Hellraiser von blackNunSadako ================================================================================ Kapitel 1: Black Death – Der schwarze Tod ----------------------------------------- „Sind sie es wirklich?“ In Ehrfurcht, Respekt, aber auch Abscheu tuschelten die Bewohner hinter verriegelten Türen. „Sie sind es... die Pestdoktoren.“   Aus dem Schatten der Unheil prophezeienden Nacht traten drei Gestalten. Ihre Körper von schwarzen Umhängen bedeckt, ihre Hände mit weißen Handschuhen bekleidet, ihre Gesichter hinter Rabenmasken verborgen. Auf ihren Köpfen drei unverkennbare Mützen tragend; Eine dunkelblaue, eine hellgrüne und eine im Leopardenmuster. Langsam schritt das Trio durch die verlassenen Gassen des verwahrlosten Dorfes. Ihr Anführer, dicht gefolgt von seinen beiden Helfern.   Ein lumpiges Mädchen zeigte auf ihn. „Der Chirurg des schwarzen Todes!“, rief sie angsterfüllt und wurde von ihrer Mutter schnell vom verschlossenen Fenster weggezerrt. „Sch! Sprich seinen Namen nicht aus“, zischte sie ihrer unwissenden Tochter scharf zu. „Sonst wird er dich holen.“   Trafalgar Law schmunzelte hinter seiner Maske. Sein Schmunzeln eiskalt. Die Menschen fürchteten ihn. Brauchten ihn. Ohne ihn würde der letzte Hoffnungskeim ersticken. Ein naiver Glaube. In dieser Welt existierte längst keine Hoffnung mehr. Die Pandemie würde die Menschheit auslöschen. Restlos. Ein Drittel der gesamten Weltbevölkerung hatte die Pest bereits gefordert. Die Hinterbliebenen lebten in Angst und Schrecken. Wahrhaftiger Todesangst. Jeder von ihnen konnte der Nächste sein.   Die Straßen waren von infizierten Nagern überrannt. Die Überbringer der Seuche. Selbst wenn die Bewohner es gewollt hätten, konnten sie ihre von Zerfall gekennzeichneten Häuser nicht verlassen, die ihnen wenig Schutz boten. Jeder Kontakt mit Infizierten – egal, ob Mensch oder Tier – könnte fatal sein. Das Risiko der Ansteckung zu hoch, um es einzugehen. Unbeirrt schritten Law, Shachi und Penguin weiter. Ließen sich von nichts aufhalten. Selbst die Seuchentiere schienen einen weiten Bogen um sie zu machen, flohen vor ihnen, als wären die Drei es, welche das Unheil brachten.   Einzig den Tod überbrachten sie. Ohne Heilmittel konnten die Mediziner lediglich die unmenschlichen Schmerzen lindern, kurzzeitig. Oder den Sterbenden einen inhumanen Tod ersparen, Sterbehilfe leisten. Illegal. Weswegen dies stets hinter schweigenden Türen geschah. Die Gesichter der Vollstrecker unkenntlich bleibend. Pestdoktoren erledigten die Drecksarbeit, die kein anderer machen wollte. Setzten sich stets dem Risiko aus, selbst infiziert zu werden. Waren dem Tod so nah, wie jeder Todgeweihte. 'Leben' konnten sie das ihre längst nicht mehr nennen.   Zielsicher steuerten die drei Männer auf die Tür mit der roten X-Markierung zu. Eine von vielen. Heute wartete einige Arbeit auf sie. Ihre dunklen Gewänder wehten im Takt ihrer endgültigen Schritte hinter ihnen her. Furchtlos beschritten sie den Pfad des Todes, den sie repräsentierten. Law stieß die angelehnte Tür lautlos auf, trat in Begleitung von Shachi und Penguin ein. In die Totenstille, welche sie empfing.   Ein heruntergekommenes Haus. Längst ausgeraubt und verwildert. Auf den ersten Blick schien es unbewohnt. Doch wohnte hier jemand. Noch. Im Hinterzimmer lag der zurückgelassene Großvater auf dem Sterbebett, an welches die Drei herantraten. Der fiebrige Körper von Beulen übersät, kranke Haut von Kaltschweiß bedeckt, die Atmung flach, kaum vorhanden. Der Leidende sollte alsbald Erlösung finden. Wortlos streckte Law seine Hand seitlich aus. Shachi öffnete den getragenen Arztkoffer, Penguin überreichte die aufgezogene Spritze. Zu oft hatten sie dies getan. Zu oft Leben genommen, die nicht gerettet werden konnten.   Law setzte die Spritze an. Shachi und Penguin zogen ihre Mützen aus, hielten sie vor ihre Brust, neigten ihre Köpfe. Erwiesen dem Mann die letzte Ehre. Als die tödliche Substanz injiziert war, flüsterten sie synchron; „Ruhe in Frieden.“   Der Erste, den sie umbrachten. Heute. Die Verstorbenen zu viele, um sie zu zählen. Sie waren keine Helden, wollten niemals welche sein. Hin und wieder boten ihnen die Bewohner Geschenke und Gaben als Dank an. Als Dank wofür? Dafür, dass sie ihre Nachbarn, Freunde und Verwandten töteten? Niemals nahmen sie etwas für ihre Dienste an. Wollten nicht gefeiert werden, keinen Reichtum, keine Dankbarkeit. Sie waren Ärzte geworden, um Leid und Verluste zu mindern. Konnten die hohe Sterberate der Pestopfer nicht ertragen, waren Mitschuldige. Von Außen wirkten sie kaltherzig und skrupellos. Doch ihr Innerstes lag in Trümmern. Ihre Seelen litten unter der Last, die ihnen vom Schicksal aufgebürdet wurde. Der Kampf gegen den schwarzen Tod. Etwas Unbezwingbares. Vom Tod selbst waren sie gezeichnet. Ihre Herzen geschwärzt, ihre Seelen verwundet, dessen reines Licht blassend. Konnten sie sich selbst noch als Menschen bezeichnen, wenn ihre Existenz keinen Wesenswert mehr besaß?   Friede umgab den Verstorbenen. Täuschend. Schmerz verzerrte seine Gesichtszüge, geprägt von seinem erlittenen Leben. Es wurde spürbar kälter in dem Todesraum, in dem die Drei sich nicht länger aufhalten wollten. Stumm gingen sie, begaben sich zum nächsten Haus mit der Markierung. Das X markiert keinen Schatz, sondern pure Armut. Die Welt war ein Armutszeugnis geworden. Keiner wollte mehr in ihr leben. Verschwörungstheoretiker erklärten das Mittelalter als letzten Zeitpunkt der Menschheit. Die Apokalypse. Die Erde zusammenbrechend, alles Leben ausradiert. Ein Werk des Teufels.   Irrsinn..., dachte sich Trafalgar Law, glaubte nicht an Übernatürliches. Seine verbleibende Zeit war ihm zu kostbar, um sie mit sakrischen Theorien zu vergeuden. Er musste sich auf seine Lebensaufgabe konzentrieren, solange er sie ausüben konnte. Ich fürchte den Tod nicht.   Leben um Leben ward durch seine tätowierte Hand genommen. DEATH – dem Tod als Opfer gegeben. Dass er noch immer lebte, verdankte er wohl dem unmoralischen Tausch; 'Mein Leben gegen das der anderen.' Das Gesetz des Gebens und Nehmens. Ein unwillentlicher Handel mit dem Tod. Was bringt mir ein langes Leben, wenn ich letztlich ohnehin sterbe? Law war keinesfalls suizidal, nur realistisch.   Die Nacht verstrich quälend langsam. Einen Pfad aus Leichen hinterlassend. Bei Morgendämmerung begaben sich die Mediziner auf den Rückweg. Stiegen in die gelb-schwarze Kutsche ein, mit der sie kamen. Penguin der Kutscher, Law und Shachi sich gegenübersitzend im Wagen. Das Zügel-Knallen der angetriebenen Pferde ertönte, folgend von den scharenden Hufen. Schweigend traten sie ihre Heimreise an. Auf halbem Weg zogen sie ihre schützenden Vermummungen aus, unter der sie ihre alltäglichen Kleider trugen. Law zog sich seine schwarze Kapuze über Kopf und Mütze, sein Blick ins Leere gerichtet, nachdenkend, seine Arme locker vor seiner Brust verschränkt. Schließlich durchbrach Shachi das schwere Schweigen.   „Können wir denn gar nichts tun?“, fragte er niemand Bestimmten. Seine Stimme klang bedrückt und traurig, hatte ihren sonst so fröhlichen Ton vor langem verloren. Das Nichts gab ihm eine eindeutige Antwort. Es tut mir so weh, all die Menschen leiden zu sehen... Aber jetzt sind sie im Himmel... Dort geht es ihnen besser...   Penguin seufzte hörbar, richtete sich seine Kappe und hielt die Zügel fester zwischen seinen geballten Fäusten. Erneut Stille. Andauernd. Unerträglich. Irgendwann hielt der Kappenträger es nicht mehr aus und musste seinem Unmut Luft machen.   „Ich kann das nicht mehr!“, schrie er dem Sonnenaufgang entgegen, in den sie ritten. Sein Stimmklang schwankend zwischen Wut und Verzweiflung. „Irgendwas müssen wir doch tun können, verdammt!“ Ich ertrage es nicht mehr, so verflucht nutzlos zu sein...   Eines der braun-weiß gefleckten Pferde wieherte nervös, riss am Geschirr und schreckte das Nebentier auf. Der laute Gefühlsausbruch ihres Halters ließ sie durchdrehen. Beide Pferde versuchten sich loszureißen, sodass Penguin die Zügel nur mit viel Mühe festhalten konnte. Die Tiere wurden unkontrollierbar, galoppierten abrupt los, völlig ziellos. Kamen vom Weg ab, steuerten ins Nirgendwo. Weit, weit weg der Zivilisation. Ins leblose Ödland. Die vertrocknete Erde von Kieseln bedeckt, was das gefederte Fuhrwerk stark erschütterte. Die Räder wackelten gefährlich, hielten den überfahrenen Steinen kaum stand. Shachi hielt sich klammernd an der Sitzbank fest, Laws perfekte Haltung blieb uneingeschüchtert. Lediglich seine tätowierten Finger bohrten sich fester in seine verschränkten Arme. Sein linkes Augenlid zuckte.   „Genug!“, erhob Trafalgar Law seine autoritäre Stimme, brachte die Pferde zum sofortigen Ausbremsen. Zu abrupt. Der Wagen kam heftig ins Schlittern. Penguin wurde durch den kräftigen Ruck vom Kutschersitz gerissen. Shachi haltlos durch das Wageninnere geschleudert. Und stieß gegen Law, den er mit sich umriss. Die plötzliche Gewichtsverlagerung brachte die Kutsche endgültig zum Kippen. Scheppernd knallte sie auf die harte Erde. Quietschend drehten sich die Räder weiter, lösten sich. Zügel zerrissen, Pferde flohen. Eine zerberstende Geräuschkulisse, folgend von der absoluten Lautlosigkeit.   Hörbarer Wind wehte über den unfruchtbaren Boden, brachte trockenes Gestrüpp in Bewegung. Die Wolke aus Staub um den gefallenen Wagen löste sich nur langsam auf. Minuten verstrichen. Der trübe Schein der aufgehenden Sonne hüllte die Wagentrümmer in Lichtfülle. Zwei sich bewegende Schatten sichtbar. Über der zerstörten Kutsche kreisten zwei Aasgeier, die bereits auf ihr nächstes Mahl hofften. Und mit einem Mal kehrte neues Leben in Land und Menschen.   Zwei dröhnende Schüsse. Die Köpfe der Vögel knapp verfehlend. Woraufhin sie kreischend davon eilten.   „Sucht euch jemand andren, ihr verfluchten Mistviecher!“, knurrte Penguin ihnen nach, pustete den Qualm der rauchenden Revolver-Läufe weg und steckte seine Schusswaffen zurück in ihre Hüfthalter. Hinkend, sein rechtes Bein nachziehend, schritt er auf die umgekippte Kutsche zu. „Alles okay, Leute?“   „Nein./Ja!“, erklang es zeitgleich aus dem Inneren. Gefolgt von einem; „Au! Wofür war das denn?“, seitens Shachi, der Laws Ellenbogen zu spüren bekam.   „Nichts ist 'okay'“, erklärte Law mit neutraler Stimme, einzig seine Worte zeigten seine Gereiztheit. „Ich sitze noch immer mit dir hier drin. Dein Fuß ist in meinem Gesicht. Dies grenzt an psychische und physische Folter.“   „Wie gemein... Peeng! Law ist wieder fies zu mir!“ Penguin schnaubte. „Verdient. Wird schon seinen Grund haben, Trotzkopf.“   Beleidigt verschränkte Shachi seine Arme und blieb aus Trotz stur im Wagen sitzen, während Law längst aus ihm gestiegen war. Stumm seufzend klopfte er sich den Staub von seinem schwarz-gelben Kapuzenpullover, krempelte die Ärmel dessen hoch und rückte seine gefleckte Plüschmütze.   „Wo befinden wir uns?“, fragte er an Penguin gewandt, der mit seinen Schultern zuckte. „Keine Ahnung. Ich würde sagen; im Ödland.“   „Welch ausführliche Information...“ „Hey, ich bin genauso schlau wie du hier.“ „Dies wage ich zu bezweifeln.“ „Dan-ke. Du bist wie immer die Freundlichkeit in Person.“   „Hallo~? Ich bin auch noch da“, ertönte das leise Jammern vom Wageninneren. „Mein Ärmel hängt fest... Ich mag mich nicht von ihm trennen und-“ Penguin reagierte sofort. „Erspar uns die langen Erklärungen. Klar helf ich dir, Bruder.“   Lautes Scheppern, Flüche und undefinierbare Quietschtöne. Dann traten die beiden aus den Kutschen-Trümmern. Ihr Äußeres völlig verwildert. Law quittierte das Duo mit einer hochgezogenen Augenbraue. „Möchte ich wissen, was ihr dort drinnen getrieben habt?“   Shachi holte tief Luft. „Also. Das war so; Wir haben-“ „Nein, willst du nicht.“   Penguin pustete die Staubschicht von seiner Kappe und setzte sie sich in einer fließenden Bewegung wieder auf. Leicht schräg stehend, sein Gewicht auf sein linkes Bein verlagert. Was nicht unbemerkt blieb.   „Statusbericht“, forderte Law und ließ seinen prüfenden Blick über Penguins rechtes Bein schweifen. Auch Shachis Erscheinung unterzog er einem Scharfblick. Der Mediziner in ihm verlangte nach Antworten, der Kamerad nach einer positiven Rückmeldung.   „Hab mir nur den Knöchel verstaucht“, erklärte der Kappenträger ihm knapp, sich den unangenehmen Schmerz nicht anmerken lassend. „Mir geht’s super gut!“, posaunte Shachi, versteckte jedoch schnell seine Hand hinter seinem Rücken, sodass Laws Blick härter wurde. Lange hielt Shachi die wortlose Strafpredigt nicht aus, weswegen er nun reumütig seinen Unterarm zeigte. „Sind bloß ein paar Prellungen. Nichts schlimmes. Bald werd ich ganz bunt sein!“   Einzig Shachi konnte etwas Positives darin sehen. In allem. Law seufzte tonlos, setzte zum Schritt an, wurde aber von der synchronen Stimme des Zwillingsgespanns aufgehalten.   „Und was ist mit dir?“, fragten die beiden besorgt. Wenn ihr Anführer sich schon nicht um sich selbst sorgte, mussten sie es doppelt für ihn tun. Unberührt wank Law ab. „Ich kann gehen. Und werde dies nun tun.“ Dass seine Schulter höchstwahrscheinlich ausgekugelt war, musste niemand wissen. Dass der gegen ihn geprallte Shachi daran Schuld war, ebenso wenig.   Laws Körperhaltung blieb aufrecht und unbeeindruckt. Nur seine grazilen Schritte erfolgten langsamer als üblich. „Shachi-ya, mitkommen. Penguin-ya, du bleibst hier. Dein Knöchel benötigt Schonung“, verordnete er, erklärte dann sein weiteres Vorgehen. „Wir erkunden das Gebiet, suchen Aloe Pflanzen und kehren baldmöglichst zurück.“   Aloe Pflanzen waren hier in der Gegend eine Seltenheit. Im Ödland wuchs kaum ein Kraut. Ein Heilkraut zu finden, war ein höchst schwieriges Unterfangen. Shachi betete gedanklich, dass sie es schafften. Lächelte seinem Bruder zum Abschied zu. „Bis gleich. Pass auf dich auf, Peng!“   Damit trennten sich die Drei. Penguin setzte sich auf die schiefe Bank des Kutschersitzes und legte sein rechtes Bein hoch. Sah seinen Kameraden nach, bis sie am tristen Horizont verschwanden. Locker zog er seinen gelben Kappenschirm über seine Augen und lehnte sich bequem gegen den umgekippten Wagen. Ein Nickerchen, um die Zeit zu überbrücken wäre wohl eine gute Idee. Was soll schon passieren?     Law war noch nie der gesprächige Typ. Ausnahmen stellten medizinische Themengebiete und intellektuelle Konversationen dar. Im Gegensatz zu Shachi, der sein Herz auf der Zunge trug.   „Zweihundert-eins, Zweihundert-zwei...“, zählte er die gegangenen Schritte. Bis ihm das zu langweilig wurde. „Eins, zwei...“, begann er die sichtbaren Staubkörner des Ödlands aufzuzählen. Law seufzte. „Vierhundert-Dreizehntausend-Zweiundneunzig.“   Die exakte Zahl aller oberflächlichen Staubkörner im nahen Umkreis von ihnen. Shachi sah ihn erst verblüfft an, ehe er leise schmollte. „Menno, Spielverderber.“ Mit verzogenem Schmollmund starrte er Law intensiv an. „Eins...“ Silberne Augen schweiften zu ihm. „Was zählst du nun?“ „Deine Augenringe.“   Frech streckte Shachi ihm die Zunge entgegen, „ätsch!“, und rannte dann los. Dem Todesblick des Chirurgen konnte niemand entkommen. Law machte sich nicht die Mühe, seine Schritte zu beschleunigen, um zu Shachi aufzuholen. Für solche Kindlichkeiten war er sich nun wirklich zu schade. Darüber hinaus war die dürre Luft zu trocken und staubig, jeder Atemzug unter körperlicher Anstrengung sollte strikt vermieden werden. Kraftreserven waren kostbar. Gegen seinen medizinischen Gedanken, atmete Law tief ein und unterdrückte den aufkommenden Hustenreiz.   „Shachi!“, wollte er ihn warnen. Zu spät. „Hm?“, drehte sich Shachi zu ihm um, weiter rennend und alsbald gegen etwas Hartes stoßend. Gegen jemand. „Autsch.“ Verdutzt rieb er sich seinen Kopf, schaute nach vorne, sah nur die geschwollene Brust auf seiner Augenhöhe. Langsam blickte er herauf, zum Gesicht des Kolosses, der ihn aus leeren Augen nieder starrte. Shachi wurde mehrere Köpfe kleiner, als nervöse Verlegenheit in ihm aufkam und er stark zu schwitzen begann.   „Also- Also-“, stammelte er und gestikulierte eine unentdeckte Fremdsprache. „Ups. Tschuldigung?“   Law trat neben ihn und den Unbekannten, unerschrocken und selbstbewusst. „Entschuldigen Sie sein Fehlverhalten. Er ist geistig auf unfreundlichem Niveau-“, versuchte er die unangenehme Situation zu entschärfen, doch fiel ihm Shachi ins Wort, dessen Nervosität zu Neugier wurde. Auf Zehenspitzen stehend und hüpfend, berührte er die auffällige Mütze des Riesen. „Bärenohren! Wie cool~! Und wie echt die sich anfühlen...“   Ein grollendes Brummen des Fremden, der sich die Befühlung widerwillig gefallen ließ. Seine markante Mimik zeigte keinerlei Reaktion.   „Seid gegrüßt“, ignorierte er sein neugieriges Anhängsel und trat einen großen Schritt zurück, wandte sich mit nahezu mechanischer Stimme an Law. „Glaubt Ihr an das Allerheiligste?“, fragte er plötzlich aus dem Nichts und hielt seine getragene Bibel etwas in die Höhe. Laws Augenbraue glitt skeptisch nach oben, während der großgewachsene Gläubige in dem heiligen Buch blätterte. Um nicht unhöflich zu erscheinen, gab Law ihm Antwort. „Nein.“   Ohne die beiden anzusehen, blickte der Koloss starr auf die aufgeschlagene Seite. „An was glaubt Ihr?“   Die makabere Fragerei nervte Law sichtlich. Er hatte keinen Nerv für Spinnereien eines religiösen Fanatikers. Nüchtern, in dezent gereiztem Stimmton antwortete er; „Ich bin Realist. Glaube an das, was ich sehe. Das, was faktisch nachweisbar ist. Realität, Fakten, Befunde – Dies ist mein Glaube.“   Der Riese nickte zufrieden, stellte Shachi die selbige Frage. Dieser tippte sich nachdenklich an seine verzogenen Lippen, ehe er den Zeigefinger erhob und mit vollstem Ernst flötete; „Ich glaube an Einhörner!“ Laws Blick auf ihn war ein wortwörtlicher Hingucker. Eifrig fuhr Shachi fort. „Alles, was meine Phantasie erschafft – Es ist echt. Fiktion ist eine andere Art von Realität. Solange es sich real anfühlt, ist es das auch!“   Kurz schweifte Shachis hinter Sonnenbrille versteckter Blick zum Himmel. Seine honigfarbenen Augen begannen zu glänzen, als er es sah. Niemand würde ihm glauben. Ob seiner Phantasie entsprungen oder nicht; Was er erblickte, war für ihn echt. Selbst die leise Entschuldigung, die er von ebendieser Erscheinung hörte. Plötzlich schmunzelte der biblische Bär. Klappte sein Buch geräuschvoll zu und schritt von dannen.   „Nun denn... einen angenehmen Tag wünsche ich“, deutete er eine Verbeugung aus Höflichkeit an, blieb neben Law kurz stehen und übergab ihm die Aloe Pflanze, die er aus dem Geheimfach der Bibel geholt hatte. Sein leerer Blick blieb auf die Fern gerichtet, seine mechanische Stimme emotionslos. „Wir werden uns nicht wiedersehen. Die Orte, an denen wir getrennt verreisen werden, könnten entfernter nicht sein. Gehabt Euch wohl, Trafalgar Law.“   „Woher kennen Sie meinen Namen?“, entglitt Law die Frage, bevor seine Gedanken es erfassen konnten. Bär war fast außer Sichtweite, seine Stimme entfernt leise, seine Bibel näher an seine geschwollene Brust gedrückt. „Die Heiligen wissen alles... und erhören reine Gebete.“   Shachi zeigte ihm einen Vogel hinterher, während Laws Blick nachdenklich und ausdruckslos blieb. Was hatte dies zu bedeuten? Seltsam genug, dass sie jemanden in der Einöde trafen, noch merkwürdiger wen. Religion war zu Zeiten der Pest nicht ungewöhnlich. Es gab genügend leidende Menschen, die sich an die religiöse Hoffnung klammerten. Dennoch brachte es ihnen nur den Tod. Wenn es tatsächlich einen Gott gab, warum half er den Menschen dann nicht? Prüfte er die Menschheit oder machte er sich ein Vergnügen daraus?   Law seufzte leise in seinen schwarzen Kinnbart. „Die wahre Krankheit ist Leben. Es ist das tödlichste Leid. Grundsätzlich ist jeder unheilbar krank.“   Shachi stupste ihn in die Rippen, wofür er einen genervten Silberblick kassierte. „Sei nicht immer so grimmig, Law. Sehe es positiv; Wir leben. Haben, was wir wollten. Und können zu Peng zurück! Ob er uns vermisst~?“   Shachi lächelte, Law schmunzelte dunkel. „Nein.“ Ein Wort, mit dem Shachis Lächeln fiel. „'Sehe es positiv'“, mimte Law die Silben amüsiert nach, „dich kann man nicht vermissen, weil du einem dauerpräsent auf den Geist gehst.“   Das weckte Shachis Emotionalität. Statt das sarkastische Kommentar negativ zu deuten, tat er es umgekehrt. „Du kannst ja doch super nett sein!“, freute er sich aufrichtig, ehe er strahlte. „Peng und ich tragen dich auch immer in unserem Herzen.“   So viel Kitsch war für Law kaum ertragbar. „Ja,ja...“ „'Ja, ja' heißt-“ „Ja, ja.“   Ohne Energie erklärte Law das sinnfreie Gespräch für beendet. Wie auch jedes weitere. Er hatte keine Kraftersparnisse für zwischenmenschliche Kommunikationen, die weit über seinem Emotionsniveau lagen. Wo war Penguin-ya, wenn man ihn mal brauchte? Für gewöhnlich war der Kappenträger der ausgleichende Pol zu Shachi. Pessimismus und Optimismus passten sich einander an. Laws Realismus war der Mittelpunkt von beidem. Das war das Geheimnis ihres funktionierenden Bündnisses. Und nichts konnte die Drei auseinanderreißen. Nichts und niemand.     Etwas stimmt nicht. Penguin wurde von einem verdammt unguten Gefühl geweckt. Eine schlimme Vorahnung, die sich bewahrheiten sollte. Als er seine Augen abrupt öffnete, sah er für einen kurzen Moment kleine schwarze Partikel vom Rand seines Kappenschirms hinabfallen. Ein Staubregen aus glitzernden Dunkelfunken. Penguin tat es als Aufwacherscheinung ab. Was er nicht wusste; Es war ein schwarzer Schmetterling, der bisweilen auf seinem Kappenschirm saß. Ein Vorbote des Unheils.   Eine plötzliche Bewegung. Und das Ödland ward in Aufruhr. Im Herztakt zeigte der Lauf von Penguins doppeltem Revolver auf die beiden Männer, die hinter der Kutsche hervortraten.   „Wen haben wir denn hier, ne, ne?“, erhob der Erste seine nasale Stimme und schniefte die austretende Flüssigkeit zurück in seine große Nase. Auf einem goldenen Gehstock abgestützt, trat er auf Penguin zu, vollkommen uneingeschüchtert von dem auf ihn gerichteten Revolver. Der Kleidungsstil des klobigen Brillenträgers war ungewöhnlich und auffällig. Neben einer hellgrünen Ballonhose und einem für die Hitze unpassenden Mantel trug er einen großen Sombrero, an dem kleine Kugeln befestigt waren. Mit einem lückenhaften Grinsen, sprach er in leicht mexikanischem Akzent.   „Wir sind Bandidos und werden euch um eure Last erleichtern.“ Trebolos' widerliches Lachen erklang, bei dem die Fäden seiner laufenden Nase wackelten. Dann wandte er sich an seine stille Begleitung und klopfte ihm seinen Goldstab in die Seite. „Ne, ne?“   „Exakt“, trat der gestriegelte Kerl neben ihn, seine Hände hinter seinem Rücken gefaltet, der kerzengerade stand. Das Makabere an seiner übertrieben gepflegten Erscheinung; An seiner Wange klebte sein Frühstück. Ein Spiegelei, das in der Sonne leise weiter brutzelte. Was ihn aber nicht zu stören schien. Arrogant und herablassend klang seine todernste Stimme, die keinen Ungehorsam duldete. „Nenne uns den Aufenthaltsort von Trafalgar Law.“   Penguins Finger – um je einen Abzug gelegt – krümmten sich kaum merkbar fester, bereit abzudrücken, wenn notwendig. Adrenalin pumpte durch seine Adern. In ihm tobte ein Gefühlssturm aus Stress und Verwirrtheit. Wer sind die? Was wollen sie von Law? Äußerlich blieb er die Ruhe selbst, sein Stimmton furchtlos und charakterfest.   „Nicht hier“, gab er ihm Antwort, grinste verwegen. Mit einem lässigen Kopfnicken deutete er auf den Wagen neben ihnen. „Wir haben nichts von Interesse in unserer Kutsche. Wie ihr seht; das Teil ist Schrott.“ Seine fixierenden Augen verengten sich leicht, als er zu dem schniefenden Ekelpaket sah. „Ich würde vorschlagen, dass du auf deiner Schleimspur dahin zurück kriechst, wo du hergekommen bist, Mister Rotzbrocken.“   Ein 'Mister' in Gedanken an Law, zur nervlichen Beruhigung. Penguin war sich absolut nicht sicher, ob er die Situation unter Kontrolle halten konnte. Verdammt, verdammt, verdammt! Er musste sie hinhalten, bis er einen gescheiten Plan hatte. Einer der über 'Ich-schieß-ihnen-ne-Kugel-zwischen-die-Augen-und-gut-is' ging. Ein Kutschenunfall war eine Sache, zwei Gesichtsunfälle eine andere. Bei den Typen half keine Chirurgie mehr. Law und Shachi durften nicht zurückkommen und ihnen auch noch in die Hände fallen. Soweit sein Plan. Ein echt mieser Plan. Penguins ungutes Gefühl verschlimmerte sich von Sekunde zu Sekunde. Die tickenden Sekunden der Anspannung verstrichen viel zu schnell.   „Bwahaha!“, erklang das schleimige Lachen erneut. Was Trebol so witzig fand, wusste wohl nur er selbst. „Wir wollen keine materiellen Güter... und können nicht zurück, ehe wir euch mitgenommen haben.“   „Alle drei Individuen“, beendete Vergo und zog seinen schwarzen Titanstock. „Genug geredet.“   Die Situation eskalierte binnen eines halben Herzschlages. Penguins Herzschlag, der aussetzte. Seine Lebenszeit anhaltend. Hier wird es also enden... Drei Parteien, die zeitgleich reagierten. Zwei Schlagstöcke gegen zwei Revolver. Trebol und Vergo holten aus, exakt zeitgleich drückte Penguin den Abzug. Ein doppelter Knall, hallend durch das Ödland. Erhört mich und bleibt weg von hier! Penguin schoss um seiner Freunde Willen. Um sie zu warnen. Zielte auf die rechte Schulter seiner Angreifer. Und spürte einen versengenden Schmerz, der ihn aufschreien ließ. Jäh ließ er seine Revolver fallen, die in seinen Händen explodiert waren. Haut verbrannten, Eisen zersprengten, Schießpulver verteilten. Welchen Verbrennungsgrad er sich zugezogen hatte, konnte er nur erahnten. Dem höllischen Schmerz nach zu urteilen, war es ein verdammt hoher.   „Tut es weh, ne, ne?“, grinste der Bazillus hämisch, ergötzte sich an Penguins Schmerzlauten. „Du bist uns auf den Leim gegangen!“ Trebol war der Einzige, der über seinen schlechten Witz lachte. Stolz zeigte er auf seinen Sombrero, an dem zwei Leimkugeln fehlten, die in den Revolverläufen steckten. Vergo hatte sie im Vorfeld mittels seinem umfunktionierten Blasrohr gezielt dort platziert. Die Familie war eben zuverlässig und nützlich. „Knöpfe ihn dir vor, Vergo.“   Penguins Giftblick sprach puren Hass aus. Ohne Bewaffnung musste er auf körperliche Kampftechniken zurückgreifen. Trotz Schmerzen ballte er seine stark geröteten Fäuste – eine vor Brust haltend, eine auf Hüfthöhe – und stellte sich leicht schief stehend dem ausdruckslosen Schrank gegenüber. Dieser hatte nicht einmal ein herablassendes Schmunzeln für ihn übrig. Ihr Größenunterschied war deutlich. Auch der Unterschied in Muskelmasse und Kampferfahrung. Doch ließ sich Penguin davon nicht einschüchtern.   Für meine Freunde werde ich kämpfen! Auch wenn ich bei dem Versuch draufgehe.   In Kampfhaltung analysierte er seinen Gegner, der keine Schwachstelle preisgab. Vergos aufrechte Körperhaltung gleichbleibend arrogant und respektlos. Penguin setzte zum Angriff an, verteilte eine Vielzahl gekonnter Karate-Hiebe an schmerzvollen Stellen. Brustbein, Brustkorb, Bauch, Gesicht – Landete keinen einzigen Treffer. Nicht mal ein Zucken entlockte er seinem Gegner. Dieser erhob nun seinen Schlagstock, den er gekonnt schwang. Kannst'e knicken! Der Kappenträger vollführte eine Ausweich-Drehung, stützte sich notdürftig auf seinen schmerzenden Handflächen am Boden ab und kickte die Titanrute mit der unverletzten Fußseite aus Vergos Griff. Sie flog Richtung Kutsche. Ihren Besitzer kümmerte es nicht. Vergo reagierte schnell. Fing Penguins Fuß noch im Tritt ab, umfasste sein verwundetes Fußgelenk mit seiner großen Pranke, zog ihn zu sich. Und knickte seinen Fuß skrupellos ab.   Ein Schmerzblitz durchfuhr Penguins Körper, der sich hart auf die Unterlippe biss, seinem Gegner keine Schwäche zeigend. Vergo schleuderte ihn an seinem Bein festhaltend durch die Luft. Zielte auf die Kutsche, ließ abrupt los. Es krachte. Der Titanstock krachte in Vergos Visage. Wie schmeckt dir deine eigene Medizin, Penner? Penguin hatte den Stab vor seinem Aufprall zu greifen bekommen, ihn mittels Stabhochsprung genutzt, sich in einer drehenden Hebelbewegung mit ihm abgestoßen und konnte ihn so in Vergos Gesicht rammen. Dieser rührte sich keinen Millimeter. Das Spiegelei seiner Wange fiel langsam zu Boden, hinter ihm der Abdruck der Rute sichtbar.   Macht ihm das gar nichts aus? Penguin war irritiert. Was für einem Unmenschen stehe ich hier gegenüber?   Selbstzweifel. Sie waren Penguins größte Schwäche – die sein Feind zu nutzen wusste. Vergos große Faust dreschte hervor. Ausweichen unmöglich, sodass Penguin sie mit der seinigen abfangen musste. Der heftige Schmerz der Faustkollision war unerträglich. Nur wenige Millisekunden konnte der Kappenträger dagegen halten, bis seine lädierten Fingerknöchel unter der Gewalt nachgaben. Ehe sie zertrümmerte, zog er seine Hand schnell zurück. So traf ihn der Schlag ins Gesicht. Sein Kiefer knackte bedenklich.   Durch die Wucht wurde er von den Beinen gerissen, seine Kappe vom Kopf, der hart auf dem Staubboden aufkam. Sein Fußknöchel dankte es ihm noch weniger. Fluchend krallte er sich in die tote Erde. Sofort wurde er am Kragen wieder grob hochgerissen, pfefferte dem Mistkerl Staub in die Augen, was ihn völlig kalt ließ. Der nächste Schlag Vergos folgte. Und der Nächste. Links, Rechts, immer ins Gesicht. Ohne Skrupel schlug er weiter auf Penguin ein. Scheiße, tut das weh... Mein Schädel dröhnt... Ich krieg keine Luft... Das war der Moment, in dem sich Penguin seine Niederlage eingestehen musste. Von Anfang an hatte er keine Chance gegen dieses Ungeheuer. Und er grinste. Grinste Vergo frech aus blutenden Lippen an.   „Ist das alles?“, keuchte er atemlos und spuckte ihm das im Mund gesammelte Blut ins Gesicht. Einige Tropfen landeten auf Vergos weißem Anzug. Kurz stoppte die Faust vor Penguins geschwollener Wange. Zeitgleich zeigte Vergos Mimik erstmals eine Reaktion; Rasende Wut. Dass seine hellen Lederhandschuhe mit Blut beschmutzt waren, war bereits eine unerfreuliche Unannehmlichkeit. Dass der dreckige Abschaum es wagte, seinen Anzug zu verunreinigen, war zu viel. Seine Faust ballte sich fester, mit aller Gewalt. Dieser Schlag würde der fatale werden. Stirb. Und Penguin schrie.   „Bleibt weg!“   Er sah sie. Sah den heran sausenden Skalpell, der Vergos Halsschlagader knapp verfehlte. Sah den zweiten, der in Vergos ihn haltende Hand stecken blieb. Ihn schlagartig loslassend, sodass Penguin unsanft auf dem Untergrund landete. Vergos Mimik blieb unverändert, den Skalpell in seiner Hand ignorierend, drehte er sich zu dem heran schreitenden Chirurgen um. Grazile Schritte hallten über festen Boden. Trafalgar Laws Finger waren die Marionetten des Todes. Einen seiner Skalpelle gekonnt in seiner tätowierten Hand rotieren lassend, blitzte sein silberner Blick unter der Lichteinwirkung der Sonne gar irre auf.   „Wie erfreulich dich wiederzusehen.“ Ein Schmunzeln der Emotionskälte, seine Stimme vor Sarkasmus und Ekel gespalten, „Vergo-san.“   Law schenkte ihm einen einzigen Blick, getränkt in tiefer Abscheu und tödlichem Frost, ehe seine Augen beim Anblick Penguins sanfter wurden.   „Gute Arbeit, Penguin-ya.“ Ein aufrichtiges Lob, welches der Kappenträger nicht annehmen konnte. Nein. Ich habe versagt, meine Freunde enttäuscht, sie in Gefahr gebracht, bin Schuld daran, dass- Laws geschärfter Stimmton unterbrach seinen reuevollen Gedankenkreis. „Du trägst keine Schuld.“ Worte der vollsten Überzeugung. „Du hast dein Möglichstes getan. Deine Mühen werden nicht umsonst bleiben. Ab hier übernehme ich.“ Ein Ausdruck der befremdlichen Milde fand Laws Lippen, als er leise endete. „Hab Dank, dass du am Leben geblieben bist, Peng.“   Vergo hat mir einst jemanden genommen... Ein zweites Mal lasse ich dies nicht geschehen.   Law würde sie beschützen. Mit seinem eigenen Leben. Penguin lehnte sein Gesicht unter schmerzendem Körper weiter gegen Shachis Schulter, der ihn in seinen schmalen Armen hielt. An Shachis Schulter konnte er seine Emotionen verstecken. Verbergen, wie nah ihm Laws Worte gingen. Verdammt. Wenn selbst Law einen Funken Emotionalität zeigte, war die Situation verflucht ernst. Penguins Vorahnung erreichte ihren schlimmsten Punkt. Auch Law war für alles vorbereitet. Das hier konnte nicht gut enden.   Ein nasales Lachen, das mit einem knapp verfehlenden Skalpell erstickt wurde. „Ne, ne, Law, begrüßt man so seine Familie?“   Langsam, betont und emotionslos erwiderte Law; „Ihr seid nicht meine Familie. Ihr habt meine einzige Familie ermordet.“   „Haben wir das?“ Vergo. „Oder hast du ihn selbst geopfert, im Gegenzug für dein mickriges Leben?“   Worte, die Law nicht erreichten. Nicht mehr. Cora-sans Opfer wird unvergessen und geehrt bleiben. Ich lebe, um seiner Willen. Für ihn. Weil er mir nicht nur Leben, wahre Familie, auch einen Charakter schenkte.   „Mein Vater wäre stolz auf mich.“ Law lächelte. Ehe ein irres Funkeln in seine grauen Augen trat. „Es wird mir eine Freude sein, ihn zu rächen.“   Rache trieb sein trauerndes Herz an, Kaltblütigkeit pulsierte in seinen Adern, Gewissenlosigkeit fraß sich in seinen Verstand. Blitzschnell jagte er los. Seine langen Beine ihm zusätzliche Geschwindigkeit gebend, grazile Bewegungen in absoluter Zielgenauigkeit. Vergo machte sich zum Gegenschlag bereit, schlug hart zu, als Law ihn erreichte. Doch duckte dieser sich unter seinem Arm weg. War Vergo niemals sein Ziel gewesen. Sondern der neben ihm stehende Trebol, dem er ohne zu Zögern eine Spritze in den Hals rammte. Eine Todesspritze. Kurz und schmerzlos. Eigentlich bedauerlich.   Etwas stimmt nicht. Law bemerkte es ebenfalls. Wusste es jedoch nicht zu deuten. Sie sind anders, nicht sie selbst... Es ist, als wenn Trebol und Vergo nur noch eine leere Hülle, eine gesteuerte Fäden-Puppe wären-   „Hast du dich mit dem Tod abgefunden, Trafalgar Law?“ Vergo klang viel zu leer – selbst für seine emotionsgestörten Verhältnisse.   Law musste sich auf seinen Hauptgegner konzentrieren. Vergo war ein ernstzunehmender Feind. Eine große Gefahr, selbst für ihn. Vergo trauerte Trebol keine Träne nach, hatte nicht einen Blick für seine 'Familie' übrig, fixierte sich auf Law, schwang seinen Schlagstock und zielte auf Laws Beine. Die Titanrute streifte seine gefleckte Jeans, veranlasste Law zum ausweichenden Sprung, auf Distanz gehend. Seine Reflexe hatten ihn noch nie im Stich gelassen. Der Nahkampf wurde zum Fernkampf. Hätte Law doch nur eine lange Stichwaffe. So musste er auf seine Skalpelle und Spritzen zurückgreifen, die sein Kontrahent im Dauerfeuer abwehrte. Kling, Kling, Kling.   „Der gleiche Trick zieht kein zweites Mal.“ Beinahe ein Knurren, das sich vertiefte, als Vergo den Skalpell gnadenlos aus seiner Hand zog und ihn angewidert wegwarf. „Ungehorsam wird in der Familie nicht geduldet.“   Ich habe keine Furcht mehr vor dir, Vergo. Law sprang auf den Unmensch zu, zwei befüllte Spritzen zwischen seinen Fingern, in je einer Hand. Fixierte die Halsschlagader des breiten Nackens, traf, schlug die Nadel brutal in die Haut. Und die Nadel brach ab. W-Was? Law taumelte zurück, war um eine Millisekunde unachtsam, seinem Gegner viel zu nah. Da stand der Muskelkoloss auch schon vor ihm. Vergos blutende Pranke bekam ihn zu greifen, an dessen verletzter Schulter, packte grausam zu. Trotz Laws letzter Spritze, die nun in seinem Arm steckte.   Vergos Körper... ist eiskalt. Gar tot. Kein Leben in sich tragend. Eine Leiche. Wie ist dies möglich?   Das Blatt wendete sich. Schmerz, so viel Schmerz. Laws ausgekugelte Schulter gab auf. Zischend sog er die Luft ein. Vergos Finger bohrten sich tiefer in sein Schulterblatt, welches sich weiter ausrenkte. Knack. Law ward gezwungen, leicht in die Knie zu gehen. Hielt sich krampfhaft auf seinen Beinen, blickte Vergo willensstark an. Vor dir werde ich niemals knien. Eiskalt zischte Law ihm zu.   „Vergo, d-“ Ein harter Tritt in Laws Magen. „Für dich heißt es Vergo-san!“   Laws verzogenen Lippen mimten ein tonloses 'Fick dich, V e r g o.' Was nicht unkommentiert blieb. Vergos Antwort; Schmerz. Mit Worten.   „Wenn Rocinante dich so sehen könnte... so erbärmlich... wie du es schon immer gewesen bist. Der wertlose Narr ist noch viel erbärmlicher als du. Hat sein Leben weggeworfen und förmlich darum gebettelt, erschossen zu werden-“ „Schweig! Wage es nicht, Cora-sans Namen zu beschmutzen.“   Der Schuss der endgültigen Erinnerung hallte in Laws Ohren wider. Corazons Lächeln...   Das Schloss seines Herzens ward aufgebrochen. Silberne Augen zeigten tiefe Emotionen. Schweiften zum Himmel. Zeigten Trauer, Sehnsucht, Innigkeit. Ich vermisse dich, Vater...   Etwas Unausgesprochenes. Ein bittender Wunsch, der ihm Stärke verlieh. Laws Körper wurde von Kraft durchströmt, als er Vergo erneut anblickte. Sein Blick die pure Charakterstärke. „Ich werde nicht sterben.“ Dem war er sich gewiss. „Der heutige Todestag ist der deinige.“   Vergo lachte. Vergo lachte niemals. Es wirkte erschreckend. „Du willst mir drohen? Was kann ein schwächlicher Wurm wie du schon gegen mich ausrichten?“   Law schmunzelte erhaben. „Ich allein nicht viel...“ Und Vergo wurde mit doppelter Gewalt von ihm weg gerissen. „...Jedoch bin ich nicht mehr allein.“   Penguin und Shachi stürzten den Riesen um. Shachi hatte ihn mit Vollkaracho gerammt, während Penguin ihm am Boden die Beine mit Trebols Goldstock weggeschlagen hatte. Doch kam noch ein Vierter hinzu. Ungesehen von aller Augen. Die Bitte ist erhört worden. In Richtung Himmel erstrahlte plötzlich ein Lichtblitz. Eine in Lautlosigkeit gehüllte Präsens, mit einem geschminkten Lächeln. Und einem Abschiedsgeschenk.   Rotierend fiel das Katana herab. Als wenn es schon immer für ihn bestimmt war, fand es ihren Besitzer. Woher es kam, war Law in diesem Moment vollends gleich. Noch im Flug fing er es geübt ab, die leuchtende Klinge in einer fließenden Bewegung kniend aus dessen Kreuz-verzierten Scheide ziehend. Law lächelte finster. So ward es entschieden. Ein endgültiges Geräusch, folgend einem reißerischen Schnitt. Mitten durch Vergos Körpermitte spaltend. Torso von unterem Rumpf getrennt, Vergos unmenschlicher Körper in seltsame Schwärze gehüllt, zu sofortiger Asche pulverisierend. Asche zu Asche. Staub zu Staub.     Beinahe glaubte Law an die Einbildung. Die einst verloren geglaubte Stimme, die ihm im Himmelswind zuflüsterte.   „Ich bin stolz auf dich, mein Sohn.“   Plötzlich ward Licht. Dessen reinste Form.   Unnatürlich hell. Spürbar heilend.   Vom Lichthieb des Schwertes hervorgerufen, tat sich ein großer Spalt unter ihnen auf.   Inmitten ein Abgrund der tiefsten Finsternis. Helligkeit ersterbend, verschlungen vom Dunkel.   Law, Shachi und Penguin mitnehmend. Sie fielen. Tief, immer tiefer.   Fortgerissen von hier. Dem Leben genommen.   Dennoch nicht dem Tod übergeben. Laws Schutzengel hätte dies nicht zugelassen.   Der Schatz des Herzens, kann selbst der Tod nicht nehmen.   Das One Piece... Ist ein Teil von jedem von uns.   „Behüte mein Herz, Law.“   Corazons Abschiedstränen brachten den Regen über die Erde.   Das tote Ödland fand Leben, während drei Menschen es verloren.   Endstation... Jenseits.       . . .       Hitze kroch unter ihre Haut. Brandmarkte ihre Seelen. Erstickte ihre Herzen. Furcht ergriff ihre Körper. Ihr Verstand der Panik verfallen wollend. Beinahe verloren sie ihn an den Wahn. Weil sie es wussten. Sofort. Wussten, wo sie sich befanden.   Die Luft roch nach Verderbnis. War stickig und schwer, von Elend und Gefahr verhangen. Aufsteigende Glutfunken schwirrten vor ihren Augen umher. Law, Shachi und Penguin standen auf einem Feuerpfad aus glühenden Kohlen, die ihre Schuhsohlen verschmorten. Der Pfadrand eine hohe Flammenwand, die dennoch nicht ihre Sicht auf das Umliegende verwehrte; Zig tausend Gräber. Namenlos und verwittert. Das Vulkangestein brüchig, von schwarzem Ruß bedeckt. Der gesamte Boden schien aus kalter Asche zu bestehen. Und Gebeinen. Verkohlte Knochen, welche einst Lebenden gehörten. Die Verstorbenen nicht weit von ihnen.   Drei Augenpaare glitten zum Himmel. Hier gab es keinen Himmel. Ein finsterer Nebel aus schreienden Seelen. Verzerrte Totenkopferscheinungen, eine Vielzahl an blassen Stimmen und Lava-Fälle erfüllten das Firmament. Die übermächtige Atmosphäre dieses Ortes war angsteinflößend und ehrfurchtgebietend.   Die Drei spürten keinen Schmerz mehr, waren vollständig geheilt. Nun brachte es ihnen auch nichts mehr. Was ist passiert? Wie sind wir hierher gekommen? Sind wir... tot? Verwirrung und Unglaube. Keiner von ihnen wusste damit umzugehen, niemand kannte die Antwort. Von Akzeptanz waren sie weit entfernt, ihnen blieb vorerst nur die Abfindung. Und ihr Zusammenhalt.   Shachi wagte ein nervöses Lächeln, Penguin zog seinen Kappenschirm tief, grinste scheiternd. Trafalgar Laws Ausdruck war undeutbar. Keinerlei Emotion lesbar. Nur aus seiner Gestik. Federleicht legte er seine tätowierten Hände an je ein Schulterblatt seiner Kameraden. Berührte sie kaum spürbar. Äußerlich zumindest. Eine winzige Geste mit größter Bedeutung. Wenn der distanzierte Chirurg jemanden berührte, dann nur aus medizinischem Erfordernis. Das hier war eine Ausnahme. In diesem Augenblick war er kein Arzt, sondern ein Freund. Shachi und Penguin schauten zu ihm über ihre Schultern. Er sah sie nicht an, blickte stur geradeaus. Behielt jedoch seine Handflächen an ihnen. Das Lächeln des Duos strahlte in aufrichtigem Dank.   Plötzlich bewegte sich der bebende Feuerpfad, auf dem das Trio gar festgeschmolzen schien. Brachte sie immer weiter in Richtung des riesigen Torbogens aus zwei ineinandergreifenden Rippen. Als sie ihn durchquert hatten, sahen sie ihn; Den gigantischen Palast, den sie Widerwillens ansteuerten. Das Turmschloss bestand aus schwarzem Obsidian, dessen Schimmern im starken Kontrast zur gesamten Landschaft stand. Alles in den Schatten stellte und nichtig wirken ließ. Die Flammenlohen wurden von den Palastmauern reflektiert, erzeugten ein übernatürliches Lichtverhältnis, welches sie beinahe erblindete. Der Ausblick wirkte hypnotisierend und abschreckend zugleich.   Law wurde förmlich davon angezogen. Zugleich abgestoßen. Jedoch nicht von dem Palast... sondern dem, was in ihm lauerte. Law fühlte, dass er beschattet wurde. Von ihm.   Die überragende Doppeltür öffnete sich vor ihnen, mit einem ohrenbetäubenden Dröhnen. Ohne anzuhalten wurden sie ins Innere geführt. Gelangten in den Eingangsbereich, der einer Art Empfangshalle glich. In der Raummitte hielt ihr Beförderungsmittel an. Dennoch waren sie nicht imstande, auch nur einen Muskel zu bewegen. Gelähmt von der übermächtigsten Präsenz, welche den gesamten Raum unterdrückte – wortwörtlich.   Hunderte, gesichtslose Schatten knieten auf dem Boden nieder. In Demut und Reue vor ihrem Herrscher. Vor den drei Menschen erstreckte sich ein großer Totenschädel mit Hörnern. Sein Mund geöffnet, in dem der majestätische Thron stand. Gold-rot, mit Dolchen verziert, die statt Nieten in das Polster eingearbeitet wurden. Auf ihm saß das machtvollste Wesen, welches die Irdischen jemals erblickten. Kein Lebender war ihm bislang begegnet. Er war ein Mythos, eine Legende, die niemand wahr wissen wollte.   Law, Shachi und Penguin glaubten nicht an ihn. Und doch sahen sie ihn mit eigenen Augen vor sich.   Breitbeinig, ein Ellenbogen seitlich auf der Armlehne abgestützt, seine Wange auf seiner Faust, und geschwollener Brust grinste er sie an, zeigte seine spitzen Eckzähne. Seine Statur von Kraft und Muskeln gezeichnet. Sein Haar gar aus Feuerzungen bestehend. Zwischen den lodernden Strähnen zwei geschwungene Hörner prangend. Stechende Augen aus flüssigem Gold. Blutrote Lippen. Sein Seelen verschlingender Blick einzig auf Law gerichtet.   Das inhumane Monstrum war nicht allein. Links und Rechts hinter ihm zwei Gestalten stehend. Angelehnt an die Standfackeln, die ihre Figuren in Schatten hüllten. Einer hielt einen Dreizack, der andere biss in ein glühendes Stück Lavagestein. Beide wirkten beängstigend. Doch einer fehlte. Nicht mehr lange.   Als er erschien, brachte er die Todesstille mit sich. Plötzlich ein warnender Flügelschlag hörbar. Schwarze Federn schwebten zahllos durch die Luft. Eine einzelne zu Penguin getragen werdend und auf seinen gelben Kappenschirm fallend. Über ihnen stieg etwas herab. Jemand. Mit ausgebreiteten Flügeln, pechschwarz, im Kontrast zu seiner goldblonden Mähne. In stolzem Anmut flog er herab, seine Bewegungen graziös und präzise. Er trug eine schwarze Lederjacke mit weißen Nieten, die Punkten ähnelten. Der Rückenstoff zerrissen, aus dem seine Schwingen ragten. In seiner Hand eine geschwungene Sense haltend, deren gewellte Klinge kurz aufblitzte.   Gekonnt landete er an der Seite seines flammenhaarigen Anführers und lehnte sich seitlich gegen den Thron. Die lange Klinge seiner Sense um den Sessel greifend, sie beide umschließend. Hinter seinem blonden Haar schmunzelte er. Sein düsteres Schmunzeln galt dem Kappenträger.   Eine wegwischende Handbewegung des Herrschers. Und die Schattensklaven zwischen ihnen lösten sich in Rauch auf. Der Moment schien in der Zeit eingebrannt. Beide Gruppen standen sich gegenüber. Erhobenen Häuptern. Blickten sich unerschrocken an.   ...Und es begann.     Der wahrhaftige Teufel erhob seine maliziöse Stimme. Ein diabolisches Grinsen schattierte seine dunklen Lippen, als er das Schicksal der drei Menschen besiegelte.   „Willkommen in der Hölle, ihr reuigen Ficker!“   Kapitel 2: The Unforgiven – Denen man nicht vergibt --------------------------------------------------- Glaubst du an Dämonen? Wenn nicht... Sehe in den Spiegel.   Sie sind dir näher, als du glaubst. Der Mensch ist das verdorbenste Wesen.   Für uns Dämonen... Seid ihr das wahre Böse.       ~*~       Von irgendwoher erklang eine Gitarre. Finster, unheilig, ankündigend. Stimmte eine leise Melodie an, die über das höllische Reich getragen wurde. Die dämonische Bevölkerung spürte einen Impuls in ihren toten Herzen. Ein einziger Herzschlag, der sie kurzzeitig lebendig fühlen ließ. Wie eine schmerzliche Erinnerung, die sie nie erlebten. Ein Warnruf ihres Innersten. Etwas war geschehen. Etwas von größter Bedeutung, nicht vorherbestimmt, was alles verändern konnte. Die Ankunft des Chirurgen des schwarzen Todes und seine beiden Herzflügel.   Menschen. Oder Monster?   In der Menschenwelt erzählte man sich; 'Fürchtet euch vor den Dämonen. Sie sind die Verführer des Bösen.' Doch wer sich verführen ließ, war Mitschuldiger. Wenn der menschliche Wille nicht stark genug war, um den Sünden zu widerstehen, brauchte es einen Sündenbock, dem die Schuld zugesprochen werden konnte. So einfach. Immer war jemand anderes Schuld. Der Menschenwille war schwach. Gab sich der Verlockung hin. Sündigte. Und verleugnete seine Taten. Machtbesessenheit, Missgunst, Gier. Was im Leben so wichtig erschien, verlor im Tode an jeglicher Bedeutung. Erst durch die menschlichen Missetaten entstanden die Gebote. Ohne Sünder keine Sünde.   Seid ihr Menschen es nicht selbst, die eure Welt zerstören? Kriege der Machtdemonstration wegen. Morde der unentschuldbaren Rechtfertigungen. Materieller Reichtum für falsche Sicherheit. Lüge um Lüge für ein besseres Selbstbild. Alles nicht von Wert. Irgendwann blickte jeder seinen inneren Dämonen entgegen.   Dennoch gab es sie. Diejenigen, die zu ihrem gesetzlosen Selbst standen; Die schlimmste Generation. Alliierte der Freiheit, Verbündete des Teufels.   Tiefer als das Meer war nur die Hölle. Wer keinen Platz mehr auf Erden hatte, wurde von dieser verbannt. Vom singenden Fährmann über das Totenmeer gebracht.   Im Tode waren alle gleich. Hatten Angst vor dem Folgenden; Dem Moment der Abrechnung. Vor dem Teufel zeigte jeder sein wahres Gesicht.   'Ich fürchte den Tod nicht', behauptete Trafalgar Law. Armer, unwissender Mensch. Wer den Tod nicht fürchtet, hat sein Leben nie zu schätzen gewusst.   Der letzte Akkord der Gitarre verzerrte, zu schaurigen Tönen, die abrupt erstarben. Der Frost der Zeit legte sich über die Hölle. Alles Entseelte ward gebannt. Starrte in untertänigem Respekt zum Schloss ihres Fürsten, der das menschliche Unheil in Empfang nahm. Das Aufeinandertreffen zweier Welten – ein Ereignis, welches in die satanischen Schriften eingehen wird.   Langsam drehten die Totenkopf-Leuchter der Höllenhalle ihre ausgehöhlten Augen in Richtung des Schauspiels, das die Unterwelt in Unruhen versetzte. Menschen und Dämonen standen sich gegenüber. Die intensive Stille greifbar, fühlbar, unantastbar. Das hellblaue Flammenlicht im Schädelinneren der Dekoration begann wild zu flackern, als der Höllenfürst sich von seinem Thron erhob. Sein züngelndes Flammenhaar bewegte sich ungezähmt im Takt seiner schweren Schritte, während er auf die drei Menschen zutrat. Eine übernatürliche Intensität ergrifft die starke Atmosphäre, von Autorität und Bedeutungsschwere gezeichnet. Die raue Stimme des Teufels reflektierend.   „Ihr habt gesündigt.“ Anprangernd, beschuldigend und gebietend sprach der Herrscher diese Worte. Seine Stimme einen mächtigen und furchteinflößenden Klang annehmend, während er sich zu den Menschen vorbeugte. Sein Grinsen besessen, gar begierig. In seinen Augen ein repressives Goldrot, den Abgrund der Hölle offenbarend, dem das Trio entgegenblickte. „Leidet. Blutet für eure Taten. Bettelt um Vergebung. Vergebung ist der Schlüssel zur Freiheit. Der Teufel vergibt, aber vergisst nie.“   Als würden die Menschen unter Hypnose stehen, lauschten sie der alles durchdringenden Stimme des Teufels. Langsam trat er auf Penguin zu, sah ihm tief in die Augen. Blickte ihm in die Seele.   „Was willst du wirklich?“, fragte er ihn. Die Frage der Wahrheit. Niemand konnte den Teufel belügen, wenn er dem höllischen Spiegel der Offenbarung entgegensah. Penguins Lippen bewegten sich wie von selbst, mussten ihm antworten, in aller Aufrichtigkeit seinen sehnlichsten Wunsch bekennen. „Ich will die Stärke, die zu beschützen, die mir wichtig sind.“   Nach ihm folgte Shachi, dem der Teufel die gleiche Frage stellte. Shachi antwortete ihm ebenso ehrlich. „Ich wünsche mir Gesundheit für alle Menschen“, begann er tief Luft zu holen, „und-das-und-das-und-das... uuund-“ Der Teufel wandte seine Augen ab. Womit Shachis Redeflut abrupt gestoppt wurde.   Der seelenoffenbarende Blick schweifte zu Law, dem er sich lauernd näherte. Vor ihn trat, auf ihn hernieder blickend, in Silber hinabsinkend.   „Was willst du wirklich?“ … Und Laws Antwort erfolgte. „Dass Sie aufhören, uns mit Ihren okkulten Albernheiten zu belästigen.“   So ward die Trance gebrochen. Erstaunen. Der Teufel war erstaunt. In seiner Existenzzeit gab es Weniges, was ihn überraschte – dies war eine Ausnahme. Seine Verführung wirkte bei diesem Menschen nicht. Law war resistent dagegen. Und der Höllenfürst grinste belustigt.   „Das is ja 'n Ding. Nich so erstaunlich wie meins, aber-“   Erstmals zeigten die Menschen eine Reaktion. Laws Augenbraue zuckte, als seine nüchterne Stimme erklang. „Wir sind Ihnen überaus verbunden für Ihre ausbleibende Gastfreundschaft – und finden selbst den Weg hinaus.“   Shachi und Penguin deuteten eine leichte Verbeugung an. Weil ihre Schuhsohlen noch immer am Glutkohlepfad hafteten, zogen sie zu dritt ihre Schuhe aus, drehten sich um und schritten in aller Seelenruhe in Socken davon. Umgingen dabei den Flammenpfad, traten auf den lauwarmen Obsidian-Boden. Beschleunigten Schrittes rasch in Richtung Ausgangstor eilend. Taktischer Rückzug. All das hier konnte einfach nicht wahr sein.   Der Teufel sah ihnen blinzelnd nach, seine versengten Augenbrauen irritiert zusammengezogen. Ein solch entwürdigendes Verhalten hatte ihm noch keine Seele entgegengebracht. Niemand wagte es, den Leibhaftigen eiskalt abzuservieren! Heat und Wire lachten leise hinter seinem Rücken, auch Killer konnte sich ein Halb-Grinsen nicht verkneifen. So etwas sah man schließlich nicht alle Tage.   „Keinen Schritt weiter!“, donnerte das grollende Knurren des Hünen durch seine Hallen. Dabei seine Hand ausstreckend, welche die großen Tore mit einem lauten Knall vor den Menschen zuschlug. Der erzeugte Starkwind wehte ihnen um die Ohren, fegte fast ihre Mützen weg. Gefolgt von dem einschüchternden Stimmorgan, welches keine Menschlichkeit besaß, nur die reine Bestialität. „Seht mich an, Leichenfledderer, wenn ich mit euch spreche!“   Eine Übermacht veranlasste die Menschen dazu. Dem Befehl des Höllenfürsten konnte sich niemand widersetzen. Law blickte über seine Schulter, sein Blick desinteressiert und unbeeindruckt.   „Mister... nicht-von-Realität; Wir wünschen zu gehen, falls Ihnen dies entgangen sein sollte“, forderte er mit Nachdruck in seiner geschärften Stimme. Auch seine grauen Augen nahmen eine silberne Nuance an, die keinen Raum für Diskussionen ließ. Rau lachte der Feuerschopf auf. „'Gehen'? Tch. Kein Schwein verpisst sich von hier. Nich, solang ich das Sagen hab. Und ich sage; Ihr bleibt!“   Ein endgültiger Erlass, der soeben in Lavagestein gemeißelt wurde. Hier gelten seine Regeln. Der Ort unterstand ihm, würde die Menschen von nun an nicht mehr fort lassen. Tja, Pech gehabt, was? Selbstherrlich wurde das dunkle Grinsen, als er sich zufrieden mit sich und der Unterwelt auf seinen Königsthron fallen ließ. Er ging als klarer Sieger hervor. Die Mützenträger spürten es. Wie ihre menschlichen Hüllen von einer unnatürlichen Schwere ergriffen wurden. Unsichtbaren Fesseln ähnelnd, die sie an die Hölle banden. So schnell das Gefühl kam, verschwand es auch wieder, in ihnen erhalten bleibend. Law fluchte leise unter seinem Atem, was den Teufel belustigte.   „Solltet ihr versuchen abzuhauen, werdet ihr bei lebendigem Leib zerfetzt, so einfach läuft's“, teilte er ihnen mit, ein mordlüsterner Ausdruck verdunkelte das Bernstein seiner ausdrucksvollen Augen. Ersetzt von seinem dreckigsten Grinsen. „Und jetzt kniet nieder und leckt meine Stiefel!“   Geräuschvoll platzierte er seinen Springerstiefel auf der Thronlehne, wartend auf den Gehorsam der Menschen. Echt geil so mächtig zu sein. Bin ich nich der Geilste? Silberne Augen zeigten die pure Abscheu.   „N i e m a l s.“ Langsam und betont sprach Law die Silben, während er noch langsameren Schrittes auf den Höllenfürst zuging, dicht gefolgt von Shachi und Penguin. Seine Körperhaltung erhaben und stolz, seine Bewegungen gefasst und gefährlich. Der eisige Kontrast seiner sturmgrauen Augen hätte selbst die Hölle erlöschen lassen. Das scharfe Zischen seiner Stimme toxisch-tödlich. „Koitieren Sie mit meinem Schuh in Ihrem Genus.“   'Fick dich ins Knie.'   Hinter dem Thron sogen Heat und Wire scharf die Luft ein, ehe sie ehrfürchtig tuschelten. „Sie haben sich dem Befehl widersetzt. Er hat keine Wirkung gezeigt!“ Etwas, was unmöglich war. Killer wiegte seinen Kopf nachdenklich zur Seite, sodass seine blonden Strähnen leicht in Bewegung gebracht wurden. „Diese Menschen sind noch im Besitz ihrer seelischen Individualität. Irdische Hülle und jenseitiges Wesen sind Eins. Sie sind nicht verstorben. Der Captain hat keine vollständige Befehlsmacht über sie.“   Ein abfälliger Knurrlaut seitens der Selbstherrlichkeit in Persona. „Das hab ich selbst gerafft. Erklär mir wieso!“ „Nun... Entweder ist dies ein Scherz des Himmelsvolks oder die Menschen haben das höllische Siegel gebrochen und sind lebendig durch die Pforte zur Unterwelt gelangt. Ob Glück oder Unglück bleibt fraglich-“   Jemand fiel ihm ins Wort. Penguin, der all seinen Mut zusammenraufte. Unmut zeichnete seine gereizte Stimme. Er wollte einfach nur weg von hier.   „Warum fragt ihr uns nicht einfach, statt bescheuerte Theorien an den Haaren herbeizuziehen?“, wagte er es dann doch nicht, das blonde Höllenwesen direkt anzusprechen, dessen durchdringenden Blick er mied. Faktisch antwortete dieser; „Der Teufel fragt nicht.“   Dass der einschüchternde Dämon mit ihm sprach, löste Unbehagen in Penguin aus. Warum musste er auch seine Aufmerksamkeit auf sich ziehen? Zu seinen Socken schauend, erwiderte er; „Er fragt nicht... aber du könntest es.“   Ein teilnahmsloses Schulterzucken, das Killers schwarze Flügel mitbewegen ließ. „Ich bin mir schlicht zu schade dafür.“ Und Penguins Mund klappte in Fassungslosigkeit auf. Wie arrogant konnte man sein? Da traute er sich einmal was und schon bereute er es. Klasse!   Shachis fröhliche Stimme entschärfte die unlesbare Stimmung. „Ich! Ich! Ich!“, rief er und meldete sich mit erhobenem Zeigefinger. „Ich frage, wenn's sonst keiner tun mag. Wie haben wir's gemacht?“ Penguin quittierte seinen besten Freund mit einem ungläubigen Blick. „Du warst dabei, du Hohlnuss. Das solltest du eigentlich wissen.“   „Schon... aber ich hab doch bloß etwas Gutes tun wollen und-“ Ein markerschütterndes Gelächter aller Höllenmänner. Selbst das unsichtbare Böse schien Shachi auszulachen, sodass er schmollend seine Backen aufblies. „Hör zu, du Shrimp“, fing sich der Teufel wieder, seine raue Stimme einen tief dunklen Klang annehmend. „'Gutes' gibts hier nich. Da biste bei uns an der falschen Adresse. Pah, echt ekelhaft! Kriech den Engeln in den Arsch, wenn 'de den Heiligen spielen willst.“   Shachi lächelte. Ein Lächeln gegen die Tränen. Die harten Worte verletzten ihn. Eine gute Seele gehörte hier einfach nicht hin. Penguin wurde wütend.   „Hey, Arschloch!“ Verdammt sei seine Angst! Ein Freund verteidigt seine Familie! Einen festen Schritt ging Penguin auf den Fürsten zu, blickte zu seiner überragenden Figur auf. Selbst sitzend war der Teufel noch größter als der Kappenträger, der am unteren Ende der Treppenerhöhung stand. Der Vize stellte sich reflexartig vor seinen Captain. „Hast du was zu melden, Ver-Sterblicher?“   Eine eiskalte Warnung. Die geschwungene Sense blitzte unheildrohend, hörend auf die warnenden Worte ihres Besitzers. Trocken schluckte Penguin seine beängstigte Nervosität herunter, ehe er sich Killer entgegenstellte. „Das habe ich sehr wohl“, schob er den gelben Schirm seiner dunkelblauen Kappe schief nach oben, um den machtvollen Dämon aus einem giftgrünen Auge anzublitzen. „Ihr macht einen auf Wichtigtuer, führt euch auf wie die letzten Penner und habt meinen Bruder verletzt-!“   Eine tätowierte Hand drängte ihn ruhig zur Seite.   „Lasse mich dies klären, Penguin-ya“, entschied er und richtete seine geschliffene Stimme an den obersten Anführer, der seinen Vize mit einer lockeren Handbewegung zurückbeorderte. Ein Blickduell von Silber und Gold schnitt durch die verdorbene Luft. Mit Diplomatie kam Law nicht weiter. So versuchte er es auf anderen Wegen.   „Eure Herrlichkeit“, verkniff er sich den spöttischen Unterton, der 'Abscheulichkeit' sagen wollte, seine Mimik unlesbar. „Wie es mir scheint, ist eine Einigung von Nöten. Was können wir tun um uns Eurer zu beweisen?“   Taktische Psychologie; 'Wiege deinen Handlungspartner im Vorteil, um selbst einen daraus zu schlagen.' Law siezte den Höllenfürst als Zeichen der kalten Distanzierung. Nicht aus erwiesenem Respekt, wie es den Anschein hatte.   Die gierigen Augen des Teufels schweiften über Trafalgars Körper. Langsam, begutachtend. Irdische Hüllen reizten ihn für gewöhnlich nicht. Seelenhandel war eher sein Ding. Doch sollte es auch Ausnahmen geben. Law lief ein eisiger Schauer über den Rücken. Der Verführer schien ihn mit Haut und Seele verschlingen zu wollen. Was er nur über seine Leiche zuließ – wortwörtlich.   Mit einem Fingerschnippen rief der finstere Fürst nach seinen höllischen Beratern. Zu Dritt beugten sich seine Gefolgsmänner zu ihm herüber, begannen in unverständlicher Sprache zu diskutieren. Allem voran der Mächtige selbst und seine rechte Hand. Dann ward es entschieden. Und er verkündete gar feierlich die Aufgabe an die Menschen.   „Ihr bleibt solange hier, bis ihr die vier Kaiserreiche passiert habt“, offenbarte er in hämischem Ton, seine Schadenfreude auf seinen dunklen Lippen präsentiert. „Eine Prüfung der Sühne. Leiden sollt ihr. Kämpft um eure Freiheit.“   „Einverstanden“, willigte der Plüschmützenträger ein, sich ihres Sieges vollends gewiss. Shachi und Penguin warfen ihm einen 'bist-du-irre?!'-Blick zu – eine selbsterklärende Frage. Ist er... Schmunzelnd fragte Law; „Mit wie vielen miesen Tricks Eurerseits müssen wir rechnen?“   „Vielen, verdammt vielen!“, prahlte der Teufel gar stolz. Minder verblüfft, dass der Mensch seine niederen Absichten durchschaute und dennoch einwilligte. Lässig fuhr er sich durch seine feuerrote Mähne. „Devil the Kid der Name.“   Aus Höflichkeit stellte sich der Tätowierte ebenfalls vor. „Trafalgar Law.“ Verwendete jedoch nur seinen bürgerlichen Namen.   Mit einem Blutpakt wurde der Vertrag unterzeichnet. Ein Blutstropfen von jedem Mensch. Killer beugte seine blutgierige Sense zu ihnen, stach einem jeden in den Zeigefinger – außer Law, der ihnen seinen Mittelfinger entgegenstreckte. Die Blutsense reagierte auf die Opfergabe, erzitterte. Das schimmernde Lebensrot von der Klingenspitze herab perlend, ehe der dunkle Tropfen unter lateinische Zeilen gesetzt wurde. Law konnte die Fremdschrift als einziger der Drei lesen. Ging den Vertrag akribisch durch, der sich letztlich als unverdächtig herausstellte. Als das Blut vollständig in das Pergament einsickerte, löste es sich in Flammen auf. Kid lachte boshaft.   „Oho. Ein D. also... das kann lustig werden.“   Aus dem Blut der Sterblichen konnte er alles lesen. Ihre gesamte Lebensgeschichte – wenn er sich dafür interessiert hätte. Tat er nicht. Was juckte ihn das Leben anderer? Wofür hatte er denn seinen Sekretär? Blutlesen war auch eine Bildungskunst. Killer kümmerte sich um den Schriftkram und langweiligen Rest. Dieser schmunzelte, weil er zuvor etwas höchst Interessantes erfuhr. Was er aber vorerst für sich behielt. Nicht alles war für teuflische Ohren bestimmt. Sein versteckter Blick schweifte kurz zum Kappenträger, der nichts von seinem offenbarten Geheimnis ahnte. Doch früher erfahren sollte, als ihm lieb war.   Niemand war frei von Sünde. Dass die drei Menschen hierher gelangen konnten, bewies ihre befleckten Seelen. Reinweiß war keine von ihnen. Sonst wären sie auf natürlichem Weg in den Himmel gelangt. Der Chirurg des schwarzen Todes im Himmel? Welch makaberer Scherz. Den hier verrufenen Götter-Lurchen wären ihre gepuderten Engelsärsche auf Grundeis gegangen. Wie das eine Mal, als sie unverhofften Besuch aus der Hölle bekamen. Das letzte Thanksgiving der Hölle war schon etwas her, es wurde lange kein Hühnchen mehr gerupft. Ob das Auriels Rache für letztens war? Der Schicksalsengel war nachtragender als die launische Karma. Da begattet Kid den Hexenzwilling einmal und schon verteufelt sie ihn. Der Gedanke brachte Killer zum Schmunzeln. Karmas Rache folgte unverzüglich. Von der Wand löste sich ein umgekehrtes Knochenkreuz, welches Killer auf den Kopf traf. Völlig unberührt zuckte er mit keinem Muskeln, behielt seine beherrschte Pose. Und blickte zu Law, der zu sprechen begann.   „Gibt es etwas, was wir wissen sollten, bevor wir aufbrechen?“   Kids Augen weiteten sich. Shit! In Killers Augen – hinter blondem Pony verborgen – funkte ein wissendes Leuchten. „Einiges.“ Oh nein, er will doch nich- „Beginnend bei der Seele.“   Jetzt kam wieder einer von Killers endlosen Vorträgen. Er konnte damit Seelen zum Tode vor Langeweile quälen. Die reinste Folter. Kid verzog sein Gesicht, lehnte sich in seinem Thron nach hinten, verschränkte die Arme und schloss seine Augen. Scheiße, dass das Böse nie schläft... aber kann's wenigstens so tun, als ob.   So begann Killers monotone Stimme zu erzählen. „Die Seele ist die Energie des Lebens. Eine Ansammlung von gebündelter Energie, reflektiert in Licht und Schatten; Gut und Böse.“ Lässig schwang er seine Sense. „Dies“, deutete er auf den beschworenen Schattensklaven, „ist der Nachlass einstigen Lebens. Ein Verstorbener, dessen Energie von der Hölle absorbiert wurde. Er trägt kein Licht mehr in sich, ist damit seelenlos. Seine Existenz ist nichtig. Er ist wahrhaft tot; innerlich leer.“ Locker zog er eine seiner Federn von seinen Flügeln, hielt sie vor die Menschen. Sie leuchtete pechschwarz, im Seelenfinster. „Wir Dämonen besitzen eine andere Art von 'Seele' – die der dunklen Energie. Des 'Bösen', als welches ihr Menschen uns betrachtet. Es ist das reine Licht der Finsternis.“   Penguin sah ihn teils überrascht, teils fragend an. „Aber... ist Licht nicht etwas Positives? Wo ist dann der Unterschied zwischen 'Gut' und 'Böse'?“ Killer schmunzelte. „Exakt. Dieser existiert nicht. Es ist die einseitige Betrachtungsweise, mit welcher die Menschen ein schwarz-weiß Muster erschaffen haben. Menschen neigen dazu, einen Sinn in allem zu suchen und Dinge kategorisieren zu wollen. So haben sie Dämonen dem Negativ zugesprochen, weil sie ihre Gänze nicht erfassen können. Was der Mensch nicht versteht, wird mit einfachen Erklärungen oder als 'unwirklich' abgetan.“   Law fühlte sich in seiner Rationalität gekränkt, erhob seine nüchterne Stimme, mitsamt einer skeptischen Augenbraue. „Ihr möchtet uns demnach weiß machen, dass die Menschheit ungebildet ist?“ 'Dass ich ungebildet bin?' „Keinesfalls“, schüttelte Killer seinen Kopf, „der Verstand ist eine mächtige Waffe – wenn man ihn einzusetzen weiß. Die Stütze der Seele ist euer geistiges Bewusstsein, mit welchem ihr wahrnehmt und versteht. Glaubt, was ihr glauben wollt; Doch bedenkt dabei, dass jede Grenze erweitert werden kann.“   Law nickte nachdenklich. „Verstehe. Und wie würdet ihr die Anatomie betrachten?“ Seine Wissbegier wollte gestillt werden. Auch diese Frage wusste der satanische Gelehrte zu beantworten. „Der Körper ist nur eine irdische Hülle. Sie dient zum Schutz der Seele.“ Plötzlich änderte sich Killers Optik. Sein Äußeres wandelte sich, wurde muskulöser, seine Haare fülliger, seine gepunktete Lederjacke in ein hellblaues Hemd mit Totenkopf-Symbol gewechselt. „Wir können unsere Hülle nach Belieben formen. Haben keinen 'menschlichen Körper', tragen lediglich die existenzielle Verkörperung unserer Vorstellung.“ Und er wandelte sich wieder zu seiner eleganteren Form. Penguin gefiel diese mehr. Was er niemals zugeben würde.   Laws Augen schweiften zu Kid. Silber tastete akribisch über den exotischen Körper des Teufels. Ich will ihn erforschen- Kid öffnete ein goldenes Auge, grinste. So, so... Du hast also Blut geleckt. Ich kann dir noch was andres zum Lecken geben- Raus aus meinem Kopf! Rein in deinen Arsch?   Ignoranz. Eine Strafe, die dem Teufel missfiel. Laws Rache wurde auf Silber-Kreuzen serviert. Sein Blick kreuzigte den Wahrhaftigen. Wenn 'de mich so ansiehst, macht das meine Hörner bloß spitzer... Hey, ignorier mich nich! Und Funkstille ward zwischen ihnen.   „Hey, du da!“ Shachi, der Killer erwartungsfreudig anblickte. „Ist das Märchen über Seelen schon zu Ende?“ 'Märchen.' Ein Nicken seitens des Sensenmanns, ein Schmollmund seitens Shachi. „Schade“, seufzte er, gestand dann betrübt; „Ich versteh's nicht.“   Heat – der mittendrin irgendwann weggetreten war – klopfte ihm auf seine hängende Schulter. „Mach's dir nix draus; Ich kapier's auch nich.“ Shachi lächelte den lispelnden Rasta-Dämon an. Zeitgleich setzte sein Helferkomplex ein; Er wollte Heat helfen, es zu verstehen. Fasste das Ganze in seinen Worten zusammen. „Im Grunde sind wir alle Grau. Die Mitte von Schwarz und Weiß. Ich mag aber lieber Grün sein... Grün, wie die Hoffnung! Die Moral von der Geschichte; Wie eine Hummel können wir alles schaffen, alles sein, was wir wollen. Jeder ist auf seine Art einzigartig und besonders!“   Schnell zog Heat seine Hand zurück, weil er sich an Shachi verbrannt hatte. Das helle Licht einer reinen Seele war für einen Dämon verletzlich. Interessant... Law machte sich gedanklich eine Notiz. Des Teufel dunkle Lippen verzogen sich hämisch. Versuch's erst gar nich; deine Seele is dreckiger, als meine Gedanken – und das will was heißen!   Das schürte Laws Interesse. „Wie sehen unsere Seelen aus?“, wollte er wissen. Seine Frage sollte er bereuen. „Kira!“ Kids Grinsen glich der puren Manie. Die Boshaftigkeit selbst verfinsterte seine Miene. „Zeig's ihnen.“   Plötzlich ward alles finster. Dunkelheit in ihrer Ursprungsexistenz. Nie hatte ein Mensch ein solch intensives Schwarz erblickt. Inmitten allem Dunkel blitzte etwas. Gold, Amethyst, Rauchquarz und Diamant – Die Augen der Höllenwesen, die gierig auf ihre menschlichen Seelen lauerten. Killers Sense erzitterte in seiner Hand, von finsterer Energie geflutet, welche die Klinge in seicht violettes Licht hüllte. Mit einer beängstigenden Macht ließ er sie vor sich rotieren, erzeugte eine übernatürliche Spannung, welche die Atmosphäre spürbar erbebte. Ein fremdes Gefühl ergriff die Menschen, die noch nie etwas Vergleichbares gefühlt hatten. Etwas Abnormales, eine Emotion zwischen Todesangst und Erfüllung. Ein Kontrast all ihrer jemals empfundenen Impressionen. Wie das Gleichgewicht von Negativ und Positiv, die Vollkommenheit. Es war eine Gefühlsmacht, die ihre Seelen lebendig fühlen ließ; Die wahrhaftige Freiheit im Tode.   Gnadenlos schlug Killer seine Sense in Penguins Brust. Ihre Spitze schmerzlos durch die irdische Hülle dringend, bis zum Innersten, welches er in einer routinierten Aufwärtsbewegung aushebelte. Fließend zog er eine Art Lichterscheinung aus dem Körper, trennte diesen von der Seele. Nicht gänzlich, sonst würde die Psyche des Menschen, mitsamt seiner Existenz zusammenbrechen. Eine Aura – die Seinige – umgab Penguin, der unter Schock stand. Warum hat er mich als Erstes rangenommen-? Falsche Wortwahl!   Der Seelenräuber machte seinem Namen alle Ehre; Mit gleichem Ritual raubte er auch die Seelen der beiden anderen Menschen. Beraubte sie ihren Hüllen. Shachi war begeistert von dem Lichtspektakel, verstand dessen immense Bedeutung nicht, mochte aber die vielen Lichter. Law ließ die Prozedur kommentarlos über sich ergehen; Diese Art der Sezierung kannte er noch nicht, fand sie höchst interessant.   Der Stimmton von Killer glich der Diabolik, dämonische Klänge verzerrten seine Worte. „Dies sind eure Seelen.“ Eine Erklärung, welche die Menschen verstanden. Er enthielt ihnen die Komplexität dahinter, die ihren Geist nur verwirren würde. Achtsam betrachteten sich die Menschen, sahen an sich herab, blickten auf ihre lichtdurchströmten Körper. Der Unterschied ihrer Seelen war offensichtlich.   Der Wert einer Seele wurde in ihrem Licht gemessen, in der Energie, welche sie ausstrahlte. Ein Neugeborenes glich der reinen Energie. Dem neuen Leben; einem starken, doch kleinen Seelenlicht. Im Laufe der irdischen Existenzzeit absorbierte ein Lebewesen mehrere Elemente von Gut und Böse; durch jedwede Erfahrung, welche es machte. Der entscheidende Faktor war der Umgang mit prägenden Einflüssen. Die Psyche trug einen großen Teil zur Seelenentwicklung bei. Nun hatten die Dämonen drei menschliche Gegensätze vor sich; Law, der Realismus. Penguin, der Pessimismus. Shachi, der Optimismus.   Wie prägte sich dies auf ihre Seele aus? ...Fatal.   Um den Unterschied ihrer Charakter deutlicher zu machen, erschuf Kid mit einem geschnippten 'Reflect' ein Abbild ihrer Hüllen; Ein flammendes Spiegelbild von ihnen, welches neben ihnen erschien. Drei menschliche Augenpaare trauten ihren Augen nicht.   