Konzert mit Hindernissen von fubukiuchiha ================================================================================ Kapitel 1: Elterlicher Druck ---------------------------- Der zweite Jahrgang der Den City-Highschool unterhielt sich wild durcheinander, während sie darauf warteten, dass die Schulglocke den Unterricht beenden sollte. Der zuständige Lehrer war zu einer plötzlichen Besprechung gerufen worden, weshalb die Schüler auf sich gestellt waren. Unter den Schülern war ein junges Mädchen mit magentafarbenen Haaren und blonden Strähnen, die den Kopf auf ihre verschränkten Arme gebettet hatte und friedlich schlief. Von ihren Mitschülern schien keiner zu bemerken, dass sie sich ins Land der Träume geflüchtet hatte, keiner, bis auf ein Mädchen mit braunen Haaren und Augen. Neugierig lehnte sich die Brünette vor und tippte der Schafenden dann sanft gegen die Wange: „Karry-chan? Du kannst doch nicht im Unterricht einschlafen. Steh auf, du Schlafmütze.“   Das schlafende Mädchen öffnete leicht die Augen und blinzelte dann ein paar Mal, wobei sie nicht wirklich realisierte, wo sie war: „Aoi-chan? Was machst du in meinem Zimmer und wo ist mein Kopfkissen?“ Ganz leicht hob die Rothaarige den Kopf und ließ ihre türkisfarbenen Augen durch das Klassenzimmer wandern, wobei sie einen überraschten Laut von sich gab. Immer noch verschlafen blinzelnd richtete sie sich nun komplett auf und streckte sich dabei ausgiebig: „Das ist ja gar nicht mein Zimmer...“ „Nein, wir sind in der Schule und du hast die letzten beiden Stunden verschlafen,“ erwiderte Aoi mit einem leicht vorwurfsvollen Unterton in der Stimme, doch beim Anblick ihrer Freundin wurde ihr Blick wieder weich. Die Brünette ließ sich neben der Türkisäugigen nieder und sah sie mitfühlend an: „Jetzt mal im Ernst Karen, du bist ja schon immer leicht verpeilt in der Schule, aber momentan ist es wirklich schlimm. Ist bei dir alles in Ordnung?“   Die Angesprochene sah aus dem Augenwinkel zur Seite, denn sie konnte ihrer Freundin den wahren Grund für ihre Müdigkeit nicht verraten, weshalb sie eine Ausrede suchte: „Ach weißt du, es ist momentan zu Hause ein bisschen schwierig. Meine Mutter redet die ganze Zeit von meiner beruflichen Zukunft und das hält mich lange wach.“ Die Brünette nickte nur knapp, denn das war ein ziemlich wichtiges Thema für High School-Schüler, doch versuchte sie ihre Freundin ein bisschen aufzuheitern: „Was hältst du davon, wenn wir mal wieder was zusammen machen? Deine Mutter wird dir ja mal einen freien Tag gönnen von der... Jobsuche?“ Nachdenklich sah Aoi an die Decke, während Karen mit den Augen rollte und leise murmelte: „Ja klar, meine Mutter gibt mir frei.“ „Was hast du gesagt?“, kam es von der Brünette, was die Rothaarige zusammenzucken ließ: „Ich sagte klar, das müssen wir machen. Wir alle zusammen.“   Jetzt war die Brünette noch mehr verwirrt, weshalb Karen ein freches Grinsen aufsetzte: „Ja, wir alle. Du und ich und Fujiki-kun.“ „Was hat denn Fujiki-kun damit zu tun?“, wurde sie von Aoi unterbrochen, die rot anlief, doch ließ sich das Mädchen nicht täuschen: „Ach komm, man sieht doch, dass du auf ihn stehst. Aoi-chan, du musst einfach mal die Initiative ergreifen, sonst versteht dieser Schlauchsteher nie etwas.