Familienalbum von Himikko ================================================================================ Kapitel 21: Azazels geheimes Hobby ---------------------------------- „Ok, Rin. Das reicht für heute.“, wies Ankou an und streckte sich. „Gar nicht mal schlecht, du wirst immer besser.“ Der Nephilim, welcher wie immer komplett durchgeschwitzt war, nickte nur, inzwischen ziemlich außer Atem. Man sollte meinen, dass er bereits daran gewöhnt war, aber Ankou hatte ein unfassbares Talent darin, ihn völlig fertig zu machen. „Wir treffen uns morgen wieder zur selben Zeit, dann gehen wir nochmal durch, was ich dir heute gezeigt habe und wenn du das gut hinbekommst, können wir direkt weiter machen.“, verkündete sie und entließ ihn damit endgültig. Erleichtert machte er sich auf den Weg zurück in sein Zimmer, wo er bereits von Kuro empfangen wurde. Kaum hatte er den Raum betreten, kam der Kater bereits angerannt und schmiegte sich um seine Beine. „Willkommen zurück!“, maunzte er und schnurrte zufrieden, als Rin ihm hinter den Hörnern kraulte. „Wie war denn das Training?“, erkundigte er sich, während der Nephilim sich Wechselsachen aus seinem Schrank holte. „Alles wie immer. Ankou ist ziemlich zufrieden und mit etwas Glück geht es morgen direkt weiter.“, berichtete er. „Ich bin kurz duschen.“ Kuro nickte und machte es sich auf seinem Bett bequem, während der Halbdämon das Bad betrat und sich dort auszog. Zehn Minuten später saß er umgezogen auf seinem Bett und spielte mit Kuro, welcher bereits den ganzen Morgen darum gebettelt hatte. Zwar hatte er inzwischen in Behemoth einen festen Spielkameraden gefunden, aber er wollte natürlich nach wie vor möglichst viel Zeit mit Rin verbringen. Dieser kam dessen Wunsch nur zu gerne nach und somit verging die nächste Stunde wie im Fluge. Das Vibrieren seines Handys unterbrach sie. Es war eine Nachricht von Iblis, in der er ihn darum bat, zu Azazel zu gehen und Bescheid zu sagen, dass er sich bei dem Feuerdämonen melden sollte. Dieser versuchte bereits die ganze Zeit ihn anzurufen, doch konnte den Geisterdämonen nicht erreichen. Wahrscheinlich verschlief er wieder mal alles. Seufzend machte sich Rin auf den Weg, Kuro war ihm dicht auf den Fersen. Er klopfte an die Tür seines Bruders, welcher ihn überraschenderweise sofort hereinrief. Offenbar schlief er doch nicht. Langsam öffnete er die Tür, um eventuelle Müllhügel nicht umzuwerfen und betrat langsam das Zimmer. Azazel saß auf seinem Bett und hatte wie so oft seinen Laptop auf dem Schoß. „Ja, was gibt’s?“, fragte er ohne aufzusehen. „Iblis versucht die ganze Zeit dich anzurufen, aber du gehst nicht ran. Er wollte, dass ich Bescheid sage.“ Azazel hielt inne, dann stand er langsam auf. „Habˈ ich ganz vergessen…ich hab’s vorhin auf lautlos gestellt.“ Er begann damit sein Bett abzutasten, bis er endlich das gesuchte Handy in der zerknorkelten Decke fand. Ob er jemals sein Bett machte? Ohne ein weiteres Wort zu sagen, rief Azazel Iblis an, während Rin langsam näher kam und sich nach kurzem Zögern mit auf das Bett setzte. Dabei versuchte er zu sehen, woran der ältere Dämon am Computer arbeitete, doch als dieser das mitbekam, klappte er ihn zu. Ein wenig verwundert sah Rin ihn an, aber wurde ignoriert. Warum durfte er nicht sehen, was er dort machte? Zuvor hatte es ihn nie gestört. Während Azazel telefonierte, schaute er sich in dem Zimmer um, Kuro machte es sich direkt neben ihm bequem. Es dauerte zum Glück nicht lange und der Baal legte seufzend auf. „Eines Tages wird Iblis mich noch um den Verstand bringen.“, grummelte er vor sich hin, bevor er seine Aufmerksamkeit wieder an Rin wandte. „Rutsch bitte mal beiseite.