Laws Seele. Sie war von unzählbaren Schnitten durchzogen. Er sah sein eigenes Spiegelbild, vollends seziert, als hätte er zig Operationen an sich selbst vollzogen. Vorwiegend im linken Brustbereich. Einzig sein Kopf schien unberührt. Penguins Seele war durchlöchert. Etliche Schusswunden, die seinen gespiegelten Körper zierten. Nur sein Herz war völlig unbeschadet. Shachi hingegen, blickte sich selbst fast 1 zu 1 entgegen, sein Seelenwesen nur viel viel heller. Bloß ganz leicht erkannte man die feinen Schnitte, welche die Handgelenke und Unterarme seines Wesensspiegels zierten. Seine Seele war die reinste von ihnen dreien. Was ein Problem für sich darstellte; Wenn er weiterhin heiliger Natur blieb, konnte er sich nicht lange hier aufhalten. Die Hölle würde Shachi verstoßen.   Wahnsinn kroch in den menschlichen Geist. Die Menschen konnten die vielen, neuen Informationen nicht verarbeiten. Was sie hier lernten, hatte bisher kein Sterblicher gelehrt bekommen. Die Trennung von Körper und Seele war ein riskantes Unterfangen, konnte auf Dauer die psychische Menschlichkeit schädigen. Um ihren Verstand vor dem Wahn zu schützen, handelte der Teufel. „Repel!“, wehrte er die aus der Finsternis kriechenden Wahn-Dämonen ab. Lästige Mistbiester. Die kleinen Schattenratten fraßen nur zu gern den restlichen Verstand der Verstorbenen, die bei ihrer Ankunft in der Hölle wahnsinnig wurden. Hin und wieder gönnte der Höllenfürst ihnen einen Happen; Aber diese drei lebenden Menschen würden sie garantiert nicht bekommen! Quietschend flüchteten die schattenhaften Nager, als ihnen mehrere Dolche entgegen gerammt wurden. Einen Schritt weiter und sie wären aufgespießt worden.   Die Trance der Menschen wurde aufgehoben. Die Finsternis aufgelöst, ihre Seelen in ihre Körper zurückgeschickt. Law seufzte leise in seinen schwarzen Kinnbart. Der Abschied von seiner Rationalität war kein tränenreicher, dafür aber ein schwerer. Rational erklärbar war all dies längst nicht mehr. Jedoch... konnte das Ganze nicht auch einer seiner Insomnie-Träume sein? Er schmunzelte. Willkommen zurück, Rationalität.   Killers Erzählerstimme erklang letztmals. „Es gibt eine Möglichkeit eure Seelen zu-“ Kids befehlender Blick brachte ihn zum sofortigen Schweigen. Die Menschen mussten nicht alles wissen. Genervt fuhr Kid sich durch sein Flammenhaar.   „Wären damit eure Fragen beantwortet?“ „Mitnichten-“ Law wurde überhört. „Gut. Zurück zum Deal.“   Der Teufel nickte in Richtung Eingangshalle, erteilte seinem Vize einen wortlosen Befehl. „Habe verstanden“, bestätigte dieser, legte seine schwarzen Flügel an und ließ seine Sense im Nichts-und-Alles verschwinden. „Ich führe unsere 'Gäste' durch die Hallen. Ihre Schuhe haben sie ja freundlicherweise bereits ausgezogen.“   Ein echt netter Reisebegleiter..., dachte sich Penguin sarkastisch und verdrehte seine Augen hinter seinem Kappenschirm. Ich nehm ihm die Sensensache krumm. Von dem will man echt nichts reingerammt bekomm- Verfluchte Gedanken!   Law schenkte dem Höllenfürst einen letzten Blick. Abschätzig und kalt seine Augen. Eis-Grau im starken Kontrast auf Höllen-Gold treffend. Ab nun würden ihm des Teufels Augen bei jedem Schritt am Arsch brennen. Wie auch jetzt, als er ihm den Rücken kehrte und er ihm seine Kehrseite präsentierte. Und Kid gefiel, was er sah. Sehr. Seine Hörner stellten sich bei dem Anblick auf.   Shachi blieb noch kurz stehen. Betrachtete sich neugierig die Umgebung. Er freute sich auf das neue Abenteuer. Von Neugier gepackt wandte er das Wort an Heat. „Also, äh, was bist du eigentlich?“, fragte er aufgeschlossen und wartete gespannt auf die Antwort.   Überrascht, dass jemand sich für ihn interessierte, wechselte die immertrübe Mimik des blauen Rasta-Dämons zunächst in Unglaube, ehe sie einen fies grinsenden Ausdruck annahm. „Ich? Ich bin's ein Seelenverschlinger.... und hab dich zum Fressen gern, Kleiner.“ In Shachis gutgläubigem Leichtsinn nahm er dies als Kompliment auf und fühlte sich sichtlich geschmeichelt. Verlegen zupfte er an seinem Overall-Ärmel. „Danke. Du bist mir auch total sympathisch, Spaghetti-Kopf.“   Penguin zog seinen besten Freund am Kragen mit. „Du sollst doch nicht mit Fremden reden. Schon gar nicht mit jemandem, der dir an die Seele will.“     Zu viert schritten sie einen langen Treppengang entlang, der kein Ende nehmen wollte. Angeführt von dem blonden Reiseführer, gefolgt von Law, Penguin und Shachi, die Abstand zu dem dämonischen Stillleben vor ihnen hielten. Das zwielichtige Wesen war ihnen nicht geheuer. Dass er seit ihrem Führungsbeginn kein Wort mit ihnen gewechselt hatte, hinterließ keinen positiven Eindruck. Das Schweigen wurde einzig von den nachhallenden Schritten untermauert. Laws Nacken brannte unaufhörlich. Als würden sich Augen in ihn glühen. Er widerstand dem Drang, sich umzudrehen, weil er wusste, dass dort niemand war. Entweder war sein Spanner in seinem Kopf oder seine belauernden Blicke existierten hier überall. Haben sich die Augen des surrealen Gemäldes dort drüben bewegt? Dies muss eine Sinnestäuschung sein... Law hatte sich nie für die satanischen Lehren interessiert. Alles Irrsinn. Doch nun überlegte er, zumindest einen Blick in diese Bücher zu werfen.   Ein warmer Windhauch an seinem Ohr. Nur für ihn spürbar. Hörbar. „Ich kann dir alles beibringen... was du über mich wissen willst.“ Pure Egomanie schwang in dem raunenden Flüstern mit. Das selbstgefällige Grinsen unüberhörbar. Neutral antwortete Law trocken; „Ich verzichte. So interessant seid Ihr nun auch wieder nicht.“ Und des Teufels Grinsen fiel. Während Laws Mundwinkel sich hoben. Das stärkere Brennen seines Nackens ließ ihn darauf schließen, dass ihn der Blick einäschern wollte. Welch bitter-süße Genugtuung.   Hinter ihm seufzte Penguin Shachi leise zu. „Law redet wieder mit sich selbst. Meinst du, wir müssen uns Sorgen machen?“ „Nö. Das war doch schon immer so. Laut ihm gibt es 'keinen würdigeren Gesprächspartner, als ihn selbst'... Hm. Das ist eigentlich ziemlich gemein.“ Penguin nickte zustimmend. „Ist es. Weißt du noch das eine Mal, als ein Seelenklempner ihn therapieren wollte? Danach ist der Kerl nervlich am Ende aus seiner Praxis geflohen.“ „Wieso denn das? Etwa aus Mitgefühl, weil er Laws Geschichten so traurig fand?“ „Ja, Shachi, genau deswegen“, klopfte Penguin seinem Freund auf die Schulter, ihm seinen gutherzigen Glauben lassend.   Dann fiel Shachis Blick auf die schwarzen Flügel des vor ihnen Laufenden. Kurz leuchteten seine Augen, nahmen einen Funken der Neugierde an. Seine Finger zuckten, ehe er seinen Arm langsam nach vorne streckte um die Federn zu berührten. Nur ganz kurz wollte er sie anfassen, wissen, wie sie sich anfühlten. Penguin erahnte seine Absicht, schlug ihm sacht auf seine Finger und zischte ihm flüsternd zu. „Lass das besser.“ „Aber warum denn?“ „Darum.“ Weil er keinen Ärger mit einem Dämon wollte. Darum. Vielleicht auch, weil Penguin die Flügel selbst berühren wollte, bevor es ein anderer tat. Ihre dunkle Farbe erinnerte ihn an Pinguinfedern. Verdammt, seine Namensvetter machten ihn schwach.   Plötzlich blieb Killer abrupt stehen. Weswegen Penguin sich ertappt fühlte. Völliger Schwachsinn. Als wenn der Typ wüsste, dass er ihn – einen obersten Dämon – mit einem putzigen Pinguin verglichen hätte. Er weiß es nicht. Er weiß es nicht. Oder vielleicht doch? Penguin wurde nervös. Und wenn er nervös wurde, versuchte er es zu überspielen. Mit zynischem Sarkasmus.   „Was ist? Hast du dich in deinem eigenen Zuhause verlaufen?“, sprach er Killer verwegen grinsend an und verschränkte seine Arme, dessen Finger er unruhig in seine Unterarme bohrte. Ruhig bleiben, ruhig bleiben... Warum nur kann ich meine große Klappe nie halten? Wie in Zeitlupe drehte sich der unheimliche Todesbringer zu Penguin um. Dieser schluckte sichtlich, sein Adamsapfel kurz zuckend. War das ein Wort zu viel? Mitnichten. Das, was der Dämon ihm vollends schlicht und direkt entgegnete – das war zu viel für Penguin.   „Umwirbst du mich?“   „Wa-?“, stieg Hitze in Penguins Wangen. „Nein!“   Das Schmunzeln des Blonden wurde diabolischer. „Du solltest wissen... hier in der Hölle definieren wir Begehrlichkeit anders, als ihr Irdischen. Für uns ist Hass, Negativität und Ablehnung eine Art zu zeigen, dass man den anderen attraktiv findet.“   Law fluchte leise in seinen schwarzen Kinnbart. War das der Grund, warum er die Abscheulichkeit am Gesäß hatte? Gelten seine erzürnten Blicke hier etwa als Flirtblicke? Seine Gesichtszüge wurden eine Nuance bleicher, ihm wurde schlecht. Dass er mit dem Teufel in aller Offensichtlichkeit geflirtet hatte, musste er erst einmal verarbeiten. Oder verdrängen. Er wählte die günstigere Variante. Was nicht real ist, ist ohnehin nicht von Gehalt. Aufmerksam besah sich Law den schlichten Gang, geschmückt mit wenigen Totenkopf-Lichtern und einem roten Teppich. Das Treppenende noch immer nicht in Sicht. Auch rückblickend war kein Anfang zu erkennen.   In absoluter Neutralität fragte er den Blonden; „Wo führst du uns explizit hin?“ Woraufhin der Dämon nüchtern sagte; „Nirgendwohin.“ Penguin zog seine Augenbrauen hinter seinem Kappenschirm zusammen. „Wie, 'nirgendwohin'?“   Ein teilnahmsloses Schulterzucken und ein amüsiertes Schmunzeln hinter blondem Haar. „Ich habe mir einen Scherz erlaubt und euch in die Irre geführt.“   Penguin sprach seinen Unmut laut aus. „Willst du uns verarschen?!“ „Jop.“   Daraufhin löste sich die Illusion auf. Sie fanden sich in der Eingangshalle wieder, die sie nicht verlassen hatten. Hinter ihnen der Teufel, der rau auflachte. „Ihr hättet eure Visagen sehen solln! Zum Schießen!“ Heat und Wire mimten ihre geschockten Gesichter nach. Was die Wut in den Menschen schürte. Law trat vor.   „Was hat dies zu bedeuten?“, forderte er zu wissen, sein Blick Skalpell-scharf. Bevor er sich selbst mahnte, keine negativen Emotionen zu zeigen und er sein Pokerface aufsetzte. Kid grinste überlegen. „Trau niemals 'nem Dämon. Das weiß doch jeder Imp! Im Verarschen sind wir die Meister der Niedertracht.“   „'Geistige Umnachtung' ist die treffendere Bezeichnung“, zischte Law leise unter seinem Atem. Es fiel ihm immer schwerer, seine Abneigung nicht zu zeigen. „Könntet Ihr nun die Freundlichkeit besitzen, uns den richtigen Weg zu zeigen? Ich würde es begrüßen, meinen Augen Ihre Abscheulichkeit nicht länger als nötig aussetzen zu müssen. Als Arzt finde ich dies medizinisch höchst bedenklich.“   „Weil 'de mich so geil findest.“ 'Der Teufel fragt nicht.' „Weil ich Euch-“ ...kein negatives Adjektiv, kein negatives Adjektiv... „akzeptabel finde.“   Es fröstelte Law. Etwas Positives über den Verwerflichen zu äußert, erforderte all seine Willenskraft. Er war ein außerordentlich geschickter Lügner – doch selbst sein Latein hatte ein Ende. Plötzlich fiel ihm etwas ein.   „Gebt mir die Verträge“, forderte er in autoritärem Ton. Wire und Heat gehorchten, aus unter-dämonischem Reflex. Kid warf ihnen einen erzürnten Blick zu. Niemand ließ seine Handlanger springen, außer er selbst! Grob pfefferte er Law die Papiere entgegen. Verschränkte seine Arme, wartete, bis der Mensch fand, wonach er suchte. Okay, Warten war dann doch zu viel von ihm verlangt. Noch während Laws Augen geübt über die lateinischen Zeilen schweiften, verbrannte das Pergament in seiner Hand. Er fühlte keinen Schmerz. Warum?   Laws analytischer Verstand schlussfolgerte richtig; „Wir sind ein Teil der Hölle geworden und immun gegen-“ „Seid ihr nicht!“ Nicht mehr. Trick 666 – die teuflische Masche.   Auch, wenn die Menschen sich seinen Befehlen widersetzen konnten, stand die Hölle unter seinem Wort. Und je länger sich die Irdischen hier aufhielten, desto mehr wurden sie ein Teil dessen. Kid brauchte nur abzuwarten, bis sie ihm willens wurden. Geduld war jedoch nie seine Stärke gewesen.   „Also, was is jetzt? Haste rausgefunden, was 'de wolltest?“ Law hüllte sich in alles sagendes Schweigen, schmunzelte. „Dies habe ich.“ Und er verriet es ihm nicht. Hätte Kid doch nur das Kleingedruckte gelesen. Was soll's. Über verspritzte Milch soll Mann bekanntlich nich-   „Master?“, wurde der Hüne aus seinen anstößigen Gedanken gerissen. Ein seelenloser Schattenlakai stand demütig vor ihm. Tief gebeugt. Und Kid grinste brutal. Falsche Zeit, falscher Ort. Mit einem lockeren Fingerschnippen ging der Schatten in Flammen auf. Wie gern er doch Gepeinigten beim Leiden zusah. Dabei war Peinigung eigentlich Wires Aufgabe, als Seelenpeiniger. Heute konnte ihn das eingeäscherte Etwas jedoch nicht heiter stimmen. Welche Botschaft der namenlose Schattensklave ihm wohl überbringen wollte? Drauf geschissen. Wenn's wichtig is, wird sich schon ein zweiter Lakai melden. Falls er den nicht auch verbrutzelte.   Dem Höllenfürst war schlichtweg langweilig. Viel zu lange sah er hier unten immer nur das Gleiche. Da boten die Menschen die beste Unterhaltung. Ein Grinsen, in all seiner Boshaftigkeit, bei dem er seine spitzen Eckzähne zeigte. Sein dämonischer Blick schweifte über Laws gelb-schwarzen Pullover, fixierte sich dann auf den Totenköpfigen Kronleuchter über ihm. Etwas funkte in seinen höllischen Augen. Und der Leuchter fiel hernieder. Mit einem lauten Krachen zwischen den drei Menschen aufkommend, die sich leider nur minder erschreckten. Zu offensichtlich?   Dafür sprang der hellblaue Feuerfunke der geknackten Schädel auf ihre Klamotten über. Brannte sich rasch in ihre Kleidung. Schnell zogen Law, Penguin und Shachi ihre Bekleidung aus – Law seinen fackelnden Hoodie, Shachi und Penguin ihre Overalls – ehe ihre menschliche Hülle Schaden nehmen konnte. Dank dem miesen Trick spürten sie nun sehr wohl Hitze und Schmerz. Auch ihre restlichen Klamotten verschwanden wie durch Geisterhand – Durch ein gespenstisches 'Remove' seitens des Höllenfürsten. Warum nicht gleich so? Nackt standen die drei Menschen vor den Höllenmännern. Shachi und Penguin sich aus Schamgefühl ihre Mützen vor ihren Schritt haltend, nur Law versteckte nichts. Dir werde ich mich gewiss nicht beugen.   Warum Kid dies tat?   „In dem Fummel könnt ihr hier nich rumlaufen.“ Und weil er Laws Körper näher begutachten will. „Heat! Wire!“, rief er nach seinen Untergebenen, die wussten, was er von ihnen wollte.   Heat und Wire warfen sich einen Blick zu, traten dann unison auf die Menschen zu. Der Rastaträger holte tief Luft, spuckte eine große Feuerschwade in Richtung der Entkleideten. Zeitgleich rammte Wire seinen Dreizack auf den Boden, der eine fühlbare Schockwelle erzeugte. Umhüllt von Heats höllischen Flammen, nahmen Shachi und Penguin aus Reflex eine Schutzpose ein. Doch statt Hitze spürten sie Asche. Heats Flammen besaßen keine Temperatur, sondern bestanden aus Partikeln, deren Beschaffenheit den Menschen fremd war. Glühendes Eisenpulver? Als sich das metallisch-graue Feuer lichtete, standen sie voll bekleidet dort. In passenderem Modestil. Dunklere Kleider tragend; Law einen dunkelblauen Pullover mit Federkragen und enganliegender Leoparden-Jeans, Penguin eine schwarze Nieten-Jacke mit zerrissenen Ärmeln und schwarzer Punk-Hose, Shachi in rot-karierter Emo-Kluft und dunkelgrauer Röhrenjeans, Knie-löchern. Ob ihr neuer Stil ihnen gefiel oder nicht, etwas anderes zum Anziehen hatten sie ohnehin nicht.   „Besser“, grinste Kid und hatte etwas von seinem Interesse an Law entdeckt. „Dein Körper“, leckte er sich bei dem Wort über seine dunklen Lippen, „trägt die Schutzsymbole eines Engels.“ Diese Symbole zu überschreiben wäre ihm eine satanische Freude.   Law überdachte die neu gewonnene Information. Sein rationaler Verstand sie nicht glauben wollend, sein ungehörtes Herz sie verinnerlichend. Er witterte seine Chance auf einen Informationsaustausch, der ihnen von Vorteil sein könnte.   „Wir haben Euch etwas von uns offenbart, so zeigt uns etwas von Euch“, bestand er vehement. Kid grinste. „Oh, ich könnt dir was richtig Teuflisches zeigen...“ „Kein Bedarf“, war die kühle Ablehnung. „Ich hätte an etwas mehr... Privates gedacht. Etwas, was nicht bereits jeder ins Gesicht bekommen hat.“ „Oralsex is nich so mein Ding, ich bin eher der hartcore-Typ – stoßend bis zum Seelenkern; dem K-Punkt.“   „K für Kern?“ „K für Kid.“   Law massierte sich seufzend seinen Nasenrücken. „Ich kann nicht glauben, dass Ihr einen Stimulationspunkt nach Euch benannt habt.“ „Glaub's ruhig; Ich bin der pure Orgasmus auf zwei Beinen!“   Während Kids Grinsen dreckiger wurde, erhoben sich Laws Lippen zu einem äußerst unheimlichen Schmunzeln der sadistischen Art. „So sagt mir“, begann er scheinheilig, ließ seine Stimme gewollt interessiert klingen, wodurch Kid an jedem seiner Worte hing. „Warum hat es sich eingebürgert, dass die Menschen den Namen des heiligen Herren beim Koitus rufen, statt dem Ihren?“   Das war ein verbaler Schlag unter die Gürtellinie. Mitten in die satanischen Glocken. Penguin konnte nicht anders, lachte laut auf, versuchte sein Lachen schnell unter seinem heruntergezogen Kappenschirm zu verbergen. Zu spät. Binnen eines halben Atemzugs waren des Teufels Augen auf ihm. Erstickten sein Lachen. Starrten ihn in Erbarmungslosigkeit nieder. Niemand lacht über mich, ohne einen Seelentribut zu zahl-   „Kid“, schritt sein bester Freund dazwischen, vor ihn und den Kappenträger. Lenkte geschickt ab, deutete auf Law. „Was der Mensch fordert, ist ein Beweis unsererseits, der unsere Glaubwürdigkeit unterstreicht.“   Goldene Augen fixierten sich auf blonden Pony, konnten dahinter blicken. „Warum sollt'n wir das tun? Ich geb nen Piss drauf, ob ich glaubwürdig bin oder nich.“ „Weil.“ Ein Wort, stark betont, alles sagend. Nur Kid konnte den wissenden Ausdruck in Killers Blick blitzen sehen. Er verstand. Und grinste. Wandte sich dann den Menschen zu.   „Abgemacht“, willigte er ein, flüsterte etwas Unverständliches, hob seine Hand, aus der Blitze funkten – und schleuderte drei Dolche auf die Menschen, die sich beim Körperaufprall in Rauch auflösten. Das war nicht offensichtlich, die Blicke der Menschen unbezahlbar. Er schickte sie zum obersten Turm des Schlosses, wo Kid sich und seine Männer mit einem Fingerschnippen hinteleportierte.   Die Dolche waren nur ein kleiner Extraservice für die Menschen, die ihn mehr oder weniger angepisst anschauten. Das streichelte sein Ego. Der Mensch wollte doch etwas von ihm sehen, selbst Schuld. Sein Ego brauchte Platz, daher der Ortswechsel. Hier oben auf dem Turm war der beste Fleck dafür.   So konnte die Vorführung beginnen. Des Teufels tiefe Stimme nahm einen ehrfurchtgebietenden Klang an. „Seht her und bestaunt mich!“   Kid breitete seine Arme seitlich aus. Selbstherrlich, repressiv. Grinste irre. Eine übermächtige Schockwelle durchfuhr alles und jeden, zwang Mensch und Dämon in die Knie. Shachi und Penguin sackten ungewollt auf ihre Knie, neben ihnen Heat und Wire in gebeugten Haltungen. Selbst Killer nahm eine respektvolle Pose ein, auf einem Knie stützend, seine lockere Faust an seine Brust haltend. Law stand als Einziger. Stand Kid gegenüber, der sich zu verändern begann.   Ein Knacken. Markerschütternd und schaurig. Von Kids Schulterblättern hervorgerufen. Ein metallisches Schimmern. Grell, gar erblindend, ehe es aus des Teufels Rücken wuchs. Knochen. Metallene Knochen, aus einem reinen Element, welches nirgends auf Erden vorfindbar war. Selbst Diamant war nichts im Vergleich zum Edelmetall des Teufels. Immer weiter breiteten sich die Silberfarben ähnelnden Knochen aus, bis sie zu zwei großen Flügeln wurden, deren Größe überragend war. Law studierte die anatomische Anomalie. So etwas hatte er in der Tat noch nie erblickt. Faszinierend.   Als die Verwandlung abgeschlossen war, ward auch die Paralyse aufgehoben. Penguin und Shachi fanden nur langsam wieder zur Besinnung, wirkten verwirrt und erhoben sich aus ihrer knienden Position. Der Kappenträger brauchte etwas länger als sein überdrehter Freund, der Heat und Wire erwartungsvoll ansah. „Und was könnt ihr?“, fragte er voller Begeisterung. Heats zugenähten Lippen verzogen sich zu einem Ausdruck von blankem Stolz. „Wart's ab, das wird dich umhauen!“, versprach der Dämon und stieß Wire mit seinem Ellenbogen in die Seite, der weniger begeistert schien. „Wenn's sein muss...“, seufzte der eitle Umhangträger. Machte es kurz. Und ließ seine Fledermausflügel erscheinen, die teilweise durch seinen Umhang versteckt blieben. Ein lauter Flügelschlag, ehe er sie auch schon wieder wegpackte. Wire entblößte sich doch nicht vor jedem.   Heat und Shachi zogen zeitgleich einen Schmollmund. Die kurze Vorführung war echt enttäuschend. Den Rasta-Dämon packte der Ehrgeiz. „Muss ich halt besonders krass ranglotzen!“, nahm er sich vor und sah die Menschen an. „Das werdet ihr euren Leb'tag nicht vergess'n.“   Wire ahnte, was jetzt kam. Sah beschämt weg, konnte sich das Trauerspiel einfach nicht antun. Nicht erneut. Einmal hatte ihm gereicht. Fest ballte Heat seine Fäuste, bückte sich leicht, ging in die Hocke, verkrampfte jeden Muskel, bis zu seinen verbissen geknautschten Gesichtszügen. Er presste. Geräuschvoll und feste. Gab alles. Und erntete verstörte Blicke, wie einen belustigten seitens Kid.   „Drückste nen Lavabrocken raus, oder was?“ Heat schüttelte seinen rot anlaufenden Kopf, die Anstrengung sichtbar, hörbar. „Wart, i hob's glei'!“   Shachi wartete gespannt, während alle anderen bereits vor Fremdscham ihre Augen abwandten. Ein leises Flop-Geräusch. Dann waren sie zu sehen; Zwei einzelne, dunkelblaue Federn an Heats Rücken, die eher denen eines Huhns glichen. Wild flatterten die kleinen Flügelchen, versuchten zu fliegen, bis Heat sage und schreibe einen Zentimeter vom Boden abhob. Und Shachis Augen funkelten. „Ui~ eine Hummel!“ Hummel.   Voller Stolz grinste Heat, war viel zu sehr von sich selbst überzeugt – bis Wire ihm die beiden Federn ausrupfte. Heat klatschte fluchend zu Boden. Sein bester Freund pustete die beiden winzigen Federn, die er mit Zeigefinger und Daumen hielt, achtlos weg. „Viel Glück beim nächsten Mal.“ Mutmachen unter Freunden. Dämonen hatte eine andere Art von Freundschaft.   Scheinheilig reichte Wire Heat seine Hand. Heat blickte dankend auf, griff nach der ihm angebotenen Hand und- ...griff ins Leere. Weil Wire seine Hand zurückzog und sich mit ihr sein langes, schwarzes Seidenhaar nach hinten strich. Warum fiel Heat auch immer wieder auf den gleichen Trick rein? Wire trug nicht umsonst den Spitznamen 'schwarze Witwe'. Am Ende war es Shachi, der Heat aufhalf.   Durch die Ablenkung waren die Menschen unachtsam geworden. Kid grinste diabolisch. Gut gemacht, Heat.   Plötzlich holte sich der Teufel Law. Hob ihn hoch, auf seine muskulösen Arme. So schnell, dass Law nicht reagieren konnte. „Wa-?“ „Ich entführe dich.“ Und Kid hielt sein Wort. Sprang irre lachend vom Turm und flog mit Law los.   Penguin sah den beiden geschockt nach. Hätte er seinem Freund helfen können? Er fühlte sich schon wieder so nutzlos. Auf Erden konnte er niemanden retten, hier nicht mal einen Kameraden verteidigen. Hätte er doch nur auf sich selbst geachtet... Ein Stoß. Im nächsten Moment befand sich Penguin im Freiflug abwärts.   Killer hatte ihn lässig mit seiner Schuhspitze im Rücken vom Turm gestoßen. Es war ihm ein dämonisches Vergnügen. Ein unmännlicher Schrei entfloh Penguins Kehle. Aus Reflex ruderte er wild mit seinen Armen, fand keinen Halt und verfluchte den blonden Fiesling. Der im Sturzflug zu ihm hinab glitt und ihm unter die Arme griff – wortwörtlich.   Killer schmunzelte vergnügt. „Gern geschehen.“ Und flog mit seinem Opfer davon.   Auch Wire machte sich vom Acker, zurück in seinen dunklen Keller, wo er sich wohl fühlte. An der Kellerdecke abhängen, war seine Art der Entspannung. Der Rasta-Dämon fühlte sich zurückgelassen, blickte seinen wegfliegenden Freunden nach.   „Nehmt mich mit!“, rief Heat ihnen hinterher und streckte seine vernarbte Hand nach ihnen aus. Langsam senkte er sie wieder, ließ seinen Kopf geknickt sinken, sodass seine blauen Rastalocken über seine getrübten Augen fielen. Ehe er eine warme Hand auf seiner hängenden Schulter spürte. Und Shachis sanftes Lächeln ihm entgegen strahlte. „Ich bleibe bei dir.“   Die Honigfarbenen Augen des lächelnden Jungen strahlten so hell, wie die irdische Sonne. Kein Unterdämon hatte sie bislang erblickt. Heat sah Shachi in Ehrfurcht an. Shachi nahm dies als Aufforderung, weiterzusprechen, seine helle Stimme fester werdend.   „Ich lass dich nicht allein! Lass uns zusammen allein sein.“   Rücksicht. Güte. Barmherzigkeit. Etwas, was Heat niemals erfuhr. Weil er anders war. Weil er ein Sonderling war. Weil er er war. Er war doch nur ein nebensächlicher Charakter. Ein Vergessener. Ein Niemand.   Oder?   Heat war überfordert. Es schmerzte. Irgendetwas Unbekanntes zwickte ihn in der Magengegend. Es waren Gefühle.   Sein Ausdruck des verblassten Lebens wandelte sich zu Lebendigkeit. Der trübe Grauschleier seiner weißen Augen nahm ein leichtes Hellblau an, sehr schwach, doch da. Fassungslos öffnete er seine vernähten Lippen. „Bei mir bleiben? Aber-“   „Nichts 'aber'!“, tadelte Shachi ihn mit erhobenem Zeigefinger, mit dem er vor Heats Augen hin und her wackelte. Seine Pupillen folgten der Bewegung, während Shachi voller Ernsthaftigkeit erklärte; „Einer muss hier schließlich die Stellung halten und auf dich aufpassen!“   „Oh... kay?“, war Heats geistreiches Kommentar. Verdutzt kratzte er sich an seinem Rastakopf, wusste nicht, wie er mit der Frohnatur vor sich umgehen sollte. Der Mensch war seltsam. Waren alle Menschen so komisch? Oder war dieser etwas Besonderes?   Shachi ließ sich auf seinen Hosenboden plumpsen. Im Schneidersitz sitzend, stützte er seine Handflächen auf seinen Knien ab und sah erwartungsvoll zu Heat hoch. „Also~ Was machen wir jetzt?“ Heat setzte sich ihm auf Abstand gegenüber – vielleicht war das, was der verstrahlte Junge hatte, ja ansteckend? – und zuckte mit seinen Schultern. „Weiß nich. Warten?“   Schmollend seufzte Shachi. „Wie öde...“ „Lavagestein mampfen?“ „Hab keinen Hunger, aber danke.“   Dann kam Heat ein Blitzeinfall. „Warten?“ „Laaangweilig.“   Heat wurde unsicher. War er etwa zu langweilig? Der Gedanke fraß sich in sein Selbstwertgefühl. Wollte. Shachis Empathie-Empfinden erspürte den Wesenswandel, wusste Heats Trübnis zu verhindern.   „Weißt du was wir machen?“ Seine Euphorie war ansteckend. „Wir reden!“   „Reden?“ Heat wusste nicht, was so toll daran sein sollte. Er war nicht gut im Reden. Für Widerrede war es längst zu spät. Shachis Mund öffnete sich. Er holte Luft. Und eine Lawine an Sätzen brach über Heat herein. Shachis Redeschwall erschallte erbarmungslos auf Heat nieder. Unbewaffnet war der Unwissende der Wortflut ausgesetzt, die einem donnernden Kanonenfeuer glich. Wie Lippen sich so schnell bewegen konnte, war ihm unerklärlich. Im Ernst; Wie konnte jemand so viele Phrasen ohne Luftholen runter rattern?   Shachi wirkte glücklich. Er sprach gern und viel. Doch führte er meist einen traurigen Monolog. Nur mit sich selbst.   Shachi wusste, wie andere Menschen auf seine Gesprächsfreudigkeit reagierten. Wusste, dass er oft ungehört blieb. Er andere nervte. Ignoriert und übergangen wurde. Er wusste es. Es ließ Fragen in ihm aufkommen, welche er sich in einsamen Stunden leise stellte. Oft fragte er sich, ob sich niemand für das interessierte, was er zu sagen hatte. Ob er nicht ernst genommen wurde. Er unbedeutend war. Bin ich unwichtig? Es tat ihm nicht mehr weh. Er hatte sich daran gewöhnt. Hoffte er. Weil niemand ihn beachtete, musste er sich bemerkbar machen. Mit seiner lauten und fröhlichen Art. Shachi wollte doch nur gehört werden.   Auch Heat wird mir nicht-   Er hörte ihm zu. Lauschte jedem seiner Worte. Jedem noch so sinnlosen Blödsinn, der seine Phantasie erschuf. Und ganz abrupt verstummte Shachi. Mitten im Satz. Klammerte seine Hände in die Seiten seiner Ballonmütze und zog sie tief herunter. Ein schluchzendes Geräusch. Für Heat völlig fremd. Hat er ihn kaputt gemacht? Hab ich ihn zum Flennen gebr-?   Shachi lachte. Lachte aus vollstem Herzen. Zwischen zwei Atemzügen rief er glücklich; „Du bist komisch, dich mag ich!“   Die aufrichtigen Worte hallten im Innersten lange nach. Folgend von der Ruhe. Eine angenehme Ruhe, die Shachi mit seinem sanften Flüstern nicht stören wollte.   „Kann ich dir ein Geheimnis verraten?“, fragte er Heat und lehnte sich tuschelnd zu ihm rüber. Flüsterte ihm ins Ohr. „Weißt du, wie wir hierher gekommen sind?“   Heat schüttelte seinen Kopf. Woher sollte er das auch wissen?   „Hör zu – das wirst du mir nie glauben! Aber es ist echt so, ich schwör's!“ Zu laut. Zu nah an Heats Ohr. Fast zaghaft schob er den Menschen mit einem Finger an dessen Schulter von sich, nach hinten. Er glaubte noch immer, dass er ansteckend war. Shachi blickte ihn durch seine getönten Gläser mit funkelnden Augen an. „Okay, ich sag's dir.“ Ob Heat es nun wissen wollte oder nicht. „Ein Schwert. Ein mega cooles Schwert fiel vom Himmel!“, gestikulierte Shachi die Szene nach, zeigte munter nach oben und mimte dann einen Schwerthieb mit seinem schmalen Arm. „Law hat damit diesen Kerl zerschnippselt und Booom!“, breitete er seine Arme aus. „Das Licht hättest du sehen müssen! Wir sind geflogen. Oder gefallen? Ganz ganz tief. Und dann war da dieses Kribbeln... genau da!“, pikte Shachi Heat in seine Brust. Links. Dort, wo das dämonische Nichts war.   Heat blickte fast verängstigt auf Shachis Finger herab, der sich energisch in seine Brust bohrte. Jetzt war er ganz bestimmt erkrankt. Er spürte es genau!   Verwirrt erwiderte Heat; „Ein Schwert?“ Shachi nickte eifrig, zog seinen Finger zurück und zeigte stattdessen mit beiden Händen die Größe des Katanas. Nannte die exakte Form, Farbe, Verzierung. Jedes Detail, welches er sich gemerkt hatte. „Kreuze, sagst du? Könnte es-“ Heat hielt sich schnell den Mund zu. Das durfte er nicht verraten. Aber der Mensch hatte ihm doch auch etwas anvertraut... konnte er ihm dann nicht auch? Wenn das der Boss erfuhr, war er Höllenhundfraß.   Nur für Shachi hörbar flüsterte Heat ihm das Geheimnis zu. Shachis Augen weiteten sich. So ist das also...     Penguin versuchte derweil Killer in die Eier zu beißen. Wahlweise auch zu treten. Was ziemlich bescheuert aussah, weil Penguin noch immer von dem fliegenden Dämon unter seinen Armen festgehalten wurde und eher einem Shrimp glich, wenn er sich so sehr verbog. Killer schmunzelte auf ihn herunter.   „Du scheinst äußerst gelenkig zu sein... dies könnte unter gewissen Gegebenheiten von Vorteil sein.“ Penguin pustete den blonden Vorhang aus seinem Gesicht, verschluckte sich fast an einer Strähne, die sich beim Sprechen zwischen seinen Lippen verfing. „Ich geb dir gar nichts! Aber nen Arschtritt kannst'e gern von mir bekommen. Lass mich runter!“   „Wie du wünschst.“   Killer ließ ihn fallen. Ohne Zögern. Ohne Vorwarnung.   Penguins Herz blieb stehen. Wortwörtlich hatte er das nicht gemeint! Er stürzte in die Tiefe, in die er hinab blickte. Sah den dunklen Höllenboden näher kommen, immer näher. Sah sein junges Leben an sich vorbei ziehen. Und würde es um keinen Preis aufgeben. Kein Stolz der Welt war wichtiger als ein Leben.   Nach oben schauend, rief er mit letzter Luft nach ihm. „K-Killer!“ Hilf mir. Und wurde sofort aufgefangen. Zwei Meter über dem Boden.   Heftig atmete Penguin durch. Konnte nicht fassen, was geschehen war. Spürte die Erleichterung umso intensiver. Seinen viel zu schnellen Herzschlag. Und den winzigen Funken der Dankbarkeit. Alles bloß Nebenwirkungen des Schocks, redete Penguin sich ein. Der Nachtengel flog wieder höher. Der klare Flügelschlag seiner schwarzen Schwingen hörbar. Der warme Wind der Hölle wehte Penguin um seine Nase. Der Geruch der Endgültigkeit. Der des Todes, welcher den Sensenmann stets umgab.   Nach dem Schock folgte die Erkenntnis. In die nebelige Ferne blickend, wisperte Penguin; „Du hattest die Chance, mich umzubringen... Warum hast du es nicht getan?“   Der Todesengel schwieg. Dachte nach. Antwortete dann ruhig; „Es ist noch nicht an der Zeit für dich zu sterben.“   Die Art, wie er die Silben aussprach war schauerlich. Als wüsste er genau, wann- „Du kennst das Todesdatum der Menschen?“ Ein erschreckender Gedanke. Niemand wollte wissen, wann er starb. Der Todesengel musste es wissen. Trug die Bürde der Sterbenden auf seinen Flügeln. Killer nickte kaum merklich, gar gleichgültig.   Penguin war sich nicht sicher, was schockierender war; Die Bürde oder Killers Gleichgültigkeit. Als Arzt wollte er Leben wahren. Der Todesengel sie nehmen. Ungleicher konnten ihre Überzeugungen nicht sein. Eines war im Kontrast jedoch wesentlich; Penguin folgte seinem Willen, Killer seiner Aufgabe.   „Ich-“, wusste der Kappenträger nicht, was er sagen sollte. Entschied sich dann für etwas, was er zögerlich aussprach. Wenn er gekonnt hätte, hätte er seinen Kappenschirm über seine Augen gezogen. „Das... tut mir leid.“ Wofür entschuldigte er sich? Genau wusste er es selbst nicht.   Doch Killer wusste es. „Entschuldige dich nicht in meinem Namen. Nicht für mein Schicksal. Ich benötige dein Mitgefühl nicht.“ Kälte zeichnete seine Worte. Was mischte sich der Mensch in seine Angelegenheiten ein?   Die mitfühlenden Menschen waren die schlimmsten. Verstanden ihn am wenigsten. Für sie war er nur ein Mörder. Ehrlos, verachtet, gemieden. Wenn diese Sorte Mensch dem Tod entgegenblickte, bettelten sie oft um Gnade. Doch nicht um ihrer Selbst Willen; Sondern für ihre Verwandten, Freunde und Geliebten. 'Nimm mich, statt ihn.' Wie oft hatte er sich diese Bettelei antun müssen? Sinnlose Worte, falsche Liebe. Der Todesengel sah die Wahrheit in ihren geschwärzten Herzen. Die Erleichterung, dass es einen anderen traf. Heuchlerisches Pack. Es missfiel Killer. Er war es leid. Sein Mitgefühl starb an dem Tag, als er seine Pflicht annahm. Und er das wahre Gesicht der Menschheit erkannte.   Das Seelenherz des Kappenträgers war noch unbefleckt. Noch. Killer würde beweisen, dass jedes Herz Nachtschwarz werden konnte. Wie sein eigenes. War dies Neid, was er empfand? Nein. Es war die sadistische Freude.   Penguin schreckte vor Killers spürbarer Wesenskälte zurück. Der plötzlichen Gefahr, die von diesem dunklen Wesen ausging. Es war verdammt beängstigend. Merklich versteifte sich Penguin in Killers Griff, der ihn fester unter den Armen hielt. Als würde er ihn unter keinen Umständen mehr frei lassen. Was hast du mit mir vor, Todesengel?   Der Kappenträger traute sich nicht mehr, ihn anzusehen. Fühlte sich verdammt unwohl in Killers ungewollter Nähe. Und suchte verzweifelt nach einer Ablenkung. Penguin beging einen Fehler. Blickte kurz nach unten, schluckte, kniff die Augen zusammen. Seit wann flogen sie so verflucht hoch? Und warum schmunzelte der Dämon schon wieder so diabolisch? Das gefiel ihm ganz und gar nicht!   „Du hast Höhenangst.“ Faktisch sprach Killer dies aus und landete einen Volltreffer. Penguin war ein echt miserabler Lügner. Das verräterische Kopfschütteln kaufte ihm kein Seelenverkäufer ab.   Killers Stimme klang viel zu verdächtig. „Du willst stärker werden?“, spielte er auf Penguins sehnlichsten Wunsch an. Flog abermals höher, in rapider Geschwindigkeit, während seine Stimme einen ausdrucksvollen Ton annahm. Geschliffen wie seine Sense sprach Killer; „Überwinde deine Angst.“   Und Penguin stürzte in die Tiefe. Haltsuchend versuchte er sich aus Reflex an Killer festzuhalten, vergebens. Dieser sah ihm gleichgültig nach. Die zweite Nahtoderfahrung. Das hier war für Penguin wirklich die Hölle. Ihm blieb der Atem weg. Seine Sicht verschwamm. Sein Körper verkrampfte, war bis zum letzten Muskel angespannt. Ihm blieb nichts anderes übrig, als sich dem Fall hinzugeben. Nutzlosigkeit. Hilflosigkeit. Angst. Panik. Panik. Blanker Horror fraß sich in Penguins Herz. Seine Atmung erfolgte knapp, wenn er hätte atmen können, hätte er hyperventiliert. Und Killer fing ihn wieder auf.   Es dauerte, bis Penguin Luft holen konnte. All seine Emotionen legte er in seine zitternde Stimme. „Du mieser-!