Ein neuer Morgen von Tyrant_Dragon ================================================================================ Kapitel 1: Ein neuer Morgen --------------------------- Wie hatte das nur passieren können? Es war doch alles nach Plan verlaufen! Er hatte einen Keil zwischen ihnen getrieben und sogar ihr Vertrauen zueinander stark erschüttert. Aber es hatte nichts genutzt! Es hatte sie nur noch stärker gemacht und hatten ihn dadurch besiegt. Die Sargasso-Dimension war durch die geballte Kraft der beiden ins Wanken geraten, so dass er schwer verletzt durch das Portal hatte flüchten müssen. Auf dem Weg zurück in die Bariandimension bemerkte er allerdings, dass er die Richtung und sein Gleichgewicht nicht mehr halten konnte. Sein zerbrochener Flügel half ihm nicht mehr beim Steuern und die Verletzungen rissen an seiner Konzentration die Route zu halten. „Nein nicht jetzt!“, brüllte er und merkte dass er vom Kurs abkam. Die Erschütterung, dass er gegen Astral und Yuma verloren hatte, lenkte ihn ab und weiter von der Barianwelt entfernt. Er wollte aber nicht für immer in einem Dimensionsportal festsitzen! „Denk an was! Denk an was!“, brüllte er sich selbst an, während er weiter ins schwarzen Loch gesogen wurde. Aber seine Erinnerungen an die Barianwelt waren eingeschränkt. Der Thronsaal in der Festung flog vor seinem inneren Auge vorbei. Allerdings wusste er dass sich Dumon und Mizar dorthin gerettet hatten. Auf deren besserwissende Sprüche hatte er nun absolut keine Lust. Es gab sonst nichts anderes in der Barianwelt was auch nur ansatzweise in Erwägung hätte gezogen werden können. //Die Erde!//, schoss es ihm verzweifelt durch den Kopf. Allerdings riss er erschrocken die Augen auf. All seine Erinnerungen an die Erde waren von Yuma geprägt. Und Erinnerungen an Yuma bedeuteten Schmerz und Verlust. Es gab also nichts mehr was ihn vor dem schwarzen Loch retten könnte. Doch da glomm ein kleiner heller Stern in seiner Nähe auf. Der letzte Hoffnungsfunke. Verzweifelt streckte er seine Hand aus und griff nach dem aufleuchtenden Stern. Als ihm bewusst wurde, wo es ihn hinbrachte riss er die Augen auf. Er konnte sich gar nicht mehr dagegen wehren. Die Erinnerungen daran kamen alle in ihm hoch und brachten ihn zu dem Ort. Er spürte wie ihn die Barianmacht verliess und er zurück in den orangehaarigen Jungen transferiert wurde. Das Portal öffnete sich und der Barianer knallte schmerzhaft auf die nassen Steinplatten, ehe es verschwand und ihn zurückliess. Er rollte zwei Mal über den Boden und blieb benommen liegen. Augenblicklich wurde der nun wieder orangehaarigen Junge vom nassen, kalten Regen begrüsst. Er prasselte hart auf ihn hinab und die dünne Schuluniform sog sich damit voll. Schnell war er bis auf die Knochen durchnässt und spürt wie die Kälte in seine Glieder fuhr. Das Duell hatte ihn als Barianer sehr geschwächt und der Transport durch die Dimension noch mehr, dass er sich kaum noch bewegen konnte. Ausserdem tat ihm jede Stelle an seinem Körper weh. Dennoch schaffte er sich zitternd auf die Knie zu stemmen. Sein Blick glitt hoch. Er sah die Fensterfront vor sich, die im Dunkeln lag. Die Balkontüre die sonst immer offen war, war geschlossen. Erschöpft, geschwächt und müde stemmte er sich weiter hoch auf die Beine. Noch immer hagelte es Regentropfen auf ihn und brachte zusätzliches Gewicht durch die nasse Kleidung. Die violetten Augen waren vor Müdigkeit und Schmerz getrübt. Er