Familienalbum von Himikko ================================================================================ Kapitel 1: Indras Entscheidung ------------------------------ Indra konnte nicht mehr, sie wollte nicht mehr. Ihre Wehen hatten gestern Morgen begonnen und nun lag sie inzwischen seit siebzehn Stunden hier. Gut, es war ihre erste Geburt, aber wie konnte man so viel Pech haben?! So langsam hatte sie das Gefühl, dass der kleine Knirps in ihr wusste, dass sie ihn weggeben würde und dies seine Art war sich dagegen zu wehren. Die Hebamme ging ihr allmählich ebenfalls auf die Nerven. Pressen und atmen?! Was glaubte sie denn, was sie hier tat?! Ein Teil von ihr hätte dieser Schnepfe am liebsten einen Tritt in das Gesicht verpasst. Und wenn sie schon dabei war, konnte sie gleich bei Satan weitermachen. Immerhin hatte er sie geschwängert! Wenn auch unbeabsichtigt. Noch immer war ihr nicht ganz klar, wie das überhaupt passieren konnte. Sie hatte immer nachdem sie miteinander geschlafen hatten, Silphium eingenommen. Doch eines Morgens war ihr plötzlich speiübel geworden und sie hatte es mit knapper Not noch ins Bad geschafft. Sie hatte ein dutzend Tests gemacht und alle waren positiv gewesen. Vielleicht war es in Fehler in der Dosierung oder das Kraut war noch nicht reif genug gewesen. So oder so hatte sie den Salat. Irgendwie hatte sie es tatsächlich geschafft ihre Schwangerschaft geheim zu halten, glücklicherweise lebte sie nach wie vor im Anwesen ihres verstorbenen Mannes. Satan hatte sie noch immer nichts gesagt, wie denn auch?! 'Oh entschuldige, ich habe scheinbar einen Fehler gemacht. Also Glückwunsch, du bekommst einen zweiten Sohn. Dann ist Lucifer immerhin nicht mehr so allein!' Nein, das ging nicht. Sie unterdrückte ein lautes Fluchen als die nächste Wehe kam. Sie würde nicht fluchen, sie würde die Fassung bewahren. Auch wenn es weh tat. "Ihr habt es gleich geschafft! Macht weiter!", redete die Hebamme auf sie ein. Das erzählte sie jetzt schon seit mindestens zehn Stunden! Ach, was soll's.... "Scheiße, jetzt hol endlich dieses Kind raus oder ich ertränke dich in Weihwasser, du verdammtes Miststück!", presste die Zeitdämonin hervor. "Ganz ruhig-" Diesmal trat Indra wirklich nach ihr. "ICH BIN VERDAMMT NOCHMAL RUHIG! JETZT MACH DEINEN JOB!" Nach weiteren quälenden fünfzehn Minuten waren endlich die Schreie eines Kindes zu hören und die Zeitdämonin ließ sich mit einem lautem Stöhnen in die Kissen fallen. Endlich! "Es ist ein gesunder Junge.", verkündete die Hebamme während sie ihn säuberte. 'Ein Junge wie? Nicht dass es eine Rolle spielen würde.' "Kann ich sehen?", fragte sie erschöpft. Die Hebamme lächelte und reichte ihr das kleine Bündel. 'Und so ein kleines Würmchen hat mir solche Schmerzen bereitet? Eigentlich hatte ich ja mit dem Gedanken gespielt dir für die lange Geburt den Hals umzudrehen, aber du bist zu niedlich um dir böse zu sein.', dachte Indra und lächelte den kleinen Dämon liebevoll an. Er hatte ihre dunkelvioletten Haare und grünen Augen geerbt und scheinbar einige Gesichtszüge seines Vaters, auch wenn es zu früh war um sich wirklich sicher zu sein. "Na hoffentlich bereitest du ihm nicht so viel Ärger, wie du mir.", flüsterte sie ihm zu und strich ihm zärtlich über den Kopf. "Wie soll er denn heißen?", fragte die Hebamme. "Samael." Auch wenn sie den Kleinen seinem Vater geben würde, sie wollte ihm zumindest etwas mitgeben. Er würde sie wohl hassen, aber es war das Beste für ihn. "Soll ich ihn dann zu Lord Satan bringen oder wollt ihr noch etwas Zeit?" "Ich bringe ihn selbst hin." Das war nicht geplant gewesen. Die Hebamme sollte ihn abliefern, aber sie war dem König Gehennas zumindest eine Erklärung schuldig. Immerhin wusste dieser noch nichts von seinem Glück. ................................................. Eine Stunde später stand sie ihn einem der Empfangszimmer in Satans Palast. Es war nicht einfach gewesen die Wachen davon zu überzeugen sie rein zulassen, immerhin war es drei Uhr morgens, aber schlussendlich hatten sie nachgegeben. Samael war glücklicherweise eingeschlafen und sie wiegte ihn vorsichtig in ihren Armen. Sie wusste, dass Satan jede Sekunde kommen würde, also gab sie ihm einen vorsichtigen Kuss auf die Stirn. 'Es ist besser so. Du hast deinen Vater und einen Halbbruder. Du brauchst mich nicht.' Endlich öffnete sich die Tür und der Dämonengott betrat den Raum. "Indra? Was-" Er stockte als er den Säugling bemerkte. "Ja, er ist von dir. Ich lag übrigens siebzehn Stunden lang in den Wehen. Vor einer Stunde ist er endlich gekommen.", sagte die Zeitdämonin etwas bitter. Satan sah erst sie an, dann seinen Sohn und wieder sie. "Warum hast du nichts gesagt?" "Weil ich...weil mich nicht getraut habe, ok?!", erwiderte sie etwas verzweifelt. "Wenn das rauskommt wird mich mein Vater verstoßen und ich habe einen Ruf zu wahren-!" Der Dämonengott unterbrach sie und trat kopfschüttelnd näher. "Nein, das ist nicht der Grund." "Es ist mir schnuppe was du denkst! Ich kann ihn nicht aufzuziehen." Sie drückte dem Dämonen den Säugling in die Arme. "Kümmere du dich um ihn!" "Indra, du kannst ihn hier nicht einfach abliefern, abhauen und so tun als wäre nichts gewesen. Ich weiß, du wolltest nicht erneut heiraten, aber-" "Ich werde dich nicht heiraten.", hielt die Dämonin stur dagegen. "Ich mag dich wirklich sehr, aber was wir hatten war nur Zeitvertrieb. Ich wäre eine furchtbare Frau und sicher auch keine gute Mutter. Wer will abgesehen davon so eine Königin? Wie hatten eine Beziehung, daraus ist versehentlich ein Kind entstanden und haben geheiratet, weil uns die Optionen ausgingen. Mich würde doch niemand ernst nehmen! Alle würden denken, dass ich das Kind absichtlich bekommen und dich geheiratet habe, weil ich Königin werden möchte!" "Und unser Kind soll darunter leiden?! Lucifer musste ohne Mutter aufwachsen, weil sie während der Geburt gestorben ist. Willst du das-" "Samael." "-Samael auch antun? Allein das du ihm einen Namen gegeben hast, zeigt das er dir wichtig ist!" "Es wird andere Frauen geben." "Das ist keine Entschuldigung!" Samael begann sich unruhig im Schlaf zu winden, er mochte es wohl nicht, dass sich seine Eltern stritten. Sie zwangen sich leiser zu reden. "Wenn du ihn nicht nimmst, setzte ich ihn im Wald oder der Straße aus!" Es war eine letzte Verzweiflungstat. "Du bluffst." "Nein, tu ich nicht!" Warum musste er es so schwer machen?! Für einige Sekunden herrschte Schweigen während sie nicht böse anstarrten. Schließlich seufzte der Weißhaarige. "Na schön. Ich werde mich um ihn kümmern." Erleichterung machte sich in ihr breit. "Er darf aber nicht wissen wer ich bin!" "Es sollte wissen, wer seine Mutter ist!" Wie sie es hasste, wenn er Recht hatte. "Gut, dann erzähle es ihm, wenn er sein unsterbliches Alter erreicht!" Satan zögerte, nickte dann jedoch. Ohne ein weiteres Wort wandte sich Indra um und stürmte aus dem Raum bevor sie es sich anders überlegen konnte. Sie spürte wie Tränen in ihren Augen brannten, aber sie wischte sie energisch weg. 'Es tut mir leid. Ich liebe euch beide.' Kapitel 2: Falsche Zeit, falscher Ort ------------------------------------- Lucifer, Samael, Azazel, Beelzebub, Egyn und Iblis waren auf der Suche nach ihrem Vater. Er hatte sich seit dem Abendessen nicht mehr blicken lassen und ihnen war langweilig. Wo steckte er?! Sie hatten schon im Thronsaal nachgesehen, im Kriegsraum und wo er sich sonst so rumtrieb, aber es fehlte jegliche Spur. Auch Hiisi konnten sie nicht finden. Sie war nicht mal im Palastgarten gewesen, obwohl das ihr Lieblingsort war! Also blieben schlussendlich nur die Privatgemächer. Auf das Klopfen bekamen sie allerdings keine Antwort. Nervös sahen sie sich an. "Mach schon auf Lu!", drängelte Azazel ungeduldig. "Warum denn ich?!" "Weil du der Älteste bist.", argumentierte Samael. "Wir sollten da nicht einfach rein." "Vielleicht hat er uns ja nicht gehört?", schlug Beelzebub vor. Egyn und Iblis nickten zustimmend. Mit einem etwas mulmigen Gefühl in der Magengegend drückte der kleine Lichtdämon die Klinke herunter und betrat leise den Vorraum. Seine jüngeren Geschwister folgten ihm. Ihr Vater war nirgends zu sehen. Als sie sich jedoch der Schlafzimmertür näherten, waren seltsame Geräusche zu hören. "Was das?", fragte Iblis neugierig. "Sprich ordentlich Iblis. Wir wissen, dass du es kannst.", tadelte Samael ihn. Der Feuerdämon sah ihn nur mit großen, unschuldigen Kulleraugen an. "Sollen wir jemanden holen?", fragte Egyn nervös. "Das klingt komisch..." Lucifer ging vorsichtig auf die Tür zu und öffnete sie langsam. Der Rest drängelte sich dazwischen um ebenfalls in das Zimmer schauen zu können. Was sie sahen, verwirrte sie jedoch. Ihr Vater war zusammen mit Hiisi auf dem Bett und küsste sie, jedoch gaben beide diese komischen Geräusche von sich. Eines war jedoch noch seltsamer und das sprach Iblis natürlich sofort an. "Warum sind Papa und Hiisi denn nackt?" Lucifer, Samael und Azazel zuckten zusammen, ebenso wie ihr Vater und ihre Stiefmutter. Die Erddämonin zog sich mit einem kleinen Aufschrei die Decke über ihren Körper während der Dämonengott fluchte. Bevor Egyn ihn jedoch daraufhin hinweisen konnte, dass man 'Verdammte Scheiße' nicht sagt, hatten sich die drei ältesten mit roten Gesichtern ihre jüngeren Geschwister geschnappt, laut quiekend eine Entschuldigung gebrüllt und waren davon geflitzt. Von diesem Tage an schloss Satan bei sowas übrigens immer die Tür zu seinen Gemächern ab. Erst als sie möglichst weit weg waren (also in Iblis Zimmer), erlaubten sich die Dämonenkinder aufzuatmen. "Was war das denn?", fragte Egyn. Seine blauen Augen waren weit aufgerissen und sahen seine älteren Geschwister verwirrt an. "Und warum waren sie nackt?", beharrte Iblis. "Und was waren diese Geräusche?", setzte Beelzebub noch drauf. Die drei älteren Dämonen wechselten nur vielsagende Blicke. "Tja, so wie es aussieht, bekommen wir demnächst noch einen Bruder oder eine Schwester.", erklärte Samael dumpf. Natürlich erhielt er nur verständnislose Blicke, aber sie ließen ihren jüngeren Geschwistern lieber weiterhin ihre Unschuld. Außerdem schworen sie sich nie wieder einfach so in die Gemächer ihres Vaters zu gehen, sonst würden sie irgendwann etwas sehen, was sie nicht mehr vergessen konnten. Die nächsten Wochen würden sie ohnehin weder ihrem Vater noch Hiisi in die Augen sehen können. Kapitel 3: Wie man eine Verabredung bekommt ------------------------------------------- Wütend riss Astaroth seinen Spind auf, warf seine Bücher hinein und knallte ihn wieder zu. Einige seiner Mitschüler auf dem Gang zuckten erschrocken zusammen, aber es war ihm egal. Sein Tag war so oder so beschissen. "Wow, was hat dir der Spind getan?", fragte eine Stimme. Der Fäulnisdämon fuhr herum und wollte die Person gerade anschreien als er Azazel erkannte. "Der Spind hat damit gar nichts zu tun.", knurrte er genervt und begann Richtung Schulhof zu laufen. Azazel folgte ihm. Der Geisterdämon hob eine Augenbraue. "Hast du schon wieder Nachsitzen bei Befana bekommen?" "Die Alte hat was gegen mich, ich sag's dir!" "Uns ging es nicht anders. Sieh's positiv. Ab dem nächsten Jahr werden alle Lateinklassen zusammengezogen. Dann haben wir alle bei Eurynome und sie ist wenigstens fair." "Wenn es weiter so geht wie bisher, lässt Befana mich durchrasseln und ich will nicht wegen Latein sitzen bleiben!" "Lucifer hat demnächst eine Klausur. Frag doch, ob ihr zusammen lernt." "Aber er ist immer so penibel..." "Und hat dir schon öfter den Hintern gerettet! Wenn nicht frage eben Iblis. Warum auch immer ist er ziemlich gut in Latein." Inzwischen standen sie auf dem Schulhof. Sie machten sich auf dem Weg zu einer der hinteren Sitzecken, wo ihre restlichen Geschwister zusammen mit Ankou, Vaya und Amon saßen. "Hast du dir wirklich schon wieder Nachsitzen eingehandelt?", fragte Egyn sofort. "Auch hallo, ich frage gar nicht woher du das schon wieder weißt. Ja habe ich, aber nur, weil Befana mich verdammt nochmal nicht leiden kann." Zu seiner Überraschung war es ausgerechnet Lucifer, der ihn beruhigte. "Mach dir nichts draus.", seufzte er. "Mich hasst sie genauso. Sie wollte mir einmal Nachsitzen aufbrummen, weil meine Hausaufgaben zu gut waren. Angeblich hätte ich die nicht selber gemacht und bla bla." Ankou lachte und auch Vaya kicherte. "So mal von schlechten Lehrern abgesehen...habt ihr schon jemanden für diesen dämlichen Tanz? Langsam sind alle guten Weiber weg.", wechselte Iblis das Thema und verdrehte die Augen. Azazel zuckte mit den Schultern und setzte sich neben Samael auf die Bank. "Ich gehe wie immer mit Ankou. Kein Stress, keine Verzweiflungsdates..." "Und keiner traut sich in deine Nähe, weil sie Angst vor der Eisprinzessin haben.", ergänzte Beelzebub. Ankou rümpfte die Nase. "Du weißt genau, dass ich diesen Spitznamen hasse." "Aber er passt." "Was ist mit dem Rest?", hakte Iblis nach. "Ich gehe mit Mara.", verkündete Samael. Iblis runzelte die Stirn. "Ist das nicht dieses Mädchen, die immer alle ansieht als wären sie ein Haufen Ungeziefer und die Neuen runter macht?" "Genau." "Na, passt doch." Der Zeitdämon verdrehte die Augen. "Wir haben einfach keine Lust uns mit irgendwelchen Idioten verabreden zu müssen. Wir müssen nur einmal tanzen und fertig." "Ich habe vorhin Selena gefragt. Sie ist noch unschlüssig, aber ich denke sie wird ja sagen.", erzählte Lucifer. "Das ist doch diese Halbhexe, nicht wahr?" "Genau. Hast du schon jemanden Beel?" "Ja, mich hat vorhin Arachne gefragt." "Ich gehe mit Egyn.", murmelte Vaya etwas schüchtern. Iblis sah sie überrascht an. "Warte, hab ich was verpasst? Was ist mit Caym?" "Wir gehen als Freunde.", erklärte Egyn. "Caym hat sie sitzen lassen." "Autsch.", kommentierte Astaroth. "Tut mir echt leid für dich, Vaya." "Schon in Ordnung, ich werde mir nicht meinen Abend von einem Idioten wie ihm versauen lassen.", antwortete die Dämonin schulterzuckend. "Ihr wart allerdings drei Jahre zusammen.", gab Beelzebub zu bedenken. "Egal, mir geht es gut." "Ihm aber bald nicht mehr.", prophezeite Ankou mit einem ziemlich unheimlichen Leuchten in den Augen. Vaya hatte sie entweder nicht gehört oder ignorierte es und wandte sich an Astaroth. "Warum fragst du nicht Kali?" "Weil er Angst hat.~", feixte Samael. "Ach halt die Klappe Sammy!" "Außerdem ist Amon genau so ein Angsthase.", mischte sich Iblis ein. "Das stimmt nicht-" "Warum fragst du nicht Agash?" "Weil sie nie im Leben mit einem wie mir ausgeht!" "Das ist keine Entschuldigung nicht zu fragen.", hielt Vaya dagegen. "Die Mädels sind nicht grad scharf auf mich. Viele machen ja schon einen Bogen um mich, weil ich mit euch befreundet bin." Amaimon sah ihn etwas verwirrt an. "Aber Agash redet doch mit dir, warum fragst du nicht einfach nach?" "Kümmere dich lieber um deine eigene Verabredung!", kam die geknurrte Antwort. "...Wann war das nochmal?" Die Klingel riss sie aus ihrem Gespräch. Lucifer seufzte. "Das müssen wir wohl verschieben." ........................................................ "Ihr beiden seid solche Verräter!", knurrte Amon. Er war gerade aus Geschichte gekommen und wurde von Iblis und Astaroth ohne Vorwarnung in einen der Flure geschleift. Dort stand Agash, umgeben von ihrer typischen Freundesgruppe. Amon konnte sich nicht vorstellen, dass sie jemanden wie ihn mögen könnte. Sie war hübsch, intelligent, beliebt...und sowas von außerhalb seiner Reichweite. "Hey, wir tun das nur zu deinem eigenen besten!", beharrte Astaroth. "Du fragst sie, dann frage ich Kali und für Iblis finden wir auch noch wen!" "Aber sie ist von ihren Freundinnen umgeben. Da wird sie erst recht nicht nein sagen!" "Mädchen bewegen sich immer in Rudeln, du kannst sie nie abpassen.", verkündete Iblis und schob ihn vorwärts. "Los, du schaffst das schon! Wir feuern dich von weitem an!" Amon stolperte vorwärts und ging unsicher auf die Fäulinsdämonin zu. Einige ihrer Freundinnen grinsten ihn bereits dreckig an. Agash lächelte dagegen freundlich. "Hallo Amon. Was gibt es denn?" "Ähm...hi....ich wollte fragen ob du....naja wir....nur, wenn du willst...." Iblis und Astaroth schlugen sich im Hintergrund die flache Hand vor die Stirn. "Also...willstdumitmirzuderTanzveranstaltunggehen?" Agash blinzelte. "Entschuldige...ich habe dich nicht verstanden. Könntest du das bitte nochmal sagen?" Amon spürte wie ihm die Röte ins Gesicht schoss als die anderen Mädchen kicherten. Wahrscheinlich wäre er die Lachnummer der Schule noch bevor die Mittagspause vorbei wäre. "Willst du mit mir zu der Tanzveranstaltung gehen?" Angespannt hielt der Fäulnisdämon die Luft an. Auch die beiden Söhne Satans drückten im Hintergrund die Daumen. Agash grinste. "Klar, gerne doch." Bitte was? "Ok...", antwortete er etwas baff. "Wir haben nach dem Mittagessen doch zusammen Dämonologie, danach können wir uns ja genaueres ausmachen." Der Fäulnisdämon nickte nur und sah zu wie die Gruppe abzog. War das gerade wirklich passiert? "Na geht doch!", hörte er Astaroth sagen und spürte wie er ihm auf die Schulter klopfte. Unwillkürlich musste er grinsen. Er hatte eine Verabredung. Mit Agash. Bester. Tag. Seines. Lebens. Kapitel 4: Rin ist krank ------------------------ Rin fühlte sich wie gerädert und kroch stöhnend unter seine Decke. Sein Kopf, Hals und seine Glieder schmerzten, ihm war extrem warm und er schwitzte. Jeder Versuch aus dem Bett zu stiegen, war längst aufgegeben worden, er fühlte sich zu schwach. Er hatte keine Ahnung, wie das passieren konnte. Gestern Abend ging es ihm noch blendend, doch nun konnte er sich kaum bewegen. Er war als Kind nur selten krank gewesen, daher war sein momentaner Zustand eine ganz neue Erfahrung. Leider war Kuro nirgends aufzufinden, also konnte er nur warten bis jemand vorbeikam und hoffentlich half. Wie auf Stichwort klopfte es an der Tür, leider er bekam kein Wort hervor. Er wusste, dass es Iblis war,  seine Aura war unverkennbar und so wie er den Feuerkönig kannte, würde er ohnehin reinkommen, wenn es ihm zu lange dauerte. Tatsächlich öffnete sich wenige Sekunden später die Tür. „Hey, hast du ernsthaft verschlafen? Frühstück ist längst rum.” Der Nephilim stöhnte nur leise auf. Warum musste er so laut sprechen? Mit jedem Wort schien sich der Schmerz etwas tiefer in seinen Schädel zu bohren. Er hörte wie der ältere Dämon näher kam und fauchte im Stillen als ihm die Decke weggezogen wurde. Immerhin wurde er nicht aus dem Bett geworfen oder an seinem Schweif raus geschliffen. Yukio und Shura konnten da sehr kreativ sein. „Wow, du siehst ja mal beschissen aus.”, kommentiere Iblis überrascht. Rin gab ihm nur ein genervtes Schnauben, doch brach sofort in einen Hustenanfall aus. Als er sich beruhigt hatte, legte der Feuerdämon dem Nephilim eine Hand auf die Stirn und zog sie sofort wieder zurück. „Du glühst richtig und wenn sogar ich das sage, will das was heißen.” Er seufzte. „Ich hab schon 'ne Vermutung, was es sein könnte. Ich hole schnell Vater und einen Heiler.” ............................................................... Satan, die Baal und der Heiler kamen nach wenigen Minuten. Dieser tastete Rins Hals und Brustbereich ab, sah sich seine Augen und den Rachenraums näher an, hörte seine Atmung ab und begutachtete auch (sehr zur Überraschung des Nephilims) seine Fingernägel und seinen Schweif. Ihm wurde schnell erklärt, dass die Krallen, der Schweif und die Hörner eines Dämons auch Symptome zeigen konnten, man sollte sie also stets gut pflegen. Es widerstrebte ihm sehr einem Fremden seinen Schweif hinzuhalten, also hielten Amaimon und Samael diesen schlussendlich fest, sodass der Heiler ihn sich dennoch ansehen konnte. Der Halbdämon wusste nicht viel über Krankheiten, doch selbst ihm fiel auf, dass das Fell an seinem Schweif seltsam spröde war. Schlussendlich bestätigte sich Iblis' Vermutung. Rin hatte sich Fünf-Tage-Fieber, eine gehennische Kinderkrankheit eingefangen, welche wie der Name sagte normalerweise nur fünf bis sieben Tage anhielt. In seinem Fall sah die Sache natürlich anders aus. Er nahm aber auch jedes Unglück mit! „Und was ist das jetzt genau?”, krächzte er hervor. „Wie schon erwähnt ist es eine Krankheit, welche so ziemlich jeder Dämon im Kindesalter ein Mal hatte, danach tritt sie nie wieder auf, da man eine lebenslängliche Immunität entwickelt.”, erklärte der Heiler geduldig. „Es treten in der Regel nur Glieder-, Hals- und Kopfschmerzen sowie Fieber und Hustenanfälle auf. Wenn man jedoch im Jugend- oder Erwachsenenalter infiziert wird, verläuft die Krankheit wesentlich schwerer.” „Also wie Windpocken.”, ergänzte Lucifer, um es Rin besser zu veranschaulichen. „Genau. Neben den bereits erwähnten Symptomen kommt es zu Schüttelfrost, Schweißausbrüchen, Schluckbeschwerden, extremer Müdigkeit oder auch Schlafstörungen, Heiserkeit, Appetitlosigkeit und in manchen Fällen auch Hautrötungen, Juckreiz, Übelkeit und Erbrechen.” ‚Also das komplette Paket. Super.‘ „Und was können wir dagegen tun?”, erkundigte sich Satan. „Zuerst ist strenge Bettruhe wichtig, im späteren Verlauf kann auch frische Luft nicht schaden. Ansonsten können kalte Umschläge, fiebersenkende Mittel, Hustenstiller, Schleimlöser und eventuell auch Schmerz- und Schlafmittel helfen. Seine Ernährung muss umgestellt werden, sonst wird er alles nur wieder erbrechen. Bei manchen Sachen muss experimentiert werden, weil jeder anders reagiert.” „Also muss ich eine Woche im Bett liegen?”, grummelte Rin entnervt. Das war für ihn Folter! Der Heiler lächelte entschuldigend. „Leider dauert das Fünf-Tage-Fieber im Eurem Alter wesentlich länger. Es wird mindestens zwei bis drei Wochen anhalten. Im schlimmsten Fall sogar vier.” Dem Nephilim klappte der Mund auf. „Woah, jetzt warte mal, fahr einen Gang runter, nochmal von vorne. Ich muss wie lange im Bett bleiben?! Ich glaube du hast zu lange an irgendwelchen Kräutern gerochen!” „Rin!”, fuhr Satan streng dazwischen. „Was denn?! Der Kerl will mir erzählen, dass ich vier Wochen in meinem Bett hocken muss?! Ich bin kein Arzt, aber keine Kinderkrankheit dauert so lange, oder?!” Der Dämon seufzte. „Ich verstehe, dass Ihr nicht erfreut seid-” „Ach ja? Super! Also toller Witz. Wie lange muss ich jetzt hier rumliegen?” „Rin, es reicht jetzt!” Der Halbdämon wurde sofort still. Eins musste man Satan lassen, er wusste wie man autoritäre Ansagen machte. Sogar Samael ließ sich hin und wieder Anweisungen geben, wie er bereits selbst erlebt hatte. „Es ist kein Witz und wenn er sagt, dass du vier Wochen im Bett bleiben musst, ist das so. Danach bist du diese Krankheit für immer los.” „Bis die nächste kommt!” „Unwahrscheinlich, es gibt nicht viele Krankheiten in Gehenna.” „Aber-” „Ende. Der. Diskussion.” Rin zog unbewusst den Kopf ein und nickte. Während der Heiler seiner Familie erzählte, worauf sie sonst noch achten mussten, graute es ihm jetzt schon vor den nächsten Wochen. ................................................................... Schon mit dem Mittagessen ging der Spaß los. Fleisch konnte er sich vorerst abschminken, alles war ungewürzt (was nicht weiter schlimm war, denn sein Geschmackssinn hatte sich inzwischen verabschiedet), kein fettiges Essen und nur bestimmte Gemüsesorten. Heute bekam er eine Art grünen Haferschleim, welcher durchaus essbar war, dennoch kam ihm der Gedanke, nur das und irgendwelche Suppen und Brot zu essen nicht sehr berauschend vor. Kurz darauf begann er zu zittern, obwohl er bereits eine dicke Decke hatte. Iblis besorgte ihm daraufhin einige zusätzlich, wobei schnell klar wurde, dass er eine andere Vorstellung von warm als Rin hatte. Nun war er stolzer Besitzer vierzehn weiterer Decken. Immerhin war ihm nicht mehr kalt und der Gedanke zählt. Natürlich stellte sich dort das nächste Problem ein. Er schwitzte wie verrückt und fühlte sich wirklich unwohl deswegen, aber wenn er die Decken wegnahm, begann er sofort wieder zu frieren. Er lag den ganzen Tag im Bett, alleine ins Bad zu gehen war ein Kraftaufwand, sodass ihm seine Geschwister sogar beim gehen helfen musste nur damit er auf die Toilette konnte. Alle drängten ihn viel zu trinken, aber selbst das strengte seinen Hals an. Noch schlimmer war dieser vermaledeite Kräutertee, den er regelmäßig trinken. Dieser schmeckte so widerlich, dass er ihn beim ersten Mal beinahe ausgespuckt hätte. Um genau zu sein, hätte er das sogar getan, wenn Egyn ihm nicht den Mund zugehalten hätte. Die Medikamente schmeckten nicht besser. Am liebsten hätte er sie verweigert und in den Abfluss gekippt, aber nachdem Satan ihm gedroht hatte, ihm diese auch notfalls gewaltsam einzuflößen, hatte er die Idee wieder lieber verworfen. Er wusste, dass dies keine leeren Drohungen waren. Als Azazel seine Medikamente einmal nicht genommen hatte, brannte schon die Luft. Immerhin half sie und nach einigen Tagen konnte er zumindest etwas anderes als Suppe und Haferschleim zu sich nehmen. Das größte Problem war allerdings seine Langeweile. Da all seine Stunden ausfielen und er das Bett nicht verlassen konnte, war ihm langweilig wie lange nicht. Seine Geschwister versuchten es ihm erträglicher zu machen indem sie so oft wie möglich vorbeikamen und mit ihm aßen, Karten spielten oder Filme zusammen schauten. Dabei hatte er es schon mehrmals geschafft einzuschlafen und sich an einen seinen Brüder zu klammern. Inklusive Schweif. Peinlich. Glücklicherweise hatte er inzwischen einen eigenen Fernseher und wie es der Zufall wollte, hatten die Baal einen Account auf mehreren Streaming Plattformen. Azazel borgte ihm zusätzlich hin und wieder seinen Laptop und Iblis hatte ihm seine Playstation und einige Spiele von sich und den anderen Dämonenkönigen geliehen, doch bei den meisten musste er sich mit englischer Sprachausgabe zufrieden geben. So gesehen könnte es wohl schlimmer sein, aber er vermisste regelmäßige Bewegung. Nach einigen Tagen wollte er duschen, doch kam leider alleine kaum hoch. Er wollte natürlich von niemanden Hilfe beim Duschen haben, das wäre nun wirklich mehr als peinlich. Das Ende vom Lied war, dass er stattdessen ein Bad nehmen sollte, was er von Japan überhaupt nicht kannte. Man stieg nicht in die Wanne, wenn man dreckig war, sondern wusch sich vorher. Hier tat man es jedoch offensichtlich anders und er ließ sich schlussendlich breit schlagen. Amaimon und Egyn warteten draußen, falls er doch Hilfe brauchte, was Go-...Satan (?) sei Dank nicht der Fall war. Auch Satan besuchte ihn regelmäßig und auf Rins Bitte hin, begannen er und die Dämonenkönige damit weiter mit ihm Gehennisch zu üben, damit er wenigstens etwas sinnvolles zu tun hatte. Wenn ihn jetzt nur Yukio sehen könnte. Beim Krank sein lernen. Das wäre Rin zuvor nie eingefallen. Es war inzwischen fast die zweite Woche rum, doch für ihn fühlte es sich viel länger an. Er lehnte an einigen Kissen während sich Lucifer seinen Schweif näher ansah und einige Knoten löste. „Das sieht schon wesentlich besser aus.”, verkündete er. Rin brummte nur missmutig und zog seine Decke höher. „Hey, hör auf zu schmollen.”, kommentierte Iblis, welcher auf einem Sofa saß und Chips futterte. Gar nicht gemein. Rin warf ihm einen giftigen Blick zu. Der Feuerkönig wurde von der aufgehenden Tür  gerettet. Es war Astaroth, welcher eine Tüte in der Hand hielt. „Für dich.”, sagte er und warf sie dem Nephilim zu, welcher es überrascht auffing. Darin war eine Box mit Keksen. „Von Amon und Agash.”, erklärte der Fäulnisdämon. „Agash backt gerne und macht immer viel zu viel also bekommen wir oft auch welche. Als sie erfahren hat, dass du krank bist und dich wahrscheinlich wegen der Kinder angesteckt hat, hat sie eine Extraportion gemacht.” Rin war überrascht. Amons und Agashs Kinder hatten ebenfalls Fünf-Tage-Fieber. Sie selbst hatten es schon gehabt und konnten sich demzufolge nicht anzustecken. Allerdings konnten sie den Erreger in sich tragen. Wahrscheinlich hatte Amon diesen an Astaroth weitergegeben und er hatte dann Rin angesteckt. Selbst wenn es stimmte, so macht er ihnen natürlich keinen Vorwürfe. „Danke...”, murmelte er verblüfft. Es würde noch ein paar Tage dauern bis er die Kekse essen konnte. Erst gestern hatten sie versucht ihm etwas neues zu essen zu geben, woraufhin er eine knappe Stunde über der Toilettenschüssel hing. Er war nicht scharf auf eine Wiederholung. Vorerst packte er die Box also beiseite. Astaroth bediente sich derweil an Iblis' Chipstüte, obwohl dieser sie hartnäckig verteidigte. Lucifer seufzte. „Müsst ihr das wirklich vor Rin essen?” Die beiden Dämonen wechselten einen kurzen Blick bevor Iblis die Tüte verschwinden ließ. Endlich! Der Nephilim warf dem Lichtkönig einen dankbaren Blick zu, dann wurde er von einem weiteren Hustenanfall überrumpelt. Der Dämonenkönig seufzte. „Das wird irgendwie nicht besser...hast du schon deinen Hustenstiller genommen?” Der Halbdämon nickte matt während Lucifer die Hand auf seine Stirn legte. „Du hast schon wieder Fieber...Iblis holst du nochmal kaltes Wasser und einen Lappen? Ich muss langsam los, also kümmert ihr euch um ihn, ja?” Zustimmendes Brummen ertönte. Rin verkroch sich derweil wieder unter seine Decke und schlief ein. ............................................................................................... Als Woche zwei endlich um war, durfte Rin endlich sein Zimmer verlassen und nach draußen. Wie hatte er frische Luft vermisst! Er war noch immer etwas wacklig auf den Beinen, aber konnte immerhin alleine laufen. Dennoch bestanden sowohl Satan als auch seine Geschwister darauf, dass er nirgends alleine hinging. Es war etwas frustrierend, aber er versuchte es zu ignorieren. Am Morgen war der Heiler da gewesen und hatte verkündet, dass er das Schlimmste hinter sich hatte. Wenn alles gut ging, müsste er nur noch eine Woche das Bett hüten. ................................................................................. Endlich war der Moment der Wahrheit gekommen. Die dritte Woche war um und der Heiler untersuchte den Nephilim erneut. ‚Bitte lass mich nicht noch eine Woche krank sein.”, flehte er im Stillen. Nach quälenden zehn Minuten war der Heiler fertig und lächelte ihn an. „Das Fieber ist weg und die Schwellungen sind allesamt zurückgegangen. Ich empfehle es die nächsten Tage noch langsam angehen zu lassen, aber die Bettruhe ist aufgehoben.” Erleichterung machte sich breit. „Gut, danke. Dann kannst du gehen.”, entließ Satan ihn und wandte sich an Rin. Die Dämonenkönige waren anderweitig beschäftigt, aber das störte den Nephilim nicht weiter. Sie hatten sich die letzten drei Wochen so gut um ihn gekümmert, wie sie nur konnten. Ja, sogar Samael. Rin bekam immer mehr das Gefühl, dass sich unter der harten Schale doch ein weicher Kern versteckte. Genau wie bei Astaroth, Iblis und Satan. „Bevor du dir zu große Hoffnungen machst, heute bleibst du noch im Bett.”, verkündete der Dämonengott streng. Rin setzte daraufhin seinen besten Hundewelpenblick auf. Laut seinen Brüdern hatte das sehr oft funktioniert als sie noch Kinder waren. Leider schien der ältere Dämon nach acht Kindern eine gewisse Immunität entwickelt zu haben. „Vergiss es. Das zieht nicht.” „Bitte?” „Nein!” „Kann ich wenigstens heute Abend ein paar Stunden aufstehen?” „Rin...” Der Nephilim schwieg, Satan seufzte. „Gut, überredet. Ein paar Stunden.” Wie gesagt, harter Schale weicher Kern. Kapitel 5: Trennung ------------------- Egyn verstand die Welt nicht mehr. Mit großen Augen beobachtete er das Bild, welches sich vor ihm bot. Seine Mutter, die erst verschwunden und nun wieder aufgetaucht war, schrie seinen Vater und einige weitere Dämonen an. Was sie sagte, ergab keinen Sinn. Sie liebte seinen Vater, also warum sagte sie so gemeine Dinge zu ihm? Warum behauptete sie ihn nicht zu kennen? Sie begann damit Gegenstände zu werfen während Satan beruhigend auf sie einredete, aber sie hörte nicht auf. Sie schrie weiter und wurde immer lauter. Hatte sein Papa vielleicht etwas böses getan? Wenn Egyn etwas angestellt hatte, wurde er auch ausgeschimpft, aber das hier war nicht vergleichbar. Die Wasserdämonin kreischte und fluchte. Sonst sagte sie solche Wörter nie. War er selbst vielleicht auch schuld? Normalerweise beruhigte sie sich, wenn er sich entschuldigte. Wenn er und sein Vater sich also für das, weswegen sie auch immer wütend war, entschuldigten...würde sie sich dann wieder beruhigen? Der kleine Wasserdämon war überzeugt, dass es so wahr. Er versuchte zu ihr zu kommen, doch Lucifer und Samael hielten ihn zurück. Warum? Er wollte doch nur zu seiner Mutter! Leider gelang es ihm nicht, sich los zu reißen. Azazel und Beelzebub schauten stumm zu, wie sich die älteren Dämonen weiterstritten. „Salacia, jetzt beruhige dich doch endlich! Ich bin es.”, sagte Satan mit einem Anflug von Verzweiflung in der Stimme. Die Wasserdämonin funkelte ihn wütend an. „Ich kenne dich nicht! Was willst du von mir?! Willst du mich umbringen, du Hurensohn?! Komm nur her!” Sie warf ein Messer, woher auch immer sie es hatte. Glücklicherweise hatte sie nie gelernt damit umzugehen und verfehlte. „Bitte beruhigt Euch. Wir wollen Euch nur helfen.”, sagte eine Heilerin vorsichtig. Alle hielten dennoch Abstand. Salacia hatte einem der Heiler, der sich ihr genährt hatte, bereits den Arm gebrochen. Noch immer hörte sie kaum zu. „Mir helfen?! Als ob! Ich lasse mich nicht nochmal reinlegen! Ihr seid nicht echt! Nichts hier ist echt! Alles ist nur eine Illusion. Ihr seid hier, um mich zu quälen! Geht weg! GEHT WEG ODER ICH SCHNEIDE EUCH BASTARDEN DIE KEHLE AUF UND LASSE EUCH AUSBLUTEN!” Egyn liefen inzwischen Tränen die Wange hinunter. Zwei der Wächter versuchten ihn und seine Geschwister aus dem Raum zu schieben. Der Wasserdämon nutzte die Gelegenheit, um sich von Lucifer und Samael zu befreien und flitzte zurück ins Zimmer. „Mama!” Er versuchte zu ihr zu laufen, doch ein Dämon stellte sich ihn ihm den Weg. In seinem Blick lag Mitleid, aber trotz Egyns Flehen wurde er nicht durchgelassen. Salacia hatte seinen Ruf jedoch gehört und wandte ihre Aufmerksamkeit an ihn. „Du schon wieder!”, fauchte sie. „Ich weiß genau, was du damit vorhast! Du legst mich nicht nochmal damit rein! Du bist nicht mein Kind, hau ab! Verschwinde du mieses, kleines-” Die Heiler nutzten die Gelegenheit, um sie zu greifen und aus dem Zimmer zu ziehen. Salacia schrie, fluchte, trat und biss. Egyn schluchzte und wollte hinterher, doch wurde wieder zurückgezogen. „Was macht ihr mit Mama!? Gebt sie zurück! Bitte! Bitte, gebt mir meine Mama zurück...”, schniefte er. Diesmal war es Satan, der ihn festhielt. Er ging in die Hocke und umarmte das Dämonenkind. Egyn schluchzte unkontrollierbar während sein Vater ihm durch die Haare strich und ihm beruhigend Worte zuflüsterte. „Schon gut, es ist nicht deine Schuld. Ganz ruhig.” „Was ist mit Mama?” „Deine Mutter ist sehr krank. Wir können ihr hier nicht helfen also schicken wir sie zu Leuten, die es können. Wir besuchen sie so oft es geht, in Ordnung?” Nein, nichts war in Ordnung. Egyn verstand einfach nicht, was los war. Seine Mutter war verschwunden und viele hatte die Hoffnung aufgegeben, doch dann war sie wieder da. Zwar war sie irgendwie anders, aber sie lebte. Alles hätte wieder gut werden müssen, aber stattdessen wurde alles wieder schlimmer! Warum?! Warum war alles so unfair?! Warum hatte sie versucht ihn zu erwürgen?! Warum war sie plötzlich so gemein zu seinem Papa und seinen Geschwistern?! Tausende Fragen kreisten in seinem Kopf. Dennoch nickte er und krallte sich an seinen Vater, dessen Anwesenheit allein schon beruhigend war. Seine Geschwister waren inzwischen dazu gekommen und umarmten ihn ebenfalls. „Es wird bestimmt alles gut werden.”, murmelte Lucifer und die anderen drei Dämonenkinder nickten zustimmend. Irgendetwas sagte Egyn jedoch, dass dem nicht so war und seine geliebte Mutter nie wieder zurückkehren würde. Kapitel 6: Feierabend --------------------- Agares saß zusammen mit Paymon, Halphas, Amon, Tap, Ankou und Shax in einer der Palastbars. Sie hatten einen anstrengenden Tag hinter sich und wollten sich einfach nur entspannen. Valefor bevorzugte es wie immer allein zu bleiben und Berith konnten sie nicht leiden.   „Also habt ihr schon gehört, was heute passiert ist?", begann Shax.   „Papierkram, laute Kinder, Papierkram, anstrengende Seelen, Papierkram, Azazel hängt dem Papierkram hinterher...habe ich schon Papierkram erwähnt?", grummelte Ankou.   „Beschwert sich die Eisprinzessin etwa?", grinste Halphas.   „Vorsicht, denke dran wer entscheidet, wo du landest falls du stirbst."   „Immer wieder schön mit dir befreundet zu sein."   Paymon ignorierte sie. „Was ist passiert, Shax?"   „Hat es was mit Satans schlechter Laune zu tun?", fügte Amon hinzu.   Shax nickte und schaute sich um. Als er sicher war, dass niemand sie belauschte, fuhr er fort. „Ihr erinnert euch doch sicher noch an diese Sterbliche mit der er zusammen war und Zwillinge von ihm bekommen hat? Astaroth hat sie gefunden. Besser gesagt den älteren, der auch die Flammen hat."   „Du machst Witze.", flüsterte Agares. Satan hatte damals (mit Recht) ein riesiges Theater veranstaltet, als die Exorzistin gestorben war und die Kinder nirgends aufzufinden waren. Seit diesem Tag durchkämmten Dämonen jedes Ranges ganz Assiah, in der Hoffnung den verlorenen Prinzen zu finden. Der jüngere der beiden müsste in Assiah bleiben, aber daran konnte man nichts ändern. Bisher waren alle Bemühungen jedoch erfolglos geblieben.   „Nein, das ist mein Ernst. Astaroth wollte ihn nach Gehenna bringen, aber hat versagt. Zweimal."   Das war ungewöhnlich. Amon runzelte die Stirn. „Warum sollte er solche Probleme mit einem Nephilim haben? Sieht ihm nicht ähnlich. Und warum haben die Exorzisten den Jungen nicht längst umgebracht?"   „Beim Vatikan gelten beide als tot, aber ich kenne die genauen Umstände nicht. Scheinbar wurden sie von Exorzisten aufgezogen. Angeblich sogar von Shiro Fujimoto."   „Der Paladin? Warum sollte er das tun?", hakte Halphas nach.   „Natürlich, wie viele kennst du denn sonst noch? Seine Beweggründe weiß ich nicht. Jedenfalls konnten er und seine Leute Astaroth zwei Mal vertreiben, dann wollte Satan den Jungen selbst holen. Erfolglos. Fujimoto ist jedoch tot."   Satan selbst hatte versagte? Die Wasserdämonin konnte es sich nur schwer vorstellen, der Dämonengott bekam immer, was er wollte und wenn er es selbst erledigen musste.   „Das erklärt wohl seine schlechte Laune.", murmelte Ankou. „Irgendwie schade um Fujimoto, Azazel hat eigentlich immer gut von ihm gesprochen. Na, egal. Ist schon sicher wer der neue Paladin wird?"   „Keine Ahnung."   „Vielleicht sollten wir uns darum vorerst keine Sorgen machen. Wahrscheinlich werden wir es in den nächsten Tagen sowieso erfahren und ich möchte jetzt die Pause nutzen.", mischte sich Halphas ein.   „Wahrscheinlich.", stimmte Paymon zu. „Hoffentlich bedeutet das nicht, dass uns der Urlaub gestrichen wird. Ich wollte meine Familie besuchen."   „Ebenfalls. Tiasa hat ihr erstes Jahr in der Grundschule hinter sich und laut meiner Mutter bettelt sie, dass ich sie wieder mal besuchen komme.", seufzte Agares.   „Sie war deine jüngste Schwester, richtig?"   Sie nickte.„Ja und ehrlich gesagt hoffe ich, dass es so bleibt. Es ist ziemlich anstrengend mit drei jüngeren Geschwistern. Wie Lucifer gleich sieben ausgehalten hat, ist mir ein Rätsel."   „Inzwischen sind es neun, auch wenn einer ein Mensch ist.", erinnerte Ankou sie.   „Richtig."   „Apropos Familie.", warf Paymon ein. „Wie geht es denn eigentlich Agash, Amon?"   Dieser zuckte mit den Schultern. „Alles wie immer. Sie ist den einen Tag wegen dem Geschichtstest eines Schülers halb durchgedreht. Es ging bei einer Frage darum, wo man in Assiah damals die amerikanische Unabhängigkeitserklärung unterschrieben hat."   „Bin ich froh, dass wir uns in der Schule nicht damit rumärgern mussten.", murmelte Halphas.   Amon nickte. „Jedenfalls war die Antwort des Schülers "Ganz unten."."   Agares prustete los und auch der Rest wirkte amüsiert.   „Ich hätte den Punkt gegeben.", lache Halphas.   „Ich auch, allerdings hat Agash ein Buch nach mir geworfen, als ich das gesagt habe. Aber mal zu wichtigeren Dingen." Er wandte sich an Agares. „Wie läuft es mit Egyn? Ich habe euch gestern zusammen gesehen."   Wütend funkelte sie den Fäulnisdämonen an. „Müsst ihr alle immer wieder anfangen? Er sieht mich nicht auf diese Weise, es hat also keinen Sinn es zu erzählen. Es wäre nur wahnsinnig unangenehm."   „Ach, Schnickschnack.", wurde sie barsch von Ankou unterbrochen. „Das tut ja schon beim zusehen weh, wie du jedes Mal zusammensackst, wenn er dich als eine Freundin bezeichnet. Küss ihn einfach, das versteht sogar er."   Die Wasserdämonin sah sie entsetzt an. „A-aber das geht nicht! Ich bin zwar mit ihm befreundet, aber er ist immer noch mein Vorgesetzter und König! Es wäre mehr als unangebracht!"   „Dreistheit siegt." kommentierte Paymon und erhielt einen giftigen Blick. Er zuckte nur mit den Schultern. „Sie haben recht, Agares.", half Shax aus. „Selbst wenn er nicht so empfindet, dann ist es wenigstens raus. Und wenn er dich doch akzeptiert, ist der Weg frei. Die anderen mögen dich alle und Satan wäre ebenfalls einverstanden. Ich bin sogar ziemlich sicher, dass er dich im Stillen anfeuert..."   Alle stimmten zu, sogar Tap nickte.   „Meine Antwort ist immer noch nein und denkt gar nicht daran euer Versprechen zu brechen.", grollte Agares und stand auf. „Ich hole mir noch etwas zu trinken." Bevor jemand protestieren konnte, war sie auch schon weg. Kapitel 7: Astaroth vs. LKW --------------------------- Astaroth hatte einen wirklich beschissenen Tag. Nach jahrelanger Suche hatte er endlich seinen jüngsten Bruder, den verschwundenen Prinzen und Thronfolger Gehennas gefunden und natürlich musste ihm dieser verfluchte Paladin die Suppe versalzen. Er beobachte den Jugendlichen nun schon eine Weile und hatte ewig überlegt, wie er ihn alleine erwischen konnte. Als er ihn dann endlich aus dem Stift zu sich gelockt hatte, schien alles perfekt zu laufen. Gut, er hatte wohl etwas übertrieben, als er ihm die glühende Eisenstange in die Augen pressen wollte. Offensichtlich hatte er sich da etwas zu sehr von seinem dämonischen Wesen mitreißen lassen. Doch immerhin hatte sich seine Vermutung bestätigt. Er hätte seinen kleinen Bruder einfach problemlos mitnehmen können, er stand ohnehin unter zu großem Schock, um sich wirklich zu wehren. Anscheinend hatte er keine Ahnung, wer oder was er wirklich war. Doch dann kam Shiro Fujimoto und hatte den Dämonenkönig exorziert als wäre er irgendein dahergelaufenes Kohletierchen. Seine Geschwister würden ihn so was von auslachen, wenn sie davon erfuhren. Leider zu recht. Nach einigem Probieren konnte er erneut seinen temporären Wirt übernehmen und nahm die Verfolgung auf. Rins Aura war noch immer kaum vorhanden, aber wahrscheinlich war er mit dem verfluchten Paladin zum Stift zurückgekehrt. Er hatte zwar recht, doch wurde natürlich vom nächsten Problem überrollt. Buchstäblich. Er wurde von einem LKW umgefahren. Irgendwo war es peinlich, aber er war zu wütend, um sich darüber lange Gedanken zu machen, sondern schnappte er sich den LKW-Fahrer und donnerte ihn in die nächstbeste Wand. „Das hat weh getan, verdammte Scheiße nochmal!” Er erkannte von weitem, dass Bannkreise um das Kloster gezogen worden waren. Seine Schergen gelangten nicht vorbei, so sehr sie sich auch anstrengten. Die Kanalisation war ebenfalls dicht. Super. Er hatte es offensichtlich nicht mit Anfängern zu tun. Sein Blick wanderte zu dem LKW. Theoretisch könnte er doch...na, wird schon schief gehen. Er stieg ein, schloss die Tür und ließ seinen Blick über das Armaturenbrett wandern. ‚Ok...das sieht anders aus als in 'nem Auto.‘, stellte er etwas nervös fest. Er konnte Auto fahren (halbwegs...irgendwie), er hatte ja sogar die ersten Automobile erlebt, aber das hier war doch ein gewisser Unterschied. ‚Ach, Scheiß drauf. Wie schwer kann das schon sein?‘ Das waren die berühmten letzten Worte. Die gute Nachricht? Er konnte die Bannkreise zerstören. Die schlechte?...Bremsen klappte nicht so ganz, wie es sollte. ‚Oh, SCHEI-‘ Ein lautes Krachen, ein gewaltiges Rütteln und fliegendes Gestein untermalten den Gedanken. ‚...Hoppla.‘ Hatte jemand mitbekommen, dass das ein Unfall war? Peinlich... ‚Ok, Astaroth. Ganz ruhig.‘, redete er sich ein. ‚Steig einfach aus und mach weiter. Tu so, als wäre es Absicht gewesen, merkt schon keiner.‘ Seine Untergebenen betraten nun ebenfalls den Raum. Er sah Rin auf der anderen Seite. Es würde keine weitere Verzögerungen geben. Wenn er nicht freiwillig mitkam, würde er ihn sich eben holen. Kapitel 8: Nächtliche Störungen ------------------------------- Satan hatte einen langen Tag hinter sich und wollte einfach nur ins Bett. Seine Kinder waren glücklicherweise schon vor Stunden eingeschlafen. Dafür würden sie ihn morgen in aller Frühe aus dem Bett werfen. Da kam wahrhaftig Freude auf. Seufzend drehte er sich um und schaute auf den leeren Platz neben sich. Seitdem Ruha gestorben war, hatte sich einiges verändert. Nicht nur ihn und Azazel hatte es schwer getroffen, sondern auch Lucifer und Samael. Immerhin war sie ihre erste richtige Mutter gewesen. Azazel hatte sich seit dem Vorfall immer mehr zurückgezogen und sprach kaum noch. Auch weigerte er sich öfter sein Zimmer zu verlassen. Es war teilweise zum verzweifeln. Vorwürfe machte er dem Geisterdämonen nicht. Er gerade am einschlafen, als er hörte wie sich die Tür zu seinem Schlafzimmer leise öffnete, gefolgt vom Getrappel kleiner Füße. Innerlich aufstöhnend ließ er seine Flammen auflodern, um den Raum zu erhellen. Lucifer erstarrte, offensichtlich erschrocken. Der Dämonengott seufzte. „Lucifer, was machst du so spät hier?” Der kleine Lichtdämon biss sich auf die Unterlippe und trat nervös von einem Fuß auf den anderen. „Ich konnte nicht schlafen.”, flüsterte er. „Im Dunklen bewegt sich etwas. Ich glaube, da ist ein Aswang!” Aswang waren Schattenwesen, welche über eine Schattenform und eine feste Gestalt verfügten, ihren Opfern im Schlaf auflauerten und ihnen das Blut aussaugten. Sie trieben sich vor allen in den unerforschten Gebieten herum, drangen jedoch hin und wieder auch ins Reich ein. Dennoch waren sie eher Geschichten, welche man Kinder erzählte. Satan bezweifelte sehr stark, dass ein Aswang es durch seine Barrieren geschafft hatte. „Das hast du dir nur eingebildet.”, beruhigte er seinen Sohn. „Hier kommen keine Aswang rein. Wahrscheinlich bildest du dir nur Dinge in der Dunkelheit ein.” Lucifer schüttelte energisch den Kopf. „Das ist etwas im Dunkeln! Das will mich fressen!” Erneut seufzte Satan innerlich. Viele Lichtdämonen hatten im Kindesalter Angst vor der Dunkelheit und später immer ein gewisses Unbehagen davor. Es war nur natürlich, immerhin war es ihr komplettes Gegenteil. „K-kann ich b-bitte hier schlafen?”, flüsterte Lucifer. Zuerst wollte Satan nein sagen, doch als er das verängstigte Gesicht sah, konnte er sich nicht dazu bringen. „Na schön, komm her.” Das Gesicht des jüngeren Dämonen hellte sich sofort auf. Vorsichtig begann er auf das Bett zu klettern und kroch unter die warme Decke. Dann kuschelte er sich an seinen Vater. Satan spürte, wie sich Lucifers Schweif um seinen Arm wickelte, woraufhin er seinen eigenen Schweif um ihn legte und näher heran zog. „Nacht, Papa. Hab dich lieb.”, murmelte Lucifer, dann war er auch schon eingeschlafen. Innerhalb weniger Minuten schlief auch Satan ein, doch die Ruhe währte nicht lange. Vielleicht zwanzig Minuten später schreckte der Dämonengott auf, als ihm jemand am Arm anstupste. Sofort fuhr er hoch, nur um seine beiden anderen Söhne zu sehen, welche ihn mit großen Augen ansahen. „Samael, Azazel. Was tut ihr hier?”, fragte der Weißhaarige noch etwas schlaftrunken. „...Ich hatte einen Albtraum.”, schniefte Azazel. „Ich habe schon wieder von Mama geträumt.” Samael schniefte ebenfalls. „Ich auch.” „Gut, kommt her.” Lucifer war nun ebenfalls wach und hatte sich aufgesetzt. Azazel und Samael kletterten aufs Bett, wo alle drei von ihrem Vater in den Arm genommen wurden. „Können wir hier schlafen?”, fragte Samael nach einigen Minuten mit dem schon bekannten Welpenblick. Satan zögerte kurz dann seufzte er erneut. „In Ordnung. Aber nur, wenn ihr mich nicht vor acht weckt.” „Ok...” Zu viert legten sie sich hin, die Dämonenkinder kuschelten sich gemeinsam an ihren Vater, welcher betete, dass sie auch wirklich durchschliefen. Nach Lucifer war er sich nämlich sicher, dass liebe und unkomplizierte Kinder nur dazu verführen sollten, noch mehr Kinder zu bekommen. Samael war kein Langschläfer und nicht selten gegen halb fünf munter gewesen. Inzwischen schlief er immerhin meist bis halb sechs. „Nacht, Papa.”, murmelten sie. „Gute Nacht.” Zusammen schliefen sie endlich ohne weitere Störung ein. Kapitel 9: Diebstahl in der Umkleide ------------------------------------ Egyn war gerade mit dem Schwimmtraining fertig geworden und auf dem Weg zur Dusche der Jungen. Sie hatten in zwei Wochen einen Wettbewerb, daher hatte er mit Kiaši, der Mannschaftskapitänin und ihrem Trainer einige Schwimmtechniken diskutiert. Er war der beste Schwimmer der Mannschaft, daher lag bei ihm die Hoffnung. „Bis nächste Woche, Egyn. Schönes Wochenende!”, verabschiedete Kiaši sich. „Danke, dir auch.” Er betrat die Dusche, wo er nicht lange brauchte, da er sich lieber Zuhause die Haare wusch. Er wickelte sein Handtuch um die Hüfte und ging weiter in die Umkleidekabine Die anderen Jungs waren längst weg, also hatte er alles für sich. Egyn ging zu seinem Spind und öffnete ihm. Dabei fiel ihm auf, dass etwas nicht mit dem Schloss stimmte. ‚Nanu? Vorhin war doch alles in Ordnung.‘ Mit einem mulmigen Gefühl in der Magengegend öffnete er den Spind und das Herz sank ihm in die Ho...in das Handtuch. Seine Klamotten waren weg. Das war doch jetzt wohl ein Scherz. Er schnappte sich seine Schultasche in der Hoffnung, dass jemand seine Kleidung dort hinein gestopft hatte. Dort waren sie auch nicht. Nun stellte er außerdem fest, dass mehrere seiner Bücher und Notizen, ein Aufsatz, welchen er vorhin in seiner Freistunde geschrieben hatte und sein Geldbeutel fehlte. Das durfte doch wohl alles nicht wahr sein! Er war so einige miese Streiche gewohnt, aber das war die Höhe! Seine Gedanken kreisten. Wer könnte das gewesen sein? Er glaubte nicht daran, dass es jemand aus seinem Team war, denn er verstand sich mit allen gut und zählte manche sogar zu seinen wenigen Freunden. Abgesehen davon war die Kabine nicht abgeschlossen, hier kam jeder rein. Doch wer machte sich so viel Mühe, sich hier einzuschleichen, das Spindschloss zu zerstören und seine Schulsachen und Kleidung zu stehlen? Das Geld machte eher Sinn, glücklicherweise war nicht mehr viel drin gewesen. Das meiste war für sein Mittagessen draufgegangen. Dennoch ärgerte es ihn. Die Bücher konnte man ersetzen, doch die Notizen würden länger dauern. Vielleicht hatte er Glück und einer seiner älteren Geschwister hatte seine Mitschriften von diesem Schuljahr behalten. Apropos Geschwister. Er war in fünf Minuten mit ihnen verabredet damit sie zusammen nach Hause gehen konnten, doch er konnte dort schlecht im Handtuch aufkreuzen. Es bleib ihm also nichts anderes übrig als hier zu warten und zu hoffen, dass sie nach ihm schauen würden, wenn er nicht kam. Derweil machte er sich daran auch in den restlichen Spinden und im Mülleimer nachzusehen. Leider erfolglos. Endlich klopfte es an der Tür. „Egyn, bis du da drin?”, ertönte Iblis Stimme. „Ja, komm rein. Ich brauche deine Hilfe.”, rief er dem Feuerdämonen zu. Die Tür öffnete sich und ein äußerst verdutzter Iblis stand im Türrahmen. „Du bist noch nicht fertig?” Egyn beschloss direkt zum Punkt zu kommen. „Jemand hat meine Klamotten gestohlen.”, gab er zerknirscht zu. Dem jüngeren Dämonen klappte der Mund auf. „Du machst Witze.” „Schön wär's. Einige Bücher, meine Hausaufgaben, Mitschriften und mein Geldbeutel fehlen auch. Jemand hat den Spind aufgebrochen und ich habe schon alles abgesucht.” Iblis stieß ein Grollen aus. „Wenn ich herausfinde, wer das war, werden sie am Rest des Schuljahrs mit Krücken rumrennen!” „Nicht!”, antwortete der Wasserdämon hastig. „Ich will einfach nur was zum Überziehen und nach Hause.” „Aber-” „Wir können weiterdiskutieren, wenn ich angezogen bin. Ich fühle mich hier ziemlich auf dem Präsentierteller.”, unterbrach Egyn ihn. Iblis seufzte frustriert und überlegte kurz. „Ich habe noch saubere Sportsachen in meinem Spind, die kann ich dir bringen. Ich sage gleich dem Rest Bescheid.” „Danke.” Seufzend setzte sich der Wasserdämon auf eine Bank. .................................................................................... Iblis rauchte buchstäblich vor Wut. Warum musste jemand ihm und seinen Geschwistern ständig das Leben erschweren?! Er hatte schon einige Streiche erlebt, aber jemanden die Sachen zu klauen war mehr als gemein. Er betrat die Bibliothek der Schule, wo seine restlichen Brüder warteten. Lucifer und Samael versuchten Astaroth beim Lernen für einen Mathe-Test zu helfen und dachten scheinbar separat über Mord und Selbstmord nach. „Warum muss ich hier den Winkel bestimmen? Das steht doch schon da! Er ist null!”, knurrte Astaroth. „Wo denn?”, fragte Lucifer verwundert, woraufhin der Verwesungsdämon auf die Stelle zeigte. „Da!” „Das ist keine Null, sondern ein Omikron! Wäre der Winkel null Grad, gäbe es doch gar kein Dreieck!”, erwiderte Samael sichtlich frustriert. „Wie konntest du den vorherigen Stoff nicht verstehen, wenn das hier nicht kannst?!” „Ich habe den Mist ja nie verstanden!” Azazel sah von seinen Okkultismus-Hausaufgaben auf, als er Iblis' Schritte hörte. „Wolltest du nicht Egyn holen?”, fragte er verwundert. Der Feuerkönig schüttelte den Kopf. „Er kann nicht aus der Umkleide. Seine Klamotten sind weg. Jemand hat seinen Spind aufgebrochen. Seine Schulsachen haben sie geklaut, genau wie seinen Geldbeutel.” Überrascht sahen die zukünftigen Dämonenkönige ihn an. „Ist das deren Ernst?”, fragte Samael dumpf. „Wie erwachsen.” „Sicher, dass er es nicht einfach nur verlegt hat?”, fragte Lucifer. Iblis schüttelte den Kopf. „Nein, hat er nicht. Er meinte, dass er schon alles abgesucht hat. Ich bringe ihm meine Sportsachen, aber wäre nicht schlecht, wenn ihr schon mal anfangt seinen restlichen Kram zu suchen. Ich wette, sie haben einfach alles in irgendeine naheliegende Mülltonne geworfen, um ihn zu ärgern.” Sie waren nicht sonderlich begeistert, aber stimmten natürlich zu. Lucifer ging mit Iblis. Egyn war mehr als erleichtert, endlich etwas zum anziehen zu haben, auch wenn sie ihm etwas zu groß waren. Nach einigen Minuten kamen die restlichen Brüder hinzu. Tatsächlich hatten sie Egyns Bücher und Mitschriften in einer Mülltonne gefunden. Sein Aufsatz war leider nicht aufzufinden, ebenso wenig wie sein Geldbeutel, aber das störte ihn nur geringfügig. „Und du bist sicher, dass niemand aus deiner Mannschaft dahinter steckt?”, hakte Beelzebub nach, nachdem Egyn erneut alles erzählt hatte. Dieser schüttelte den Kopf. „Ja, bin ich. Die Umkleiden sind nicht abgeschlossen, also könnte sonst wer dahinter stecken.” Lucifer seufzte. „Egal wer es war, wir sollten damit zum Schulleiter gehen.” „Zu dieser Pfeife? Als ob es beim tausendsten Versuch klappen würde.”, schnaubte Iblis verächtlich. „Laut ihm gibt es Mobbing, keine Bevorzugung und so weiter doch gar nicht. Und solange die Mamis und Papis der ganzen Bastarde zahlen, passiert da eh nichts.” „Cresil ist zur Zeit krank, also übernimmt Marax die Vertretung und wie ihr wisst, ist er fair. Er wird uns anhören.”, warf Beelzebub ein. Damit gaben sie sich geschlagen und machten sich zusammen auf den Weg zum Schulleiterbüro. Dummerwiese ließ weiterer Ärger nicht auf sich warten. In einem Flur lungerten Seth, seine Freundin Nija sowie seine beiden Schlägerfreunde Ishtar und Loki herum. Iblis hasste die vier mit großer Leidenschaft. Sie waren in Egyns Jahrgang und machten dem Wasserdämon, ihm und dem Rest das Leben schwer, wo sie nur konnten. Lucifer, Samael, Azazel und Beelzebub ließen in Ruhe, weil sie älter waren und wahrscheinlich Angst vor ihnen hatten. Dummerweise gehörten sie alle zu adligen oder reichen Familien, daher war es sehr schwer sie für etwas zur Rechenschaft zu ziehen. Da Seths Vater ein Erzdämon sowie ein Führer eines großen Hauses war, glaubte der Zeitdämon gerne mal, dass ihm die Schule gehörte. Er und seine Kumpanen grinsten, als sie Egyn entdeckten. „Nette Klamotten, Iggy.”, sagte er schadenfroh. Nija kicherte. „Halt die Klappe, Seth.”, knurrte Iblis, doch der ältere Dämon lachte nur. „Ist nicht meine Schuld, wenn er nicht auf seinen Kram aufpassen kann.” Astaroth bleckte die Zähne. „Also steckst du dahinter!”Seth sah ihn gespielt empört an. „Also wirklich, mir sowas anzuhängen-” „Sei lieber still und siehe zu, dass du Land gewinnst.”, mischte sich Samael genervt ein. Nun schauten die vier reichlich dumm aus der Wäsche. Anscheinend hatten sie ihn übersehen. „Komm schon Seth, gehen wir!”, quengelte Nija. „Verschwenden wir nicht unsere Zeit mit denen.” „Ja Mann.”, stimmte Ishtar zu. „Diese Freaks sind unsere Zeit nicht wert.” Seth schnaubte. „Stimmt wohl.” Erneut grinste er die Söhne Satans bösartig an. „Also schönes Wochenende.~”, feixte er. Endlich verschwanden sie. Natürlich nicht ohne das Seth Egyn beim Vorgehen an der Schulter rammte. „Arschgeige.”, murmelte Azazel. Am Büro begegneten sie Eurynome, welche gerade das Lehrerzimmer abschloss. Die Wasserdämonin sah sie überrascht an. „Jungs, was macht ihr denn noch hier? Solltet ihr nicht auf dem Weg nach Hause sein?” „Wir wollen zu Direktor Marax.”, erklärte Lucifer. „Jemand ist in Egyns Spind in der Umkleide eingebrochen und einiges geklaut. Einen Teil haben wir in Mülleimern gefunden. Scheinbar war es Seths Gruppe.” Eurynomes Gesicht verdüsterte sich. „Das hört man ja nicht gerne. Aber das würde wohl erklärten, warum sie sich noch hier rumgetrieben haben. Habt ihr Bewiese, dass sie es waren?” „Nicht wirklich.”, gab der Lichtdämon zu. Die Lateinlehrerin seufzte. „Dann wird es wohl nicht einfach werden, jemanden zu bestrafen. Aber versucht euer Glück. Schon mal ein schönes Wochenende euch allen und bis nächste Woche. Und Azazel? Versuchte bitte nicht wieder einzuschlafen. Deine Noten sind zwar gut, aber du kannst nicht den Unterricht verschlafen. Ich würde dir ungern wegen sowas Einträge geben müssen. In Ordnung?” Der Schwarzhaarige nickte und betraten das Büro nachdem sie sich verabschiedet hatten. Die Sekretärin war sichtlich verwirrt, aber hielt sie nicht auf. Sie klopfte an die Tür und gab dem stellvertretenden Schulleiter Bescheid. Marax war ein Zeitdämon und noch nicht allzu lange an der Schule, aber erfreut sich bereits einer gewissen Beliebtheit. Er war zwar öfter etwas streng, aber fair und sorgte sich um die Schüler. Ganz im Gegensatz zum eigentlichen Schulleiter, welcher gerne mal Dinge "übersah". Er sah von einem Papierstapel auf und hob eine Braue. „An regelmäßige Besuche von Iblis, Amaimon und Astaroth bin ich ja gewohnt, aber gleich alle mit einem Mal? Beeindruckend. Habt ihr wirklich kurz vor Wochenende etwas angestellt?” Egyn verneinte und schilderte, was passiert war. Marax hörte sich alles grimmig an, dann setzte er seine Brille ab und rieb sich den Nasenrücken. „Jetzt auch noch Diebe. Man sollte meinen, dass das bei dem Niveau hier nicht passieren sollte.”, murmelte er erschöpft. „Leider kann ich nichts gegen Seth unternehmen. Ich kann ihn und seine Kumpanen befragen, aber solange es keine Beweise gibt oder sie gestehen, wird da nichts raus kommen. Ich werde aber heute noch einen Brief losschicken, damit die Umkleiden gleich nächste Woche Schlösser bekommen. Sie werden dann während des Trainings abgeschlossen sein. Ich werde die Dämonen, die nachher sauber machen, darum bitten nach deinen Klamotten Ausschau zu halten, Egyn. Tut mir leid, mehr kann ich leider nicht tun.” Alle hatten dieses Ergebnis erwartet, nickten und bedankten sich. Dann konnten sie endlich den Weg nach Hause antreten. Kapitel 10: Badetag ------------------- Iblis spähte vorsichtig um die Ecke und atmete erleichtert aus, als er nichts entdeckte. Er war sicher. Zumindest vorerst. Langsam schlich er den Gang entlang. ‚Fast geschafft-‘ Oder auch nicht. Das Dämonenkind kam ganze drei Meter weit, dann wurde er hoch gehoben. Natürlich begann er zu zappeln und zu strampeln doch das störte seinen Vater so gar nicht. „Iblis, jetzt reicht es aber!”, sagte dieser streng und begann sich in Bewegung zu setzen. „Papa, lass mich runter! Ich will nicht in die Waaaaanne!”, heulte der Feuerdämon. „Wasser ist bööööse! Das will mich töten! Paaapaaaaaa!” Satan seufzte nur. „Wasser ist überhaupt nicht böse. Willst du dreckig herumlaufen?” „Ich werde doch später sowieso wieder dreckig, also warum muss ich in die Wanne?!” „Weil es sonst unhygienisch ist und du könntest krank werden.”, kam die knappe Antwort. Iblis protestierte weiterhin lautstark und versuchte sich aus seinem Griff zu winden, doch natürlich erfolglos. Dafür hatte das Personal was zu lachen. Viele warfen den beiden einen teils amüsierten, teils mitleidigen Blick zu. So ziemlich jede Woche war es das gleiche, es überraschte also niemanden dass ihr Herrscher mit einem schreienden Kind hier durch kam. Endlich hatten sie ihren privaten Flügel erreicht und es ging ins Badezimmer. Da Iblis immer versuchte auszubüxen, nahm Satan ihn mit in sein eigenes Badezimmer. Seine restlichen Söhne waren bereits fertig, bis auf Egyn. Während Iblis rumschrie, wenn er in die Wanne musste, veranstaltete der Wasserdämon immer ein ziemliches Theater, wenn er raus musste. Wirklich wunderbar verteilt. Kaum hatte der Dämonengott Iblis abgesetzt, rannte der Kleine auch schon los. Satan reagierte sofort und griff nach ihm. Er erwischte den Schweif aber zog natürlich nicht daran. Iblis ließ resigniert den Schweif sinken und tapste zurück zur Wanne, wo er sich auszog. Als Satan ihn hoch hob, um ihn in die Wanne zu setzen, wickelte das Dämonenkind sofort seinen Schweif um dessen Arm und sah ihn mit großen, flehenden Augen an. Blöderweise ließ sich der ältere Dämon nicht davon erweichen und ließ ihn ins Wasser plumpsen. Sofort begann der jüngere damit im Wasser zu planschen, doch Satan trat unbeeindruckt einen Schritt zurück sodass ihn die Welle verfehlte. Er hob nur eine Augenbraue, als Iblis ihn schmollend anstarrte. „Jetzt hör auf, dich wie ein bockiges Kind zu verhalten oder du kommst zukünftig zum Abendessen in einen Hochstuhl und bekommst die Flasche. Und schlafen kannst du dann in einem Gitterbett.”, kommentierte er trocken. Das brachte den Kleinen endlich dazu still zu halten, auch wenn er immer noch schmollte. Satan half ihm dabei seine Haare und seinen Schweif zu waschen, dann war die Tortur endlich vorbei. Er ließ ihm ein Handtuch und seine Schlafsachen da, dann machte er sich auf den Weg, um Egyn aus der Wanne zu holen. Glücklicherweise stellte sich heraus, dass Astarte dies bereits erledigt hatte. „Übrigens bist du heute mit vorlesen dran.”, kommentierte sie, während sie Astaroth stillte und ihn anschließend in sein Bett legte. „Sie warten in Lucifers Zimmer.” Satan brummte nur zustimmend und machte sich auf den Weg. Immerhin war ein weiterer Badetag endlich überstanden. Kapitel 11: Schweifpflege ------------------------- An manchen Tagen hasste Rin seinen Schweif mit wirklich großer Leidenschaft. Besonders zu Beginn hatte er öfter Probleme mit diesem gehabt. Zum Beispiel hatte er ihn mehrmals fast in Türen eingeklemmt, Dinge damit umgeworfen oder jemand war drauf getreten. Außerdem war das Fell am Ende wirklich schnell verfilzt oder kleine Knoten entstanden. Heute war ein solcher Tag. Er war gerade vom Training mit Ankou gekommen und hatte wie immer ordentlich geschwitzt. Also war er duschen gegangen und hatte nun wieder denselben Salat. Sein Fell war komplett durcheinander und es tat verdammt weh, alles wieder in Ordnung zu bringen. Er unterdrückte einen Aufschrei, als er versuchte eine Strähne zu entknoten. So würde das nichts werden. Es klopfte und Iblis betrat das Zimmer. „Was treibst du denn?”, fragte er überrascht, als er Rin am Boden sitzen sah. Als er seinen Schweif sah, wusste er die Antwort schon. „Was hast du denn da gemacht?!” „Ich komme grad vom Training mit Ankou. Ich war schon duschen, aber das Fell ist jetzt ganz verknotet.”, murmelte Rin etwas peinlich berührt. Iblis nickte. „Ist kaum zu übersehen. Hat Sammy dir nie gezeigt, wie man sich richtig drum kümmert?” Er grollte leise, als Rin den Kopf schüttelte. „Dieser Idiot...warte hier, ich helfe dir.” Bevor der Nephilim etwas sagen konnte, war er auch schon weg und kehrte kurz darauf mit einer Flasche und einer Bürste zurück. „Ok, jetzt zeige ich dir erst mal, wie man den richtig wäscht. Ein dreckiger Schwanz ist als würde man nicht die Zähne putzen.” Rin nickte und stand auf. Ihm Bad ließ Iblis etwas Wasser in die Wanne. „Normalerweise machen wir das gleich, wenn wir duschen oder in der Wanne sitzen.”, erklärte er und hielt die Flasche hoch. „Irgendwo müsste das hier auch bei dir stehen. Das ist speziell für deinen Schweif. Es gibt noch mehr, aber das normale Shampoo reicht meist aus.” Er begann Rin zu zeigen, wie man den Schweif richtig wusch und trocknete. Da er ein Feuerdämon war, konnte er einfach sein Feuer nutzen. Anschließend demonstrierte er ihm, wie er die Knoten einfach lösen konnte und das Fell glatt bekam. Laut ihm waren Mädchen wohl besser darin, aber er war dennoch tausend mal schneller als es Rin je hätte sein können. Zu Beginn war es dem Halbdämonen etwas unangenehm, dass jemand seinen Schweif berührte, immerhin war er empfindlich, aber mit der Zeit entspannte er sich und er genoss es sogar. Zusätzlich zeigte der ältere Dämon wie er seinen Schweif massieren konnte, um Schmerzen und Angespanntheit zu vertreiben. Dabei fing Rin tatsächlich an leise zu schnurren. Hoppla. Als sie fertig waren, sah sein Schweif schon wesentlich besser aus. „Findest du es eigentlich auch unangenehm, wenn du deinen Schweif verstecken musst?”, fragte er plötzlich. Iblis zuckte mit den Schultern. „Es geht, man gewöhnt sich irgendwann dran. Warum?” „Bei mir tut es irgendwann weh, wenn ich das zu lange mache.”, gab Rin zu. Iblis runzelte die Stirn. „Das sollte nicht so sein. Zeig mal, wie du das machst.” Als der jüngere es vorführte, nickte er. „Da ist das Problem. So wie du es machst, geht es zwar, aber ist ganz schön unangenehm.” Er begann damit seinen Oberkörper freizumachen und zeigte wie er seinen Schweif legte. Er half dann Rin dabei bis er endlich in der richtigen Position war. Tatsächlich war es viel angenehmer. „Wow, danke!”, sagte Rin überrascht. Iblis grinste, während er sich anzog. „Kein Ding, ich hatte das Problem auch früher. Ich hab's immer gehasst den verstecken zu müssen.” Wieder klopfte es an der Tür. „Iblis? Rin? Es gibt Abendessen, kommt ihr?”, ertönte Beelzebubs Stimme. „Ja wir sind gleich da!”, rief Iblis zurück und wandte sich wieder an Rin. „Dann los geht's. Egyn hat sich mal wieder Fisch gewünscht.” Der Nephilim nickte und machte sich mit seinem Bruder auf den Weg. Kapitel 12: Erstes Treffen -------------------------- Azazel saß auf dem Bett im Schlafzimmer seiner Eltern und sah schmollend zu wie seine Mutter sich die Haare kämmte. Diese gingen ihr bis über das Becken, weswegen es immer etwas länger dauerte. Neben ihm saßen Lucifer und Samael, welche nicht weniger unzufrieden drein schauten. Ruha ignorierte ihre offensichtliche Unruhe, stattdessen fuhr sie ungestört damit fort einen Teil ihres schwarzen Haares hochzustecken, während der Rest offen blieb. Dann nahm sie ihre Lieblingshaarnadel, steckte sie in die Frisur und betrachtete sich kritisch im Spiegel. Offensichtlich war sie zufrieden, denn nun nahm sie diesen seltsamen, schwarzen Stift und begann damit ihre Augen zu umranden. Azazel verstand nicht, warum sie das tat, aber gab sich damit zufrieden, dass Mädchen sowas eben machten. Schließlich hielt der Stille nicht mehr aus. „Mama, wir wollen uns nicht mit denen treffen!”, verkündete er. Ruha seufzte, doch drehte sich nicht um. Sie legte den schwarzen Stift beiseite und begann etwas auf ihre Augenlider aufzutragen. „Wir haben doch darüber geredet, mein Schatz. Ankou und Vaya sind in eurem Alter und wohnen sogar im Palast. Ich bin sicher, dass ihr sie mögen werdet. Abgesehen davon, beschwert ihr euch doch immer, dass ihr nie jemanden zum spielen habt.”   „Wir haben ja eigentlich jemanden zum spielen, aber du, Papa und Shax seid ja fast immer beschäftigt.”, brummelte Lucifer ungehalten. „Alastor ist unheimlich und die ganzen Bediensteten sind ständig am arbeiten. Und zu Besuch kommen ja fast nie welche. Und wenn, sind die meist total doof.” Erneut seufzte Ruha und wandte sich ihnen zu. „Euer Vater ist der Herrscher Gehennas, also ist er für jeden Bewohner verantwortlich. Das ist sehr anstrengend, weil sich viele nicht an Regeln halten oder es ihm absichtlich schwer machen.”   „Aber warum kommen sie immer mit Problemen zu ihm und machen es dann schwerer für ihn? Das ist doch unfair!”, kommentierte Samael. Ruha lächelte traurig. „Das ist wahr, aber manche Dinge kann man nicht selber klären oder sie mögen euren Vater nicht, weil sie selber gerne so mächtig wären. Das versteht ihr noch, wenn ihr älter seid. Darum bin ich so oft beschäftigt. Ich helfe ihm und nehme ihm Arbeit ab, dasselbe gilt für Shax und Alastor. Die Bediensteten sind hier zum arbeiten und die Ammen vertreibt ihr immer so schnell.”   „Die sind langweilig! Die erzählen uns immer, was wir tun sollen, auch wenn wir keine Lust darauf haben.”, schmollte Samael. „Bitte sage nicht immer "die" sondern "sie". Es ist sonst unhöflich. Aber das ist der Sinn, dass sie euch Anweisungen geben. Ihr könnt nicht immer machen, worauf ihr Lust habt.”, erklärte die Dämonin ruhig. „Ich bin mir sicher, ihr werdet Ankou und Vaya mögen, wenn ihr ihnen eine Chance gebt. Sie sind beide sehr nett.”   „Aber...aber...sie sind...Mädchen!”, antwortete Azazel entsetzt und betonte dabei besonders "Mädchen". Seine Mutter zog die Augenbrauen hoch. „Ja und? Das bin auch.” Daraufhin schüttelte Lucifer heftig den Kopf. „Nein, du bist Mama!” Dies ließ die Dämonin lächeln. Obwohl Lucifer und Samael nicht ihre leiblichen Kinder waren, sahen diese sie als Mutter an. Immerhin war die die einzige Mutterfigur, die sie je hatten. „Wir sind Jungen, sie sind Mädchen.”, erklärte Samael. „Und Mädchen sind doof! Sie spielen immer nur mit Puppen oder machen sich die Haare oder wollen Tee trinken...” Lucifer und Azazel nickten zustimmend, doch Ruha blieb geduldig. „Die beiden sind nicht so und selbst wenn, mag jeder eben etwas anderes. Das muss nichts schlechtes sein. Vaya ist etwas schüchtern, aber ihr werdet schon ein Spiel finden, das euch allen Spaß macht und heute Abend können wir vielleicht mal wieder etwas mit euren Vater spielen.” Noch immer waren die Dämonenkinder nicht überzeugt, aber Azazel wusste, dass es nichts bringen würde. Ihre Mutter würde sich nicht umstimmen lassen. Endlich war sie fertig damit ihr Gesicht anzumalen. Sie verließen gemeinsam das Schlafzimmer und gingen ins Vorzimmer. Sie warteten eine Weile, dann klopfte es und Ruha öffnete die Tür. Davor stand eine Wind-und Geisterdämonin mit weißem Haar und ebenfalls weißen Augen. Wenn sich Azazel nicht täuschte war ihr Name...etwas mit einem K? Neben ihr stand ein Mädchen in seinem Alter. Sie trug ein einfaches ,schwarzes Kleid, welches bis knapp zu den Knien ging. Die Ärmel gingen bis zu den Ellenbogen. Ihre langen schwarzen Haare waren geflochten, die Augen waren weiß. Sie betrachtete ihn und seine Brüder mit verengten Augen. Die Dämonin knickste. „Guten Morgen, Eure Majestät.” Ruha neigte leicht den Kopf in ihre Richtung und lächelte. „Es ist in Ordnung Kora, es gibt keinen Grund so förmlich zu sein, wenn wir unter uns sind. Kommt rein. Ich hoffe, Veles geht es gut?” Kora nickte und betrat den Raum. „Wir haben beide viel zu tun, aber ich wollte Ankou und Vaya nicht alleine herschicken.” Ruha nickte verständnisvoll und lächelte die kleine Dämonin an. „Du bist Ankou, richtig? Es freut mich, dich endlich kennen zu lernen.” Ankou sagte einige Sekunden lang nichts, sondern starrte weiterhin Azazel an, dann wandte sie sich an die Dämonin. „Ja. Ich freue mich auch, Majestät.”   „Du kennst mich gerne Ruha nennen.” Ankou nickte nur, dann starrte sie wieder durchdringlich Azazel und seine Brüder an. Diese starrten zurück. Azazel entdeckte nun ein weiteres Mädchen, welches sich hinter ihrer Mutter versteckte und ihm verstohlene Blicke zuwarf. Als sie bemerkte, dass sie entdeckt worden war, verschwand sie schnell wieder hinter ihr, was Kora seufzen ließ. „Vaya, jetzt komm doch bitte raus. Es ist alles in Ordnung.” Nichts geschah, also trat sie einfach beiseite und schob das Mädchen namens Vaya nach vorne. Die zukünftigen Dämonenkönige waren überrascht. Sie sah genau wie Ankou aus! Sie trug sogar das gleich Kleid, nur in Weiß. Mit weit aufgerissenen Augen starrte sie die drei an, dann Ruha und zum Schluss ihre Mutter als wollte sie fragen "Wie kannst du mich mit denen allein lassen wollen?!". Da es jedoch nun wegfiel sich hinter der Mama zu verstecken, klammerte sie sich an den Arm ihrer Schwester. „Ihr seht ja gleich aus!”, entfuhr es Lucifer überrascht. „Sie sind eineiige Zwillinge.”, erklärte Ruha, als die beiden Mädchen schwiegen. „Das heißt, sie wurden am selben Tag geboren und sehen gleich aus.” Kora sah derweil zur Uhr und erschrak. „Ich müsste schon längst weg sein! Kann ich gehen?” Ruha nickte. „Natürlich.” Kora kniete sich vor ihren Kinder hin, umarmte sie und gab beiden einen Kuss auf die Stirn. „Benehmt euch bitte, ja? Ich möchte nicht wieder etwas von gebrochenen Nasen hören, Ankou! Euer Vater holt euch dann heute Abend wieder ab.” Die beiden nickten und die weißhaarige Dämonin verließ den Raum. Vaya sah ihrer Mutter wehmütig hinterher. Azazel schaute zu seiner Mutter, als diese sie ansprach. „Ich muss ebenfalls langsam los. Seid bitte nett zu den beiden. Wir sehen uns nachher.” Sie nickten grimmig und Ruha ging. Sie folgten ihr nach draußen, da sie nicht alleine in den Gemächern ihres Vaters bleiben durften. Nun standen sie mit den beiden Mädchen auf dem Flur, Ankou starrte sie immer noch misstrauisch an, Vaya wirkte verängstigt. „Du scheinst ja eine ganz schöne Heulsuse zu sein.”, kommentierte Samael. Vaya zuckte zusammen, Ankou funkelte ihn wütend an. „Lass sie in Ruhe! Normalerwiese sind es doch immer Dämonen wie ihr, die andere ärgern! Da ist es kein Wunder, wenn sie euch nicht mag. Ich mag euch übrigens auch nicht!”   „Wir ärgern überhaupt niemanden!”, protestierte Lucifer. Ankou war unbeeindruckt. „Kinder von Adligen sind immer gemein. Besonders die Jungen, die lachen uns immer aus oder ziehen uns an den Haaren.”   „Und Mädchen zicken immer rum oder sind am jammern.” , erwiderte Azazel spitz. „Tja, jetzt sind wir aber gezwungen aufeinander zu hocken.”, knurrte die Dämonin. Da hatte sie leider recht. Vor sich hin grummelnd, machten sie sich auf den Weg in Lucifers Zimmer. Vaya sagte noch immer kein Wort, jedoch sahen sie und Ankou sich staunend im Raum um. „Habt ihr alle so große Zimmer?”, fragte Ankou, welche anscheinend ganz vergessen hatte, dass sie sich ja eigentlich nicht mochten. Lucifer zuckte mit den Schultern. „Ja, aber Papa hat gleich vier Räume.” Die Dämonin nickte, dann schien sie sich wieder daran zu erinnern, in welcher Situation sie waren. Sie verschränkte die Arme. „Wir mögen euch trotzdem nicht.” Azazel schnaubte. „Wir euch auch nicht!” Damit begann der "böse-Anstarr-Wettbewerb".     .....................................................................................................     Es war wohl keine Überraschung, dass alles sehr schnell eskalierte. Keiner wusste wirklich wie es begonnen hatte. Irgendwie war erneut ein Streit ausgebrochen, Samael hatte warum auch immer versucht unter Ankous Rock zu schauen, woraufhin es richtig los ging. Danach saß sie auf dem Zeitdämonen und versuchte ihm die Augen auszukratzen. Während Azazel das ganz lustig fand, war Lucifer anderer Meinung und versuchte seinem Bruder zu helfen. Vaya saß in der Ecke und schaute entsetzt zu. Der Lichtdämon sah zu ihr und seinem Bruder. „Hilf mir doch bitte mal!” Nach kurzem Zögern kam Vaya der Aufforderung nach und versuchte ihm dabei zu helfen, ihren Zwilling von Samael zu zerren. Schließlich schafften sie es, woraufhin sie ihren Ellenbogen Richtung Lucifer stieß, doch stattdessen traf sie Vaya an der Nase, welche sofort zu bluten begann. Die Dämonin brach ihn in Tränen aus und saß schluchzend auf dem Boden, während Ankou und die drei Jungen sich erschrockene Blicke zuwarfen. „Vaya, es tut mir leid! Das war keine Absicht.”, entschuldigte sich Ankou sofort und umarmte die Dämonin, welche allerdings weiter heulte. Die drei Jungs waren nun etwas beschämt. Ja, sie waren nicht begeistert mit Mädchen spielen zu müssen, aber weh tun wollten sie niemanden. Zwar hatte Ankou ihr den Ellenbogen gegen die Nase gehauen, aber sie waren mit schuld. Nun überlegten sie fieberhaft wie sie es wieder gut machen konnten, dann kam Azazel eine Idee. Er stand auf, flitzte in sein Zimmer und kletterte auf sein Bett, wo er sein Kuscheltier -einen Fenriswolf- griff. Damit rannte er zurück in Lucifers Zimmer und hielt es Vaya hin. Diese schluchzte immer noch leise, doch immerhin kamen keine Tränen mehr. Neugierig sah sie ihn und dann das Stofftier an. „Das ist Skalli. Du kannst ihn, wenn du willst, für heute haben. Tut mir leid, dass wir so fies zu euch waren und dass du dir weh getan hast. Bitte nicht mehr weinen, ja?” Vaya blinzelte überrascht, dann nahm sie zögerlich das Kuscheltier entgegen, ohne etwas zu sagen. „Wenn du möchtest, kannst du auch meins und Sammys haben.”, bot Lucifer an, woraufhin Samael zustimmend nickte und ihr ein Taschentuch gab. Nach ein paar Minuten hatte sie sich beruhigt und lächelte sie an. „Dankeschön. Und Ankou ist schon ok. Ich hab mich nur erschrocken.”, sagte sie leise. Ankou trat nervös von einem Fuß auf den anderen. „Ich möchte mich auch entschuldigen. Bei dir und bei euch, Jungs. Ihr scheint ja doch ganz nett zu sein.”   „Uns tut es auch leid.”, sagte Lucifer. „Wollen wir trotzdem noch zusammen spielen?”, fragte Samael. Die Schwestern wechselten Blicke, dann nickten sie. „Klar.~”, antworteten sie gleichzeitig.     ..........................................................................................................     Von da an lief es wesentlich besser. Sie spielten zusammen einige Brettspiele und hatten viel Spaß dabei, dann beschlossen sie in den Palastgarten zu gehen. „Habt ihr schon mal Naga-Grube gespielt?”, fragte Vaya, woraufhin die Jungen die Köpfe schüttelten. „Das ist gar nicht schwer.”, antwortete Ankou. „Also, jeder bekommst drei Murmeln. Dann machen wir hier einen großen Kreis mit einem Stock oder Kreide und in der Mitte buddeln wir ein kleines Loch, das ist die Naga-Grube. Jeder versucht seine Murmeln möglichst nah an das Loch zu schnipsen, je näher ihr sie bekommt umso mehr Punkt gibt es. Wenn aber eine Murmel reinfällt, gibt es einen Minuspunkt. Es ist auch erlaubt mit den eigenen Murmelnd die Murmeln der Anderen in die Grube zu stoßen, aber das ist etwas schwerer. Gewonnen hat derjenige mit den meisten Punkten. Alles verstanden?” Sie nickten und begannen. Die erste Runde verlief für sie eher mittelmäßig und Vaya gewann haushoch. Nach einer Weile hatten sie jedoch den Bogen raus und jeder gewann ein paar Mal. Anschließend spielten sie Fangen und Verstecken, aber dann begann es zu regnen und sie retteten sich ins Innere, wo sie feststellten, dass es Zeit für das Mittagessen war. Vaya und Ankou wussten nicht so recht, wo sie hin sollten, da ihre Eltern nicht da waren, also wurden sie kurzerhand mit zum Essenssaal genommen. Da die Bediensteten jedoch informiert waren, hatte Ruha wohl eingeplant, dass sie mitaßen. „Das schmeckt wirklich gut. Esst ihr sowas immer?”, fragte Vaya. Samael nickte. „Ja. Mama hat auch schon gekocht, aber meist hat sie zu viel zu tun.” Sie sahen auf, als sich die Tür öffnete und Shax den Raum betrat. „Schön, dass ihr euch versteht.”, kommentierte er und sah zu den Mädchen. „Ihr seid also Ankou und Vaya?” Beide nickten und er lächelte. „Ich heiße Shax. Freut mich, euch kennen zu lernen.”   „Was machst du denn hier? Will Papa mit uns reden?”, fragte Samael und der ältere Dämon schüttelte den Kopf. „Nein, er wollte nur, dass ich nach euch sehe. Aber es scheint ja alles in Ordnung zu sein. Ich muss leider direkt weiter, aber ich wünsche euch viel Spaß.”   „Danke.” Schließlich waren sie fertig mit essen und machten noch einen kleinen Zwischenstopp in der Küche, um einige Kekse zu klauen, dann gingen zurück in Lucifers Zimmer, um sie zu essen. „Die Sonne an der Wand ist wirklich schön.”, kommentierte Vaya. „Hast du die gemalt, Lucifer?” Der Lichtdämon schüttelte den Kopf. „Nein, das war ich nicht. Ich habe sie erst seit kurzem. Das ist die Tätowierung, die meine andere Mama hatte. Sie ist bei meiner Geburt gestorben, aber ich wollte etwas, um mich an sie zu erinnern. Ich kenne sie zwar nicht, aber Papa meinte, dass sie mich sehr lieb hatte.” Beide Mädchen nickten und für einige Sekunden herrschte Stille. Die Kekse waren nun aufgefuttert, also brauchten sie etwas zum beschäftigen. „Wollen wir nochmal Verstecken spielen?”, schlug Samael vor und alle waren einverstanden. Sie spielten mehrere Stunden lang und bevor sie sich versahen, war es bereits Abends und Ruha betrat zusammen mit Kora das Zimmer. Die beiden Schwestern sprangen auf und umarmten ihre Mutter, während Ruha zu den drei Jungen gingen. „Und war es so schlimm?”, fragte sie mit einem kleinen Lächeln. „Nein, sie waren ganz ok. Für Mädchen.” antwortete Sammy woraufhin sich Ankou umdrehte und ihm kurz die Zunge rausstreckte. Vaya ging derweil zu Azazel und übergab ihm das Kuscheltier. „Dankeschön.”, murmelte sie, dann rannte sie zurück zu ihrer Mutter. „Können wir morgen wieder zusammen spielen?”, fragte Azazel. Ankou und Vaya sahen ihn überrascht an. „Ihr wollt wieder mit uns spielen?”, fragte Ankou, woraufhin Azazel nickte. „Klar, wir sind doch jetzt Freunde!” Ruha und Kora wechselten kurze Blicke und mussten sich ein Grinsen verkneifen. „Natürlich könnt ihr wieder spielen, wenn Vaya und Ankou das wollen-”   „Ja wollen wir!”, mischte sich Ankou ein. „Dürfen wir Mama?” Die Weißhaarige nickte. „Sicher doch.” Beide strahlten. „Wir hatten heute viel Spaß. Danke.”, sagte Vaya etwas selbstbewusster klingender und auch die drei Jungen gaben zu, dass der Tag wirklich schön gewesen war. Damit verabschiedeten sich die Dämonenkinder und die drei zukünftigen Baal machten sich mit ihrer Mutter auf den Weg in das Esszimmer, wo ihr Vater bereits wartete. Jedoch konnten sie es kaum abwarten morgen wieder mit den beiden Mädchen zu spielen. Kapitel 13: Samael und Shiro auf Rettungsmission ------------------------------------------------ Rin hasste die Schule. Während sein Bruder von allen Lehrern gemocht und gelobt wurde, behandelte man ihn, als wäre er ein Monster. Dämon nannten sie ihn, dabei hatten sie keine Ahnung. Er wollte doch nur seinen kleinen Bruder vor den ständigen Hänseleien schützen, aber immer wurde er bestraft und ausgeschimpft, nie jene, die gemein zu ihnen waren. Frustriert trat der Achtjährige einen Kieselstein beiseite, der vor ihm auf dem Weg lag. Heute hatte er wieder Ärger bekommen, da er einem der anderen Kinder versehentlich den Arm gebrochen hatte, als dieser ihn und seinen Bruder beleidigt hatte. Wahrscheinlich würde er Zuhause wieder Ärger von seinem Papa bekommen, weswegen er sich heute nicht wirklich auf das Ende des Unterrichts gefreut hatte. Normalerweise holte Shiro oder einer der anderen Mönche Yukio und ihn ab, doch heute war er spät dran gewesen, also hatte er beschlossen, einfach nach Hause zu gehen. Yukio lag krank im Bett, also war er diesmal vollkommen allein. Allerdings kannte er den Weg in- und auswendig, weswegen er nicht verstand, warum es ihnen verboten war, alleine nach Hause zu gehen und folglich immer abgeholt wurden. Manchmal war sein Papa wirklich etwas komisch. Einmal hatte Rin einen Zettel mit einem seltsamen Symbol darauf gefunden, welches ihm jedoch sofort wieder weggenommen worden war. Ein anderes Mal war der Priester extrem nervös gewesen, als sie zusammen eine Straße lang liefen. Dabei hatte er immer wieder in dieselbe Richtung geschaut, obwohl dort nichts zu sehen gewesen war. Später hatte er behauptet, dass er nur in Gedanken gewesen war, aber so richtig glaubte er ihm nicht. Natürlich hatte Rin ihn trotzdem lieb, auch wenn er wirklich gern etwas über seine Mama und seinen anderen Papa erfahren hätte. Seltsamerweise wollte Shiro nichts über sie erzählen, obwohl er zugab, dass er und seine Mama Freunde gewesen waren. Wenn es um Rins anderen Papa ging, stellte er die Ohren komplett auf Durchzug. Hatte er vielleicht etwas schlechtes getan oder Shiro mochte ihn nicht? „Hallo, Kleiner. Bist du alleine unterwegs?”, fragte ihn plötzlich jemand. Er zuckte zusammen und sah in die Richtung aus der die Stimme kam. Dort stand ein Mann, welcher um einiges jünger als sein Papa, aber schon erwachsen war. Sofort wurde Rin unruhig. Ihm war immer wieder eingeschärft worden, nicht mit Fremden zu reden, etwas von ihnen anzunehmen oder gar mitzugehen und dieser Mann bereitete ihm eine wahre Gänsehaut. Irgendetwas fühlte sich einfach...falsch an. Abgesehen davon hatte der Mann violette Augen und das war ganz sicher nicht normal. „Hey, verstehst du mich?” Rin zögerte. „Ja. Aber ich soll nicht mit Fremden reden. Tschüss.” Damit setzte er sich in Bewegung, doch plötzlich stand der Mann vor ihm. „Jetzt warte bitte kurz. Ich möchte nur reden.” Nun war dem Kind erst recht unwohl. Er sah sich um, darauf hoffend irgendwelche Passanten zu sehen, doch sie waren allein. „Nein, ich muss gehen. Tut mir leid, mein Papa wartet schon auf mich.” Er wollte an ihm vorbei gehen, doch der Fremde griff nach seinem Arm und hielt ihn fest. Instinktiv versuchte Rin sich los zu reißen und wollte nach Hilfe rufen, aber der Mann hatte einen starken Griff und hielt ihm den Mund zu. In seiner Verzweiflung biss er dem Fremden in die Hand, woraufhin er ihn losließ und in einer unbekannten Sprache fluchte, doch Rin achtete nicht darauf, sondern rannte los. Leider kam er nicht weit und er wurde erneut gegriffen und hochgehoben. Verzweifelt versuchte sich der Junge zu befreien, doch der Ältere drückte ihm ein merkwürdig riechendes Tuch ins Gesicht und er spürte, wie er langsam schlaff wurde. „Dafür wirst du bezahlen, du kleine Ratte!”,  war das letzte, was er hörte, dann wurde alles dunkel. ......................................................................................................................................................... Shiro lief nervös auf und ab, während er immer wieder zur Uhr schaute. Kurz bevor er Rin abholen wollte, waren ihm einige Dämonen aufgefallen, die sich in der Nähe des Stifts herumgetrieben hatten. Leider waren die anderen Mönche gerade einkaufen gewesen, daher musste er sich selbst darum kümmern. Vielleicht war es nur ein falscher Alarm, aber die Tatsache, dass sie das Stift genau zu beobachten schienen, machte ihn nervös. Er konnte es nicht riskieren, dass die Dämonen Wind von Rin oder Yukio bekamen. Er hatte in der Schule angerufen und Bescheid gesagt, dass er etwas später kommen würde, doch kurz darauf einen Anruf zurück bekommen, in dem es hieß, dass einige Schüler gesehen hatten, wie Rin sich alleine auf den Weg nach Hause gemacht hatte. Daraufhin hatte er sofort die anderen Mönche angerufen und sie darum gebeten, Rin entgegen zu kommen, während er Zuhause blieb und wartete, falls sie ihn verpassten und er so zurück kam. Er wollte Yukio nicht allein lassen, da er befürchtete, dass die Dämonen von vorhin zurück kommen könnten. Hoffnungsvoll hob er den Kopf, als sich die Tür öffnete und Nagatomo, Maruta und Kyodo den Raum betraten, leider ohne Rin. „Wir haben ihn nicht gefunden, aber die hier lag im Gebüsch.”, sagte Nagatomo und Shiros Herz setzte aus, als ihm Rins Schultasche entgegengehalten wurde. „Meint ihr wirklich, dass Dämonen dahinter stecken?”, fragte Kyodo. „Es könnten Menschen dahinter stecken.” Shiro schüttelte den Kopf. „Wir sollten kein Risiko eingehen. Anscheinend habe ich keine Wahl...” Er seufzte, denn es half alles nichts. Die Polizei konnte er nicht rufen, solange er nicht wusste, ob nun Menschen oder Dämonen dahinter stecken, also konnte er nur noch Mephisto um Hilfe bitten. ..................................................................................................................................................... Samael unterschrieb genervt das gefühlt tausendste Dokument und warf dem restlichen Stapel einen strafenden Blick zu. Eigentlich hatte der Zeitkönig darauf gehofft sich hier nicht mit Papierkram ärgern zu müssen, das hatte er schon in Gehenna zur Genüge, doch natürlich entkam er auch hier nicht der Bürokratie. Das hatte er sich eher weniger unter "die Exorzisten ausspionieren" vorgestellt. Zum Glück übernahm Berith in seiner Abwesenheit einiges und was er nicht selbst erledigen konnte, schickte er ihm täglich, was leider nicht wenig war. Sein Vater wurde furchtbar grummelig, wenn er oder seine Brüder ihren Aufgaben nicht nachkam oder bei etwas hinterher hingen. Allerdings konnte er jetzt verstehen weswegen die Schulleiter in Gehenna meist so gestresst gewesen waren. An einem schicken Schreibtisch zu sitzen und einfach nur ein paar Zettel unterschreiben, reichte nicht aus. Dass einige seiner Brüder gerne Schüler der Akademie als Gefäße benutzten, um kurz vorbeizuschauen, machte es nicht leichter. Dummerweise war heute Abend ein spontanes Ratstreffen in Gehenna und sein Vater hatte verlangt, dass er ebenfalls kommt, also musste er sich für die Exorzisten noch eine Ausrede für seine Abwesenheit überlegen. Super. Als ob sein Tag nicht schon nervtötend genug gewesen wäre. Vorhin erst hatte er eine halbe Stunde lang versucht, eine der anderen Zweigstellen zu erreichen, doch nachdem er fast eine Stunde später endlich durchgekommen war, hatte ihm die Stimme am Telefon verkündet, dass er es aufgrund technischer Defekte später nochmal versuchen sollte. Manchmal hasste er Sterbliche, besonderes Bürokraten. Nur kurz darauf rief Azazel an, welcher sich mal wieder darüber beschwert hatte, dass die Exorzisten ihre Leute ständig schlecht vorbereitet an Einsatzorte schickten und bei ihm inzwischen alles mit Seelen irgendwelcher Exorzisten "zugemüllt" war und Mephisto irgendetwas tun sollte, um das zumindest etwas zu unterbinden. Auf sowas hatte er nicht mal Einfluss! Natürlich waren aller guten Dinge drei, also klingelte sein Handy erneut. Er unterdrückte ein Aufstöhnen, als er Shiros Namen sah. Wenn der Paladin ihn zu dieser Zeit anrief, konnte es nichts Gutes sein. Er nahm den Anruf entgegen und zwang sich zu seiner typischen, fröhlichen Stimme, was ihn heute einfach nur noch anstrengte. „Shiro, was verschafft mir denn die Ehre?~” „Ich brauch deine Hilfe, Rin ist verschwunden! Er ist alleine von der Schule los gegangen, aber nicht nach Hause gekommen. Wir haben seine Schultasche im Gebüsch gefunden und sind nicht sicher, ob Dämonen oder Menschen dahinter stecken.”, erklärte dieser ohne Umschweife. ‚Bitte was?!‘ Sein Tag war schon mies genug und jetzt verschwand sein kleiner Bruder? Das konnte doch wohl alles nicht wahr sein. „Seid ihr sicher, dass es seine Tasche ist und er sich nicht nur verlaufen hat?”, hakte er nach. „Nein, es ist definitiv seine, der Name steht drauf und er kennt den Weg nach Hause auswendig.” Na ganz toll. Sein Vater und seine Geschwister würden Hackfleisch aus ihm machen, wenn Rin etwas passierte und er musste sich wegen dieses blöden Treffens auch noch beeilen. „Gut, ich komme.” Damit legte er auf und rieb seufzend seinen Nasenrücken. Er und seine Brüder kannten sich mit Entführungen leider allzu gut aus, da sie als Kinder dieselbe Erfahrung gemacht hatten, doch Rin hätte er diese Erfahrung wirklich gern erspart. Die Frage war nur, wer dahinter steckte. Einer seiner Brüder konnte es nicht gewesen sein, keiner von ihnen war momentan in Japan und andere Dämonen hätten es ihnen gemeldet, wenn sie Rin gefunden hätten. Es blieben daher nur Sterbliche oder Dämonen, die ihm vermutlich schaden wollten. Jedoch konnte er sich nicht erklären wie sie ihn finden konnten, immerhin waren seine Flammen nach wie vor versiegelt. So oder so spielte es momentan keine Rolle, er musste ihn schnellst möglichst finden. Ohne lange zu zögern, teleportierte er sich zum Stift. ........................................................................................................................................... Noch nie im Leben war Shiro so erleichtertet gewesen, Mephisto zu sehen. Zwar war er wahrscheinlich nur hier, um sicherzustellen, dass er auch weiterhin gut unterhalten wurde, aber momentan war ihm das egal. Wenn jemand Rin finden konnte, dann er. Obwohl ihm die Beweise fehlten, so vermutete der Paladin schon seit einiger Zeit, dass der Zeitdämon in Wirklichkeit der Dämonenkönig Samael war, was bedeuten würde, dass er mit Rin eine Blutsverbindung hatte und ihn hoffentlich dadurch schnell aufspüren konnte. Sie waren zu zweit zu der Stelle gegangen, an der Rins Tasche gefunden wurde und nun drückte er im Stillen die Daumen, dass der Dämon etwas spürte. „Rin war auf jeden Fall hier. Außerdem kann ich noch die Rückstände eines anderen Dämonen spüren, also dürfte der mächtig gewesen sein.” Shiro schluckte. „Also war es einer der Baal?” Mephisto schüttelte den Kopf. „Nein, so stark dann doch nicht. Aber auf jeden Fall steht er relativ hoch in Gehennas Machtstruktur. Die Aura kommt mir bekannt vor, aber sicher sein kann ich nicht. So oder so dürfte Rin in großen Schwierigkeiten stecken.” So weit war Shiro auch schon gewesen. „Aber wie konnten sie Rin finden? Und kannst vor allem du ihn finden?” Der Dämon seufzte und schien kurz zu zögern. „Das kann ich nicht beantworten. Seine Flammen sind nach wie vor versiegelt, höchstens einer der Dämonenkönige hätte ihn aufgrund des Blutbandes identifizieren können, aber nur wenn es zum direkten Kontakt kommt.” Das klang gar nicht gut. Mit jeder Minute wuchs Shiros Sorge. Warum war der Junge alleine nach Hause gegangen?! Genau so etwas hatte er immer befürchtet. „Also kannst du Rin nicht aufspüren?” „Seine Aura kann ich nicht spüren, aber die des anderen Dämonen. Wir müssen uns jedoch beeilen, die Spur wird immer schwächer.” Also gab es doch noch Hoffnung. Der Paladin erlaubte sich einen kurzen Moment der Erleichterung. „Dann nichts wie los.” Gemeinsam machten sie sich auf den Weg. ................................................................................................................................ Rin wollte nach Hause. Nachdem ihm dieser seltsame Mann das Tuch in das Gesicht gedrückt hatte, war alles dunkel geworden, nun war er wieder wach und befand sich an einem Ort, welchen er noch nie gesehen hatte. Es schien eine Art Lagerhaus zu sein, denn er war von jeder Menge Regale, Kisten und Kartons umgeben, er selbst lag auf dem dreckigem Boden. Verwirrt sah sich das Kind um und hielt Ausschau nach seinem Entführer. Was wollte der Mann von ihm? Er hatte nichts schlechtes getan, also warum war ausgerechnet er verschleppt worden? Während er fieberhabt überlegte, was er nun tun sollte, ertönten Schritte und sein Entführer bewegte sich in sein Blickfeld. „Du bist also wach. Sei froh, dass wir dich lebend brauchen, sonst hätte ich dich längst erledigt, du Missgeburt.”, zischte er. Der schwarz-blauhaarige schluckte, dann setzte er ein mutiges Gesicht auf. Er würde sich nicht von diesem Fiesling einschüchtern oder rumschubsen lassen! „Wer bist du und was willst du von mir?!”, fragte er und starrte den Fremden böse an, obwohl immer noch ein Funken Angst bleib. Dieser schnaubte jedoch nur, offensichtlich nicht beeindruckt. „Mein Name ist Malphas, ich bin Mitglied des Rates in Gehenna und wofür ich dich brauche, wirst du noch früh genug erfahren.” Nun kannte er zwar den Namen seines Entführers, aber war nun noch verwirrter. Der Name "Malphas" klang nicht Japanisch und er sprach zudem etwas komisch, obwohl er von hier zu kommen schien. Abgesehen davon hatte er noch nie etwas von Gehenna gehört oder von einem Rat. „Was ist Gehenna? Und was ist dieser Rat?”, fragte er neugierig. Malphas sah ihn überrascht an, dann lachte er. „Du weißt wirklich gar nichts, oder? Du hast keine Ahnung wer oder was du bist?! Nur ein weiterer Beweis, dass Satan einen Fehler gemacht hat.” Der Achtjährige war genervt, weil der Mann seine Fragen nicht beantwortete, doch neugierig war er dennoch. Satan? Wenn er sich richtig erinnerte, hatte sein Papa ihn manchmal in seinen Predigten erwähnt und als er einmal nach ihm gefragt hatte, war die Antwort gewesen, dass er ein böses Wesen war, welches über andere böse Dinge herrschte und den Menschen schaden wollte. Allerdings war er sich nie sicher gewesen, ob es diesen Satan wirklich gibt. „Was ist denn jetzt Gehenna? Und wer ist Satan?”, hakte er nach, woraufhin Malphas erneut schnaubte. „Ich habe besseres zu tun, als einer Göre alles zu erklären.” Rin ballte die Fäuste. „Ich bin überhaupt keine Göre! Lass mich bitte einfach gehen, ich will wieder zu meinem Papa!” Unerwarteterweise begann Malphas zu grinsen. „Oh, keine Sorge. Du wirst deinen Vater noch treffen, aber nicht wie du es denkst. Er wird sich sicher freuen dich ein letztes Mal zu sehen bevor er den Thron verliert. Vielleicht verbrennt er dich auch einfach...” Moment Thron? Sein Papa hatte keinen Thron, redete Malphas etwa von seinem anderen Vater? Aber warum sollte der einen Thron haben oder ihn verbrennen wollen? Bevor er dies hinterfragen konnte, kam eine weitere Person dazu und von da an wurde es nur verwirrender. ................................................................................................................................. „Und du bist wirklich sicher, dass er hier ist?”, fragte Shiro, woraufhin Samael die Augen verdrehte. „Natürlich bin ich das. Zweifelst du etwa an mir?”, fragte er etwas beleidigt. Sie kannten sich nun so lange und der Paladin stellte ernsthaft seine Fähigkeiten in Frage? Also wirklich! Der Weißhaarige seufzte. „Ich mache mir einfach Sorgen um ihn und will nicht riskieren, dass wir Zeit vertrödeln indem wir irgendwelche leeren Gebäude durchsuchen.” Gut, das war wohl verständlich. Der Zeitkönig machte sich ebenso Sorgen um seinen Bruder, auch wenn er es sich nicht anmerken ließ. Ja, er hatte ihn so gesehen schon in Schwierigkeiten gebracht indem er ihn bei Shiro gelassen hatte, anstatt ihn wie befohlen nach Gehenna zu holen, aber das bedeutete nicht, dass er sich nicht um ihn sorgte. Abgesehen davon würde sein Vater ihm wohl mindestens Feuer unterm Hintern machen, wenn Rin etwas geschah und danach machten seine Geschwister wahrscheinlich gleich weiter. Ein Grund mehr ihn möglichst schnell aufzuspüren. Er spürte die Präsenz des anderen Dämons im Gebäude, daher verschleierte er seine und Shiros Aura damit sie nicht vorzeitig entdeckt worden. Falls der Dämon sich Rin geschnappt hatte, um seine Familie zu erpressen, konnte man nicht voraussagen, was er tun würde, daher ließ er es langsam angehen. Am besten redete er zunächst alleine mit dem Entführer, also musste er irgendwie seine Begleitung los werden. „Ich kann nicht genau feststellen, wo sie sind. Am besten teilen wir uns auf, um schneller zu suchen.”, log er ohne Probleme, doch Shiro schien nicht überzeugt. „Sicher, dass es eine gute Idee ist, sich zu trennen?” Warum musste es intelligente Exorzisten geben? „Du bist der Paladin und ich bin ein hochrangiger Dämon. Wir sollten keine Probleme bekommen, falls doch dann schrei einfach.” Dieses Mal war es Shiro, der schnaubte. „Dann ist es in der Regel schon zu spät, aber na gut.” Damit trennten sie sich und der Zeitkönig machte sich auf den Weg zu dem noch unbekannten Dämonen. Nach einer Weile hörte er eine Stimme und er verlangsamte seine Schritte. Er war offensichtlich ein Mann, der sprach und eine weitere höhere und wesentlich jüngere Stimme antwortete. Vorsichtig näherte er sich und hörte genau zu, was gesagt wurde. „Was ist denn jetzt Gehenna? Und wer ist Satan?”, hörte er Rin fragen und er verfluchte gedanklich den anderen Dämonen, der gerade seine schöne Planung über den Haufen warf. „Ich habe besseres zu tun, als einer Göre alles zu erklären.”, kam eine genervte Stimme, doch Rin ließ sich so leicht nicht abwimmeln. „Ich bin überhaupt keine Göre! Lass mich bitte einfach gehen, ich will wieder zu meinem Papa!” Samael konnte nun durch einige Kisten durchsehen und entdeckte den vermissten Jungen sowie seinen Entführer. Zu seiner Erleichterung schien es Rin gut zu gehen, von einem blauen Fleck an seinem Oberarm abgesehen. Der Wirt des Dämons stand mit dem Rücken zu Samael, doch die Stimme und die Aura kamen ihm sehr bekannt vor. „Oh, keine Sorge. Du wirst deinen Vater noch treffen, aber nicht wie du es denkst. Er wird sich sicher freuen dich ein letztes Mal zu sehen bevor er den Thron verliert. Vielleicht verbrennt er dich auch einfach...” Der Zeitdämon unterdrückte ein Schnauben. Dieser Narr wollte seinen Vater vom Thron stoßen? Wohl kaum. „Also wirklich, erst entführst du ein Kind und dann schikanierst du es? Du solltest dich ernsthaft schämen, Malphas.”, sprach er den Dämonen auf Gehennisch an. Der Angesprochene fuhr herum und bleckte die Zähne. „Samael!”, fauchte er gereizt. „Das hier geht dich nichts an, also verschwinde!” Er unterdrückte ein gehässiges Lachen. „Du entführst meinen kleinen Bruder und sagst dann, dass es mich nichts angeht? Das glaubst du doch wohl selbst nicht, aber lassen wir das. Was tust du hier? Ich bezweifle, dass Vater dich geschickt hat.” Malphas verdrehte die Augen. „Satan hat mir nichts zu sagen, genauso wenig wie du. Abgesehen davon scheint dich der Junge nicht allzu sehr zu interessieren, da du anscheinend wusstest, dass er hier ist und niemanden etwas gesagt hast. Immerhin suchen dein Vater und deine Brüder ihn schon seit Jahren.” „Ich habe meine Gründe, aber die sollten dich nicht interessieren, da du für deinen Verrat ohnehin sterben wirst. Denkst du wirklich, dass du Vater stürzen kannst? Lächerlich.” Rin saß derweil am Boden, wo er zwischen ihm und Malphas hin und her schaute, offensichtlich komplett planlos. Bevor es jedoch wirklich zum Kampf kommen konnte, traf Shiro mit gezogenen Waffen ein. „Papa?!”, entfuhr es Rin und starrte ihn entsetzt an, insbesondere die Pistolen. „Rin, ist alles in Ordnung?!”, erkundigte sich der Paladin besorgt und der (noch vollkommen menschliche) Nephilim nickte mit aufgerissenen Augen. „Warum hast du Waffen?! Wer sind die beiden?!” „Ich erkläre es dir nachher, aber erst bringen wir dich in Sicherheit „Das glaube ich kaum.”, knurrte Malphas, diesmal auf Japanisch und wandte seinen Blick kurz in Shiros Richtung. „Also hängt sogar der Paladin drin. So langsam glaube ich, dass ich nicht der einzige Verräter bin. Satan wird das gar nicht gefallen...” Shiro richtete einer seiner Waffen auf das Ratsmitglied. „Du wirst dich nicht nochmal an meinem Sohn vergreifen, also verschwinde.” Er drückte ab, doch Malphas wich aus und stürzte sich auf den Paladin. Zu seinem Pech war Samael schneller und blockte den Angriff. „Shiro, sein Todesvers ist Pslam 17, 1 bis 4!”, informierte er seinen Partner, welcher sofort mit rezitieren begann. Malphas hatte keine Chance und mit einem lauten Kreischen war er gezwungen den Körper zu verlassen. Shiro lief sofort zu Rin und nahm ihn in die Arme, dieser wirkte verständlicherweise noch immer verwirrt. „Papa, was war das?! Wer war das und wer ist der Mann dort?! Warum-?!” Shiro unterbrach ihn schnell. „Ich erkläre dir alles, aber zuerst gehen wir nach Hause, es ist hier nicht sicher. Mephisto, kommen noch mehr?” „Ich bezweifle es, aber wir sollten uns dennoch beeilen.”, erwiderte der Zeitkönig, welcher sich kurz den Wirt näher angesehen hatte. Dieser würde sich erholen, doch momentan war Rin wichtiger. Er schnippte mit den Fingern und sofort sank das Kind bewusstlos zusammen. „Was hast du getan?!”, fragte Shiro scharf. „Beruhige dich, er ist nur bewusstlos. Das immer alle das schlimmste von mir erwarten...”, murmelte der Zeitdämon genervt, woraufhin der Weißhaarige den Kopf schüttelte und wieder Rin ansah, welcher nun in seinen Armen schlief. „Was passiert jetzt? Rin weiß jetzt von Dämonen, diesmal können wir uns nicht raus reden.” Mephisto überlegte kurz. Das Vernünftigste wäre wohl, sich einfach seinen Bruder zu schnappen und ihn nach Gehenna zu bringen, aber er würde nur ungern seine Unterhaltung aufgeben. Davon abgesehen waren die Flammen noch immer versiegelt, es bestand also noch Hoffnung. „Ich werde seine Erinnerungen versiegeln, sodass er sich nicht mehr an den Vorfall erinnert. Er wird glauben, dass er alleine nach Hause gegangen ist. Ich bin mir nicht sicher, woher der blaue Fleck ist, also ich werde vorsorglich noch dafür sorgen, dass er keine Dämonen sieht.” Shiro zögerte. „Das wird ihm keine Schmerzen bereiten, oder?” Der Zeitdämon schüttelte den Kopf. „Ich werde es tun, wenn er bewusstlos und er wird keine Schäden davon tragen. Anfangs wird er eventuell etwas verwirrt und müde sein, im schlimmsten Fall bekommt er leichte Kopfschmerzen, aber sonst nichts. Allerdings sollten wir vorher noch zu dem Vorfall befragen.” ‚Und das möglichst bevor ich zu spät zum Ratstreffen komme, weil Vater mir sonst den Schweif lang zieht. Und ich muss mich um Malphas kümmern.