“ Die Brünette war nicht in der Lage eine vernünftige Antwort zu geben und stammelte bloß etwas unverständliches vor sich hin, doch erregte einer der Jungs ihre Aufmerksamkeit. Karen kannte den etwas kräftigeren Jungen, Shiima Naoki, recht gut, doch spielte er sich gerne größer auf, als er eigentlich war. An sich war Naoki ja ein netter Kerl, doch sein ständiges Prahlen machte ihn nicht unbedingt sympathisch. Ein Junge mit blauen Haaren und einem leicht genervten Gesichtsausdruck schien Karens Meinung zu teilen, denn er wurde gerade von Shiima zugetextet.   Aoi ließ ein lautes Seufzen hören, während Naoki lautstark durch die Klasse philosophierte: „Was denkt diese Hochstaplerin eigentlich, wer sie ist? Sie glaubt wohl, dass sie einfach so den Platz von Blue Angel einnehmen kann. Komm schon Fujiki, du hältst Hanami Miyao doch bestimmt auch für einen billigen Abklatsch von Blue Angel, oder?“ Während der Blauhaarige eine Antwort gab, gesellte sich Aoi zu den Jungs und Karen griff nach ihrem Handy, dass gerade geklingelt hatte. Auf dem Display war eine Nachricht ihrer Mutter zu sehen, die sie daran erinnerte, dass sie nach der Schule direkt zu ihrem nächsten Termin kommen sollte. Ein trauriger Seufzer entwich dem Mädchen, die beim ertönen der Schulglocke den Kopf hängen ließ. Hinter ihr winkte Aoi zum Abschied, während Naoki Fujiki Yuusaku förmlich mit zerrte, da alle drei Mitglieder des Duellier-Clubs waren. Zu gerne wäre Karen mit ihnen gegangen, aber sie hatte leider andere Verpflichtungen.   Langsam packte sie ihre Sachen zusammen und machte sich dann auf den Weg, wobei sie auf ihrem Handy herum tippte. Sie öffnete einen Chatverlauf, der eigentlich nur aus ihren eigenen Nachrichten bestand, da ihr Chatpartner selten bis gar nicht antwortete. Es tat ihr schon weh, dass er nicht antwortete, doch hatte er ihr einmal erklärt, dass er viel zu tun hatte. So ganz einverstanden war Karen damit nicht, aber sie konnte es nicht ändern und es tat ihr einfach gut, sich mal die Sorgen von der Seele zu schreiben. Nachdem sie eine etwas längere Nachricht geschrieben hatte konzentrierte sie sich auf ihren Weg, der sie zu einem mehrstöckigen Gebäude mit verglasten Wänden führte. Das Gebäude hatte drei Eingänge, die jeweils aus einer doppelten Schiebetür bestand, die automatisch aufging, wenn man sich ihr näherte. Am liebsten hätte sie auf dem Absatz kehrt gemacht, doch hatte sie kein Interesse daran, sich wieder eine Standpauke von ihrer Mutter anzuhören. Der Eingangsbereich war mit mehrere Sitzecken zugestellt, an denen jeweils mehrere Topfpflanzen standen. Gegenüber dem Eingang war der Empfang, an dem heute ein junger Mann mit schwarzen Haaren saß und auf seinen Computer schaute. Als die Rothaarige näherkam hob der Rezeptionist den Kopf: „Ah Karen-san, du kannst direkt durch. Kobayashi-san erwartet dich bereits.“   Das Mädchen nickte verstehend und runzelte dann die Stirn, als ihr etwas auffiel: „Ist meine Mutter noch nicht da?“ Der junge Mann hob wieder den Kopf und sah die Schülerin an: „Nein, Nakanishi-san hat eben angerufen, dass sie im Stau steht und etwas später kommt. Dürfte aber nicht mehr lange dauern.“ Mit einem leisen „Aha.