konnte einen halben Schritt machen, ehe er nach vorne kippte, hart aufprallte und liegenblieb. Das war wohl sein Ende. Es sah nicht danach aus, als sei das Penthaus bewohnt. Wahrscheinlich hatte er eh ein Turnier und würde erst Wochen später zurückkommen. Bis dahin war er wohl schon längst eingeschlafen, um nie mehr aufzuwachen. Laut rauschte der Regen in seinen Ohren, allerdings nahm das Geräusch nach und nach ab und er hörte es so gut wie nicht mehr. Stattdessen hörte er seinen Herzschlag, den er als Mensch so viel deutlicher wahrnahm, als wenn er Barianer war. Es fiel ihm schwer die Augen offen zu halten. Die Kälte spürte er schon gar nicht mehr, im Gegenteil, irgendwo glomm eine angenehme Wärme in ihm auf. Schliesslich schloss er die Augen und liess sich in die warmen Illusion fallen, so dass er rasch nichts mehr wahrnahm. Der Dunkelblondhaarige seufzte schwer als er endlich durch die Wohnungstür schritt. Er hängte den Schlüssel auf und machte erst einmal Licht. Tief zog er den Duft von zu Hause ein. Hatte er es doch die letzten paar Tage vermisst, da er weit ausserhalb der Stadt war und ein Turnier geführt hatte. Er hatte es gewonnen und stellte den Pokal soeben in das Regal zu den anderen Trophäen. Allerdings schenkte er dem Edelmetall keine weitere Beachtung sondern widmete sich lieber damit seine Küchenschränke mit weiteren Fotos zu schmücken. Zufrieden stützte er seine Hände in die Hüfte. „Viel besser“, grinste der 19-jährige und streckte seine Glieder. Sein Blick fiel zur Fensterfront. Der Regen prasselte laut und stark auf die Terrasse. Es war früher Abend, doch die dichten Regenwolken liess der Himmel wie bei Nacht verdunkeln. Schon seit Stunden prasselte es Tropfen vom Himmel und es schien als gäbe es kein Ende. Den Regen mochte er nicht. Ein Sommergewitter hingegen war noch immer etwas interessantes. Besonders da ihm das Vordach noch etwas Schutz bot und er somit auch rausgehen konnte, wenn es regnete, ohne gleich damit rechnen zu müssen patschnass zu werden. So schritt er auf die Balkontüre zu und schlüpfte in die Pantoffeln da er keine kalten Füsse haben wollte. Ihm schlug ein kalter Wind entgegen, als er die Türe öffnete. Aber auch dieser typisch erfrischende Duft nach Sommerregen. Er liebte es. Geniessend hatte der Dunkelblondhaarige die Augen geschlossen, ehe er sie wieder öffnete, dann aber vor Schreck aufriss. Auf seiner Terrasse lag eine Person. Eine Person, deren Abschied kein Wirklicher und vor allem nicht mit Freude abgelaufen war. Allerdings stimmte etwas nicht. Sie rührte sich nämlich nicht. Sofort eilte der Profiduellant zu dem Bewusstlosen und zog ihn unter das Vordach. Hastig richtete er dessen Oberkörper auf und stützte ihn mit seinem Arm in seinem Rücken. „Hey! Vector!“, sanft tätschelte er ihm gegen die Wange um ihn zu wecken. Doch der Orangehaarige rührte sich nicht. Besorgt sah er sich die Schrammen im Gesicht des Jungen an. Sie waren frisch, schienen aber bereits dabei zu sein sich zu schliessen und zu heilen. „Verdammt du bist ja ganz kalt“, murrte der 19-jährige und hob den Jungen hoch. Abermals war er von dessen Fliegengewicht überrascht. Mit eiligen Schritten ging er mit dem Jungen auf dem Arm ins Badezimmer. „Sunshine, suche nach Tipps gegen Unterkühlung“, befahl er seinem Roboter mit lauter Stimme. Die kleine Maschine fuhr aus der Ladestation nachdem ihr Name gefallen war und rollte zu dem Dunkelblondhaarigen. „Effektivste Lösung gegen Unterkühlung, einen Arzt aufsuchen, Master Daisuke.