seine faszinierte Miene war Anreiz genug gewesen, einfach weiterzureden. Jetzt allerdings seufzte er. „Wenn du so erzählst, dann möchte ich am liebsten bei euch mittrainieren.“ Sie duzten sich seit ein paar Jahren alle untereinander. Einer hatte damit angefangen und da es zu kompliziert und merkwürdig gewesen wäre, alle Du und Sie auseinander zu halten, hatte man sich auf eines von beidem geeinigt. „Ne, bloß nicht. Nachher kennst du alle unsere Geheimnisse und ihr haut uns beim nächsten Spiel in die Pfanne!“ Sie lachten beide leise, bis Wakabayashi leise seufzte. „Dann wäre ich dem HSV in dieser Saison wenigstens einmal von Nutzen.“ Betreten schwiegen die beiden Stürmer und sahen überall hin, nur nicht zu dem leicht resignierten Keeper. „Schon gut“, seufzte dieser dann, „Ich sollte aufhören, so Trübsal zu blasen. Immerhin hat Tsubasa sich ja auch nie hängen lassen.“ In der Tat hatte es Schneider geschafft, sich als einziger in der Gruppe bisher noch keine Verletzung einzufangen. „Da war ich auch noch jünger und konnte mir so einen Ausfall auch besser leisten! Und ich habe alle in den Wahnsinn damit getrieben, wann ich wohl wieder spielen könnte.“ Wenn er genau nachdachte, hatte diese Besessenheit seiner Kindheit etwas abgenommen – Menschen, die er liebte, hatten sich ebenfalls einen Platz in seinem Herzen erarbeitet. „Diskutiert ihr gerade ernsthaft darüber, wer unausstehlicher ist?! Ihr seid doch total verrückt“, lachte Schneider und schüttelte den Kopf. Wakabayashi und Tsubasa sahen sich an und mussten dann grinsen. „Stimmt eigentlich“, murmelte der Mittelstürmer. „Eben“, nickte Schneider und wandte sich dann seinem alten Teamkollegen zu, „Also, Genzo, seit du weißt, dass du länger nicht dabei bist, hast du dir doch bestimmt etwas überlegt. Wie willst du deine Hand trainieren, wenn der Gips ab ist?“ Wakabayashi zuckte mit den Schultern. „Teig kneten“, sagte er locker. „Was?!“, fragten die anderen beiden gleichzeitig. Er grinste sie an. „Mein Arzt hat mir geraten, beide Hände gleichzeitig zu trainieren. Und weicher Teig, der nachgibt, soll richtig gut dafür sein. Ich find's auch witzig.“ Erst nach einer Weile seufzte Schneider und Tsubasa schüttelte den Kopf. „Will er dich in eine Bäckerei stecken?“ „Nicht ganz, ich soll auch noch andere Übungen machen. Die Idee wäre jedoch gut für's Image, oder?“ Er schnaubte selbst über diesen Unsinn. „Klar“, lachte Schneider, „Harte Männer, die pinke Kekse backen haben den deutschen Hooligans schon immer gefehlt! Die werden sich vor Begeisterung kaum noch halten können!“ Genzo prustete so stark los, dass er sich beinahe an dem Kaffee verschluckte, von dem er gerade einen Schluck hatte trinken wollen. Er hustete ein paar Mal und starrte den Deutschen dann gespielt böse an. „Doch nicht, wenn ich was trinke! Willst du mich ersticken?!“ Der Blonde grinste gutmütig und nickte. „Werde demnächst dran denken.“ „Fehlt nur noch, dass wir stricken“, murmelte Tsubasa und erntete erneut Lacher. Er rollte mit den Augen und sah sich in dem Restaurant, in dem sie saßen, etwas genauer um. Einige Leute sahen sie an, als wüssten sie nicht, ob die drei einfach nur gut drauf oder doch schon betrunken waren. Sie wirkten heute definitiv, als wären sie nicht ganz bei sich: Sie gackerten ständig los und foppten sich die ganze Zeit mit Witzen, die außer ihnen niemand verstand. „Hey, vielleicht sollten wir mal etwas leiser sein. Alle schauen schon zu uns rüber.