“ nickte das Mädchen und sah sich noch einmal im Eingangsbereich um, doch dann ging zu dem Aufzug, der sich rechts vom Empfang befand. Es gab zwar auch einen auf der linken Seite, doch aus irgendeinem Grund nahm Karen den nie, der Mensch war eben ein Gewohnheitstier. Es dauerte nicht lange, bis der Aufzug sich öffnete und im nächsten Moment war Karen schon auf dem Weg nach oben. Während eine leise Melodie in ihr Ohr drang griff sie in ihre Tasche und zog eine Deckbox heraus. Die Box war schlicht weiß und sah fast wie neu aus, während auf dem Deckel ‚Karen‘ stand. Etwas wehmütig sah das Mädchen auf den Gegenstand in ihrer Hand, den sie ehrlich gesagt noch nie wirklich benutzt hatte. Ein leises Klingeln ließ sie aufsehen, während vor ihr die Tür aufging und sie in den Gang hinaustrat. Das Gang führte zu einer großen Holztür, an der ein Schild mit der Aufschrift ‚Kobayashi R.‘ hing. Kurz atmete die Schülerin tief durch, bevor sie anklopfte und auf die folgende Aufforderung den Raum betrat.   Der Raum entpuppte sich als Büro mit einem großen Schreibtisch und mehreren großen Regalen voller Musikpreise. Am Schreibtisch saß ein Mann im blauen Anzug, mit nach hinten gekämmten dunkelbraunen Haaren, der an den vielen Goldringen seiner rechten Hand herum spielte. Vorsichtig schloss das Mädchen die Tür, als der Mann sich zu ihr umdrehte und dann mit einem breiten Grinsen aufstand, dabei schienen seine dunkelbraunen Augen förmlich zu leuchten: „Karen-chan, wie geht es meinem kleinen Goldkehlchen?“ Er kam direkt um den Tisch herum und führte die Schülerin wie ein Gentleman zu einem der Stühle vor dem Bürotisch. Der ganze Trubel war der Schülerin ein wenig zu viel, doch setzte sie ein freundliches Lächeln auf: „Mir geht es ganz gut, Kobayashi-san, aber ich wollte sie kurz etwas fragen, bevor meine Mutter kommt.“ Der Anzugträger zog etwas besorgt eine Augenbraue in die Höhe und goss sich etwas zu Trinken ein, bevor er sich der Schülerin gegenübersetzte: „Was bedrückt dich, meine Liebe?“ Etwas unsicher knetete Karen ihre Finger, doch wollte sie dieses Thema ansprechen, wenn sie die Chance dazu hatte: „Also, es ist so... bei dem nächsten Event haben Sie doch wieder ein Show-Duell geplant, oder?“   Kobayashi nahm einen Schluck aus seinem Glas, bevor er nickte und zu erklären begann: „Allerdings und ich habe einen ganz besonderen Gegner an Bord ziehen können. Es wird dir gefallen, außerdem habe ich dir einen erstklassigen Profi als Unterstützung gesichert. Das ist aber noch längst nicht alles, mein Engelchen, aber mehr dazu, wenn deine Mutter da ist.“ Dabei grinste er triumphierend und genau das war es, was Karen nicht leiden konnte: „Schon klar, aber wäre es vielleicht möglich, dass ich dieses Mal mein eigenes Deck benutze? Nur dieses eine Mal?“ Der Manager stutzte überrascht und sah die Schülerin an, doch konnte er keine Antwort geben, als sein Telefon klingelte. Er drückte kurz auf den Knopf und nahm das Gespräch an: „Ja, was gibt es?“ „Kobayashi-san, Nakanishi-san ist hier. Soll ich sie hochschicken?“, kam es aus dem Apparat, was von dem Mann nur bejaht wurde. Ein weiteres Gespräch kam nicht zustande, denn kurz darauf klopfte es an die Tür und Karens Mutter trat ein. Sie trug einen dunkelroten Hosenanzug und sah an sich wie eine ältere Version ihrer Tochter aus, jedoch waren ihre Augen nicht türkis sondern schwarz.   Der Braunhaarige erhob sich mit ausgebreiteten Armen und geleitete auch die Frau zu einem freien Stuhl: „Ah, Kotone-san, da sind sie ja. Karen-chan und ich haben uns gerade über das Event unterhalten, aber wo sie jetzt da sind kann ich ja alles aufdecken. Einen Drink?“ Die Frau lehnte dankend ab und sah zu ihrer Tochter, die einen leisen Seufzer ausstieß und den Kopf hängen ließ: „Karen, ist etwas nicht in Ordnung?