“ Der Angesprochene sah hoch. „Abgelehnt. Such weiter.“, befahl er der Maschine und legte den Jungen in die Badewanne und begann ihn auszuziehen. Sein ganzer Körper fühlte sich kalt an. //Wie lange er wohl schon im Regen lag?//, fragte sich Daisuke und hielt in seinem Tun inne. Er hatte gerade dessen Hemd aufgeknöpft und sah auf den nackten Oberkörper des Jungen. Auch dieser wies überall Schrammen und blaue Flecken auf. Der Pro-Liga-Duellant erinnerte sich an ihre erste schreckliche Begegnung. Schüttelte dann aber den Kopf und streifte ihm die nasse Kleidung von der Schulter. „Weitere Vorgehensweise um Unterkühlung zu unterbinden. Ins Trockene und Warme gehen. Nasse oder kalte Kleidung entfernen. Körper trocknen. Trockene Kleidung anziehen. Sich zudecken. Warmes und gesüsstes Getränk zu sich nehmen.“, diktierte der Roboter die Punkte auf. „Sunshine, hol mir frische Kleidung und ein Handtuch“, gab Daisuke weitere Anweisungen. „Zu Befehl, Master Daisuke.“ Und so rollte die Maschine aus dem Badezimmer. Der Dunkelblondhaarige hatte den Jungen nun komplett ausgezogen und die nasse Kleidung ins Waschbecken geworfen. Sein Blick glitt zum Stein den der Junge um den Hals trug. Er nahm den roten Edelstein in die Hand und betrachtete ihn sich von allen Seiten. Das Pulsieren, das er einst gesehen hatte war verschwunden. In seiner Hand hatte er keinen mystischen Gegenstand aus einer anderen Dimension der warm in der Hand pulsierte. Stattdessen hatte er lediglich ein matter, roter, glatt geschliffener Stein zwischen den Finger. Vorsichtig begann er ihm seine Haare mit dem Handtuch trocken zu rubbeln. Schliesslich kam Sunshine mit den Kleidern und einem weiteren Handtuch zurück. So trocknete der 19-jährige den unerwarteten Besuch und zog ihm seine Kleidung an. Anschliessend richtete er sich wieder auf und sah einen Moment mit undefinierbarem Blick auf Vector hinab. Er verschwendet nur einen kurzen Gedanken, dass er ihn einfach liegen lassen könnte. Fühlte sich aber bereits für diesen Gedanken miserabel und schlecht, so dass er den Jungen hochhob und mit ihm in sein Schlafzimmer schritt. Dort bettete er den Orangehaarigen in sein Bett und deckte ihn zu. Daisuke ging zum Schrank und holte dort die Wolldecke für den Winter vom oberen Ablagefach um Vector noch mit dieser zuzudecken. Schliesslich erhöhte er die Zimmertemperatur noch etwas. Der Profiduellant schritt aus dem Schlafzimmer. „Sunshine, setz Tee auf und lass ihn abkühlen bis er lauwarm und angenehm zu trinken ist.“, wies er den Roboter an, der ein „Wie Sie wünschen, Master Daisuke“ aus dem Badezimmer sprach und aus dem Bad zur Kücheninsel rollte und dort Tee aufsetzte. Daisuke seufzte und schritt zum Balkon der noch immer offen war. Sein Blick fiel zu Boden neben dem Türrahmen. Murrend nahm er die Schachtel und zündete sich eine Zigarette an. Seufzend lehnte er sich gegen die Scheibe und sah nach oben in den Himmel. Die Nacht hatte nun eingesetzt. Der Regen prasselte noch immer wie ein Tier auf die Terrasse nieder, wobei die Temperatur weiter sank. Mittlerweile war der frische Sommerduft verschwunden und es herrschte eine frische, gar fröstelnde, Atmosphäre. Der Profiduellant nahm einen tiefen Zug und wartete einen Moment bis er ihn mit einem Seufzten ausstiess. Er griff sich mit der zigarettenfreien Hand an die Stirn. Er dachte damit abgeschlossen zu haben. Aber es schien als werde er davon eingeholt. //Wieso ist er jetzt wieder da? Will er mich wieder ausnutzen? Ich dachte er hätte mit mir abgeschlossen, wie ich es mit ihm hatte.