“ Langsam kam der Nephilim der Aussage nach, während Azazel erneut seinen Laptop öffnete, das Passwort eingab und schnell die momentane Seite schloss. Offenbar wollte er, warum auch immer, wirklich nicht, dass Rin sah, was er dort trieb. Einige Minuten herrschte Schweigen, welches nur von dem Klappern der Computertastatur unterbrochen wurde, dann hielt Rin es nicht mehr aus. „Und, was machst du so? Also bevor Iblis angerufen hat?“ Azazel zuckte mit den Schultern. „Nichts Besonderes. Hab mir ein paar Videos angesehen, E-Mails beantwortet, Geld überwiesen…das übliche eben.“   „Warum hast du dann den Laptop zugeklappt, als ich kam?“, hakte Rin nach.   „Gewohnheit.“   „Du hast das heute zum ersten Mal getan.“ Dieses Mal antwortete Azazel nicht und starrte weiterhin stur auf seinen Bildschirm. War er vielleicht zu weit gegangen? „Tut mir leid, ich wollte dich nicht kontrollieren. Ich war nur neugierig.“, murmelte Rin betroffen, woraufhin der Geisterdämon ihm eine kurzen Seitenblick zuwarf, dann seufzte er. „Schon gut, hast ja recht.“, gab er zu und beendete seine Arbeit, bevor er sich an den Nephilim wandte. „Versprich mir, dass du nicht lachst, ok? Ich weiß, es klingt dämlich.“ Noch verwirrter als zuvor, nickte der jüngere Dämon. „Warum sollte ich lachen?“   „Sagen wir mal, es ist ein schwieriges Thema.“, kam die kryptische Antwort. „Ich bin mir nicht mal sicher, was die anderen zu sagen würden, um ehrlich zu sein. Darum habe ich es keinem erzählt.“   „…Du verkaufst keine Drogen oder sowas, richtig?“, platzte es plötzlich aus Rin hervor, was er noch beim aussprechen bereute. Azazel hatte offenbar mit einigem gerechnet, aber nicht hiermit, denn er sah den Halbdämonen verdattert an. „Ok, so schwierig dann doch nicht.“, antwortete er dumpf. „Ich…Ich führe einen Blog, wo ich Menschen in Assiah mit Geisterproblemen helfe. Hin und wieder auch mit bestimmten Dämonen.“ Nun war es Rin, der verdattert drein schaute. „…Na und?“, fragte er schließlich. „Was ist daran schlimm? Das ist doch super! Du hilfst bestimmt vielen damit. Aber wie genau bist du da drauf gekommen?“ Nun wirkte der Dämonenkönig ein wenig verlegen. „Na ja, es war Zufall. Ich war in ein paar Foren unterwegs und einer hat dort von einem übernatürlichen Erlebnis erzählt. Er und seine Familie sind in seiner Kindheit in ein Haus gezogen, wo sie immer wieder von einer seltsamen Präsenz attackiert wurden. Das geschah immer öfter und wurde umso heftige je älter er wurde, bis es dann eines Tages plötzlich aufgehört hat. Er war dann schon längst erwachsen, als einige weitere Dinge geschehen sind. In einem Foto vor einem Spiegel konnte man im Hintergrund eine dunkle Gestalt sehen und er hat sich ständig krank gefühlt. Es ging dann sogar so weit, dass er beim einkaufen von einer Frau angesprochen wurde, die behauptet hat, Medium zu sein und eine dunkle Präsenz bei ihm zu spüren. Ich hab῾ sofort begriffen, was los war und dass er nicht mehr viel Zeit hat, um es los zu werden, also habe ich ihn angeschrieben und meine Hilfe angeboten. Ich weiß selbst nicht warum, ich wollte ihm einfach helfen. Zu Beginn war er eher kritisch, aber da ich kein Geld oder sowas wollte, hat er dann doch zugestimmt, mich anzuhören. Einige Tage später hat er mich angeschrieben und erzählt, dass diese seltsame Präsenz offenbar fort ist und sich bedankt. Das hat mich dann nicht mehr los gelassen. Als Kind wurde ich oft von Entitäten und anderen Dingen attackiert, aber in Gehenna war es relativ leicht direkt Hilfe zu finden, in Assiah ist es schwieriger. Viele angebliche Medien wollen nur Geld kassieren und erzählen denen Mist oder gaukeln gar etwas vor. Jedenfalls hat sich schnell rumgesprochen, dass ich diesem Typen geholfen habe und nach einiger Zeit, hatte ich weitere Anfragen. Zwei davon waren nichts übernatürliches, das waren nur dumme Zufälle und das habe ich