‘, fügte er gedanklich hinzu. .................................................................................................................................................... Rin schreckte aus seinem Schlaf auf und sah sich nervös um, dann spürte er Erleichterung. Er war im Zimmer seines Papas. Doch warum lag er in dessen Bett? Langsam erinnerte er sich daran, was passiert war. Da war dieses Lagerhaus und dieser Mann...und sein Papa hatte Pistolen gehabt. Das konnte kein Traum gewesen sein! er zuckte zusammen, als sich die Tür öffnete, doch zu seiner Erleichterung war es sein Vater. ‚Wo ist dieser Mann, der mich mitgenommen hat?”, fragte Rin sofort. „Und dieser andere Mann, der aussah wie ein Clown-” „Clown? Das ist aber äußert unhöflich, mein lieber Junge.”, unterbrach ihn eine Stimme und seine Augen weiteten sich. Der Mann mit den seltsamen Klamotten und dem Ziegenbart war seinem Papa ins Zimmer gefolgt. „Du siehst aber aus wie einer. Und du hast einen komischen Kringel auf den Kopf!”, argumentierte er und verschränkte trotzig die Arme. Oh Gehenna, jemand möge Samael die Stärke geben, seinem kleinen Bruder nicht den Hals umzudrehen. „Rin, nicht so vorlaut! Wäre er nicht gewesen hätte ich dich nie gefunden.”, rügte Shiro ihn streng, doch Rin war jetzt in Fahrt. „Aber es ist wahr! Und ich will jetzt wissen, was das war!” „Wie wäre es, wenn wir uns jetzt alle beruhigen und vernünftig miteinander reden.”, schlug Kringelkopf vor. „Mein Name ist Mephisto, ich bin ein Freund deines...Vaters.” „Warum habe ich dich dann noch nie gesehen?”, fragte Rin skeptisch und beschloss nebenbei, dass der Name viel zu schwer war und er ihn einfach "Mephi" nennen würde. „Mephisto ist sehr beschäftigt, er kommt meist dann, wenn du und Yukio in der Schule oder im Bett seid.”, erklärte Shiro ruhig. Noch immer war der Junge nicht ganz überzeugt, doch er nickte langsam. „Wir wollen dir ein paar Fragen stellen und es ist wichtig, dass sie ehrlich beantwortest, in Ordnung?”, fragte Mephisto. Sofort begann der Achtjährige zu schmollen. „Erst beantwortet ihr meine Fragen!” „Rin, bitte. Ich weiß, du bist verwirrt, aber das ist wichtig.”, redete sein Vater auf ihn ein. „Wir wollen dich nur beschützen, darum musst du uns genau erzählen, was passiert ist. Andernfalls könnte noch einmal jemand versuchen dir zu schaden.” Entsetzt sah Rin ihn an. „Malphas könnte wieder kommen?!” „Ja und darum ist es wichtig, dass du bitte alle Fragen beantwortest. Wie bist du ihm überhaupt begegnet?” Für einige Sekunden überlegte der Junge, dann beschloss er die Fragen vorerst zu beantworten. Er erzählte alles, was passiert war und Malphas gesagt hatte. Als er fertig war, wechselten Mephisto und Shiro kurze Blicke. „Ich gehe und rufe die anderen zusammen. Wir müssen der Sache nochmal nachgehen. Du erledigt es jetzt schon?” Mephisto nickte. „Ja, aber danach muss ich direkt weiter, ich habe noch etwas wichtiges zu erledigen. Vielleicht kann ich sogar mehr über unseren Entführer erfahren.” „Sagt mir jetzt mal endlich jemand, was hier los ist?! Und was Mephi mit allem zu tun hat?!”, schimpfte Rin. Er hatte ihnen alles gesagt, jetzt sollten sie ihm mal ein paar Fragen beantworten! „Geh, ich kümmere mich darum.”, wies Mephisto an und zum Entsetzen des Kindes, ging sein Papa wirklich und ließ ihn mit einem Fremden allein. Seufzend wandte sich Mephi an Rin und diesem fiel jetzt erst auf, was für ihn ein Riese er eigentlich war. Etwas nervös rutschte er ein Stück von ihm weg und sah ihn ein wenig verängstigt an. „Keine Sorge, du wirst nichts hier von spüren. Ich tu das nur ungern, aber ich kann es nicht zulassen, dass mein Spiel durcheinander gebracht wird.”, seufzte der Ältere und irgendetwas sagte Rin, dass hinter diesem Mann mehr steckte, als es zunächst schien. ............................................................................................................................................. Leise schloss Samael die Tür, um seinen Bruder nicht zu aufzuwecken, welcher nun friedlich schlief. Der Kleine konnte auf jeden Fall anstrengend sein, aber immerhin war die Krise nun abgewandt. Rin würde sich nicht mehr an diesen Tag erinnern, er kannte nun die Identität des Entführers und er würde rechtzeitig zum Treffen kommen können. Bevor er jedoch ging, hielt Shiro ihn ein letztes Mal auf. „Ist alles gut gegangen?”, erkundigte er sich besorgt und der Zeitkönig nickte. „Er schläft jetzt. Wahrscheinlich solltest du ihn für den Rest der Woche Zuhause lassen, damit er sich wieder etwas erholt.” Der Paladin nickte langsam. „Danke Mephisto. Ich hätte nicht von dir erwartet, dass du mir nochmal hilfst.” „Die Flammen wurden nicht entsiegelt, daher läuft unsere Wette noch. Es wäre doch ein Jammer, wenn unser Spiel so schnell enden würde.”, grinste der Dämon. „Aber nun muss ich weiter. Gehab dich wohl.~” Mit einem kurzen „Eins, Zwei, Drei!” und einer pinken Rauchwolke verschwand er und landete wieder in seinem Büro. Sofort verschwand sein Grinsen wieder und er begann damit sich auf das Treffen vorzubereiten. Zu seiner Überraschung klingelte sein Handy erneut und sofort schlug die Überraschung zu Sorge um. War wieder etwas mit Rin? Ein kurzer Blick auf das Display verriet ihm jedoch, dass es Beelzebub war. „Hallo, Beel. Ist das Ratstreffen etwa abgesagt ?”, fragte er. „Hey, Sammy. Sorry, dass ich dich störte. Nein, das Treffen findet auf jeden Fall statt.”, ertönte die Stimme seines jüngeren Bruders. Genervt verdrehte der Zeitkönig die Augen, doch sprach den Spitznamen nicht an. „Schon gut, ich bin sowieso gleich fertig. Was gibt es?” „Ich wollte dich nur fragen, ob du irgendetwas von Malphas gehört hast?” Oh, oh. Das klang gar nicht gut. „Nein, habe ich nicht. Warum?”, log er. „Na ja, seine Tochter hat ihn und einen anderen Typen vor einer halben Stunde tot aufgefunden. Anscheinend haben die beiden sich gestritten und es ist dann irgendwie eskaliert.” Damit hatte er nicht gerechnet. Malphas war tot? „Und warum sollte ich etwas darüber wissen? Er gehört nicht zu mir.” „Weiß ich ja, aber wir haben einige Briefe gefunden und die deuten an, dass er uns stürzen wollte, auch wenn wir nicht ganz sicher sind. Darum soll ich von Vater fragen, ob dir irgendwas seltsames an ihm aufgefallen ist, wenn du mit ihm zu tun hattest.” Der Zeitdämon hielt inne. Wenn er jetzt sagte, dass Malphas ihren Bruder aufgespürt und entführt hatte, wäre es mit seinem Spiel gelaufen. „Nein, nicht wirklich. Ich war in letzter Zeit zu selten in Gehenna.” „Dachte ich mir schon. Trotzdem danke. Wir sehen uns nachher.” Samael verabschiedete sich ebenfalls und legte auf. Damit wäre dies also geklärt, auch wenn er etwas unzufrieden war. Er hatte Malphas zur Rede stellen wollen, doch nun war er tot wegen eines dummen Streites. Möglicherweise hatte dieser mit seinem Versagen zu tun, doch mit Bestimmtheit konnte er es nicht mehr feststellen. Schlussendlich hatte er keine andere Wahl und er ließ es auf sich beruhen. Erst Jahre später wurde ihm schlussendlich bewusst, dass sie knapp an einer Katastrophe vorbeigeschlittert waren. Kapitel 14: Ein peinlicher Zwischenfall --------------------------------------- Vaya unterdrückte ein Gähnen und zwang sich dazu das Fenster weiterhin ordentlich sauber zu machen. Sie hatte letzte Nacht nicht wirklich schlafen können, was unter anderem daran lag, dass eine Freundin von ihr Geburtstag hatte und sie deswegen feiern gewesen waren. Zwar hatte sie nicht wirklich etwas getrunken und war relativ zeitig zurück gekommen, doch sie fühlte sich dennoch todmüde. Sie hätte es wirklich besser wissen und nach ihrem langen Arbeitstag ins Bett gehen sollen, doch sie hatte ihre Freundin nicht enttäuschen wollen, also war es ihr nicht schwer gefallen, sich schlussendlich dazu durchzuringen. Mit einem leisem Seufzen warf sie ihren Lappen in den Eimer und machte sich auf den Weg zur nächsten Zimmertür, welche zufällig die zu Satans Gemächern war. Der Dämonengott sollte zu der Uhrzeit längst unterwegs sein, dennoch klopfte sie an die Tür und erhielt zu ihrer Überraschung eine Antwort. Sie öffnete die Tür und betrat den Vorraum, wo sie Samael vorfand, welcher natürlich gut gelaunt war. „Ah, einen wunderschönen guten Morgen, Vaya! Du siehst aber ziemlich müde aus.”, grüßte er sie grinsend und die Dämonin nickte langsam. „Morgen Samael...ja, eine Freundin von mir hatte gestern Geburtstag, darum waren wir nach Feierabend noch unterwegs. Ich bin zwar früh ins Bett und habe kaum etwas getrunken, aber ich kann kaum geradeaus schauen...” Der Zeitkönig lachte. „Das habe ich mir fast gedacht, ich habe euch gesehen. Sicher, dass du so arbeiten willst?” Vaya nickte und strich eine Haarsträhne aus ihrem Gesicht. „Ich muss, mein Urlaub ist schon komplett festgelegt. Euryale zieht mir den Schweif lang, wenn ich wieder spontan frei nehmen muss. Was tust du eigentlich hier?” „Ich warte auf Vater, er ist noch im Bad. Wenn du möchtest, kannst du schon mit sauber machen anfangen.” Die Dämonin nickte und beschloss mit dem Schlafzimmer anzufangen. Wäre sie nicht ganz so müde gewesen, hätte sie Samaels hinterhältiges Grinsen bemerkt, doch da sie momentan komplett auf Autopilot (welcher noch nicht erfunden war) lief, machte sie einfach weiter und bekam den Schreck ihres Lebens, als sie die Tür öffnete. Satan war nicht im Bad, sondern anscheinend längst fertig und bereits in seinem Schlafzimmer. Zwar mit dem Rücken zu ihr, aber dennoch nackt. Sofort war Vaya hellwach, allerdings sie war so überrumpelt, dass sie nicht mal schrie oder sich bewegte, stattdessen starrte sie den älteren Dämonen einfach an. Dieser hatte wohl die Tür gehört und sich umgedreht, in dem Glauben es wäre sein Sohn und sah sie nun nicht minder überrascht an. ‚Oh Gehenna...warum muss er so gut aussehen?‘, fragte sich Vaya im Stillen. ‚Nur nicht nach unten schauen...nur nicht...MIST, JETZT HABE ICH DOCH GESCHAUT!‘ Noch immer bewegte sich keiner der beiden, dann ertönte Samaels Stimme. „Oh, mein Fehler, das habe ich leider vollkommen vergessen. Wobei dir doch die Aussicht gefallen sollte, oder Vaya?~” Das riss die beiden aus ihrer Schockstarre. Das Mädchen wurde sofort knallrot, bedeckte schnell ihre Augen und bevor Satan auch nur Luft holen konnte, quietschte sie sehr viele Oktaven höher als es typisch war, eine Entschuldigung und floh mit einer Geschwindigkeit aus dem Zimmer, die jede Harpyie neidisch gemacht hätte. Sie achtete gar nicht darauf wohin sie lief, solange es nur ganz weit weg war. Nachdem sie mehrere Etagen tiefer war, lehnte sie sich gegen eine Wand und ließ sich daran zu Boden sinken, wo sie sofort ihr Gesicht in den Händen vergrub. ‚Oh mein Gehenna, das war peinlich...ich bin so eine Idiotin!‘, dachte sie, noch immer komplett unter Schock. Sie würde wohl Satan für die nächsten Jahrhunderte nicht mehr ins Gesicht sehen können. ............................................................................................................................................ Während Vaya mit dem Gedanken spielte, in die unerforschten Gebiete auszuwandern, hatte Satan sich endlich angezogen und konfrontierte nun seinen Sohn, welcher noch immer am kichern war. „Was sollte das gerade?! Hast du den Verstand verloren?!”, fauchte er den Baal an, doch dieser lachte nur noch mehr. „Du hättest dein Gesicht sehen sollen, Vater. Wirklich mehr als amüsant.~” Als bei dem König Gehennas die ersten Flämmchen auftauchten, zwang er sich jedoch zur Beruhigung. „Es hat doch niemanden geschadet und Vayas Reaktionen sind einfach zu unterhaltsam, ich konnte nicht widerstehen.” Satan schnaubte und blickte ihn wütend an. „Diese bescheuerte Aktion hat nur dafür gesorgt, dass sie wahrscheinlich nie wieder hier rein kommt, mich für die nächsten 200 Jahre nicht ansieht oder auch nur in einem Zimmer mit mir bleiben will und wahrscheinlich denkt sie momentan darüber nach auszuwandern!” „Ich bezweifle, dass es sie allzu sehr gestört hat. Du weißt ja, wie sie zu dir steht...” „Und du weißt ganz genau, dass sie zu jung für mich ist.”, knurrte der Weißhaarige. „Wenn du sie das nächste Mal siehst, wirst du dich für diese Aktion entschuldigen. Haben wir uns verstanden?” Samael grinste noch immer, doch nickte. „Natürlich.” Satan war zwar nach wie vor genervt, aber immerhin war alles ziemlich harmlos gewesen, abgesehen von einer gewissen Peinlichkeit, die jetzt wohl zwischen ihm und der schwarzhaarigen Dämonin herrschen würde. Er hob den Kopf, als es an der Tür klopfte. Es war Astaroth, welcher etwas verunsichert schien. „Samael...was hast du bitte mit Vaya gemacht?! Sie war ganz durcheinander und wollte nicht mit uns reden, außer mit Ankou und die rennt grad durch den Palast, um dich zu suchen und schreit irgendwelche Drohungen...” Wie auf Stichwort erklang Ankous Stimme. „SAMAEL, WO BIST DU?! BEWEGE ENDLICH DEINEN HINTERN HER! ICH SCHWÖRE, WENN ICH DICH IN DIE FINGER BEKOMME, RETTET DIR NICHT MAL MEHR DEINE UNSTERBLICHKEIT DEN ARSCH!” Satan musste sich ein schadenfrohes Grinsen verkneifen, als Samaels Grinsen etwas bröckelte. Anscheinend würde Ankou das schon selbst in die Hand nehmen. Kapitel 15: Amaimons Standpauke ------------------------------- „WAS BEI ALLEN ERZDÄMONEN HAST DU DIR DABEI GEDACHT!?”, schrie Satan den Erdkönig an, welcher wie ein kleines Häufchen Elend vor ihm stand und überall hinsah, nur nicht in das Gesicht seines Vaters. Diesmal hatte er wirklich Mist gebaut, daran bestand kein Zweifel., denn so zornig hatte er den Dämonengott lange nicht erlebt. Das blaue Feuer in den Schalen hatte inzwischen eine beachtliche Höhe und Intensität erreicht, sodass der Raum wie eine Sauna ohne Feuchtigkeit wirkte, doch er wagte es nicht, ihn darum zu bitten, die Temperatur zu senken. Stattdessen ließ er alles über sich ergehen, denn Satan war noch lange nicht fertig. „Von allen bescheuerten Ideen, die du bisher so hattest, war das ja wohl die absolute Krönung! Hast du überhaupt eine Ahnung, was du verdammter Volltrottel getan hast und was das vor allem für Konsequenzen hat?! Nein, hast du natürlich nicht, weil du nie denkst, bevor du handelst!” „Aber es war Samaels Idee!”, versuchte sich der Erddämon zu verteidigen, doch dies ließ Satan nur noch wütender werden. „Oh nein, das schiebst du nicht deinem Bruder in die Schuhe! Der wird seine Strafe noch bekommen, aber jetzt geht es um dich! Du kannst mal deinen eigenen Schädel benutzen oder springst du etwa auch vom Turm, wenn Samael es sagt? UND SIEH MICH ENDLICH AN, VERDAMMT NOCHMAL!” Sofort leistete Amaimon der Aufforderung Folge, wohl wissend, was ihm sonst blühte. Er antwortete auf keine der Fragen, doch es wurde ohnehin nicht von ihm erwartet. „Es ist mir sowas von egal, was deine Gründe waren, aber Fakt ist, dass du nicht nur dich selbst sondern auch Rin in Lebensgefahr gebracht hast. Du weißt ganz genau, dass sein Dämonenherz versiegelt ist und er auf keinen Fall zu sehr der Wut verfallen darf, weil er zu leicht die Kontrolle verlieren würde, aber genau das hast du getan! Erst widersetzt du dich meinen Anweisungen, in denen es klipp und klar hieß, dass ihr alle Exorzisten in Ruhe lasst, solange sie euch nicht angreifen oder es aufgrund irgendeines Auftrages passiert, aber du hast einen Haufen Adepten bedroht, eine von ihnen entführt und dann damit Rin angestachelt. Eigentlich ist ein Wunder, dass es nicht schon bei eurer vorherigen Begegnung eskaliert ist.” Wie immer war sein Vater überraschend gut informiert. Wahrscheinlich hatte er alles aus raus Samael gepresst, was sicher nicht angenehm für den Zeitkönig gewesen war. „Ich hatte ja nicht vor, Rin ernsthaft zu verletzen. Ich wollte nur spielen und sehen, was er kann. Du und die anderen waren alle so fasziniert von ihm und ich wollte wissen warum. Diese Exorzisten standen im Weg, die habe ich nur leicht verletzt und ich kann nichts dafür, dass sie schwach sind. Hab ja keinen getötet...”, murmelte er. „Mach die Zähne auseinander und sprich deutlich, Azazel reicht mir schon mit seiner Sprechweise!”, wurde er angefahren. „Es ist mir egal, was deine Motivation war, so oder so hast du dafür gesorgt, dass Rin die Kontrolle verloren und fast den Wald und damit sich selbst niedergebrannt hat! Ihr hättet beide sterben können, wenn er sich nicht beruhigt hätte, da wäre auch Samael machtlos gewesen! Und das schlimmste von allem: Die ganze verdammte Ritterschaft weiß jetzt von ihm! Er wurde in den Vatikan beordert und ist um Haaresbreite der Hinrichtung entgangen, weil Samael eine Wette mit den Grigori abgeschlossen hat. Jetzt hat er gerade mal ein halbes Jahr Zeit um die verfluchte Exorzistenprüfung zu bestehen! Abgesehen davon wird er uns jetzt noch weniger vertrauen als je zuvor!” Klugerweise verkniff Amaimon es sich, den Weißhaarigen daran zu erinnern, dass er selbst nicht gerade den besten Eindruck auf den Nephilim gemacht hatte, als er versucht hatte, ihn nach Hause zu holen. Dennoch war es eine Erleichterung, dass Rin nicht sterben würde. Auch wenn man es von Amaimon sicher nicht erwarten würde, so wollte er nicht, dass seinem kleinen Bruder etwas passiert oder er gar getötet wurde. Trotzdem war es mehr als schlecht, dass die Exorzisten nun von ihm wussten. „Es tut mir leid.”, sagte er etwas beschämt, was nur die wenigsten erkennen würden. Er sagte nie wirklich direkt, wenn ihm etwas leid tat, doch bei seinem Vater würde er nicht drum herum kommen. „Ich wollte ihn wirklich nicht gefährden, ich war so im Kampf vertieft, dass ich zu spät gemerkt habe, wie sauer er ist.” Er schweig und nach einigen Sekunden sprach Satan erneut. „Das mag sein, aber so oder so bin ich mehr als enttäuscht von dir.”, zischte er. „Ein Teil von mir würde dich am liebsten an deinem Schwanz zu Rin schleifen damit du dich entschuldigst, aber da würde wahrscheinlich eher die Schule abbrennen. Trotzdem kannst du Gift darauf nehmen, dass du nicht ohne Strafe davon kommst, genau wie Samael. Jetzt geh, ich will dich vorerst nicht mehr sehen, verstanden?” Amaimon nickte stumm und verließ den Thronsaal. Draußen warteten Beelzebub und Azazel auf ihn. „Wow, du bist noch in einem Stück? Ich hätte echt darauf gewettet, dass du als verbranntes Kohlestück endest.”, kommentierte der Geisterkönig und sah Amaimon überrascht an. Dieser zuckte mit den Schultern. „Er stand glaube ich kurz davor...er war echt sauer wegen Rin, dabei wollte ich nur spielen. Was ist daran so falsch?” Beelzebub verdrehte die Augen. „Fast jedes Mal, wenn du spielen oder Spaß haben willst, stirbt irgendjemand oder du zerstörst etwas. Aber Samael wird echt tief in der Tinte sitzen, immerhin sollte er eigentlich auf Rin Acht geben und jetzt ist er in noch größeren Schwierigkeiten” Azazel brummte zustimmend. „Erst versteckt er ihn beim ehemaligen Paladin, dann bringt er ihn wieder nicht nach Gehenna sondern zur Exorzisten Akademie und jetzt auch noch das...würde mich nicht wundern, wenn er diesmal seinen Thron los ist. Na ja, so oder so wird Vater Rin wohl nicht mehr lange in Assiah lassen. Sein Zwilling sollte ja eigentlich sicher sein, wenn er wirklich nur ein Mensch ist.” Amaimon war sich nicht so sicher, ob Samael wirklich sein Titel weggenommen werden würde, immerhin war sein Vater schon so beschäftigt genug, da würde er sich nicht noch mehr Arbeit machen wollen, aber bezüglich Rin stimmte er auf jeden Fall zu. Er beschloss, dass er genug mit seinen Brüdern geredet hatte und machte sich auf den Weg zurück zu seinem Zimmer, in der Hoffnung, dass sein Vater sich bald beruhigt hatte. Kapitel 16: Kein Zurück mehr ---------------------------- Mit einem lauten Knall wurde die Tür zum Salon aufgerissen und anschließend zugeschmissen. Indra sah überrascht von ihrem Buch auf, denn sie hatte den Bediensteten befohlen, sie nicht zu stören und erwartete auch keinen Besuch. Ihre Verwirrung hielt jedoch nicht lange, denn der unangekündigte Neuankömmling stellte sich nun als Lilith heraus. Mehrere Strähnen ihres Haares hingen ihr unordentlich im Gesicht, was sie normalerweise nicht tolerieren würden, doch die roten Augen verrieten alles. Die Dämonin war ganz offensichtlich auf 180 und gekommen, um mal wieder ihrem Ärger Luft zu machen. Mit einem leisem Seufzen klappte sie ihr Buch zu und legte es auf einem Tisch ab. „Lil, würde es dich wirklich umbringen, zu klopfen? Oder zumindest nicht die Türen zu knallen?” Sie erhielt einen giftigen Blick von der ehemaligen Königin Gehennas, doch mehr glücklicherweise nicht. Dafür ließen die Beschwerden nicht lange auf sich warten. Nachdem sie sich auf das Sofa gesetzt und ein Glas Wein in die Hand gedrückt bekommen hatte, legte sie bereits los. „Dieses Mal habe ich genug! Diese blonde Hure ist zu weit gegangen!”, fauchte sie hasserfüllt und natürlich wusste Indra sofort, wer gemeint war. Es hatte die rothaarige Dämonin schwer mitgenommen, dass Satan eine neue Frau genommen hatte, weswegen sie sie unaufhörlich gegen sie wetterte. „Bevor du mir davon erzählst, wäre es nett von dir, die Flammen im Kamin wieder etwas zu verkleinern. Diese Hitze ist nicht gut für meine Haut und ich habe keine Lust zu schwitzen.” Lilith verdrehte die Augen, doch kam der Aufforderung nach, sodass die Temperaturen im Raum wieder sanken. Bis heute war sich Indra nicht sicher, was Liliths genaue Kräfte waren, denn sie schien kein festes Element zu haben. Sie verwendete oft Feuer, aber hatte auch schon Schatten kontrolliert. Vielleicht war sie wie Satan und konnte von allem etwas. „Also was ist passiert? Haben sie sich wieder geküsst? Hat er ihre Hand gehalten? Oder hat er dich gar dabei ignoriert?”, fragte sie mit wenig Elan. Bisher waren es immer Kleinigkeiten gewesen, die die Dämonin haben ausrasten lassen, daher ging sie davon aus, dass es dieses Mal nicht anders war. Sie staunte nicht schlecht, als es dieses Mal einen guten Grund für ihren Zorn gab. „Nein, sie ist verdammt nochmal schwanger!”, schrie Lilith beinahe und stellte ihr Glas mit einem lauten Knall auf dem Tisch ab. „Satan wollte nie Kinder, als ich mit ihm zusammen war, obwohl ich immer wieder gefragt habe und jetzt das?! War ich nicht gut genug?! Was hat diese blonde Furie, was ich nicht habe?!”, fauchte sie, sichtlich frustriert. Indra schwieg, nicht sicher, was sie sagen sollte, aber Lilith war noch nicht fertig. „Ich habe es immer akzeptiert, wenn er nein gesagt hat und jetzt sowas. War ich für ihn so wenig wert?! Das ist doch alles ein einziger schlechter Witz!”, presste sie hervor und ballte die Hände zu Fäusten. Dieses Mal hatte Indra tatsächlich Mitleid. Ja, es war vor allem Liliths Schuld, dass Satan sie verlassen hatte, aber das war wirklich ganz schön hart. Er wollte nie Kinder mit ihr, aber dafür mit der nächsten Frau. Seufzend rückte sie etwas näher an sie heran und legte ihre Hand auf die ihrer Freundin. „Hey, mach dir deswegen nicht so viel Gedanken. Ist doch sein Pech, wenn er auf dich verzichtet und Blondie vorzieht. Es gibt mehr als genug Dämonen, die dich sehr mögen, du müsstest ihnen nur mal eine Chance geben.”, sagte vorsichtig, doch Lilith schnaubte nur, stand ruckartig auf und begann im Zimmer auf- und abzulaufen. „Nein, das ist nicht sein Pech! Diese Hure hat ihn nicht verdient! Sie benutzt ihn doch nur und ich wette, das Balg war nicht mal geplant! Sie hat das mit Absicht gemacht, damit er bei ihr bleibt!” Indra verdrehte die Augen und nahm einen weiteren Schluck aus ihrem Glas. Die Dämonin war eine noch schlimmere Drama Queen als sie und das wollte wirklich etwas heißen. „Sei doch froh, dass du keinen Mann mehr in deinem Leben hast. Ich würde alles dafür tun, endlich meinen los zu werden und alleine oder mit einer Person zusammen zu sein, die ich wirklich mag. Inzwischen bin ich sicher, dass mein Vater ihn ausgesucht hat, um mir das Leben schwer zu machen.”, erinnerte sie ihre Freundin düster, aber ihre Worte hatten nicht den gewünschten Effekt. Stattdessen wurde sie wütend angefunkelt. „Was weißt du schon?! Ich liebe ihn wirklich und du erwartest von mir, dass ich ihn vergesse?! Das kann nicht dein Ernst sein!”   „Das gleiche könnte ich zu dir sagen.”, erwiderte die Zeitdämonin schnippisch. „Wie lange planst du denn noch, ihm hinterherzurennen? Das hast du nicht nötig! Du könntest jeden haben oder alleine bleiben, dir stehen alle Wege offen. Du bist wunderschön, intelligent, charismatisch und so vieles mehr. Verbaue dir das doch nicht wegen einer Person. Das ist nicht mehr gesund, du bist vollkommen besessen von ihm!” Das war offenbar ein Fehler, denn Lilith bleckte wütend die Zähne. „Nur weil du unglücklich mit deinem Mann bist, willst du mir mein Glück nicht gönnen!” Indra zuckte zusammen als hätte sie eine Ohrfeige bekommen. Das konnte doch wohl nicht ihr Ernst sein! „Ich mache mir nur Sorgen um dich, Verdammt!”. fauchte sie. „Du bist meine beste Freundin, wahrscheinlich meine einzige Freundin und ich will nicht, dass es dir schlecht geht, nur weil du Satan hinter her rennst!” Betroffene Stille herrschte, nur das Heulen des Windes draußen war zu hören. Lilith trat, noch immer schweigend, an den Tisch heran und trank aus ihrem Weinglas, dann begann sie langsam zu sprechen. „Ich verstehe, dass du dir Sorgen machst, aber es gibt keinen Grund. Ich wünschte nur, diese blonde Betrügerin würde einfach verschwinden. Allerdings passieren Unfälle wahnsinnig häufig, besonders unter Adligen.” Sofort schrillten Indras Alarmglocken und ihre Augen verengten sich. Sie plante doch wohl nicht etwa, Uriel umbringen zu lassen?! Ihre Obsession war eine Sache, aber Mord? „Das ist wahr, Unfälle geschehen.”, antwortete sie schließlich, ihre Worte mit Bedacht wählend. „Allerdings sollte man sich genau überlegen, was ein solcher Unfall für Folgen haben könnte. Besonders wenn man den falschen Leuten vertraut und selber ins Visier gerät. Außerdem ist es selten das Ergebnis wert.” Natürlich verstand Lilith sofort, was sie meinte. Wenn sie Uriel wirklich los werden wollte, konnte viel passieren, vor allem wenn man die Spur zu ihr zurückverfolgte. Abgesehen davon konnte man nie die Folgen vorhersagen und schlussendlich war es die ganze Sache vielleicht nicht wert. Schweigend tranken sie ihre Gläser aus, dann stand die Dämonengöttin auf. „Ich denke, ich sollte jetzt gehen. Ich habe noch viel zu tun.” Sie war fast an der Tür, als Indra ihr noch eine letzte Sache hinterherrief. „Du brauchst Satan nicht. Du kannst für dich selbst sorgen und hast sogar deine eigenen Untertanen. So gesehen bist du immer noch eine Königin.” Lilith hielt inne, dann antwortete sie, ohne sich noch einmal umzudrehen. „Ich will keine Königin sein. Ich will die Königin sein.” Damit verließ sie den Raum und ließ eine beunruhigte Indra zurück.       ....................................................................................................................................................     