// Der Grauäugige murrte. //Man wird ihn wohl einfach nicht los.// Nach nur zwei Zügen rollte er die Zigarette vorsichtig in der Kerbe des Aschenbechers um die Asche abzuklopfen. Behutsam drückte er den vordersten Teil auf den Aschenbecher um die Zigarette endgültig zu löschen und legte sie in die Einbuchtung um sie irgendwann einmal weiter oder fertig zu rauchen. Schliesslich schritt er wieder in die Wohnung und schloss die Balkontür. Der 19-jährige nahm das dampfende Getränk von der Arbeitsfläche der Kücheninsel und probierte erst selbst einen Schluck. Der Tee war gut gesüsst, und angenehm zu trinken aber noch immer etwas heiss, ehe er damit in sein Schlafzimmer schritt. Vector schien mittlerweile aus seiner Bewusstlosigkeit entkommen zu sein und schlief nur noch. Wobei es ein unruhiger Schlaf war. Er murrte und drehte den Kopf hin und her, wobei er schnell atmete. Daisuke legte ihm eine Hand auf die Stirn und merkte dass der Barianer fieberte. //Dass Barianer krank werden können//, schoss es dem Dunkelblondhaarigen erstaunt durch den Kopf. Wusste er doch so wenig über diese sonderbare andere Art, dass ihm das so sonderbar vorkam. Schliesslich schritt Daisuke zurück in die Küche, holte eine Brausetablette gegen Fieber und liess diese im Tee auflösen. Vorsichtig richtete er Vectors Oberkörper auf und schüttelte ihn sanft. „Hey Vector, wach auf.“ Dieser wachte aber nicht auf sondern murrte nur. „Rei“, sprach Daisuke nachdem weiteres einreden nichts brachte, zögerte aber weiterzusprechen. „Rei, wach auf. Du bist in Sicherheit. Ich bin bei dir.“ Es schien zu helfen. Vector kniff die Augen fester zusammen und murrte. Langsam öffneten sich die Seelenspiegel des Jungen. Allerdings merkte Daisuke, dass der Junge völlig benebelt war. Er sah ihn mit matten violetten Augen neben der Spur an und schien nicht zu verstehen wo er war und wen er vor sich hatte. //Das Fieber scheint ihn fest im Griff zu haben//, dachte er. Behutsam gab er ihm die Tasse in die Hand, welche von Vector gleich umfasst wurde. Zur Sicherheit hielt Daisuke Vectors Hand und umschloss die Tasse somit ebenfalls. Der Junge schien mittlerweile aufgetaut zu sein, denn die Hand fühlte sich angenehm warm an. Es würde ihn nicht überraschen, wenn der Junge zu schwach war die Tasse zu halten und das Getränk ausschütten würde. Langsam, Zug um Zug trank Vector den Tee und das Mittel gegen das Fieber. Als dieser die Tasse geleert hatte, legte er den Jungen wieder nieder. Daisuke brachte die leere Tasse in die Küche und rief seinen Arzt an. Der Profiduellant wollte sichergehen, dass der Junge keine ernsthafte Verletzungen davongezogen hatte. Wovon auch immer. Wobei er glaubte zu wissen, von wo. Denn der Junge begann im Schlaf zu reden. Yuma. Sein Alptraum handelte von Yuma und einem Astral, wer auch immer das war. Als der Arzt auftauchte untersuchte dieser den Barianer und Daisuke betete, dass er sich genauso menschlich für den Arzt anfühlte wie er äusserlich den Anschein machte. Der Doktor stellte zwar offensichtliche Fragen zu den Verletzungen und der kalten Temperatur, bohrte aber nicht nach als Daisuke dazu schwieg. Der Arzt hatte dem jungen den Oberkörper verbunden und ihm ein grosses Pflaster auf die Wange geklebt, wo die schlimmste Schramme lag