Greenhorn von Anemia (In guten Händen) ================================================================================ Prolog: Prolog -------------- Im Vergleich zu der Luxusbude gleich nebenan wirkte das Haus, welches Yohio ansteuerte, regelrecht mickrig. Doch das wusste ihn nicht zu erschüttern. Selbst in einer alten Baracke hätte er heute freiwillig Unterschlupf gesucht, wenn er in ihr nur eine halbwegs gemütliche Schlafgelegenheit gefunden hätte. Schlafen. Etwas, das bei Yohio seit einiger Zeit auf der Prioritätenliste ganz weit unten stand. Die dunklen Ringe unter seinen Augen ließen sich überschminken, aber seine Leistungsfähigkeit konnte ihm weder ein starker Kaffee noch ein Energydrink zurückbringen. Er bewegte sich quasi am Limit, und er verdrängte mit aller Macht, dass er im Grunde keine Kraft mehr besaß, um seinen stressigen Alltag zu bewältigen. Er musste funktionieren. Insbesondere ab dem heutigen Tag musste er es. Denn nun begann die wahrscheinlich wichtigste Zeit seines Lebens. Wenn er das hier versemmelte, würde es sich als sehr schwer gestalten, in Japan überhaupt noch Erfolge feiern zu können. Dabei war dies stets sein Ziel gewesen. Das, wovon er träumte, seit er zwölf war. Einfach nur Musiker zu sein reichte ihm nicht. Er wollte mehr sein als nur der bunte Vogel, welcher er für seine Landsleute hauptsächlich war. Nur in Japan würde er sein Talent entfalten können, weil man lediglich hier Typen wie ihn ernst nehmen würde, zumindest in gewissen Kreisen. Mit einem tiefen, erschöpften Aufseufzen zog er seinen Rollkoffer weiter über die Pflastersteine und versuchte, seine Müdigkeit zu verdrängen. Aber das war leichter gesagt als getan. Nun saß ihm auch noch der verdammte Jetlag in den Knochen, der dafür sorgte, dass er sich wie von einer Grippe heimgesucht fühlte. Doch ein Zurück gab es nun nicht mehr. Er musste sich irgendwie durchkämpfen, denn das Abenteuer hatte längst begonnen, nun, wo er vor der Tür des schlichten, aber doch wohnlich aussehenden Appartements stand und die Klingel betätigte. Er konnte von Glück reden, dass er während seines Japanaufenthaltes nicht in einem winzigen Hotelzimmer wohnen musste. Für ein paar Wochen wäre solch eine beengte Unterkunft natürlich in Ordnung gewesen, aber er würde wahrscheinlich ein halbes Jahr in Japan bleiben, um seine Karriere voranzutreiben. So etwas nahm viel Zeit in Anspruch, und er brauchte ein ordentliches Zuhause, wenn er sich einigermaßen wohlfühlen wollte. Es hatte sich also als wahrer Glücksgriff erwiesen, dass er auf die Internetseite mit den Appartementvermietungen gestoßen war. In Nullkommanichts hatte er Herrn Kawashima kontaktiert, welcher ihm eine prompte Zusage erteilt hatte. Als kleines Plus stimmte auch der Mietpreis, er würde also noch genügend Geld übrig haben, um sich zu verpflegen und sich vielleicht sogar ein wenig Luxus in Form von CDs oder Klamotten zu gönnen. Obwohl er fest entschlossen war, sich nicht allzu viel Freizeit zu gönnen. Er kannte sich schließlich, wusste, wie gierig sich sein innerer Schweinehund auf alles stürzte, was nichts mit Arbeit, sondern mit reinem Vergnügen zu tun hatte. Nein, Yohio würde hart zu sich selbst sein. Er wäre so gern ein Japaner, und wenn er schon nicht als ein solcher geboren worden war, so musste er wenigstens typisch japanische Eigenschaften sein eigen nennen. Disziplin zum Beispiel. Nur dumme Schweden faulenzten. Das hatte er schon früh mitbekommen.   