“ Er fiel erneut. Nur um wieder aufgefangen zu werden. „Arsch-!“   Fiel. Flog. Fluchte. Immer und immer wieder. „Lass- das- verdammt- Du- ver- maledeiter Galgenvogel!“   Solange, bis sein Herz sich daran gewöhnte. Sein Puls sich regulierte. Und Penguin eines bewusst wurde; Killer würde ihm niemals dem Tod überlassen. Ihn stets davor bewahren. Weil es seine Pflicht war. Als Todesengel... oder Mann?   Der unheimliche Typ war ein einziges Mysterium. Und ein Arsch mit Flügeln. Das Schlimmste daran; Noch nie hatte sich Penguin so lebendig gefühlt. Adrenalin zeichnete sein dämliches Grinsen, als er es begriff; Er flog. Gegen seinen Namen konnte er fliegen!   Penguin besiegte seine Angst nicht vollständig, nur einen Teil dessen. Dafür gewann er einen Herzschlag Vertrauen. Doch traue niemals einem Dämon... Vor allem dann nicht, wenn dein Herz selbst ein Betrüger ist...     Law war nicht hier. Irgendwo anders, nur nicht in Kids Armen. Zum Teufel mit ihm! ...Ha. Kalter Sarkasmus konnte Law auch nicht von der radikalen Hitze abkühlen, die der heiße Körper ausstrahlte. Er kam schließlich aus dem Norden – von Oben. Niemals hätte er gedacht, dass es ihn in den Süden verschlagen würde. Er glaubte nicht an den Irrglaube von Himmel und Hölle, doch der All-Blue wäre ihm lieber gewesen. Gab es nicht einst einen Patienten der vom All-Blue sprach? Wie hieß er noch gleich... Je-   „Hölle an Hottie – hat dir mein perfekter Prachtkörper die Sprache verschlagen?“ Law zischte ihm scharf zu. „Still! Ich versuche, Sie wegzudenken und würde es begrüßen, wenn Sie sich in Luft auflösen.“   „Abgelehnt. Kannst'e aufhör'n mich zu siezen? Da fühlt Mann sich ja noch älter... so faltig is mein Sack echt nich. Willst'e nachseh'n?“ „Ich lehne undankend ab. Es sei denn, ich dürfte Sie sezieren. Langsam und qualvoll. Dies wäre mir ein Vergnügen.“ Ein Schmunzeln des chirurgischen Sadismus. Ein schiefes Grinsen Kids. „Nee, lass mal. Mit meinen Bällen spielen kannst'e – aber ohne Skalpell.“   Law seufzte. „Ich wünschte, etwas wäre zwischen uns...“ „Echt?“ „...eine Welt.“   „Ha, den kannt ich schon!“ „Und bist trotz dessen darauf hereingefallen...“ „Hast du mich grad geduzt?“ „Nein.“   Abwehrend verschränkte Law seine Arme vor seiner Brust, blickte stur woanders hin. Die dunklen Federn seines Pulloverkragens bewegten sich im Flugwind, Kids Skelett-Flügel gaben bei der schwingenden Bewegung ein konstantes Knacken von sich. Niemals würde Law zugeben, dass er dieses schaurige Geräusch als faszinierend empfand. Eine makabere Faszination; anatomische Abweichungen waren seit jeher sein Interessengebiet. Einen Kommentar zu dem Knochenbruch-Geräusch konnte er sich dann doch nicht verkneifen.   „Wie es mir scheint, befindet Ihr Euch im knackigen Alter.“ Auch darauf hatte der Teufel einen konternden Spruch parat. „Unter erfahrenen Dämonen lernt Mann's sündigen.“   Eines störte Law von Anbeginn an. Neben Kids Existenz. „Was lässt Sie glauben, ich sei ein Sodomit? Dies ist Rufmord. Gleichgeschlechtliche Neigung kommt dem Hexertum gleich.“ Im Mittelalter kam es oft vor, dass ein Sodomit – jemand, der dem gleichen Geschlecht zugetan war – auf dem Scheiterhaufen verbrannt wurde. Law hatte es mit Kinderaugen gesehen. Den Mann mit dem pinken Federmantel, der im Feuer verbrannte. Und dessen Geliebter, der sich zu ihm in die Flammen stürzte. Er wollte niemals wie dieser Mann sein. Schwor sich, anders zu werden. Und wurde letztlich ein kaltherziges Monstrum. Schlimmer wie er. Eine bittere Erkenntnis.   Kid sprach das aus, was er dachte. „Was is falsch daran?“, blickte er Law an, seine wahre Augenfarbe – Bernstein – in graue Iriden sinkend. „Wenn eure ach so heilige Liebe nur Zwang und Lüge ist, ein Mann einen andren nich ficken darf, bloß weil es 'Gott' verbietet – dann bin ich stolz, ein sündiger Bastard zu sein.“ Kids Worte waren überraschend wahr. Rau auflachend fügte er hinzu; „Warum glaubst'e sind meine Augen Bernsteinfarben? Es ist ne besondre Art von Bernstein; Auch 'Bastard' genannt. Daddy hat mich echt lieb gehabt.“   Der letzte Satz endete in einem unmenschlichen Knurren. Die tiefe Vibration von Kids Brust für Law spürbar. Auch die Körpertemperatur des Teufels erhöhte sich vor Zorn. Auf Laws Stirn bildeten sich einzelne Schweißperlen, die seine schwarzen Kurzsträhnen unter seiner Plüschmütze haften ließ. Eine übernatürliche Hitze, unangenehm und unerträglich. Wenn Law nicht geröstet werden wollte, musste er den Teufel beruhigen. Schleunigst.   „Woraus bestehen Ihre Flügel? Sie wirken... außergewöhnlich.“ Ein Kompliment. So schwer es Law auch fiel; Die Ablenkung funktionierte. Kids Ego schwoll an – Nicht das in seiner Hose. „Aus Höllen-Silber. Das reinste Metall der Unterwelt. Auch bekannt als die Knochen der Götter.“ Die unzerstörbaren Knochen der Götter, im Besitz des gottlosesten Wesens. Welch Ironie.   Präsentierend breitete er seine Knochenflügel aus, ohne anzuhalten. In der Reflexion der glühenden Lavaflüsse schimmerte das Silber noch intensiver. Es zog Law an. Seinen Blick, den er nicht davon abwenden konnte. Laws Augenfarbe nahm den Glanz des Silberhorizonts an. Der des Nachtmeeres. Kids raunendes Flüstern an Laws Ohr. Blutrote Lippen ihm viel zu nah.   „Und du“, nahm Kids hauchende Stimme einen basstiefen Klang an, „bist im Besitz des Seelensilbers.“ Law unterband den eiskalten Schauer, der ihm über seine Haut jagte. Seine Antwort war schlicht. Und für Kid absolut unerwartet. „Dem bin ich mir bewusst.“   Der Mensch wusste also um den 'Schatz', den er mit sich trug? Das machte ihn umso gefährlicher. Und Kid liebte die Gefahr.   Das teuflische Grinsen war unheildrohend. Er würde diesen Mensch zu einem Sünder machen und den Schatz an sich reißen. Was die beiden Nebensächlichen – Pinguin und Schaschlik, oder wie sie auch heißen – mit alldem zu tun hatten, war noch ungewiss. Killer wird den Vogel schon zum Zwitschern bekommen... Es gibt keine Seele, die der Seelenräuber nicht rauben kann...   Sein bester Mann und der Kappenkasper waren bereits am Treffpunkt, den sie erreichten. Ein hoher Vulkan, erloschen, kalt und leblos. Einer der höchsten Orte der Hölle. Von hier aus konnte man das Königreich in dessen Gänze erkennen. Kid ließ Law herunter – nicht ohne einen letzten Arschgriff – verschränkte dann seine Arme und warf Killer neben ihm einen Blick zu. Er sollte ab hier übernehmen.   Menschen und Dämonen standen nebeneinander, blickten auf das dunkle Königreich hinab. Es wirkte beängstigend kalt im Vergleich zu der Hitze, für welche die Unterwelt bekannt war. Was war geschehen? Was wollten die Dämonen den Menschen zeigen? Law und Penguin wechselten einen Blick. Fühlten sich nicht wohl bei der ganzen Sache. Auch die unausgesprochene Sorge um Shachi nagte an ihnen. Ohne den Dritten in ihrem Bunde waren sie nicht vollständig. Doch zuvor war dieser Moment hier von großer Bedeutung. Die Dämonen vertrauten ihnen einen Blick in ihr Reich an.   Menschliche Augen schweiften über das höllische Land. Was ihr Blick einfing, war Elend. Vor ihnen erstreckte sich die aschgraue Landschaft, der Boden ausgebrannter Kohle gleichend, kahle Bäume sichtbar, hier und dort einzelne Lavaflüsse fließend. Alles wirkte so leblos und fehlerhaft. Wie ausgestorben. Sollte es hier nicht eigentlich Vegetation, Seelenleben und Höllenbiester geben? Selbst die toten Bäume schienen gar traurig zu sein.   Killer lehnte sich an einen großen Fels, seine Stimme gar Andacht reflektierend. „Einst wuchsen dort Höllentrauerweiden“, erklärte er ruhig, zu ruhig, selbst für seinen stillen Charakter. „Sie dienten als Ehrung der Verstorbenen, um die niemand sonst trauert.“   Beim Sprechen sah er niemanden an, blickte in die Ferne. „Wir Dämonen kennen solche Gefühle wie Trauer nicht. Wissen nicht, wie es ist, menschliche Emotionen zu empfinden. Die Höllengeborenen tragen die von Leere zehrende Verdammnis in sich, sind dazu verdammt, ihr Dasein in Frevel zu verbringen. Wir tun, was wir für richtig halten. Die Bäume waren ein Zeichen unseres Dankes an Diejenigen, die unserer Welt mit ihren Sündenseelen Lebenskraft gaben.“   Law fiel der ausdrückliche Wortlaut sofort auf. „'Gaben'?“ Abwesend nickte Killer. „Unsere Welt droht zusammenzubrechen, wie die Eure.“   In der Ferne zerfiel die brüchige Erde aus Asche, die einst ein lebendiges Schwarz besaß, das Ufer sich lösend, fallend, verschluckt von Lava. Selten huschte ein Tier-ähnliches Wesen durch die kahlen Wälder. Ausgehungert, dem Existenztod nah. Das Etwas war dabei, an seiner eigenen Pfote zu nagen. Kid zeigte sich gnädig, schenkte ihm Erlösung. Schickte ihm einen erlösenden Dolch in den Hals. Der Todesschrei des Biestes fauchte über die Hölle. Ließ Law und Penguin innerlich zusammenzucken. Die Körperhaltung der beiden Höllenoberhäupter wirkte angespannt, sehr zornig, als Killer mit kraftvoller Stimme fortfuhr.   „Der Plagepriester. Er brachte die Pest über die Erde. Nimmt die Leben aller Menschen, vieler Unschuldiger, die zu früh in den Himmel kehren.“ Die Monotonie gefror seinen klaren Stimmklang. Ein Zeichen dafür, dass ihn all dies nicht kalt ließ. Je kälter sein Ton, desto tiefer die Emotion. „Das Gleichgewicht der drei Welten ist gestört. Das Himmelsreich gewinnt an Macht, während das Unsere zerfällt. Eures ist dem Tode geweiht.“   Bald würde nicht nur die Hölle zusammenbrechen – auch alle Dämonen würden sich im Nichts auflösen. Für sie gab es keinen Ort, außer den ihren. Des Teufels Macht versiegte. Langsam, aber stetig. Seinen Schweif hatte er bereits eingebüßt. Killers zweite Sense war der Macht-verschlingenden Leere ebenfalls zum Opfer gefallen. Heat seine Lippen, die zusammengenäht werden mussten. Wire die Haut seines Rückens, den er fortan unter seinem Umhang verbarg. Zuerst traf es ihre Herzen. Alle. Deswegen besaßen Dämonen nur noch tote Herzen. Die beiden obersten Höllenmänner hatten viele ihrer eigenen Leute schwinden sehen. Konnten nicht trauern, spürten tiefen Zorn. Unaufhaltsamen, mächtigen Zorn.   Niemand wagte es seine Stimme zu erheben, den Moment der Offenbarung zu brechen. Außer der Teufel selbst, der seine lackierten Finger zur Faust ballte und bestialisch brüllte.   „Der verfickte Schweinepriester is abgehauen und schaukelt sich irgendwo seine scheiß Eier! Ich werd sie ihm abfaulen lassen, davor seine Sacknaht zerreißen und ihm seinen Schwanz Stück für Stück ins Maul schieben, bis er jämmerlich dran erstickt!“   Der Wutausbruch des Höllenfürsten ließ das gesamte Reich erzittern. Um sie brachen mehrere Vulkane aus. Lautstark, dröhnend, bedrohlich. Auch der Vulkan, auf dem sie standen, knirschte gefährlich. Ließ den Untergrund zu ihren Füßen stark beben. Killer reagierte reflexartig, schwang seine Sense und ließ aufbrausende Lava zu stillen Eisbrocken werden. Die Kälte des Todes konnte alles Leben erfrieren. Es war nicht das erste Mal, dass er dies tat. Killer war der kühle Gegenpol seines impulsiven Anführers. Nur er vermochte es, seine Teufelskraft zur Ruhe zu bringen.   „Kid.“ Ein Name, in Freundschaft ausgesprochen. Mehr brauchte es nicht. Es war mehr, als dämonische Emotionen zuließen. Als Killer und Kid zuließen.   Kid wandte sich von den Menschen ab, war zu pissig, wollte sich bloß noch mit flüssigem Gold – Captain Kid, Eigenmarke – besaufen. Scheiße, dass ich nich besoffen werden kann...   Ohne den Sterblichen eines Blickes zu würdigen, knurrte er; „Verpfeift euch und erfüllt den Deal!“, mitsamt einer taktlose weg-wisch-Handbewegung. Law ließ sich das launische Verhalten nicht gefallen, quittierte ihn mit einem wortlosen 'keine Befehle', ehe er nüchtern sprach; „Wie nett. Wir würden Eurer Bitte nachkommen, wenn Ihr uns den Weg gezeigt hättet.“   „Killer!“ „Zu Befehl.“   Kid und Killer traten synchron mit ihrem Schuhwerk auf den Boden, ein Hallen ihre ungleichen Tritte begleitend. Unter den Menschen tat sich ein großes Loch auf, welches ihnen den Untergrund entriss. Sie fielen. Nahmen die Abkürzung zum ersten Kaiserreich, die ihnen netterweise gezeigt wurde. Dort sollten sie den Kaiser treffen.   So trat das menschliche Unheil der letzten Hoffnung seine Reise an. Und die Hölle selbst schien aufzuatmen, während die irdische Welt immer mehr Atmende verlor. Die Todeszahl stieg von Sekunde zu Sekunde, die Knochenzeiger der ablaufenden Uhr der Menschheit im sterbenden Herztakt tickend.   ...Tick, Tack, Tick, Tack...       . . .     Arme, unwissende Menschen.   Ihr habt so viel über uns erfahren. So vieles gesehen, gelesen und gehört.   Doch entspricht alles der Wahrheit? Könnt ihr uns trauen?   Narren. Habt ihr noch immer nicht aus euren Fehlern gelernt?   Glaubt nicht alles, was dämonische Lippen euch zuflüstern.   Lügen sind das Geflüster der Verführung. Augen die Leinwände der Täuschung.   Ihr entscheidet. Entscheidet über euer Schicksal.   Ihr, die ihr nach Vergebung und Freiheit strebt. Ihr, die sich das Leben mit dem Tod erkauft habt.   Ihr... Denen man nicht vergibt.     . . .       Law und Penguin fanden sich im Unbekannten wieder. Einem grauen Ort, der von schwerem Rauch gezeichnet war. Um sie das Nebelnichts, welches nur langsam aufklarte. Neben Law und Penguin stand Shachi. Das Death-Heart-Trio war wieder vereint. Shachi stieß unverhofft zu ihnen, wurde zu ihnen teleportiert – wie, wusste nur der Teufel – und Heats Augen blickten verdutzt auf den Fleck, wo Shachi noch vor einer Sekunde quasselnd vor ihm saß.   „...Und dann hat Peng- Oh, hi, Peng!“ Shachi wollte seinen Bruder umarmen, der ihn mittels einer Stopp-Geste mit flacher Hand aufhielt. „Was hast du jetzt wieder für Peinlichkeiten über mich erzählt?“   Lächelnd posaunte Shachi; „Nix Schlimmes. Erinnerst du dich an das eine Mal, wo du schlafgewandelt bist und aufgewacht in der Frauenumkleide-?“ Eine Kopfnuss der brüderlichen Liebe. „Du Tratschtüte kannst auch echt nie deine Fusselklappe halten, oder?“   „Nö! Hehe.“   Law fragte sich, ob er hier der einzig Normale war. Oder war gerade er der Abnormale? Er wollte schnell wieder aus seinem Insomnie-Traum aufwachen. Glaubte jedoch immer weniger daran, dass er träumte. In seinen Träumen gab es keinen flammenhaarigen Irren, der ihn im Fegefeuer knistern wollte. War er etwa selbst an der Pest erkrankt und befand sich in Fieber-Trance? Oder – nur vielleicht – war all das hier doch real. Tun wir vorerst einfach mal so, als wäre es das.   Wo waren sie hier nur hingeraten? Von der Apokalypse zum Weltenuntergang.   Sie glaubten, bereits alles gesehen zu haben. Wurden binnen einem Tag eines Schlechteren belehrt. Sahen dem Tod entgegen, der Hölle, dem Teufel... Was erwartete sie nun? Die Frage war eher; Wer.   Ein zweifaches Pfeifen. Es ließ die drei Menschen aufblicken. Zu dem großen Torbogen, vor dem sie standen. Auf ihm saß jemand Fremdes. Ließ seine Beine baumeln, sprang dann zu ihnen herunter, lächelte sie breit an. Und rückte seinen Strohhut.   Der Kaiser stellte sich ihnen lauthals vor, während Law ihn argwöhnisch musterte.   „Ich bin der König der Vielfraße!“   Kapitel 3: Brothers in Arms – Waffenbrüder ------------------------------------------ „Hey, wusstet ihr... Wir können Brüder werden, wenn wir diese Sakeschalen trinken.“   „Brüder? Wirklich, Ace?“   „Wo auch immer wir sind, was auch immer wir tun, wir werden stets zusammen sein.“   „Für immer?“ „Auf ewig.“   „Von jetzt an... Sind wir Brüder!“   . . .   ...Stille.   Zerbrochene Sakeschalen, Scherben der Seele, Tränensplitter aus Trauer.   Das erloschene Feuer des Lebens. Gebrandmarktes Bruderherz.   „Du hast es mir versprochen, Ace.“ 'Ich werde nicht sterben.'   Sterben bedeutet nicht das Ende unserer Reise. Unser Abenteuer... hat gerade erst begonnen.       ~*~       Familie. Etwas, was man nicht besaß, sondern spürte. Sowohl im irdischen als auch dämonischen Reich existierte diese Bindung. Etwas, was beide Welten verband und doch unterschied; Höllengeborene konnten nicht erwählen, wer ihr Blut trug, Menschen war dies vollends gleichgültig. Sie ernannten ihre Geschwister mit dem Herzen. Doch war das Organ vergänglich, ersterbend, im doppelten Herztod eines Liebenden.   Meist lernte man etwas erst zu schätzen, wenn es einem genommen wurde. Erst dann wurde einem bewusst, wie viel jemand für einen bedeutete. Emotionaler Besitz war wertvoller, als materieller es je sein könnte. Die reichsten Menschen lebten in bitterster Armut. Wirklich arm war man, wenn man keine Person von persönlichem Wert sein Eigen nannte. Einsamkeit war das schlimmste Leid der Lebenden. Schmerzlichst leidend im Tode. Allein zu sterben, wünschte sich niemand.   Einsamkeit das Gift der Liebe. Nie geliebt worden zu sein, die schlimmste Folter der Seele. Menschen waren Beziehungswesen. Brauchten einander, hassten und liebten sich, auf beide Weisen nicht missen könnend. Die Harmonie der Seele konnte nur durch das emotionale Gleichgewicht aufrecht erhalten werden. Hass und Liebe waren mitunter die stärksten Gefühle der Menschen. Sich selbst zu hassen, wie Schnitte ins eigene Herz. Wenn dich jemand hasste, war es ertragbar, solange du dich selbst liebtest. Konntest du dies nicht, war es die Liebe anderer, die dein vereinsamtes Selbst heilte. Doch mit der Liebe kam der Verlust. Streit war verwundend, doch rettbar. Der Tod eines geliebten Menschen nicht.   Wieso liebt man, obwohl es den Schmerz bringt? Weil es immer lohnte. Der Preis war hoch, doch die Entlohnung höher. Die Wunden des Lebens waren die bedeutendsten, waren der Beweis, dass man gelebt hatte. Eine Erinnerung hatte ohne verbundene Emotionen keinen Wert. Ob Schmerz, Hass oder Liebe – je stärker die Emotion, desto brennender die Erinnerung. 'Warum musste er sterben?' Unbeantwortbare Fragen. Brüder trauernd in Verbundenheit. Salzperlen erlöschend im Seelenfeuer. 'Ich wünschte, er wäre noch bei mir.' Selbst über den Tod hinaus glühen Herzflammen weiter. 'Er wird immer bei mir sein.'   Erst wenn die Hoffnung starb, war alles verloren. Hoffen war menschlich. Weder heiliger Natur, noch unheiliger. Etwas Persönliches. Jeder hoffte, ob für sich oder andere. Tief im Innersten besaß jeder einen heimlichen Wunsch. Ungehört im vernarbten Herzen verschlossen haltend. Trafalgar Law hatte gelogen. Lügner! 'Ich fürchte den Tod nicht', wohl wahr. Dies war jedoch nicht die ganze Wahrheit. Diese würde er niemals offen preisgeben.   Einst sprach er zu Shachi und Penguin; „Ich werde den schwarzen Tod bezwingen. Geht mit mir oder bleibt.“ Ihre Antwort erfolgte so schnell, wie Laws zweifacher Herzschlag. „Wir gehen mit dir!“ Und verborgen schlich sich ein Lächeln auf Laws Lippen. Eines, welches sein Herz erreichte. Er hoffte, dass ihm seine Kameraden folgten. Wagte es nicht, diesen Wunsch auszusprechen. Brauchte es nicht. Wahre Freunde erhörten ihn ohne Worte.   Sie beschritten mit ihm den dunklen Todespfad, folgten ihm selbst in die Untiefen der Hölle. Er musste nicht einmal mehr um ihr Geleit fragen. Nun standen sie gemeinsam vor dem ersten Kaiser. Die Bezeichnung 'makaber und äußerst beunruhigend' käme nicht annähernd an die Beschreibung dieser Person heran. Ein lächelnder Höllenkaiser. Welch grotesker Scherz. Für Law ein überaus unerfreuliches Kennenlernen. Für ihren Gegenüber schien das Treffen freudiger Natur zu sein.   „Shishishi“, lachte der Junge mit dem Strohhut und biss in die Fleischkeule, die er hielt. Redete mit vollem Mund weiter. „Waff woll' ihr de' hier?“   Law räusperte sich, wollte zum Sprechen ansetzen, wurde jedoch von dem Energiebündel vor ihm unterbrochen. „Ich teile mein Fleisch mit niemandem, damit das klar ist!“, richtete der Junge seine Keule auf sie, ehe seine Augen auf Laws Plüschmütze fielen und er lächelte. „Cooler Hut, Leoparden-Typ. Aber meiner ist cooler!“   „Darüber ließe sich streiten“, seufzte Law hinter vorgehaltener Hand und versuchte es erneut. „Dürfte ich nun unser Anliegen äußern-?“   „Aceee! Hier sind drei Typen, die uns besuchen, das musst du dir ansehen!“ Laws Augenbraue zuckte. „Ich fasse dies als Nein auf...“ Beruhigend begann er sich seinen Nasenrücken zu massieren. Nicht mal eine Minuten waren sie hier und schon wurden seine Nerven überstrapaziert.   Betretenes Schweigen. Nur die fröhlichen Schmatzgeräusche hörbar. Zwischen Law und dem Kaiser entstand ein überaus merkwürdiges Blickduell. Stumme Blicke in zwei unverständlichen Sprachen, als würden sie aneinander vorbei reden. Ohne Worte. Ähnlich eines Ersteindrucks, den anderen abschätzend und musternd, auf keinen gemeinsamen Nenner kommend. Für die beiden musste erst ein neues Beziehungsmuster erschaffen werden. Die sympathische Antipathie? Penguin und Shachi warfen sich einen Blick hinter Laws Rücken zu, zuckten synchron mit ihren Schultern. Sie fühlten sich dezent fehl am Platz, wollten sich leise wegschleichen – wurden aber von Laws scharfem Blick davon abgehalten. Ihr bleibt! Aye!/Aye! Ein stummes Salutieren. So kommunizierte man unter Freunden.   Der Strohhut wippte aufgeregt auf seinen Sandalen hin und her. Schien die Sorglosigkeit selbst zu sein. Die Welten stehen kurz vor dem Untergang und er scheint davon vollends unberührt... Warum? Was ist der Grund seiner vollkommen Zufriedenheit?   „Mein Bruder“, begann der Junge zu sprechen, das Leuchten seiner Rehbraunen Augen strahlte mit seinem Lächeln um die Wette. „Ist der Coolste!“ „Mit ihm würde ich mein Fleisch sogar teilen!“, verzog er seinen Mund nuschelnd, „ihm zumindest was übrig lassen... gelegentlich.“   Law blieb misstrauisch. Angesichts dieses höchst kuriosen Individuums, war der Gedanke eines Zweiten dieser Sorte sehr besorgniserregend. Skeptisch fragte er; „Existiert dieser 'Bruder' tatsächlich?“ Zur eigenen Sicherheit wollte er sich dem vergewissern.   Trotzig verzog der Jungkaiser sein Gesicht, schob seine Unterlippe nach vorne. Er log nicht! Niemals! Lügen konnte man schließlich nicht essen und hatten daher keinen Nutzen. Warum Menschen das taten blieb ihm unerklärlich. Ein Gegenbeweis musste her. Voller Eifrigkeit blickten die runden Augen in Laws verengte. „Willst du Ace sehen?“ Law nickte zögerlich. Sich innerlich vorbereitend. Nerven steht mir bei. Und er sah ihn. Auf dem Stück Papier, welches der Strohhut eifrig bekritzelte. Dabei biss er sich angestrengt auf seine Zunge, führte den Stift wie ein Essstäbchen. Stolz zeigte er Law seine... Eigenkreation. „So sieht er aus, genau so!“   Law war noch nie gut im Deuten von Kaffeesatz. Die vielen Punkte sollten wohl Sommersprossen darstellen – nur dezent fehl platziert. Überall, nur nicht im Gesicht. Sogar über die Kritzelfigur hinaus gab es mehr Punkte als auf den vermeintlichen Wangen. Ein Auge war halb ins Ohr gerutscht. Das Ohr, welches das Strichmännchen unter der Achsel trug. Über die 'Gliedmaßen' sollte man lieber nicht sprechen. In all seiner chirurgischen Laufbahn hatte Law nie einen schlimmeren Unfall gesehen, als das.   Das war also Ace. Gut zu wissen, was man nicht wissen wollte. Bei genauerem Betrachtet, erkannte man jedoch etwas, was vollends perfekt gezeichnet war; Ein Tattoo aus vier Buchstaben. A S C E – das S gekreuzt durchgestrichen. Ob hier das Kreuz den Schatz markiert?   Energisch drückte der Junge das Bild in Laws Gesicht. „Wie findest du ihn?“ Wie sollte man darauf antworten? Schweigen war definitiv die bessere Wahl. Nur einer der drei Menschen scheute sich nicht vor Ehrlichkeit. „Er ist unvergleichlich!“ Wie wahr, das musste Law Shachi lassen.   Laws Besorgnis erreichte ihren nervlichen Höhepunkt. Alarmiert pochten seine Nerven. Nach dieser Skizze – laut dem Strohhut mit Echtheitszertifikat – wollte er besagtem Bruder noch weniger begegnen. Gar nicht. Gebete wurden in der Hölle nicht erhört. Dafür aber ein brüderlicher Ruf.   Hinter dem Strohhut erglühten vier Flammen in der Luft, in der Form eines Feuerkreuz ineinander greifend, welches sich zu einem Abbild eines Totenkopf-Symbols mit Schnurrbart wandelte. Aus dem Flammenbild sprang jemand, federte seinen Sprung in der Hocke ab, hielt dabei seinen Cowboyhut fest. Sein freier Oberkörper und Rücken mit flackernden Feuerzungen überzogen, seine rote Perlenkette bei der Bewegung leise klimpernd. Grinsend blickte er auf, erhob sich und legte brüderlich einen Arm um die schmaleren Schultern des Westenträgers.   „Was gibt’s, Luffy?“, fragte er an ihn gewandt und hob dann die Krempe seines Cowboyhuts mit zwei Fingern, die eine Pistole mimten. Den drei Menschen schenkte er einen Blick, der sie warnen sollte. Wer seinem Bruder schaden wollte, bekam es mit ihm zu tun. Stolz präsentierte Luffy Ace das Gemälde von ihm. Ace lachte laut auf. „Du hast Sabo echt gut getroffen.“   Luffy legte seinen Kopf schief; „Das ist nicht-“ Law räusperte sich. „Unser Anliegen“, erinnerte er nachdrücklich, versuchte noch immer an seiner Beherrschtheit festzuhalten. „Dürfte ich-“ Warum versuche ich es eigentlich noch. Die beiden Brüder ignorierten ihn. Redeten über irgendwelche Belanglosigkeiten, die Law nicht weniger interessieren könnten. Sein malträtierter Nasenrücken würde bald röten, seine massierende Fingerbewegung wurde immer schneller. Die Power-Brüder waren zu viel für ihn. Keiner hatte solch eine Strafe verdient, schlimmer als jedwede Höllenpein. Ist Ace der heiße Feger des Fegefeuers? Erneut holte Law fauchend Luft, zwang sich vehement zur Fassung.   „Wir wollen-“ „Hey, cooler Hut.“ „Das hab ich ihm auch schon gesagt.“ „W.i.r. w.o.l.l.e.n-“ „Was gibt’s heute eigentlich zum Futtern, Luff?“ „Weiß nicht... alles, was schmeckt!“ „WIR!“   Die Brüder sahen Law mit Unschuldsmienen an. Luffy zog einen nachdenklichen Schmollmund. „Du brauchst nicht so zu schreien, wir sind hungrig, nicht taub.“ Geräuschvoll atmete der Plüschmützenträger ein und aus. Warum musste er sich mit diesen Primaten herumschlagen? Shachi ergriff das Wort.   „HeyHo, Diddy und Kong!“, taufte er die beiden und streckte ihnen seine Hand hin. „Freut uns, eure Bekanntschaft zu machen.“ Law zischte leise zu sich selbst. „Tut es nicht.“ Penguin zog nickend seinen Kappenschirm herunter. Die beiden überließen ihrem eigenen Energiefluter den Vortritt. Shachi schaffte es als Einziger, alle Aufmerksamkeit auf sich zu ziehen. Immer.   Luffy nahm Shachis Hand. Beide schüttelten sie die des anderen energisch durch. Ihr beider Lächeln überfreundlich, teils verkrampft werdend. Keiner wollte nachgeben. Was auch immer die beiden für ein hochkonzentriertes Duell austrugen, niemand sollte eingreifen. 'Wollte' traf es eher. Ace kannte die Eigenheiten seines kleinen Bruders, beschmunzelte ihn und lehnte sich locker gegen den Torbogen. Da Luffy eine kurzweilige Ablenkung gefunden hatte, konnte er in Ruhe mit den Menschen sprechen.   „Was wollt ihr bei uns?“, fragte er in aller Lässigkeit. Doch entflammte plötzlich sein verkürztes Hosenbein, das er schnell ausklopfte. Als wenn nichts gewesen wäre, blieb sein lockeres Grinsen erhalten. „Sind bloß Nachwirkungen. Luff hat mich mal wieder aus dem Bett geholt.“ Nicht seinem eigenen. Law wartete. Nachdem er sich versichert hatte, dass er diesmal nicht unterbrochen wurde, begann er zu erläutern, was er wollte. „Durch.“ Kurz und knapp, sich jedes weitere Wort zu schade. Er hatte genug Sauerstoff an die beiden verschwendet.   „In Ordnung“, schob Ace seine Hände in seine Shortstaschen und machte ihnen Platz. Law musterte ihn skeptisch. Wo ist der Haken? „Wenn...“ Ah, da ist er also. „Ihr uns helft.“ Silberne Augen wurden härter, verhandlungssicher. „Wobei?“ Statt Ace, antwortete Luffy. Der Sieger des Hände-Duells. Shachi wurde heftig von ihm durchgeschüttelt, kicherte leise und wankte seinen Drehwurm aus.   „Werde unser Freund!“, forderte der Strohhut und rückte seine Krempe, die einen Schatten über seine selbstsicheren Augen warf. Ace schüttelte schmunzelnd seinen Kopf. „Was er meint ist eine Allianz.“   „Eine Allianz?“, selbst das Aussprechen klang äußerst skurril. Law gefiel der Gedanke nicht. Sich mit einem der schlimmsten Generation – der der Hölle – zu verbünden, kam für ihn nicht infrage. Nur im äußersten Notfall würde er darauf zurückgreifen. Wenn er einen Plan ausgearbeitet hatte, der ihnen von Vorteil war. Unvorbereitet würde er sich mit niemandem alliieren. „Erklärt uns die Bedingungen. Wie lange? Welche Art von Allianz? Gegen wen?“   Ace fasste die Einzelheiten zusammen. „Gegen einen der Abtrünnigen. Das hier ist das Höllentor der Völlerei. Luffy ist der Torwächter und damit auch der Kaiser dieses Gebietes. Ich bin nur zu Besuch bei ihm, gehöre eigentlich zu einer anderen Zone. Um es kurz zu machen; Obwohl sich mein Bruder den Titel erkämpft hat, gibt es eine kürzlich verstorbene Seele, die hier unten randaliert, sich gegen das System auflehnt. Sie hat derzeit einen ihrer Hungeranfälle und ist unberechenbar. Selbst vor dämonischen Seelen macht sie keinen Halt und frisst sie auf. Wir müssen dem Dämonenmord Einhalt gebieten. Und könnten eine helfende Hand gebrauchen.“ Mit einem geschlossenen Auge schaute er mit schief gelegtem Cowboyhut zu Law. „Haben wir einen Deal?“   Silberne Augen tauschten einen kurzen Blick mit Penguin und Shachi aus. Shachi zuckte mit den Schultern. „Was haben wir schon zu verlieren?“ Penguin seufzte tief. „Unsere Seelen.“ Luffy kicherte. „Die schmecken nicht.“ Shachi und Penguin starrten ihn in Schock an. „Woher...“ „Er hat sie gekostet“, schlussfolgerte Law. Luffy fuhr sich über den Nacken, sich keiner Schuld bewusst. „Nur kurz angeknabbert“, gestand er und sah dann zu Shachi. „Er hat sie mir doch angeboten.“   Notiz an die Menschen; 'Fasse keinen hungrigen Dämon an, wenn du nicht angebissen werden willst.'   Ace grinste. „Also; Deal?“, streckte er Law seine Hand hin, sein Grinsen breiter werdend. Ein leises Magenknurren verriet ihn. Law würde die Hand nicht einmal mit medizinischen Lederhandschuhen anfassen. Lachend zog der Feuerdämon seine Hand zurück und kratzte sich an seiner sommersprossigen Wange. „Einen Versuch war's wert.“   Ein lautes Grollen. Alle Blicke richteten sich auf Ace' Bauch. „Seht mich nicht so an Leute, ich war's nicht!“, verteidigte er sich, ehe seine Mimik schlagartig ernst wurde. „Linlin. Sie ist aus ihrem Fresskoma erwacht.“   „Treten wir der Schnulle in den Arsch!“   Luffy und Ace rannten los, ins Innere des Gebietes, hielten ihre Hüte beim Rennen fest. Energisch rief Luffy den drei Menschen über seine Schulter zu. „Kommt mit! Ihr gehört jetzt zu uns!“ So war es entschieden.   Shachi rief ihm unsicher hinterher. „Aber... wir sind doch Menschen...“ Luffys Lächeln wurde sanfter. Seine Rehbraunen Augen blickten den Drei direkt in die Seele. „Und wir sind Dämonen. Wo ist da der Unterschied? Unter Nakama gibt es keinen. Haltet die Klappe – Ihr kommt mit uns!“   „Wie nett“, kommentierte Law, „wie ich Befehle doch hasse.“ Penguin grinste ihn frech an. „Aber den Teufel 'hasst' du mehr...“, spielte er auf die vertauschten Gegebenheiten von Hass und Zuneigung der Hölle an. Law strafte ihn mit einem skalpierenden Blick. „Das will ich überhört haben.“   Plötzlich tauchten zwei Arme vor ihnen auf. Zwei lange Gummiarme, die sich mehrmals um die Drei schlangen und sie abrupt mitzogen. Law, Penguin und Shachi blieb keine Wahl, freundlicherweise wurde sie ihnen ja abgenommen. „Wie ich dies doch hasse...“ „Wehe, du knabberst uns nochmal an!“ „Hui~ Wir fliegen!“   Ohne Rücksicht wurden sie federnd durch die Gegend gezerrt. Klirrend und scheppernd an vorbeiziehenden Unwichtigkeiten vorbei. Keine Zeit für Sehenswürdigkeiten. Das Krächzen von Raben. Dann spürten sie ein unverhofftes Zusatzgewicht. Aus dem Nichts sprang jemand auf die langen Gummiarme, auf denen er gekonnt kniend landete. Nutzte sie als Transportmittel, welches ihm sehr gelegen kam. Law unterdrückte seinen dezenten Würgereiz und quittierte den nächsten Irren mit einem fragwürdigen Blick. „Mit wem haben wir nun das Vergnügen?“ Der Angesprochene hob kurz seinen Zylinder. „Sabo, angenehm.“   „Sage mir nicht, dass du ebenfalls einer dieser“, verkniff er sich jegliches Adjektiv der Ehrlichkeit, „Brüder bist.“   Sabos Schmunzeln wurde gerissen. „Ich bin ihr Liebhaber.“ Kopfkino. Law entgleisten seine Gesichtszüge. Woraufhin Sabo leise lachte. „Ein Scherz am Rande. Hätte nicht gedacht, dass du darauf reinfällst.“   Wo waren die Menschen nur hineingeraten? Mit drei von der Sorte hielt es doch keine Menschenseele aus! Penguin sprach leise sein Mantra. „Wir sind verflucht... Wir sind verflucht...“ Law dachte sich in einen stillen, weißen Raum. Weg von jedwedem Leben. Nur er, die Ruhe und das Alleinsein. Shachi blieb die Fröhlichkeit selbst. Er verstand nicht, was so schlimm an allem sein sollte. Lieber genoss er den Freiflug, der ihnen spendiert wurde.   ...Und irgendwo in den Hallen der Hölle lachten sich Kid und seine dämonische Crew den Arsch über sie ab. Das war besser als die Kinofilme aus Holy-Blood!     --     In einem waren die Menschen sich einig. Wenn sie das Kaiserreich beschreiben müssten, würden sie es bezeichnen als; Schlaraffenland. Die Gegend bestand nicht aus Süßigkeiten, sondern rein deftigen und salzigen Speisen. Fleischfelder, Reisweinflüsse und Salzlettenbäume so weit das Auge reichte. Sabo brach sich einen kleinen Ast der vorbeiziehenden Bäume ab und setzte sich gemütlicher im Schneidersitz auf Luffys Arme. Die Reise ins Ortsinnere dauerte etwas länger, so konnte er sich die Mitfahrt auch angenehmer gestalten. Durch sein Zusatzgewicht wurden sie deutlich langsamer, sich kaum fortbewegend, doch stetig. Keinen der Passagiere störte es, im Gegenteil; das leichte Wanken der ziehenden Bewegung fühlte sich wie eine angenehme Seefahrt an.   Grinsend biss Sabo die Spitze des Salzlettenasts ab, betrachtete sich die Menschen interessiert und musternd, ehe er nach dem manierlichen Schlucken zum Sprechen ansetzte. „Wir waren auch mal wie ihr“, begann er in Nostalgie zu erzählen, wartete, bis er die Aufmerksamkeit der Drei hatte. Teils mehr, teils weniger aufmerksame Blicke wurden ihm zuteil. Als er fortfuhr nahm Sabos Stimme einen abwesenden und sachten Ton an, seine minzgrünen Augen schweiften liebevoll zu seinen Brüdern. „Luffy und ich sind freiwillig hier. Ace...“, schloss er kurz seine Augen, ehe er leiser weitersprach, „ist es nicht.“   In Gedanken an seine dunkelste Erinnerung, wurde Sabos Gesichtsausdruck finsterer, dabei fasste er sich unbewusst an seine vernarbte Gesichtshälfte. „Beim Versuch, ihn zu retten, ist diese Narbe entstanden“, öffnete er seine Augen, in denen sich Innigkeit reflektierte. „Ich bereue es nicht, es versucht zu haben. Bin lieber bei ihm gewesen, als irgendwo anders. Will kein Leben in Reue führen, habe des Todes Freiheit gewählt.“   Shachis emotionale Sensibilität ergriff ihn, leise schniefte er, während Sabo ihn dankend anschmunzelte. „Vergieße keine Tränen im Namen Fremder, Kleiner“, erklangen Sabos sanften Worte. „Tränen sind ehrlicher als Blut und sollten der Familie gewidmet sein.“   Shachi nickte ruhig, blickte zu Penguin und Law. Der Anblick seiner Familie ließ ihn lächeln. Mit andächtiger Stimme fragte er den Zylinderträger leise; „Aber warum seid ihr hier? In der Hölle... Kommt man da nicht hin, wenn man schlimme Dinge gemacht hat?“   „Haben wir“, wurde Sabos Stimme todernst. „Wir haben das heilige Gericht infrage gestellt und einen der Richter ermordet. Im Wissen, dass wir dadurch unserem Bruder folgen können.“   „Also seid ihr für Ace... gestorben?“, hakte Shachi vorsichtig nach. Sabo wiegte seinen Kopf nachdenklich. „So kann man das nicht sagen... Die Regelnorm von Tod und Leben ist ein Irrglaube der Irdischen. Es gibt weitaus tiefere Seelenbindungen, die über das Diesseits hinaus bestehen. Man muss nicht unbedingt sterben, um diese Verbindung zu reaktivieren.