und ein Kleines über den Nasenrücken, da er auch dort einen bösen Schnitt davongezogen hatte. Daisukes Blick ging zum Stein der neben dem Kopfkissen auf dem Abstelltisch lag. Der Doktor hatte ihm diesen ausgezogen als er Vector verarztet hatte. Der Profiduellant griff danach und legte ihn dem Orangehaarigen wieder um den Hals. Als würde der Barianer merken dass der Edelstein wieder in seiner Nähe war, atmete er tief ein und aus als sei er erleichtert das Schmuckstück wieder bei sich zu wissen. Auch der Stein schien die Gegenwart seines Besitzer wieder zu spüren, den er glomm leicht rosig auf und Daisuke spürte wieder dieses seltsame Pulsieren, als er ihn erneut in die Hand nahm. Desweiteren war er warm und nicht mehr kalt. Müde setzte er sich auf das Bett und liess sich mit einem entspannten Seufzen nach hinten fallen, so dass er neben dem Barianer lag, aber auf den Decken. Wie gut es sich doch anfühlte wieder auf dem eigenen Bett zu schlafen. Da er sein Bett mehrere Tage hatte missen müssen, würde er es jetzt garantiert nicht von Vector nehmen lassen, sich endlich in dieses legen zu können. //Was für ein Tag//, dachte der Dunkelblondhaarige und liess die Augen müde zufallen. Da hatte er das Turnier gewonnen, konnte endlich nach Hause in seine kleine Wohnung zurück und wurde von dem Barianer heimgesucht, den er glaubte nie wieder zu sehen. //Was für ein Tag//, dachte er erneut und müde und liess sich in die Dunkelheit des Schlafes ziehen. Vector wachte einmal auf, als ihm viel zu heiss war. Er glaubte unter der Sonne zu zergehen. Als er sich aufrichtete, weil er die Hitze nicht mehr ertrug, rutschten die Decken von seiner Brust und es fiel ihm wieder einfacher zu atmen. Leicht panisch und aus Reflex umschloss er seinen Kristall. Der hatte sogleich eine beruhigende Wirkung auf ihn, so dass die Panik rasch verflog. Ziemlich verwirrt und neben der Spur sah er sich im Raum um, konnte sich aber nicht erinnern hierhergekommen zu sein. Sein Blick ging zu seiner rechten, wo er eine Person ausfindig machen konnte. Er kannte sie, wusste aber nichts nennenswertes zu sagen, was die Person ausgemacht hätte. Sein Kopf fühlte sich schummrig an und ihm war nicht danach vollkommen aus seinem Schlaf aufzuwachen. So legte er sich wieder hin, wobei er mit dem Gesicht zu der Person lag. Selig seufzte er, da er so bequem lag. Sein Körper tat ihm zu seinem Erstaunen nicht mehr weh. Nur etwas kalt hatte er. Unbewusst rutschte er näher an die Person vor sich ran, da sie so eine schöne Wärmequelle bot und schmiegte sich gegen dessen Körper. //Gemütlich... sicher...//, dachte er völlig ausgelaugt und liess sich wieder in die Tiefe des Schlafes ziehen. Als Daisuke wieder erwachte war es noch immer finster. Er schien wohl nicht lange geschlafen zu haben. Was zwar seltsam war, ihn aber nicht überraschte. Die innere Uhr schien ihn geweckt zu haben. Der dunkelblonde Profiduellant wollte sich aufrichten als er merkte, dass es nicht ging. Etwas schweres lag auf seiner Brust und drückte ihn nieder. Verwirrt öffnete er die Augen und sah an sich hinab. Das erste was ihm ins Auge stach war der orange Haarschopf, aufgrund dessen er nichts anderes sah. Er spürte allerdings dass sich sein unangemeldeter Besuch an ihn gedrückt hatte und sein Bein von denen des Jungen umschlungen wurde. Seufzend rieb der Orangehaarige seinen Kopf an Daisukes Brust und schmatze leise aber geniessend. Vorsichtig legte der Pro-Liga-Duellant dem Jungen eine Hand auf den Kopf und strich sanft durch seine weichen Haare. Das hatte zur Folge, dass sich der Schlafende enger an ihn schmiegte und sich in sein Shirt krallte. Unweigerlich musste Daisuke schmunzeln. //Dir war wohl kalt was?