Die Leiden des jungen Pizzaboten von Mondtaenzerin (Manchmal hat man Pech und manchmal einfach kein Glück) ================================================================================ Kapitel 2: Einen Maulkorb zum Mitnehmen, bitte! ----------------------------------------------- „Übermorgen ist schon der 24. Dezember… Wie immer bei deinem Bruder und dir mit viel Punsch und die Muppets-Weihnachtsgeschichte?“ Meine vorherigen Worte kamen mit einer völligen Selbstverständlichkeit aus meinem mit Keksen vollgestopften Mund heraus, sodass Gracies Antwort mich mit voller Wucht traf: „Kann dieses Jahr leider nicht, ich muss arbeiten. Machst du mir mal den BH zu?“ Statt ihrer Bitte Folge zu leisten, blieb ich wie angewurzelt auf dem bordeauxroten Samtsessel in der Garderobe des Chicks on Dicks sitzen. Ich muss nicht erwähnen, um was für ein Etablissement es sich bei dem Schuppen handelt. „Echt jetzt?“ „Der Kerl lässt ordentlich was springen und ich kann das Geld gut gebrauchen. Würdest du dann bitte?“ Noch immer rührte ich mich nicht. Es war eine Sache, dass sie hier in diesem Stripclub an der Stange tanzte. Aber das sie sich für Sex bezahlen ließ, war etwas, das mir nach wie vor unangenehm aufstieß. Ich konnte das zwar akzeptieren – aber in jenem Moment wurde mir bewusst, dass ich Weihnachten in diesem Jahr alleine verbrachte. Und das wollte ich nicht akzeptieren. So presste ich die Lippen aufeinander, schwieg eisern, um nichts zu sagen, das ich im Nachhinein bereuen würde, doch wenn mich jemand wie ein offenes Buch lesen konnte, dann war es Gracie. „Hey, es tut mir leid. Aber da gibt es diese Louis Vuitton-Tasche und…“ Sie setzte sich zu mir auf die Lehne, blickte mich aus ihren großen Augen an und bat lächelnd um Absolution. Ich wusste, dass sie das nicht so meinte. Ich wusste, dass es ihr viel bedeutete, sich schöne Dinge zu leisten und sie dafür hart arbeitete. Ich wusste, dass es für sie das Größte war, sich mit schönen Kleidern und Accessoires zu schmücken. Trotzdem ranzte ich sie an. Und wie ich das tat. „Versteh‘ schon... Wenn dir das wichtiger ist, dann bitte!“ Ruckartig war ich aufgestanden, wobei der Sessel aufgrund der Gewichtsverlagerung fast umkippte, woraufhin sie fast das Gleichgewicht verlor, sich jedoch noch rechtzeitig abfangen konnte. Für eine beschissene Tasche hatte ich in diesem Moment alles, aber garantiert kein Verständnis. „Harry, das ist mein Job!“ „Verdammt, das weiß ich!“ Meine Stimme wurde lauter, ich hatte mich nicht mehr im Griff. Ich war verletzt. „Aber musst du gerade an Weihnachten irgendwelche fiesen Kerle befriedigen? Gibt dir das was?“ Nun war es Gracie, der alles aus dem Gesicht fiel, ehe sich auch der Ärger in ihrer Miene manifestierte. Im Gegensatz zu mir blieb sie jedoch ruhig. Aber die Kälte, die in ihren Worten mitschwang, ließ mich regelrecht darum flehen, dass sie mich anschrie: „Das ist jetzt richtig unfair Harry. Und falls du es vergessen hast, gehörst du ab und zu diesen Kerlen, die sich von mir befriedigen lassen. Aber für ‘ne Beziehung ist’s dann doch nicht gut genug, huh?“ Das hatte gesessen. Einen Augenblick lang starrte ich sie an, unzählige Entgegnungen fielen mir in diesem Moment ein, die wahrscheinlich die ganze Situation zum Eskalieren gebracht hätten. Wenn das nicht schon längst passiert war. Ich schluckte schwer, schüttelte schließlich nur den Kopf. „Scheiße, mach‘ doch, was du willst!“, zischte ich. Und es traf mich noch mehr, weil sie Recht hatte. Genau ins Schwarze getroffen. Dann verließ ich die Garderobe. Als ich an der Bar vorbeirauschte, rief mir Piper, die Bedienung, noch etwas hinterher, doch ich hörte ihr schon nicht mehr zu, stieß besessen von meinem Wulst aus Gefühlen mit einem Mann zusammen, der unsanft gegen die Wand stieß. „Pass doch auf, du Idiot!“, kackte ich auch ihn an, ohne aufzublicken, bevor ich diesen Laden, der mich augenblicklich nur noch anekelte, verließ. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)