Familienalbum von Himikko ================================================================================ Kapitel 16: Kein Zurück mehr ---------------------------- Mit einem lauten Knall wurde die Tür zum Salon aufgerissen und anschließend zugeschmissen. Indra sah überrascht von ihrem Buch auf, denn sie hatte den Bediensteten befohlen, sie nicht zu stören und erwartete auch keinen Besuch. Ihre Verwirrung hielt jedoch nicht lange, denn der unangekündigte Neuankömmling stellte sich nun als Lilith heraus. Mehrere Strähnen ihres Haares hingen ihr unordentlich im Gesicht, was sie normalerweise nicht tolerieren würden, doch die roten Augen verrieten alles. Die Dämonin war ganz offensichtlich auf 180 und gekommen, um mal wieder ihrem Ärger Luft zu machen. Mit einem leisem Seufzen klappte sie ihr Buch zu und legte es auf einem Tisch ab. „Lil, würde es dich wirklich umbringen, zu klopfen? Oder zumindest nicht die Türen zu knallen?” Sie erhielt einen giftigen Blick von der ehemaligen Königin Gehennas, doch mehr glücklicherweise nicht. Dafür ließen die Beschwerden nicht lange auf sich warten. Nachdem sie sich auf das Sofa gesetzt und ein Glas Wein in die Hand gedrückt bekommen hatte, legte sie bereits los. „Dieses Mal habe ich genug! Diese blonde Hure ist zu weit gegangen!”, fauchte sie hasserfüllt und natürlich wusste Indra sofort, wer gemeint war. Es hatte die rothaarige Dämonin schwer mitgenommen, dass Satan eine neue Frau genommen hatte, weswegen sie sie unaufhörlich gegen sie wetterte. „Bevor du mir davon erzählst, wäre es nett von dir, die Flammen im Kamin wieder etwas zu verkleinern. Diese Hitze ist nicht gut für meine Haut und ich habe keine Lust zu schwitzen.” Lilith verdrehte die Augen, doch kam der Aufforderung nach, sodass die Temperaturen im Raum wieder sanken. Bis heute war sich Indra nicht sicher, was Liliths genaue Kräfte waren, denn sie schien kein festes Element zu haben. Sie verwendete oft Feuer, aber hatte auch schon Schatten kontrolliert. Vielleicht war sie wie Satan und konnte von allem etwas. „Also was ist passiert? Haben sie sich wieder geküsst? Hat er ihre Hand gehalten? Oder hat er dich gar dabei ignoriert?”, fragte sie mit wenig Elan. Bisher waren es immer Kleinigkeiten gewesen, die die Dämonin haben ausrasten lassen, daher ging sie davon aus, dass es dieses Mal nicht anders war. Sie staunte nicht schlecht, als es dieses Mal einen guten Grund für ihren Zorn gab. „Nein, sie ist verdammt nochmal schwanger!”, schrie Lilith beinahe und stellte ihr Glas mit einem lauten Knall auf dem Tisch ab. „Satan wollte nie Kinder, als ich mit ihm zusammen war, obwohl ich immer wieder gefragt habe und jetzt das?! War ich nicht gut genug?! Was hat diese blonde Furie, was ich nicht habe?!”, fauchte sie, sichtlich frustriert. Indra schwieg, nicht sicher, was sie sagen sollte, aber Lilith war noch nicht fertig. „Ich habe es immer akzeptiert, wenn er nein gesagt hat und jetzt sowas. War ich für ihn so wenig wert?! Das ist doch alles ein einziger schlechter Witz!”, presste sie hervor und ballte die Hände zu Fäusten. Dieses Mal hatte Indra tatsächlich Mitleid. Ja, es war vor allem Liliths Schuld, dass Satan sie verlassen hatte, aber das war wirklich ganz schön hart. Er wollte nie Kinder mit ihr, aber dafür mit der nächsten Frau. Seufzend rückte sie etwas näher an sie heran und legte ihre Hand auf die ihrer Freundin. „Hey, mach dir deswegen nicht so viel Gedanken. Ist doch sein Pech, wenn er auf dich verzichtet und Blondie vorzieht. Es gibt mehr als genug Dämonen, die dich sehr mögen, du müsstest ihnen nur mal eine Chance geben.”, sagte vorsichtig, doch Lilith schnaubte nur, stand ruckartig auf und begann im Zimmer auf- und abzulaufen. „Nein, das ist nicht sein Pech! Diese Hure hat ihn nicht verdient! Sie benutzt ihn doch nur und ich wette, das Balg war nicht mal geplant! Sie hat das mit Absicht gemacht, damit er bei ihr bleibt!” Indra verdrehte die Augen und nahm einen weiteren Schluck aus ihrem Glas. Die Dämonin war eine noch schlimmere Drama Queen als sie und das wollte wirklich etwas heißen. „Sei doch froh, dass du keinen Mann mehr in deinem Leben hast. Ich würde alles dafür tun, endlich meinen los zu werden und alleine oder mit einer Person zusammen zu sein, die ich wirklich mag. Inzwischen bin ich sicher, dass mein Vater ihn ausgesucht hat, um mir das Leben schwer zu machen.”, erinnerte sie ihre Freundin düster, aber ihre Worte hatten nicht den gewünschten Effekt. Stattdessen wurde sie wütend angefunkelt. „Was weißt du schon?! Ich liebe ihn wirklich und du erwartest von mir, dass ich ihn vergesse?! Das kann nicht dein Ernst sein!”   „Das gleiche könnte ich zu dir sagen.”, erwiderte die Zeitdämonin schnippisch. „Wie lange planst du denn noch, ihm hinterherzurennen? Das hast du nicht nötig! Du könntest jeden haben oder alleine bleiben, dir stehen alle Wege offen. Du bist wunderschön, intelligent, charismatisch und so vieles mehr. Verbaue dir das doch nicht wegen einer Person. Das ist nicht mehr gesund, du bist vollkommen besessen von ihm!” Das war offenbar ein Fehler, denn Lilith bleckte wütend die Zähne. „Nur weil du unglücklich mit deinem Mann bist, willst du mir mein Glück nicht gönnen!” Indra zuckte zusammen als hätte sie eine Ohrfeige bekommen. Das konnte doch wohl nicht ihr Ernst sein! „Ich mache mir nur Sorgen um dich, Verdammt!”. fauchte sie. „Du bist meine beste Freundin, wahrscheinlich meine einzige Freundin und ich will nicht, dass es dir schlecht geht, nur weil du Satan hinter her rennst!” Betroffene Stille herrschte, nur das Heulen des Windes draußen war zu hören. Lilith trat, noch immer schweigend, an den Tisch heran und trank aus ihrem Weinglas, dann begann sie langsam zu sprechen. „Ich verstehe, dass du dir Sorgen machst, aber es gibt keinen Grund. Ich wünschte nur, diese blonde Betrügerin würde einfach verschwinden. Allerdings passieren Unfälle wahnsinnig häufig, besonders unter Adligen.” Sofort schrillten Indras Alarmglocken und ihre Augen verengten sich. Sie plante doch wohl nicht etwa, Uriel umbringen zu lassen?! Ihre Obsession war eine Sache, aber Mord? „Das ist wahr, Unfälle geschehen.”, antwortete sie schließlich, ihre Worte mit Bedacht wählend. „Allerdings sollte man sich genau überlegen, was ein solcher Unfall für Folgen haben könnte. Besonders wenn man den falschen Leuten vertraut und selber ins Visier gerät. Außerdem ist es selten das Ergebnis wert.” Natürlich verstand Lilith sofort, was sie meinte. Wenn sie Uriel wirklich los werden wollte, konnte viel passieren, vor allem wenn man die Spur zu ihr zurückverfolgte. Abgesehen davon konnte man nie die Folgen vorhersagen und schlussendlich war es die ganze Sache vielleicht nicht wert. Schweigend tranken sie ihre Gläser aus, dann stand die Dämonengöttin auf. „Ich denke, ich sollte jetzt gehen. Ich habe noch viel zu tun.” Sie war fast an der Tür, als Indra ihr noch eine letzte Sache hinterherrief. „Du brauchst Satan nicht. Du kannst für dich selbst sorgen und hast sogar deine eigenen Untertanen. So gesehen bist du immer noch eine Königin.” Lilith hielt inne, dann antwortete sie, ohne sich noch einmal umzudrehen. „Ich will keine Königin sein. Ich will die Königin sein.” Damit verließ sie den Raum und ließ eine beunruhigte Indra zurück.       ....................................................................................................................................................     Lilith saß in ihren Gemächern und fuhr sich mit einer Bürste gedankenverloren durchs Haar. Immer wieder gingen ihr Indras Worte, aber auch ihre eigenen durch den Kopf. Dass sie Uriel am liebsten los werden wollte, war ihr mehr oder weniger spontan durch den Kopf gegangen. Zuvor hatte sie sich darauf beschränkt, ihr alle möglichen Krankheiten an den Hals zu wünschen und über sie herzuziehen, aber je länger sie über ihre fixe Idee nachdachte, umso besser gefiel sie ihr. Alles wäre so viel einfacher, wenn sie verschwinden würde und das Kind mit sich nahm. Wer würde sie schon vermissen? Satan würde schnell genug über sie hinweg kommen und einsehen, dass er die blonde Dämonin nicht brauchte. Kaum hatte sie das gedacht, kamen sofort die Zweifel. War es das wirklich wert? Unwillkürlich dachte sie an die Worte, die Uriel an sie bei ihrem ersten Treffen gerichtet hatte: „Es tut mir leid, wenn es auf dich so gewirkt hat, dass ich dich ersetzen will. Ich kann dir versichern, dass das nicht der Fall ist und ich Satan wirklich liebe. Ich weiß, dass es schwer sein muss, uns zusammen zu sehen, aber bitte verstehe, dass wir das nicht tun, um dich zu demütigen oder uns lustig zu machen. Warum fangen wir nicht einfach von vorne an? Bitte, es muss keinen Streit geben, arbeiten wir lieber zusammen.” Ihre Worte hatten ehrlich gewirkt, doch Lilith wusste es besser. Dieses Miststück wollte sie nur verspotten, indem sie Mitleid vortäuschte. Zusammenarbeit? Von wegen! Uriel wollte sie nur manipulieren, genau wie Satan. Sie hatte daher abgelehnt und war davon gestürmt. Doch nun war ihre Rivalin schwanger mit einem Kind, das an diesem ganzen Streit vollkommen unbeteiligt war und nichts dafür konnte. Lilith hatte immer eine gewisse Schwäche für Kinder gehabt, nicht zuletzt, weil sie selbst gerne welche wollte. Andererseits war es eine ewige Erinnerung an ihr Versagen und daran, dass Satan eine andere vorgezogen hatte. Konnte sie wirklich so egoistisch sein und zwei Dämonen, von denen einer noch nicht mal geboren war, einfach so in den Tod schicken? Konnte sie mit ihrem Gewissen leben? Für einige Sekunden herrschte Stille, während sie in den Spiegel vor sich starrte, dann verzog sich ihr Mund zu einem Grinsen und sie lachte leise. „...Ja...Ja, ich glaube, das kann ich.”, flüsterte sie und warf die Haarbürste auf den Tisch. Es war an der Zeit ihren Plan in Bewegung zu setzen. Sie hatte diese Demütigungen lange genug ertragen und nun würden die Verantwortlichen zahlen. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)