//, dachte Daisuke als er sah, dass Vector nur bis zur Hüfte zugedeckt war. Behutsam tastete er nach dessen Stirn um diese zu fühlen. Das Fieber war verschwunden. Langsam und darauf bedacht, dass der Junge weiterschlief löste er sich von dessen Umklammerung damit er ins Bad gehen konnte. Mit seiner inneren Uhr kam auch die alltägliche Routine, so musste er dringend auf die Toilette. Sanft legte er dem murrenden Jungen die Decke über die Schulter, wobei er sah, dass dieser sich ins leere Laken krallte. Allerdings machte er sich darüber keine Sorgen mehr, da er bereits auf dem Weg ins Badezimmer war. Nach dem Wasserlassen linste er nochmals zur Sicherheit ins Zimmer und konnte nicht verhindern dass er rot wurde. Vector hatte sich das Kissen geschnappt und umklammerte es, wie er ihn zuvor umklammert hatte. Dabei drückte er sein Gesicht fest in den Stoff und sog den Duft ein, ehe er genüsslich seufzte und weiterschlief. Nachdem er sich von der Szene reissen konnte, schloss Daisuke die Türe vorsichtig und sah diese lange an. Seine Hand glitt zu seinem Mund auf den er sie legte. //Konnte es sein?//, fragte er sich und sah die Tür weiterhin an, ehe er sich von dieser löste und zur Terrasse schritt um die begonnene Zigarette fertig zu rauchen. Murrend drehte sich der Orangehaarige zur Seite und schlug langsam die Augen auf. Eine innere Unruhe hatte ihn geweckt. Er spürte dass etwas fehlte, wusste aber nicht was. Er befand sich in einem dunklen Zimmer und war weich gebettet. Falsch er befand sich in seinem Zimmer und befand sich in seinem Bett. //Scheisse, wieso bin ich hier?//, dachte er verbissen und versuchte sich zu erinnern wie es kam dass er hier gelandet war. Als es ihm wieder bewusst wurde, ballte er seine Hände zu Fäusten und haute diese wütend auf das Bett. Er musste hier ganz dringend verschwinden. Aber erst wollte er sich frisch machen. Der Trottel würde bestimmt nichts dagegen haben, wenn er sich aus dem Staub machen würde. Wahrscheinlich würde er es noch begrüssen. Der Barianer schwang seine Beine über das Bett und richtete sich mit Schwung auf, um mit Schwung zu Boden zu knallen. Sein Körper bestand in dem Moment indem er auf den Teppichboden knallte nur aus Schmerz und es kostete ihn grösste Selbstbeherrschung nicht aufzuschreien. Schmerzenstränen bildeten sich in seinen Augen und eine kullerte ihm über Wange. //Fuck!//, fluchte er und richtete sich mühsam hoch. Er schleppte sich zum Schrank und stützte sich an diesem, während er sich daraus frische Sachen suchte. Die Klamotten die er nicht benötigte warf er achtlos hinter sich, oder zu Boden. Schliesslich warf er sich die Kleidung die er brauchte über seine Schulter und torkelte aus dem Zimmer ins Bad. Seine Beine wollten ihn kaum halten, er musste sich die ganze Zeit wo festhalten. Wütend räkelte er sich aus den lästigen Verbände und riss sich die Pflaster vom Gesicht, nicht ohne schmerzvoll das Gesicht zu verziehen. Der Orangehaarige duschte fix und spürte dass es ihm schon viel besser ging. Frisch geduscht und in neuer Kleidung gehüllt, wobei ihm diese viel zu gross war, schritt er aus dem Bad. Die alten Klamotten hatte er auch hier achtlos zu Boden geworfen