Er wartete eine Weile vor der Haustür darauf, eingelassen zu werden. Zunächst schien alles im Haus sehr still zu sein, und er begann sich zu fragen, ob Herr Kawashima etwa vergessen hatte, dass er heute ankommen würde, aber dann öffnete sich die Tür doch und ein Mann mittleren Alters beäugte ihn äußerst verdutzt. Nanu? Hatte er ihn also tatsächlich vergessen? Okay, das machte auch nichts. Nächste japanische Eigenschaft, die Yohio sich sein eigen machen wollte: Höfliche Nachsicht, egal, was das Gegenüber verbockte. "Guten Tag, Herr Kawashima." Er deutete eine Verbeugung an, und als er wieder aufrecht stand, musste er mit einem unguten Gefühl im Bauch feststellen, dass der Mann ihn noch immer vollkommen unbeweglich musterte. Als wäre er ein Alien, das gerade in seinem Vorgarten gelandet war. Aber das konnte er ihm noch nicht einmal verübeln. Schließlich traf man in Japan nicht jeden Tag auf blonde Westeuropäer. "Was willst du?" Oh, mit solch schroffen Worten hätte Yohio nicht gerechnet. Kein Wunder, dass er im ersten Moment vor Schreck nichts mehr zu sagen in der Lage war. Er hätte mit einer zumindest ansatzweise herzlicheren Begrüßung gerechnet. "Ähm", setzte er nun eingeschüchtert an und wagte es kaum mehr, den Fremden anzusehen. Sein Selbstbewusstsein ließ leider noch immer zu wünschen übrig, insbesondere in Situationen, in denen er zu spüren bekam, dass man ihm nicht unbedingt wohlgesonnen war. "Sie haben Ihr Appartment an mich vermietet für die Zeit, in der Sie auf Geschäftsreise sind. Ein halbes Jahr. Er-erinnern Sie sich daran?" Die Frage war im Grunde vollkommen überflüssig, denn Yohio hatte nur kurz in das Gesicht des Mannes zu sehen brauchen, um feststellen zu können, dass er keinen blassen Schimmer hatte, wer er war. Wenn das mal nicht Probleme mit sich brachte... Wieder begutachtete der Kerl ihn, fuhr sich mit der Hand über sein kurzes, schwarzes Haar, ehe er nun einen gar angewiderten Blick für Yohio übrig hatte. "Ich habe mein Appartement nicht vermietet", behauptete er barsch und hatte die eine Hand schon wieder an der Türklinke, war also drauf und dran, das Brett Yohio vor der Nase zuzuknallen. "Und schon gar nicht an so eine...Kreatur wie dich." Er wollte die Tür tatsächlich voller Entschlossenheit schließen, doch trotz seiner eben noch dominierenden Schüchternheit schaltete Yohio schnell genug, um den Fuß zwischen Tür und Angel zu stellen und das Vorhaben Herrn Kawashimas zu stoppen. Wofür er sich einen wütenderen Blick denn je einfing, der aber noch nicht so schlimm war wie der Schmerz in seinem Fuß, der ihm die Tränen in die Augen trieb. "Aber-", protestierte er mit bebender Stimme, war er doch nicht gewillt, sich kampflos geschlagen zu geben. "Sie haben einen Vertrag unterschrieben! Sie können mich nicht einfach so abservieren!" "Gar nichts habe ich unterschrieben", knurrte der Mann und versuchte die Tür mit Nachdruck zuzupressen, ungeachtet der Tatsache, dass Yohios Fuß dabei in arge Mitleidenschaft gezogen wurde. "Und nun verschwinde!" "Au!", schrie Yohio nun wesentlich ungehaltener auf. "Sie tun mir weh, Mann!" "Dann nimm deinen verdammten Fuß endlich von meiner Schwelle und verlasse auf der Stelle mein Grundstück!" Zumindest ersteres tat Yohio nun, denn es hatte ohnehin keinen Zweck mehr, für sein Recht zu kämpfen. Der Mann würde einen Teufel tun und ihn in seine vier Wände lassen. Schon gar nicht nach diesem aufgebrachten Streitgespräch. Aber noch viel ausschlaggebender für die Abfuhr war wohl die Tatsache, dass er sicherlich nicht in das Weltbild dieses kleinlichen Mannes passte. Pah. Was vermietete er dann erst sein Haus, wenn er solch eine Angst vor Europäern besaß? Man wurde aus den Menschen einfach nicht schlau. Aber das spielte nun auch keine Rolle mehr. Fakt war, dass Yohio nun offiziell obdachlos war und keinen blassen Schimmer hatte, wohin er gehen sollte. Was für ein toller Start. Wenn das so weiterging, konnte er es