Lilith saß in ihren Gemächern und fuhr sich mit einer Bürste gedankenverloren durchs Haar. Immer wieder gingen ihr Indras Worte, aber auch ihre eigenen durch den Kopf. Dass sie Uriel am liebsten los werden wollte, war ihr mehr oder weniger spontan durch den Kopf gegangen. Zuvor hatte sie sich darauf beschränkt, ihr alle möglichen Krankheiten an den Hals zu wünschen und über sie herzuziehen, aber je länger sie über ihre fixe Idee nachdachte, umso besser gefiel sie ihr. Alles wäre so viel einfacher, wenn sie verschwinden würde und das Kind mit sich nahm. Wer würde sie schon vermissen? Satan würde schnell genug über sie hinweg kommen und einsehen, dass er die blonde Dämonin nicht brauchte. Kaum hatte sie das gedacht, kamen sofort die Zweifel. War es das wirklich wert? Unwillkürlich dachte sie an die Worte, die Uriel an sie bei ihrem ersten Treffen gerichtet hatte: „Es tut mir leid, wenn es auf dich so gewirkt hat, dass ich dich ersetzen will. Ich kann dir versichern, dass das nicht der Fall ist und ich Satan wirklich liebe. Ich weiß, dass es schwer sein muss, uns zusammen zu sehen, aber bitte verstehe, dass wir das nicht tun, um dich zu demütigen oder uns lustig zu machen. Warum fangen wir nicht einfach von vorne an? Bitte, es muss keinen Streit geben, arbeiten wir lieber zusammen.” Ihre Worte hatten ehrlich gewirkt, doch Lilith wusste es besser. Dieses Miststück wollte sie nur verspotten, indem sie Mitleid vortäuschte. Zusammenarbeit? Von wegen! Uriel wollte sie nur manipulieren, genau wie Satan. Sie hatte daher abgelehnt und war davon gestürmt. Doch nun war ihre Rivalin schwanger mit einem Kind, das an diesem ganzen Streit vollkommen unbeteiligt war und nichts dafür konnte. Lilith hatte immer eine gewisse Schwäche für Kinder gehabt, nicht zuletzt, weil sie selbst gerne welche wollte. Andererseits war es eine ewige Erinnerung an ihr Versagen und daran, dass Satan eine andere vorgezogen hatte. Konnte sie wirklich so egoistisch sein und zwei Dämonen, von denen einer noch nicht mal geboren war, einfach so in den Tod schicken? Konnte sie mit ihrem Gewissen leben? Für einige Sekunden herrschte Stille, während sie in den Spiegel vor sich starrte, dann verzog sich ihr Mund zu einem Grinsen und sie lachte leise. „...Ja...Ja, ich glaube, das kann ich.”, flüsterte sie und warf die Haarbürste auf den Tisch. Es war an der Zeit ihren Plan in Bewegung zu setzen. Sie hatte diese Demütigungen lange genug ertragen und nun würden die Verantwortlichen zahlen. Kapitel 17: Unerwartete Neuigkeiten ----------------------------------- Leise prasselte der Regen gegen das Schlafzimmerfenster und Donner dröhnte, während vereinzelte Blitze über den Himmel zuckten. Es war lange her, seit sie ein derart heftiges Gewitter hatten, vermutlich würde es den ganzen Abend, wenn nicht sogar die ganze Nacht so weiter gehen. Uriel konnte Unwetter noch nie wirklich leiden, was jedoch nicht weiter verwunderlich war, wenn man ihr Element bedachte. Im Gebiet der Lichtdämonen waren sie äußerst selten, in Pandemonium dagegen gehörte es zum Alltag, vor allem in dieser Jahreszeit. Schweigend sah die blonde Dämonin zu, wie die Wassertropfen an den Scheiben hinunter liefen, während sie immer tiefer in ihre Gedanken sank. Die Worte des Heileres echoten immer wieder in ihrem Kopf, doch sie wollte ihnen nicht glauben. Er musste sich geirrt haben, das durfte einfach nicht wahr sein! Sicherlich gab es andere Erklärungen für ihre Übelkeit und ständige Müdigkeit. Sie konnte nicht schwanger sein, sie hatte regelmäßig das verdammte Pulver eingenommen! „Es kann durchaus vorkommen, dass man es vergisst oder es noch nicht ganz reif war. Sowas passiert nicht selten.”, echote die Stimme des Heilers, die sie schnell wieder verdrängte und schüttelte energisch den Kopf. Mit einem leisen Seufzen massierte sie sich die Schläfen, doch das ungute Gefühl blieb. Sie konnte es nicht mehr leugnen. Die Heiler waren sehr genau, wenn es um Schwangerschaften ging, daher war es so gut wie ausgeschlossen, dass ihnen ein Fehler unterlaufen war. In ihr wuchs ein Kind und sie hatte absolut keine Ahnung wie sie das ihrem Gemahl beibringen sollte. Satan wollte keine Kinder, fast jeder wusste dies und er hatte das auch zu Beginn ihrer Beziehung deutlich gemacht. Zwar hasste er Kinder nicht, doch er fand sie ziemlich nervig. Ein kleiner Teil von Uriel war enttäuscht gewesen, sie hätte gerne eins gehabt, aber es akzeptiert. Wer weiß, Satan hatte sich bereits verändert, vielleicht würde er es sich nochmal überlegen. Jedoch hatten sie nie wieder von dem Thema geredet, was andeutete, dass sich wohl nichts geändert hatte. Nun fürchtete sie, dass er die Neuigkeiten nicht gut aufnehmen würde. Was wenn er wütend wurde und das Kind nicht annahm? Sie wollte ihn nicht verlassen, aber das Kind abzugeben, stand ebenfalls außer Frage. So oder so gab es keinen Weg drum herum: Sie musste es ihm sagen, sie wusste nur nicht wie. Seufzend schaute sie auf die Uhr. Es war bereits halb zehn, er hätte längst von seinem Treffen zurück sein müssen. Wie auf Stichwort öffneten sich die Türen und der Dämonengott betrat den Raum. Sie zwang sich zu seinem Lächeln und stand auf, um ihn zur Begrüßung zu küssen. „Hallo Liebling, wie war dein Tag?”, fragte sie, während sie versuchte sich möglichst normal zu verhalten. „Hatte schon bessere.”, kam die knappe Antwort. Sein Gesichtsausdruck verriet, dass er momentan nicht die beste Laune hatte. Wortlos setzte griff er eine Weinflasche und warf ihr einen fragenden Blick zu, woraufhin sie den Kopf schüttelte und sich auf das Bett setzte. „Nein danke, ich bin nicht in Stimmung.” Kein Alkohol während der Schwangerschaft, das durfte sie nicht vergessen. Er selbst goss sich ein Glas ein und setzte sich in einen der Sessel, offenbar nicht ganz mit den Gedanken bei ihr. „Ich nehme an, das Ratstreffen lief nicht gut?”, fragte Uriel vorsichtig, in der Hoffnung, ein Gespräch anfangen zu können. „Nein.”, antwortete Satan ein wenig barsch, offenbar nicht in der Stimmung zu reden. Einige Minuten lang hüllten sich beide in Schweigen, dann seufzte der Dämonengott, stellte sein Weinglas ab und stand auf. Er setzte sich neben seine Frau, legte einen Arm um sie und gab ihr einen Kuss auf die Stirn. „Entschuldigung, ich hätte meine schlechte Laune nicht an dir auslassen sollen. Ich hatte einen langen Tag. Wie war deiner?” Uriel lächelte ihm aufmunternd zu. „Schon in Ordnung. Mein Tag war ganz gut. Ich habe die Unterlagen durchgesehen und einiges neu einsortiert. Ich hoffe, das ist in Ordnung?” Der Dämonenherrscher lächelte. „Danke, das hilft mir sehr. Ach ja, was kam eigentlich beim Heiler raus?” Ein Teil von ihr hatte gehofft, dass er es vergessen hatte. „Es war nicht weiter schlimm, nur eine leichte Magenverstimmung.” Sie hasste es, ihn anzulügen, aber wollte noch abwarten. Zumindest bis seine Laune etwas besser war. Der Weißhaarige runzelte die Stirn, sichtlich unzufrieden. „Dann muss ich wohl ein Wörtchen mit den Bediensteten reden. Sie müssen besser aufpassen-” „Nein, schon gut!”, sagte die Lichtdämonin schnell. „Wahrscheinlich habe ich zu hektisch gegessen. Mach dir keine Sorge.”, beruhigte sie ihn und Satan seufzte. „Na schön, wenn du das sagst. Ich glaube, ich gehe direkt ins Bett. Du auch?” Sie nickte. „Ja klar.” Hoffentlich würde er in den nächsten Tagen bessere Laune haben. .................................................................................................................................... Eine Woche später hatte sie es ihm immer noch nicht gesagt. Sie hatte es bereits mehrere Male versucht, doch sich schlussendlich nicht getraut. Seufzend strich sie sich eine blonde hinter das spitze Ohr und starrte auf das Blatt vor ihr, ohne zu begreifen, was darauf geschrieben stand. Sie saß bereits seit einigen Stunden im Arbeitszimmer ihres Mannes und ging einige Dokumente durch, brauchte allerdings wesentlich länger als sonst. Immer wieder kreisten ihre Gedanken um das ungeborenen Kind und die Frage, wie sie es Satan beibringen sollte. Wahrscheinlich wäre es das beste, es einfach gerade heraus zu sagen, doch diese Unsicherheit machte sie immer nervöser. Ein klopfen ließ sie aufsehen und sie legte das Blatt zurück auf den Stapel, dankbar für die Ablenkung. „Herein.”, rief sie. Die Tür öffnete sich und Shax betrat den Raum. „Uriel, fleißig wie immer, wie ich sehe.”, begrüßte er die Dämonin. „Ich fürchte, ich bin momentan keine große Hilfe. Ich kann mich heute einfach nicht konzentrieren.”, seufzte sie und fuhr sich mit einer Hand durch die Haare. „Vielleicht sollte ich einfach zurück ins Bett, bevor ich weiter Namen verwechsle oder etwas falsches schreibe.” Shax sagte nichts, er schien es zwar zu wollen, doch fand wohl nicht die richtigen Worte. „Ist etwas passiert? Soll ich Satan holen?”, fragte sie besorgt, woraufhin der Silberhaarige den Kopf schüttelte. „Nein, das ist nicht nötig. Wenn ich so direkt sein darf: Ich bin deinetwegen hier. Du warst die ganze Woche lang ziemlich neben dir und ich hatte den Eindruck, dass du gegenüber Satan relativ distanziert bist. Ist alles in Ordnung?” Die Lichtdämonin gab sich größte Mühe einen neutralen Gesichtsausdruck zu behalten, aber war nicht sicher, ob sie damit Erflog hatte. „Sicher, mir geht es gut. Die letzte Woche war einfach...anstrengend. Ich bin sicher, dass es bald vorbei ist. Warum fragst du? Hat Satan dich geschickt?”, fragte sie, nun besorgt, aber Shax schüttelte den Kopf. „Nein, hat er nicht. Er würde dich direkt fragen. Allerdings hatte ich den Eindruck, dass mehr dahinter steckt als Stress. Sogar dem Personal ist aufgefallen, dass du dich anders als sonst verhältst.” Als sie schwieg, fuhr er fort. „Ich werde dich nicht zwingen zu antworten, aber wenn du wirklich ein Problem hast, solltest du es nicht für dich behalten.” Natürlich hatte er recht, sie musste es irgendwann gestehen. Vielleicht würde es wirklich helfen, mit ihm darüber zu reden. Immerhin gehörte er zu den Personen, die Satan am besten kannten. „Na schön, ich sage es dir. Allerdings musst du mir versprechen, es niemanden zu sagen, vor allem Satan!”, erwiderte sie und sah ihn eindringlich an. „Es ist nichts, was Gehenna oder ihm schadet, es ist einfach ein schwieriges Thema.”, fügte sie schnell hinzu. Der Erzdämon zögerte, schließlich nickte er. „Gut, ich verspreche, es niemanden zu sagen.” Uriel lächelte ihm dankbar an, dann schoss sie die Augen und holte kurz Luft. „Ich bin schwanger.”, brach es ihr hervor, bevor sie es sich anders überlegen könnte. Shax hatte offenbar mit so einigem gerechnet, aber nicht hiermit. Er öffnete den Mund und schloss ihn wieder, sichtlich überrumpelt. „Bist du sicher?”, fragte er, in einem Tonfall, der nicht verriet, was er dachte. „Ja, der Heiler hat es gesagt. Bei dem Besuch vor einer Woche. Normalerweise würde ich mich ja freuen, aber Satan wollte nie Kinder und jetzt habe ich Angst, dass er wütend wird. Was, wenn er mich hasst, das Kind nicht anerkennt oder mich rauswirft?! Ich möchte nicht, dass unser Kind ohne Vater aufwächst und-” „Uriel, jetzt beruhige dich erst mal.”, unterbrach Shax sie, der nun neben ihr stand und eine Hand auf die Schulter gelegt hatte. „Ich verstehe, dass du dir Sorgen machst, aber ich denke sie sind unbegründet.” Verwirrt sah sie ihn an, nicht sicher, ob sie ihn richtig verstanden hatte. „Es stimmt, Satan wollte keine Kinder haben.”, fuhr der Geisterdämon fort und setzte sich auf das Sofa. „Aber er hat sich sehr verändert, seitdem er Lilith verlassen und dich getroffen hat. Zum Positiven, möchte ich anmerken. Auch wenn es unerwartet ist, kann ich mir nicht vorstellen, dass er wütend wird. Wer weiß, vielleicht hat er seine Meinung inzwischen sogar geändert, aber nicht mit dir darüber geredet, weil er dich nicht unter Druck setzen wollte. So oder so wird er dich kaum rauswerfen oder euer Kind schlecht behandeln. Wenn er dich wirklich liebt, wird er es akzeptieren und falls nicht, werde ich ihm mal ein paar Takte sagen.” Sie konnte ein Lächeln nicht unterdrücken und nickte langsam. Shax hatte recht, sie reagierte wohl wirklich über. „Aber er hatte in letzter Zeit so viel zu tun, ich möchte ihn nicht auch noch damit belasten...”, murmelte sie ein wenig niedergeschlagen. „Viel zu tun wird er fast immer haben. Es wäre das beste, es ihm so bald wie möglich zu sagen.”, erinnerte Shax sie. Das stimmte ebenfalls. Je eher sie es ihm sagte, umso besser war es wohl. „Na gut. Ich werde es ihm heute Abend sagen.”, beschloss sie. „Soll ich dabei sein?”, fragte, doch die Blondine schüttelte den Kopf. „Nein, danke. Das ist etwas, das ich alleine schaffen muss.” ..................................................................................................................................... Gegen Abend saß Uriel auf dem Bett in ihrem Schlafzimmer und las, ohne sich wirklich konzentrieren zu können. Jeden Moment würde Satan kommen und noch immer hatte sie keine Ahnung, wie sie es ihm sagen sollte. Das Beste wäre es wohl, es einfach gerade heraus zu sagen, auch wenn sie ihn ungern so überfiel. Sie hörte wie sich die Türen der Gemächer öffneten und schlossen, offenbar war der Dämonengott heute etwas früher fertig geworden. Sie legte ihr Buch beiseite und stand auf, doch bevor sie in den Vorraum gehen konnte, stand Satan bereits vor ihr, sichtlich müde und nicht in der Stimmung lange zu reden. ‚Das wird lustig werden.‘, dachte sie düster, aber zwang sich zu einem Lächeln. „Schatz, schön dass du da bist.”, begrüßte sie ihn und gab ihm einen Kuss, woraufhin er immerhin nicht mehr ganz so mürrisch drein schaute. „Immerhin eine Person auf die man sich verlassen kann.”, seufzte er. „Ich war wieder mal von einem Haufen Idioten umgeben. Würden sie mal ihren Verstand benutzen, müssten sie mich nicht ständig nerven.” „Solange sie nur nerven und nicht schlimmeres. Erinnerst du dich an diesen Dämon, der im Totengericht gearbeitet hat? Der immer Münzen geworfen hat, weil er zu faul war, richtig zu arbeiten?”, versuchte sie ihn aufzubauen, doch hätte sich im nächsten Moment am liebsten geohrfeigt. Was war das denn bitte für ein blödes Beispiel gewesen? Sie stand offenbar mehr neben der Spur als erwartet. Glücklicherweise schien es den Dämonengott nicht zu stören und verdrehte die Augen. „Erinnere mich nicht an diesen Idioten. Ich will mich nie wieder mit solchem Mist rumschlagen müssen.” Sie nickte nur, während sie verzweifelt versuchte, sich einen Plan zurechtzulegen wie sie das Thema anschneiden sollte. Derweil machte sich der Dämonenherrscher auf den Weg in Richtung Badezimmer. Sie wusste aus eigener Erfahrung, dass er danach einfach nur noch ins Bett wollte und nicht mehr ansprechbar sein würde. ‚Jetzt oder nie!‘, dachte sie und griff nach seinem Arm. „Bitte, warte kurz. Ich weiß, du bist müde, aber ich muss dir etwas sagen.” Satan seufzte. „Kann das nicht bis morgen warten?” Die Lichtdämonin schüttelte den Kopf. „Ich habe es lange genug vor mich hingeschoben. Es ist wichtig.” Er sah sie verwirrt an, doch nickte und setzte sich neben sie auf das Bett. „Gut, ich höre zu. Was gibt es?”, fragte er. Jegliche Struktur und Sätze, die sich die blonde Dämonin gerade zusammengelegt hatte, waren plötzlich wie weggefegt und sie spürte, wie sie rot wurde. „Also...Ich...Ich weiß nicht so wirklich, wie es dir sagen soll. Das kommt wahrscheinlich sehr unerwartet und alles, aber bitte sei nicht wütend. Wir-” Sie verstummte, als Satan seine Hand auf die ihre legte und sie aufmunternd drückte. „Schon gut, sag einfach, was los ist.”, sagte er und bevor sie sich stoppen konnte, kamen die Worte einfach hervor. „Ich bin schwanger.” Stillte herrschte, während Satan seine Frau ansah und sie ihn. Verzweifelt versuchte sie sein Gesicht zu lesen, aber seine Miene verriet nur Schock. „...Du...bist was?”, presste er schließlich hervor und sie schluckte. Das sah nicht gut aus. „Wir bekommen ein Kind, du wirst Vater.”, sagte sie leise, ließ seine Hand los und stand auf, seinen Blick ausweichend. Noch immer sagte er nichts und schüttelte langsam den Kopf. „Verdammt...”, murmelte er. Stille herrschte, dann stand er ruckartig auf und stürmte ohne ein weiteres Wort aus dem Zimmer. Für einige Sekunden saß die Dämonin geschockt da, dann brachen die Tränen hervor. Sie machte sich nicht mehr die Mühe sie zurückzuhalten und legte sich schluchzend auf das Bett. Womit hätte sie sonst rechnen sollen? Sie war naiv zu glauben, dass er einfach so seine Meinung ändern würde. Einige Stunden vergingen bis sie sich endlich beruhigt hatte, aber einschlafen konnte sie dennoch nicht. Irgendwann nach Mitternacht öffnete sich die Tür, daher schloss sie schnell die Augen und gab vor, zu schlafen. Sie hörte wie der Dämonengott in das Badezimmer ging und sich anschließend neben sie legte, allerdings bestand ein deutlicher Abstand zwischen ihnen und sie roch den Alkohol. Für einen Moment spielte sie mit dem Gedanken etwas zu sagen, aber beschloss lieber zu schweigen. Schlussendlich schlief sie endlich ein. .............................................................................................................................................. Als Uriel am nächsten Morgen aufwachte und sich aus Gewohnheit der Bettseite ihres Gatten zuwandte, stellte sie zu ihrem Entsetzen fest, dass dieser bereits weg war. Natürlich stand Satan vor ihr auf und verließ eher die Gemächer, aber dennoch verabschiedete er sich jeden Morgen von ihr und manchmal stand sie mit ihm auf, damit sie zusammen frühstücken konnten. ‚Er ist also immer noch wütend.‘, stellte sie betroffen fest. Am liebsten wäre sie im Bett geblieben, aber sie hatte einige Pflichten um die sie sich kümmern musste, daher stand sie auf und machte sich schnellstmöglichst fertig. Dann ging sie zum Esszimmer, wo sie wie erwartet alleine war. Lustlos stocherte sie in ihrem Essen herum und starrte auf ihren Teller. Sie hatte absolut keine Appetit, aber sie musste etwas essen. „Eure Hoheit, stimmt etwas nicht mit dem Essen? Soll ich Euch etwas anderes bringen?”, fragte eine Bedienstete plötzlich und ließ sie zusammenfahren. „N-Nein schon gut. Danke, Kora. Ich hatte einfach eine schlechte Nacht.” „Oh, Ihr auch? Lord Satan hatte ebenfalls ziemlich schlechte Laune beim Frühstück...”, überlegte die Weißhaarige. Uriel schwieg und glücklicherweise verstand die Dämonin den Hinweis und ließ sie in Ruhe. Die Lichtdämonin zwang ihr Essen hinunter, dann stand sie auf und wollte das Zimmer verlassen, aber wurde von Alastor aufgehalten, der überrascht im Türrahmen stand. Er hob eine Augenbraue, als er sie sah. „Warum schauen du und Satan drein, als wäre alles den Styx runter gegangen? Die Ehe ist wohl doch nicht so schön wie erwartet, was?” „Warum kümmerst du dich nicht um deine eigenen Probleme und hälst die Klappe?!”, fauchte sie und stürmte an ihm vorbei. Ihn konnte sie jetzt wirklich nicht gebrauchen! Alastor sah ihr verwirrt hinter her. „Was ist denn bitte ihr Problem?”, murmelte er, eh er den Kopf schüttelte. „Pah, Frauen...” ....................................................................................................................................... Die folgende Woche verlief leider nicht besser. Satan ging ihr aus dem Weg, wo er nur konnte, kam spät ins Bett und verschwand bevor sie wach wurde. Es war zum verrückt werden. Sie berichtete Shax, was passiert war und er bot an, mit Satan zu reden, doch Uriel lehnte ab. Shax würde keine Hilfe sein, sie mussten das alleine klären, andernfalls würde das nie funktionieren. Allerdings hatten sich zu der anfänglichen Trauer und Verzweiflung nun Wut und Frustration gesellt. Sicherlich war das ein Schock gewesen, aber es war keine Entschuldigung, ihr aus dem Weg zu gehen. Er sollte verdammt nochmal mit ihr darüber reden, sie hatte das Recht darauf! Daher beschloss sie eines Abend, dass sie auf Satan warten würde, ganz egal wann er kam! Sie hatte genug, sie wollte jetzt Antworten! Falls er nicht mehr mit ihr zusammen sein wollte, sollte er es ihr ins Gesicht sagen. Sie wartete mehrere Stunden, doch schlussendlich öffnete sich die Schlafzimmertür und Satan betrat den Raum. Sofort fiel er auf, wie müde er aussah, aber sie zwang sich dazu, ihn böse anzusehen. Er sollte ruhig wissen, dass sie sauer war! Der Dämon hielt inne und sah sie überrascht an. „Uriel? Ich dachte, du wärst längst im Bett. Ist etwas passiert?”, fragte er und zu ihrer Überraschung schwang ein Anflug von Sorge in seiner Stimme mit, aber sie war zu wütend, um sich deswegen lange zu wundern. „Ob etwas passiert ist? Soll das ein Scherz sein?! Das weißt du ganz genau!”, fauchte sie den älteren Dämonen an. „Ich bin wach, weil ich mit dir reden muss und du mir sonst aus dem Weg gehst!” „Können wir nicht an einem anderen Tag darüber reden? Ich bin müde-”, setzte Satan an, doch sagte damit genau das falsche und Uriel explodierte. „AN EINEM ANDEREN TAG?! AN EINEM ANDEREN TAG?! ICH GEB DIR GLEICH MAL AN EINEM ANDEREN TAG!”, schrie sie fast schon hysterisch. „Es geht hier verdammt nochmal auch um dich, also höre mir zu! Ich erzähle dir, dass ich schwanger bin und du haust einfach ab und redest kein Wort mehr mit mir. Was soll das?! Willst du etwa vorgeben, dass das alles nicht passiert ist?! Falls ja, bist du ein Feigling! Ich dachte, du wärst besser als das!” Satan setzte zu einer Erwiderung an, doch sie unterbrach ihn. „Jetzt rede ich!”, grollte sie und wenn ihr Blick töten könnte, wäre Satan wohl nicht mehr unter den Lebenden. „Hast du eine Ahnung wie weh es tut, einfach links liegen gelassen zu werden, wenn man nicht mehr interessant ist?! Ich war genauso in Schock wie du, ich wollte es nicht wahrhaben, aber das wird langsam lächerlich! Ich weiß, du wolltest kein Vater sein und verstehe, wenn du wütend auf mich bist-” „Warum sollte ich ausgerechnet auf dich wütend sein?”, unterbrach Satan sie plötzlich, seine Stimme klang allerdings eher erschöpft als verärgert. Überrascht unterbrach sie ihren Redeschwall und sah ihn verwirrt an. Satan hatte sich inzwischen auf das Bett gesetzt, das Gesicht halb in seinen Händen vergraben. Seufzend sah er schließlich auf. „Ich hätte dir nicht ewig aus dem Weg gehen sollen. Es liegt nicht daran, dass ich nicht mehr mit dir zusammen sein will oder weil ich dich hasse. Wenn ich jemanden hassen sollte, dann mich selbst. Das hätte nicht passieren dürfen.” Uriel spürte wie Tränen in ihren Augen brannten und sie konnte sie nicht mehr zurückhalten. „Es tut mir leid, ok?! Ich weiß nicht wie das passieren konnte.”, schluchzte sie. „A-Aber du...und....wir...ich...”, sie rang nach Worten, doch fand sie nicht. Plötzlich stand Satan auf und schritt auf sie zu. Unwillkürlich zuckte sie zusammen, doch der Dämonengott nahm sie nur wortlos in die Arme und setzte sich mit ihr auf das Bett. „Nein, Entschuldige dich nicht. Ich entschuldige mich.”, flüsterte er und strich ihr sanft durchs Haar. „Du hast recht, ich habe mich wie ein Feigling verhalten. Ich...Ich war geschockt und wusste nicht wie ich reagieren sollte, also bin ich einfach aus dem Zimmer gestürzt. Ich dachte erst, du würdest mich anlügen, ich habe sogar darauf gehofft.” So schnell wie die Hoffnung gekommen war, verschwand sie wieder, aber er war noch nicht fertig. „Verstehe das nicht falsch, es liegt nicht an dem Kind oder an dir, sondern an mir.”, erklärte er bitter. Die Lichtdämonin hatte mit allem gerechnet, aber nicht hiermit. „Was soll das heißen?”, fragte sie verwirrt, woraufhin Satan erneut seufzte. „Weil ich ein furchtbarer Vater wäre.”, antwortete er. „Ich bin schon so extrem beschäftigt und vernachlässige dich oft, obwohl ich mir immer vornehme, mir mehr Zeit für dich zu nehmen. Abgesehen davon kann mir niemand erzählen, dass jemand mit meiner Vergangenheit ein normales Kind aufziehen kann.”, fügte er hinzu. Endlich fiel der Groschen. Uriel löste sich sanft aus seiner Umarmung und sah ihn an. „Du glaubst, dass du keine Kinder aufziehen kannst, nur weil du in der Vergangenheit eine schlechte Person warst?”, hakte sie nach. Der Dämon nickte nur und sie setzte sofort zum Protest an. „Das ist nicht wahr! Du hast dich geändert, es gibt keinen Grund, sich deswegen Gedanken zu machen.” „Ja und irgendwann erfährt er oder sie davon und hat Angst vor mir oder hasst mich. Abgesehen davon wird es mehr als genug Leute geben, die versuchen werden dem Kind zu schaden.”, erwiderte Satan düster. „Das wird nicht passieren.”, beruhigte Uriel ihn und griff nach seiner Hand. „Wir bekommen das hin. Es wird nicht einfach, aber wenn andere es schaffen, dann wir doch wohl auch! Und falls du dich erinnerst: Du hast dir anfangs auch Sorgen gemacht, dass ich zum Ziel werde, wenn wir zusammen sind.” „Was nicht unbegründet war, wie du dich erinnern wirst.”, erinnerte er sie, doch die Dämonin ignorierte den Einwurf. „Es hat trotzdem funktioniert. Also höre auf, dir deswegen Gedanken zu machen.” Satan schien noch immer nicht überzeugt. „Woher willst du das wissen? Ich kam schon nicht damit klar, als du mir von deiner Schwangerschaft erzählt hast. Wie soll ich mich da um ein Kind kümmern? Falls du es vergessen hast, ich mochte sie nie besonders.” „Selbst nachdem wir zusammen gekommen sind?”, erkundigte sich die Dämonin vorsichtig, woraufhin Satan ihrem Blick auswich. „Ich schätze, ich habe schon darüber nachgedacht, aber habe dann eingesehen, dass es eine schlechte Idee wäre. Das Kind wäre in ständiger Gefahr, es wäre eine weitere Schwachstelle und ich bin nicht als Vater geeignet.”, erklärte er bitter, woraufhin die blonde Dämonin erneut den Kopf schüttelte. „Woher willst du das wissen? Du hast es noch nie ausprobiert, nicht wahr?” Als Satan zögerte, drückte sie aufmunternd seine Hand. „Wir kriegen das hin. Wir haben viele Leute, die uns helfen können und ich bin sicher, dass ein Kind uns sogar noch glücklicher macht. Sieh es als eine neue Herausforderung.” Endlich seufzte der Weißhaarige und nickte schließlich. „Na schön, du hast wohl recht...” „Natürlich, ich habe immer recht. Sonst wärst du doch aufgeschmissen.”, antwortete sie grinsend, woraufhin er sie mit hochgezogenen Augenbrauen ansah. „Ach ja?” Sie nickte. „Ja. Nichts für ungut, aber dein Arbeitszimmer ist ständig ein riesiges Chaos. Es ist ein Wunder, dass bisher noch nichts verschwunden ist.” Der Dämonenherrscher verdrehte die Augen. „Was auch immer du sagst.”, antwortete er, lehnte sich vor und küsste sie. „Verzeihst du mir, dass ich so ein Idiot war?”, fragte der Dämon. „Na ja...”, überlegte Uriel. „Du musst es in den nächsten Tagen schon wieder gut machen, dann ziehe ich es vielleicht in Erwägung.” Der Dämonenherrscher war zu erschöpft, um zu diskutieren. Er küsste sie erneut, dann stand er auf und ging in das Badezimmer, um sich bettfertig zu machen. Derweil legte sich Uriel zufrieden in ihr Bett. Sie war wirklich froh, dass sie es klären konnten. Gedankenverloren strich sie mit einer Hand über ihren noch flachen Bauch und zum ersten Mal musste sie lächeln. Jetzt würde alles gut sein, davon war sie überzeugt. Kapitel 18: Ratlosigkeit ------------------------ Shiro konnte einfach nicht fassen, wie anstrengend diese beiden Kinder waren. Gerade mal ein paar Monate lebten sie bei ihm und schon raubten sie ihm regelmäßig den letzten Nerv. Natürlich war ihm klar, dass sie es nicht böse meinten, Babys konnten sich nun mal nur durch Schreien bemerkbar machen, aber langsam waren er und die anderem Mönche mit ihrem Latein am Ende. Zu Beginn war Rin der ruhigere der zwei gewesen, während Yukio relativ häufig geweint hatte, doch inzwischen war der Spieß umgedreht wurden. Der ältere Zwilling schrie am laufenden Band und nichts konnte ihn beruhigen, was allen den Schlaf raubte. Er war nicht hungrig oder dreckig und schien auch keine Schmerzen zu haben. Die Anderen hatten leider ebenfalls keine Ideen, sie hatten bereits alles probiert, was ihnen eingefallen war. Shiro hatte zudem zahllose Bücher gewälzt und etliche Ärzte konsultiert, welche nichts ungewöhnliches hatten feststellen können. Stattdessen war ihm versichert worden, dass dies in der Regel harmlos und meist auf die ersten drei bis sechs Lebensmonate begrenzt war. Gründe konnte es viele geben, wie beispielsweise Schlafprobleme, Verdauungsprobleme oder ein genereller Hang zur Unruhe. Der Paladin war allerdings nicht ganz überzeugt und vermutete, dass es eventuell etwas mit seiner Dämonenseite zu tun haben könnte. Möglicherweise zahnte er? Zahnten Dämonenkinder früher als Menschen? Hatten Dämonen überhaupt eine Entwicklung wie ein Mensch?! Er wusste es nicht. Vielleicht machte er sich wirklich etwas vor, immerhin waren die Kräfte des Halbdämonen noch immer versiegelt, was ihn zu einem Menschen machte, aber was wenn es doch etwas schief gegangen war? Vielleicht hatte sogar Mephisto einen Fehler gemacht. Immerhin hatte es zu Beginn selten Probleme gegeben. Rin hatte meist gut einschlafen können und nichts deutete auf Verdauungsprobleme hin. Inzwischen spielte er mit dem Gedanken, den dämonischen Schulleiter um Rat zu fragen, aber dass er etwas von Kindern wusste, war wohl fraglich und er wollte nur ungern seine Hilfe beanspruchen. Obwohl er den Zeitdämonen gewissermaßen als Freund ansah, so gab es doch einige Dinge, wo er lieber vorsichtig war. Sicher war sicher. Zugegebermaßen hatte ein kleiner Teil von ihm bereits mehrmals aufgeben wollen, aber er konnte die Kinder nicht einfach Mephisto überlassen. Zwar hatte dieser nie genau gesagt, was er mit "dann gehören ihre Leben mir" meinte, doch er wollte es nicht herausfinden. Er unterdrückte ein Aufstöhnen, als Rin erneut los schrie und damit auch Yukio weckte, sodass sie nun beide wie am Spieß brüllten. Die anderen waren momentan einkaufen, daher gab es wohl keinen Weg dran vorbei. Seufzend stand er auf und machte sich auf den Weg in das Kinderzimmer. ‚Yuri, falls du mir doch zusiehst...bitte sag mir, was ich tun soll...‘ Mit einem Schlucken öffnete er die Zimmertür und stellte sich den schreienden Ungeheuern. „Was ist, was willst du denn von mir?!”, fragte er erschöpft, während er Rin aus seinem Bett hob, aber natürlich schrie der kleine Halbdämon einfach weiter. „Jetzt komm schon, du hast erst gegessen, deine Windel ist sauber, Spielzeug willst du nicht und Schmerzen hast du auch nicht. Was ist dein Problem?!”, grummelte er gereizt und verließ mit Rin das Zimmer, nachdem er Yukio beruhigt hatte. Seufzend ging er auf und ab und wiegte das Baby dabei, in der Hoffnung, dass er sich endlich beruhigte. Eine gefühlte Stunde später hatte er endlich aufgehört und Erleichterung machte sich breit. Leise ging er zurück in das Zimmer und legte das Kind in sein Bett. ‚Gott oder meinetwegen auch Satan, macht dass er einfach durchschläft...‘, dachte er ein wenig verzweifelt und verließ fluchtartig das Zimmer. Erschöpft ließ er sich auf einem Stuhl in der Küche nieder und massierte sich die Schläfen. Lange würde er das nicht mehr mitmachen. Sie hatten ja sogar schon ihre Schlafzeiten eingeteilt, damit zwei aufpassten, während der Rest schlafen konnte, doch viel hatte es nicht genutzt. ‚Fast hätte ich Satan die beiden gegönnt. Dann hätte er sich mit ihnen rumschlagen können.‘, dachte er finster, aber schüttelte kurz darauf energisch den Kopf. Wie konnte er sowas denken?! Er wollte sich gar nicht ausmalen, was der Dämonenherrscher mit den beiden Kindern angestellt hätte! Yukio hätte er wahrscheinlich direkt an irgendwelche Dämonen verfüttert, immerhin war er "nur" ein Mensch. Er hob den Kopf als sich die Küchentür öffnete und Nagatomo und Kyodo die Küche betraten, dick angezogen und schwer beladen mit Einkaufstüten. „Oh Hallo, wir dachten, du schläfst noch. Maruta kommt gleich nach, er kümmert sich gerade um jemanden, der uns auf der Straße angesprochen hat und wohl unsere Hilfe braucht.”, grüßte Nagatomo ihn, stellte die Tüten ab und begann sie auszupacken. Shiro schnaubte nur. „Sehr witzig. Als ob ich bei diesen beiden Schreiplagen schlafen könnte. Man könnte fast meinen, dass wäre Satans Rache.” „Darüber solltest du keine Witze machen!”, erwiderte Nagatomo streng und Kyodo nickte. „Sie sind doch noch Babys, da kann man ihnen kaum böse sein. Abgesehen davon haben sie niemanden außer uns.” „Ja, ja. Weiß ich doch.”, murmelte der ältere Priester genervt, aber musste zugeben, dass sie Recht hatten. Langsam stand er auf und half ihnen beim auspacken. Die Zwillinge blieben glücklicherweise ruhig, zumindest bis Maruta wieder kam und versehentlich eine Tür zuknallte. Sofort brüllte Rin wieder los. „Oh nicht doch...” ..................................................................................................................................................... Samael hatte derweil ausgesprochen gute Laune. Endlich war eine Angelegenheit geklärt, die ihm schon seit Wochen Kopfzerbrechen bereitete und ihm freundlicherweise von der Südkoreanischen Zweigstelle zugeschoben worden war, weil er sich angeblich besser damit auskannte. Selbstverständlich war dies nur eine Ausrede gewesen. Sie hatten schlicht und ergreifend keine Lust gehabt, sich weiter damit zu befassen, also musste er sich darum kümmern. An Tagen wie diesen fühlte er sich wie die Müllabfuhr der Ritterschaft, was gar nicht mal so weit weg von der Wahrheit war. Seufzend sah er aus dem Fenster seiner Limousine und betrachtete die herumwirbelnden Schneeflocken. Welch ein Glück, dass die Winter in Assiah wesentlich angenehmer waren als die in Gehenna. Da würden ihn keine zehn Furien raus bekommen, aber hier störte es ihn meist nicht wirklich. Endlich erreichten sie ihr Ziel und der Zeitkönig stieg aus. Das Stift sah wie immer aus, was wohl ein gutes Zeichen war. Sein Vater und seine Brüder sprangen noch immer wegen Rin im Dreieck und hatten kurz davor gestanden, ganz Asien dem Erdboden gleich zu machen, um ihn zu finden, doch glücklicherweise hatte die Vernunft gesiegt. Dennoch würde es ihn nicht wundern, wenn man den Nephilim bald finden würde. Dämonen aller Elemente und Ränge suchten nach dem verschwundenem Prinzen, Shiro würde ihn nicht sehr lange verstecken können, also musste er wohl ein wenig nachhelfen. Zwar würde sein Vater ihm dafür nicht nur den Schweif lang ziehen, aber er konnte sich dieses Spiel nicht entgehen lassen. Rin war der erste Halbdämon, den Satan jemals gezeugt hatte, diese Gelegenheit durfte er sich einfach nicht entgehen lassen! Rin würde schon nichts passieren. Er passierte die Barrieren, die das Stift umgaben und wie immer nur für ein leichtes Kribbeln sorgten, hielt jedoch inne, als er dank seines scharfen Gehörsinnes ein allzu bekanntes Geräusch hörte. Offenbar waren seine kleinen Brüder dabei, den Paladin ordentlich auf Trab zu halten und er konnte sich ein Grinsen nicht verkneifen. Wie lange würde es wohl dauern bis der Exorzist einknickte? Ein Kind war schon schwer genug, er kannte das zur Genüge von seinen anderen Geschwistern, aber gleich zwei waren wirklich anstrengend, vor allem wenn beide Säuglinge waren. Er klopfte an die Tür und wartete geduldig, während er weiterhin Schreien und Flüche hörte, die er zum Teil nicht mal kannte, was bei seinem Alter etwas heißen sollte. Schließlich riss Shiro die Tür, seine Haare waren leicht zerzaust und sein Gesichtsausdruck gehetzt. „Was tust du hier?”, fragte er gereizt, woraufhin sich Samaels Grinsen nur noch weitete. „Das ist aber eine sehr unhöfliche Art Gäste zu empfangen, Shiro. Begrüßt du etwa jeden so?” Als der Exorzist nicht antwortete, sondern ihm nur einen mörderischen Blick zuwarf, sprach er weiter, das Geschrei der Kinder im Hintergrund ignorierend. „Ich war gerade in der Gegend und wollte nur nach dir und den Kindern sehen. Ich nehme an, sie haben dir keine Umstände gemacht?~”, fragte er, woraufhin Shiro schnaubend die Tür ganz öffnete, damit er eintreten konnte. „Wie man hört, rauben diese beiden mir noch den Verstand. Ich kann kaum schlafen und den anderen geht es nicht besser. Anfangs war es noch erträglich, da hat meist nur Yukio hin und wieder geschrien, aber inzwischen plärrt Rin am laufenden Band und ich habe keine Ahnung warum! Die Ärzte sagen, es wäre normal, aber ich halte es einfach nicht mehr aus!”, machte er seinem Ärger Luft und schloss die Tür hinter dem Dämonen. „Oho, der große, mächtige Paladin wirft jetzt schon das Handtuch, weil er mit zwei Kindern überfordert ist? Wie unerwartet.~”, feixte Samael. „Ich will dich mal an meiner Stelle sehen. Du würdest dich nicht besser anstellen!”, kam die giftige Antwort, was ihn leise lachen ließ. Wenn Shiro nur wüsste. „Was auch immer...vielleicht kannst du dir Rin mal ansehen? Nur für alle Fälle.”, redete der Brillenträger weiter. Der Zeitkönig summte nachdenklich. „Ich bin kein Arzt, ich bezweifle, dass ich viel dazu sagen kann.” „Ja, aber ein Dämon.”, hielt Shiro dagegen. „Und damit weißt du wahrscheinlich mehr über Rin als jeder Arzt oder Exorzist Assiahs.” Da hatte er wohl nicht ganz Unrecht und ein wenig neugierig war der Zylinderträger schon geworden. Tatsächlich hatte er bereits eine Theorie, aber die konnte er erst bestätigen, wenn er bei Rin war, also nickte er. „Gut, gut. Ich sehe es mir an.” Wie auf Stichwort schrie Rin noch lauter und Shiro verzog das Gesicht. „Danke.”, sagte er knapp und drehte sich um, um den Baal in das Kinderzimmer zu führen, was anhand des Geschreis allerdings eher unnötig war. Kyodo hatte bereits Yukio auf dem Arm und versuchte ihn zu beruhigen, während Nagatomo sein Glück mit Rin versuchte. „Am besten geht ihr alle raus, damit ich mir in Ruhe Rin ansehen kann.”, schlug der Dämon vor. Shiro war einverstanden, wollte allerdings bleiben, was nicht weiter störte, daher erlaubte er es. Nagatomo übergab Rin vorsichtig an Samael und verließ dann mit Kyodo und Yukio das Zimmer. „Du machst aber einen ziemlichen Krach. Es gibt doch keinen Grund.