und eine kleine Verwüstung zurückgelassen. Sein violetter Blick suchte die Wohnung ab und fand die offene Balkontür. Draussen war es noch immer finster und es regnete. Der Besitzer der Wohnung stand draussen gegen die Scheibe gelehnt und hatte ihm somit den Rücken zugekehrt. Vector schritt auf die Tür zu und wurde von fröstelnder Kälte begrüsst. Er blieb in der Wohnung da er nackte Füsse hatte und diese nicht nass machen wollte. Seine violetten Augen sahen vom bewölkten Morgenhimmel zu dem Dunkelblondhaarigen. Er sah ihn erst überrascht an, ehe er den Blick in mürrisch wechselte. „Seit wann rauchst du?“, knurrte er ihn dementsprechend an. Daisuke, der bemerkte, dass er angesprochen wurde, sah weiterhin in den Himmel hoch. Er nahm einen tiefen Zug aus dem Glutstängel, ehe er den Rauch in den Morgen blies. „Seit wann ist meine Wohnung ein Flüchtlingscamp?“, gab er herablassend und kühl zurück, noch immer ohne ihn anzusehen. Der Orangehaarige biss wütend die Zähne zusammen. //Riesentrottel wie eh und je//, wetterte er gedanklich und schritt schliesslich auf die Terrasse. Augenblicklich spürte er wie ihm kalt wurde, als die nackten Füsse die feuchten und kalten Steinplatten berührten. Er blieb neben dem Grösseren stehen und funkelte ihn gereizt an. Wobei er selbst nicht wusste wieso. Der Dunkelblondhaarige hatte ihm geholfen, obwohl er der Riesentrottel gewesen war. Er hätte ihn auch einfach im Regen liegen lassen können. Er selbst hätte sich nämlich dort liegen gelassen. Er wollte ihm irgendetwas an den Kopf werfen. Irgendetwas sagen. Aber das einzige was er rausbrachte war: „Rauchen ist nicht gesund.“ //Wieso sag ich so was?//, dachte er erschrocken. Der Profiduellant schenkte ihm nur einen kühlen Blick aus dem Augenwinkel, wobei er die Augenbraue erstaunt hob. Damit hatte er nun auch nicht gerechnet. Woher diese... besorgten Worte kamen? „Geh rein. Du erkältest dich noch und bekommst wieder Fieber. Ich hab keine Lust dich nochmals wie ein Findelkind gesund päppeln zu müssen.“ Das hatte gesessen. Verletzt und gekränkt hob Vector die Faust, doch Daisuke nahm nur wieder einen Zug der Zigarette und ignorierte ihn weiter. //Er ignoriert mich!//, dachte Vector wütend, allerdings vor Verzweiflung, wobei er selbst nicht wusste woher diese kam. Es machte ihn fertig dass der Dunkelblondhaarige so gar keine Gefühle zeigte, sondern kalt zu ihm war und distanziert. Er wollte wohl wirklich, dass er wieder verschwand. „Sag mir nicht was ich zu tun habe!“, brüllte er ihn ungewollt an. Doch der Ältere ging nicht auf dessen Gefühlsausbruch ein, sondern erwiderte schlicht. „Gleichfalls.“ Das reichte. Vector riss sich von seiner Position und sprang den Älteren an. Er hatte ihn gepackt und vom Fenster weggezogen, um sich auf ihn zu stürtzen. Sie fielen ausserhalb der Reichweite des Vordaches und landeten im Regen. Daisuke sah den Orangehaarigen nun überrascht an, als er merkte wo er sich nun befand. Die Zigarette hatte er vor Schreck fallen gelassen. Seine Kleidung zog sich mit der Feuchtigkeit der Steinplatten voll und fühlten sich kalt an. Der Regen der von oben auf sie herab prasselte liess nun nach. Hier und da fielen noch vereinzelt Tropfen herab. Vector der wohl von seiner eigenen Wucht überrascht war, richtete sich mühsam auf, setzte sich auf dessen Hüfte, stemmte seine Hände auf die Brust des Älteren und krallte sich in dessen Shirt. „Du hältst dich wohl für den Allerbesten und was besonderes, was?!