knicken, in Japan voll durchzustarten. Aber noch schlimmer als das war der Fakt, dass sein Vater dann wieder einmal recht gehabt hatte und er tatsächlich noch nicht so weit war, um seine musikalischen Angelegenheiten ganz allein regeln zu können. Dabei hatte er ihm doch um jeden Preis beweisen wollen, dass er alt genug war, um das gebacken zu bekommen. So eine Scheiße. Betrübt schlurfte Yohio aus dem Vorgarten des unfreundlichen Herrn und dachte darüber nach, was er nun tun wollte. Gleich seinen Vater anrufen? Kam gar nicht in die Tüte. So schnell gab er sich nicht geschlagen. Rückschläge gehörten zum Leben, das hatte er doch bereits sehr früh lernen müssen während der Anfänge seiner musikalischen Karriere. Er würde sich nun einfach nach einem preiswerten Hotelzimmer umschauen, auch wenn er es zu bezweifeln wagte, dass er auf die Schnelle etwas Entsprechendes finden würde. Um diese Jahreszeit - es war Frühling - zog es viele Touristen nach Japan, die scharf darauf waren, die Kirschbäume blühen zu sehen. Er hatte also schlechte Karten. Auf der ganzen Linie hatte er versagt. Weil er eben doch nichts weiter war als ein kleiner, dummer Junge, der nichts weiter konnte als vor tausenden kreischenden Teenies mit dem Arsch zu wackeln. Wie sehr er sich dafür hasste, nichts weiter als ein Püppchen zu sein, das nur dank Papis Hilfe und dank Papis Geld auf irgendwelchen Bühnen seine Gesangskünste unter Beweis stellen durfte. Er hatte es so unglaublich satt. Niemand würde ihn auf diese Tour jemals ernst nehmen. Die ganze Welt würde ihn belächeln. Und daran würde sich auch sicherlich nie etwas ändern, wenn er doch wirklich nicht das Geringste auf die Reihe bekam. Dank seiner Müdigkeit, die ihn stets so sensibel machte, wuchs ihm nun ein dicker Kloß im Hals. Tränen ließen seine Sicht verschwimmen, als er über den Fußweg stolperte und sorgten dafür, dass er den Mann nur schemenhaft erkennen konnte, der sich ihm in den Weg gestellt hatte. Er hob gar nicht erst den Kopf, wollte er sich doch im Moment mit niemandem abgeben müssen, schließlich befand er sich psychisch längst auf dem Boden. Unbeirrt lief er weiter, kollidierte mit dem menschlichen Hindernis und versuchte sich wie ein Stier mit aller Macht seinen Durchgang zu erkämpfen. Doch er konnte noch so stur geradeaus zu laufen versuchen, als er bei den Schultern festgehalten wurde. Keinen Schritt kam er mehr vorwärts, was eine helle Wut in ihm aufsteigen ließ, doch schon im nächsten Moment wich dieser erneut der Verzweiflung. Noch immer blind vor Tränen hob er nun doch seinen Blick, was zur Folge hatte, dass er in ein ihm ziemlich bekannt vorkommendes Gesicht schaute. Er blinzelte die Tränen weg, aber noch immer blieb der Mann verschwommen, der im Gegensatz zu Herrn Kawashima allerdings immerhin ein Lächeln für ihn übrig hatte. Und einen ungemein besorgten Blick. "Alles in Ordnung mit dir?", fragte er ihn mit ruhiger, tiefer Stimme. "Ich habe mitbekommen, dass du eine Auseinandersetzung mit meinem werten Herrn Nachbarn gehabt hast. Herr Kawashima kann ziemlich eklig sein. Auf mich ist er ebenfalls nicht sehr gut zu sprechen, aus ganz bestimmten Gründen..." Nach ein paar weiteren, hektischen Blinzlern erkannte Yohio schließlich, mit wem er es zu tun bekommen hatte. Und fiel fast in Ohnmacht. Das musste eine Halluzination sein, hervorgerufen durch seine quälende Müdigkeit. Ein Trugbild, erschaffen von seiner angeschlagenen Psyche, denn von diesem Mann versprach sie sich Hilfe und Sicherheit. "Das...ist nicht wahr", stammelte Yohio, nachdem er voll Ehrfurcht einen Schritt zurückgewichen war und den Mann vor ihm aus großen Augen anstarrte, so bewundernd wie ein Kind, das gerade vor