“   Shachi blinzelte ihn an, verstand weniger als die Hälfte, sodass Sabo es verständlicher erklärte. „Stelle es dir wie ein unsichtbares Seelenband vor. Wenn einer der Kette von den anderen getrennt wird, kann man unter gewissen Bedingungen diese Kette reparieren und die Kluft schließen. Dann wird man automatisch mit dem fehlenden Glied vereint. In unserem Fall wurde Ace Unrechtens ins Höllenreich geschickt. Lebendig konnte er nicht wieder werden, so sind wir hier gelandet.“   „Also...“, versuchte Shachi die Informationen zusammenzufassen. „Ihr habt euch alle lieb und seid unzertrennlich.“ Sabo lachte herzhaft auf. „Genau so und nicht anders!“   Law und Penguin hörten sich das Gespräch schweigend an. Nur teilweise. Weil ihre Aufmerksamkeit auf etwas anderes gelenkt wurde.   „Boa, das schnulzige Gesülze hält doch kein Schwein aus!“, erklang die knurrende Stimme von Laws Schulter. Auf ihr saß ein Miniatur-Teufel – Kid – der seine Arme vor seiner Brust verschränkte und unzufrieden brummte. „Sind wir hier in ner schlechten Sabo-Oper oder was?“   Law ignorierte seinen teuflischen Passagier, sprach stattdessen zu sich selbst. Im wohlen Wissen, dass sein Stalker seine Worte verstehen konnte. „Eine Oper wäre zu kultiviert für die primitiven Verhältnisse Eurer geistigen Einschränkung.“   Der Tritt eines kleinen Springerstiefels pikste Law an seinem Hals. „Habt Ihr mich getreten oder angehustet?“ „Angefickt. An deinen Arsch komm ich grad nich ran, sonst würd ich den penetrieren.“   Law funkelte ihn von oben scharf an. Die höfliche Anrede nicht vergessen. „Eure Analfürstlichkeit... mit Eurer Erlaubnis würde ich euch nun gern sezieren.“ „Später in meinem Schlafzimmer kannste alles mit mir mach'n – solang ich mein drittes Horn an dir abstoßen kann.“ „Ihr seid äußerst hoffnungslos.“ „Und verdammt stolz drauf!“   Zu Laws Bedauern hatte er dem Teufel laut höllischen Gegebenheiten tatsächlich ein Kompliment gemacht. Hoffnungslosigkeit war hier etwas Positives. So korrigierte er sich. „Verzeiht“, schmunzelte er amüsiert, ohne negativem Unterton, sondern überfreundlichem, „natürlich seid Ihr die Engelsgüte in Persona.“ Die Beleidigung saß. Nettigkeiten waren in dämonischen Ohren der schlimmste Hohn. Mit einem bissigen Knurren – wortwörtlich 'bissig', da Kid Law in in den Hals biss – ließ er Law seine 'Güte' spüren. Still trugen sie ein Blickduell aus, des Herrschers diabolischen Augen gegen die ausdruckslosen Laws. Ausdruckslosigkeit war noch viel beleidigender für das Höllenoberhaupt. Ohne ein weiteres Wort griff Laws Zeigefinger und Daumen den kleinen Teufel bei den winzigen Hörnern und warf ihn achtlos hinter seine Schulter, wie eine lästige Fliege. Zum Fick, hat er nich gemacht! Ich bin der fucking Teufel! Law glaubte noch immer nicht an ihn. Was dem Höllenfürst keine Macht über ihn gab. Noch nicht.   Penguin versuchte derweil die schwarze Feder mit seiner Hand wegzuschlagen, die unaufhörlich vor seinen Augen hin und her flog. „Willst du mich ärgern?!“, murrte er der Feder aufbrausend zu, keine Antwort erwartend, doch erhaltend. „Nun... dies kommt auf deine Definition von 'ärgern' an.“ Killer.   Abrupt stoppte Penguins Hand, verharrte in der Luft, während er die Feder in Aberglaube anstarrte. Hier war echt nichts mehr normal. Mit einem leisen 'Puff'-Geräusch löste sich die Feder in einem Splitter-Regen aus Obsidian auf. Einige der Funken fielen auf Penguins Handfläche, die er schnell ausschüttelte und leise fluchte. „Verdammt, sind die heiß!“ „Natürlich sind sie dies – Sie gehören ja auch zu mir.“ „Im Ernst? Kill mich nicht mit deinen Ego-Sprüchen.“ „Immerhin weißt du nun, wie ich zu meinem Namen gekommen bin...“ „Weil du Leute mit deinen miesen Sprüchen zu Tode gelangweilt hast?“   Killer lachte gedämmt auf. Leise und tief, spürbar in Penguins Ohr, der das körperliche Schaudern unterdrückte. Das seelische erspürte der Todesengel sehr wohl. „Mache ich deine Seele schwach?“, fragte er mit rauer Stimme. Penguin fühlte die Lippenberührung an seinem rechten Ohrläppchen. „Ich bin die tödliche Versuchung... gänzlich unwiderstehlich.“   Penguin zog scharf die Luft ein, seinen Kommentar nicht zurückhaltend. „'Unerträglich' trifft's eher.“ Als die unsichtbaren Lippen verschwanden, atmete er erleichtert auf. „Ist es hier normal, ständig angebaggert zu werden?“   „Gewiss... Wir sind im Sündenreich. Dämonen müssen ihre Verwerflichkeit nicht verstecken und können sie offen ausleben.“ „'Lebe' dich woanders aus, Totenbringer. Wobei Pechbringer wohl besser zu dir passt.“ „Falls du auf dein Unglück anspielst; Dies ist nicht mein Verschulden. Du warst schon immer ein Pechvogel.“ „Woher weißt du das schon wieder?“ „Ich habe in deiner Lebensgeschichte gelesen“, gab Killer offen zu und schmunzelte schadenfroh. „Sehr viele Humorparts, höchst amüsierend. Erinnerst du dich an deinen ersten Sexualakt-?“   „Klappe!“, stieg Penguin die Röte ins Gesicht beim Gedanken an sein peinlichstes Erlebnis. „Das- Das- Ich kann das erklären! ...Kann ich nicht. Aber- ...Warum rechtfertige ich mich eigentlich vor dir!?“   „Weil es dir nicht gleichgültig ist, was ich von dir halte“, schlussfolgerte der analytische Seelenräuber richtig. Penguin verfluchte ihn, schickte ihn gedanklich zur Hölle – bis er seinen Logikfehler bemerkte. „Verdammt... Du hängst mir zu hoch.“ „Ich kann ja auch fliegen.“ „Dann mach nen Abflug!“ „Nope.“ „Komm schon. Bitte?“ „Nope.“ „Graah, du machst mich wahnsinnig!“ „Warum beachtest du mich dann weiterhin?“ „Weil- ...Darum.“ „Natürlich. Das erklärt alles.“   Sabo lehnte sich flüsternd zu Shachi. „Ist das immer so?“, fragte er bei dem ungewöhnlichen Anblick der beiden Herrscherdämonen, die sich selbst für ihre Verhältnisse seltsam verhielten. Shachi nickte, woraufhin Sabo wissend schmunzelte. „Ich verstehe.“   „Jetzt will ich's aber auch wissen!“, bestand Shachi und sah ihn erwartungsvoll an. Sabo hüllte sich in Schweigen, sein Blick auf den sonnigen Horizont gerichtet, in den Luffy rannte. Das Licht reflektierte das eigene seines Bruders, umhüllte Luffys Figur. Als Kaiser hatte er sein eigenes Reich aus seiner Persona erschaffen. Die Energie des Kaisers hielt die Vitalität des Ortes aufrecht. Sabo schmunzelte den Rücken seiner Brüder zu. Ich bin stolz auf euch.   Irgendwann antwortete er Shachi; „Die Seelen deiner Freunde haben sich verändert. Sehe dir die beiden einmal genauer an.“ Honigfarbene Augen schweiften zu Law und Penguin. Betrachteten sie eindringlich. Konnten keine Auffälligkeit erkennen. Bis- „Was ist das?“, zeigte Shachi auf den winzigen, gar unsichbaren Faden, der von seinen Freunden irgendwohin führte. Sabo nickte anerkennend. Der Kleine kann es tatsächlich sehen... Ihr Seelenband ist stärker, als vermutet... „Das ist ein seelisches Tau. Deine Kameraden sind ein Anker für einen Dämon geworden.“   „Ein Anker?“ „Hmh. So etwas, wie ein Wegpunkt, zu dem man immer zurückfindet. Eine höllische Markierung.“   Laws Tau war kaum erkenntlich, während Penguins sichtbarer war. Hätte Shachi doch nur sein eigenes gesehen. Aber war ihm das Thema schon wieder zu langweilig geworden. Er ließ sich zu schnell von etwas begeistern und genauso schnell wieder langweilen. Freudig schweifte sein Blick über die Landschaft, bis er etwas Buntes erblickte.   Shachi schnappte sich einen der Äpfel des großen Baumes, an dem sie vorbei zogen. Sabos Augen weiteten sich, seine Hand schnellte nach Vorne. „Nicht-!“ Und Shachi biss in die bunte Frucht. Kaute, verzog sein Gesicht, ehe er mit den Schultern zuckte und mit vollem Mund sprach; „Hab schon Schlechteres gekocht-“ Sabo griff ihn bestimmt an seinen schmalen Schultern, sah ihn todernst an. Das Grün seiner Augen eine intensive, gar monströse Farbe annehmend. „Nicht schlucken. Speie es aus. Hörst du?!“ Er hörte nicht. „Ich mag es nicht, Essen zu verschwenden.“ Unter Tränen des Ekels zwang Shachi sich selbst, den gesamten Bunt-Apfel zu essen.   Sabos sonst so höflicher und sanfter Ton wurde strenger und reserviert. „Selbst Schuld“, ließ er von Shachis Schultern ab und faltete locker seine behandschuhten Finger ineinander, die er auf seinem angewinkelten Bein ablegte. Gefasst, resigniert und ohne Anteilnahme erklärt er; „Du hast soeben eine Frucht des Teufels gegessen. Noch nie von Adam und Eva gehört? Die verbotenen Früchte vom Baum der Erkenntnis, auch Teufelsfrüchte genannt, haben dämonische Auswirkungen-“ Und Shachi sah einen Chipperling – Gattung Schmetterling; Flügel aus je einem Chip, Körper aus einem Käseflip – da war es vorbei mit der Aufmerksamkeit.   Der ist ja fast so schlimm wie Luffy... Sabo seufzte, legte sein Kinn auf seiner Handfläche ab, konnte sich ein Schmunzeln jedoch nicht verkneifen. Vielleicht ist er mir gerade deswegen so sympathisch... Ob er weiß, was er getan hat?, blickte er aus dem Augenwinkel zu den drei Menschen. Bald wird sich zeigen, wie stark ihre Seelenkette tatsächlich ist...   Eifrig versuchte Shachi nach dem Schmetterling zu greifen, ihn mit beiden Händen zu fangen, war bereits dabei ihm einen Namen zu geben. Knack. Da war 'Chap' nur noch Chipskrümel. Erschüttert blickte Shachi auf seinen Brösel-Freund auf seinen Handflächen, verzog seine Unterlippe betröppelt. Und zeigte seine Trauer, indem er die Krümel futterte. So trage ich Chap in mir... nah meinem Herzen...   „Mister Zylinder-ya.“ Laws Stimme reflektierte kühle Distanz, Sabo erwiderte den reservierten Blick gleich neutral. „Haben Sie niemals versucht, wieder sterblich zu werden?“ Entschieden schüttelte der Blonde seinen Kopf. Die einzelne Strähne mitbewegend, welche aus seinem Zylinder hervorragte, seine minzgrünen Augen stachen ausdrucksvoller hervor. „Warum sollte ich? Wo meine Brüder sind, ist mein Zuhause.“   Eines störte Law. Etwas passte nicht zusammen. „Besitzen Dämonen nicht tote Herzen? ...Ohne Liebe? Die familiäre mit eingeschlossen.“ Sabo lächelte in nostalgischer Wärme. „Wir leben unsere Erinnerung.“   Waren Gefühle der Erinnerung echt? War es wahre Liebe oder nur einstige? Wenn man die glücklichen Gesichter der drei Brüder betrachtete, war ihre Antwort eindeutig. Luffys entferntes Lachen klang aufrichtig. Doch viel zu verdächtig. Mit einem Ruck zog er seine langen Gummiarme zurück, mitsamt den vier Passagieren, die zu ihm katapultiert wurden. Gegen Luffys Körper, seine Arme immer noch fest um die anderen geschlungen, einer großen Umarmung gleichend. Zum Nachteil seiner Opfer, die allesamt aneinander gequetscht wurden. Hätte nur noch gefehlt, dass Laws Lippen mit denen eines anderen kollidiert wären. Ich benötige dringend Desinfektionskräuter... werde darin baden, bis die letzte fremde Hautschuppe weggeätzt ist...   Sabos vernarbte Wange drückte gegen Luffys X-narbige, Penguins und Shachis Nasen pressten aneinander, Law war mitten zwischen allen gefangen. Und Ace sprang auf sie drauf, riss den Personenberg um. Heiß. Ace ist zu heiß... Sein Körper schien wie das Feuer selbst zu glühen. Robbend krochen die Menschen unter dem Glieder-Wirrwar hervor, brachten sich vor den Irren in Sicherheit. Im Gegensatz zu den Höllenbewohnern waren ihre Körper sehr wohl verletzlich, waren nur durch Glück vollends unverletzt geblieben. Ein Hoch auf dehnbares Gummi! Die drei Brüder begannen spielerisch zu kämpfen, wie in guten alten Zeiten. Das war ihr Aufwärmprogramm.   Law klopfte sich den Salzstaub von seiner Leoparden-Hose, spürte plötzlich ein Zwicken in seiner Hosenmitte. Gott bewahre. Lasse dies nicht das sein, was ich vermute... Der Reißverschluss seiner Hose öffnete sich in Begleitung eines langgezogenen Zipp-Geräuschs, heraus schaute ein roter Haarschopf. Zu ihm nach oben grinsend. „Hab dir an den Eiern geknabbert.“ Wortlos, wie in Zeitlupe winkelte Law sein gelenkiges Bein an, zog sein Knie seitlich nach oben – und rammte seine Innenferse gezielt an dessen Bestimmungsort. Trafalgar Law trat sich in aller Eleganz selbst in seine Luxusreisbälle. Verzog dabei keinen einzigen Muskel, seine Mimik perfekt erhalten. Nur seine Augen weiteten sich leicht, vehement einen hohen Laut unterdrückend. Ein Bild für die Götter.   „Verfickt, hast du sie noch alle?! Die brauch ich noch!“, erklang es fluchend aus seiner Hose, die sich kurz darauf leerer anfühlte. Aber immer noch Pracht-voll. Law schmunzelte in sich hinein. Wer hier wohl gerade den Kleineren hat? Der Miniatur-Teufel erschien in seiner vollen Größe vor Law. Weil er seinen Gedanken gelesen hatte. „Schwanzvergleich?“, wurde sein dunkles Grinsen die pure Obszönität, einmal griff er sich an die Eier, dann fanden seine lackierten Finger seinen Reißverschluss. Und Law drehte sich weg. In aller Ignoranz. Hinkte mit geschwollenem Genital Oberkörper davon.   Penguin musste Shachi derweil im Schwitzkasten halten. Ihn davon abhalten, abzuhauen. „Komm schon, Peng!“ 'Komm schon, Peng', wiederholte das Gedankenecho seines perversen Verführers. Nicht hilfreich! „Nein“, war Penguins strikte Antwort. „Shachi, du wirst nicht- Pff- Haha!“ Shachi wandte seine miese Geheimwaffe an, namens; Kitzel-Attacke. Riss sich erfolgreich von ihm los. „Ätsch!“ Und türmte davon. In Richtung des Hauses, das da vorne nur auf ihn wartete. Ein Lebkuchenhaus.   Zucker – Shachis Kryptonit. Seine Augen funkelten, als wären sie aus Zuckerperlen, während er mit Highspeed auf das Gebäude zu wirbelte. Penguin ihm hinter, überholt werdend von Luffy. „Ich werd Erster!“, verkündete der Gummijunge feierlich. „Wir schleichen uns zusammen rein!“ 'Rein schleichen.' Seine Brüder sahen ihm nach, beide einen 'das-glaubst-du-doch-selbst-nicht'-Blick tragend.   Luffy und Shachi lieferten sich ein Kopf an Kopf Rennen. Beide schummelten. Luffy streckte seine Arme aus, dehnte sie gen Häuserdach, das er zu greifen bekam. Shachi hob seine Ballonmütze an – sein Geheimversteck für seine kleinen Schätze – und fummelte eines der Zuckerpäckchen auf, das er sich hastig reinpfefferte. „Die gehn ab, wie zwei Zäpfchen“, kommentierte der Teufel belustigt. Er, Law und die Feuer-Brüder machten sich nicht die Mühe, ihnen nachzujagen. Liefen gemächlich in selbige Richtung. Hielten einen Plausch. Und umgingen auf ihrem Weg den liegenden Penguin, der über eine der Wurzeln gestolpert war. In Wahrheit hat Killer ihm ein unsichtbares Bein gestellt.   Sabo richtete sich seinen Zylinder. „Was verschafft uns die Ehre Eures Besuches, Devil the Kid?“, wandte er das Wort an den Teufel, etwas Wissendes blitzte in seinen grünen Augen. „Wir haben uns seit... noch nie gesehen.“ Ace klinkte sich ins Gespräch ein. „Die Hölle spricht über dich. Sagt, du wärst 'Gottes Strafe'.“ Ein abfälliges Knurren entkam Kids Kehle. „Tch. Noch nie vom Blitz beim Scheißen getroffen worden? Das is 'Gottes Strafe'.“   Ace konnte sich das zu ehrliche Kommentar nicht verkneifen. „Heißt das, du wurdest im Klo gebor-?“ Sabo hielt ihm den Mund zu. „Was er sagen will; Eine Freude, Sie persönlich kennenzulernen“, rettete er seinen Bruder vor dem Zorn des Höllenfürsten. Sabo konnte darauf verzichten, Ace in Impel Down zu besuchen. Wie er Luffy kannte, würde er ihn sogar da rausholen. Ace verstand den Wink seines Bruders, versuchte sich an einem Kompliment. „First-Laid-Kid, du siehst in echt noch echter aus als echt.“ Hö?   Kid rang sich nicht zu einem 'Geht-mir-am-Arsch-vorbei' durch, murrte lediglich ein; „Schnauze.“ Law seufzte. Wenn der Teufel mit allen Bewohnern so umging, war es kein Wunder, dass hier die seelische Flaute herrschte. Zylinder-ya bemühte sich wenigstens um nette Höflichkeiten. Seine Gesellschaft war Law die akzeptabelste.   „Wie weit ist der Feind entfernt?“, lenkte er das Gespräch zur Ernsthaftigkeit. „Da vorne.“ Ace zeigte auf das Lebkuchenhaus. Und das sagt er erst jetzt?! Die Menschen hatten sich nicht einmal bewaffnen können! An besagtem Haus hatten sich zwei Zahnpaare verkeilt, futterten Löcher in die Oberfläche. Luffy und Shachi. Der Gummijunge auf dem Dach, dessen Ziegel ihm zum Opfer fielen, der Zuckerjunge an der Tür, dessen Klinke er sich bereits einverleibt hatte. Plötzlich öffnete sich die Tür, durch die Shachi purzelnd verschwand.   Law beschleunigte seine Schritte, von Besorgnis angetrieben. An seiner Seite Penguin, dessen pessimistischen Gedanken das Schlimmste befürchteten. Wir haben Shachi verloren... werden ihn nie wiedersehen... Er wird bestimmt im Ofen einer Hexe gebraten- Und Rauch stieg aus dem Lebkuchenschornstein. Sag ich doch! Vehement rüttelte Penguin an der klinkenlosen Tür. Sie war verriegelt, von Zuckerguss verklebt. Von Innen hörten sie ein helles Pfeifen. Shachi ist wohl schon gar... Laws Blick schnitt Penguins. „Dein Pessimismus ist nicht hilfreich.“ Penguin grinste schief. „Aber beruhigend. Wenn ich vom Schlimmsten ausgehe, kann es nur besser werden.“ „Wie dem auch sei“, nickte Law in Richtung Tür, „leihe mir deine Schulter.“ „Sorry, Cap ist angewachsen-“ Ein scharfes Zischen. „Nicht hilfreich.“ In diesem Moment war Penguins Beruhigungshumor überaus unpässlich. Dass er damit seine besorgte Nervosität zu mildern versuchte, machte Laws angespannten Nerven umso rastloser. Sie verloren kostbare Zeit! Keine Sekunde später handelten sie. Rammten zusammen die Tür auf, traten ins Innere. Und glaubten nicht, was sie sahen.   Der Duft von süßen Kräutern empfing sie. Der pfeifende Kessel dessen Ursprung. In der Mitte des Raumes stand ein niedriger Rundtisch, an dem Shachi saß. Tee trinkend, mit einem übergroßen Mädchen und einem Stofftier mit gefranstem Schal. Eine Teeparty? Shachi bot dem Kind ein Bonbon an. Gierig griff es danach, seine pinken Bausch-Zöpfe wackelten bei der hastigen Bewegung. Dieses Kind soll der gefürchtete Feind sein? Haben die Brüder ihnen einen Streich gespielt?   „Das ist Linlin“, strahlte Shachi seinen sprachlosen Freunden zu. „Sie ist ein ganz besonderes Kind.“ „Das ist sie tatsächlich“, erklärte Sabo, der hinter Law und Penguin auftauchte. „Sie ist... sehr speziell, um es milde auszudrücken.“ „Eine launische Ziege“, brummte Ace, was nicht ungehört blieb. Das mollige Mädchen blickte ihn blinzelnd an, Tränen schossen in ihre Augen, bevor- „Shachi, geh weg von ihr!“ Penguin zerrte seinen besten Freund vom Tisch, das Teeporzellan polterte zu Boden, zersprang klirrend.   Dicke Tropfen quollen über die Backen des Kindes, welches furios den Tisch umwarf. „Warum zerstört ihr die Party?“, schrie das aufgebrachte Gör, dessen Augen rot leuchteten. „Niemand hat euch eingeladen!“, stampfte es auf den Boden, plärrte wie eine Heulsirene. „Verschwindet! Verschwindet! Verschwindet!“   Allesamt mussten sie sich die Ohren zuhalten, ihr Trommelfell zu platzen drohend. „Das werdet ihr bereuen!“, fauchte das Mädchen, welches kaum mehr als solches erkennbar war. Es versuchte wild geworden nach den Menschen zu beißen, die auf rapiden Abstand gingen. Das Kaiserreich bebte. Alles Essbare schien von dem weiblichen Höllenwesen angezogen, als würde es dessen Kraft absorbieren wollen. Eine Fressattacke.   „Was passiert hier?“ Das pummelige Mädchen wuchs. Und wuchs. Zu einer scheußlichen alten Hexen werdend. Ihr Kopf brach durch die Decke, ihre Arme rissen Häuserwände ein. Ihr Körper weitete sich aus, immer und immer weiter. Und auch ihr Stofftier blieb nicht normal, sprang plötzlich auf, taumelnd, an Größe gewinnend. In einer verzerrten Stimme krächzte es; „Mutter?“   „Devil-ya“, klang Law beunruhigt, „was hat dies zu bedeuten?“ Kid ließ sich seine Ratlosigkeit nicht anmerken, blieb die Coolness selbst, tauschte jedoch einen schnellen Blick mit seinem besten Freund aus. Killer – für alle anderen unsichtbar – war bewusst, was geschah, sah alarmiert zu ihm zurück. „Das Ungleichgewicht der Welten hat einen Zeitriss verursacht-“ Er verschwand. „Killer?! Hey, Kill-!“ Und auch der Teufel löste sich plötzlich im Nichts auf. Law versuchte aus Reflex noch nach ihm zu greifen – griff ins Leere. Kid entrann ihm wortwörtlich aus den tätowierten Fingern, die sich zur Faust ballten.   Entsetzen befiel alle Anwesenden, die erschüttert auf das skurrile Etwas blickten. Ein deformiertes Wesen, welches alles überragte. Ein massiges Ungetüm – eine Abtrünnige. Ihre roten Augen spiralförmig, bizarr und paradox, langsam auf die Menschen hernieder starrend. Ein so gefräßiger Blick, als würde sie nicht nur die menschliche Hülle verschlingen wollen, sondern ihre gesamte Lebenszeit. Aus ihrem Maul rannen riesige Speichelfäden, dicke Tropfen geräuschvoll auf Boden aufschlagen, fraßen sich dort zischend in die Erde. Ihr entstelltes Flüstern klang wie das Schaben einer Kralle über eine Schiefertafel. „Life or Death? “ Eine Antwort wäre fatal. Niemand durfte sich auf ihr falsches Spiel einlassen – Doch tat es. Genau genommen zwei Personen. Einer hielt ihr schmunzelnd seinen Handrücken entgegen – seine Tätowierung die Antwort; 'DEATH' Der andere rief sie ihr entgegen; „Leben!“, und setzte sich dabei grinsend seinen Strohhut auf. „Wir werden leben.“   Law und Luffy standen nebeneinander, der Hexe direkt gegenüber. Law schützend vor Penguin und Shachi, Luffy vor seinen Brüdern. Entgeistert starrten die Verbliebenen ihre beiden Sprecher an. Was hatten sie nur gerade für sie alle entschieden? Was würde eine doppelte Beantwortung für Folgen haben? Ihre gigantischen Griffel packten sich Law, den sie rabiat hochhob, näher an ihr verzerrtes Gesicht heran. Ihn missgestaltet angaffte, gierig atmend, ihm den Kopf abbeißen wollend. Desinteressiert erwiderte Law ihren verschlingenden Blick, eingeklemmt zwischen ihren klebrigen Fingern verharrend. „Du hegst einen Todeswunsch?“, was wie eine Frage klang, war eine kalte Feststellung. Selbst ihre Worte schienen sich in Laws Seele zu fressen. „Wie sehr fürchtest du den Tod?“   Nüchtern antwortete Law; „Ich fürchte den Tod nicht.“ Lügner! Ihr Griff um Law verfestigte sich, presste seine Luft aus seinen Lungen. Raubte ihm zwei Tage seiner Lebenszeit. Penguin und Shachi blickten Law in blanker Panik an. Er spürte ihre Blicke, sah zu ihnen hinab. Ein warmes Glimmen flackerte in seinen grauen Augen, als er weitersprach. „Ich fürchte mich davor, dem Tod allein gegenüberzutreten.“   Ein Zischen. Der Geruch von verbrannter Haut – der Hand, die Law abrupt abschüttelte. Fallend, von seinen Kameraden aufgefangen werdend. „Alles okay?“ Die Sorge selbst tränkte ihre synchrone Frage. Law nickte, rückte sich seine Plüschmütze zurecht. „Was sind schon zwei Tage, wenn ich bereits 6935 mit euch verbringen durfte?“ Shachi zählte mit seinen Fingern nach. „Du hättest auch einfach neunzehn Jahre sagen können...“ Penguin funkelte Law missgestimmt an. „Jage uns nie wieder so einen Schrecken ein!“   Die Erde bebte unter den stampfenden Schritten der Abtrünnigen. Die grässliche Kreatur wankte ziellos Richtung Wald, wollte zu einem der Flüsse, um ihre verbrannte Hand zu kühlen. Ihr Magengrollen ließ die Bäume erzittern. Sie selbst verstandlos werden, nur auf eines fixiert; zu essen. Das deftige Kaiserreich nur die Vorspeise, die Menschen das Hauptgericht. Sabo und Ace stürmten ihr hinterher. „Wir kümmern uns um sie!“, überließen sie ihrem Bruder das Feld. „Beschütze die Menschen, Luff!“   Das dämonische Stofftier fand zu Leben. Zwei Tage. Lebenskraft für zwei Tage erhalten. „Mutter“, sprach das vermenschlichte Wesen, sah ihr hinterher. In seinen pinken Augen die Sorge, beim Anblick der ihr schaden wollenden Brüder der Groll aufkeimend. Er bebte innerlich vor Zorn, äußerlich vollends gefasst, nur die Spitzen seiner lila Haare unruhig zitternd. Langsam zog er seinen schwarz-weiß gefransten Schal aus, enthüllte seine untere Gesichtshälfte. Seinen Mund aus einer Vielzahl spitzer Fangzähne. „Der Mutter, die mich nie geboren... habe ich geschworen, ihr meinen Beistand zu schenken.“ In seiner Hand ein Dreizack – zuvor eine der Kuchengabeln – den er auf die Menschen richtete. „Wer seid ihr, dass ihr euch solche Dreistigkeit herausnehmt? Ihr seid hier unerwünscht“, sprach er zu ihnen, „die Schwächsten werden zuerst eliminiert.“   Luffy ignorierte die angespannte Atmosphäre, hob seinen Strohhut und stellte sich vor. „Monkey D. Luffy, der König der-“, weiter kam er nicht, wurde von dem Namenlosen weg gehauen. Um den Gummi-Dämon würde er sich später kümmern, er war ihm zurzeit nur im Weg. „Katakuri!“, rief ihm seine Mutter zu, gab ihm einen Namen. „Lass sie am Leben, Mama ist hungrig. Ma Ma Ma Ma~! “ Ihr scheußliches Lachen erklang, unterbunden von allem, was sie sich in ihren Schlund presste. Tanzend wuchtete sie ihren massigen Körper durch die Wälder, brachte Natur zu Leben. Blumen und Bäume, die anfingen zu singen.   „Habe verstanden“, teilte ihr Sohn ihr mit, fixierte Shachi und Penguin, die seinen Blick mutig erwiderten. Links und Rechts von Law stehend, nahmen sie eine Kampfpose ein- aber noch ehe sie reagieren konnten, traf sie Katakuris gespickter Stiefel – doppelt – und trat sie heftig davon. Welch beängstigende Schnelligkeit. Law blickte ihn furchtlos an. „Vorhersehung?“, fragte er ihn nüchtern. Sein geschultes Gehör auf seine Kameraden achtend, die nicht allzu weit entfernt Lebenslaute von sich gaben. Medizinisch berechnete er ihre Verletzungen, mutmaßte sie, indessen er seinen Feind akribisch überwachte. Dieser nickte. „Ich kann die Zukunft sehen. In ihr ist deine Existenz nicht vorhanden.“   Law hatte nur ein müdes Schmunzeln für ihn übrig. „Ich glaube nicht an Vorhersehung. Wahrsagerei ist etwas für närrische Utopisten. Zukunft ist relativ. Ich bin Herr über unser Schicksal.“ 'Unser'? Er schindet Zeit. Erkenntnis blitzte in Katakuris Augen, zusammen mit einer Version. Zeit, bis- Penguin und Shachi im Heart-Duo zurückschlugen. Über Laws Schultern springend, je eine Schulterseite als Absprung nutzend, ehe ihre zweifache Faust auf ihren Feind zuraste. Verfehlte. Katakuri fließend auswich. Ein impulsiver Herzschlag, Badum, im Karate-Kamikaze tobten die Himmelstürmer auf die Höllengestalt nieder. Attackierten ihn mit geballter Kraft; Ein Ansturm von Tritten, Sprungsaltos, Schlägen, Handhieben – gezielt jeden Angriffspunkt fokussiert. Ausdauernd, flink, synchron, nicht aufgebend. Katakuri zurückdrängend. Kein einziges Mal treffend. Mühelos entging er ihren eifernden Angriffen, lehnte sich lässig ihren Bewegungen hinweg, starrte sie ausdruckslos an. Ihren Übermut anerkennend, ließ er sie sich auspowern. Selbst keinen Kraftfunken verschwendend. Die beiden waren keine Herausforderung für ihn. Auch dem energischen Zwillings-Duo ging irgendwann die Energie aus. Vollends außer Atem fanden sie wieder ihren Platz an Laws Seite.   Katakuri besah sie fast bemitleidend. „Nette Kunststücke“, gähnte er, „aber nicht einmal den Versuch wert.“ Leise zischte er zwischen seinen spitzen Zähnen. „Heroische Nichtigkeiten.“   Helden werden nicht geboren, Helden werden ernannt. „Shachi-ya, Penguin-ya.“ Ehrend klopfte Law ihnen auf die Mützen. „Habt Dank.“   Katakuris schmalen Augenbrauen verengten sich. Ein Dank wofür-? Ein Zukunftsblitz. Zeitgleich geschahen zwei Dinge; Laws Finger zuckten. Und von Weitem erklang Luffys Stimme. Tief holte er Luft, rief in voller Lautstärke; „Deine Mutter ist so hässlich, Gott musste sofort das Licht wieder ausmachen, nachdem er 'Es werde Licht' gesagt hat!“   Shachi und Penguin musste sich ein atemloses Prusten verkneifen. Wo er Recht hat... Zornesadern pulsierten auf Katakuris Stirn. Das geschliffene Silber von Laws Augen schärfte sich, in vollem Fokus. Jetzt! Sein tätowierter Arm schnellte nach Vorne – in einer knappen Millisekunde – auf seinen unachtsamen Gegner zu und traf mit seinem Mittelfinger den fatalen Vitalpunkt des Nervensystems – die untere Schlüsselbeinvertiefung – was Katakuris Körper augenblicklich lähmte. Im Stand verharrte Katakuri in Paralyse, doch Erhabenheit. Ich werde niemals fallen.   Als Dank wofür? Für die Lehrstunde, die Shachi und Penguin Law gaben. Jeder Handgriff von ihnen, jedes Manöver des Feindes wurde von Law studiert, bis er Katakuri in detaillierter Perfektion analysierte. Seinen Schwachpunkt herausfilterte, nur auf den richtigen Moment wartend; den Luffy ihm ermöglichte. Dies nannte man; Eine Allianz.   Das menschliche Trio wandte sich Luffy zu, der sich aus ein paar Gummischlangen-Lianen kämpfte. Aus den Wäldern trat, ihnen zu wank. Sie auf ihn zuschritten, bis Luffys Hand abrupt stoppte- Und Law aufschrie. Des grausamen Schmerzes wegen. Langsam sah er mit zusammengekniffenem Augen an sich herunter, auf die Speerspitze, die seine Schulter glatt durchbohrte. Hörte die panischen Laute seiner beiden Kameraden, die ihn in Schock anstarrten. Luffys rennenden Schritte. Spürte den gespickten Stiefel in seinem Rücken – ein fester Tritt. Der Speer ließ ein klaffendes Loch im Fleisch zurück. Katakuris kalter Zorn. Und der lodernde eines Freundes.   „Traffy!“   Law wurde gegen Luffy geschleudert, der ihn abfing. Den Aufprall mit seinem standfesten Körper abwehrte. Unerschütterlich hielt er Law in seinen Armen, blickte zu ihm herab. Sah das herunter tropfende Blut an dessen Schulter. Laws schmerzverzerrte Gesichtszüge. Die große Wunde. Luffy umhüllte die stille Aura des königlichen Brüllens. Sanft legte er den Verletzten ab, verlor kein Wort, stand schweigend auf. Und stellte sich Katakuri entgegen. Das Aufeinandertreffen wahrer Kontrahenten.   Wie in Zeitlupe fasste Luffy sich an seinen Strohhut, setzte ihn auf, schob ihn tief über seine Augen, die er in Schatten tarnte. Seine Stimme die Autorität eines wahren Kaisers besitzend. „Du hast Traffy verletzt.“ Luffys Blick blitzte im Dunkel auf, das Rehbraun seiner Augen einen intensiv-wilden Ton annehmend, Tigerauge gleichend. „Niemand verletzt meine Freunde.“   Katakuri sah ihn ausdruckslos an, seine Stimme in unterdrückter Wut klang gar gelangweilt. „Dein Heldentum in allen Ehren – Er wird dir nichts nützen. Du kannst nicht gegen mich gewinnen.“ Luffy knackte seine Fäuste. „Das werden wir sehen, wenn ich dich besiegt habe.“   Analytisch sprach Katakuri; „Du bist zu sehr von dir selbst überzeu-“ Und wich der hervorschießenden Gummifaust aus. „Deine Angriffe sind zu vorhersehb-“ Rechts ausweichen. „Deine Geschwindigkeit zu langs-“ Links. „Reine-“ Rechts, Links. „Kraftverschwendung.“   Luffys Faust schnellte zurück, sodass er ihre Wucht mit seinem Gewicht ausbalancieren musste, und atmete dann tief durch. „Du bist gut“, grinste er, „aber ich bin besser.“ In die Knie gehend, drückte er seine geballte Faust gen Boden, stützte seine andere Hand auf seinem angewinkelten Bein ab. Dampf umgab seinen Körper, Hitze strömte durch seine Adern, Kampfeifer brachte sein Blut zum Kochen. Angeführt von seinem unbezwingbaren Siegeswille. „Gear Secondo.“ Kraft pulsierte unter seiner Haut, pumpte seine Beine aufwärts, ließ seine Muskeln wachsen. Wie auch sein dreistes Grinsen wuchs. Luffy glühte in Inbrunst für diesen Kampf.   „Gomu Gomu nooo...“ Aufrecht stehend, seine Faust mit angewinkeltem Arm hinter sich, seine flache Hand senkrecht vor sich, fixierte sein entschlossener Blick seinen Gegner. Heißer Dampf ließ seine schwarzen Haarsträhnen leicht wehen, das leise Zischen verlieh seiner Stimme einen ausdrucksvollen Klang. Und seine Faust feuerte los. „Jeto Pistol!“   Treffend auf die Faust Katakuris. Der Zusammenprall erzeugte einen kraftvollen Starkwind, der alles im Umkreis wegfegte. Steine, Äste und Trümmer schleuderten haltlos durch die angespannte Luft, krachten in Nächstgelegenes hinein. Shachi und Penguin schützten Law mit einfachen Abwehr-Techniken vor den Kleinteilen. Stützten ihn dann auf je einer Seite und brachten ihn weg von hier, in Sicherheit. Das Trio warf einen letzten Blick zu Luffy. Dieser Kampf war der Seinige. Ein Mann gegen Mann Kampf – Dämon gegen Dämon – in den sie nicht eingreifen durften.   „Strohhut-ya!“, rief Law ihm angestrengt zu. „Verliere nicht.“ Luffys Antwort eindeutig. „Niemals!“ Ein Versprechen unter Nakama. „Ich werd dem Typ für dich in den Arsch treten!“   Ein siegessicheres Lächeln seitens Luffy, ein dankendes Nicken seitens Law. Strohhut-ya ist... eigentlich ganz erträglich. „Du magst ihn“, kicherte Shachi an seiner linken Seite leise. Und stolperte. Über das Bein, welches Law ihm trotz Schmerzen gestellt hatte. Weil die Drei einander stützten, gerieten sie dadurch stark ins Schwanken, konnten sich gerade noch so vor einem Sturz bewahren. Dies wäre es mir wert gewesen...   Die Menschen suchten Schutz hinter einer großen Trümmermauer des zerstörten Lebkuchenhauses, ließen sich dort nieder. Entfernt hörten sie das rege Kampfgeschehen. Sabo und Ace schienen ebenfalls intensiv in ihren Kampf verwickelt. Von hier aus nicht ersichtlich. Penguin seufzte. „Was jetzt?“, fragte er in die Runde, „es ist nicht fair, andere für uns kämpfen zu lassen. Ich will nicht einfach nur untätig rumsitzen.“ Shachi blickte von Penguin zu Laws verletzter Schulter. „Aber Law ist-“ „Ich kann kämpfen.“ Laws eisern Stimme aus geschärftem Edelstahl. „Und wir werden kämpfen. Es ist unsere Pflicht zu helfen.“ Eine Entscheidung für sie alle.   Notdürftig verarztete Law sich selbst, stoppte die Blutung mit dem Stoff seines zerrissenen Ärmels, den er mit unverletzter Hand und seinen Zähnen festzog. Unterdrückte jeglichen Schmerz aus seinem Bewusstsein – sonst der Ohnmacht unterliegend – und zwang seinen Körper zum Weitermachen. „Ich benötige nur diesen einen Arm.“ Der andere schlaff an seiner Körperseite herabhängend. Laws Gesicht blasser – des Blutverlustes wegen – wofür er besorgte Blicke zweier Augenpaare erhielt. „Und nichts kann mich davon abbringen.“ Seine Sturheit siegte. Jedwedes Gegenargument im ruhigen Silbersee erstickt. Penguin und Shachi schworen sich schweigend, besonders gut auf ihren Freund aufzupassen.   In seinen analytischen Gedanken versinkend, erörterte Law die Lage. „Die Lähmung hat keine Wirkung gezeigt. Die dämonische Anatomie unterscheidet sich wesentlich von der menschlichen. Wir wissen nichts über sie, besitzen keine Waffen, sind sterblich, im klaren Nachteil... jedoch“, beendeten seine beiden Herzflügen seinen Satz, „haben wir jeden Eid auf die Freiheit geschworen!“ Menschsein ist Freiheit. Zusammen sind wir frei.   Ein mächtiger Impuls vibrierte in Laws linker Brustseite. Ließ ihn aufkeuchen, sich an seine Brust fassen. 'Behüte mein Herz, Law.' Wärme erfüllte ihn. Ein vertrautes, gar familiäres Gefühl. Er lächelte unweigerlich. Sah als einziger das grelle Licht, spüre dessen sanfte Vertrautheit. Wusste, wessen Energie dies war. „Ich werde es schützen, Cora-san.“ Zögerlos streckte er seine Hand ins Licht, bekam etwas zu greifen und zog es hervor; Das Katana. Seines.   „Whoaa“, rief Shachi begeistert, „das heilige Schwert der Engel-!“, konnte er das Geheimnis doch nicht für sich behalten. „Ups.“ Laws Blick schweifte von ihm zur Schwertscheide. Etwas stimmte nicht. Die Verzierung war anders; die Kreuze umgedreht. Mit einem scharfen Geräusch zog er die Klinge, prüfte sie unter kritischen Augen. Die Klinge war pechschwarz. Eine Vorahnung. Ein ungutes Gefühl, welches Law mutmaßen ließ. Sie ist verflucht. Unheiliger Natur geworden. Weil wir uns in der Hölle befinden? Oder... wegen mir?   Kein Fluch ist stärker als die verfluchte Existenz des Chirurgen des schwarzen Todes. Trafalgar Law spürte ein unangenehmes Brennen an seinem Unterarm. Nicht jetzt! Law wusste es. Wusste, um die weißen Hautstellen, die sich auf seinem Arm bildeten. Auch ohne den dunkelblauen Ärmel hochzuschieben, wusste er, dass die schwarzen Zacken seiner Unterarm-Tätowierung silbern schimmerten. Law verhinderte jegliche Reaktion nach außen. Das Brennen seines Unterarmes verstärkte sich, in selbiger Hand das Katana haltend, welches sacht vibrierte. Beides musste irgendwie miteinander zusammenhängen. Das Wie erschloss sich ihm noch nicht. Zeit zum Nachdenken blieb ihm ohnehin keine.   Ein lautes Wiehern. Im Echo schallend über den Horizont. Es erschien. „Das Einhorn!