“ „Nein, alles in Ordnung, Mutter. Was genau ist denn für das Event geplant?“, lenkte die Schülerin von ihrer schlechten Stimmung ab und sah zu ihrem Manager, der sich kurz räusperte und einen Holo-Bildschirm zeigte, auf dem einige Daten standen: „Nun, im Großen und Ganzen soll es ein Konzert werden, wobei ich natürlich nicht daran zweifle, dass du die neuen Songs perfekt drauf hast, Karen-chan.“ Die Schülerin nickte nur knapp, denn die neuen Lieder, die ihre Produzenten geschrieben hatten kamen ihr mittlerweile zu den Ohren raus. Zufrieden nickte der Mann im Anzug und deutete wieder auf den Bildschirm: „Sehr gut, deine Stimme allein kann schon Horden von Menschen anlocken, aber wir müssen uns etwas außergewöhnliches Einfallen lassen, denn nach einigen Gerüchten im Link Vrains steht Blue Angel vor einem Comeback. Bevor es soweit ist, müssen wir uns einen Vorteil verschaffen.“   Karens Mutter nickte verstehend und sah sich die verschiedenen Ideen auf dem Monitor an: „Und an was haben sie so gedacht, Kobayashi-san?“ Als Antwort grinste der Mann breit und setzte die Fingerspitzen aneinander: „Nun, das Konzert alleine wird uns keinen Vorsprung zu Blue Angel verschaffen, aber ich habe eine andere Idee. Zum einen konnten wir Go Onizuka zu einem Duell überreden und wenn sich herumspricht, dass Karen einen der besten Charisma-Duellanten zurückgebracht hat, wird ihr Ruf steigen. Das ist aber noch nicht alles...“ Nun horchte auch die Schülerin mehr auf, das Duell gegen Go Onizuka war wirklich was besonderes, vor allem da dieser sich ebenfalls seit einiger Zeit nicht mehr hatte blicken lassen, doch was wollte ihr Manager denn noch drauf setzen? Eine Antwort kam sofort von Kobayashi, der die Fingerspitzen immer wieder aneinander tippte: „Idols sind eine Sache für sich. Sie sind für ihre Fans etwas unerreichbares, dem sie blind nachschmachten, aber was wäre, wenn wir einem Fan die Möglichkeit geben, seinen Liebling etwas näher kennenzulernen?“   Sowohl Karen, als auch ihre Mutter tauschten einen kurzen Blick, doch war die Ältere noch nicht überzeugt: „Was genau meinen Sie mit ‚näher kennenlernen‘?“ In ihren Augen lag etwas verstimmtes, doch blieb der Anzugträger völlig gelassen: „Ganz ruhig, ich kann verstehen, dass sie ihre Tochter beschützen wollen und wir reden hier von nichts ernstem. Wir geben den Zuschauern lediglich die Chance, dass sie in Link Vrains einen Nachmittag mit unserer kleinen Karen verbringen können. Ich habe von Zaizen Akira, dem Vorsitzenden von SOL Technologies, die Zusage, dass wir die besten Sicherheitskräfte bekommen, die sie haben. Unserem kleinen Star wird nichts passieren.“ Während Kotone verstehend nickte, zog Karen die Stirn in Falten: „Wie soll es helfen, wenn ich mit einem durch Link Vrains spaziere? Ich versteh das nicht und bin auch nicht wirklich damit einverstanden.“   Mit einem leichten Handbewegung zeigte der Manager an, dass die Schülerin sich beruhigen sollte: „Ganz einfach meine Liebe, wenn wir einem Fan die Chance bieten, mal etwas Zeit allein mit dir zu verbringen werden noch mehr Leute kommen, die dasselbe wollen. Verstehst du? Du wirkst für alle unerreichbar, so ist es natürlich auch, aber so geben wir den Fans den Glauben, dass es doch was werden könnte. Einfache Marketing-Strategie.