Hunting Magic von SarahNRoesch ================================================================================ Kapitel 4: Das unsichtbare Band ------------------------------- Zur selben Zeit, im Museum. Angespannt, schob Saguru den Ärmel seiner Jacke nach oben und blickte auf die tickenden Zeiger seiner Uhr. Kaito Kid war seit fünf Minuten überfällig. Kommissar Nakamori´s Augen huschten durch den Raum. Immer bereit, denn Kaito Kid würde sicher jeden Moment auftauchen. Einer der Polizisten kam auf Saguru zu und flüsterte: „Bisher keine Spur von ihm.“ Hakuba schüttelte den Kopf: „Wir werden warten. Ein Dieb wie er, würde sich niemals..“ Saguru unterbrach sich selbst, als ihn ein Gefühl durchfuhr, dass ihn erzittern ließ. Ein Gefühl, tief im Herzen, dass er der Meinung war, jenes würde es demnächst zerquetschen. Yuri. „Irgendwas stimmt nicht..“, murmelte er. „Ja. Kaito Kid war noch nie unpünktlich, wenn eine Ankündigung vorlag.“ Saguru schüttelte den Kopf, legte die Hand auf seine Brust. „Das meine ich nicht..“ Er drückte sich an dem Polizisten vorbei und eilte zum Fahrstuhl, an dem ebenfalls zwei Wachposten aufgestellt worden waren. „Ich muss auf das Dach!“ Die Polizisten sahen ihn an: „Aber das geht nicht. Sie sagten doch selbst, dass der Fahrstuhl heute Abend nicht weiter fährt, als dieses Stockwerk.“ Gequält schloss Saguru kurz die Augen. Es war seine eigene Anweisung gewesen. „Dann muss ich eben sofort nach unten!“, brüllte er. Die Polizisten machten ihm Platz und sahen sich verwundert an, als die Fahrstuhltüren sich schlossen und Saguru nach unten fuhr. Der Weg kam ihm wie eine Ewigkeit vor, Zeit, die er vielleicht nicht hatte. Als die schweren Türen sich wieder öffneten, stürmte er durch die Eingangshalle und trat hinaus. Kaum, dass er den ersten Schritt auf den Gehweg gemacht hatte, stieß er einen grellen Pfiff in den Nachthimmel. Den Blick nach oben gerichtet, sah er bereits Watson, der mit schnellen Flügelschlägen auf dem Arm seines Herrn landete. Kaum war der Falke gelandet, sagte Saguru ruhig: „Yuri.“ Er hob den Arm nach oben und der Falke verschwand genauso schnell wieder, wie er gekommen war. Zwar hatte Saguru ruhig gesprochen, doch in ihm sah es ganz anders aus. Etwas stimmte nicht, dessen war er sich sicher. Mit zittrigen Fingern, zog er das Handy aus seiner Jackentasche und wählte die Nummer seiner Schwester. Wie er bereits erwartete hatte, nahm niemand ab. Die zweite Nummer, die er wählte, war die der Kinderfrau. „Baaya?“ Saguru´s Stimmlage machte ihr Sorgen: „Was ist passiert? Hast du ihn geschnappt?“ „Baaya, irgendwas stimmt nicht. Ich erreiche Yuri nicht und ich...ich fühle..“, er stockte, kam sich irrational mit diesem Gedanken vor. Saguru war ein Pragmat. „Saguru, Kind. Sprich den Satz zu Ende...“ Nun war es Baaya´s Stimme, die in Besorgnis beinahe ertrank. Sie kannte das Phänomen, dass Zwillingskinder solche ´Symptome´ aufwiesen. Sie konnten es nicht erklären, sie spürten es einfach. Saguru hob den Kopf, sah hinauf in den Himmel: „Ich spüre, dass es Yuri nicht gut geht..“ „Was kann ich tun?“, hakte die Kinderfrau nach. „Ich habe Watson los geschickt. Folge ihm.“, der Chip im Halsband des Falken erwies sich, einmal mehr als hilfreich. Während Saguru den Polizisten Bescheid gab, dass er das Gelände des Museums verlassen musste, klingelte bereits sein Handy. Er sah die Nummer von Baaya und hatte ein ungutes Gefühl. „Hat Watson sie gefunden?“, fragte er sofort in das Telefon. „Ja.