~”, redete der Zeitdämon leise auf seinen kleinen Bruder ein, während er ihn langsam wiegte. Innerhalb einer Minute hatte sich der Kleine auch schon beruhigt und sah ihn mit großen Augen an, dann lächelte er und wollte nach dem Kinnbart des Älteren greifen wollte. Geschickt wich er der kleinen Hand aus und hielt ihm stattdessen eines der Plüschtiere aus dem Bettchen hin, dass Rin freudig quietschend entgegen nahm. Natürlich fielen Shiro fast die Augen aus dem Kopf. „Was?! Wie hast du...warum...das habe ich doch auch schon alles probiert!”, entrüstete er sich, woraufhin Samael ihn angrinste. „Was soll ich sagen? Ich habe eben viele Talente und der Kleine hat offenbar einen guten Geschmack.~”, trällerte er. Shiro grummelte nur einige missmutige Worte und verschränkte die Arme vor der Brust. Unterdessen schaute sich Samael Rin näher auf dem Wickeltisch an, konnte allerdings nichts ungewöhnliches feststellen, außer dass er sich anscheinend ein wenig anders entwickelte als ein gewöhnliches Menschenbaby, aber dies war zu erwarten gewesen. Höchstwahrscheinlich würde er viel schneller Zähne bekommen und feste Nahrung zu sich nehmen als Yukio. Versiegelung hin und her, an seiner Herkunft ließ sich nichts ändern. Damit hatte sich allerdings seine Theorie bestätigt und er nahm den kleinen Halbdämonen wieder auf den Arm, wo er sich sofort an Mephistos Jacke festkrallte und sich scheinbar pudelwohl fühlte. „Du kannst beruhigt sein, er schreit nicht, weil ihm irgendetwas fehlt. Jedenfalls nicht, was du denkst.”, sagte er gelassen und Shiro hob fragend eine Augenbraue. „Was soll das heißen?”, hakte er scharf nach. Der Baal antwortete nicht sofort, sondern legte Rin in sein Bett, bevor er sich wieder an den Exorzisten wandte. „Wahrscheinlich wirst du es mir nicht glauben, aber wir Dämonen haben ein anderes Familiengefühl als ihr Menschen. Familienmitglieder sind miteinander verbunden und sorgen sich umeinander, besonders um die jüngeren.” „Und das heißt jetzt was genau?”, hinterfragte der Weißhaarige. „Er sehnt sich nach seinem Vater und seinen Geschwistern.”, erklärte der Zeitkönig gerade heraus. „Er mag zwar versiegelt sein, aber er spürt dennoch, dass etwas fehlt, also schreit er. Zwar hat er dich und die anderen Bewohner hier bereits als Ersatzfamilie anerkannt, aber ein Teil wird sich immer nach seiner echten Familie sehnen.” „Also schreit er, weil er zu Satan und den Dämonenkönigen will? Aber er hat sie nie getroffen! Und warum beruhigt er sich bei dir so schnell?!”, fauchte Shiro und Samael setzte schnell zu einer Antwort an. Shiro vermutete bereits, wer er wirklich war, aber er hatte nicht vor, es zuzugeben. „Mehr oder weniger. Er muss sie dafür nicht getroffen haben, das sind alles Instinkte. Es ist außerdem durchaus möglich, dass er zumindest Satans Stimme gehört hat, immerhin stand er weiterhin mit der Mutter in Kontakt, nicht wahr? Ach, und was mich betrifft: Er merkt, dass ich ein Dämon bin und ich verstehe mehr von Kindern als du denkst.~”, grinste er. „Du musst dir keine Sorgen machen, das wird bald nachlassen. Allerdings solltest du dennoch vorsichtig sein, da ein kleiner Teil sich immer zu seiner dämonischen Seite der Familie hingezogen fühlen wird. Falls er tatsächlich einem der Dämonenkönige begegnen sollte, kann es gut sein, dass er ihm ohne zu zögern vertrauen und folgen würde, auch wenn es für ihn Fremder ist. Zumindest im Kindesalter.” „Können sie ihn finden oder spüren sie es irgendwie, wenn er schreit?”, erkundigte sich der Paladin sichtlich besorgt und der Schulleiter schüttelte den Kopf. „Nein, können sie nicht. Die Barrieren schützen ihn und da seine Kräfte noch versiegelt sind, ist es für Dämonen ein Ding der Unmöglichkeit ihn anhand seiner Aura zu finden, sogar für Satan.” Der Exorzist schien sich etwas zu entspannen und nickte langsam. „Also gut...dann Danke für deine Hilfe, schätze ich.”, murmelte er und warf einen Blick zu dem bereits schlafenden Kind. Auch der Baal konnte sich einen letzten Blick nicht verkneifen. Yukio würde wohl niemals seine echte Familie treffen können, Rin jedoch schon. ‚Keine Sorge, kleiner Bruder. Ich habe nicht vor, dich ihnen ewig vorzuenthalten.‘ Endlich verließen sie das Zimmer und Mephisto machte sich auf den Weg zur Haustür. „So da das nun erledigt ist: Willst du noch irgendetwas klären oder war es das?”, sprach Shiro ihn plötzlich an und der Dämon schüttelte den Kopf. „Ich fürchte, mehr Zeit habe ich heute nicht, aber ich werde immer mal vorbeischauen. Ach, und bevor ich es vergesse...Eins, Zwei, Drei!” Mit einem Schnippen seiner Finger erschien ein kleines Fläschchen in seiner Hand, welches er dem Paladin übergab. „Wenn Rin nachts wieder eine seiner Schreiattacken bekommen und es liegt nicht an Hunger oder sonstigen Dingen, verabreiche ihm das hier. Das sollte ihn beruhigen und durschlafen lassen. Mische einfach etwas davon in seine Milch, der süße Geruch und Geschmack sollten dafür sorgen, dass er alles austrinkt. Ein bis zwei Tropfen genügen, aber gebe es ihm maximal nur einmal am Tag, sonst könnte es Nebenwirkungen geben.” Shiro bedankte sich und der Dämon öffnete die Haustür, wo ihm sofort mehrere Schneeflocken entgegen wehten. „Also dann, bis demnächst. Sollte etwas sein, hast du ja meine Nummer. Auf Wiedersehen.~” Als er wieder in seiner Limousine saß, entfuhr ihm dann doch noch ein Seufzen. Wer hätte gedacht, dass sein Babybruder so empfindlich auf die Trennung reagieren würde? Beinahe hatte er ein schlechtes Gewissen, aber nur für wenige Sekunden. Früher oder später würden sie ihn nach Hause holen und es wäre gar nicht schlecht, wenn er zuvor die Gelegenheit bekam als Mensch zu leben. Die wenigsten Nephilim hatten das Privileg beide Seiten zu erleben. Das Klingeln seines Handys ließ ihn aufsehen und er nahm an, ohne auf das Display zu schauen. „Hallo, Pheles hier.”, grüßte er und Amaimons Stimme antwortete ihm. „Großer Bruder, wo bist du? Wir wollten uns in deinem Büro treffen!”, quengelte der Erdkönig und Samael stellte verblüfft fest, dass er recht hatte. Er als Zeitkönig hatte wirklich die Zeit vergessen. Das hatte es lange nicht gegeben. „Entschuldige Amaimon, es gab einen unerwarteten Zwischenfall, aber in einer halben Stunde bin ich da. Warte einfach in der Villa auf mich und Finger weg von meiner Sammlung! Wenn ich wieder Schokoladenflecken auf meiner Sailor Moon DVD Sammlung finde, dann Gnade dir Vater!”, erinnerte er den jüngeren streng. „Ja, ok.”, kam die knappe Antwort und er legte auf. Vielleicht sollte er vorsichtshalber duschen gehen, bevor er den Erddämonen empfing. Wenn Amaimon Rins Geruch an ihm bemerkte, würde er zweifellos zu Satan gehen und petzen, was er wirklich nicht gebrauchen konnte. Geschwister konnten schon nerven, aber ohne wäre es wohl doch zu langweilig. Kapitel 19: Nachwirkungen ------------------------- Der Anruf war kurz gewesen und bestand aus einem Satz: „Shiro ist tot.” Der Anrufer war einer der Mönche des Knabenstiftes gewesen und hatte kaum Emotionen gezeigt, doch es war offensichtlich, dass er lediglich unter Schock stand. Mephisto wusste im ersten Moment nicht, was er denken sollte, zu überrascht war er von der Nachricht. Shiro war tot? Das kam...unerwartet. Sicherlich hatte er Astaroths und schließlich die Präsenz seines Vaters in Assiah gespürt und konnte sich sofort denken, weswegen oder besser gesagt wofür sie hier waren, aber das es so weit kommen würde, hätte er nicht gedacht. Zwar war das Siegel langsam dabei gewesen zu zerbrechen, sodass es ihn nicht weiter überraschte, als er Rins Erwachen spürte und noch weniger, als das von ihm erschaffene Siegel endgültig zerstört wurde, aber es warf dennoch Fragen auf. Wie hatten sie Rin gefunden? Hatte er sich irgendwie verraten oder war es Zufall gewesen? Er war der einzige seiner Brüder, der nicht an der Suche nach dem Nephilim beteiligt gewesen war, daher wusste er nicht, wie sie vorgegangen waren. Es war ohnehin überraschend, dass sie tatsächlich so lange gebraucht hatten, um den Halbdämonen aufzuspüren, andererseits hatte er sie immer wieder von Fährte abgebracht. Umso seltsamer jedoch, dass sie offenbar versagt hatten. Als Paladin war Shiro sicherlich in der Lage gewesen, sich zumindest für eine Weile gegen Astaroth zu verteidigen, aber ihn zu besiegen und dann sogar Satan zu vertreiben, war eine ganz andere Liga. Ein Teil von ihm war beeindruckt, der andere war dagegen war...   Er hielt inne, nicht sicher, was dieses Gefühl genau war, doch es wurde ihm schnell bewusst: Trauer. Er empfand Trauer für einen Menschen. Der Dämon lachte bitter auf und fasste sich mit einer Hand an die Stirn. Zu Beginn konnte er Shiro nicht mal leiden und jetzt? ‚Scheint als wäre ich wirklich tief gefallen. Ausgerechnet ich freunde mich mit einem Sterblichen an...und dann ist es auch noch der Paladin, der Dämonen früher gehasst hat.‘, dachte er kopfschüttelnd. ‚Assiah hat mich schwach gemacht...‘ Von vornherein war ihm klar gewesen, dass er Shiro überleben würde und er hatte immer versucht, sich nicht allzu viele Gedanken darüber zu machen, stattdessen schwirrten nun immer mehr Fragen durch seinen Kopf. Wie konnte es dazu kommen? Hatte sein Vater wirklich die Beherrschung verloren und Shiro umgebracht oder war es Astaroths Schuld gewesen? Und noch viel wichtiger: Wie viel hatte Rin wohl gesehen? Kaum dachte er an den Nephilim, begann er, sich darüber den Kopf zu zerbrechen. Nach der Sache mit Azazels Mutter, würde er niemanden wünschen, ein Elternteil oder generell jemanden, dem man nahe stand, sterben zu sehen und hatte ihm zudem nicht gerade den besten Eindruck von Dämonen vermittelt. Davon abgesehen kamen einige Probleme durch den Tod des Paladins dazu. Die Ritterschaft würde zweifellos eine Untersuchung einleiten, dabei früher oder später auf Rin stoßen und die richtigen Schlüsse ziehen. Sie würden seinen kleinen Bruder töten. Das würde er nicht zulassen. Yukio sollte als Mensch keine Schwierigkeiten haben, es gab viele Exorzisten mit Dämonenblut, aber ihm lief die Zeit davon. Er musste möglichst schnell alle Spuren verwischen, Rin einsammeln und Shiros Beerdigung organisieren, dabei hatte er noch nie eine organisiert, so seltsam es bei seinem Alter vielleicht klang. Sein klingelndes Handy riss ihn aus seinen tristen Gedanken. Zuerst wollte er es ignorieren, aber als er sah, wer ihn anrief, nahm er seufzend an. Wahrscheinlich waren sie schon auf seine Rolle in dieser Sache gekommen, also brachte er es wohl besser hinter sich. „Hallo Lucifer. Ich nehme an, du hast es ebenfalls gespürt?”, begann er ohne Umschweife, allerdings war es nicht die Stimme seines Bruders, die ihm antwortete. „Schwing sofort deinen Arsch her, Samael. Wir haben zu reden.”, ertönte die kalte Stimme seines Vaters, welche kaum unterdrückten Zorn enthielt. „Ja, Vater.”, war alles, was der Zeitkönig nach einem kurzen Schlucken hervorbringen konnte, bevor Satan ohne ein weiteres Wort auflegte. ‚Ich bin tot...‘     .....................................................................................................................................     Astaroth saß dieses Mal wirklich in der Klemme. Zweimal hatte er dabei versagt, seinen kleinen Bruder nach Hause zu holen und hatte ihn stattdessen nur verstört und wohl Albträume für den Rest seines Lebens gegeben. Immerhin hatte sein Vater genauso wenig Erfolg gehabt und ihm mindestens genauso sehr traumatisiert, aber die Erleichterung, dass er wohl doch nicht so unfähig war, hielt nicht lange. Satan rauchte buchstäblich vor Wut, weswegen nicht nur die Flammen in den Feuerkörben höher als sonst loderten, sondern sich dieses Mal sogar an der Wand hinter seinem Thron entlang zogen. Unwillkürlich musste er an die blaue Nacht denken und schluckte schwer. Auch wenn Assiah damals so gut wie alles abbekommen hatte, wollte er wirklich keine Wiederholung. Sein Vater war einfach zu unberechenbar, wenn er richtig wütend war. Seinen Geschwistern schien es nicht anders zu gehen, sie alle hielten einen auffälligen Abstand zu dem zornigen Dämonengott. Nachdem sie mitbekommen hatten, was passiert war, waren sie aus ihren Gebieten angereist, sogar Lucifer war aus Assiah gekommen, aber bisher wagte niemand, etwas zu sagen. Schließlich ergriff Satan das Wort. „Wo ist Samael?”, presste er hervor und trommelte mit seinen Fingernägeln ungeduldig auf den Armlehnen seines Thrones. Zuerst waren sie nicht sicher, ob er mit ihnen oder sich selbst redete, glücklicherweise erledigte sich das Problem von selbst, als sich die Türen öffneten und der Zeitdämon den Saal betrat. Man konnte sowohl sehen als auch spüren, wie der Dämonenherrscher noch wütender wurde. Jetzt war es wohl an der Zeit, sich nach Deckung umzusehen.     ................................................................................................................................................     Schon beim betreten des Palastes wurde deutlich, dass Satan furchtbare Laune hatte. Statt den üblichen Gesprächen zwischen Bediensteten und Wächtern herrschte Totenstille und die Gänge waren wesentlich leerer als sonst. Offenbar hatten sie sich in andere Teile des Palastes zurückgezogen, wo sie nicht Gefahr liefen, auf einen wütenden Dämonengott zu treffen. Samael fühlte sich derweil wie beim Gang zum Galgen. Sicher, es war seine eigene Schuld und ihm war klar gewesen, dass es früher oder später herauskommen würde, aber das tröstete ihn absolut nicht. Als er schlussendlich vor den Türen des Thronsaals stand, konnte er bereits die Wut seines Vaters spüren und musste unwillkürlich erneut schlucken. Ein kleiner Teil hatte immer noch gehofft, dass er nur wütend war, weil Rin ihm entwischt war und er ihn sehen wollte, um die weiteren Schritte zu besprechen, doch inzwischen war er mehr als sicher, dass sein Vater sein Spiel durchschaut hatte. Die Wachen warfen ihm einen kurzen Blick zu und überlegte wahrscheinlich schon, wie die Beerdigung aussehen würde, dann öffneten sie die Türen und er betrat widerwillig den riesigen Thronsaal. Bereits jetzt spürte er den bohrenden Blick seines Vaters und seiner Geschwister, aber auch die Flammen in den Feuerkörben gewannen an Intensität. Großartig, wenn Satan erst fertig war, konnte sich seine Brüder weiter austoben und anschließend um seine Überreste kümmern. Der Weg erschien ihm so viel länger als sonst, vor allem da er acht wütende Augenpaare auf sich spürte, welche er ausnahmsweise nicht ignorieren konnte. Dennoch gelang es ihm, seine Nervosität zu verbergen, was angesichts seiner Situation eine beachtliche Leistung war. Endlich hatte er es zum Podest geschafft und kniete vor seinem Vater nieder. Eine erdrückende Stille erfüllte den Raum, lediglich das Knistern der Flammen war zu vernehmen und er rechnete bereits damit, sie jeden Moment auf sich zukommen zu sehen. „Samael, steh auf.”, verlangte Satan mit donnernder Stimme. Sofort kam er der Aufforderung auf, immerhin wollte er keinen spontanen Feuertanz aufführen müssen. Allerdings bestand durchaus die Gefahr, dass dies noch kommen würde. „Du wolltest mich sehen, Vater?”, sagte er in einem möglichst ruhigen Tonfall, während er sich gedanklich bereits all seine Ausreden zurecht legte. Nicht, dass die viel bringen würden, aber einen Versuch war es wert. Allerdings unterstand er sich, zu fragen, ob etwas passiert war. Wahrscheinlich würde der Dämonenherrscher dies momentan als Provokation sehen. „Ja. Ich nehme an, du weißt, weswegen ich dich gerufen habe?”, antwortete sein Vater in einem ebenfalls ruhigen Tonfall, doch dies war keinesfalls Anlass für Erleichterung. Tatsächlich konnte ein ruhig sprechender Satan schlimmer als ein schreiender sein. So oder so bekam man stets den selben Blick, der einem sogar ein schlechtes Gewissen gab, wenn man nichts ausgefressen hatte. Er beschloss, dass es nichts bringen würde, zu lügen oder sich dumm zu stellen, also begann er vorsichtig sich heranzutasten. „Nun, sowohl du als auch Astaroth waren in Assiah unterwegs und Shiro Fujimoto ist tot-”   „Jetzt wag es nicht, drum herum zu reden-”, begann Egyn, nur um zu verstummen, als sein Vater ihm einen kurzen, scharfen Blick zuwarf. „Ja, das ist wahr. Und du kannst dir sicher denken, weswegen wir dort waren, nicht wahr?”, zischte der Weißhaarige bedrohlich. Jetzt gab es wohl keinen Ausweg mehr. „Vermutlich weil Rin sich in der Obhut von Shiro Fujimoto befand und ihr ihn holen wolltet?”, sagte er vorsichtig und bereitete sich darauf vor, dass der Dämonenherrscher explodierte. Er wurde nicht enttäuscht. „VERMUTLICH?!”, wurde er angeschrien und tatsächlich warf Satan mehrere Flammen auf Samael, denen er gerade so ausweichen konnten. Ein wenig fassungslos schaute der Baal seinen Vater an. Er warf zwar des Öfteren mit seinen Flammen nach ihnen, aber immer so, dass es sie nicht traf! Als er jedoch den Gesichtsausdruck des Dämonenherrschers bemerkte, blieben ihm sämtliche Proteste im Halse stecken. „DU WUSSTEST GANZ GENAU, WO ER IST UND HAST ES UNS ALL DIE JAHRE VERHEIMLICHT! IST DIR ÜBERHAUPT KLAR, DASS DIES ALS VERRAT GEWERTET WERDEN KANN?!”   „Ja, aber-”, versuchte er die Situation zu retten, wurde allerdings von einem erneuten Flammenwall unterbrochen. „WAGE ES JA NICHT, MICH ANZULÜGEN ODER DICH RAUSZUREDEN!”, donnerte der Dämonengott, während seine Flammen immer höher schlugen. „TICKST DU EIGENTLICH NOCH GANZ RICHTIG?! IST DIR ÜBERHAUPT KLAR, IN WAS FÜR GEFAHR DU IHN GEBRACHT HAST?!”   „Er-”, setzte der Zeitdämon an, um die Frage zu beantworten. „JETZT REDE ICH!”, fauchte Satan sofort. Gut, dann war das wohl eine rhetorische Frage gewesen. Ihr Vater war aber auch schwer einzuschätzen. „Von allen bescheuerten Ideen, die du jemals hattest, ist das ja wohl die Höhe!”, schimpfte dieser und Samael war sich sicher, dass sogar die Bediensteten in den nächsten Räumen es hören konnten, von den Wachen vor der Tür mal ganz zu schweigen. „Was sollte das überhaupt?! Ich schwöre, wenn es etwas mit ihrer Abstammung zu tun hat-”   „Damit hatte es nichts zu tun!”, protestierte der Zeitkönig ein wenig beleidigt. Ja, er war wie auch der Rest anfangs eher weniger begeistert über den Zuwachs gewesen, aber als ob er deswegen sorgen würde, dass sie bei einem Exorzisten landeten! „Und was war dann der Grund?”, fragte Satan giftig. Sein Gesichtsausdruck verriet, dass es Ärger geben würde, wenn ihm die Antwort nicht gefiel. Vielleicht wäre es besser gewesen, sein Testament zu machen, bevor er herkam. „Nun ja, ich wollte die beiden ungern voneinander trennen, immerhin hatte nur Rin deine Kräfte.”, begann er langsam. Das war sogar nicht mal gelogen, er hatte sich damals ziemlich den Kopf zerbrochen, wie er das lösen sollte. Zwillinge zu trennen, war nie eine gute Idee, selbst wenn nur einer dämonische Kräfte besaß. „Und...ich dachte, dass es ganz interessant wäre-” Damit explodierte das Pulverfass. „Interessant?! INTERESSANT?!”, schrie der Dämonenherrscher aufgebracht und die Flammen um ihn herum schlugen höher denn je. „Das sind deine jüngeren Brüder und keine Versuchstiere! Ist dir überhaupt ansatzweise klar, was du getan hast?! Yukio ist Exorzist und Rin hasst uns, weil dieser Tag so beschissen verlaufen ist, wie ich es nie für möglich gehalten hätte! Erst hielt Astaroth es für eine ganz tolle Idee, zu versuchen ihm eine glühende Eisenstange in die Augen zu pressen, um seine Flammen hervorzuholen und dann durfte er noch zusehen, wie Fujimoto sich selbst getötet hat, weil ich von ihm Besitz ergriffen hatte!” Astaroth zog sofort den Kopf ein, während die restlichen Baal Blicke wechselten. Samael beschloss, vorerst nicht nachzufragen, was genau passiert war, sonst würde sein Vater ihn wohl wirklich noch einäschern. Allerdings erklärte es einiges, auch wenn ihn das Verhalten des jüngeren Baals überraschte. Astaroth war oft voreilig, doch zu versuchen Rin zu verstümmeln, war ein hartes Stück, mal ganz abgesehen davon, dass er zusehen musste, wie sich sein Adoptivvater tötete. Das war alles ganz und gar nicht verlaufen wie es sollte. „Oh, keine Sorge, Astaroth blüht auch noch einiges!”, fauchte Satan plötzlich und ließ sowohl Astaroth als auch Mephisto zusammenzucken. Hatte er soeben wirklich seine mentalen Barrieren gelockert? Was für ein peinlicher Anfängerfehler, allerdings war der Dämonenherrscher lange noch nicht fertig. „Und obendrein hat Fujimotos Tod die Aufmerksamkeit der Exorzisten auf sich gezogen, es ist also nur noch eine Frage der Zeit, bis sie die beiden entdecken! Yukio mag vielleicht sicher sein, aber Rin werden sie ohne Fragen zu stellen hinrichten!”   „Nicht unbedingt. Bisher obliegt die ganze Angelegenheit der japanischen Zweigstelle, also werde ich die Sache persönlich in die Hand nehmen und der Vatikan wird nie etwas erfahren.”, versicherte Samael hastig. „Oh Nein, du lässt die Krallen von ihm!”, zischte Beelzebub und seine Augen blitzten gefährlich. „Du hast schon genug Schaden angerichtet!” „Abgesehen davon ist es weniger verdächtig, wenn wir ihn holen. Wenn du es tust, wird am Ende noch irgendein Exorzist misstrauisch.”, ergänzte Lucifer und der Rest nickte. „Natürlich, vor allem da die letzte Rückholaktion so gut geklappt hat.”, antwortete Samael trocken und wandte sich erneut an seinen Vater, bevor es zum Streit kam. „Bitte vergib mir, Vater. Allerdings denke ich, dass es vielleicht nicht die schlechteste Entscheidung war-”   „Hör auf, dich rauszureden-”, setzte Iblis an, doch verstummte, als Satan eine Hand hob. „Erkläre dich.”, verlangte er knapp und der Zeitkönig erlaubte sich einen Moment der Erleichterung. „Die meisten Nephilim haben nie die Chance, beide Seiten auszuleben, Rin dagegen hatte die Gelegenheit. Ja, die Sache hätte besser laufen können, aber was geschehen ist, ist geschehen. Ich habe es jedenfalls nicht mit der Intention getan, dich zu verraten und ich habe all die Jahre auf beide Acht gegeben.”   „Mich würde mal interessieren, ob du uns damals die Wahrheit bezüglich Malphas gesagt hast.”, mischte sich unerwartet Azazel ein und sah seinen älteren Bruder mit verengten Augen an. „Unsere Untersuchung hat ergeben, dass er für Lilith gearbeitet hat und in Assiah war. Das hatte nicht zufällig etwas mit Rin zu tun, oder?” Samael verkniff es sich, die Zähne zu blecken. Azazel mochte zwar nicht besonders aufmerksam wirken, aber dumm war er auf keinen Fall. Dass ihm öfter Dinge auffielen, die anderen entgingen, konnte Fluch und Segen zugleich sein. „Nun, was das betrifft...”     ...............................................................................................................................     Eine knappe Stunde später konnte der Baal endlich den Thronsaal verlassen und war wieder in seinem Büro in Assiah, glücklicherweise ohne Brandspuren. Zwar waren sowohl sein Vater als auch seine Geschwister extrem wütend und er war gezwungen gewesen, den Zwischenfall mit Malphas zu beichten, aber immerhin war es ihm schlussendlich erlaubt worden, Rin einzusammeln. Zunächst sollte er dies sofort tun, allerdings war es ihm schlussendlich gelungen, sie davon zu überzeugen, bis nach Shiros Beerdigung zu warten. Er sollte die Gelegenheit bekommen, sich von dem Mann, der ihn aufgezogen hatte, zu verabschieden. Abgesehen davon wäre er sicher umso wütender auf sie, wenn sie ihm nicht einmal gestatteten, an der Beerdigung teilzunehmen. Danach würde alles schnell gehen: Er würde den Nephilim konfrontieren und behaupten, er wäre geschickt worden, um ihn zu töten. Es war unwahrscheinlich, dass Rin sie angreifen würde, er würde keine Unschuldigen verletzen wollen und falls doch, konnte er ihn jederzeit schnell überwältigen. Danach würde er ihn an einen Ort bringen, wo es keine Zeugen gab, noch immer unter der Illusion ihn töten zu wollen und von dort aus konnte er ihn direkt nach Gehenna schicken. So würde keiner der Exorzisten Verdacht schöpfen, Rin würde keinen bis wenigen Widerstand leisten und seine Familie wäre wieder etwas besänftigt. Sicherlich würde es nicht einfach für seinen kleinen Bruder sein, aber früher oder später würde er die Situation schon akzeptieren. Zuerst musste er allerdings die Beerdigung organisieren und das möglichst schnell. Mit einem Seufzen griff er nach dem Telefonhörer auf seinem Schreibtisch und wählte eine Nummer. „Belial, sei so gut und sage sämtliche Termine für die nächsten zwei Tage ab. Es ist einiges dazwischen gekommen.”     ....................................................................................................................................     Samael hasste Beerdigungen. Aufgrund der Unsterblichkeit von Dämonen, sollte man meinen, dass es sowas nicht oft in Gehenna gab, aber er war schon zu so vielen gewesen. Mehrere Beerdigungen seiner Stiefmütter, ein paar Verwandte, einige Freunde und sogar einmal in seiner Schulzeit als jemand aus seiner Klasse Suizid begangen hatte. Letzteren hatte er kaum gekannt, allerdings war es ein genauso deprimierendes Gefühl gewesen. Dieses Mal hielt er sich jedoch im Hintergrund und beobachtete das ganze aus der Entfernung. Er würde dank seines Aussehen und seinen Begleitern zu sehr hervorstechen, allerdings wollte er den Überraschungsmoment auf seiner Seite. Dank seines scharfen Gehörsinns konnte er ohnehin das meiste verstehen, was gesagt wurde. Glücklicherweise war er es nur eine kleine Runde, bisher hatte man es irgendwie geheim halten können, dass der Paladin tot war. Je weniger Leute hier waren, umso geringer war die Gefahr, dass jemand mitbekam, was hier in Kürze passieren würde. Unwillkürlich fragte er sich, ob der Vatikan bereits entschieden hatte, wer der neue Paladin werden würde. Kandidaten gab es einige und er hoffte wirklich, dass es kein Dämonenhasser wurde. Er hatte während seiner Zeit bei der Ritterschaft mit Exorzisten aus verschiedensten Kulturen und Verhältnissen gearbeitet, darunter auch viele Paladine und dass er selbst ein Dämon war, hatte es ihm nicht immer leicht gemacht. Zwar war es ihm relativ egal, was andere von ihm dachten, wenn man jedoch einen derartig hohen Exorzist zum Feind hatte, konnte es ziemlich nervig werden. Momentan galt seine Aufmerksamkeit jedoch vor allem Rin, welcher nur mit gesenktem Kopf in der kleinen Menge stand. Auf dem Rücken hatte er Kurikara, das würde er ihm eventuell abnehmen müssen, bevor es zu irgendwelchen Eskalationen kam. Schließlich war die Beerdigung vorbei und sie beobachteten, wie alle den Friedhof verließen, bis Rin allein im strömenden Regen zurückblieb. ‚Immerhin muss ich mich nicht mit Yukio rumärgern.‘, stellte der Zeitkönig erleichtert fest. Der jüngere Okumura Zwilling konnte wirklich anstrengend sein und wenn er mitbekam, dass er Rin mitnehmen wollte, würde es wahrscheinlich doch noch zum Kampf kommen. ‚Dann bringen wir es wohl schnell hinter uns.‘ Stumm nickte er den Exorzisten zu, das Zeichen, dass sie sie den jungen Nephilim einkreisen sollten. Dieser bemerkte es nicht und hatte stattdessen ein Handy hervorgeholt. Nur wenige Sekunden darauf klingelte das des Baals. ‚Shiro muss es ihm vor seinem Tod gegeben haben...Hätte mich dieser Sturkopf von einem Paladin eher angerufen, hätte ich eingreifen können und er wäre vielleicht noch am Leben.‘, kam es ihm unbewusst in den Sinn, doch er schob den Gedanken beiseite. Es war Showtime und er durfte sich keinen Fehler erlauben. Rin hatte nun die Exorzisten bemerkt und sah sich um, sichtlich verwirrt. Vermutlich hatte Shiro keine Gelegenheit gehabt, ihn von der Existenz der Ritterschaft zu berichten, andernfalls hätte er wohl bereits versucht, den Rückzug anzutreten. „Freut mich, von dir zu hören, Rin Okumura.”, sagte er und konnte sich ein Grinsen nicht verkneifen. Es war schon irgendwie niedlich, wie planlos der jüngere Dämon dreinschaute. „Ich bin Mephisto Pheles, ein alter Freund von Vater Fujimoto.”, fuhr er fort und legte den Anruf auf. „Ich möchte dir mein herzliches Beileid aussprechen.” Zwar sagte er letzteres in seinem typischen Tonfall, jedoch meinte er wirklich ernst. Rin reagierte nicht darauf, sondern sah ihn verwirrt an. „Du...bist du...ein Exorzist?”, fragte er unsicher, offenbar noch immer von seinem plötzlichen Auftauchen überrascht. „Nun, wir sind die Heiligkreuz-Ritterschaft.”, gab der Zeitdämon grinsend zur Antwort. Es mochte sein, dass er die Ritterschaft schon vor Jahren infiltriert hatte, aber er hatte sich bis heute nicht dazu bringen können, sich als Exorzist zu bezeichnen. Er war ein Baal, ein Dämonenkönig Gehennas und daran würde keine Infiltration jemals etwas ändern. "Ehrenritter" oder "Ehrenmitglied" war das einzige, was er ab und zu verwendete, alles andere war ihm zuwider. Sollte man ihn ruhig engstirnig nennen, er hatte eben seinen Stolz als Dämon! „Pater Fujimoto hat gesagt, das Sie mich beschützen würden.”, sagte Rin langsam, schien sich allerdings nicht wirklich wohl in seiner Haut zu fühlen. ‚Interessant...er scheint bereits zu spüren, dass etwas faul ist. Seine Instinkte prägen sich schneller aus, als gedacht. Vielleicht spürt er sogar, dass ich ein Dämon bin, auch wenn er es noch nicht zuordnen kann.‘, überlegte Mephisto und war zugegebenermaßen mehr als zufrieden mit dieser Entwicklung. ‚Sie werden so schnell erwachsen.~‘ Beinahe tat es ihm leid, seine Hoffnungen augenscheinlich zu zerstören. „Nun, ich bin Ehrenmitglied der Ritterschaft, und als solches trage ich Verantwortung. Mein Grundsatz ist es, öffentliche und private Interessen strikt zu trennen. Du bist ein Sohn Satans, daher muss ich dich eliminieren, bevor du zu einer Bedrohung für die Menschheit wirst.”, erklärte er im Plauderton, Rin genau beobachtend. Dieser schien mit allem gerechnet zu haben, jedoch nicht hiermit. „Dir bleiben genau zwei Möglichkeiten! Entweder du lässt dich von uns töten oder du tötest uns und fliehst. Obwohl...Selbstmord wäre ja auch noch möglich, daher sind es drei. Also...was würde dir am ehesten zusagen?~” Wie erwartet hatte sich Rins Gesicht verhärtet und verschiedenste Emotionen tobten in ihm: Enttäuschung, Überraschung, Schock, Verwirrung, Wut und ein kleiner Funken von Angst, allerdings auch Trotz und Entschlossenheit. Aus seinen genaueren Gedanken hielt er sich vorerst raus, er wollte nicht, dass er am Ende noch irgendwie merkte, was er tat und erst recht etwas unüberlegtes versuchte. Die Wahrscheinlichkeit, dass er es merken würde, war zwar gering, aber durchaus vorhanden. Er bereitete sich darauf vor, dass der Nephilim einen Kampf begann oder sich fügen würde, doch was dann kam, erwischte ihn im Kalten. „Mach mich zu einem von euch!” Zum ersten Mal seit langem, klappte dem Zeitdämonen der Mund auf und seine Augen weiteten sich. Er hatte sich doch sicher verhört oder der Schock ließ seinen Bruder Unsinn von sich geben, aber Rin war noch nicht fertig. „Mir ist egal, wie du das siehst, aber ich bin nicht der Sohn Satans! Ich hatte nur einen Vater...Vater Fujimoto!” Gut, dass ihr Vater nicht mithörte, sonst würde er wohl persönlich aus Gehenna anrücken und den Nephilim am Schweif nach Hause ziehen. „Du willst Exorzist werden? Aber wozu?”, fragte er, bemüht nicht laut los zu lachen und noch immer unsicher, was er davon halten sollte. „Um Satan in den Arsch zu treten!”, kam die Antwort, welche ihn endgültig die Beherrschung verlieren ließ. Die Exorzisten glaubten, Dämonen wären nicht dazu in der Lage Emotionen zu empfinden und er ließ sie meist in dem Irrglauben. Sollten sie es weiterhin glauben, er würde sich nicht die Blöße geben, ihnen zu zeigen, was er wirklich empfand und dachte, doch dieses Mal warf er diese Einstellung über Bord. Er brach in schallendes Gelächter aus, welches zur Abwechslung kein schadenfrohes war. „Ha! So gut habe ich lang nicht gelacht!”, prustete er hervor. Sein Baby Bruder wollte ihrem werten Herr Vater in den...? Sein Lachkrampf verstärkte sich erneut, als er sich es vorstellte. „Was ist daran so lustig?! Dein ganzer Aufzug, der ist lächerlich!”, entrüstete sich der Halbdämon empört, aber der Baal ignorierte ihn. War dem Jungen überhaupt klar, was er verlangte? „Denk doch mal nach!”, kicherte er vergnügt, was Rin nur noch frustrierter machte. „Was denn?!”, fauchte er und wies dabei eine unverkennbare Ähnlichkeit zu ihrem Vater auf. Er schaute genauso, wenn er frustriert war. Natürlich würde er sich hüten, Rin dies mitzuteilen. „Der Sohn Satans...will Exorzist werden...” Diese Vorstellung allein war absolut lächerlich! Ja, er gehörte momentan selbst zu den Exorzisten, aber er infiltrierte sie nur, während sich sein naiver kleiner Bruder tatsächlich diesem Sekten Verein anschließen wollte. Wenn er nur wüsste, dass die Exorzisten keineswegs die Helden waren, als die sich gerne ausgaben. Sie konnten ruchloser als Dämonen sein, das hatten sie immer und immer wieder bewiesen. Nun da er sich allerdings wieder beruhigt hatte, dachte er über die Worte des jüngeren nach. Diese Idee hatte durchaus Potenzial, eines der interessanten Spiele zu sein, die er seit seiner Ankunft in Assiah beobachten durfte! Außerdem konnten man daraus vielleicht tatsächlich einen Vorteil ziehen. Rin ließ es sich nicht anmerken, aber er war in einem verwundbaren Zustand und die Nacht von Shiros Tod hatte ihre Spuren hinterlassen. Wenn er ihn jetzt nach Gehenna brachte, bestand durchaus die Gefahr eines Nervenzusammenbruchs oder schlimmeren und er war nicht sicher, ob er sich davon erholen konnte. Gab man ihm allerdings etwas mehr Zeit, das Geschehene zu verarbeiten, könnte dies vermieden werden. Abgesehen davon würde er sich dann selbst ein Bild von den Exorzisten machen können und würde eventuell sogar selbst erkennen, dass sie mehr als fehlerhaft waren und die ganzen Vorurteile gegen Dämonen nicht gerechtfertigt waren. Allerdings würden sein Vater und seine Brüder durchdrehen, wenn er wieder die Abmachung änderte. Er beschloss, es zu riskieren. Falls Satan seine Idee ablehnte und wirklich darauf bestand Rin nach Gehenna zu holen, konnte Samael ihn immer noch in den nächsten Tagen hin schicken. Immerhin hatte Shiro ihn als Vormund für die Zwillinge festgelegt, sollte ihm jemals etwas passieren. Er konnte ihn also genau im Auge behalten und sicherstellen, dass keine Exorzisten an ihn herankamen, bis ihr Vater seine Entscheidung gefällt hatte. „Klingt irgendwie kurios!”, grinste er, als würde er immer noch überlegen. „Wieso eigentlich nicht!”   „Aber, Herr Pheles!”, protestierte einer seiner Untergegeben, was er erneut gekonnt ignorierte. Sollten sie sich ruhig beschweren, sie würden es schon akzeptieren, immerhin war er derjenige, der ihre Gehaltschecks unterschrieb. „Heißt das, ich darf?!”, entfuhr es Rin überrascht und der ältere Dämon nickte. „Aber der Weg, den du gewählt hast, ist schwierig und viele Hürden werden auf dich warten. Wenn du ihn trotzdem gehen willst, dann...”, begann er, um zu testen, wie entschlossen der jüngere tatsächlich war, doch wurde unterbrochen. „Ich bin weder Mensch noch Dämon! Und deshalb werde ich Exorzist!”, verkündete Rin entschlossen und erneut musste sich der Baal ein Grinsen verkneifen. Er war entschlossen, das musste man ihm lassen. Jetzt bleib nur abzuwarten, was ihr Vater dazu sagte. Kapitel 20: Kleine Helfer ------------------------- Es war noch nicht einmal 12 Uhr und Satan hatte jetzt schon genug von diesem Tag. Zuerst einmal hatte er eine schreckliche Nacht hinter sich, da Amaimon krank geworden war und am laufenden Band Fieberschübe hatte, weswegen er von ständigen Albträumen geplagt wurde. Folglich war er gefühlt jede Stunden aufgestanden, um den Erddämonen zu beruhigen. Astarte hatte es ebenfalls mehrfach versucht, doch der kleine Dämon hatte immer nur zu seinem Vater gewollt. Schlussendlich hatte er bei ihnen mit ihm Bett geschlafen, aber nur kurz darauf musste der Dämonengott schon wieder aufstehen und hatte schreckliche Laune gehabt. Nicht ganz unschuldig daran waren einige seiner restlichen Kinder gewesen, die es für eine wundervolle Idee gehalten hatten, morgens um vier auf das Bett zu klettern und auf ihn draufzuspringen. („Paaaaaapaaaaa, aufsteeeeeheeeeen!”, wurde er angekräht.) Warum konnten sie nicht klein und unbeholfen bleiben? Das würde solche Aktionen wesentlich erträglicher machen. Bestimmt 10 Tassen Kaffee später war er halbwegs im Reich der Lebenden angekommen und hatte sich in sein Arbeitszimmer geschleppt, wo zu seinem Missfallen Samael und Azazel dabei waren, seine ordentlich sortierten Bücher und Ordner aus den Regalen zu ziehen, diese kurz durchzusehen und sie dann ohne Rücksicht auf Verluste, Blätter auszuheften und auf verschiedene Stapel zu werfen. Unterdessen bemalten Beelzebub und Amaimon mit wachsender Begeisterung seinen Schreibtisch und mehrere Papiere. Einen stillen Wutanfall und strafenden Blick später, hatte Astarte die vier schnell aus dem Zimmer gescheucht, während Satan sich selbst verfluchte, weil er letzte Nacht offensichtlich vergessen hatte, sein Arbeitszimmer abzuschließen. Leise vor sich grummelnd, beseitigte er das Chaos und machte sich anschließend an die Arbeit, nur um festzustellen, dass mehrere Dokumente und Papiere fehlten. Dummerweise waren es auch noch wichtige und dringende, alles andere wäre ja zu einfach. Frustriert widerstand er den Drang zurück in sein Bett zu gehen und den Tag zu verschlafen. Astarte war heute unterwegs, daher machte er sich auf die Suche nach Shax. Wenn einer wusste, wo die Papiere gelandet waren, dann er. Dummerweise war dieser genau überrascht wie er. „Bist du sicher, dass sie nicht da sind?”, hakte er nach. „Ich habe sie gestern durchgesehen und auf deinem Schreibtisch abgelegt. Da war alles vollständig.” „Tja, jetzt sind sie es nicht mehr.”, erwiderte Satan ein wenig gereizt. „Ich muss das heute fertig bekommen., sonst kann ich mir was anhören.” „Ich bin mir sicher, wir finden sie. Weit können sie nicht sein.”, versuchte der Silberhaarige ihn zu beruhigen. „Komm, ich helfe dir beim Suchen.” Eine halbe Stunde später suchten sie noch immer vergeblich und Satan spielte mit dem Gedanken, sich nicht länger dafür zu interessieren und Urlaub auf einer verlassenen Insel zu machen. „Ähm…Lord Satan?”, wurde er plötzlich zaghaft angesprochen. „Was?!”, fauchte er gereizt die arme Bedienstete an, die erschrocken zusammenfuhr und beinahe die Blätter, die sie hielt, fallen ließ. ‚Großartig, jetzt verschreckst du schon zufällige Dämonen. Reiß dich zusammen.’, rügte er sich selbst. „Tut mir leid. Was ist los?”, fragte er wesentlich höflicher. „I-Ich habe etwas für euch.”, sagte sie und hielt ihm die Papiere hin. Verwirrt nahm er sie entgegen, überflog sie und seine Augen weiteten sich. Es waren einige der vermissten Formulare! „Woher hast du die?!” Nun wirkte die Dämonin ein wenig verlegen. „Von Prinz Egyn. Er meinte, er wolle mir das schenken. Bevor ich fragen konnte, was das ist und wo es herkommt, ist er aber schon weggerannt.” Egyn? Egyn hatte seine Papiere gestohlen?! „Gut, Danke. Du kannst gehen.”, entließ er sie. Sie verbeugte sich und ging, sichtlich froh, nicht eingeäschert worden zu sein. Er musste wirklich etwas wegen seines Temperamtens tun. Shax, der alles mitgehört hatte, sah ihn verwundert an. „Warum sollte Egyn Papiere stehlen und an Bedienstete verteilen?” Das war eine hervorragende Frage und Satan hatte vor, sie zu beantworten. …………………………………………………………………………………………………………………………….. Kisin hätte niemals gedacht, dass man ihn noch überraschen konnte. Er hatte kurz vor Lord Lucifers Geburt angefangen, als Wächter in diesem Palast zu arbeiten, weswegen er alle Baal und auch Satan regelmäßig sah und somit einiges von ihrem Privatleben mitbekam. Beispielsweise wurde er jede Woche am Badetag Zeuge, wie Prinz Iblis versuchte, sich vor seinem Vater zu verstecken, nur um schlussendlich erwischt und zurück ins Bad getragen zu werden oder er wurde von den Ammen um Hilfe gebeten, weil die kleinen wieder einmal ausgerückt waren. Kurz gesagt, er war einiges von dieser Familie gewöhnt, aber was heute geschah, war neu. Es war kurz vor Schichtende und er wartete auf seine Ablösung, als plötzlich Azazel zu ihm geflitzt kam. „Hallo, Kisin.”, begrüßter dieser ihn. Zwar kannten sie sich nicht allzu gut, allerdings sahen sie sich häufig, weswegen die zukünftigen Baal seinen Namen kannten. Sie schienen ihn zu mögen, denn hin und wieder kamen sie vorbei, um zu reden und ihren Ammen zu entkommen. Bevor er zurückgrüßen konnte, wurde ihm ein kleiner Stapel Papier entgegengehalten. „Kannst du das wegschicken, bitte? Das ist glaube wichtig. Sag Papa aber nichts, ja?” Damit drehte er sich wieder um und rannte davon. „Hey, warte mal! Was ist das denn?!”, rief er dem kleinen Dämonenprinzen hinterher, doch dieser war längst fort. Verwirrt starrte er auf das erste Blatt, welche ziemlich offiziell aussah. Es hatte mehrere Siegel und nach kurzem Überfliegen wurde ihm klar, dass es ein Gesetzesentwurf war. Ganz unten in der Ecke, wo die Unterschrift hinkam, entdeckte er zudem einige kraklige Buchstaben, welche er nach kurzer Anstrengung lesen konnte. Es war Azazels Name und scheinbar von ihm selbst geschrieben worden. ‚Stimmt, er ist in der Grundschule…wollte er schreiben üben? Aber warum nimmt er dann sowas wichtiges? Ich kann mir nicht vorstellen, dass Lord Satan ihm das überlassen würde, selbst wenn das nicht mehr aktuell ist.’, überlegte er. Endlich kam seine Ablösung, woraufhin er sich auf direkten Wege zu den Gemächern des Dämonengottes machte. Er musste schlussendlich nur einen Teil des Weges gehen, da er auf den Dämonenherrscher und Shax in einem Gang traf. „Eure Majestät, bitte vergebt die Störung, aber das solltest ihr euch einmal ansehen.”, sprach er Satan nach einer kurzen Verbeugung an und reichte ihm die Papiere. Dieser schien seltsamerweise nicht mal mehr überrascht. „Hast du das von einem meiner Söhne?”, erkundigte er sich. Kisin nickte und erzählte, was passiert war. Satan und Shax warfen sich einen kurzen Blick zu, dann dankte Satan ihm und er wurde entlassen. Da dies nun erledigt war, konnte er endlich Feierabend machen und ausruhen. Während er sich auf den Weg zu seiner Unterkunft machte, hoffte er allerdings, dass Satan nicht zu streng mit den Kindern sein würde und sie sie nicht zu viel Ärger bekamen. ……………………………………………………………………………………………………………………………… Satan war mit seinem Latein am Ende. Noch immer war absolut unklar, was sich seine Söhne mit ihren Aktionen dachten oder wo sie waren. Sogar Amaimon, der heute eigentlich noch im Bett bleiben sollte, hatte sich mit seinen restlichen Geschwistern aus dem Staub gemacht. Inzwischen waren immer mehr Bedienstete zu ihm gekommen und hatten ihm Papiere und Mappen gegeben, die ihnen "geschenkt " worden waren. Viele waren von seinen Kindern, von denen einige bereits schreiben konnten, unterzeichnet. Zudem hatten sie scheinbar willkürlich Sätze oder Worte herausgestrichen und neue hinzugefügt. Jetzt waren Bettzeiten für alle Kinder Gehennas offiziell auf 11:00 abends verlegt, ein Recht auf regelmäßige Süßigkeiten eingeführt und ein Verbot des Mittagsschlafes sowie eine Kürzung des Gemüses beim Essen durchgesetzt worden. Hinzu kam eine Mindeststundenanzahl für Spielzeit, eine Abschaffung des Badetages und das Recht auf mindestens ein Haustier oder Begleiter pro Kind. Unter anderen Umständen hätte er es wohl niedlich gefunden, aber er hatte wirklich keine Nerven mehr. Frustriert griff er nach der nächstbesten Flasche Alkohol und füllte sich ein ganzes Glas voll. Ja, es war gerade mal Mittag geworden, aber er brauchte das jetzt. Möglicherweise sollte er sich doch nach Alternativen umsehen, das konnte nicht gesund sein. „Immerhin haben wir die Papiere zurück und konnten manche davon retten. Es war also nicht ganz umsonst.”, versuchte Shax ihm vergeblich gut zuzureden. Der heutige Tag würde ihn sehr zurückwerfen. Damit konnte er sich von den nächsten Nächten verabschieden. Ein Klopfen ließ beide zur Tür sehen. Es war einer der Wächter. „Lord Satan, wir haben sie gefunden. Sie sind im Vorzimmer.” „Gut, ich komme gleich.”, antwortete der Dämonenherrscher und leerte schnell sein Glas. „Ich hoffe für sie, dass sie einen guten Grund für dieses Theater haben…” „Sieh es ihnen nach. Sie sind Kinder, sie meinen es nicht böse.”, erinnerte Shax ihn seufzend. Widerwillig musste Satan ihm recht geben. Es war ja auch irgendwo seine eigene Schuld, wenn er acht Kinder bekam. „Bringen wir es einfach hinter uns.” Gemeinsam gingen sie in das Vorzimmer, wo seine Kinder zusammen mit einigen Wachen warteten. Sie alle saßen auf den Sofas verteilt, nur Amaimon, welcher noch immer ein wenig krank war, hatte sich in eine Decke gekuschelt. Kaum sahen sie ihren Vater, sanken sie ein wenig zusammen. „Also, ich warte.”, begann Satan und gab sein bestes, seine Anspannung nicht zu offensichtlich zu machen. Sie sollten ruhig wissen, dass sie etwas falsch gemacht hatten, er wollte sie allerdings nicht verängstigen. „Ihr wart ohne Erlaubnis in meinem Arbeitszimmer, habt Papiere mitgenommen, sie beschmiert und an die Bediensteten verteilt. Was habt ihr euch dabei gedacht?” Alle wichen seinem Blick aus, dann murmelte Egyn leise etwas vor sich hin. „Sprich deutlich, ich verstehe kein Wort.”, erwiderte der Dämonenherrscher streng. „Wir wollten dir helfen, weil wir dich vermisst haben. ”, wiederholte der Wasserdämon leise. Satan starrte ihn an. „Wie bitte?”, fragte er ein wenig überrumpelt. „Du bist immer weg, weil du so viel zu tun hast.”, ergänzte Iblis und der Rest nickte zustimmend. „Und wir dachten uns, dass du mehr Zeit hast, wenn du weniger arbeiten musst.”, sprang Samael ein und Lucifer übernahm. „Also wollten wir dir beim arbeiten helfen, damit du schneller fertig wirst und mehr Zeit für uns hast.” Autsch. Er hatte mit allem gerechnet, nur nicht hiermit und es fühlte sich noch dazu wie ein Schlag in den Magen an. Jegliche Wut verpuffte mit einem Mal. Vollkommen überrumpelt starrte er sie an, woraufhin Azazel sprach. „Tut uns wirklich leid, wir haben vorher auch extra geschaut, was du machst und haben das nachgemacht. Bitte nicht sauer sein.” Satan war sich ziemlich sicher, dass eine der weibliche Wachen ein leises "Awww" von sich ab und auch die restlichen Wachen wechselten Blicke. Großartig, jetzt fühlte er sich erst recht wie der schlechteste Vater Gehennas. Sicher, er war viel beschäftigt, aber dass es seine Kinder so belastete, hätte er nicht gedacht. „Wir lassen euch dann mal allein. Ich denke, ihr habt einiges zu besprechen.”, hörte er Shax sagen. Er nickte nur matt. Als sie gegangen waren, ging der Dämonenherrscher vor seinen Kindern in die Hocke und ergriff erneut das Wort. „Warum habt ihr denn nie etwas gesagt?”, fragte er sanft. „Ihr könnt doch mit mir reden.” „Na ja, du warst immer so beschäftigt und wir wollten nicht, dass du dich schlecht fühlst.”, kam es leise von Amaimon. Das wurde ja immer besser. Seufzend setzte sich der Dämonenherrscher neben die kleinen Dämonen auf das Sofa. „Es ist egal, wie beschäftigt ich bin. Wenn etwas ist, dann kommt zu mir oder geht zu eurer Mutter, wenn ich nicht da bin, meinetwegen auch Shax.” Betroffen ließen die Köpfe hängen. Wie sollte er jetzt noch sauer auf sie sein? „Na los, kommt her.”, seufzte er. Zögerlich rückten sie näher an ihm heran und kuschelten sich an ihn. „Es tut mir leid. Ich wusste nicht, dass ihr euch so vernachlässigt fühlt.”, gab er zu. „Meine Arbeit ist sehr wichtig, aber denkt deswegen nicht, dass ihr mir egal seid. Ich versuche zukünftig mehr Zeit mit euch zu verbringen, in Ordnung? Aber redet mit mir, wenn es Probleme gibt, egal wie viel ich zu tun habe. Verstanden? Ihr seid wichtiger als irgendwelche Gesetzesentwürfe.” „Du bist also nicht sauer?”, flüsterte Astaroth unsicher. „Natürlich nicht.”, beruhigte Satan sie. „Ihr wolltet nur helfen, es gibt keinen Grund und jetzt hört auf, mich so anzusehen. Es ist alles gut.” Die Kinder wirkten immer noch unsicher, aber kuschelten sich dennoch an ihn. Es klopfte an der Tür und Shax kam zurück ins Zimmer. „Vielleicht wäre es besser, wenn du dir heute mal frei nehmen würdest.”, schlug er vor. „Es würde euch allen gut tun.” „…Hast du wirklich an der Tür gelauscht?”, bekam er zur Antwort. „Versuche nicht, vom Thema abzulenken.”, blockte der Silberhaarige ab. „Du nimmst dir heute frei und fertig. Ich übernehme für dich und mache alles so weit fertig, dass du nur noch unterschreiben musst.” „Das kann ich nicht von dir verlangen-”, setzte Satan an, aber Shax winkte ab. „Ich habe keine Verwandten, keinen Partner und keine Kinder. Ich habe wesentlich mehr Zeit als du und notfalls kann ich Alastor um Hilfe bitten.” Satan schaute auf seine Söhne hinab, welche sich immer noch an ihn kuschelten. Damit gab er sich endgültig geschlagen. „Na gut. Danke. Ich schulde dir was.” „Kein Problem. Wir sehen uns dann heute Abend.”, verabschiedete sich der Erzdämon und verließ den Raum. An manchen Tagen fragte er sich wirklich, womit er sich einen solchen Freund verdient hatte. „Wir haben dich lieb, Papa.”, murmelte Egyn plötzlich und gähnte. Der Rest nickte zustimmend und Satan lächelte leicht. „Ich euch auch.” Er hätte niemals damit gerechnet, jemals Vater zu sein und dann noch von so vielen Kindern. Sie waren auf jeden Fall anstrengend und raubten ihm des Öfteren den letzten Nerv und den Schlaf, aber dennoch würde er sie für nichts eintauschen, ganz egal was. Zweifellos würden sie ihm noch oft Kopfzerbrechen bereiten, doch schlussendlich gehörte es dazu und er würde immer sein bestes geben, um für sie da zu sein. Kapitel 21: Azazels geheimes Hobby ---------------------------------- „Ok, Rin. Das reicht für heute.“, wies Ankou an und streckte sich. „Gar nicht mal schlecht, du wirst immer besser.“ Der Nephilim, welcher wie immer komplett durchgeschwitzt war, nickte nur, inzwischen ziemlich außer Atem. Man sollte meinen, dass er bereits daran gewöhnt war, aber Ankou hatte ein unfassbares Talent darin, ihn völlig fertig zu machen. „Wir treffen uns morgen wieder zur selben Zeit, dann gehen wir nochmal durch, was ich dir heute gezeigt habe und wenn du das gut hinbekommst, können wir direkt weiter machen.“, verkündete sie und entließ ihn damit endgültig. Erleichtert machte er sich auf den Weg zurück in sein Zimmer, wo er bereits von Kuro empfangen wurde. Kaum hatte er den Raum betreten, kam der Kater bereits angerannt und schmiegte sich um seine Beine. „Willkommen zurück!“, maunzte er und schnurrte zufrieden, als Rin ihm hinter den Hörnern kraulte. „Wie war denn das Training?“, erkundigte er sich, während der Nephilim sich Wechselsachen aus seinem Schrank holte. „Alles wie immer. Ankou ist ziemlich zufrieden und mit etwas Glück geht es morgen direkt weiter.“, berichtete er. „Ich bin kurz duschen.“ Kuro nickte und machte es sich auf seinem Bett bequem, während der Halbdämon das Bad betrat und sich dort auszog. Zehn Minuten später saß er umgezogen auf seinem Bett und spielte mit Kuro, welcher bereits den ganzen Morgen darum gebettelt hatte. Zwar hatte er inzwischen in Behemoth einen festen Spielkameraden gefunden, aber er wollte natürlich nach wie vor möglichst viel Zeit mit Rin verbringen. Dieser kam dessen Wunsch nur zu gerne nach und somit verging die nächste Stunde wie im Fluge. Das Vibrieren seines Handys unterbrach sie. Es war eine Nachricht von Iblis, in der er ihn darum bat, zu Azazel zu gehen und Bescheid zu sagen, dass er sich bei dem Feuerdämonen melden sollte. Dieser versuchte bereits die ganze Zeit ihn anzurufen, doch konnte den Geisterdämonen nicht erreichen. Wahrscheinlich verschlief er wieder mal alles. Seufzend machte sich Rin auf den Weg, Kuro war ihm dicht auf den Fersen. Er klopfte an die Tür seines Bruders, welcher ihn überraschenderweise sofort hereinrief. Offenbar schlief er doch nicht. Langsam öffnete er die Tür, um eventuelle Müllhügel nicht umzuwerfen und betrat langsam das Zimmer. Azazel saß auf seinem Bett und hatte wie so oft seinen Laptop auf dem Schoß. „Ja, was gibt’s?“, fragte er ohne aufzusehen. „Iblis versucht die ganze Zeit dich anzurufen, aber du gehst nicht ran. Er wollte, dass ich Bescheid sage.“ Azazel hielt inne, dann stand er langsam auf. „Habˈ ich ganz vergessen…ich hab’s vorhin auf lautlos gestellt.“ Er begann damit sein Bett abzutasten, bis er endlich das gesuchte Handy in der zerknorkelten Decke fand. Ob er jemals sein Bett machte? Ohne ein weiteres Wort zu sagen, rief Azazel Iblis an, während Rin langsam näher kam und sich nach kurzem Zögern mit auf das Bett setzte. Dabei versuchte er zu sehen, woran der ältere Dämon am Computer arbeitete, doch als dieser das mitbekam, klappte er ihn zu. Ein wenig verwundert sah Rin ihn an, aber wurde ignoriert. Warum durfte er nicht sehen, was er dort machte? Zuvor hatte es ihn nie gestört. Während Azazel telefonierte, schaute er sich in dem Zimmer um, Kuro machte es sich direkt neben ihm bequem. Es dauerte zum Glück nicht lange und der Baal legte seufzend auf. „Eines Tages wird Iblis mich noch um den Verstand bringen.“, grummelte er vor sich hin, bevor er seine Aufmerksamkeit wieder an Rin wandte. „Rutsch bitte mal beiseite.“ Langsam kam der Nephilim der Aussage nach, während Azazel erneut seinen Laptop öffnete, das Passwort eingab und schnell die momentane Seite schloss. Offenbar wollte er, warum auch immer, wirklich nicht, dass Rin sah, was er dort trieb. Einige Minuten herrschte Schweigen, welches nur von dem Klappern der Computertastatur unterbrochen wurde, dann hielt Rin es nicht mehr aus. „Und, was machst du so? Also bevor Iblis angerufen hat?“ Azazel zuckte mit den Schultern. „Nichts Besonderes. Hab mir ein paar Videos angesehen, E-Mails beantwortet, Geld überwiesen…das übliche eben.“   „Warum hast du dann den Laptop zugeklappt, als ich kam?“, hakte Rin nach.   „Gewohnheit.“   „Du hast das heute zum ersten Mal getan.“ Dieses Mal antwortete Azazel nicht und starrte weiterhin stur auf seinen Bildschirm. War er vielleicht zu weit gegangen? „Tut mir leid, ich wollte dich nicht kontrollieren. Ich war nur neugierig.“, murmelte Rin betroffen, woraufhin der Geisterdämon ihm eine kurzen Seitenblick zuwarf, dann seufzte er. „Schon gut, hast ja recht.“, gab er zu und beendete seine Arbeit, bevor er sich an den Nephilim wandte. „Versprich mir, dass du nicht lachst, ok? Ich weiß, es klingt dämlich.“ Noch verwirrter als zuvor, nickte der jüngere Dämon. „Warum sollte ich lachen?“   „Sagen wir mal, es ist ein schwieriges Thema.“, kam die kryptische Antwort. „Ich bin mir nicht mal sicher, was die anderen zu sagen würden, um ehrlich zu sein. Darum habe ich es keinem erzählt.“   „…Du verkaufst keine Drogen oder sowas, richtig?“, platzte es plötzlich aus Rin hervor, was er noch beim aussprechen bereute. Azazel hatte offenbar mit einigem gerechnet, aber nicht hiermit, denn er sah den Halbdämonen verdattert an. „Ok, so schwierig dann doch nicht.“, antwortete er dumpf. „Ich…Ich führe einen Blog, wo ich Menschen in Assiah mit Geisterproblemen helfe. Hin und wieder auch mit bestimmten Dämonen.“ Nun war es Rin, der verdattert drein schaute. „…Na und?“, fragte er schließlich. „Was ist daran schlimm? Das ist doch super! Du hilfst bestimmt vielen damit. Aber wie genau bist du da drauf gekommen?“ Nun wirkte der Dämonenkönig ein wenig verlegen. „Na ja, es war Zufall. Ich war in ein paar Foren unterwegs und einer hat dort von einem übernatürlichen Erlebnis erzählt. Er und seine Familie sind in seiner Kindheit in ein Haus gezogen, wo sie immer wieder von einer seltsamen Präsenz attackiert wurden. Das geschah immer öfter und wurde umso heftige je älter er wurde, bis es dann eines Tages plötzlich aufgehört hat. Er war dann schon längst erwachsen, als einige weitere Dinge geschehen sind. In einem Foto vor einem Spiegel konnte man im Hintergrund eine dunkle Gestalt sehen und er hat sich ständig krank gefühlt. Es ging dann sogar so weit, dass er beim einkaufen von einer Frau angesprochen wurde, die behauptet hat, Medium zu sein und eine dunkle Präsenz bei ihm zu spüren. Ich hab῾ sofort begriffen, was los war und dass er nicht mehr viel Zeit hat, um es los zu werden, also habe ich ihn angeschrieben und meine Hilfe angeboten. Ich weiß selbst nicht warum, ich wollte ihm einfach helfen. Zu Beginn war er eher kritisch, aber da ich kein Geld oder sowas wollte, hat er dann doch zugestimmt, mich anzuhören. Einige Tage später hat er mich angeschrieben und erzählt, dass diese seltsame Präsenz offenbar fort ist und sich bedankt. Das hat mich dann nicht mehr los gelassen. Als Kind wurde ich oft von Entitäten und anderen Dingen attackiert, aber in Gehenna war es relativ leicht direkt Hilfe zu finden, in Assiah ist es schwieriger. Viele angebliche Medien wollen nur Geld kassieren und erzählen denen Mist oder gaukeln gar etwas vor. Jedenfalls hat sich schnell rumgesprochen, dass ich diesem Typen geholfen habe und nach einiger Zeit, hatte ich weitere Anfragen. Zwei davon waren nichts übernatürliches, das waren nur dumme Zufälle und das habe ich ihnen auch gesagt, beim Rest konnte ich entweder direkt bei der Lösung helfen oder zumindest dabei helfen, sich an die entsprechende Person zu wenden. Schlussendlich habe ich beschlossen, dass ich mehr Menschen helfen möchte, also habe ich meinen Blog gemacht. Ich schreibe dort regelmäßig Artikel darüber, woran man Heimsuchungen erkennt, was man vermeiden sollte, an wenn man sich wenden kann, wie man sich schützen kann und so weiter. Und ich nehme dort Anfragen von Leuten entgegen, um ihnen direkt bei ihrem Problem zu helfen. Witzigerweise habe ich sogar schon Exorzisten geholfen, aber natürlich habe ich mich nie als Dämonenkönig geoutet.“ Rin, welcher bisher stumm zugehört hatte, begann zu grinsen und aufgeregt mit seinem Schweif umherzuwedeln. „Das ist echt cool! Warum sagst du den anderen nichts? Es gibt doch keinen Grund, sich zu schämen.“ Azazel zögerte kurz. „Eigentlich sollte es mich nicht interessieren. Die Probleme der Vergänglichen gehen uns nichts an und ich sollte mich lieber um andere Angelegenheiten kümmern. Abgesehen davon wollen sie nicht wirklich was vom Tod oder irgendwelchen Geistern hören. Darum halten ja so viele Abstand zu uns Geisterdämonen. Sie hängen so an ihrer Unsterblichkeit, dass sie nichts vom Tod hören wollen. Ja, ich weiß, die anderen sind nicht so, aber ich will nicht, dass sie sich unwohl fühlen.“   „Komm jetzt hör mal auf, zu spinnen.“, widersprach Rin sofort. „Du benutzt, was du als Geisterkönig weißt, um anderen zu helfen. Das ist echt ˈne super Sache und auch total cool! Ich wünschte, ich wäre für sowas schlau genug. Warum sollten sie das nicht hören wollen? Beel hat doch auch seinen Insektenblog und was nicht alles!“ Azazel rutschte unruhig hin und her. „Und wenn sie es doch albern finden?“   „Dann zünde ich ihnen persönlich die Schweife an!“, verkündete Rin grinsend. „Wem zündest du den Schweif an?“, fragte plötzlich Beelzebubs Stimme. Der Insektenkönig stand in der Tür und sah beide Brüder fragend an. „Sorry, ich hab mehrmals geklopft. Was ist denn los?“ Bevor Azazel antworten konnte, fuhr Rin dazwischen. „Azazel ist es peinlich, sein Hobby zuzugegeben.“, informierte er den Baal, woraufhin er einen scharfen Blick vom Geisterkönig erhielt. „Oh? Was ist es denn, Aza?“, fragte der Insektendämon sichtlich interessiert. Azazel rang sichtlich mit sich, sodass Rin erneut einsprang. „Komm schon, jetzt sag es doch. Was soll denn passieren?“ Erneutes zögern, dann nickte der Schwarzhaarige schließlich. „Ok, Ok…“, kapitulierte er seufzend. „Ich habe einen Blog.“ Er fuhr damit fort, dem Insektenkönig zu erzählen, was bereits Rin erfahren hatte und zeigte ihm zudem einige seiner geschriebenen Artikel. Er wirkte ein wenig zögerlich, doch wie schon Rin begann Beelzebub zu grinsen. „Du bist ein Depp, weißt du das? Warum sollten wir uns lustig machen oder unwohl fühlen, weil du so einen Blog führst? Das ist richtig cool! Du kannst sogar ziemlich gut erklären, das versteht jeder. Sei doch stolz auf das, was du erreicht hast!“ Azazel wurde rot wie eine Tomate. „D-Danke…“, nuschelte er leise, während Beelzebub damit fort fuhr, seine Artikel zu lesen. Kuro, der bisher keinen Mucks von sich gegeben hatte, lag unterdessen in Azazels Schoß und ließ sich von diesem streicheln. Einige Stunden später saßen sie am Esstisch, wo der Geisterkönig auch dem Rest seiner Familie von seinem Hobby berichtete und wie Rin und Beelzebub es vorhergesagt hatten, gab es ausschließlich positive Reaktionen. Vor allem Satan freute sich darüber, dass sein Sohn seine Fähigkeiten und sein Wissen sinnvoll einsetzte. Zwar ließ der Geisterdämon es sich nicht anmerken, aber Rin wusste, wie glücklich es ihn machte und er gönnte es ihm vollkommen. Kapitel 22: Ein Geschenk für Alastor ------------------------------------ Seitdem Satan Vater geworden war, hatte er einiges durchgemacht. Nächtliche Schreiattacken mit daraus folgendem Schlafmangel, Streitereien um die Bettzeit, Essensschlachten in der Küche, bekritzelte Blätter, Wände und Möbel, hysterische Ammen, Verfolgungsjagden, Trotzphasen und Zerstörung, die man Kleinkindern gar nicht zutraute. Natürlich war er damit nicht allein, es ging wohl allen Eltern so und genau wie sie war er hin und wieder gezwungen, verzweifelte Maßnahmen zu ergreifen, um seine kleinen Dämonen halbwegs unter Kontrolle zu halten und irgendwie zu beschäftigen. Das reichte von einfachen Dingen wie "Wer kann am längsten still sein? – Wettbewerben" (nicht seine beste Idee, aber sie hatte zumindest eine halbe Stunde Ruhe beschert) bis hin zu drastischen Maßnahmen wie…Basteln. Ja. Satan, der Gott und Herrscher aller Dämonen bastelte mit seinen Kindern. Zu Beginn war er mehr als widerwillig gewesen, doch schlussendlich hatte er sich von den Welpenaugen der Kleinen breit schlagen lassen. Sie probierten verschiedenste Dinge aus, zu Beginn einfache Figuren aus Papier, später dann komplizierteres. Das einzige Problem: Irgendwann war der Zeitpunkt erreicht, an dem es schlicht und ergreifend nicht länger möglich war, alles aufzubewahren. Wahrscheinlich könnten sie inzwischen einen Laden eröffnen, wenn sie wollten, aber Satan konnte sich auch nicht dazu bringen es einfach wegzuwerfen. Daher musste eine Ersatzlösung her: Wenn sie es nicht wegwerfen konnten, dann verteilten sie es eben. Es war Lucifers Idee gewesen und auch wenn der Dämonenherrscher nicht ganz überzeugt war, ließ er sie machen. Schlussendlich stellte es sich als recht gute Idee heraus. Sie verteilten ihre Sachen an die Bediensteten und Wachen, welche kein Problem damit zu haben schienen. Manche fanden es sogar niedlich und nahmen die Basteleien nur zu gern an. „Papa, können wir dann jetzt gehen?“, hörte er Egyn fragen. Er nickte, ohne von seinen Papieren aufzusehen. „Sicher, geht ruhig.“ Heute war wieder einmal ein Tag, an dem sie ihre Sachen verteilen würden, was mindestens eine Stunde Ruhe bedeutete, mit etwas Glück sogar zwei. Diese Zeit hatte er bitter nötig, da er sich mit mehreren Gesetzesentwürfen herumschlagen musste und diese waren für ihn mit am nervenaufreibendsten. Sie würden schon keine Schwierigkeiten verursachen. ………………………………………………………………………….. Alastor hasste andere Dämonen. Warum war er gefühlt der einzig kompetente hier?! Immer durfte er ihre Fehler ausbaden, nur damit sie die nächste Aufgabe vergeigten. Er brauchte wirklich Urlaub, sonst würde er noch den Verstand verlieren. Seine Pläne wurden von Beelzebub durchkreuzt, welcher plötzlich vor ihm auftauchte. „Hallo Alastor!“, zwitscherte er fröhlich und winkte dem älteren Dämonen zu. Der Feuerdämon sah ihn nur mit seinem bohrenden Blick an, welcher normalerweise andere verschreckte , doch nicht den Insektendämon. Dieser grinste ihn nur weiter an. „Was willst du?“, knurrte der ältere Dämon gereizt. „Ich bin echt nicht in Stimmung. Geh und nerve Shax oder Vassago.“ „Aber ich möchte dir was schenken!“, erwiderte der jüngere Dämon und hüpfte einige Male auf und ab, sichtlich aufgeregt. Erst jetzt fiel Alastor auf, dass er etwas hinter seinem Rücken versteckte, Na, das konnte ja heiter werden. „Und warum?“, fragte er seufzend. Er konnte sich schon denken, dass Beelzebub sich nicht so einfach abschütteln lassen ließ. „Weil ich dich mag!“, erwiderte der Insektendämon, woraufhin der schwarzhaarige schnaubte. „Warum solltest du mich mögen?!“ „Na ja, du bist ein Freund von Papa, oder? Und du hilfst ihm immer. Also bist du auch unser Freund und darum mag ich dich!“, verkündete der zukünftige Baal triumphierend. Natürlich klappte Alastor der Mund auf. War das sein Ernst?! Bevor er etwas sagen konnte, hielt Beelzebub ihm etwas entgegen, das er instinktiv entgegennahm. „…Ist das eine Flasche?“, fragte er aufrichtig verdutzt. Er konnte einfach nicht mit Kindern, warum ausgerechnet er? „War es mal, aber jetzt ist es eine Lampe!“, grinste Beelzebub und tatsächlich, als Alastor es ausprobierte, ging sofort ein Licht an. Noch immer zu überrumpelt, um einen Satz zu formen, starrte der Dämon das Kind vor ihm an. „Shax und Papa haben erwähnt, dass deine Lampe kaputt gegangen ist, also habe ich dir eine neue gemacht!“, erklärte er derweil, als wäre das alles ganz selbstverständlich. „Ich wusste leider nicht, welcher Farbe du magst, aber rot ist doch bestimmt ok, oder?“ Automatisch nickte der Feuerdämon, erst auf die Lampe starrend, dann wieder zu Beelzebub, der ihm nun zum Abschied. „Ich muss weiter, wir haben noch einiges zu verteilen! Danke, dass du Papas Freund bist!“ Damit flitzte er davon und ließ Alastor wie vom Donner gerührt zurück. Wenn man ihn jetzt nur sehen könnte. Er, einer der gefürchteten Dämonen Gehennas, stand mit offenem Mund und einer Flaschenlampe in der Hand mitten auf dem Gang und alles nur wegen eines Kindes. Nach einer gefühlten Ewigkeit setzte er sich endlich in Bewegung. Was dachten sie sich nur dabei, ihm ihren albernen Krims Kram zu schenken? Dachten sie wirklich, dass er damit etwas anfangen konnte? Vor sich hin grummelnd erreichte er endlich seine eigenen Gemächer und betrat diese. Dort angekommen, kam sofort seine neue Lampe zum Einsatz, die er nach kurzem zögern abstellte. Ihm waren diese blöde Lampe und Satans Kinder total egal. Er behielt sie nur, weil er nicht extra los gehen wollte, um eine neue zu kaufen! Es war nicht, weil er die Geste irgendwie süß fand und beinahe gerührt (*würg*) war, nein, nein. GANZ BESTIMMT NICHT. Das, und er mochte die Farbe Rot sehr. Er hatte eben seine Prioritäten! Das war alles! ……………………………………………………………………………. „Ich muss nochmal zu Alastor, dann komme ich…Ja, das ist wichtig, es geht nicht anders.“, erklärte Beelzebub und verdrehte die Augen, als Samael damit fortfuhr, ihm ein Ohr abzukauen. Manchmal vermisste er wirklich die Zeiten, in denen es noch keine Handys gab. „Sorry, ich sollte jetzt auflegen…Jaaaaa, ich beeile mich. Bis nachher dann.“ Er wartete die Antwort nicht ab und legte auf, da er sein Ziel erreicht hatte. Seufzend klopfte er an die Tür. „Ich bin’s! Ich bin wegen der Inventurformulare hier!“, rief er durch die Tür. Es dauerte einige Sekunden bis Alastor ihn herein rief. Der Feuerdämon war sichtlich im Stress, daher drückte er dem Baal sofort die Papiere in die Hand und grummelte etwas vor sich, was der Insektenkönig jedoch ignorierte. Stattdessen fiel sein Blick auf etwas in der Ecke und seine Augen weiteten sich. „Du hast immer noch die Lampe, die ich dir damals geschenkt habe?!“ Alastor erstarrte, folgte seinem Blick, starrte weiter, dann schnaubte er. „Ich habe 1000 von den Dingern!“ Der Dämonenkönig sah ihn verwirrt an. „Das kann nicht sein, niemand verkauft solche Lampen-“ „Oh, sieh mal, es ist schon spät! Du wolltest noch zu Samael oder?! Also geh!“, wurde er unterbrochen und aus dem Zimmer geschoben. Kaum stand er auf dem Flur, wurde die Tür wieder geschlossen und ließ den Baal vollkommen verdattert zurück. Was war das gerade passiert? Kapitel 23: Ein neuer Klassenkamerad ------------------------------------ „Und damit endete der Konflikt zwischen den Sirenen und Harpyien, es wurden neue Territoriumsgrenzen fest gelegt, weswegen die Sirenen gezwungen waren, weiter in den Süden zu ziehen. Die Anführerin der Harpyien verstarb nur wenige Jahre später und wurde von ihrer Tochter abgelöst, welche zwar ruhiger als ihre Mutter war, aber sich dafür schnell mit einem Hexenzirkel anlegte.