“ „Sie spielen also mit den Gefühlen der Leute,“ murmelte das Mädchen vor sich hin und lauschte dem restlichen Gespräch kaum noch, während ihre Mutter gerade die Details aushandelte. An sich hatte Karen keine Probleme mit ihrem Job als Idol, doch dass sie permanent ignoriert wurde, schlug ihr regelmäßig auf den Magen. Dass sie nicht das geringste Mitspracherecht hatte ging ihr ebenfalls ziemlich gegen den Strich, aber sie wusste, dass ihre Mutter nur das Beste für sie wollte, irgendwann wurde es dann doch zu viel, weshalb sie sich erhob und das Büro verließ. Von den beiden Erwachsenen bemerkte keiner ihr Verschwinden, weshalb sie im Flur ihre Ruhe hatte und ein wenig auf ihrem Handy herumspielte. Ihr Chatpartner hatte sich leider nicht gemeldet, dafür hatte sie eine Nachricht von Aoi, die sich erkundigte, ob sie am Wochenende Zeit hätte, doch leider musste Karen wieder absagen. Sie musste an genau diesem Tag auftreten, jedoch konnte sie das Aoi nicht sagen. Ihre Mutter hatte darauf bestanden, dass niemand etwas von ihrem Job als Idol erfahren würde, denn das war zu ihrem eigenen Schutz.   In Gedanken schritt sie im Gang auf und ab und überlegte, wie das Event wohl ausgehen würde, am meisten machte ihr die Tatsache Sorgen, dass sie einen wildfremden Typen würde daten müssen. Eine Weile lief sie einfach nur durch die Gänge, bis ihre Mutter aus dem Büro kam und sie zu sich rief, da sie als nächstes ins Tonstudio mussten, um noch einmal die Lieder für das Konzert am Wochenende durchzugehen. Natürlich wurde der Ablaufplan für das kommende Event noch zigmal über den Haufen geworfen, bis sie endlich zufrieden mit dem Ergebnis waren. Da Karens Meinung sowieso nicht berücksichtigt wurde, blieb sie einfach Stumm und nickte, während sie sich ihre Songtexte nochmal durchlas.   ***an einer Klippe in Den City***   Es dämmert bereits, als ein junger Mann mit weißen Haaren im Arbeitszimmer seiner Villa an seinem Computern saß und einige Programme durchforstete. Neben seinem Laptop lag ein Handy, dass durch eine blinkende Anzeige deutlich machte, dass eine ungelesene Nachricht vorhanden war, doch kümmerte es ihn im Moment wenig. Nachdenklich stütze er sein Kinn auf die linke Hand, während seine rechte durch sein Haar fuhr, dass an den Seiten leicht hochstand und mit einigen dunkelblauvioletten Strähnen durchzogen war. In letzter Zeit war es im Link Vrains sehr ruhig gewesen, für seinen Geschmack ein wenig zu ruhig. Er öffnete einen neuen Artikel und ließ seine hellblauen Augen über den Bildschirm huschen, während er sich weiterhin Gedanken machte. Als hinter dem jungen Mann eine Tür aufging sah er aus dem Augenwinkel nach hinten, wo ein junger Mann im grauen Anzug und grauen Haaren eintrat. Er ließ seine ebenfalls hellblauen Augen durch den Raum wandern und ging dann zu dem Mann am Computer: „Ryoken-sama, was genau suchst du eigentlich?“ Der Angesprochene sah weiterhin auf den Bildschirm und gab dann eine Antwort: „In letzter Zeit ist es etwas zu ruhig, das bereitet mir Sorge, Spectre. Nach einer Meldung, die ich gefunden habe, findet dieses Wochenende ein Konzert des Idols Hanami Miyao statt, zu dem Go Onizuka wieder ins Rampenlicht treten wird.“ Der Grauhaarige fuhr sich durchs Haar und dachte laut nach: „Ein ganz schöner Aufwand, könnte einige Hacker auf den Plan rufen.“ „Oder SOL Technologies so sehr in Atem halten, dass wir uns einige Daten holen können, die wir brauchen ohne, dass sie uns bemerken,“ erwiderte Ryoken und setzt einen nachdenklichen Blick auf.   