“ Ihre knappe Antwort ließ ihn erschaudern: „Wo..wo ist sie?“ Kurz war es still am anderen Ende der Leitung: „Saguru, ich stehe vor dem Krankenhaus.“ Noch im selben Moment, hob er die Hand, stoppte das Taxi, welches dabei war, ihn zu passieren. „Ich bin sofort da!“, Saguru riss die Tür des Fahrzeuges auf und sprang ins Innere. Die Fahrt zum hiesigen Krankenhaus betrugen nur ein paar Minuten. Doch in jeder einzelne, die davon verging, fragte sich der Bruder, was passiert war. Als Saguru aus dem Taxi stieg, war er kreidebleich. Baaya wartete vor dem Eingang, an dem reges Treiben herrschte. „Wo ist sie?“; fragte er, während er mit großen Schritten auf die Tür zu ging. „Sie dürfen mir keine Auskunft geben. Nur jemandem, der mit ihr verwandt ist..“ Saguru stieß die Tür ins Innere auf, dicht gefolgt von Baaya, trat er an die Anmeldung. „Was kann ich für Sie tun?“ „Meine Schwester ist hier. Yuri Hakuba.“ Die Frau an der Anmeldung gab den Namen in den Computer ein, durchsuchte die Liste der Patienten und schüttelte dann den Kopf: „Tut mir leid. Aber mit diesem Namen haben wir keinen Patienten.“ „Was?“, Saguru hielt sich die Hand vor den Mund und trat einen Schritt von der Anmeldung zurück. Watson hatte sich noch nie geirrt. Saguru schüttelte den Kopf, versuchte ruhig zu bleiben. Doch der sonst so besonnenen junge Mann konnte keinen klaren Gedanken fassen. Plötzlich wirbelte er herum, legte die flachen Hände auf den Tresen: „Wurde jemand eingeliefert, ohne Namen?“ Es wäre eine Möglichkeit, wenn Yuri ohne Ausweis angekommen war. Die Krankenschwester sah verdutzt auf: „Ähm, ja. Eine junge Frau.“ „Blonde, lange Haare, 17 Jahre alt?“, er kramte seinen Geldbeutel aus der Jackentasche und zog ein gemeinsamen Bild von sich und Yuri heraus.“ Die Krankenschwester lächelte; eine Geste, die in Saguru´s Augen völlig unangebracht war. „Oh, ja. Kaito Kid hat sie her gebracht.“ Saguru weitete die Augen, lehnte sich über den Tresen: „Wie bitte?“ Baaya konnte sich das Grinsen nicht verkneifen. „Kaito Kid hat die junge Frau hergebracht.“, wiederholte die Krankenschwester. „Warten Sie bitte einen Moment, ich werde jemanden holen, der Sie zu ihrer Schwester bringt.“ Saguru drehte sich zu Baaya. Alles machte plötzlich Sinn. Kaito Kid war nie zu seinem Diebeszug aufgetaucht. Niemals zuvor, war er unpünktlich gewesen, doch heute war er es. Alles war zeitgleich geschehen. Eine andere Krankenschwester kam den Gang entlang: „Sie sind der Bruder unserer Unbekannten?“ Er nickte: „Ja. Wie geht es ihr?“ „Wir brauchen noch die Daten Ihrer Schwester.“ Baaya deutete Saguru an, den Papierkram zu erledigen. Auf dem Weg zu Yuri, beantwortete die Krankenschwester seine Fragen: „Sie hat einen tiefen Schnitt am Arm, den wir nähen mussten, eine aufgeplatzte Lippe. Allgemein, scheint sie im Gesicht einiges abbekommen zu haben. Erschrecken Sie nicht, wenn Sie sie sehen. „Und..“, Saguru zögerte, bevor er fragte: „Kaito Kid hat sie her gebracht?“ Auch sie schien ein Fan zu sein, denn ein kurzes Lächeln huschte über ihre Lippen: „Ja. Und der Anzug ist definitiv hinüber.“ Saguru legte die Stirn in Falten, was der Krankenschwester nicht entgangen war und sie hinzufügte: „Er hatte sie auf dem Arm, als er ihr rein kam. Das ganze Outfit war voller Blut.“ Der Bruder atmete hörbar aus, wollte sich diese `Retter Szene` nicht vorstellten. „Hier ist sie.“, die Krankenschwester deutete auf eine verschlossene Tür. „Sie ist nicht wach, aber gehen Sie ruhig rein.