ihnen auch gesagt, beim Rest konnte ich entweder direkt bei der Lösung helfen oder zumindest dabei helfen, sich an die entsprechende Person zu wenden. Schlussendlich habe ich beschlossen, dass ich mehr Menschen helfen möchte, also habe ich meinen Blog gemacht. Ich schreibe dort regelmäßig Artikel darüber, woran man Heimsuchungen erkennt, was man vermeiden sollte, an wenn man sich wenden kann, wie man sich schützen kann und so weiter. Und ich nehme dort Anfragen von Leuten entgegen, um ihnen direkt bei ihrem Problem zu helfen. Witzigerweise habe ich sogar schon Exorzisten geholfen, aber natürlich habe ich mich nie als Dämonenkönig geoutet.“ Rin, welcher bisher stumm zugehört hatte, begann zu grinsen und aufgeregt mit seinem Schweif umherzuwedeln. „Das ist echt cool! Warum sagst du den anderen nichts? Es gibt doch keinen Grund, sich zu schämen.“ Azazel zögerte kurz. „Eigentlich sollte es mich nicht interessieren. Die Probleme der Vergänglichen gehen uns nichts an und ich sollte mich lieber um andere Angelegenheiten kümmern. Abgesehen davon wollen sie nicht wirklich was vom Tod oder irgendwelchen Geistern hören. Darum halten ja so viele Abstand zu uns Geisterdämonen. Sie hängen so an ihrer Unsterblichkeit, dass sie nichts vom Tod hören wollen. Ja, ich weiß, die anderen sind nicht so, aber ich will nicht, dass sie sich unwohl fühlen.“   „Komm jetzt hör mal auf, zu spinnen.“, widersprach Rin sofort. „Du benutzt, was du als Geisterkönig weißt, um anderen zu helfen. Das ist echt ˈne super Sache und auch total cool! Ich wünschte, ich wäre für sowas schlau genug. Warum sollten sie das nicht hören wollen? Beel hat doch auch seinen Insektenblog und was nicht alles!“ Azazel rutschte unruhig hin und her. „Und wenn sie es doch albern finden?“   „Dann zünde ich ihnen persönlich die Schweife an!“, verkündete Rin grinsend. „Wem zündest du den Schweif an?“, fragte plötzlich Beelzebubs Stimme. Der Insektenkönig stand in der Tür und sah beide Brüder fragend an. „Sorry, ich hab mehrmals geklopft. Was ist denn los?“ Bevor Azazel antworten konnte, fuhr Rin dazwischen. „Azazel ist es peinlich, sein Hobby zuzugegeben.“, informierte er den Baal, woraufhin er einen scharfen Blick vom Geisterkönig erhielt. „Oh? Was ist es denn, Aza?“, fragte der Insektendämon sichtlich interessiert. Azazel rang sichtlich mit sich, sodass Rin erneut einsprang. „Komm schon, jetzt sag es doch. Was soll denn passieren?“ Erneutes zögern, dann nickte der Schwarzhaarige schließlich. „Ok, Ok…“, kapitulierte er seufzend. „Ich habe einen Blog.“ Er fuhr damit fort, dem Insektenkönig zu erzählen, was bereits Rin erfahren hatte und zeigte ihm zudem einige seiner geschriebenen Artikel. Er wirkte ein wenig zögerlich, doch wie schon Rin begann Beelzebub zu grinsen. „Du bist ein Depp, weißt du das? Warum sollten wir uns lustig machen oder unwohl fühlen, weil du so einen Blog führst? Das ist richtig cool! Du kannst sogar ziemlich gut erklären, das versteht jeder. Sei doch stolz auf das, was du erreicht hast!“ Azazel wurde rot wie eine Tomate. „D-Danke…“, nuschelte er leise, während Beelzebub damit fort fuhr, seine Artikel zu lesen. Kuro, der bisher keinen Mucks von sich gegeben hatte, lag unterdessen in Azazels Schoß und ließ sich von diesem streicheln. Einige Stunden später saßen sie am Esstisch, wo der Geisterkönig auch dem Rest seiner Familie von seinem Hobby berichtete und wie Rin und Beelzebub es vorhergesagt hatten, gab es ausschließlich positive Reaktionen. Vor allem Satan freute sich darüber, dass sein Sohn seine Fähigkeiten und sein Wissen sinnvoll einsetzte. Zwar ließ der Geisterdämon es sich nicht anmerken, aber Rin wusste, wie glücklich es ihn machte und er gönnte es ihm vollkommen. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)