Es gab noch einige Daten, die SOL Technologie stets unter Verschluss hielt und höchstwahrscheinlich waren das genau die Daten, nach denen er momentan suchte: „Spectre, ruf Baira, Faust und Dr. Genome her. Wir haben etwas zu besprechen.“ Mit einer Verneigung verließ der Grauhaarige den Raum und ließ Ryoken damit allein. Dieser tippte noch einmal auf seinem Laptop herum, um einige Daten aufzurufen, bevor er nach seinem Handy griff. Beim Anblick des Absenders der Nachricht verzog er das Gesicht. Er bekam regelmäßig von diesem Mädchen Nachrichten, obwohl er ihr nur einmal begegnet war. Damals hatte er ihr ein offenes Ohr geliehen und anscheinend hatte sie zu viel in seine Freundlichkeit hineininterpretiert. Er erinnerte sich noch gut an das Treffen, wo er das Mädchen weinend auf einer Parkbank gefunden hatte. Weil sie ihm damals leid getan hatte, hatte er ihr eine Schulter zum ausweinen geliehen und sie hatte ihn fast nur vollgeheult, weil ihre Mutter ihr keinen Freiraum ließ. Um sie aufzumuntern hatte Ryoken dem Mädchen sogar einige Karten geschenkt, die er sich kurz zuvor gekauft hatte und damit hatte er sie sogar aufheitern können.   Nach einiger Zeit hatte er dann plötzlich eine Nachricht von ihr bekommen, wobei er selbst bis heute nicht wusste, wie sie an seine Adresse gekommen war. Meistens ließ er sich gar nicht dazu herab, auf die langen Texte zu antworten und wenn doch, war er sehr knapp angebunden. Er hatte beim besten Willen nicht die Zeit sich, um so etwas zu kümmern, doch irgendwie brachte er es nicht über sich, das Mädchen komplett wegzuschieben. Sie zeigte ein enormes Verständnis für seine Abwesenheit, jedoch verstand er den Grund dafür einfach nicht. Weiter darüber Nachdenken konnte er nicht, denn im nächsten Moment kamen seine Verbündeten in den Raum und er begann zu erläutern, was ihr nächstes Ziel sein würde.   ***am nächsten Samstag***   Mit einem leisen Seufzer saß Karen im Unterricht und lauschte den Worten ihres Lehrers über die Feldzüge von Oda Nobunaga, als die Schulglocke den Tag beendete. Nach und nach räumten die Schüler ihre Sachen zusammen, als Naoki sich mal wieder über etwas Aufregen musste. Kaum war der Unterricht vorbei erhob er seine Stimme, dass sie alle von dem Konzert von Hanami fernbleiben sollten, da das eine Farce gegenüber Blue Angel wäre. Erstaunt sahen sich Aoi und Karen an, denn sie fanden die Situation einfach nur lächerlich, weshalb sie zusammen den Klassenraum verließen. Während die Brünette leise vor sich hin summte, machte sich die Rothaarige über etwas anderes Gedanken, was sie schon länger beschäftigte: „Du Aoi-chan? Warum glaubst du ist Blue Angel schon so lange nicht mehr aufgetreten?“ Erstaunt sah die Angesprochene zur Seite und kratzte sich an der Wange: „Was? Woher soll ich das denn wissen? Wie kommst du darauf?“ Etwas skeptisch zog die Türkisäugige eine Augenbraue in die Höhe und musterte ihre Freundin: „Ich sag ja nicht, dass du es genau weißt, ich wollte lediglich deine Meinung wissen. Bei dem Thema bist du immer total seltsam, Aoi-chan.“   Mit einem verlegenen Lachen sah die Braunäugige zur Seite und versuchte sich eine Ausrede auszudenken, als Karen noch einen nachsetzte: „Wer weiß, vielleicht benimmst du dich ja auch so, weil du selbst Blue Angel bist.