“, rief Shachi ergriffen und stierte mit funkelnden Augen zum Himmel. Wie damals, als sie Bibel-Bär begegneten und er es zwischen den Wolken galoppieren sah. Jetzt würden sie ihm glauben, ganz sicher! Das stille Scharren von Hufen drang durch die ehrfürchtige Atmosphäre. Der Seelennebel des Horizontes ward in Unruhe. Der blassgraue Nebel lichtete sich, brachte das mystische Wesen hervor. Aufgeregt riss es seine Vorderhufe hoch, rief erneut nach seinem Anführer. Rief nach Law. Graue Augen blickten es mit Misstrauen und Unglaube an. Dies war gewiss kein 'Einhorn', wie Shachi es beschrieb. Nachtschwarzes Fell, flammender Schweif und Mähne, Feuerflügel. „Dies ist ein Höllenross.“   „Wenn ich es euch doch sage; Das ist das Einhorn, wirklich!“, versuchte Shachi seine Freunde vergeblich zu überzeugen. „Egal; cool ist es so oder so.“   Das schwarze Pferd – dessen Aufrechtgröße beinahe 2 ½ Meter misste, im Stand etwa die Hälfte – landete vor Law, verneigte seinen Kopf, als würde es sich entschuldigen wollen. Reckte seine gesenkte Schnauze in Laws Richtung, scharrte leise auf dem Boden, blickte zahm zu ihm auf. Mit hochgezogener Augenbraue hob Law seine Hand – das Katana in seiner Armbeuge haltend – und strich zögernd über das glühend warme Fell. Während Shachi es euphorisch umarmte. „Ich wusste, du existierst, ich wusste es!“, rief er freudig, überforderte das scheue Pferd, das einen Schritt zurücktrat. „Dürfen wir es behalten? Büdde~?“ Penguin klopfte dem Ross locker auf seinen Rücken. „Wie heißt du, Großer?“ Eine blödsinnige Frage. Als ob es uns antworten kön-   „Bepo.“ Ein sprechendes Tier?! Shachi und Penguin starrten es fassungslos an. Nur Law blieb die Gelassenheit selbst. „'Bepo'? 'Der von Gott hinzugefügte'?“, dachte er laut und erhielt ein ahnungsloses Kopfschütteln des Tieres. Ist dies ein Geschenk Gottes? Ein Bestechungsversuch? Law vertraute niemandem, außer sich selbst und seinen engsten Vertrauten. An 'Gott' glaubte er nicht. Dieses Pferd war ihm äußerst suspekt. „Entschuldigung.“ Da brachte auch eine Entschuldigung nichts!   Unter den Hufen des Tieres knirschte es plötzlich. Im Boden blinzelte ein lebloses Auge, starrte sie leer an, fies grinsend. Das Pferd schreckte auf, stampfte panisch auf das unheimliche Auge, dessen Pupille sich auf ihn fixierte. Bepo schickte Entschuldigungsgebete zum Himmel. Es brachte einen Dreck. In der Hölle erzeugten heilige Gebete genau das Gegenteil; brachten statt Segen den Fluch. Der Boden summte eine schaurige Melodie. Fand zu untotem Leben. Ein ekliges Schmutzgeräusch, kratzend und schmatzend. Zuckerguss kroch über den Boden. Waberte auf, verformte sich, stieg empor, modellierte etwas. Eine Vielzahl davon. Lebkuchensoldaten. Widerwärtige Geschöpfe, nach Fäulnis riechend, sie verkörpernd. Gefräßig auf die Menschen stierend. Ein einziges Wort ächzend; „Hunger.“   Penguin zog seinen Kappenschirm tief. „Wir haben hier ein paar Mäuler zu stopfen, Jungs.“ Shachi schnippte ein Minzdrop in die Luft, fing es mit seinem Mund auf und posaunte; „Kann losgehen!“ Law hüllte sich in alles sagendes Schweigen, sein unheilvoller Blick entschied des Feindes Schicksal. Mein Katana giert nach eurer Sezierung.   'Die Menschen sind seltsam.' Ein namenloses Murmeln ging durch die Hölle. „Warum gehen sie ein Wagnis ein, was ihnen keinen eigenen Nutzen bringt?“ Egoismus war sowohl menschlich als auch dämonisch. Doch die Menschlichkeit barg viele Facetten, die oftmals nicht erklärbar waren.   Der Mensch war das einzige Wesen, welches über seine Grenzen hinaus ging, unerreichbare Ziele anstrebte. Immer nach Vorne. Nicht wissend, was die Zukunft brachte. Fehltritt um Fehltritt in Kauf nehmend, im Wissen um das Risiko des Verlustes. Jeder, der verlor, war ein Gewinner. Menschen fielen, standen wieder auf, nur um erneut zu fallen, tiefer immer tiefer. Derjenige, der den Abgrund des Lebens erblickt hatte, wusste um den Wert der Sonne. Nicht der Himmel barg das Licht; der Mensch selbst trug es in sich. Kämpfen bedeutete nicht, sich dem stärksten Gegner zu stellen. Es war der alleinige Versuch etwas zu bewegen, das Unmögliche möglich machen zu wollen. Der Wille über sich hinaus zu wachsen. Man selbst ist sich der größte Feind, den es zu besiegen gilt. Menschen waren schwach, doch genau das machte sie so mächtig. Die Macht der Schwächsten, zusammen die Stärksten seiend.   Das dämonische Volk blickte in respektvoller Anerkennung auf die große Leinwand, die das menschliche Trio projizierte. Niemand von ihnen hatte an sie geglaubt. Doch nach und nach begannen die Dämonen Glauben zu finden. Nur sehr langsam, misstrauisch, aber der Funke Trauen war da. Die zuvor abgeschlossenen Wetten – gegen die Menschen – wurden allmählich zurückgezogen, nichtig werdend. Die Aufmerksamkeit lag einzig auf dem Geschehen. Hin und wieder konnte man einen leisen Herzschlag hören, der einer der Höllenbewohner ergriff. Die Menschen bewegten ihre toten Herzen. Nicht stark genug, um zu leben, aber um wahrgenommen zu werden. 'Hearts', so nannten sie die namenlosen Menschen fortan. Ein Titel ohne Legende. Diese musste erst noch geschrieben werden.   Ein Neubeginn. Jede Geschichte fand ihren Anfang. Leben begann mit dem Augenblick. Wurde im nächsten fortgeführt. Und es ging weiter.   Das Höllenross, mitsamt Reiter fegte durch die Hölle. Links, zwei, drei, vier, schnitt Law durch die Reihen der Soldaten, köpfte sie akkurat. Zerbröselnd fielen sie reihenweise um. In perfekter Präzision führte er das Katana, schwang es in absolut symmetrischer Angriffsfolge. Rechts, sechs, sieben, acht... Hinter ihm, mittig sitzend, Penguin, der Links und Rechts seine beiden provisorischen Nunchucks rotieren ließ, die kleineren Gegner pulverisierte. Ganz hinten Shachi, der seine selbstgebastelte Schleuder spannte, als Geschoss die Chipperlinge benutzend, die er auf entfernte Feinde feuerte. Allein richteten die kleinen Krümel-Insekten nichts aus – doch durch Shachis reine Energie strahlend, machtvoll gegen alles Unheil. Die Menschen hielten den drei Brüdern den Rücken frei. Wandelten das große Schlachtfeld in ein Zuckerbad. Viel roter Zuckerguss floss.   „Gomu Gomu no – Jet Gatling!“ Dutzendfach krachten Luffys Fäuste auf die Brust Katakuris ein, so schnell, dass Luffys Schläge für das Auge unkenntlich waren – außer für die seines Gegners. Rot blitzten Katakuris Pupillen, Luffys Schlagfolge gespeichert, sie mimend. Stärker, geschwinder. Katakuris Gegenangriff – ein Volltreffer. Luffy hielt schützend seine Arme vor Brust und Gesicht, wehrte die Angriffswucht minder ab, wurde zurückgedrängt. Neben Schlägen den Hohn spürend. „Hast du noch immer nicht genug, Strohhut Luffy?“   „Nö“, grinste Luffy hinter seinen Armen, seine Augen siegessicher. „Ich hab gerade erst angefangen.“ Er streckte Katakuri seinen rechten Daumen hin; „Shishi, lass mich dir was Cooles zeigen“, hielt er ihn vor seine grinsenden Lippen. „Gear Third.“ Fest biss er sich in seinen Daumen. Holte tief Luft, pustete und pustete. Durch die Haut. Die Luft gelang in seine Knochen, die sich wie ein Ballon aufbliesen. Geräuschvoll knackend, von Knochen zu Knochen ausbreitend, von einem Arm über seinem Torso zu seinem anderen Arm, nach hinten ausgestreckt. „Meine linke Hand“, rief er stolz, „ist die Hand eines Giganten!“   „Gomu Gomu nooo...“ Die übermächtige Faust schmetterte auf Katakuri zu. „Giganto-Pistol!“   „Strohhut-ya wird es schaffen“, sprach Law zu sich selbst, schnitt sich weiter durch die immerfort aufstehenden Lebkuchensoldaten, die auf den Kampfplatz stürmen wollten. Shachi blickte ihn warm an. „Du glaubst an ihn.“ Law erwiderte den Blick kühl. „Dies tue ich.“ Seine erkaltete Stimme in versteckter Wärme. „Aww, hast du das gehört Peng? Unser Law wird emotional~“ Und Law stieß ihn eiskalt vom Pferd. Penguin blickte seinem Freund nach, hob eine abwinkende Hand zum Abschied. „Mach's gut, war schön mit dir.“   „Ihr seid so gemein!“, empörte sich Shachi und spannte seine Schleuder. „Chipperling flieg und sieg!“ Traf er Penguins Kappe, die ihm vom Kopf flog. Nicht meine Kappe! Ihr Besitzer ihr hinterher eilend, auf den Boden der Zuckermassen, und befeuerte Shachi mit giftigen Blicken. „Hab dich auch gern, Peng.“ Licht. Blendend grell. Von Shachis strahlenden Worten hervorgerufen – alle Gegner in ihrem Umkreis einäschernd. Laws Lippen entwich ein seliges Lächeln. Der letzte Auslöser des heiligen Segens der menschlichen Hoffnung. Katakuris Herz krampfte. Der heilige Schein schwächte ihn. Der finale Schlag der Allianz.   „Gear Fourth.“ Luffy biss sich in seinen Unterarm. Über und über war sein geschwächter Körper mit Schürfwunden übersät. All seine letzte Kraft legte er in diese Attacke. Heller Nebel umgab ihn. Aufsteigend, hoch gen Himmel hinaus. Scharf zischend, wie eine Schlange, die der Königsnebel formte. Nicht eine, nicht zwei, nein; hunderte Schlangen, die sich um Luffys Körper schlängelten. Sein Äußeres modifizierten, Gliedmaßen im unheiligen Schwarz, zusammen mit dem heiligen Rot seines Herzblutes. Um seine Augen dunkle Ringe, seine Haare lodernd im Kampfeifer. Luffys feste Stimme leicht zischelnd. „Snake-Man.“   „Wie unerwartet.“ In Katakuris Augen erlosch der Zukunftsfunke. Ab hier schrieben die Alliierten sie selbst. Auf der Stelle springend, ballte Luffy seine Faust, die er ratternd in seinen Arm einfuhr. Sie ladend, wie eine Kalverine – eine Kanone des späten Mittelalters – die Feuerkraft von einer Flotte Kampfschiffen besitzend. Der Startschuss war Luffys Kriegsschrei. Seine schwarz-rote Faust knallte nach vorne – Katakuri wich ihr problemlos aus. Eine solch einfache Technik? Und sah aus dem Augenwinkel den verbogenen Arm, der sich hinter ihm einmal um ihn geschlungen hatte, abbiegend, im Zickzack. „Python!“ Katakuri musste schmunzeln. „Ehre dem, dem Ehre gebührt.“ Und spürte den Biss der Schlange, die sich in seinem Gesicht festbiss. Ein frontaler Schlag, so stark wie tausend giftige Schlangenbisse – der Finisher ein direktes Knockout.   Katakuri und Luffy fielen zeitgleich – beide auf den Rücken. Der Kampf ward entschieden. Luffy der Sieger. Weil er den Unbesiegbaren zu Fall brachte. Und jeder von ihnen war ein Gewinner.   Doch der Schlussakt fehlte. Den Big Boss überließ Luffy seinen Brüdern. Big Mom. Die Brutmutter sollte brennen.   Die Wälder des Kaiserreiches lagen in Schutt und Asche. Was nicht dem Feuer zum Opfer fiel, wurde von dem weiblichen Ungetüm zertrampelt oder verschlungen. Ihr Hunger unstillbar, quälend und zehrend, die voluminöse Hexe beinahe nur noch ein abgemagertes Gerippe. Die besiegte Seele ihres ungeborenen Sohnes gab ihr den Rest, erschütterte sie sowohl körperlich als auch emotional. Gelähmt von Todeshunger, Trauer und Erbitterung stand sie auf der Lichtung aus Trümmer und Dunkelheit. Stand den beiden Brüdern gegenüber, die ihr Leid beenden wollten. Und aus Finster ward Licht.   Leuchtkäfer schwebten durch die Luft, erfüllten das Schlachtfeld mit harmonischer Wärme. Umgaben Ace und Sabo, glühend im Feuer der Brüderlichkeit. Sabo zog seinen braunen Handschuh aus, reichte Ace seine Hand. Ace und Sabo umschlossen ihre Hände ineinander, verwebten ihre Finger, blickten sich an. Ihre Blicke gar verschmelzend, ihre Körper Eins werdend, im geteilten Spiegel einer Flamme. Von ihren vereinten Händen stiegen goldrote Flammenzungen auf, breiteten sich über ihre Arme aus, über Schultern, Torso, Beine, bis sie ihre gesamten Figuren umrahmten. Sie standen in Flammen, waren selbst das Element. Ein Licht, wärmer als die Innigkeit selbst – Das goldene Rot der Bruderliebe.   „Bereit, Ace?“ „Lass es uns tun, Sabo.“   Unison ballten sie ihre freien Hände – Ace' zur Faust, Sabos Finger eine Drachenkralle formend – den anderen nicht loslassend, ihre Bewegungen gespiegelt erfolgend. Zeitgleich holten sie aus, blickten nach vorne, fixierten die Brutmutter. Und schlugen zu, im doppelten Kriegsfeuer. „Fire-Dragon-Fist!“ Ein Ruf glühender Herzen. Zwei Herzschläge, die füreinander schlugen.   Ein gigantischer Feuerdrache schoss schlängelnd durch die Luft, jagte direkt auf die Hexe zu, der große Drachenschlund weit geöffnet. Flammenzähne schnellten auf sie hernieder, bissen sich in ihr Fleisch, verbissen sich fest in ihr, drangen durch ihre fleischliche Hülle, verschlangen ihre Gestalt. „Verbrennt die Hexe!“, hallte das Rufen der namenlosen Dämonen durch die Hölle. Die gesamte Bevölkerung schien ihrem Kampf begeistert mitzufiebern, sie anzufeuern, den Tod der Hexe herbeizusehnen. Linlin schrie. Aus Frust, aus Zorn, aus Schmerz. Versuchte vergebens die Flammen wegzuschlagen, rastete aus. Verzweiflung ließ sie unberechenbar werden. „Hört auf!“, schrie sie gebrochen. „Seid still! Schweigt!“ Unerträgliche Todeswünsche wurden ihr zugerufen. „Stirb!“ „Krepiere!“ „Verrotte!“   Ein ohrenbetäubendes Plärren. Wie das eines verlorenen Kindes im Frauenkörper. Linlin begann jämmerlich zu weinen. „Verbrennt die Hexe!“, wurden die Anfeuerungsrufe lauter, hämischer. „Tötet sie endlich-!“ Und plötzlich erlosch der Flammendrache. Ein hoher Feuerring um das gefangene Geschöpf in Hexengestalt bleibend, welches dort kniend heulte.   Sabo erhob seine Stimme, wandte sie an die verstummten Zuschauer. „Schande über euch! Seht, was ihr fordert; Den Tod eines wehrlosen Kindes“, deutete er auf das Wesen, welches wieder zum pummeligen Bündel geworden war. Sich reibend seine Augen hielt, sich klein machte, bitterlich weinend. „Ist nicht genug Blut geflossen? Lasst euch nicht von Rache verzehren, werdet nicht wie die, die euch Leid zufügten – seid besser als sie!“   Schweigen. Betretene Stille legte sich über die Hölle. Die Revolution ward entfacht. Sabo richtete sich seinen Zylinder, trat auf den Feuerkäfig zu, schritt hindurch und kniete sich zu dem Mädchen. „Es ist vorbei“, sprach er mit sanfter Stimme, „du kannst nach Hause gehen.“ Verheulte Kinderaugen blickten zu ihm auf, ein verrotztes Gesicht lächelte ihn traurig an. „Wirklich?“ Sabo legte seine behandschuhte Hand auf ihr Haupt. „Geh, und finde deine wahre Familie.“   Feuergold umgab das Mädchen, welches von Einsamkeit vergiftet ward. Sie wünschte sich nur ein Zuhause und Menschen, die es lieben durfte. Jemand, der sie so mochte, wie sie war. Ihr Platz war nicht hier. Hier war sie nicht erwünscht – und das goldene Licht brachte sie fort von hier. An einen anderen Ort.   Sabo seufzte, stand auf und spürte Ace' Hand auf seiner Schulter. „Meinst du es ist okay, dass du sie zu ihm geschickt hast?“ Sabo schüttelte verneinend seinen Kopf, Ace lachte. „Dragon wird total angefressen sein! Echt schade, dass wir sein Gesicht nicht sehen können.“ Sabo schmunzelte belustigt. „Wenn das deine einzige Sorge ist... Koala wird viel wütender sein, wenn er ihr noch ein Kind zur Obhut aufbrummt.“ Plötzlich bleichten Sabos Gesichtszüge. „Und ihre Rache wird grausam sein.“ Ace klopfte ihm aufmunternd auf den Rücken. „Sei froh, dass du hier bei uns bist!“ „Ob das unbedingt besser ist, sei mal dahin gestellt.“ „Hey!“ „Dein treuseliger Hundeblick zieht bei mir nicht, Ace.“     Letztlich wurde die einsame Kinderseele gerettet, mitsamt dem Kaiserreich. So schien es zumindest. Eine bittere Täuschung. Das Reich blieb verfallen und zerstört. Die Landschaft verwahrlost und abgestorben. Sie regenerierte sich nicht. Ein Kaiser gab seinem Land Energie und Kraft. Was bedeutete- Luffy! Sabos und Ace' Augen weiteten sich zeitgleich. Blickten hinter sich, sahen ihren Bruder in der Ferne. Noch immer reglos am Boden liegend.   Law war bei Luffy, kniete neben ihm, prüfte seine Vitalwerte, tastete ihn fieberhaft ab. Kein Herzschlag. Mit Erschütterung stellte Law fest; Der Dämon schien seit langem tot. Dies überstieg seine medizinischen Fähigkeiten. Mit der dämonischen Heilkunde kannte er sich nicht aus. Bitter ballte er seine unverletzte Hand. Verdammt! „Strohhut-ya“, versuchte er die ohnmächtige Seele zu erreichen, schlug verbittert auf Luffys x-narbigen Brustkorb. „Luffy-ya!“ Shachi und Penguin hinter ihm zogen ihre Mützen aus, hielten sie andächtig vor ihre Brust, kassierten einen scharfen Silberblick. „Wagt es nicht, diese Pose anzunehmen.“ Stattdessen hielten sie ihre Kopfbedeckungen verkrampft in ihren Händen. Die Todesstille legte sich über die Hölle. Die Kälte von Luffys schwachen Aura umgab die Menschen, die es bis ins Innerste fröstelte. Das Gefühlsbeben prägte Laws aufgebrachte Stimme. „Sabo-ya!“   Sabo und Ace traten an ihren Bruder heran. In absoluter Gefasstheit, erklärte Sabo; „Der Energieverlust der Hölle verhindert, dass er sich heilen kann. Die Unterwelt versucht, ihm die letzte Kraft zu rauben. Sein Herz ist bereits zu Stein geworden. Du kannst nichts für ihn tun.“ Tief atmete er beherrscht ein, sah Ace intensiv an. Ein Blick des Vertrauens, der alles sagte. So viel und doch nichts. Ace lächelte warm. Sabo erwiderte es. „Nur wir können es tun.“   Fragend schauten die Menschen die Brüder an, tief im Inneren wussten sie die Antwort. Eine, die sie weigerten zu akzeptieren. Schweigend trat das Trio zurück, machte Platz für Luffys engsten Angehörigen. Menschliche Augen konnten sich nicht von dem Unvermeidbaren abwenden. Sabos Worte der Endgültigkeit schnitten sich in ihre menschlichen Herzen. Menschlichkeit ist Verletzlichkeit. „Passt uns gut auf unseren kleinen Bruder auf.“   Ace und Sabo knieten links und rechts neben Luffy, hoben seinen Oberkörper sanft hoch, umarmten ihn inniglich. Drei Körper in Flammen. Von zwei Herzen nach Außen dringend. Das Feuer der Geborgenheit. Beschützend, errettend. So hell, wie das Lebenslicht selbst. Der letzte Hoffnungsschimmer am schwindenden Horizont. Ace' stärkste Höllen-Attacke. „Heiliges Feuer; Meeresleuchten.“ Ein Loch entbrannte in Ace' Brust. Wie ein sanfter Wellenklang pulsierte sein liebendes Herz. Immer langsamer und langsamer. Das Meer zur Ruhe bettend. Der Herzschlag zweier Herzen wurde schwächer, während das Dritte langsam zu lächeln begann.   Ace flüsterte seinen Brüdern warmherzig zu. „Wir hatten doch diesen Schwur von früher... Obwohl wir das Blut von Dämonen in uns tragen... Haben wir nie verlernt, zu lieben.“   Sabo nickte sacht gegen seine Schulter. Weil Ace' Stimme brach, wisperte er für ihn weiter. „Familie geht weit über den Tod hinaus, geht gemeinsam durch die Hölle. Bleibt bis zum Ende zusammen. Mit Familie nimmt das Leben seinen Anfang... Die Liebe niemals endend.“   „Wir werden nicht sterben.“ Ihr Flüstern nur noch ein letzter Lebenshauch. „Danke, dass es dich gibt, Bruderherz.“   In einem Licht aus Wärme und Hoffnung, erloschen Sabo und Ace. Lächelnd. In ihrem Bruder immerfort weiter glühend.   . . .   Luffy erwachte langsam, blickte sich sofort suchend um. „Wo sind...?“ Er fand die Antwort in seiner schlagenden Brust. Tief zog er seinen Strohhut über seine Augen, den Rand mit beiden Fingern umklammernd, ehe das salzige Meer über seine Wangen glitzerte. Geschenkt von seinen Brüdern; ein Herz, lebend, fühlend, trauernd. Es ist immer wert zu lieben, ganz egal wie grauenvoll es schmerzt. Übergreifend auch in menschliche Herzen. Law legte seine Hand auf Luffys Strohhut. Shachi und Penguin zogen sich zurück, ließen die beiden allein. Shachi ging der plötzliche Abschied sehr nah, er fand Trost in den Armen seines Bruders. „Wir werden sie wiedersehen“, flüsterte Penguin ihm optimistisch zu. Penguin, der Pessimist, der sich weigerte, jedweden Negativ-Gedanken zu denken. Shachi schmunzelte schniefend in seine Schulter. „Das werden wir.“   Hinter ihnen fand der Wald des Kaiserreiches zu neuer Kraft. An einem der Bäume lehnte Killer, der seine Todessense zurücksteckte. „Monkey D. Luffys Lebensuhr hat sich neu gestellt“, sprach er abwesend, taktlos und gefühlskalt, „nun... weniger Arbeit für mich-“ Penguins Faust kollidierte mit Killers Wange. Der Todesengel blieb vollends unberührt, zuckte keinen Millimeter, verstand die aufgebrachte Geste nicht. „Wofür-?“ „Sind Leben für dich bloß Mittel zum Zweck?!“, fuhr Penguin ihn scharf an, „wie kannst du nur so grausam sein, den Tod als leichtfertig und selbstverständlich zu nehmen?“ Penguins Stimme schwankte stark. „Bist du so verdammt herzlos?“   „Dies bin ich“, strich Killer teilnahmslos das winzige Rinnsal schwarzes Blut von seiner Wange. „Dies ist mein Schicksal.“   Penguin zog seinen Kappenschirm herunter. „Du tust mir leid.“ Und wandte sich kalt von ihm ab. Was Killers Brust kurz – sehr sehr kurz – zusammenziehen ließ. Fuck. Der Todesengel hasste Mitgefühl. Er hasste es. Warum nahm er das des Menschen an? Es verwirrte ihn. Seine Shinigami-Augen verwehrten ihm den Blick in Penguins Herz. Weil es sich ihm verschlossen hatte. Der Schlüssel war unauffindbar.   Der Teufel erschien neben Law, zerrte ihn von dem Gummijungen weg. „Genug gekuschelt“, knurrte er, „das kocht einem ja die Eier weich.“ Dass er Laws verletzte Schulter gepackt hatte, realisierte er erst, als dieser schmerzlich zischte. „Shit!“, fluchte Kid und verzog seine roten Lippen. „Ihr Menschen seid zu schwach“, grummelte er zu sich selbst, ließ Laws Schulter los und strich stattdessen zahm über sie. Viel zu zahm für seinen rauen Charakter. „Was-?“, wollte Law unter Anstrengung fragen, verstummte, als der Schmerz plötzlich verschwand. Die Wunde seiner Schulter geschlossen wurde.   Ohne Law anzusehen, rief Kid; „Killer, wir verschwinden!“ Und tat genau das. Der kurze Auftritt war überaus fragwürdig. Warum waren sie so plötzlich gegangen? „Um ihre Kräfte aufzuladen“, murmelte Luffy leise, stand auf und wollte sich ebenfalls an einen Ort der Ruhe begeben, seine Crew besuchen, die er nun brauchte. „Killer hat keine Seele aufnehmen können und Kid hat dir zu viel seiner Energie gegeben.“   Die Nachricht traf Law und Penguin. Law blickte bestürzt auf seine verheilte Schulter, Penguin starrte fassungslos auf seine schwarz befleckte Faust. Sollten Dämonen nicht unverwundbar sein? Zumindest gegen 'schwächere' Seelen? Warum blutete Killer? Der Kappenträger hatte dem Todesengel unrecht getan. Woher sollte er auch wissen, dass Killers eigenes 'Leben' von denen der Verstorbenen abhing? Penguin fühlte sich elend. Law würde dies auch, wenn er wüsste, wie sehr Kids verletzte Schulter schmerzte.   Die Höllenoberhäupter waren so weit für die Menschen gegangen. Lächerlich. Dämonen opferten nichts für Menschen. Nur eine Notwendigkeit ohne emotionalen Hintergrund? Schließlich konnten sie keine gutherzigen Gefühle empfinden. Wie auch, ohne Herz? Die Dämonen hatten etwas Verbotenes getan. Die Menschen waren Schuld, definitiv. Wer war nun der wahre Verführer? Zwischen Gut und Böse lag ein äußerst schmaler Grad.   Die Zeit des Abschieds war gekommen. Luffy verabschiedete sich bei ihnen mit einer viel zu engen Umarmung. „Wir sehen uns!“, betonte er das 'Wir' auffällig. Sabo und Ace existieren... sind irgendwo dort draußen. Sie haben es versprochen...   Und plötzlich standen die Menschen wieder im Nirgendwo. Die Illusion des Kaiserreichs mit ihrem Kaiser verschwunden. Was blieb war eine Einöde aus Staub und Dünen.   „Ich werd sie vermissen“, seufzte Shachi traurig. Penguin nickte zustimmend. „Ich ebenfalls“, war es Laws Flüstern, welches ihnen beipflichtete. Penguin rückte seinen Kappenschirm. „Was jetzt?“, fragte er an Law gewandt, „zählt das als 'das Kaiserreich passiert'?“ Shachi kniff ihn in den Oberarm. „Sei nicht so fies!“, tadelte er ihn wegen der taktlosen Bemerkung. Wie Killer vorhin. Penguin schnaubte. „Ich lass bloß nicht alles an mich ran. Kann nicht jeder so ein nachtragender Weichfussel sein wie du. Dein Herz ist wie ein Saugschwamm, der alles in sich rein presst.“ „Dankeschön, Peng.“ „Das war kein- Ach, vergiss es.“ „Schon vergessen!“   Law dachte nach, blendete die beiden aus. Konzentrierte sich nur auf Eines. Eine Person. Und ihm fiel auf, dass das Brennen seines silbrigen Unterarms fehlte. Warum? „Weil ich deinen Arm ge-un-heilt hab.“ Kid. „Was soll dies heißen?“ „Wirst'e noch rausfinden...“, hüllte sich die dunkle Gedankenstimme in Geheimnisse. „Du hättest niemals hierher kommen soll'n.“ Law ließ sich von seinem Hirngespinst nicht einschüchtern. „Wie bedauerlich, dass Ihr nicht das Zeitliche gesegnet habt. Meinen Segen hättet Ihr.“ Den Höllenfürst schauderte es. Segen. Das brauchte hier echt niemand. Ein Treffer unter der unheiligen Würgelinie. „Sonst noch etwas, was Ihr mir unbedingt mitteilen möchtet?“ „Ich bin grad nackt-“ „Etwas Informatives?“ „Okay, okay; Ihr müsst selbst den Weg zurückfinden, weil-“ Und die Kommunikation brach. 'Weil Eure Kräfte unter der Energieerschütterung gelitten haben?' ...Wegen mir? Law kannte Gewissensbisse nicht. Doch irgendetwas zwickte ihn in seinem Hinterkopf. Zum Glück nicht in seiner Hose.   Die Menschen waren nun auf sich allein gestellt. Sie wussten nicht einmal den Weg, sahen nichts als Wüste. Etwas, was jemandem in die Hände spielte. Leise schlichen sich Sandkörner durch die Luft. Vom verlogenen Wind getragen werdend, ungesehen von aller Augen über die Landschaft ziehend. Hin zu ihrem Ziel. Die winzigen Körner kreisten lauernd um die drei Menschen, wie unsichtbare Finger, die nach ihnen lechzten. Das Trio ahnte nichts von der nahenden Gefahr, war verwickelt in die taktische Lagebesprechung. Ihr tierischer Begleiter wollte sie warnen, hatte jedoch plötzlich seine Stimme verloren. So drang der Staub der Bedrohung in ihre Münder und Nasen ein, von ihnen eingeatmet werdend, in ihre Körper gelangend. Nistete sich wie ein Parasit in sie ein.   „Schwäche ist eine Sünde.“ Ein tiefes Summen im flüsternden Wüstenwind. „Desert Dormono.“   Der Sandmann.   Und die Falle schnappte zu, wie der Kiefer eines Krokodils.       Kapitel 4: Vendetta – Rache --------------------------- Ein menschlicher Geist auf Irrwegen, verloren im eigenen Inneren wandernd, endend im Dead End – wortwörtlich.   Können Gedanken lügen? Ist die eigene Wahrnehmung gefälscht? ...Obwohl sie 'wahr' beinhaltet?   Zwischen Traum und Realität gibt es keine Grenze. Beides koexistiert zueinander, verschmilzt im Schlaf ineinander.   Menschen raten einander; 'Lebe deine Träume.' Und dennoch träumen viele ihr Leben. Törichtes Wunschdenken.   Wie blind schlafende Augen doch sind... Ein Traum ist nichts weiter, als ein Trugbild des Geistes. Erschaffen durch wünschende Emotionen. Auch die Liebe ist nur menschlicher Humbug.   Ein liebender Mann ist ein gefährlicher Mann. Zu allem bereit, zu nichts imstande. Je stärker das Gefühl, desto schwächer das Herz.   Einst war es rot, voller Leben, heute nur noch ein Sterbebild seines selbst.   Ein Name, in Sandstein gemeißelt. Ein hinterlassenes Grab in Männerbrust.   Die Sehnsucht fort, geblieben Rachsucht und Habgier. Einst wollte er besitzen. Nicht einmal das Leben ihm geblieben.   Liebend gestorben. Sein Herz zu Sandstein zerfallen.   ...Der Sandmann...       ~*~       Jeder wird irgendwann mit dem Tod konfrontiert. Der Tribut des Lebens von jedem gezahlt. Eine Schuld, die beglichen wird.   'Was ist dir dein Leben wert?' Die Frage des Todesengels immer gleich. So auch die Antwort des Sterbenden. 'Nimm mein Herz, nimm mir den Schmerz.'   So schlägt die Sense in die Brust, hinterlässt die Kluft, raubt letztgültige Luft, erhält den schlussendlichen Atemzug.   'Danke.'   Killer verstand nie, wofür die Menschen ihm dankten. Dafür, dass er sie zu einem wie ihm machte? Gefühlskalt und lieblos? Die Qualen der Hölle waren für die Verstorbenen nicht ertragbar, wurden durch den Herzraub minder ertragbarer. War es dies? Waren die Menschen lieber lieblos, als leblos? Gaben sie deswegen freiwillig ihr Herz auf? Versteh einer die Erdwandler... Seufzend betrachtete sich der Todesengel im Spiegel. Nichts. Er besaß kein Spiegelbild. Die Reflexion seiner Selbst die Leere in Persona. Langsam fasste er sich an seine Wange, spürte den Hauch des Schmerzes, den der Mensch mit Kappe ihm zugefügt hatte. Penguin – so hieß er, meinte Killer sich zu erinnern – gleichgültig. Namen waren nur eine verblasste Erinnerung einstigen Lebens. Die schwache Seele hatte ihn mit emotionaler Intensität geschlagen. Nur, weil der Totenbringer kein Mitgefühl für Sterbende besaß. Killer spürte nicht. Lebte nicht. Überdachte nicht. Wieso schmerzt meine Wange? Des Sensenmannes Existenz diente einzig dem Tod, den er repräsentierte. Sein Dasein dem Teufel verschrieben, dem er ewige Treue schwor.   „Scheiße gepennt, was?“, grinste ihn Kid vom Türrahmen seines Schlafgemachs aus an. Lehnte nur locker dagegen, die Wunde seiner Schulter mit seinem Fellmantel überdeckend. Die Wunde, die er für den tätowierten Menschen auf sich genommen hatte. Killer verschränkte seine Arme vor seiner Brust, wandte sich seinem Fürsten zu. „Todesgeschöpfe schlafen nicht“, entgegnete er ihm faktisch, „sie finden im Seelenfolter ihre Erholung.“   Kid lachte rau auf. „Dein SadoKaMaso-Club geht mir am Arsch vorbei – und der is jungfräulicher als die Jungfrau Maria.“ Der Teufel zuckte mit seinen Schultern, verzog sein Gesicht, der vergessenen Verletzung wegen, die bei der Bewegung unangenehm zog. Mit einer wegwischenden Handbewegung deutete er auf Killers angeschwollene, verfärbte Wange. „Dein Make-up sieht beschissen aus.“   Ein hauchdünnes Schmunzeln fand Killers Lippen. Sein bester Freund schaffte es immer, ihm ein Grinsen ins Gesicht zu prügeln. Ablenkend fragte er; „Was hältst du von den drei Menschen?“ Kid brummte zur Antwort etwas Unverständliches. Killers Mundwinkel glitten höher. „Ich ebenfalls“, erwiderte er wahrheitsgemäß und schritt auf den Teufel zu, zur Tür. „Lust auf ein Heilbad?“, musste er Kids Antwort nicht abwarten, um sie zu wissen. Teuflisch knackte der Höllenfürst seine Fäuste. „Lass uns ein paar Heilgeister ausquetschen!“ Das hob Kids Stimmung immens. „Und wehe, Wire hat sie wieder alle ausgesaugt.“     Am anderen Ende der Hölle, ein Irgendwo im Nirgendwo einer Wüste. „Sind wir schon daaa?“, quengelte Shachi zum „Einhundert-dreizehn“ten Mal – wie Law mitzählte. „Nein, sind wir nicht“, wiederholte Penguin zum „Achtundachtzig“sten Mal. Der Pessimist zog seinen Kappenschirm tief, verdrehte hinter ihr seine Augen. „Die wahre Folter der Hölle ist, mit euch hier zu sein“, murrte Peng seinem besten Freund zu, der ihn dümmlich anlächelte. „Ich find's auch total schön, dass wir alle zusammen sind!“   Penguin mimte Würgegeräusche. „Ich kotz nen Regenbogen.“ Shachis Augen funkelten. „Regenbögen sind sooo toll~ Meinst du, wir finden auch einen Goldtopf?“ Und Chi's überzuckertes Lächeln wurde breiter. „Aber kein Schatz ist so wertvoll, wie ihr es für mich seid.“ „...Ich kotz den Topf gleich mit aus.“   Zwischen ihnen zählte Law zur Beruhigung das, was zählbar war – selbst den schwankenden Wärmegrad der Wüstentemperatur, sowie den sich ändernden Winkel der Lichteinwirkung der Sonne, die hier gar nicht existieren dürfte. Wie ein Vampir zischte er hin und wieder dem viel zu penetrant strahlenden Himmelskörper zu. Seine dunklen Augenringe dankten ab. In seinen kurzen Kinnbart murmelnd, zählte er leise weiter – nun die Staubpartikel.   Neben ihnen trabte das schwarze Höllenross, dessen Zunge aus dem flammenden Maul hing. Penguin warf ihm einen skeptischen Blick zu. „Bestehst du nicht aus Feuer? Sollte dir die Hitze nichts ausmachen?“ „Entschuldigung.“ „Dan-ke für die wiedermal sehr ausführliche Information.“   Das tierische Wesen wurde den Menschen immer suspekter. Entweder tat Bepo nur so unschuldig oder war eines der sensibelsten Geschöpfe, die je existierten. Geknickt ließ er seinen Pferdekopf hängen, legte seine Ohren an und wollte erneut zu einer Entschuldigung ansetzen, hätte Shachi sich nicht umarmend an ihn geschmissen. „Keine Sorge, Peng meint's nicht so böse. Er ist nur ein mürrischer Grummelbär, der sein großes Herz hinter seinem dicken Fell versteckt“, versuchte Shachi Bepo aufzumuntern, erhielt von Penguin ein missgestimmtes Nuscheln. „So behaart bin ich nun echt nicht.“ Was Shachis Gesichtszüge aufhellte. „Hörst du, Bepo. Er hat das mit dem Herzen nicht verneint!“   Oder war einfach zu erschöpft dafür. Die Hitze machte ihnen allen zu schaffen, der lange Weg durch die Dünen schien endlos weit. Sie wanderten seit Stunden ziellos umher. Seit der telepathische Kontakt zu den Höllenoberhäuptern abgebrochen war. Selbst Shachi ging langsam die Puste aus, doch hielt er tapfer die Stimmung aufrecht. „Ich werd jetzt einen Sandengel machen!“, verkündete er feierlich und warf sich in den heißen Sandboden. Kopfschüttelnd gingen seine Freunde weiter, außer Bepo, der ihn mit schief gelegtem Kopf fragend betrachtete. „Schau genau hin und lerne!“, wies er ihn überschwänglich an und wedelte mit seinen Armen munter im Sand, verteilte kichernd Staub in alle Himmelsrichtungen.   Als Chi sein Kunstwerk betrachtete, blinzelte er mehrmals. „Hm?“, kniff er seine Augen zusammen, nachdenklich. Der vermeintliche 'Engel' im Sand glich eher einer dämonischen Höllengestalt. Alles Englische war hier unten tabu. You know? Shachi zuckte mit den Schultern. „Mit Phantasie sieht's aus, wie ein Engel.“   Eilig holten er und Bepo zu den anderen auf. Hinter ihnen unbemerkt das Sandschauspiel, welches sich ereignete. Das sich verzerrende Engelsgebilde, dessen Sandkörner wild aufwirbelten, in kleinen Tornados über den Boden tanzte und den Sand rot färbte, wie von Geisterhand zu einem Wort geformt: 'Vendetta' Schaurig flüsternder Wind kündigte ihn an. Er brachte die Wüste zum Erzittern, verdunkelte die Sonne, erdrosselte die Luft. Einer der mächtigsten Elementargeister: Das Sandkrokodil.   So schnell die Buchstaben erschienen, verschwanden sie wieder. Bleibend die Erinnerung eines Mannes, der sich nach Rache verzehrte. Als er starb, zerfiel er zu Sand. Seinem Element. Auf ihm wandelten derzeit die Menschen, irrend und unwissend. Nicht ahnend, dass er es war, der sie in die Irre führte. „Kommt zu mir...“ Zeigte er sich gnädig, offenbarte ihnen den Pfad, den er für sie erschuf.   Ein Casino?, blickten die vier Augenpaare auf das Gebäude in der Ferne, welches plötzlich erschienen war. Eine Fata Morgana? Law schmunzelte. Ihre Reise war soeben um einiges interessanter geworden. Wie er es doch liebte, Fallen zu entschärfen... „Bepo-ya“, rief er nach ihrem tierischen Gefährten, der sich gehorsam neben seinen Befehlshaber stellte. „Bringe uns dorthin.“ Mit 'uns' meinte er sich selbst. Law stieg auf das Höllenross und ritt augenblicklich davon. Shachi und Penguin ihm nachsehend, sich anblickend, ehe sie ihnen nacheilten. Laws Nettigkeit hat ein neues Level erreicht... Level Oberarsch.   „Wartet auf uns!“   Mächtig ragte das Gebäude im Sand empor. Aus edelstem Sandstein bestehend, in Form eines gleichschenkligen Trapez, in gestreiften Farben von Grün und Gold. Umschlossen von Palmen, vor dem Eingang zwei vergoldete Krallen-Pfoten, passend zu dem goldenen Krokodil, das auf dem eindrucksvollen Bauwerk thronte. Goldmünzen regneten auf das Casino herab – Das Goldregen-Casino.   Während Shachi und Bepo die Architektur bestaunten, gingen Penguin und Law ohne eines gewürdigten Blickes hinein. Sie hatten genügend Sand für zwei Lebzeiten gesehen. Draußen stand ein Schild mit der Aufschrift: 'Alle Tiere außer Krokodile verboten!' Dem Höllenross wurde der Zutritt verwehrt. Weswegen Shachi ihm versprach, ihn bald wieder abzuholen und ihm ein paar Zuckerwürfel daließ. Im Maul des Flammenross' wurde Zucker zu Karamell.   Eine schrille Klingel kündigte das Eintreten der Besucher an. Der Lärm von klimpernden Spielautomaten ertönte im Hintergrund. Am Eingang begrüßte sie ein gesichtsloser Schattenlakai mit Fliege, der sich leicht vor ihnen verbeugte. Weil der Höllendiener keine Stimmbänder – oder überhaupt etwas menschlich Anatomisches – besaß, deutete er dem Trio wortlos an, ihm zu folgen. Ausdruckslos führte er sie vom Foyer ins Innere des Casinos. Auf dem Weg bot die Schatten-Figur ihnen ein Weinglas an, von denen exakt drei auf dem Silbertablett standen, welches er hielt. Als hätte man die Menschen erwartet.   „Höchst verdächtig“, murmelte Law in seinen kurzen Kinnbart, traute dem Geschöpf nicht, traute allem hier unten nicht. „Wie freundlich!“, lächelte Shachi und streckte seine Hand aus, um dem schwarzen Schatten ins nicht vorhandene Auge zu piksen. Ein mahnender Blick Penguins und er begnügte sich mit dem Winken vor dem schattigen Gesicht. „Siehst du uns überhaupt?“, wollte er wissen und mimte diverse Fratzen der kindlichen Provokation. Der Schatten reagierte nicht. Penguin griff schnell nach einem Weinglas, umklammerte es gar haltsuchend. Um die Hölle zu ertragen, brauchte er dringend einen Schluck. Oder ein Fass. Er hasste Rotwein. Ohne nachzudenken kippte er das Glas – wie ein echter Gentleman – auf ex. Die süßliche Flüssigkeit noch im Mund habend, hörte er Laws Schmunzeln neben sich. „Dies ist Blut.“ Und Penguin spuckte es hustend aus. „Hättest- du- das- nicht früher sagen können?!“ „Hätte ich“, antwortete Law faktisch, schritt voran und besah sich die Räumlichkeit genauer. Zu viel Prunk, zu viel Luxus. Alles schrie förmlich nach Trug und Falschheit.   Traurigerweise fühlte sich Law hier wohler, als er zugeben wollte. Abwesend betrachtete er sich die silberne Dekoration, die in all den Goldtönen hervorstach. Sie wirkte so kalt und zeitlos... genau wie- „Spielautomaten!“, posaunte Shachi voller Begeisterung und stürmte auf eines der blinkenden Geräte zu. Eifrig zog er an dem Hebel der Maschine und fieberte den drei rollenden Walzen entgegen. Penguin rückte seine Kappe, blickte auf das Schild, welches über dem Automaten angebracht war; 'One Life, One Chance.' Also hat jeder von uns nur einen Versuch?   „Jeder weitere kostet einen Teil deiner Seele“, sprach plötzlich jemand hinter ihm. Süßlich giftig in sein Ohr wispernd. Penguin schauderte es. Diese Stimme... „Deine köstlichen Seelenfragmente gehören gänzlich mir.“   „Oh was für ne Freude, der Todesengel höchstpersönlich“, drehte sich Penguin schief grinsen zu Killer um. „Was verschafft mir die Ehre deiner holden Arschigkeit?“ „Ich stalke dich“, gab Killer offen zu, „habe sonst nichts zu tun.“ „Gut zu wissen, was ich nicht wissen wollte. Such dir n Hobby!“ „Dies habe ich in dir gefunden.“ „Wer suchet, der findet – wer fluchet, verschwindet.“ Tat Penguin genau das, mit einem Fluchwort auf den Lippen. „Ich mach nen Freischwimmer, wie ein Analdelfin! Tschö, Ritter Rosette“, ließ er den Seelenräuber stehen, dessen Schmunzeln hinter blondem Haar nicht amüsierter sein konnte. Laut den hier vertauschten Gegebenheiten von Hass und Liebe hat Penguin ihm soeben ein Kompliment gemacht. Absichtlich? Nun, 'Analritter' genannt zu werden, hatte schon etwas Schmeichelhaftes...   Law seufzte stumm. Wo Killer war, war auch- „Was geht – geht’s schon ab in deiner Hose?“, begrüßte ihn das rothaarige Biest, dem Law keinen Blick widmete. Der Teufel lachte selbstherrlich. „Ich bin ein echter Ständer-Spender! Kannst ruhig zugeben, dass dir bei meinem Anblick einer abgeht – darum kannste mich nich ansehen, huh?“ Das fette Grinsen aus dunklen Lippen schob sich in Laws Gesicht. „Jeder Blick is ne Sünde wert. Freuste dich nich, mich anschmachten zu dürfen?“ Laws Augenbraue zuckte erhaben. „Die Freude ist ganz Eurerseits. Euch anzuhimmeln, ist mir ein Abendmahl.“ Und er setzte noch einen göttlichen Tiefschlag drauf. „Es heißt zwar, die Hölle sei der Ort der Folter, aber mit so viel Herrlichkeit möchte ich meine Augen dann doch nicht strafen.“ 'Himmel', 'Abendmahl', 'Herrlichkeit' – die biblischen Worte des Herren, die Kids Laune von Sex auf Null brachten. Vielleicht hätte er statt Heilgeister besser die guten grünen Naturgeister inhalieren sollen...   „Jackpot!“, freute sich Shachi, das Glückskind. War ja klar, dass er wieder den Hauptgewinn abräumte. „Was hab ich denn gewonnen?“ Kid grinste. „Ein Freifahrtschein in die Hölle“, wollte er den Menschenjungen verschrecken. Shachis Reaktion fiel jedoch anders aus. „Juhu~“, riss er seine Fäuste in die Luft. „Da wollte ich schon immer mal hin!“ Penguin klatschte sich die Hand an die Kappen bedeckte Stirn. Eine Hohlnuss als Bruder zu haben, würde selbst ein ausgehungertes Eichhörnchen zum Nuss-Allergiker machen. „Was ist es wirklich?“, fragte er an Killer gewandt, der ihm neutral antwortete. „Da diese Automaten 'Einarmige Banditen' genannt werden, benannt nach ihrem Erfinder, darf man diesen auch treffen, wenn man möchte.“ Jetzt freute sich Shachi umso mehr. Er mochte es, neue Leute kennenzulernen, die er ins Herz schließen konnte – In sein Herz pressen, traf es eher. „Wann dürfen wir ihn sehen? ...Oder ist es eine Sie?“, fragte der Junge neugierig, es kaum abwarten könnend. Doch wurde er enttäuscht, als Killer ihm erklärte; „Zurzeit ist der Kaiser-“, stoppte der dunkle Engel kurz, als er die aufquellenden Tränen in Shachis Augen sah. Seit wann war der personifizierte Tod von menschlichen Emotionen beeinflussbar? Verärgert über seinen kurzen Schwächeanfall, fuhr er fort. „Auf unbestimmte Zeit verreist. Solch ein Pech aber auch.“ Er genoss Shachis Enttäuschung. So sollte es sein. Kein Mitgefühl. Mit niemandem.   Penguin wollte seinen Bruder aufmuntern, ihn ablenken. Sein Blick huschte über die nebeneinander gereihten Automaten, blieb an einem von ihnen, an dessen Hebel er zog, obwohl es ihm selbst wenig Begeisterung abrang. Der Kappenträger war ein echter Pechvogel, war er schon immer gewesen. So zeigten die Walzen drei X an. Das Schlimmste, was hätte passieren können. Killer sog still Luft ein, hinter blondem Pony weiteten sich unbemerkt seine Augen. „Dort oben“, zeigte er zur Decke, wo die menschlichen Augenpaare hinschweiften. Und Killer trat lautlos gegen den Automaten. Ein X weniger – Ein Seelenleben gerettet. Soviel zu 'kein Mitgefühl'... Das fiese Grinsen, das er von seinem teuflisch besten Freund erhielt, hätte Kid sich sparen können.   Law interessierten solche gezinkten Spiele nicht. Im Gegensatz zum Teufel, der diese Erfindung der Menschen schon immer belustigend fand. „Trauste dich nich?“, provozierte er Law, „kannst stattdessen auch mit meinem horny Hebel spielen.“ Zwischen Entweder und Oder war Laws Entscheidung eindeutig – und er betätigte den Mechanismus der Gerätschaft. Ahnend, dass Kid sie manipulierte. So zeigten die Walzen 6 6 6. Kids Grinsen verdunkelte sich. „Dein Preis ist Sechs mit mir.“ Wie oft musste Law ihn noch ignorieren, damit der Teufel verstand, dass seine frevelhaften Angebote nicht fruchteten?   Den gelesenen Gedanken konnte der Höllenfürst nicht unkommentiert lassen. „Die Samen des Bösen tragen die größten Früchte.“ „Ich verzichte auf himmlisches Fallobst.“ „Ey!“   Langsam, nur ganz langsam begann es Law zu amüsieren. Ihre fragwürdigen Interaktionen. Was auch immer sie beide hier taten. Wenn er könnte, würde er lachen. Nur war dies unter seiner Würde. Lachen bedeutete Offenherzigkeit – die er nicht besaß. Statt seine Gedanken an solche Nichtigkeiten – Kid – zu verschwenden, würdigte er seine Aufmerksamkeit Wichtigerem. „Was ist unsere Aufgabe hier?“, dachte er laut nach, besah sich nebensächlich die goldenen Krokodilsfiguren, die hier prunkvoll an den weißen Sandsäulen befestigt waren. An einer von ihnen knabberte jemand.   „Heat?!“, erblickte Shachi seinen Freund, auf den er voller Freude zuraste. Heat sah ihn kommen, es kommen; die viel zu herzensgute Umarmung, die er als herzloses Höllenwesen nicht ertrug. Abwehrend kreuzte der Dämon seine Finger zu einem umgekehrten Kreuz vor sich. „Weiche von mir, guter Geist-!“ Und wurde von der stürmischen Liebenswürdigkeit umgehauen. Der sonnige Mensch klammerte sich mit allen Gliedmaßen um ihn, mit viel zu viel positiver Energie. Es schmerzte. Shachi brannte sich nicht nur in Heats Haut. Warum musste er auch immer nur im Korsett rumlaufen? Der Dämon verkniff sich den Schmerzlaut – um Shachi die Schuldgefühle zu ersparen – versuchte sich an einem scheiternden Grinsen aus vernähten Lippen und klopfte dem Jungen zaghaft auf den Rücken. Nur hauchzart, ihn kaum berührend. Bloß nicht zu viel. Als Shachi von ihm abließ, war der Abdruck der Umarmung an dämonischem Körper erkenntlich. Wie ein Sonnenbrand auf Heats blasser Haut, nur leuchtender. Shachis honigfarbene Augen besahen sie sich fragend, ehe er sanft lächelte. „Es steht dir.“ Und Heats Brandmal tat plötzlich viel weniger weh. Weil es von Herzen kam. Der strahlende Junge war tatsächlich ansteckend – Brandstiftung schweren Grades!   Heat trug nun eine heilige Markierung. Nur der Teufel wusste, was dies zu bedeuten hatte. Und es gefiel ihm nicht. Ganz und gar nicht. Knurrend beorderte Kid seine Gefolgsmänner mit einer Handbewegung zu sich. So konnte es nicht weitergehen. Ein höllischer Rat musste einberufen werden. Privat.   „Verzieht euch“, bellte er an die Menschen gewandt, erntete Laws steinigenden Blick. Immer wieder faszinierend, unter welchen Stimmungsschwankungen die Fürstlichkeit leidet... „Wir wollten ohnehin gehen“, erwiderte Law, drehte sich um und begegnete dem Schattenlakai, der ihm ein Schild entgegenhielt; 'Der Herr des Hauses erwartet euch.' Wer könnte solch eine unfreundliche Einladung abschlagen? – Jeder. Darum ließen sich die Menschen extra viel Zeit auf dem Weg zu ihrem Gastgeber.   Vom Schattendiener wurden sie schweigend in das höchste Stockwerk geführt, kamen per vergoldetem Aufzug dorthin. Der lange Gang mit einem grünen Teppich verziert, die Wände aus Glasscheiben, hinter denen echte Krokodile schwammen, die sie hungrig anstierten. Laws skalpierender Blick schüchterte die Tiere ein. Die Kreaturen machten ihnen freiwillig Platz. Wie ein Empfangskomitee reihten sie sich links und rechts neben ihnen auf, während sie den Flur passierten. Am Ende erreichten sie eine übertrieben protzige Flügeltür, die der Diener ihnen verbeugend öffnete. Die schwere Doppeltür fiel geräuschvoll hinter den Menschen zu.   Und sie sahen ihm entgegen. Auf einem schwarzen Ledersessel saß er. Eine teure Zigarre in seinem Mund, sein Kinn auf seiner goldenen Hakenhand abgestützt, seine Sandgrauen Augen erhaben auf seine Besucher hernieder blickend. Durch seine Narbe – die horizontal über sein markantes Gesicht verlief – stachen seine unergründlichen Augen noch deutlicher hervor. Als würden sie menschliche Seelen aussaugen wollen. Ein Fauchen begrüßte die unwillkommenen Gäste. Auf seinem Schoß saß ein Kaiman, den er in einer langsamen Bewegung streichelte. Der Alligator starrte die Menschen aus fokussierten Reptilienaugen an, beobachtete sie, als Feinde betrachtend.   „Von dem Lurch mag ich nicht gehapst werden“, flüsterte Shachi zu Peng. Dieser grinste zurück; „Meinst du das Tier oder den Kerl-?“ Ein erstickender Blick des Höllenkrokodils ließ sie zusammenzucken, stramm stehen. „Wir haben nichts gesagt, Sir!“, rechtfertigten sie sich und zogen ihre Mützen tiefer. Law trat vor. „Mit wem haben wir das Verleiden?“   In einer anmaßenden Bewegung warf der teuer gekleidete Mann seinen Kopf zur Seite, kämmte sich mit seiner Hakenhand sein glatt-gegeltes Haar nach hinten. Zeigte seine Zähne, zwischen denen die Zigarre steckte, die beim Sprechen leicht wippte. Seine tief-raue Sandstimme grollte dünkelhaft. „Ich bin der Sandmeister. Sir Crocodile mein Name.“   Als der Name fiel, schien die Wüste in Aufruhr. Eine angespannte Stille legte sich über die Räumlichkeit, deren Luft plötzlich viel trockener wirkte. Die Sandgrauen Augen des Höllenkrokodils schienen wie hypnotisierende Sandstürme auf die Menschen überzugreifen. Ein starkes Kratzen in den Lungen der Sterblichen spürbar, denen der Atem genommen wurde. So abrupt, dass sie reflexartig ihre Hälse umgriffen, kein Wort hervorbringen konnten. Bis die Tür auf krachte. Und die Hypnose gebrochen ward.   „Blas den Sand aus deiner Arschritze, Zero“, platzte der Teufel rein, stolzierte auf den Casino-Besitzer zu, beantwortete Laws kritischen Blick mit einem lässigen; „Das Krokodilshandtäschchen und ich... sind best Buddys, stimmt's?“, schlang Kid überheblich grinsend seinen Arm um die breiten Schultern des Mafiosi. Der teure Mantel roch stark nach einer Mischung aus Nikotin, herbem Rasierwasser und edlem Männerparfüm. Sir Crocodiles Zigarre zuckte – Ein Zeichen seines zürnenden Unmuts. Der Kaiman sprang von seinem Schoß, jagte auf Kids Unterarm zu und verbiss sich in ihm. „Shit- Fuck- Verdammtes Mistvieh!“, versuchte er es abzuschütteln und sprach dabei die wüstesten Flüche aus – in satanischem Latein. „Lotiolentus! Lustro! Sus lutulenta! Magnificum crucis offla!“   Und Law lachte. Überaus erheitert, aber hinter vorgehaltener Hand. „Was hat er gesagt?“, wollte Shachi wissen. Law räusperte sich, sein kurzes Lachen sofort unterbindend, doch ein kleines Schmunzeln bleibend. „Zunächst hat er den guten Herren als 'Bettpisser' und sein Haustier als 'Sumpfhuhn' etikettiert. Folgend einem allgemeinen 'Drecksau' und einer abschließenden Hochrede an seinen 'prächtigen Galgenschwengel'.“ Penguin verzog das Gesicht. „Aus deinem Mund klingen Fluchwörter echt gruselig.“ „Derisor“, erwiderte Law ihm vergnügt. Lateinische Provokationen entsprachen eher Laws Stil. „Aha. Wie... hast du mich genannt?“, blickte Penguin ihn fragend an, der wissende Silberblick gefiel ihm ganz und gar nicht. „Dies wird dir ab nun keine Ruhe mehr lassen, nicht wahr?“ Penguin nickte. „Ausgezeichnet.“ Gespräch beendet. Dieser miese Sadist!   Penguin murrte leise, bis er heimtückisch grinste. Rache ist süß, mein Lieber. „Du, Law?“, begann er scheinheilig, sah offensichtlich auf Laws Rücken, zeigte mit seinem Daumen locker darauf. „Du hast da was...“ Und Laws Augenbraue tickte. „Entferne es.“ Penguin verschränkte seine Arme lässig hinter seinem Kopf. „Sorry, hab grad keine Hand frei, Cap.“   Shachi blickte derweil sehnsüchtig auf das bissige Tier, welches er unbedingt streicheln wollte. Der bittende Honigblick traf auf den angepissten Goldenen des Fürsten, dessen geschminkte Lippen sich zu einem unheilvollen Ausdruck verzogen. Jetzt kriegste dein Futter, Sumpfhuhn. Kid hielt Shachi seinen Arm, mitsamt tierischem Anhang hin. Die dämonische Reptil-Kreatur konnte dem Menschen sehr wohl den Arm abbeißen, während Kids Hülle durch seine höllischen Kräfte viel robuster war. Demnach war das Tier noch immer hungrig. Wohl bekomm's! Die Reptilienaugen fokussierten sich auf Shachi, die schwarzen Pupillen verengt, seinen Kiefer von Kids Arm lockernd, ehe es Shachi besprang- und in seinen Armen leise zu gurren begann. Shachis Finger streichelten respektvoll über die raue Panzerhaut. „Wer ist ein braves Kroko, du bist ein feines Kroko!“ Kid fiel vom Glauben ab – wenn er je einen besessen hätte, außer den Unglaube an sich selbst.   „Sein Name ist 'Fenicottero'.“ Beinahe nur ein feinsandiges Flüstern, durch die Zigarre zur Undeutlichkeit gedämmt. Law fixierte ihn überrascht. Dieser Name... Der italienische Mafia-Boss ließ sich nichts anmerken, blieb seinem gefühlskalten, berechnenden Charakter treu. Klopfte elegant seine Zigarre über dem vergoldeten Aschenbecher ab und wandte dann das Wort an die Menschen. „Ich werde euch ein Angebot machen“, begann er mit erhabener Stimme, die in einen kompromisslosen Klang überging. „Und ihr werdet es nicht abschlagen.“   Wie zuvorkommend, dachte sich Law. In der Hölle hatten die Menschen es nur mit Wohltätern zu tun. Das Grau von Laws Augen wurde zu kaltem Granit, treffend auf das kühle Sandgrau seines Gegenübers. „Sprecht. Wir werden zuhören.“ Lassen uns jedoch keinen Befehl aufzwingen. Das Höllenkrokodil lehnte sich lässig in seinem Sessel nach hinten, schraubte seine Hakenhand ab, überschlug seine Beine und trank den giftigen Rotwein aus seinem persönlichen Trinkgefäß. Gift prickelt angenehm die unsterbliche Kehle hinab...   „Das Impel Down“, nahm die raue Sandstimme einen Unterton der alten Nostalgie an, „ist ein Ort der erstickten Träume. Das Gefängnis der Verworfenen. Dort werdet ihr Antworten finden.“   „So?“, hob Law eine skeptische Augenbraue, mitsamt äußerst misstrauischem Ton, „und wo befindet sich dieser Ort?“   „Wie ich sagte...“ Ein makaberes Mundwinkelheben des gerissenen Krokodils, welches ungesehen seine Teufelskraft aktivierte. Den Sand, den es zuvor in den menschlichen Organismus einpflanzt hatte und nun auf dessen Meister reagierte. „In erstickten Träumen.“ Die Menschen sackten augenblicklich in sich zusammen – aufgefangen werdend von Kid, Killer und Heat.   “Buona notte.” 'Gute Nacht.' . . . Höllische Fahrstuhlmusik. Die Reise Abwärts; tiefer als die Hölle ist nur das Bewusstsein. In ihm schlummert das Herz. Das Tiefste, das Reinste; Ur-Liebe. Tiefer und Tiefer fallen die Menschen, Stufe für Stufe müssen sie gehen. Schlafend, wach, bewusst. Im Seelengedächtnis. Die 17 Bewusstseins-Stufen. Die höchste Stufe; Scham Und das Göttliche sprach zu den Menschen. „Wofür schämst du dich?“ Als würden sie schweben, verharrten die Drei im Stillstand ihres Innersten. Um weiterzukommen mussten sie Antwort stehen. Konfrontiert werdend mit Bildern ihrer Erinnerung, die im schnellen Zeitraffer an ihnen vorbeizogen. Ihr Leben, dem sie verschuldet. Schweigen. Keiner traute sich, offen Scham zuzugeben. Die Zeit hielt weiterhin an. Shachis Augen erfassten ein Bild seiner Kindheit. Er und Penguin saßen nebeneinander auf einer Schaukel. Beide Kinder lachten ausgelassen und fröhlich. Bis der Junge mit zu großer Kappe abrupt bremste. Penguin sah seinen Kindheitsfreund intensiv an. „Du bist toll, Chi.“ Pengs kindliches Funkeln. „Ohne dich lächelt die Sonne nicht.“ Shachi errötete. Auch im jetzigen Alter fand eine sanfte Röte auf Shachis Wangen, ehe er kleinlaut beschämt zugab; „Ich... kann nicht mit Komplimenten umgehen.“ Er fiel, erreichte Stufe 2. Der Kappenträger wollte nach ihm greifen, verfehlte und ballte seine Hand. Die Augen schließend, brummte er leise; „Ich schäme mich für meine Schwächen.“ So folgte auch er seinem besten Freund. Law blickte ihnen nach. Seine Augenbrauen verengt, intensiv nachdenkend. Er hasste es, Gefühle offen preiszugeben. Nur für seine Freunde tat er es. Die Bilder unrettbarer Leben flackerten an ihm vorbei, ehe er verbissen seufzte. „Schande empfinde ich über meine Imperfektion.“ . . . Stufe 2: Schuld Erneut erklang die lichtvolle Stimme, einen anklagenden Ton besitzend. „Du bist schuldig.“ Das Gefühl von Schuld in ihre Herzen einkehrend. Geknickt senkte Shachi seinen Kopf, fiepsleise erwidernd; „Weil ich nicht jeden zum Lächeln bringen kann.“ Penguin zog seinen Kappenschirm tief. „Weil ich mir die Schuld gebe... für alles.“ Law presste seine schmalen Lippen aufeinander. „Weil ich Schuld von mir abweise.“ . . . Apathie „Warum bist du so gleichgültig?“ Leere füllte ihre Brust. Alle fassten sie sich an ihre linke Seite. Shachis sonst so gefühlvolle Stimme klang abgestumpft und teilnahmslos. „Weil ich mir selbst egal bin... Hauptsache den anderen geht es gut.“ Penguin blickte leer in sein seelisches Nichts. „Darum. Ich will nicht noch verletzlicher werden.“ Laws grauen Augen blieben unverändert kalt. „Als Selbstschutz. Emotionen sind ein Hindernis. Ich habe ihm versprochen, mein Herz zu behüten...“ . . . Trauer „Weinst du?“ Ein Schluchzen entkam Shachis Kehle. „Ich ertrage all das Leid der Welten nicht.“ Penguin wischte sich schnell über seine Augen. „Er tut mir leid... Warum muss Killer eine solche Bürde tragen?“ Law unterdrückte die erzwungene Emotion mit aller Macht. Einzig seine trauernde Stimme verriet ihn. „Vater...“ . . . Angst „Wovor fürchtest du dich?“ Schwärze ergriff ihre Körper. Blanke Furcht, der sie entgegenblickten. Shachi konnte nicht hinsehen. Sich selbst nicht ansehen. Seine Stimme zitterte. „I-Ich... habe Angst, geliebt zu werden.“ Obwohl er selbst am meisten liebte. Penguin konnte seinen geweiteten Blick nicht von der Schwärze abwenden. „Ich fürchte die Furcht...“ Law knirschte leise mit den Zähnen. „Vor mir selbst... Zu was ich fähig bin.“ . . . Begehren „Was begehrst du?“ „Ich bin abhängig von meinen Liebmenschen. Ohne sie bin ich nichts...“ „Ich bin süchtig nach Gefahr... Nur dann fühle ich mich lebendig.“ „Ich begehre Wissen und Macht.“ . . . Ärger „Was macht dich so wütend?“ „Wenn jemand meine Freunde ärgert!“ „Ich bin wütend auf mich und meine Unfähigkeit.“ „Ich zürne allem Chaos.“ . . . Stolz „Bist du stolz auf dich?“ Ein dreifach-Echo. „Ja!/ Ja.../ Ja.“ . . . Mut „Woher nimmst du den Mut?“ „Aus dem Herzen.“ „Aus dem Bauch.“ „Aus dem Kopf.“ . . . Neutralität „Warum ist es dir so egal?“ „Weil es weh tut.“ „Weil es so besser ist.“ „Weil es nicht von Wichtigkeit ist.“ . . . Bereitschaft „Hilf ihm!“ „Klaro!“ „Okay.“ „Wem?“ Seine Freunde tauchten weiter, während Laws Wissbegier gestillt wurde. „Ihm“, wiederholte die Stimme nachdrücklicher. Und Law verstand. Schmunzelte; „Falls er meine Hilfe annimmt.“ . . . Akzeptanz „Du bist okay, so wie du bist. Es ist gut, wie es ist. Lass es zu. Lass los.“ . . . Verstand „Denke nach, bevor du handelst. Lerne, zu verstehen. Erkenne dich.“ . . . Liebe Ohne Worte. Dennoch fühlten die Menschen es. Ließen es schweigend in ihre Herzen. An ihre Liebsten denkend. Ihnen wurde warm. Und sie schwebten tatsächlich. . . . Freude Sie lachten. Gemeinsam. Miteinander. Füreinander. . . . Frieden ...Und werden dafür kämpfen. Friede & Freiheit. . . . Erleuchtung Von einem hellen Licht geblendet, erwachten die Menschen. Im Impel Down.   Auf einer Bühne stehend, sahen sie einem großen Publikum entgegen. Neben ihnen die Queen der allumfassenden Liebe. „Yeehaw!“ Peinlich ließ der Transvestit seine Hüfte schwingen, begrüßte die Besucher mit einem Tänzchen, animierte die Zuschauer zum Singen. Die Queen griff nach dem Mikrophon. „Geht das nicht lauter? Ich kann euch nicht hören~“, zwinkerte er mit seinen langen Wimpern in die Menge. „Love is in the air~ Gebt mir all eure Liebe~! Unsere Gäste wollen geliebt werden!“   Ungläubig starrten die Menschen auf das Schauspiel. Schwankend zwischen 'was-geht-hier-ab?' und 'wo-bin-ich-hier-gelandet?' Law dachte sich weg, Penguin übte sich in 'toter-Pinguin', Shachi bemerkte es. „Ui~ Ich hab Möp-Möps!“ Staunte er und packte mit beiden Händen an seine Brust-Rundungen, die er hupend drückte. „Möp, Möp.“ „Guck mal, Peng!“, wollte er sie unbedingt seinem besten Freund zeigen und knöpfte sein kartiertes Hemd auf, das er weit aufriss. Alles entblößte. Des Kappenträgers Mund sprang auf, ging in schnappenden Fisch-Bewegungen auf und zu. Aus seiner Nase ein kleines Rinnsal Blut fließend. Law beugte sich vor, studierte die anatomische Abweichung interessiert. Zückte zwei Handschuhe, die er sich routiniert anzog, ehe er Shachi medizinisch abtastete. „Sie sind echt“, stellte er murmelnd fest. Beendete seine Untersuchung, bevor es seltsam wurde. Die Situation an sich war schon makaber genug. Shachi teilte gern, zu gern. „Die zeig ich Heat!“ „Tust du nicht, Idiot“, verpasste Penguin ihm eine faustige Kopfnuss, zog dann seine dunkle Nieten-Jacke aus und warf sie Shachi über, um seine Blöße zu bedecken. „Tu ich nicht?“, fragte die Unschuld in Menschengestalt, legte seinen Kopf schief. „Warum nicht? Er hat mir doch auch seine niedlichen Hummel-Flügelchen gezeigt.“ Penguin seufzte, musste sich auf Shachis Niveau herauflassen, um es ihm verständlich beizubringen. „Geb der Biene keinen Honig – schlimmstenfalls will sie dich sabbernd bestäuben.“   Law verlor das Interesse an ihrem Gespräch, wandte sich der überschminkten Drama-Queen zu, die sich hauchend ihre spitzen Nägel betrachtete. „Auch eine Injektion, Hübscher?“, zwinkerte der Transvestit ihm zu. Undankend lehnte Law ab. „Verratet mir Euren Trick“, forderte er in höflicherem Ton. Plötzlich warf sich die Queen auf den Boden, in aller Bestürzung, zückte ein Taschentuch und biss hinein. „Trick?!“, schniefte er, drückte ein paar Tränchen raus und blinzelte sie mit langen Wimpern weg. Law wirkte dezent verstört. Mit solch einem emotionalen Umschwung wusste er nicht umzugehen. Law seufzte. „Falls meine Aussage unpässlich war-“ „Verascht! Yeehaw!“, wurde Law abrupt in eine männliche Umarmung gezogen. Das war nun wirklich verstörend. Schweigend rammte er der Queen sein Katana in ihre weiblichen Eier, befreite sich von dem verschwitzten Körper und warf dem Transvestit einen angeekelten Blick zu. Jetzt war auch dessen Bestürzung echt.   Die freizügig gekleideten Gefolgsleute reihten sich vor der Bühne auf, riefen Law empört zu. „Kein Sinn für wahre Schönheit!“, warfen sie ihm vor, „wage es nicht, unser Idol Ivankov infrage zustellen!“ Einer sprang aus der Masse, in Richtung Bühne, sein Schuh in Form eines Schwanes raste mit dessen spitzen Schnabel direkt auf Law zu. „Okama Kenpo!“ Law wich mit einem Seitenbeuger lässig aus. Nahm das Gespräch unberührt wieder auf. „Hormone“, analysierte er korrekt und sah eindringlich durch die dicken Wimpern der Queen. „Erklärt mir die elementare Grundbasis dieser Fähigkeit.“   Ivankov bäumte sich vor ihm auf, verschränkte seine Arme vor seiner Brust und blickte aus dem Seitenwinkel auf; „Bon-boy. Hör auf mit den Schnuckelchen zu flirten.“ Penguin und Shachi sahen die Queen dankend an, der Kappenträger riss sich von der Nähe-bedürftigen Ballerina, während Shachi in der Umarmung blieb. Ein wenig kuscheln tat schließlich niemandem weh. „Bon-Bon ist voll nett“, strahlte Shachi und schloss den Mann sofort ins Herz. Elender Saugschwamm, dachte sich Penguin und zog seinen Kappenschirm tief. Schleimig, jedoch Idiotie-reich.   Die Queen reckte ihr Kinn, blickte auf Law nieder. „Wenn du mein Geheimnis wirklich wissen willst...“, schürte er Hoffnung, die er zwinkernd wieder zerstörte. „Müsst ihr uns beweisen, dass ihr als New Kama taugt.“ Penguin befürchtete Schlimmes, bleichte. „Ich lass mich nicht in ein Kleid stecken! Und würde gern meine Männlichkeit behalten...“ Shachis Augen funkelten. „Krieg ich auch so ein cooles Outfit, wie Bon-Bon? Ich mag Entchen-Schuhe haben!“ Um seiner platzenden Euphorie Ausdruck zu verleihen, tanzte er mit Bon-chan einen peinlichen Balletttanz und summte dabei fröhlich; „Ente~ Ente~ Ente~“ Stolz gerührt sah Bon Clay auf seinen Schützling. „Auch du wirst ein wunderschöner Schwan werden.“   Law schwieg. Wägte gedanklich alle Variablen ab. Und fällte eine Entscheidung. „Nein.“ Alle Blicke auf ihm. „Hereingelegt, Ya“, mimte er die Queen, die er verhandlungssicher ansah. Wissbegier gleicht einer Sünde. „Wir lassen uns darauf ein, unter einer Bedingung.“ Die Law vorerst für sich behielt. Ivankov sah ihn intensiv an, klatschte dann in die Hände, forderte Aufmerksamkeit. „Hop Hop, meine Hübschen“, wandte er sich an seine Männer, Frauen und Diverse. „Wir haben hier ein paar Schönheitsunfälle zu reparieren.“ Er- ...hat uns Unfälle genannt!? Ivankov zwinkerte Law und Penguin zu. Bloß Shachi nicht! Das kratzte an ihrem Stolz – Die Menschen würden es diesen Mode-Kuriositäten beweisen. Unfallchirurgie ist Laws Hobby. Law und Peng werden zeigen, was in ihnen steckt!     ...Kid und Killer sind's nicht. Beide saßen sie neben den bewusstlosen Menschen, wartend auf ihr Erwachen. Kid neben Law, mit einem angewinkelten Bein, auf welchem er seinen Arm platzierte. Killer neben Penguin im Schneidersitz, seine schwarzen Flügel über sie beide gelegt, gar in einer Geste des Trauerns. Seufzend blickte der Höllenfürst in Laws Gesicht. Blass, wie zerbrechliches Porzellan. Leichte Schweißperlen zierten Laws Haut. Kids Zeigefinger strich eine Perle von Laws Wange. Die silbernen Augen hinter verschlossenen Lidern zuckend, unruhig wirkend. Als wäre er gefangen in einem Alptraum, aus welchem er nicht erwachen konnte. Seine Seele litt unter der mentalen Anstrengung. Kid wollte etwas zerstören. Knurrend wandte er seinen Blick von Law ab, fixierte stattdessen das Höllenkrokodil, welches unberührt einen edlen Schluck aus seiner goldenen Hakenhand trank. Und Kid entriss ihm den metallenen Gegenstand, den er mit seinen Kräften gegen die nächste Wand feuerte.   „An deiner scheiß Wichshand kannste später noch lecken, verfickte Mistkröte!“, bebte der Teufel vor Zorn, blieb äußerlich aber viel zu ruhig. Kid würde seinen Platz an Laws Seite um keinen Preis verlassen. Killer blickte durch die schwarzen Federn seiner Flügel zu seinem besten Freund, würde jederzeit für ihn töten – gegen alle Prinzipen eines Todesengel – falls nötig. Kids tiefes Knurren glich der reinen Bestialität. „Wenn sie nicht wieder aufwachen, werde ich dich eigenhändig aus der Hölle verbannen. An einen Ort deiner schlimmsten Vorstellungen.“   Sir Crocodile ließ sich nicht anmerken, wie tief Kids angedrohtes Versprechen sich in sein Herz aus Sandstein bohrte. Still bröckelte Sand aus seiner linken Brustseite, von seinem teuren Mantel verdeckt werdend. Und der Teufel grinste. Ein Grinsen der Brutalität. Weil sein Vize in jedes Herz sehen konnte, Kid telepathisch die Wahrheit zuflüsterte.   „So so“, begann Kid hämisch, „du hast bei deinem Tod dein Herz eingetauscht... Ich frag mich, wer die Unglückliche war-“   „Schweigt“, schnitt eine kalte Frauenstimme durch die Hallen des Casinos. Die Schwarzhaarige trat elegant hinter dem roten Vorhang neben Crocodile hervor, hinter ihr Heat, an dessen Rücken zwei Geisterhände ihn gefangen hielten, sowie ein weiblicher Arm aus seiner Schulter wuchs, ihm eine Pistole an die Schläfe hielt. Der Rastaträger hatte Shachi an einen sicheren Ort bringen wollen, gebettet auf glühendem Lavagestein, welches den Jungen wärmen sollte. Auf dem Rückweg war er auf diese seltsame Frau getroffen, die ihn als Geisel nahm. „Sorry, Boss“, ließ Heat geknickt seinen Kopf hängen, einzelne blaue Rastalocken fielen über seine Stirn.   Das gerissene Krokodil schmunzelte. „Gut gemacht, Miss Bloody Sunday“, lobte er seine Komplizin, deren erwidertes Schmunzeln Falschheit trug. Sie starb an einem Sonntag. „Ich erfülle nur meine Aufgabe“, sprach sie leise und wandte sich an die Höllenoberhäupter. „Verhaltet euch ruhig und euer Kompagnon wird sein Gehirn behalten. Ansonsten wird es in kleinste Teilchen hier auf dem Boden verteilt... welch Verschmutzung.“ Die düstere Verschwörungstheoretikerin seufzte hinter vorgehaltener Hand. Kid war starr vor Raserei, weswegen sein Vize das Wort erhob. „Heilige Patronen“, analysierte er neutral, „die Kugeln müssen aus Himmelsdrachenschuppen sein, um einem Höllenwesen zu schaden. Wo habt ihr sie her?“   Crocodile brummte siegessicher in seine Zigarre. „Kontakte.“ Mehr Informationen würde er nicht preisgeben. Ein Komplott gegen den Teufel. Was konnte Sir Crocodile so wichtig sein, dass er so weit ging? Was wollte er wirklich von den Menschen? Fast bemitleidend sah seine Komplizin ihn unbemerkt an, rückte ihren lilafarbenen Cowboyhut und verdeckte ihre trüben Augen. Sie sollte kein Mitgefühl für diese Person empfinden, die ihr das Wichtigste nahm. Doch konnte sie Crocodiles Schmerz tief in ihrem kalten Herzen nachfühlen. Und dafür hasste sie sich nur noch mehr. Ich bin nur eine Bürde für diejenigen, die sich meiner annehmen...   Killer erkannte das gefrorene Bild in ihrem Herzen. Die Frau, die sie liebte. Robins Partnerin befand sich noch unter den Lebenden. Unerreichbar für sie. Im Gegensatz zu Sir Crocodiles einstigen Sandbild, dessen Herz zu Staub zerfiel. Wie wurde aus Besitzsucht Rachsucht? Der Todesengel seufzte. Liebe war ihm nicht geheuer, der Preis dessen zu teuer. Irritiert blickte er auf den Kappenträger in seinem Schoß herab, der leise im Schlaf lachte. Woran denkst du? Für einen winzigen Moment konnte er in Penguins Herz sehen. Was er sah, erschütterte ihn. Es war... sein Spiegelbild. Das, was Killer nicht besaß. Noch nie gesehen hatte. Bis jetzt. Weil Penguin an ihn dachte, sich herzlich verband.     Wenn das Todeshuhn mich sehen könnte..., grinste Penguin schief und betrachtete sein neues Kostüm im Spiegel. Seine weißen Flügel und das viel zu enge Engelsgewand, welches ihm aufgebrummt wurde. Dazu der passende, peinliche Heiligenschein, den er auf seinem Kopf trug. Das genaue Gegenteil von einem Todesengel. Ironie der Idiotie. Hinter der Bühne haben die drei Menschen sich versammelt, umringt von selbsternannten Stylisten und Modeberatern, die um sie herum schwirrten wie Wespen. Eine von ihnen war Shachi selbst, der sich zurzeit in einem Kleiderberg durchwühlte. Kleidung in alle Richtungen verteilend und dabei kichernd. Law stand in schwarz-gelber Boxershorts mitten im Getümmel, lehnte vehement jeden Modevorschlag ab und scheuchte die angeblichen Berater mit seinem eisigen Blick davon. Stattdessen wurde Penguin – der Unglücksvogel – zum Opfer der gepuderten Halbgeschlechter. Hier war wirklich jedes Individuum besonders. Penguin konnte darauf verzichten, einer von ihnen zu werden. Es schüttelte ihn bei dem Gedanken daran. Zu allem Übel hörte er sie flüstern; „Einer von uns... Einer von uns...“ Und er stürzte sich kopfüber zu seinem besten Freund in den Kleiderberg. Dort war es zurzeit am sichersten.   „Hi, Peng!“, begrüße Shachi ihn mit erhobener Hand, eine grüne Zipfelmütze schräg auf seinem Kopf sitzend, zwei farblich verschiedene Kniestrümpfe über seine Arme gestülpt. Wild wedelte er mit ihnen herum. Penguin schnaubte. „Hast du wieder zu viel Zucker intus-? ...Hast du“, entdeckte er die geweiteten Pupillen seines Bruders, ehe sein Blick auf etwas anderes fiel. „Wo sind deine...?“, deutete er mit seiner Hand auf Shachis flache Brust. Der Angesprochene zuckte mit seinen Schultern. „Weg.“ Danke für die ausführliche Erklärung!   Law beobachtete. Was, wusste nur er selbst. Vielleicht blickte er auch bloß ins Leere und tat so, als würde er angestrengt nachdenken – um nicht gestört zu werden. Ivankovs riesiges Gesicht tauchte plötzlich vor ihm auf. Erschreckte ihn nicht, niemals. „Denkfältchen sind Gift für die Haut“, kamen die großen Augen Laws eigenen näher, der trocken kommentierte: „Dies sind keine Stirnfalten, sondern ein Sixpack vom Denksport.“ Die Queen besah sich die winzigen Grübchen, die sich auf Laws Haut bildeten. „Warum so scheu, Kätzchen?“ Laws Blick fokussierte sich scharf und bissig auf den seines viel zu nahen Gegenübers. Ein Blick, der jedermann einschüchterte. Zu schade, dass kein 'Mann' vor ihm stand, sondern ein stolzer Geschlechtsloser. Oder multiplen Geschlechts? Blinzelnd – die langen Wimpern leichten Wind schlagend – beäugelte er Law intensiv, ehe ein beängstigendes Funkeln in Ivankovs Augen trat. „Ist es etwa... L i e b e?“, betonte er das Wort so laut, dass alle es hörten. Ein kitschiges „Aww“ schallte im Chor durch die Reihen der New Kama. Laws Augenbraue tickte kritisch. Sein kaltes Schweigen kein gutes Zeichen. Dies war der Moment, in dem man für gewöhnlich das Weite suchen sollte. Hätte Law nicht plötzlich das besänftigende Kichern von seiner nackten Schulter gehört.   „Shishishi!“ Lass es nicht das sein, was ich vermute... „Traffy, sei nicht so gemein zu dem netten lila Schaf.“ Ein flüchtiger Blick nach Rechts und Law sah den kleinen Engel mit Strohhut, der seine Beine über seiner Schulter baumeln ließ. Eine Einbildung... Ich scheine zu fantasieren... „Ey!“, kam es von Links in sein Ohr gebrüllt, auch dort ein Zusatzgewicht spürbar, bevor das Rechte verschwand – weggekickt von dem kleinen Teufel. „Auf Law is nur Platz für Einen; Meinen! ...Prachtkörper. Und Teufelshorn.“ Law schloss seine Augen, konnte sich das Trauerspiel nicht länger ansehen und sprach ein gedankliches Beruhigungsmantra. Ich bin nur wahnsinnig... Ich bin nur wahnsinnig...   Ivankov schaute ihn mit schief gelegtem Kopf an, seine lila Bausch-Haare wippten bei der hastigen Hin und Her-Bewegung. Was hatte der Mensch nur? Auf seiner Schulter war nichts. Versteh einer dieses verirrte Kätzchen... „Er hat dich Pussy genannt!