“ Er lehnte sich nach vorne und sah seine beiden Freunde leicht warnend an. „Die denken sonst noch, wir wären schon am hellichten Tag betrunken. Wer weiß, was sie dann schreiben?“ Ja, er hatte auch endlich begriffen, welche Macht die Presse haben konnte. Auch, wie einfach die falsche Schlagzeile eine Karriere zerstören konnte. Er hatte es bei Carlos Santana sozusagen aus der ersten Reihe miterleben müssen. Der Fußballcyborg hatte sich nur einen Moment nicht unter Kontrolle gehabt und prompt war ein Foto gemacht worden, auf dem er einen Mann küsste. Santana hatte im darauf folgenden Medienrummel dem Druck nicht mehr standgehalten und öffentlich zugegeben, dass er die Männer den Frauen vorzog. Damit war seine Karriere gelaufen und er erklärte im selben Moment, dass er aufhören werde. Sie waren alle geschockt gewesen, dass ein solcher Star wie Santana einfach so fallen gelassen wurde. Nur, weil er jemand anderes im Bett liegen hatte als seine Teamkollegen, war er doch kein schlechterer Fußballer? Gleichzeitig hatten sie darüber diskutiert, wie sie sich wohl fühlen würden, wenn einer aus ihren Reihen sich plötzlich als schwul outen würde. Voller Unbehagen hatten sie sich angesehen und Ishizaki hatte dann kleinlaut zugegeben, dass es ihm wohl unangenehm wäre, mit so jemandem die Umkleidekabine zu teilen. Tsubasa selbst hatte ihm insgeheim zugestimmt. Er konnte selbst nicht genau sagen, wieso – und ihm war wirklich egal, wer wen liebte -, aber er fühlte eine gewisse Unsicherheit. Vielleicht stammte sie daher, dass er nicht wusste, wie man mit so jemandem umgehen sollte. Als er vom Geständnis des Brasilianers gehört hatte, hatte er sofort daran denken müssen, wie er damals selbst gegen den jungen Mann angetreten war. Er hatte sich gefragt, ob Santana ihn wohl beneidet hatte. Oder gehasst, immerhin hatte Tsubasa damals schon alles, was er sich wünschen konnte: Eine intakte Familie, einen freien Willen und ein Riesentalent, sowie eine Vorzeigebeziehung mit seiner Sanae. Da musste er Tsubasa doch hassen, was auch sonst? Aber dann hatte Pepe so einfach gesagt: „Wer weiß, vielleicht stand er ja damals auf dich? So, wie der auf dich fixiert war?“ Und dann hatten sie alle gelacht und Witze darüber gemacht, wie unwiderstehlich der Mittelstürmer sei. Tsubasa selbst hatte eine kleine Stimme in seinem Kopf gehört, die sich fragte, ob Pepe nicht doch recht hatte. Dabei hatte sich ein unangenehmes und merkwürdiges Gefühl in ihm breit gemacht. Es hatte damit geendet, dass er Santana eine Mail geschrieben hatte – der ehemalige Spiele war im Moment untergetaucht und lies somit nichts anderes zu – und hatte ihn direkt gefragt. Zurück kam der bissige Kommentar: Du auch noch? Hätte ich was von dir gewollt, hätte ich dich einfach gefragt! Lass mich doch mal in Ruhe! Nach dieser offenen Wut über eine zugegenermaßen dämliche Frage hatte er dem anderen nicht mehr geschrieben. Er hatte sich nicht mehr getraut, als er erkannt hatte, dass er genau wie alle anderen reagiert hatte. Trotzdem...dass Santana nichts von ihm gewollt hatte, hatte ihn beruhigt. Er wollte nicht von dem Exspieler begehrt werden. Er hasste es, wenn er Menschen in seinem Umfeld abweisen musste. Und bei diesem Punkt war er dann für sich auch irgendwie stehen geblieben. Seither wusste er nur zu genau, wie wichtig Selbstbeherrschung und ein makelloses Image waren. Fehlmeldungen waren wie ein Gift, dass man nur langsam wieder los wurde. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)