“ Ertappt blieb Aoi stehen und sah sich hilfesuchend um, bis ihr die rettende Idee kam: „Was, ich soll Blue Angel sein? Klar, als ob Onii-sama das erlauben würde. Bei alldem, was in letzter Zeit im Link Vrains passiert ist. Denk nur mal an die Ritter der Hanoi.“ Nachdenklich blieb das Mädchen mit den magentafarbenen Haaren und musterte ihre Freundin, wobei sie nur nicken konnte, denn es ergab Sinn. Aois Bruder war der Vorsitzende von SOL Technologies, die die volle Kontrolle über Link Vrains hatten. Bei den Hackern, die dort ihr Unwesen trieben würde Akira es niemals erlauben, dass Aoi sich dorthin begab. Der Gedanke war sowieso absurd gewesen, denn das würde nicht zu der Brünette passen, weshalb sie über die Hanoi nachdachte. Eine Bande von Hackern, die versucht hatten das ganze Cyber-Netzwerk zu zerstören. Ob sie jetzt gut oder böse waren konnte Karen beim besten Willen nicht sagen, aber ihre Mutter war da in ihrer Meinung fest gefahren: „Hast wohl Recht, war ne doofe Frage. Ich glaube doch, du würdest mir erzählen, wenn du ein Idol wärst, oder?“ „Natürlich, sag mal, musst du heute wieder mit deiner Mutter arbeiten? Du hast mir ehrlich gesagt nur erzählt, dass du auf Jobsuche bist, aber nicht, was genau du suchst. Ich glaube langsam, dass deine Mutter es übertreibt,“ tat die Brünette ihre Meinung kund und musterte ihre Freundin besorgt, die nur den Kopf schüttelte und erklärte, dass sie schon versucht hatte ihre Mutter etwas zu lockern, allerdings ohne Erfolg.   Als das Handy der Schülerin klingelte und sie an ihr Konzert erinnerte, verabschiedete sich Karen von Aoi und ging langsam in Richtung des Studios davon. So sehr sie es drehte und wendete, sie würde um das Konzert nicht herum kommen. Es ist nicht so, dass Karen nicht gerne singen und tanzen würde, jedoch hatte ihr der dauernde Druck und Zwang seitens ihrer Mutter den ganzen Spaß an ihrem damaligen Hobby genommen. Seit sie vor sechs Jahren mit den Vorbereitungen für das Idol-Dasein begonnen hatte, war ihr Tagesablauf komplett durchgeplant und ließen ihr kaum noch Zeit für sich selbst. Vielleicht sollte sie einfach mal auf einem Konzert einen Anfall vortäuschen und so tun, als ob sie ein Burnout-Syndrom hätte. Das würde ihre Mutter hoffentlich mal ein wenig bremsen, allerdings fürchtete sie auf den Ärger wenn rauskäme, dass sie gelogen hätte. So langsam war sie mit den Nerven am Ende, doch würde sie einfach das tun, was von ihr verlangt wurde. Wie sonst auch betrat sie das Gebäude und meldete sich an der Rezeption an, bevor sie dieses Mal mit dem Aufzug nach unten fuhr.   Im Keller des großen Gebäudes waren mehrere Tonstudios, die alle komplett Schallisoliert waren, um die anderen Musiker nicht zu stören. In dem Studio, dass sie normalerweise benutzte, saßen bereits ihr Manager, ihre Mutter und ein Mann in einem pinkfarbenen Anzug und Sternenbrille, der sich mit Kobayashi unterhielt. Noch einmal seufzte die Schülerin und setzte dann ein fröhliches Lächeln auf, zum Glück konnte sie gut schauspielern, weshalb sie ihre Sorgen oft verbergen konnte. Nach einem kurzen Anklopfen betrat sie das Studio und wurde von ihrem Manager direkt mit offenen Armen begrüßt: „Karen-chan, da bist du ja endlich. Komm, wir müssen uns noch entscheiden, welches Styling wir dir heute verpassen.“ Gehorsam nickte das Mädchen und warf dem Mann in Pink einen kurzen Blick zu und sie wusste sofort, wozu der hier war: Das war der Mann, der ihr in diesem Duell die Anweisungen geben würde, also war ihre Bitte bezüglich ihres eigenen Decks mal wieder ignoriert worden.   