den Weihnachtsbaum geführt worden war. "Gackt? Ich glaub, ich träume..." Ein belustigtes Glucksen entkam dem Mann mit den rötlich gefärbten Haaren und dem makellosen Gesicht, welches keinerlei Rückschlüsse auf sein wahres Alter ziehen ließ. Natürlich war hier und da auf kosmetische Art und Weise nachgeholfen worden, aber das war Yohio in diesem Moment vollkommen gleich. "Ich muss dich enttäuschen, du träumst nicht", schmunzelte Gackt, der innerlich den Kopf schüttelte aufgrund des anhimmelnden Blickes des Jungen mit den vom Weinen jedoch nach wie vor geröteten Augen. Er kannte Gesichtsausdrücke wie diese nur zu gut, denn für viele japanische Mädchen, aber auch Jungs war er ein absoluter Superstar, ja gar ein Gott. Dumme Kiddies waren das, obwohl Gackt schon verstehen konnte, was sie an ihm bewunderten, schließlich kam sein Erfolg nicht von ungefähr. "Ich bin echt. Du kannst mich sogar anfassen." Das selbstverständlich tat Yohio nicht. Solch eine Respektlosigkeit konnte er sich gegenüber einem seiner Idole nicht erlauben. Viel mehr stand er noch immer in etwas Abstand zu ihm und senkte nun ehrerbietend das Haupt. Als Gackt ihm daraufhin allerdings die Hand auf die Schulter legte, schlug ihm das Herz fast bis zum Hals, so aufgeregt war er. "Was wolltest du eigentlich ausgerechnet bei Herrn Kawashima, mh?", erfragte der Ältere, und da kehrte Yohios alte Hilflosigkeit und Resignation jäh zurück. Beinahe hätte er über der Begeisterung für seine zufällige Begegnung vergessen, weiterhin Trübsal zu blasen. "Ich habe sein Appartement über das Internet gebucht", erklärte Yohio bedrückt und starrte zu Boden, wie immer, wenn er sich klein, dumm und nutzlos fühlte. "Er hat sogar ein Formular unterschrieben, in dem steht, dass ich in der Zeit seiner Geschäftsreise in seinem Haus leben darf, aber", er seufzte schwer, "als ich nun vor seiner Tür stand, wollte er davon nichts mehr wissen." "Typisch Kawashima", brummte Gackt mit einem Kopfschütteln. "Es wundert mich wirklich, dass so einer wie er überhaupt sein Haus an Westler vermietet, so, wie er immer über Ausländer schimpft..." "Da hab ich ja mal wieder voll ins Klo gegriffen", beklagte Yohio, der immer geknickter wirkte und förmlich in sich zusammensank. "Hätte ich lieber gleich ein Hotelzimmer gebucht, dann müsste ich nun nicht für ein halbes Jahr auf der Straße leben..." In Anbetracht seiner trüben Zukunftsaussichten brachen seine Gefühle nun einfach aus ihm heraus, auch wenn er sich in Grund und Boden dafür schämte, dass er nun wie ein Kleinkind vor seinem Idol heulte. Doch den elenden Schluchzern vermochte er keinerlei Einhalt mehr zu gebieten, als sie schließlich aus seiner Kehle drangen. "Sorry", stammelte er lediglich und hielt die Hände vor sein Gesicht, damit Gackt zumindest nicht seine vor innerem Schmerz verzerrte Visage sehen musste. "T-tut mir leiheiheiheid..." Eine Weile lang betrachtete Gackt den offensichtlich tief verzweifelnden Jungen schweigend. Auch wenn er es sich nicht anmerken ließ, war er doch kein Mensch, der seine Gefühle jedem offen zeigte, so regte sich Mitleid mit dem Kleinen in ihm. Sein herzzerreißendes Weinen ließ ihn ganz und gar nicht unberührt, zumal der Junge fast noch ein Kind war, und ein Kind sollte unter keinen Umständen so unglücklich sein müssen. "Herrn Kawashima sollte es leid tun", beschied Gackt ihm nun und legte ihm sanft die Hände auf die Schultern, da er den Jungen nicht auch noch mit einer Umarmung überfordern wollte, wo er doch selbst so viele Gefühle in dem Kleinen weckte. "Wie kann man einen so sensiblen Jungen einfach wegschicken? Dieser Mann hat einfach kein Herz. Aber zum Glück habe ich eines." Yohio, der inzwischen nur