“, brüllte er ihn wieder an, wobei er sich noch immer verzweifelt in seinem Shirt festgekrallt und den Blick gesenkt hatte. „Ich bin ein Barianer! Ein Imperator! Ich...“ Er brach ab. Das hatte doch alles keinen Sinn! „Verdammt brüll mich an! Schrei mich an! Zeig mir deine Wut! Zeig mir deine Gefühle! Verdammt reagiere doch endlich! Wenn ich mit einem gefühlskalten Klotz reden will kann ich auch eine Mauer ansprechen! Bist du denn gar nicht sauer?! Hasst du mich denn gar nicht? Wieso hast du mir schon wieder geholfen?!“ Der Orangehaarige liess alles raus. Der ganze Frust, die ganze Verzweiflung brüllte er dem Grauäugigen an den Kopf, der ihn geschockt ansah. Die violetten Augen füllten sich mit Tränen, ehe sie sich vor Wut verzerrten. Grob packte Vector den Älteren am Kragen und riss ihn hoch. „Sag endlich was!“, brüllte er ihn wieder an, atmete stockweise und sah ihn mehr verzweifelt als wütend an. Daisuke der den Jungen noch immer erschrocken angesehen hatte, stützte sich mit einer Hand ab, ehe er sich ganz aufrichtete und nun sass, wobei er den Jüngeren auf seinem Schoss hatte. Schliesslich legte er einen Arm um dessen schmale Schultern und legte sein Kinn auf den orangen Haarschopf. Vector riss erschrocken die Augen auf und wollte schon was bissiges erwidern, als Daisuke ihn mit beiden Armen an sich drückte und nicht losliess, so sehr sich der Barianer gegen ihn stemmte. „Gern geschehen“, hauchte Daisuke leise, aber Vector nahm die Worte laut und deutlich wahr. Dieser hörte abrupt mit seiner Gegenwehr auf und liess Daisukes Hemd los. Die Arme glitten teilnahmslos zu Boden. Schwer liess er seinen Kopf gegen dessen Brust fallen, ehe er sich voll gegen ihn sinken liess und einen Moment so bei ihm sitzen blieb. Erst nach einer Weile, in der Daisuke ihn noch immer an sich drückte und sein Kopf seitlich auf den des Orangehaarigen gelegt hatte, hob er seine Arme um sie in das nasse Hemd an seinem Rücken zu krallen und verzweifelt daran zu ziehen. Er drückte sein Gesicht gegen dessen Brust. Der Dunkelblondhaarige spürte wie das Bündel in seinen Armen zitterte und versuchte die Schluchzer zu unterdrücken. Daisuke blieb so wie er war und strich ihm sanft über den Rücken, während er ihn an sich gedrückt hielt. In diesem Moment bedurfte es keine Worte. Daisuke war klar geworden, dass der Kleine wohl mehr verloren hatte als nur ein Duell. Und dass er noch nach etwas anderem auf der Suche gewesen war, als eine Bleibe und einen trockenen Ort wo er sich ausruhen konnte. An diesem jungen Morgen zeigte Vector wohl das erste Mal, sein verletztes, verwundbares aber wahres Sein. Er mochte zwar ein Imperator sein. Eine übermenschliche Spezies die sich Barianer nannte und eine eigene Dimension besass. Aber er war als Mensch noch immer ein Jugendlicher. Ein Jugendlicher, der nun Halt und Geborgenheit suchte, da er den Boden unter den Füssen verloren hatte und nicht wusste wohin mit sich. Hatte er sich stets mit ausgefahrenen Krallen gezeigt um sein verletztes Inneres zu beschützen, so bröckelte die Maske nun und die Mauer brach komplett ein. In diesem Moment sah Daisuke die verlorene und erschütterte Seele, die nur noch Schutz und Geborgenheit suchte. Während die beiden auf der nassen Terrasse sassen, ging die Sonne langsam auf und begann ein neuer Tag. Und vielleicht begann an diesem jungen Tag eine neue Freundschaft. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)