“   ‚Na, wen wundert’s?‘, dachte Beelzebub trocken und unterdrückte ein Gähnen. Es war die erste Stunde und wie der größte Teil der Klasse musste er noch richtig im Land der Wachen ankommen, ihr Lehrer dagegen erzählte munter weiter und das auch noch bei einem der langweiligsten Themen, die es in Geschichte gab. Sirenen, Harpyien und Hexen waren absolut keine Freunde, weswegen es immer wieder zu Streitereien kam, im schlimmsten Fall sogar zu Kämpfen und in der Regel endete es immer gleich: Eine Seite gewann, die anderen zogen sich schmollend zurück, um ihre Wunden zu lecken und bald ging es wieder los. Er würde Azazel und Egyn nicht beneiden, wenn sie Dämonenkönige waren, denn dann durften sie sich damit auseinandersetzen. Endlich klingelte die Glocke und sie wurden aus dem Unterricht entlassen. Schnell packte der Insektendämon seine Sachen zusammen und verließ den Raum, das Gerede seiner Klassenkameraden ignorierend. Als nächstes hatte er eine Doppelstunde Kunst, das einzig Gute an diesem Tag und er hatte nicht vor, sich das in irgendeiner Weise vermiesen zu lassen. Die Flure waren bereits voller Schüler, sodass er sich ziemlich durchquetschen musste, bis er endlich an seinem Spind ankam.   Überraschenderweise war dort bereits ein Dämon, der sich daran zu schaffen machte. Ein wenig verwirrt hielt der zukünftige Baal inne, bevor er auf den Fremden zuging. Dieser rüttelte inzwischen sichtlich frustriert an der verschlossenen Tür. „Jetzt komm schon, du blödes Teil, geh auf…“, hörte er ihn murmeln. „Alles in Ordnung bei dir?“, sprach er ihn. Erschrocken fuhr der andere zusammen und fuhr herum, sodass er einen besseren Blick auf sein Gegenüber bekam. Sie waren in etwa gleich groß, er hatte kurze dunkelgrüne Haare, welches an den Spitzen heller wurden und seine Augen waren gelb. „Ähm…Hi.“, murmelte er verlegen. „Das ist nicht so wie es aussieht, ich wollte nicht klauen oder so. Ich bin neu und wollte eigentlich nur zu meinem Spind, aber habe irgendwie die Kombination vergessen.“, gab er zu. Beelzebub unterdrücke ein Grinsen. „Lass mich mal ran.“ Der andere Dämon sah ihn verblüfft an, trat jedoch beiseite. Der Insektendämon stellte die Kombination ein und mit einem Klicken öffnete sich das Schloss. „Wow, wie hast du das denn gemacht?“, hörte er die verwunderte Frage. „Nun ja…“, er trat zurück und ließ die Tür aufschwenken, sodass der Inhalt sichtbar wurde. Darin lagen Schulbücher, Notizbücher, eine Sporttasche, Papierblöcke, eine Dose mit Keksen und mehrere Zeichenutensilien. An dem Inneren der Tür hing ein Stundenplan sowie ein Kalender und einige Memozettel. „Das ist mein Spind.“ Sofort lief der andere rot an und wich seinem Blick aus. „V-Verdammt, t-tut mir leid.“, stotterte er, noch röter werdend. „Kein Ding, ist mir auch schon passiert und wahrscheinlich den meisten anderen ebenfalls.“, erwiderte Beelzebub schulterzuckend, während er sein Geschichtsbuch verstaute und die Zeichensachen in seine Tasche packte. „Du bist also neu. Wie heißt du denn?“   „Emesh. Ich bin ein Erddämon.“, kam die Antwort. Inzwischen hatte er seinen eigen Spind gefunden und deponierte ebenfalls seine Sachen. „Du?“   „Beelzebub, aber die meisten nennen mich Beel. Ich bin ein Insektendämon.“ Er warf einen flüchtigen Blick zu dem anderen, um dessen Reaktion zu sehen. Für einige Sekunden schien er inne zu halten, dann machte er weiter, als wäre nichts passiert. „Freut mich.“ Hatte er erkannt, wer er war? Falls ja, verbarg er es. Die meisten nahmen entweder Abstand oder wurde plötzlich extrem freundlich und er hatte keine Lust auf Heuchler. Er beschloss, das Gespräch weiter zu führen, bisher schien Emesh ganz nett zu sein. „Also, was hat dich hergebracht? Stipendium oder hergewechselt?“   „Stipendium.“, murmelte sein gegenüber ein wenig verlegen. „Ich bin ehrlich gesagt ziemlich aufgeregt, angeblich mögen die Leute wie mich hier nicht wirklich.“ Der Insektendämon zuckte mit den Schultern. „Es geht. Manche sind ziemliche Idioten, die sich ˈne Menge drauf einbilden in eine hohe Position geboren worden zu sein und machen die, die ihrer Meinung nach unter ihnen stehen, fertig. Geh denen am besten aus dem Weg. Der Rest ist mehr oder weniger ok, eventuell werden dich welche einfach ignorieren, aber ansonsten ist es auszuhalten.“   „Klingt als hättest du einiges an Erfahrung.“, stellte Emesh fest und ließ Beelzebub beinahe schnauben. „Hast du auch ein Stipendium?“   „Nein. Aber manche Leute haben was gegen mich und machen das deutlich. Mir ist es relativ egal, ich habe dafür andere Freunde gefunden und einige von ihnen sind wie du wegen eines Stipendiums hier. Diese ganze Kluft ist ohnehin total bescheuert. Wie auch immer, hier herrscht leider ein ziemlicher Konkurrenzkampf, also halte zu Beginn besser den Kopf unten und schau dir erstmal alles an. Früher oder später findest du von ganz allein deine Gruppe.“ Das war nicht gelogen, ihre Schule war sehr prestigeträchtig und nahm jedes Jahr an verschiedensten Sport- und Wissenswettbewerben teil. Zu letzterem wurden stets Lucifer, Samael und Azazel mitgeschliffen, welche oft erzählten, dass die Anspannung und Feindseligkeiten dort schon in lächerliche gingen. Beelzebub war froh, nicht daran teil nehmen zu müssen. Manche waren für seinen Geschmack schlicht und ergreifend zu ehrgeizig und es gab Gerüchte darüber wie Schüler, die nicht teilnehmen oder nicht mehr mitmachen wollten, eingeschüchtert wurden. „Verstehe.“ Emesh schien noch etwas fragen zu wollen, doch ein Blick auf die Uhr änderte seine Meinung. „Ich sollte wohl so langsam in den Unterricht. Kannst du mir sagen, wo Kunst mit…ähm…Saraswan oder so ist?“   „Saraswati.“, korrigierte der zukünftige Baal ihn. „Und ja, kann ich, da habe ich jetzt nämlich ebenfalls Unterricht.“ Emesh Gesicht hellte sich merklich auf. „Super! Wie ist er denn so?“, fragte er, während sie sich in Bewegung setzten. „Der Unterricht oder der Lehrer?“, hakte Beelzebub nach.   „Beides.“   „Kommt drauf an. Für jeden ist es nichts, Saras -wir nennen ihn immer so, er erlaubt es- ist ein wenig…speziell. Manchmal ist er mit den Gedanken ganz woanders, wechselt aus heiterem Himmel das Thema oder verquatscht sich ewig, aber er ist ein sehr netter und geduldiger Lehrer, dem auch mal klar ist, dass sein Fach nicht das einzige an dieser Schule ist. Für Kunst gibt es zwar feste Schwerpunkte im Lehrplan, aber zum Großteil kann er machen, was er will. Er lässt uns oft neues ausprobieren und solange du dir halbwegs Mühe gibst, wird er dir nie eine schlechte Note geben. Ach, zeichnest du eigentlich in deiner Freizeit und falls ja, hast du was dabei?“   Ein wenig verwirrt nickte der andere. „Ja, ich habe einen Skizzenblock bei, warum?“   „Saras schaut sich bei neuen Schülern ihre Zeichnungen an, wenn er darf, um zu sehen, was sie so zeichnen und wie ihr Stil ist. Er versucht das dann immer in seine Stunden mit einzubauen, dass immer mal was drankommt, was den Schüler  interessiert und der Rest was Neues ausprobiert. Er besucht außerdem gern und viel Kunstaustellungen, daher hat er immer was zum bereden.“   „Das hätte ich ehrlich gesagt nicht erwartet. Ich dachte an so einer Schule läuft alles nach strengen Regeln.“ „Manche Fächer ja und die Schulordnung ist so ˈne Sache. Die haben es mal eine Zeit lang verboten, sich die Haare zu färben.“ Emesh sah ihn mit hochgezogenen Augenbrauen an. „Du machst Witze.“   „Nein.“   „…Aber das fällt doch niemanden auf. Manche Dämonen haben von Natur aus mehrere Haarfarben.“ „Japp, keine Ahnung was die sich dachten. Das Ende vom Lied war, dass einige Schüler mit mehreren Haarfarben, ihre Haare so gefärbt haben, dass es nur noch eine war. Ich übrigens eingeschlossen. Das war vielleicht ein Chaos…Tattoos, Piercings und Schminke war ebrnfalls verboten, aber schlussendlich haben sie das alles wieder rückgängig gemacht.“ „Wow, sehr schlau.“   „Japp. Und das ist die teuerste Schule Gehennas…“   Während dem Rest des Weges redeten sie über alle möglichen Dinge und allmählich bekam Beelzebub den Eindruck, dass er sich mit diesem Dämonen wirklich anfreunden konnte. Wie sich herausstellte, zeichnete Emesh ebenfalls sehr gern, was vor allem durch seine Mutter gefördert worden war. Beide Eltern waren Bauern, doch seine Mutter verdiente sich zusätzliches Geld, indem sie einige ihrer Bilder verkaufte. Er hatte außerdem eine ältere Schwester und einen jüngeren Brüder, auf den er des öfteren aufpassen musste. Ansonsten verzog er sich gern in den an ihrem Grundstück anliegenden Wald und zeichnete oder las. Bisher war er auf eine normale Mittelschule gegangen und war der beste seiner Klasse gewesen, weswegen seine Lehrer den Schulwechsel vorgeschlagen hatten. Da sie am Rande von Pandemonium lebten und diese Schule damit am nächsten lag, versuchte er hier sein Glück. Er hatte nicht damit gerechnet, es wirklich zu schaffen, zumal die Aufnahmeprüfung alles andere alles einfach war, doch schlussendlich hatte es geklappt. Wie so oft wurde dem Insektendämonen klar, wie unfair dieses Prinzip war. Zwar hatten er, seine Brüder und auch alle anderen ebenfalls eine Prüfung ablegen müssen, aber diese war bei weitem nicht so schwer. Ihr Vater arbeitete bereits daran, das Schulsystem zu überarbeiten oder besser gesagt, jemanden damit zu beauftragen, der sich damit auskannte, doch Fortschritte waren schleppend. Beelzebub erzählte ebenfalls einiges von sich, vermied dabei jedoch zu erwähnen, aus welcher Familie er kam. Er wollte Emesh besser kennen lernen, bevor er ihm es sagte. Er hatte bereits angeboten, ihn heute herumzuführen, daher konnte er das gleich in Angriff nehmen. Endlich saßen sie in ihrem Klassenraum und warteten dort auf den Lehrer. Beelzebub saß in den hinteren Reihen, neben ihm saß Emesh, welcher sich ein wenig nervös umsah. Wie so oft war Saras ein wenig spät dran und die Schüler plauderten munter untereinander. Der Dämon vor ihnen wandte sich um und winkte Emesh kurz zu. „Hey, du bist neu im Kurs, oder? Ich bin Scox.“, stellte er sich vor. „Emesh. Also, so heiße ich.“, erwiderte der Erddämon überrumpelt und war offenbar sauer über sich selbst für seine seltsame Antwort. „Lass mich raten: Stipendium?“, bohrte der Dämon nach, woraufhin sich der grünhaarige hilfesuchend an Beelzebub wandte, welcher seufzte. „Scox, jetzt verschrecke ihn nicht direkt, es ist sein erster Tag.“   „Ignoriere ihn, Emesh.“, mischte sich der Dämon neben Scox ein. „Er ist ˈne Nervensäge. Ich bin übrigens Zarich, die meisten sagen einfach Zar.“   „Ich habe euch beiden zusammen rein kommen sehen, kennt ihr euch, Beel?“, fragte nun eine Dämonin und lehnte sich grinsend nach vorn. „Denk gar nicht dran, Toko.“, seufzte der Insektendämon nur und ließ die andere schmollen. „Spaßbremse.“ Sie wandte sich an den verwirrten Erddämonen. „Ich bin Toko. Eigentlich Tokolosh. Ja, bitte kein Kommentar. Keine Ahnung, was meine Eltern sich dachten, als sie den Namen ausgesucht haben.“   „Freut mich.“, erwiderte Emesh, der sich scheinbar noch nicht so ganz wohl in seiner Haut fühlte. „Sagt mal, hat eigentlich einer von euch die Hausaufgaben?“, rief plötzlich ein anderer Dämon in die Runde und ließ Scox erstarren. „WIR HATTEN HAUSAUFGABEN?!“   So schnell wie Emesh von ihnen angesprochen worden war, wechselten sie die Gesprächsthema und ließen den Erddämonen nur noch verwirrter zurück. Beelzebub konnte sich ein Grinsen nicht verkneifen. „Keine Sorge, das ist normal hier. Wir sind alle etwas seltsam.“, beruhigte dieser ihn mit einem schiefen Grinsen. Nach einer Weile betrat Saras den Raum, nur Sekunden darauf klingelte es. „Guten Morgen allerseits.“, begrüßte er sie, stellte seine Tasche ab und blickte in die Runde. „Alle sind da? Gut, dann fangen wir direkt an, wir haben einiges vor.“ Er begann mit der Anwesenheitskontrolle und wie erwartet stockte er bei Emeshs Namen. „Ah, richtig, heute sollte der neue Schüler kommen.“, kommentierte er und fand den Erddämonen nach kurzem Suchen. „Mein Name ist Saraswati, aber du kannst mich gern Saras nennen. Möchtest du etwas über dich erzählen?“ Emesh versteifte für einige Sekunden, nickte dann aber. „S-Sicher.“, stotterte und schluckte. War er nur nervös oder mochte er es nicht vor Leuten zu reden? Beelzebub nickte ihm aufmunternd zu und der Erddämon schien sich zu beruhigen. „Ich bin Emesh, ein Erddämon, ich komme aus einem Dorf am Rande von Pandemonium, meine Eltern sind Bauern, also bin ich wegen eines Stipendiums hier.“ Saras nickte und lächelte ihm ebenfalls zu. „Dann Glückwunsch zur bestandenen Prüfung, sie ist wirklich nicht leicht. Zeichnest du gern oder hast du Kunst nur als Ausweichkurs belegt?“   „Nein, nein!“, versicherte der Grünhaarige schnell. „Ich zeichne ganz gern und mir wurde gesagt, dass die Kurse hier gut sind.“ Zugegebenermaßen war das Ansichtssache. Saras war ein guter Künstler und Lehrer, allerdings kam es immer wieder vor, dass Schüler seinen Kurs nur wählten, um leicht gute Noten zu bekommen, da er bekannt dafür war, nur selten etwas schlecht zu bewerten. Daher gab es leider viele, die den Kunstunterricht nicht wirklich ernst nahmen. Saras und Schüler wie Beelzebub, die den Kurs besuchten, weil sie es gern taten, störte es wenig. Es war eine angenehme Atmosphäre und es war schon passiert, dass Leute, die ursprünglich nur wegen guter Noten gekommen waren, Freunde daran fanden und blieben. Scox war einer dieser Personen gewesen und er hatte sich seitdem sehr verbessert. „Nun, es freut mich, dass du dich für meinen Kurs entschieden hast.“, hörte er Saras weitersprechen. „Hast du zufällig einige Zeichnungen dabei? Ich würde sie mir gern ansehen, wenn ich darf.“ Emesh erlaubte es natürlich und ließ sich unterdessen den Kursaufbau erklären. Anschließend beendete ihr Lehrer die Anwesenheitskontrolle und begann den Unterricht. Während er redete, spürte Beelzebub den Blick von jemanden auf sich und sah sich verwirrt um, bis ihm klar wurde, dass es Emesh war. Dieser schaute allerdings schnell nach vorn und der Insektendämon ließ es gut. Er meinte, hin und wieder einige weitere flüchtige Blicke zu bekommen, doch immer wenn er zu dem anderen Dämonen sah, schaute dieser nach vorne. Wahrscheinlich bildete er es sich nur ein.     ……………………………………………………………………………………………………………..     Nach dem Kunstunterricht stellte sich heraus, dass Emesh in Beelzebubs Klasse gelandet war. Zu Beginn war er ziemlich überrascht, denn normalerweise wurden neue Schüler angekündigt, doch schlussendlich war es ihm egal. Er verstand sich gut mit dem Erddämonen und half ihm gern dabei, sich in der neuen Schule zurecht zu finden. Eh sie sich versahen war die Mittagspause gekommen und sie verabredeten sich in der Kantine. Zuvor wollte der Insektendämon jedoch einige Bücher wegbringen und seinen Brüder Bescheid sagen, dass er heute mit jemand anderen essen würde. Zu seinem Glück war Egyn gerade ebenfalls an seinem Schrank. „Hey, Egyn.“, begrüßte er ihn. „Kannst du den anderen bitte Bescheid sagen, dass ich heute nicht zum essen komme? Ich bin mit jemanden verabredet.“   „Klar, kein Problem.“, erwiderte der Wasserdämon und schloss seinen Schrank. „Mit wem triffst du dich denn, wenn man fragen darf?“   „Wir haben einen neuen in der Klasse, ich zeige ihm alles. Er scheint ziemlich nett zu sein, vielleicht können wir uns sogar anfreunden, aber ich will nichts überstürzen.“, erklärte der Insektendämon schulterzuckend, woraufhin Egyn verständnisvoll nickte. „Gut, dann viel Spaß euch beiden. Wir sehen uns dann nach dem Unterricht.“ Damit war er verschwunden. Beelzebub verstaute ebenfalls seine Sachen und machte sich anschließend auf dem Weg zur Kantine, wo Emesh bereits wartete. Er sah sich ein wenig verloren um, doch sein Gesicht hellte sich auf, als er den zukünftigen Baal entdeckte. „Ich hätte nie gedacht, dass man sich in einem Essenssaal so fehl am Platz fühlen kann.“, gab er zögerlich zu. „An meiner alten Schule gab es nicht mal ansatzweise so viel Essen zur Auswahl und unsere Kantine war auch nicht so schön.“   „Vorteil einer Privatschule.“, erwiderte der grünhaarige. „Allerdings sind manche Gerichte lächerlich teuer, das ist dann wieder ein Nachteil.“ Sicherlich, er hätte theoretisch genug Geld, um sich das zu kaufen, doch er tat es nicht. Manche Sachen waren schlicht und ergreifend übertrieben teuer, da würde er das nicht unterstützen indem er Geld dafür gab. Sie stellten sich an und hatten bereits nach wenigen Minuten ihr Essen. „Wollen wir uns draußen hinsetzen?“, fragte Emesh und der Insektendämon bejahte. Besonders zu dieser Jahreszeit fand er es wesentlich angenehmer, im freien zu essen, vor allem da sich dort weniger Leute herumtrieben. Gemeinsam suchten sie sich einen Tisch, welcher unter einigen Bäumen stand und begannen zu essen. Dabei unterhielten sie sich über ihre Kurse, insbesondere den Kunstunterricht. Der Erddämon war bisher begeistert davon und redete mit sichtlicher Freude darüber. Es war beinahe niedlich. Schritte und Stimmen ließen Beelzebub innerlich aufstöhnen und er schaute mit grimmigen Gesichtsausdruck in die Richtung, aus der sie kamen. „Alles in Ordnung?“, erkundete sich Emesh überrascht, doch der andere Dämon schüttelte den Kopf. „Schau einfach woanders hin.“, zischte er und erhielt einen verwirrten Blick, doch Emesh tat wie ihm geheißen wurde. Hoffentlich würde das funktionieren, er hatte heute wirklich keine Lust, sich mit Isfet anzulegen. Er war Seths älterer Bruder und im gleichen Jahrgang wie Lucifer, Samael und Azazel, aber wesentlich biestiger. Selbiges galt für seine Schwester Menhyt, welche eines der hochnäsigsten Mädchen war, die Beelzebub kannte. Natürlich waren sie von einigen ihrer "Freunde" umgeben, wobei Handlager wohl ein besserer Ausdruck war. Er war sich ziemlich sicher, dass sie vor allem Zeit mit ihnen verbrachten, damit sie nicht selbst Opfer ihrer Hänseleien wurden. Er hoffte wirklich, dass sie sie übersehen würden, doch nein, sie kamen direkt auf sie zu. Wundervoll. In der Regel hielten sie sich von ihm und seinen Geschwistern fern, sie waren im Gegensatz zu Seth klug genug, keine Konfrontation mit Satan zu riskieren, aber Emesh war für sie ein gefundenes Fressen. „Hey, Beelzebub. Alles klar bei dir?“, ertönte auch schon Isfets Stimme. „Ja, aber wir sind grad beschäftigt.“, versuchte er erfolglos, den älteren Zeitdämonen abzuwürgen. „Ach, komm schon. Kein Grund unhöflich zu werden!“, schaltete sich Menhyt grinsend ein. „Wer ist denn dein Freund? Ich dachte immer, du bevorzugst es, mit deinen Brüdern zu essen.“   „Ich zeige ihm nur alles, nicht dass euch das was angeht.“, erwiderte Beelzebub kühl und hoffte darauf, dass sie den Wink mit dem Zaunpfahl verstanden, aber natürlich ließen sie sich nicht abwimmeln. „Ah, du bist also neu?“, erkundigte sich Isfet mit einem Grinsen, das nicht gutes verhieß. „Ja. Das ist mein erster Tag.“, antwortete Emesh zögerlich. „Verstehe, von welcher Schule kommst du?~“, hakte Menhyt nach und betrachtete dabei seine Kleidung. Sicherlich hatte sie schon dadurch mitbekommen, dass er nicht "einer von ihnen" war, doch stellte sich lieber dumm. Sichtlich verunsichert beantwortete der andere Dämon die Frage und erhielt ein herablassendes Schnauben. „Also mal wieder eine Wohltätigkeitskampagne. Wie niedlich.“, spottete Menhyt grinsend. „Diese Schule lässt wirklich nach, es ist eine Schande. Wie kann man nur Leute deinesgleichen hier dulden...ihr endet doch sowieso alle als Bauern und Diener, warum also die Ausbildung verschwenden?“ Beelzebub unterdrückte ein Knurren. Typisch, natürlich kam wieder diese Rede, etwas anders konnte man kaum erwarten. Es war nicht leicht, ein Stipendium für diese Schule zu erhalten, die Noten mussten hervorragend sein und genau das vergaßen manche der sogenannten Privilegierten gerne mal. „Was denn? Neidisch, dass er intelligenter als ihr alle zusammen seid?“, fauchte der Insektendämon. „Im Gegensatz zu euch ist er nicht dank seiner Familie hier, sondern musste dafür arbeiten, also haltet die Klappe!“ Menhyt lachte gehässig auf. „Na, das sagt ja der richtige. Tu nicht so, als wärst du nicht ebenfalls wegen deines Status hier. Du bist nicht besser als wir nur weil-“   „Im Gegensatz zu euch reduziere ich niemanden auf seine Herkunft!“, unterbrach Beelzebub sie unwirsch. „Und jetzt geht endlich, wir wollen hier in Ruhe essen!“ Isfet zögerte, die beiden jüngeren Dämonen genau musternd, dann grinste er. „Na, gut. Tut uns leid für die Störung, genießt euer Mittagessen.~“ Damit zogen er und der Rest seiner Gruppe ab. Beelzebub sah ihnen böse hinterher und wandte sich dann seufzend an Emesh, welcher bisher geschwiegen hatte. „Tut mir leid, die sind furchtbar, ich weiß. Ich verspreche, wir sind hier nicht alle so.“   „Schon gut.“, winkte der Erddämon ab. „Idioten gibt’s doch an jeder Schule und es war wohl zu erwarten, dass sie jemanden wie mich nicht willkommen heißen. Das legt sich bestimmt noch.“ Gut, er war eine ziemlich positive Person, das musste man ihm lassen. Hoffentlich würde er diese Einstellung beibehalten. Sie beendeten ihr Mittag und kehrten in das Hauptgebäude zurück, wo bereits geschäftiges Treiben auf den Fluren herrschte. „Als nächstes haben wir Sigillenkunde.“, informierte Beelzebub den Erddämonen. „Und ich hab danach Okkultismus, du?“   „Ebenfalls.“, sagte Emesh zögerlich. „Ehrlich gesagt bin ich mit diesen ganzen Wahl- und Vertiefungsfächern und Außerschulischen Aktivitäten noch etwas überfordert. Ich hab bisher Kunst, Okkultismus, gehennische Dialekte und Kulturstudien als Wahlfach und als Vertiefungsfach habe ich nur Okkultismus…“   „Mach dir deswegen keinen Kopf, am Anfang sind da alle etwas überwältigt.“, beruhigte der andere ihn schnell. „Belege fürs erste deine Wahlfächer je nach Interesse, um erst mal eine grobe Vorstellung zu bekommen und die Vertiefungsfächer und AG’s ebenfalls. Es kommt drauf an, was du später machen willst. Als Heiler kommt du natürlich nicht an Pharmazie vorbei und wenn du was Richtung Übersetzer machen willst, solltest du als Wahl- und Vertiefungskurs natürlich Übersetzen nehmen und wenn du was schreiben willst, dann Literatur als Wahlfach und freies Schreiben als AG und so weiter. Falls du was mit Kunst machen willst, empfehle ich Kalligraphie und die Kunstangebote. Da werden monatlich echt gute Kunstaufstellungen auf die Beine gestellt.“ „Ok…und stimmt es wirklich, dass man in jedem Bereich eine bestimmte Punktzahl erreichen muss, um dann seinen Abschluss zu machen?“   „Ja, aber wenn du die erreicht hast, musst du nicht aufhören. Theoretisch kannst du so lange an der Schule bleiben und so viele Kurse machen wie du willst, du musst wegen deines Stipendiums nur deine Noten oben behalten.“ Emesh nickte, noch immer etwas unsicher wirkend. „Verstehe…wirst du die Schule verlassen, wenn du deine Stunden und Punkte zusammen hast?“ „Nein, ich werde noch eine Weile hier bleiben.“, erwiderte Beel und seufzte stumm bei dem Gedanken. „Als zukünftiger Dämonenkönig musste er natürlich mehr Kurse als der Rest ablegen, um sich bestmöglich vorzubereiten, was leider bedeutete, dass er langweilige Kurse wie Logistik und Organisationslehre hinter sich bringen musste. Er war nicht wirklich begeistert, aber irgendwie würde er schon durch kommen. Immerhin konnte er mit seinen Geschwistern zusammen leiden. Im Klassenzimmer angekommen suchten sie sich zwei Plätzen und packten ihre Sachen aus. Sigillenkunde war nicht gerade Beelzebubs Lieblingsfach, aber zumindest war der Lehrer in Ordnung und wiederholte in den ersten Stunden meist den Stoff des letzten Schuljahres. Schlussendlich war dieses Fach eine Mischung aus auswendig lernen und Logik, es gab weit schlimmeres. Er warf Emesh ein aufmunterndes Lächeln zu. Nur noch zwei Stunden und sie hatten den Tag überstanden.     …………………………………………………………………………………………………..     „Bis morgen dann, Beel. Danke nochmal fürs rumzeigen!“, verabschiedete sich Emesh und winkte dem Insektendämon kurz zu. „Kein Problem, komm gut nach Hause!“, antwortete er und machte sich auf den Weg, um sich mit seinen Geschwistern zu treffen. Er hatte ausgesprochen gute Laune und musste ein Grinsen unterdrücken. Bisher verstand er sich gut mit dem Erddämonen, er hatte ein gutes Gefühl bei ihm.   „Hey, Beel.“, wurde er von Lucifer begrüßt, als er bei seinen Brüdern ankam. „Bereit zu gehen?“ Der Insektendämon nickte. „Klar, gehen wir.“ Gemeinsam verließen sie die Schule und warteten am Schultor, dass einer ihrer Leibwachen ihnen erlaubte, los zu gehen. Als Kinder Satans war es leider zu gefährlich sie allein nach Hause gehen zu lassen, aber sie wollten nicht von einem Haufen Dämonen umringt sein, weswegen sie sich mit ihrem Vater schließlich auf einen Kompromiss geeinigt hatten: Sie durften allein nach Hause gehen, wenn sie zusammen gingen, auf das Ok warteten und vom Schatten heraus bewacht wurden. Bisher hatte es immer gut geklappt und versuchte Übergriffe waren an der Hand abzuzählen. Während sie warteten, begannen die anderen ihn zu löchern. „Also, Egyn hat erzählt, dass du die Mittagspause mit einem neuen Typen verbracht hast. Hast du uns was zu erzählen?“, grinste Astaroth und sah den grünhaarigen herausfordernd an. „Ich war genauso überrascht. Behauptest du nicht immer, nicht so gut mit anderen zurecht zu kommen?“, sprang Samael sofort darauf an. Beelzebub spürte wie er gegen seinen Willen rot wurde. „Er brauchte jemanden, der ihm die Schule zeigt und wir sind in der gleichen Klasse, also hat sich das direkt angeboten.“   „Und du bist ganz sicher, dass da nicht mehr dahinter steckt?“, hakte Iblis nach, woraufhin er energisch mit dem Kopf schüttelte. „Ich steh nicht mal auf Jungs, wir sind nur Freunde. Zumindest hoffe ich, dass wir noch Freunde werden.“, erklärte er. „Bist du dir da ganz sicher, kleiner Bruder?“, bohrte Samael nach. „Du scheinst bisher nie wirklich Interesse an Dämoninnen gehabt zu haben, warum also nicht?~“   „Jetzt lasst ihn doch in Ruhe.“, seufzte Lucifer, wofür Beelzebub sehr dankbar war. „Das ist seine Sache, setzt ihn nicht so unter Druck. Sie haben sich gerade erst kennen gelernt.“ Er lächelte dem jüngeren Dämon aufmunternd zu. „Ich freue mich jedenfalls für dich, dass ihr euch so gut vertragt. Ignorier sie einfach und tu, was du für richtig hälst.“   „Pass nur auf, dass er dich nicht ausnutzt.“, warnte Azazel, aber Beelzebub schüttelte den Kopf. „Er weiß nicht wer ich bin, um ehrlich zu sein. Ich wollte nicht, dass er mich wegen Vater abstempelt, also habe ich nichts gesagt.“   „Aber…das wird er doch merken.“, beteiligte sich Amaimon erstmalig an ihrem Gespräch. „Dein Name, dein Element und so weiter…der wäre echt dumm, wenn er nicht drauf kommt.“ Widerwillig musste der Insektendämon dem jüngeren Recht geben. Es wäre wohl wirklich nur eine Frage der Zeit bis Emesh dahinter kam, damit würde er sich allerdings beschäftigen, wenn es so weit war. Immerhin durften sie sich nun endlich nach Hause und die Schule hinter sich lassen.     ……………………………………………………………….     Zuhause angekommen wurden sie von Shax in Empfang genommen, der ihnen mitteilte, dass ihr Vater unterwegs war und erst zum Abendessen zurück kommen würde. In der Zwischenzeit sollten sie ihre Hausaufgaben machen und anschließend zu ihm und Phenex kommen. Innerlich stöhnten alle auf. Das bedeutete nichts außer einer weiteren Privatstunde. Wahrscheinlich wieder zu den Beziehungen zwischen den Häusern, welche Beelzebubs Meinung nach vollkommen irrelevant waren. Sie änderten sich gefühlt jeden Monat, mal ganz abgesehen davon, dass es extrem viele kleine Häuser gab, die man sich unmöglich alle merken konnte. Seine Legasthenie machte es nicht einfacher, es war ein Ding der Unmöglichkeit die Namen alle richtig vorzulesen. Zumindest zeigten Shax und der sonst so strenge Phenex wenigstens an dieser Stelle Nachsicht. „Also, wir sehen uns dann nachher. Schafft ihr es zeitlich wegen der Hausaufgaben nicht, sagt mir rechtzeitig Bescheid.“, wies Shax sie an. „Ich bin währenddessen im Arbeitszimmer eures Vaters und bearbeite einige Papiere.“   „Kann’s kaum erwarten…“, murmelte Azazel verdrießlich. Beelzebub dankte derweil allen Erzdämonen, dass er nur in Sigillenkunde Hausaufgaben bekommen hatte, die noch dazu relativ einfach waren. „Ok, dann bis nachher.“, verabschiedete er sich, ging in sein Zimmer und stellte seine Tasche ab, dann zog er sich schnell um und setzte sich an seinen Schreibtisch. ‚So, dann wollen wir mal sehen…‘       ...........................................................................       Sowohl die Hausaufgaben als auch Privatstunde verliefen gut und ließen Beelzebub mit ausgesprochen guter Laune zurück. Zwar war er ziemlich müde, aber dennoch zufrieden. Ihr Vater war vor wenigen Minuten nach Hause gekommen, es würde also sehr bald Abendessen geben. Leise vor sich summend betrat er das Esszimmer, wo er von Satan begrüßt wurde. „Du hast aber gute Laune.“, kommentierte er. „Gibt es einen besonderen Anlass?“ „Mehr oder weniger, schätze ich.“, gestand der Insektendämon. „Ich habe einen neuen Klassenkameraden, Emesh. Er ist ein Erddämon und hat ein Stipendium. Bisher ist er wirklich nett, ich hoffe, dass wir Freunde werden können.“ Satan nickte und lächelte ihm aufmunternd zu. „Das wäre wirklich schön. Ich drücke die Daumen.“   „Dankeschön.“   Seine Brüder trudelten ebenfalls ein, wobei Iblis und Astaroth aussahen, als wünschten sie sich die Erlösung durch den Tod. „Phenex spinnt doch…“, hörte er Astaroth murmeln. „Genau wie Befana mit ihren dämlichen Hausaufgaben…das braucht doch keiner!“ Also nur die typischen Beschwerden über Schule und Privatstunden, immerhin. „Und, die Hausaufgaben endlich erledigt?“, feixte Samael sofort und erntete zwei bohrende Blicke. „Wir können nicht alle Streber sein wie du und Lucifer.“, knurrte Iblis gereizt, woraufhin der Zeitdämon nur lachte. „Oh, bitte. In meinem Fall ist das nichts weiter als Talent.~“   „Wie bescheiden.“, konterte Azazel trocken. „War es dann Talent, als du beinahe das Klassenzimmer in die Luft gejagt hast, weil du die Siegel falsch kombiniert hast?“ Der saß und Samael zuckte leicht zusammen. „Es ist nicht meine Schuld, wenn manche Schulbücher die Prozedur falsch erläutern!“ Er erhielt nur schallendes Gelächter und lehnte sich schmollend in seinem Stuhl zurück, während er weiter etwas von unfähigen Lehrern und Autoren murmelte. „Gut, da wir jetzt alle zusammen sind, können wir ja essen.“, verkündete Satan, woraufhin die Bediensteten begannen, das Essen auszuteilen. Es schmeckte wie immer hervorragend und sie verbrachten das gesamte Abendessen damit über ihren Tag zu reden. Sie alle liebten Momente wie diese, in denen sie einfach eine normale Familie sein konnten. „Also Beel, wie ist Emesh denn so?“, hörte er plötzlich Egyn fragen und war für einen Moment überrascht, um zu antworten. „Wie kommst denn jetzt darauf? Ihr habt mich doch vorhin schon gelöchert.“, fragte er verwirrt, woraufhin der Wasserdämon mit den Schultern zuckte. „Du hast nie wirklich geantwortet und es waren ja weniger Fragen über ihn. Ihr versteht euch gut, oder?“   „Oh, ja. Bisher schon.“, erzählte Beelzebub schulterzuckend, musste dann aber leicht lächeln. „Ich zeige ihn morgen noch weiter rum, mal sehen was sich noch ergibt.“ Seine Geschwister wechselten Blicke und grinsten sich dabei teilweise an. Dem Insektendämon fiel es allerdings nicht auf und er aß gedankenverloren weiter. Ausnahmsweise freute er sich auf den morgigen Tag.   ……………………………………………………………………………………………………….     Die nächste Woche vergingen für Beelzebub wie im Fluge. Er aß jeden Tag mit Emesh und half ihm dabei, sich in seinen neuen Kursen zurechtzufinden. Jedoch hatte er ihm noch immer nicht gesagt, wer er war und auch wenn sie sich erst diese Woche kennen gelernt hatten, wollte er es aus dem Weg haben. Insbesondere da sie zusammen an einem Projekt arbeiten mussten und sich dafür bei Beelzebub trafen, da Emeshs Eltern noch immer damit beschäftigt waren, im Haus zu werkeln. Offenbar hatte es einige Renovierungen nötig, weswegen sie momentan keinen Besuch empfingen. Natürlich musste er heute noch seinen Vater fragen, ob das in Ordnung ging, bevor er jemanden in den Palast einlud, aber das sollte kein Problem sein. Beim Mittagessen gab er sich endlich einen Ruck und räusperte sich. „Also Emesh…wir gehen ja morgen wahrscheinlich zu mir.“, begann er. „Und da ist etwas, was ich dir noch nicht erzählt habe. Es geht um meine Familie.“ Emeshs Antwort ließ ihn erstarren. „Falls du jetzt sagen willst, dass Lord Satan dein Vater ist, dann keine Sorge. Das dachte ich mir schon.“   „…Warte was?“, fragte der zukünftige Dämonenkönig überrumpelt. „D-Du weißt es?! Seit wann?!“   „Ehrlich gesagt schon seit Tag 1.“, gab der Erddämon zu, nun etwas schief grinsend. „Ich meine, dein Name, du bist offenbar hochrangig und stammst aus einer adligen beziehungsweise reichen Familie und du hast erwähnt, dass du Brüder hast. Da bleiben nicht so viele Optionen. Tut mir leid, dass ich nicht eher was gesagt hab, ich wollte es nicht seltsam machen. Hab ich es ruiniert…?“ Beelzebub sagte nichts und sah ihn mit großen Augen an, bevor er sich von dem Schock erholte. „S-Schon gut. Ich hätte nur nicht gedacht, dass du da so gelassen reagierst. Manche Schüler hier haben Angst vor mir und meinen Geschwistern.“ „Was?“, erwiderte Emesh, dieses Mal verwirrt. „Warum sollte ich Angst vor dir haben? Ist ja nicht so dass ihr einfach jeden der euch schief anschaut in den Tartarus werfen oder hinrichten lasst.“ Er lächelte ihn aufmunternd an. „Ich gebe nichts auf das Gerede und Gerüchte anderer. Wir sind Freunde und fertig. Ok?“   „Ja, klar. Freut mich, dass du es auch so siehst.“ Er war sich nicht ganz sicher warum, doch sein Herz schlug ihm bis zum Hals und er spürte wie er langsam rot wurde. Schnell trank er einen Schluck, um sich zu beruhigen, doch die Zufriedenheit hielt den ganzen Tag an. Vielleicht war das wirklich der Beginn einer tollen Freundschaft. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)