“ Trotz der Warnung, erschrak Saguru beim Anblick seiner Schwester. Der Arm, versteckt unter einem dicken Verband und das Gesicht bedeckt mit Blutergüssen. Der Bruder ballte die Faust, als er näher an das Krankenbett trat. Wäre das nicht passiert, wenn er die Chance, Kaito Kid zu schnappen nicht ergriffen hätte? Diese Gedanken überschlugen sich in seinem Kopf, als er einen Stuhl von der Wand zog, und sich neben Yuri´s Bett setzte. Saguru´s Augen folgten der Infusion an ihrer Hand, bis zu dem Ständer, in dem eine aufgehängte Flasche befestigt war. Schmerzmitteln, nahm er an. Er senkte den Kopf und schloss die Augen. Sie war keine drei Tage zurück in Japan und schon musste er Yuri im Krankenhaus besuchen. Als es zaghaft an der Tür klopfte, erhob sich Saguru und öffnete diese. Baaya stand im Flur und wagte einen kurzen Blick ins Innere. Die Kinderfrau schluckte schwer, als sie Yuri dort liegen sah.. Saguru trat aus dem Raum und schloss die Tür hinter sich. „Wie geht es ihr?“ „Sie bekommt Schmerzmittel, die Wunde an der Hand wurde genäht.“ „Kaito Kid, also.“, merkte Baaya an. Sie grinste nicht, aber das Funkeln in ihren Augen war nicht zu übersehen. „Du kannst nach Hause fahren, Baaya. Ich werde hier bleiben, bis Yuri aufwacht.“ „Bist du sicher, Kind?“ Er nickte. „Fahr nach Hause, ruh´ dich aus. Wenn etwas ist, werde ich mich melden.“ Etwas über eine Stunde war vergangen, seit Baaya sich auf den nach Hause Weg gemacht hatte. Saguru saß an Yuri´s Bett, die Arme verschränkt in einem viel zu unbequemen Stuhl. Zuvor hatte er, in einem Telefonat mit einem Polizisten erfahren, was in dem Restaurant geschehen war. Die Informationen kamen von Augenzeugen, die befragt wurde. Yuri´s Hand zuckte leicht und ihr Bruder fuhr erschrocken nach vorn. „Yuri?“ Die Pupillen unter den geschlossenen Lidern huschten aufgeregt hin und her, sie brauchte eine Weile, bis sie die Augen ein wenig öffnete. Der Schmerz schoss ihr augenblicklich durch Arm und Gesicht. Sie drehte den Kopf zur Seite, alles war verschwommen, aber sie erkannte ihren Bruder, der ihre Hand genommen hatte. „Saguru..“ „Es ist alles gut. Du bist im Krankenhaus.“ Fetzen von Erinnerungen schossen durch ihre Gedanken, die sie als Traum abtat. „Was ist passiert?“, ihre Stimme klang kratzig und müde. „Du bist in dem Restaurant überfallen worden. Erinnerst du dich nicht?“ Wieder Fetzen dieses Szenarios. Der Schnitt der Klinge an ihrem Arm, die Schläge ins Gesicht und die frische Luft auf dem Dach. Alles realer, als ein Traum. Aber da war noch etwas. Etwas, dass ihr nicht einfallen wollte. Saguru hielt ihr den Plastikbecher mit Wasser entgegen, aus dessen Strohhalm sie trank. „Erinnerst du dich, wie du her gekommen bist?“, fragte er, als er den Becher zurück auf den Tisch stellte. Sie schloss die Augen und da war er. Kaito Kid. Der Zauberkünstler unter dem Mondlicht, er hatte ihr das Leben gerettet. Yuri nickte, was die Worte der Krankenschwestern nur noch mehr Ausdruck verlieh. „Ich möchte nach Hause.“, sagte sie leise. „Sie wollen dich heute Nacht hier behalten, Yuri. Sie haben den Verdacht, einer Gehirnerschütterung.“ Ihre Augen wurden feucht: „Ich will nicht hier bleiben.“ „Ich bleibe heute Nacht hier, OK? Dann bist du wenigstens nicht allein.“ Saguru schob den Stuhl zurück, gab ihr einen Kuss auf die Stirn, bei welchem sie die Augen schloss: „Ich werde einen Arzt suchen.“ Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)