Neugierig warf sie einen Blick auf den Bildschirm, vor dem sich die drei Erwachsenen versammelt hatten und auf diesem war Karens Link Vrains Avatar zu sehen. Ihr heutiges Outfit bestand einem hellgrünen Glitzerkleid mit silbernem Bund, dass einen kurzen Rock hatte und lediglich bis zu ihrer Brust reichte. Über ihrem linken Bein war der Rock geschlitzt und wurde an der Hüfte von zwei Spangen mit gelben Rosen gehalten. Um die Hüfte trug sie ein weißes Korsett und unter dem grünen Rock kam ein dreilagiger Rock aus weißen Rüschen zum Vorschein. Von beiden Handgelenken bis zum Ellenbogen reichte je eine weiße Armschiene mir einer gelben Rose, einem silbernen und einem Schwarzen Saum. Die weißen Overknees, die bis zum Oberschenkel reichten konnte Karen noch nie leiden, doch passte der silberne Längsstreifen und der Bund, sowie die gelbe Rose an jedem Oberschenkel zum Rest des Outfits. Auch die Schuhe waren komplett weiß und waren mit einer Rose geschmückt, jedoch waren hier noch je zwei grüne Blätter zu sehen. Um den Hals hing eine schwarze, lockere Schleife mit gelber Rose und ein schwarzes Halsband mit Blumenclip. Bei dem Halsband musste Karen lachen, denn so eins trug sie auch im Reallife immer, jedoch ohne die Blume. Die letzten Accessoires waren ein grün-silbernes Band am linken Oberarm, dessen lange Bänder frei herum wehten und in den Haaren trug sie drei rosafarbene Rosen und eine dünnes, schwarzes, zu einer Schleife gebundenes Band, dass ihre Frisur zu einem seitlichen Zopf hielt. Alles in allem fand die Schülerin, dass dies ihr bisher bestes Outfit war, auch wenn sie auf die extrem langen Strümpfe gerne verzichtet hätte, aber es war ja immer irgendwas. Wenn sie ihren Avatar so sah war sie immer wieder erstaunt, wie wenig sie mit diesem gemein hatte, außer vielleicht die Figur und die Größe. Aber weder die Augen-, noch die Haarfarbe passten zu ihrem wirklichen Ich.   Noch einmal gingen sie den Ablauf durch, bevor Karen in den Raum ging, den sie normalerweise zum einloggen benutzte und legte ihre Duell Disk an, die die Form einer roten Blüte mit einem goldenen Orb hatte. Sie sah sich ein wenig in der kleinen Kammer um, bis aus einem Lautsprecher die Stimme ihrer Mutter ertönte: „Karen, wir sind dann soweit. Log dich ein und dann besprechen wir das weitere Vorgehen. Mach aber nichts auf eigene Faust, hörst du?“ Das Mädchen rollte einmal mit den Augen und nickte dann: „Ja Mama.“ Noch einmal atmete Karen tief durch und dachte nach. Anfangs hatte sie es aus Spaß gemacht, aber was war jetzt der Grund für ihre Auftritte? Sie erinnerte sich noch an ihr erstes Konzert, nachdem sie den Spaß daran verloren hatte. Sie wollte gar nicht erst auftreten, doch dann war sie einem kleinen Mädchen begegnet, dass sich so sehr auf ihren Auftritt gefreut hatte und von da an sang sie, um anderen ein Lächeln ins Gesicht zu zaubern. Alleine für die strahlender Gesichter der Zuschauer nahm sie den ganzen Stress auf sich, denn es machte sie glücklich, wenn andere Leute froh waren. Sie schloss kurz die Augen und setzte dann ein strahlendes Lächeln auf: „Okay, es ist Showtime. Into the Vrains!“ Der Orb auf ihrer Duell Disk begann zu glühen und loggte sie in Link Vrains ein. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)