mehr leise vor sich hin weinte, hielt nun inne und schaute hoffnungsvoll zu Gackt auf, der ihn um fast einen ganzen Kopf überragte. Sicherlich sah er schrecklich verheult aus, was absolut schändlich war, hatte er sich doch immer gewünscht, einen guten ersten Eindruck zu hinterlassen, wenn er irgendwann einmal auf Gackt treffen würde. Aber nun ließ sich das wohl nicht mehr ändern. Immerhin ließ sich auf diese Weise das Mitgefühl des Japaners wecken, wenn er schon die Chance verspielt hatte, ihm zu gefallen. "W-weißt du etwa, wo ich für ein halbes Jahr unterkommen könnte?", äußerste Yohio voll des neuen Mutes und sorgte bei Gackt für ein feines Lächeln. "Das weiß ich in der Tat", bestätigte er ihm und deutete mit dem Kinn auf das prächtige Haus, welches sich in Yohios Rücken befand. "Du kannst bei mir wohnen. Ich habe massig Platz, den ich gern teilen würde." Yohio hatte das Weinen mittlerweile vollkommen vergessen. Mit einem Ausdruck der Fassungslosigkeit im Gesicht drehte er sich herum und beäugte das Haus, welches ihm vorhin schon als äußerst schmuck und beeindruckend vorgekommen war. Der Garten wirkte riesig, aber das war noch nichts gegen die drei Etagen und den Whirlpool auf dem Dach. Wenn die Inneneinrichtung ähnlich beschaffen war, bedeutete dies Luxus pur, und das für ein ganzes halbes Jahr. Sollte er tatsächlich so viel Glück im Unglück haben? Er konnte es kaum fassen. Wahrscheinlich saß er noch im Flugzeug und träumte das alles nur. Anders konnte er sich die Situation nicht erklären. "I-ich soll bei-bei dir wohnen?" Sein Mund stand noch immer ungläubig offen, als er sich wieder zu dem zufrieden schmunzelnden Gackt umdrehte, der auf seine Frage hin wie selbstverständlich nickte. "Aber...aber...du wirst mich bestimmt nicht sehr lange ertragen können. Schon gar kein halbes Jahr. Ich kann nämlich sehr unordentlich sein, und außerdem bin ich wie ein Elefant im Porzellanladen. Ich hoffe, du hast keine allzu teuren Vasen, die ich schrotten könnte..." Gackt war ganz hingerissen aufgrund der Sorgen, die den Jungen quälten. Er war sich immer sicherer, dass er die richtige Entscheidung getroffen hatte. Die süße Unschuld, die der Kleine ausstrahlte, würde ihm sicherlich gut tun und ihn ebenfalls jung halten. Wenn man sich wie er fast ausschließlich mit Männern seines Alters umgab, kam man überhaupt nicht in den Genuss eines frischen Windes. "Wir werden uns schon miteinander arrangieren", versprach Gackt Yohio und strich ihm nun doch fürsorglich über das seidige, blonde Haar, was dem Kleinen wieder seine kugelrunden, anhimmelnden Augen bescherte. "Du bist bei mir jedenfalls in guten Händen." Das wagte Yohio auch für keinen einzigen Moment zu bezweifeln. Gackt war der Typ Mann, der einen beschützen konnte, wenn es hart auf hart kam, auch wenn Yohio auf keinen Fall irgendjemandem am Schürzenzipfel hängen wollte. Er hatte sich vorgenommen, seine Angelegenheiten zum ersten Mal allein zu regeln und sich auch selbstständig aus jedweder Scheiße herauszuboxen. Schließlich war er fast erwachsen, auch wenn er sich in manchen Augenblicken noch wie ein schutzloses Kind fühlte, das den Herausforderungen seines stressigen Lebens nicht gewachsen war. Doch mit einem vernünftigen Dach über dem Kopf würde er die Schwierigkeiten, die eventuell noch auf ihn zukamen, ebenfalls meistern können. Gackt hatte ihm wieder ein wenig Zuversicht geschenkt, wofür er ihm unendlich dankbar war. Denn beinahe hätte er schon am ersten Tag alles hingeschmissen. Seinen Traum einfach in die Tonne getreten. Nein, jetzt würde er nicht mehr so schnell aufgebeben. Es gab schließlich Licht in der Dunkelheit.   Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)