“ Mini-Kid lachte Law dreckig aus, der gedankliche Abwesenheit genoss. Luffys Mini-Hände krallten sich in seine andere Schulter, katapultierten sich wieder an seinen Platz. Ein Stück Fleisch in seinem Mund, welches er Gott-weiß-wo aufgetrieben hatte. Verträumt blickten Luffys Rehbraunen-Augen auf die angebissene Keule, ehe er sanft flüsterte; „Der Heiligenschein meiner Brüder glänzt viel saftiger...“ Luffy selbst trug keinen. Aus Gründen.   „Hat dir Big Daddy kein Krönchen verpasst, hm?“, stichelte Kid ihn – wortwörtlich; weil er sich Wires Dreizack gepfändet hatte, um Luffy damit zu piek-sacken. Kid genoss es, anderen in den Sack zu treten. Durch ihn kam der Mythos des irdischen 'Weihnachtsmanns' – als er am 24ten Dezember der Menschheit seinen 'Teufelsbeutel' offenbarte und seine Rute mit willigen Sündern teilte.   Luffy grinste sich einen. Völlig unbetroffen von Kids Provokation, kicherte er leise und schwieg. Luffys Schweigen wirkt für seinen impulsiven Charakter überaus ehrfürchtig. Selbst Laws Aufmerksamkeit wurde geweckt, sodass er unbemerkt einen Seitenblick auf den Engel warf, der schließlich zu sprechen begann. „Ich will nur eine Krone haben“, wurde Luffys Blick in die Ferne weich, seine Fleischkeule von ihm vollends vergessen. Gedankenverloren setzte er sich seinen Strohhut auf und strich andächtig über dessen feinfaserigen Rand. „...Weil ich es Shanks versprochen habe.“   „Wer-?“, wollte Law fragen, wurde jedoch von der Drama-Queen gestört, dessen Gesicht mittlerweile so nah war, dass die Wimpernspitzen seine Stirn berührten. Der Puder-Pornokasper war Law viel zu aufdringlich. In seinen silbernen Augen herrschte ein dunkler Sturm. Aus sadistischem Schutzreflex tat er etwas, was schlimmer als jede Todsünde war. Eine geübte Handbewegung. Ein blitzender Skalpell. Ein gezielter Schnitt. Und langsam segelten die geheiligten Wimpern der Queen zu Boden. Stille. Starrende Blicke. Ivankov in Schockstarre. Seine Augen sahen herab, auf seine misshandelten Wimpern, zurück zu Law, dessen irres Schmunzeln beinahe sein Gesicht spaltete. Kid klopfte ihm anerkennend auf die Schulter, Luffy legte kauend seinen Kopf schief. Ivankovs Überreaktion folgte. Panisch raufte er sich die lila Haare, riss sich einige Haarbüschel aus und schrie in Verzweiflung. Krümmte seinen Körper vor Schmerz, der Anblick seiner gefallenen Kameraden schmerzlich.   Alle Zuschauer warfen Law einen finsteren Blick zu. Selbst Penguin und Shachi sahen ihn anklagend an. Letzterer eilte mit Bon-chan an je eine Seite der Queen und versuchten sie zu trösten. „Eure Hochheit!“, blickte Shachi mitfühlend zu dem Riesen auf und umarmte ihn. Wortlos Aufmunterung schenkend. Shachis schmalen Arme reichten nicht einmal halb um die große Figur herum. Die sanfte Geste zählte. Penguin hinter ihm verengte seine Augen. Irgendetwas stimmte nicht. Sein Gefühl trügte ihn nie. Sag mir nicht-   „Yeehaw!“, rief der Scharlatan und rammte sich seine Nägel selbst in die Hüften. Ließ Haare und Wimpern nachwachsen, länger als davor. Und das Publikum wandte sich kalt von ihm ab. Ließ ihn unbeachtet stehen. Der 'Scherz' ging nun echt zu weit. Nur Shachi freute sich, dass es doch halb so schlimm war. Ein schwerwiegender Fehler. Die lichtvolle Energie Shachis verursachte einen weiteren Verlust – seine hormonelle Brust bereits dadurch eingebüßt – löste sich nun auch die Haut um seine Zehen auf. Ungesehen, in seinen Stiefeln. Shachi fröstelte. Ist etwas frisch hier... Langsam verstieß ihn die Hölle. Während im Himmel plötzlich ein paar Zehen auftauchten, die auf den zuvor erschienen Brüsten lagen. Die verstörten Blicke der Himmelsbewohner waren herrlich.   „Lasst die Show beginnen!“, klatschte Ivankov in die Hände, die Peinlichkeit seines misslungenen Akts schnell vertuschend. Die Stimmung retten wollend, war es ihm egal, wie seine Hauptgäste angekleidet waren, Hauptsache sie boten seinen Leuten eine gute Show. „In zehn Minuten seid ihr auf der Bühne!“ Damit ließ er die Menschen allein, nahm selbst einen Ehrenplatz im Publikum ein, das gespannt auf ihre Darbietung warteten. Die Drei wollten sich als Newkama beweisen? Sollten sie es doch ruhig versuchen... nicht jeder hatte das Zeug dazu. Es gab gewisse Regeln, die Ivankov ihnen verschwiegen hatte. Um genau zu sein, drei oberste Regeln für das Newkama-Leben; 'Natürlichkeit', 'Selbstakzeptanz' und 'das Herz'.     Im Casino öffnete der Teufel seine Augen, zurück in seiner Maxi-Gestalt. Wortlos nickte er Killer zu, teilte ihm mit, dass die Menschen klarkamen. Schickte dann wieder hasserfüllte Blicke zum Krokodil. „Warum haste sie runtergeschickt?“, verlangte er zu wissen. Kid war noch immer das Oberhaupt, Sir Crocodile musste ihm Antwort geben. „Um lieben zu lernen. Um sie zu erfahren... und zu erleiden.“   „Kranker Bastard“, knurrte Kid, „bloß weil'de selbst von der Bettkante gestoßen wurdest.“ Provokant grinste er. „Sie hat dich wohl nich rangelassen, huh-?“ „Er“, korrigierte Sir Crocodile, trank noch einen Schluck des Giftweins, der seine Zunge minder lockerte. Lässig schwenkte er seinen Haken-Kelch, in den er blickte. „Welch Zufall... dass die Pest unmittelbar nach seinem Ableben ausbrach.“   Kid sprang auf. „Was haste gesagt?!“ Klick, entriegelte Miss Bloody Sunday die Pistole, die an Heats Schläfe drückte. „Gottverdammt!“, ballte Kid seine Fäuste, hielt sie zurück. Wie gern hätte er das Krokodil zum Shrimp verarbeitet. Killer legte seine Hand auf Kids Schulter, in einer beruhigenden Geste. „Er ist es nicht wert, deine Kräfte zu verschwenden.“ Recht hatte er. Der Energieverlust der Hölle und dessen Bewohner stetig weiter ansteigend, spürbar.   Die Pest musste aufgehalten werden. Zum Wohle aller. Nur wie? Wer konnte es tun? Das Unmögliche möglich machen?   Es brauchte drei Lichter. Grau, Weiß und Schwarz.     'Natürlichkeit', 'Selbstakzeptanz' und 'das Herz'...   Law, Shachi und Penguin. Zu Dritt traten sie hinter dem Vorhang der Bühne hervor. Ihre Köpfe stolz gehoben. Zogen alle Blicke der New Kama auf sich. Ausnahmslos alle. Warum? Wegen ihrer Kostümwahl. Ihre Wahl fiel auf... 'das Adamskostüm'. Nackt, wie der Schöpfer sie schuf, nur mit einem bekritzelten Smiley-Blatt – je nach Größe – über ihrer privaten Zone. Selbstsicher traten die Menschen ins Rampenlicht, schritten auf die Menge zu, stellten sich erhaben an den Podest-Rand. Stellten sich zur Schau, in all ihrer Echtheit. Ein Anblick für Götter und Teufel. Stille. Undeutbare Blicke. Kritisch wurden sie vom Publikum beäugt. Folgend von einem anerkennenden Pfeifen, welches durch die fassungslosen Reihen hallte. Ivankov höchstpersönlich war es, dessen Lippen es ausstießen. Mut haben sie, das muss man ihnen lassen, zollte er ihnen Anerkennung. Die Menschen hatten das Konzept der New Kama verstanden. Fast. Das Adamskostüm... Natürlicher geht nicht. Oder? ...Oh doch. Und wie dies geht.   Law hob schweigend seine tätowierte Hand, gab den stummen Befehl. Und die drei Zensur-Blätter verschwanden. Ihre Besitzer sie in einer synchronen Bewegung genommen, warfen sie schmunzelnd in die Menge. Die Zuschauer tobten, jubelten, begeistert und gerührt. Das nannte man wahre Natürlichkeit. Sich selbst akzeptieren, das Herz am rechten Fleck. Die Menschen hatten sich bewiesen.   „Die Bedingung“, verschränkte Law seine Arme vor seinem hüllenlosen Körper, „erzählt mir, wie ich ein hormonelles Gegenmittel herstellen kann.“ „Ein Gegenmittel“, hob die Queen ihre gezupften Augenbrauen, „für...?“ „Die Pest.“   Tränen kullerten die gepuderte Wange Ivankovs hinab. „Nächstenliebe...“, flüsterte er gerührt, „Du... Ich habe dich falsch eingeschätzt, Schätzchen. Du bist ein wahrer Schwan.“ Law unterband das genervte Seufzen, wollte doch nur schnell hier weg. Die dicken Lippen der Queen kamen seinem Ohr näher, flüsterten es ihm zu... Nicht das Gegenmittel, nein. Etwas Hilfreicheres. Law nickte. „Habt Da-“ Ohne Vorwarnung wurden sie zurückgeschickt, in die höllische Welt. ...Splitterfasernackt. „-nk.“   Das Erste, was Law bemerkte, war das Gesicht in seinem freien Schritt. Kids Gesicht, dessen Augen Laws Intimstes genauestens unter die Lupe nahm – wortwörtlich. Die Lupe in des Teufels Hand jedes Äderchen begutachtend. Ehe er ein zufriedenes: „Fickbar“, zu ihm hoch grinste. Und ein Knie ins Kinn gerammt bekam. „Brechbar. Ya?“   Penguin bedeckte seine Privatzone mit beiden Händen, seine Wangen fingen Feuer. Bis Killer ihn netterweise darauf hinwies; „Wir können durch Haut sehen.“ Penguin knurrte giftig. „Wenn meine Seele nen Penis hat, dann kannste ihn dir tief-“ „Deine Seele ist weiblich.“ ??? „Hä?“, fragte Penguin sinnreich. Der blonde Flying Fuck klärte ihn auf. „Du wärst der Untenliegende.“ Ich hasse dich. Killer schmunzelte. Penguin stöhnte gequält. Die vertauschten Gegebenheiten Hass = Liebe.   Das Krokodil grinste kalt. „Welch rührendes Wiedersehen, da kriegt man ja beinahe Sand ins Auge.“ Und er streckte seine Haken-Hand nach vorne, beschwor seine Kräfte, erzeugte einen Sandsturm. Die Wand aus Sand krachte auf die Anwesenden, fegte sie weg, nach draußen. Das Casino verschwand mit dessen Besitzer. Kid brüllte ihm hinterher. „Ich reiß dir die Schuppen von den Klöten!“ Killer zückte seine Sense. „Soll ich ihm nach?“ Auf Kids Befehl würde er ihn jagen. Der Teufel wank ab. „Die Eichel-Echse is es nich wert. Der kommt nochmal angekrochen.“   Die drei Menschen erholten sich nicht so schnell, lagen desorientiert im Sand der Wüste, brauchten einen Moment. Kid lachte sie aus. „Na, Sand in der Kimme?“, kommentierte er die Nacktheit. Zeigte sich gnädig. „Wire!“, rief er seinen höllischen Modespezialist, der neben ihnen erschien. Seinen Dreizack schwang, ihn dreimal auf Sandboden klopfte und die Menschen einkleidete.   Penguin hielt sich noch immer seinen Schritt. Durch Kleidung konnte der Todesengel ihn schließlich auch bestalken. Shachi sprang fröhlich durch die prallen Sonnenstrahlen, hüpfte auf Bepo zu, der auf sie gewartet hatte und begrüßte ihn überschwänglich. Law brodelte. Eine Minute länger in dieser elendigen Wüste – deren Körner er nicht zählen konnte, was ihn wurmte – und es würde Tote geben. An den Teufel gewandt bat er ihn; „Bringe uns hier fort, Kid-ya.“   „Aww, haste das gehört, Killer?“, zeigte der Höllenfürst mit dem Daumen auf Law. „Haste das im telepathischen Channel eingespeichert?“ Laws Silber steinigte ihn. Erneut. Kid leckte sich vulgär über die Lippen. „Geile Wichsvorlage.“ Und er schnipste mit den lackierten Fingern, brachte sie zurück zu seinem Palast. Eher gesagt; In den Garten.   Dort wuchsen Pflanzen, die in keinem irdischen Lexikon vorzufinden waren. Dürre Sträucher, in unbekannten Formen, an denen Lichter wuchsen. „Was ist das?“, bestaunte Shachi die exotische Vielfalt, berührte eines der Lichter – das zu Asche zerfiel. „Griffel weg!“ Der Teufel schubste Shachi mit seinem Ellenbogen weg. „Das sind Naturgeister höchster Qualität! Der beste Stoff!“ Penguin sah fragend zu Killer. „Drogen?“ Killer verneinte. „Nahrung.“   Law wurde neugierig, kniete sich zu der vegetativen Außergewöhnlichkeit. „Ähnlich wie unsere Medizin?“, wollte er wissen, streckte seine tätowierte Hand nach dem geistigen Licht aus – und es wuchs. Strahlte heller, gewann an Energie. „Sieh an, sieh an“, lachte der Teufel, „da hat jemand einen dämonischen Daumen.“   Laws Finger verharrten in der Luft, krampfhaft. „Du bist im Besitz des Seelensilbers“, erinnerte er sich an Kids Worte. Folgend von Ivankovs Prophezeiung. „Das Silber, das am Horizont zwischen den Welten bricht. Den Sturm der neuen Ära entfacht.“ Die letzten Silben der Queen; „Erst, wenn die Sonne, das Meer und der Sturm sich vereinen, wird der Schatz aus Gol-D geborgen.“   „Denkst du an meinen Bruder?“, fragte ihn die helle Stimme des kleinen Engels auf seiner Schulter. Luffy lächelte ihn breit an. „Ace geht’s gut. Er ist jetzt im Himmel.“ Law wusste nicht, wo er so plötzlich herkam – schon wieder – aber musste sich damit abfinden. Hier war nichts rational erklärbar. „Bin ich von dir verflucht?“, seufzte er stumm, begegnete Luffys treuseligem Blick. „Fluchen gehört sich nicht, shishishi“, spielte er mit seinem Mini-Strohhut, „Ich bin da, weil du es willst.“ Law hob eine Augenbraue, hörte minder interessiert zu. „Du hast dich mit mir verbunden.“ Luffys Lächeln wurde größer. „Magst du mich, Traffy?“ Und der Teufel schnipse ihn mit seinem Mittelfinger von Laws Schulter. „Tut er nich.“   Law sah dem kleinen Kaiser teilnahmslos nach. „Warum trägt er Engelsflügel?“ Kid zuckte mit seinen Schultern. „Is so'n kitschiges Bruder-Ding.“   „Ace...“, überlegte Law laut, „wer ist er wirklich?“ Killer schaltete sich ins Gespräch ein, offenbarte es; „Der Sohn des Ersten.“ Die fragenden Gesichter ließen den höllischen Informanten weitersprechen. „Eure biblischen Mythen nannten sie Adam und Eva. Ihre wahren Namen lauten Roger und Rouge.“   Law fiel es sofort auf. „'Lauten'? Gegenwartsform?“ Der Todesengel nickte. „Sie existieren. Im fernen Land, wo der Baum der Erkenntnis die Früchte des Teufels trägt.“ „Ey! Meine Früchte sind viel praller“, konnte sich Kid den Kommentar ja doch nicht verkneifen. Aber verfinsterte sich seine Miene. „An allem soll ich schuld sein. Immer is der Teufel schuld. Das Böse, als das ich abgestempelt werd“, knurrte er sich in Rage. „Wie einfach es sich die Menschen machen, mich für ihre Sünden zu beschuldigen. Statt die Eier zu haben, für ihre Fehler geradezustehen.“   Law war kein gläubiger Mensch. Er vertraute seiner Rationalität, vertraute auf seine eigene Wahrnehmung. Streng musterte er Kid. 'Das Böse', wie er verrufen wurde. Und ein kleines Lächeln stahl sich auf Laws Lippen. Was er sah war ein Mann, der beschützte, was ihm anvertraut wurde. Es hatte einen Grund, warum Gott dem Teufel – seinem Erstgeborenen – die Hölle vererbte. Einer musste es tun. Über die Sünder wachen. Nur jemand Mächtiges konnte dies.   „Haste endlich gecheckt, wie geil ich bin?“, wackelte Kid mit seinen haarlosen Augenbrauen, „mach die Beine breit, ich bin jederzeit bereit für nen Fick.“ Und die Sympathie-Skala sank in höllische Untiefen. Anerkennung wich Ignoranz, mit der Law ihn strafte.   Plötzlich läutete es. Die Höllenglocken. „Nich meine“, zwinkerte Kid ihm verführerisch zu, wandte sich ab, warf seinen Mantel nach hinten und schritt Richtung Schloss. Killer sofort an seiner Seite, den er fragte: „Welcher Verstörte stört?“ „Ein Kaiser. Der König des Alkohols.“ Kid jubelte, hob feierlich seine Faust. „Halt den Rum bereit!“   Wieder wurden die Menschen stehengelassen. Nichts Neues, aber immer noch unhöflich. „Eine Party?“, funkelten Shachis Augen, Penguins rollten. „Eine Party.“   Law blickte abwesend zum Nebel-Himmel, in Gedanken versunken. Das nächste Kaiserreich musste passiert werden. Wie praktisch, dass einer der Kaiser vor Ort war. Der Nachteil: Sie mussten dem fürstlichen Bankett beiwohnen. Law hatte auf keins von beidem Lust. Am wenigsten auf Kid.   Jäh lichtete sich der Seelennebel über ihnen, das Firmament hellte sich auf. Drei Augenpaare sahen es. Eine kleiner Lichtfunke erschien am finsteren Horizont. Dessen Form von Weitem unkenntlich, bis es sich den Menschen im Sturzflug näherte. Es war ein kleiner Lichtvogel, noch ein Küken – Ein Bote mit einer Botschaft an die drei Hearts. Ähnlich einer Brieftaube, nur in einer mystischen Vogelart. Und das hellblaue Wesen öffnete seinen Schnabel.   „Hört ihr mich? Ich bin ein Mönch aus dem Diesseits, yoi.“ Kapitel 5: Through The Fire and Flames – Samsara ------------------------------------------------ Wiedergeburt. Der Kreislauf von Leid, eine Spirale niemals endender Pein.   Ich lebe und sterbe, um dich wiederzusehen.   Eines Tages... wenn der Himmel dich freigibt und die Hölle deine Feuerfesseln nimmt, wirst du wieder bei mir sein.   Nicht wahr, Ace?   „Fang an zu leben, bevor du anfängst zu sterben, Marco!“   Du bist mein jüngstes Gericht. Gottes gerechte Strafe. Ich empfing dich offenen Herzens.   Ich gab dir die Flamme meines Lebens, mein Feuer erkaltete zu Himmelblau. Dessen Rot der Liebe an dir haftend, als unser Brandmal glühend in der Ewigkeit.   Feuer zu Feuer; Asche zu Asche.   Ein Aufstieg. Der Phönix.     ~*~     Im Diesseits In einem buddhistischen Tempel in Asien.   Ein in Lumpen gekleideter Mann kniete sich auf ein rotes Sitztuch – genannt Dingwa – schloss seine Hände zum Gebet und senkte seinen Kopf vor der großen Statue von Buddha. Einer seiner vielen Gestalten. Buddhismus war eine Religion ohne allmächtige Gottheit. Die Gläubiger berufen sich auf die philosophische Freiheit einer Überzeugung und die Glaubenssätze, die ihr Gründer ihnen auf den Weg gegeben hatte.   „Meine Kinder“, erinnerte sich der Mönch an die Worte seines Vaters. „Ich gebe euch einen Platz im Leben, an dem ihr frei sein könnt. So frei ihr sein wollt. Eine Familie. Glaubt nur daran!“ Ein leises Lächeln umspielte die schmalen Lippen des Sohnes, der Wärme in seiner Brust spürte. „Jeder ist ein Kind des Meeres.“ Des Zen – eine Strömung des Buddhismus; Richtung, Weg weisend.   Die Zen-Lehre besagte, dass das Erwachen des Mondes den Zyklus des Leidens unterbricht. Nach der buddhistischen Gesinnung waren alle unerleuchteten Wesen 'Samsara' unterworfen, zum Leben und Sterben verdammt. Die Menschen gestraft von den drei Geistesgiften; Gier, Hass und Verblendung. Die Religions-Angehörigen verzichteten auf weltliche Reichtümer, entsagten dem Materialismus und lebten im Augenblick. 'Samadhi' – die Tiefen-Meditation – schuf die Zuflucht aus dem irdischen Unlicht, wurde seit jeher im Buddhismus praktiziert und diente den Mönchen wie Nonnen als Verbindung zum höheren Selbst. In anderen Religionen auch 'Astralreisen' genannt; Die Trennung von Körper und Geist, wenn auch nur auf Zeit.   „Sat Nam … Sat Nam …“, wiederholte der Mönch sein Mantra. Eines der stärksten, dienend zum Sammeln von Energie. In seiner meditativen Sitzhaltung spiegelte er die Pose der Buddha-Figur; die Beine im Schneidersitz überkreuzt, eine Hand im Schoß, die andere zur Brust geführt. Einatmen. Ausatmen. „Sat Nam … Sat Nam …“   Ein letzter Blick auf die untergehende Sonne am Horizont hinter der Goldstatue. Dann schloss er die Augen, hinter denen sich der Himmel verbarg. Fokussiert auf seine Mitte, den Strom der eigenen Energie, die Atmung, die er vertiefte, in sich kehrte, in sein Inneres schaute. Und die himmelblaue Flamme sah. Die Seine. Sein Seelenfeuer.   Konzentriert bündelte er einen Teil der Energie seiner Seele, trennte das Flammenfragment von seinem Körper und schickte es fort. Zu seinem Bestimmungsort. Vor seiner Brust erschien das schwebende Licht, in Form eines Boten.   „Geh und finde ihn“, flüsterte er in seiner mentalen Trance, „finde den Mondhüter.“   Und der kleine Energie-Vogel flog davon, auf blauen Schwingen zu seinem Ziel.   Reiste zwischen den Welten, reiste zu ihm; In die Hölle.   . . .     „Hört ihr mich? Ich bin ein Mönch aus dem Diesseits, yoi.“   Trafalgar Law betrachtete mit gehobener Augenbraue das Wesen, welches vor ihnen schwebte. „Ein Vögelchen!“, freute sich Shachi, funkelte es an. „Dürfen wir es behalten?“ „Du hast doch schon nen Vogel“, murmelte Penguin, „kümmere dich erstmal um dein Pony“, zeigte er mit seinem Daumen auf das Höllenross. Bepo, der seine Pferdeschnauze senkte. „Entschuldigung.“   Geduldig wartete das hellblaue Licht auf Gehör. „Wir hören“, gab Law Antwort, „allerdings nicht hin.“ Und wandte sich ab. Keinen Nerv mehr für das Theater, das hier gespielt wurde. Himmel, Hölle, Diesseits – und nirgendwo bekam er einen vernünftigen Kaffee!   Der Klang von Lichtflügeln brachte ihn zum Innehalten. Law gefror. Ein Geräusch, so ehrfurchtgebietend wie nichts Weltliches, das die Menschen je vernommen hatten. Die Flügel erzeugten Worte. Eine andere Sprache und doch verständlich. Die Schwingung einer Herzfrequenz. „Corazon?“, fragte das Wesen Law. Im himmlischen Gericht. Wie die Asche eines verbrannten Phönix rieselte der Klang in Laws Herz, wiegte es federleicht auf Schwingen. Wärmend. „Corazon, bist du das?“   Es raubte ihm die Luft, seine Brust krampfte. Dieser Klang... Dieses Gefühl... Law kannte diesen Namen nicht – doch sein Herz erinnerte, was seine Seele ihm zeigte. Das Licht, das sein Feuer antrieb. Auch sein Körper reagierte auf etwas, spürte das Loch in seiner Brust. Die Wunde, die lange verheilte – Nur noch eine Narbe im Ewig war. Eine Schusswunde. Als wäre Law angeschossen worden, nicht... „W-Was?“, keuchte er unter Anstrengung, Shachi und Penguin sofort an seiner Seite. „Was h-hast du...?“   „Samsara“, die lichtvolle Stimme schien ruhig und tiefenentspannt, „die Wiedergeburt.“ Plötzlich verschwand das beklemmende Gefühl in Laws Brust, gab ihm Raum zum Atmen. Zurück blieb ein Funke dessen, was erinnert. Unvergessen. „Erkläre dich“, forderte Law. Weniger interessiert, mehr gereizt. Die sorgenvollen Blicke des Duos ignorierte er eisern.   „Nicht hier“, flimmerte das blaue Licht, die Stimme wurde schwächer. „Kommt. M-Mit mir...“ „Wie? Wo?“, Peng, Shachi, endend von Law; „Warum?“ „Bei Neumond...“ Der letzte Hauch, „geht die Sonne auf“, ehe das Wesen sich auflöste, nur noch Lichtpartikel von ihm übrig blieben. Und eine blaue Feder, die in Laws Hand schwebte. Die drei Menschen schauten auf das Objekt. Es fühlte sich echt an, stellte Law fest. Penguin rückte seine Kappe. „Neumond?“, wiederholte er. „Was meint er damit?“   Graue Augen blickten nachdenklich in die Ferne. Am Horizont der Hölle nichts zu sehen, was einem solchen Himmelskörper ähnelte, nicht im Entferntesten. „Die irdische Zeit?“, murmelte er in seinen schwarzen Kinnbart, „vorausgesetzt, wir möchten der Einladung nachkommen.“ Shachi blickte ihn erwartungsvoll an. „Möchten wir?“, strahlten seine Augen in Vorfreude. Penguin brummte ein „Möchten wir bloß nicht!“ Law hüllte sich in Schweigen. Etwas zupfte an seinen Mundwinkeln. Pengs Murren gewann an Miesepetrigkeit. „Dein Schmunzeln gefällt mir nicht, Law, ganz und gar nicht!“ Genanntes Schmunzeln vertiefte sich. „Eine Korrektur-OP würde dir auch nicht schaden, Peng-ya.“ „Wir sind alle super hübsch!“, warf sich Shachis helle Stimme dazwischen, „ihr seid meine schönsten Lieblingsmenschen.“ „Von denen du zu viele hast.“ „Genau des-de-wegen!“   „Wohin des Weges?“ Jemand stand dort, vor ihnen im Schlossgarten des Höllenfürsten. Zwischen Rosensträucher-ähnlichem Gewächs und verdorrten Büschen. Der blonde Todesengel, der sie unheimlich anlächelte. Der Schweregrad der Gefahr durch den blonden Vorhang nicht genau erkennbar. „Erst wird gefeiert, alles andere kommt dann.“ „Ich komme!“ Kid. „Ich gehe.“ Law.   Wehren zwecklos: Mit einem Fingerschnips befehligte der Höllenfürst seine Gäste in sein Schloss. Laws Mundwinkel zuckte. Hinab. Der Service hier war nach wie vor... nett. Kid knurrte. „Nehm das zurück oder ich nehm dich!“ Laws Schmunzeln wich nicht von seinen Lippen, die ein 'F.u.c.k.-y.a.' formten. Und Kids Augen leuchteten manisch, wie flüssiges Höllenfeuer. Das war ein Ja! - Kids Sicht.   Während die beiden sich mit Blicken weiter penetrierten, schaute das Menschen-Duo sich um. Wo waren sie jetzt wieder gelandet? Sitzend in einem Saal. Eine Feier?   Der Festsaal war reichlich gedeckt, mit allerlei Speisen, die die Menschen nicht kannten. Nicht kennen wollten. In einem der Töpfe brodelte etwas, was aussah, wie eckige Augen, die sie anstarrten. Auf einem Teller türmte sich Wackelpudding, der grinste. Eine Schüssel voller kichernder Erbsen und sprudelnde Flaschen, die rülpsten. Ein grunzendes Wildschwein, das die Tischmitte einnahm, mitfeierte. „Ich nenn's Borst-Horst!“ Shachi, der es streichelte. Penguin neben ihm schüttelte erst sich, dann den Kopf. Law warf allem einen angewiderten Blick zu – vor allem dem Höllenfürsten. Appetitlich wirkte hier nichts auf die menschlichen Gäste.   Die Dekoration umfasste größtenteils dunkle Farbtöne: vorwiegend Rot, Violett und Schwarz. Die Totenkopf-Kronleuchter lachten, klapperten mit ihren Zähnen, erzeugten einen unbekannten Beat. Basslastig. Schattenlakaien wuselten aufgeregt um den gigantischen Esstisch, an dessen Ende der Höllenfürst saß. Fett grinsend, geschwollener Brust, als wenn ihm die Welt gehörte – Die Unterwelt tat es.   Am anderen Ende des Tisches saß niemand, der gedeckte Platz leer. Dort sollte der Ehrengast sein, der bisher nicht aufgetaucht war. Hatte es vorhin nicht an der Tür geläutet? Kid warf Killer einen Blick zu. Dieser zuckte teilnahmslos mit den schwarzen Flügeln. Eventuell verspätete sich der Kaiser. Eventuell war er wieder besoffen. Kid griff zum Trinkhorn, das mit goldener Flüssigkeit gefüllt wurde. „Das irdische Meer bei Sonnenaufgang“, erklärte Killer. Der Teufel trank nur das Außergewöhnlichste. Warum der dunkle Engel den Erdlingen alles so genau erklärte? Kid grinste seinen Getreuen wissend an. Da wollte wohl jemand imponieren. Penguin derweil gähnte, betrachtete sich eine der rülpsenden Flaschen. Tischmanieren und so. Selbst das Essen und Trinken besaß hier keine. Die kichernden Erbsen rollten hüpfend über den Tisch.   Für einen peniblen Sauberkeitsfanatiker eine Zumutung. „Was soll das Theater?“ Laws schneidender Ton, der das Wildschwein verängstigte, das quiekend aufsprang und vom Tisch wälzte – den Topf mit den Glubschern umwarf, den Inhalt großflächig verteilte. Es schepperte. Auf Laws Schoß ein Auge, das ihn von unten ansah. Ihm zuzwinkerte. Laws Gesichtszüge wurden minimal bleicher, weil- „Hab 'n Auge auf dich geworfen.“ Weil es ein exaktes Duplikat der teuflischen Augen war. Konnte es noch makaberer werden? ...Warum fragte er sich dies überhaupt noch. Law griff zur Gabel. Ein humorloses Eislächeln zupfte an seinen Mundwinkeln, ein Augenlid zuckte. Er wird doch nicht-?! Präzise rammte er das Besteck in den Spanner-Apfel, hielt die aufgespießte Kugel vor sein Gesicht, betrachtete es fachmännisch, ehe sein kalt-grauer Blick zum Teufel glitt. „Ihr habt da was im Auge.“   „Guter Stoß!“ Kid nickte anerkennend. Und sein Grinsen wurde pervers. „Aber meine Stoßkraft ist ein Repeat, das dem Urknall gleicht. Stellt deine Welt auf den Kopf und teilt deinen Arsch wie Moses das Meer.“ Law hob seine Augenbraue angewidert, schmunzelte schiefer. „Ihr seid so attraktiv, da möchte selbst mein Essen hochkommen, um Euch zu sehen.“   Das makabere Flirten der beiden war echt nicht auszuhalten. Das aufgespießte Auge zwinkerte immer noch! Penguin würgte. „Soll ich deine Haare halten, Darling?“, fragte ihn die Stalker-Stimme in seinem Kopf. Eine unsichtbare Hand an seinem Hintern. Etwas kitzelte ihn. Im Schritt. „Hühnerflügel weg von meinen Pinguineiern!“ „Es turtelt zwischen uns.“ Der Todesengel, der dort hinten stand und trotzdem mit ihm hier flirtete. „Gurr Gurr“, knurrte Penguin, „flatter flatulenze woanders.“ „Nur bei dir flattert mein Totenherz.“ „Wo nichts ist, kann-“ „Nur einer rein.“   Penguin verfiel in Schweigen. Die Röte auf seinen Wangen war nur eine Illusion. Elender Casanova! Shachi grinste währenddessen mit dem Wackelpudding um die Wette. Kein Sieger in Sicht. Heat stupste den grünen Pudding immer mal wieder an, er war kitzelig. Wire aß als einziger; Finger-Food. Seltsamerweise passten alle Gäste in das merkwürdige Bild dieses Festes. Eine Skurrilität für sich.   Einer der Schattenlakaien blieb stehen, um den Menschen einen Blick zuzuwerfen. Seltsam. Warum hatte Master Kid diese Seelen hier? Er schien sie sich nicht einverleiben zu wollen. Zumindest noch nicht. Es war ein Phänomen, das die Hölle noch nie gesehen hatte. Höchst ungewöhnlich, dass der Fürst überhaupt jemanden aus dem Diesseits in sein Reich ließ, lebend. Seelen fanden eigentlich nur ohne Körper zur Hölle, um dort ihre Strafe zu erhalten, sich eine Chance der Wiedergutmachung zu erarbeiten und ein neues Leben zu erhalten. Es sei denn, eine der Milleniumsmächte war unter ihnen – Ein Kaiser, ein Hüter oder anderweitig wichtig für den Verlauf von Geschichte und Weltenordnung. Andere Zeiten erschufen andere Regeln.   Es war kein Geheimnis, dass die Pest im Diesseits ausgebrochen war und die Menschen dahinraffte – in den Himmel schickte, wo es eigentlich ein jeder Gläubiger ersuchte, hinzugelangen. Doch dies war nicht des Allmächtigen Wille; jemand griff in die Schicksalsfäden ein und sponn sie neu. Zum Leidwesen der Unschuldigen, denen keine Chance auf Leben und Erfahren dessen gelassen wurde. Junge Seelen, ohne gesammeltes Weltenlicht. Nicht ausgereift, nicht der allumfassenden Liebe mächtig. 'Menschen sind Engel ohne Flügel', so sagte man auf Erden. Doch auch Engel mussten erst lernen zu fliegen.   Jeder Unterweltenbewohner wusste um den Stellungswert der Hölle, die bei den Menschen verhasst, gefürchtet und verleugnet wurde. Dennoch... Hass, Furcht und Verleugnung brachten sie erst dorthin. Welch Ironie... Wegschauen erleichterte das schlechte Gewissen. Aber nur solange, bis ein Herz unter der Last zusammenbrach. Wer an das Gute glaubte, sollte auch um das Schlechte wissen. Aber Unwissenheit ist eine Tugend, hieß es...   Shachi malte dem Pudding kleine Grübchen an die Mundwinkel. Penguin warf dem blonden Todesengel unheimliche Blicke hinter dem Kappenschirm zu. Law lieferte sich weiter ein Angewiderten-Duell mit dem Höllenfürsten, der ihn angaffte, Laws Desinteresse durch ihn durch blickte. Romantisch.   Kid grinste. „In der Hölle geht’s heiß her“, zeigte der Teufel mit dem Daumen auf sich selbst. „Ich geh. ...schiffen.“ Law rollte die Augen. „Und dies war von solch hoher Wichtigkeit, dass Ihr es uns habt mitteilen müssen.“ Mini-Luffy, sitzend auf Laws Schulter, nickte ernst. „Der Teufel kann auch kacken!“ Zu viel Information. Laws Kopf filterte sie zum Selbstschutz aus. Die Anzahl der Salzkörner im Streuer war interessanter und nicht so Intelligenz-schädigend.   Killer sah seinem Fürsten nach, erklärte den Menschen sachlich; „Eure Wortdefinitionen und die Unsere unterscheiden sich. Was ihr 'Urinieren' nennt, ist bei uns... anders.“ Dieses Gespräch nahm skurrile Ausmaße an. Die Hälfte der Anwesenden hörte weg, die andere verzog das Gesicht in diversen Emotionen. Laws Neugier siegte. „'Anders', inwiefern?“ Law bereute es noch während des Fragens. Salzkorn Nummer dreihundert-achtundachtzig.   Killer schmunzelte. „'Wenn Engel weinen, regnet es auf Erden'“, zitierte er das Sprichwort der Erdlinge. Eine dramatische Kunstpause, dann offenbarte er trocken; „Wenn der Teufel schifft, kommt die Flut.“ Luffy hob meldend den Zeigefinger. „Beim Kacken gibt’s Lawinen. Beim Pupsen Erdbeben. Und-“ „Beim Wichsen sprießt Unkraut“, grinste Kid, „je Halm einmal abgespritzt. Rechne's dir aus.“ Warum filterte Laws Verstand des Teufels Unrat nicht aus?   Laws Stirn verzog sich nachdenklich. In Gedanken versunken, legte er Daumen und Zeigefinger an seinen schwarzen Kinnflaum. „Unkrautvernichter gegen teuflische Erektionen“, fasste er seine Überlegung murmelnd zusammen. Gut zu wissen. „Wie haste meinen Prachtschwengel genannt?!“ „Engels-Efeu.“ Laws provokantes Schmunzeln verschwand schnell wieder. Habe ich ihm einen Spitznamen gegeben?! „Haste.“ Gedankenstalking Level Devil. „Nenn ihn wie'de willst – aber sag's ihm oral ins Gesicht.“ Ein Teufelsgrinsen in aller Provokation. „Wenn'de dich traust.“ Law zischte angewidert. In Gedanken formte er ein heiliges Kreuz – was Wirkung zeigte. „Fuck!“, hielt sich Kid den Kopf, der ihm schmerzte. Auch Gedankenlesen musste gelernt sein. Law war eine anspruchsvolle Lektüre. Der Teufel beanspruchte ihn.   „Noch so'n Spruch, Flügelbruch!“ „Flügel?“ Die Menschen wurden hellhörig. „Was für-?“ Volle Trinkhörner erschienen in ihren Händen, der Teufel erhob den seinen- „Schlucken!“ -seinen Krug.   Keiner trank, außer das Höllenoberhaupt selbst. Dann wischte er sich mit dem Handrücken über den Mund, der ein Grinsen annahm, das Unheil verhieß. Mit flacher Hand schlug er auf den Tisch, erbeutete Aufmerksamkeit. „Erdenwandler“, nahm Kids Stimme einen Ton der Absolutheit an, wirkte wie ausgewechselt, „was ist euer Ziel? Was wollt ihr wirklich?“ Gezwungen auf des Teufels Anklage zu antworten. „Wir-“ Killers Todesblick schnitt dem Mensch den Atem ab. „Worte haben keinen Nutzen, wenn ihnen keine Taten vorausgehen.“ Der dunkle Engel klang gelehrt. „Reden ist nur ein kommunikatives Mittel, das viel zu oft missbraucht wird.“ Edel schimmerten seine schwarzen Flügel, die er ausbreitete. Alle Aufmerksamkeit ermächtigte. „Leben und Tod ist immer gleich; still.“ Und ein schweres Schweigen legte sich über alle Anwesenden.   In Gedanken der Menschen des Teufels Worte brennend; „Was wollt ihr wirklich?“ Die Frage der Wahrheit. Zeitgleich der Blick des schwarzen Engels, der in ihre Herzen schaute. Das dämonische Diebes-Duo – der Teufel und seine rechte Hand.   Was Killer sah, war... „Genug!“ Laws silberzüngiges Schwert trennte die Verbindung. „Wir gehen.“ Elegant erhob er sich, Shachi und Penguin reagierten zeitgleich, standen auf und folgten ihm. Zu dritt schritten sie aus dem Saal, ohne einen Blick zurück, würdevoll und erhobenen Hauptes. Kid grinste, Killer schmunzelte. „Die kommen wieder.“ „Und wir auch, Kill, wir auch...“   Endlich zeigten die Erdenwandler einen eigenen Willen. Darauf ein Prost. Auch die Schattenlakaien hoben ihre Schattenkrüge. „Auf die Hell-Hearts!“   . . .   Draußen fröstelte das Trio. In der Hölle. Finde den Fehler. „Von wegen heiß...“, brummte Penguin, rieb sich die Arme. Shachi rückte näher an ihn, Wärme spendend. Von Herz zu Herz. Law gab sich keine Blöße, nur die feine Gänsehaut seiner tätowierten Arme verriet ihn. Penguin klapperte mit den Zähnen. „W-w-was jetzt?“ Shachi hibbelte aufgeregt von einem Fuß zum anderen. „Abenteuer?“ Law nickte. „Spionage.“ Penguin seufzte. „Arbeit.“   „Bepo!“, rief Law das Flammentier, das über den Himmel zu ihnen galoppierte. „Bring uns weg von hier.“ Alle drei fanden auf dem imposanten Ross Platz. Bepo war warm, sehr warm. Vier Wesen, die einander wärmten.   So gingen sie ihrer Wege, ihren eigenen. Sollte sich doch jemand anderes zum Teufel scheren. Dieser scherte sich ohnehin wenig um sie... nicht wahr?   Was noch wahr war und was nicht, fand langsam keine exakte Deutung mehr. Eines jedoch war unbestreitbar. Längst gefallen, ehe darüber nachgedacht. Das Schicksal entschied. Es gab kein Entrinnen davor. Ihr Ziel war vorherbestimmt, keine Chance dem zu entfliehen.   Die glühende Schrift im Ewig verzeichnet. Durch Feuer und Flammen sollen sie schreiten... Leben geben, um Leben zu erhalten. Der Kreislauf von Leid... Hier beginnt es.   Eine Insel in Form eines Totenkopfes mit zwei Stierhörnern. Davor wütete ein Meer, dessen Wellen tosend aufschäumten. Die See nicht wie die irdische; nicht blau, sondern dunkler, viel dunkler: ein schwarzes Violett. Am Himmel fauchte ein Blitzgewitter, grell und unheilvoll. Das Dunkel wart Licht – doch kein natürliches. Dämonischer Natur.   Das Höllenross und die drei Menschen galoppierten direkt auf die Insel zu. Nicht freiwillig. Bepo kämpfte gegen den Starkwind an, der ihn zu dem Totenschädel drängen wollte, vor dem er sich fürchtete. Eine unsichtbare Macht schien das Quartett an diesen Ort zu befehlen. „Keine Befehle“, zischte Law gegen die Naturgewalt an, „ich lasse mir nichts befehlen!“ Seine sturmgrauen Augen konkurrierten mit dem stürmischen Meer, schnitten sich in die rot-glühende Aushöhlung des Totenschädels, der ihn auszulachen schien.   Laws Stimme die Autorität. „Ich gebe den Befehl.“ Sein Schmunzeln die Düsternis. „Bepo-ya, bring uns nach Onigashima.“ Onigashima. Die Insel, auf der laut Volkssagen bösartige Dämonen – 'Oni' genannt – residierten. Woher Law plötzlich diese Information hatte, war fragwürdig.   Shachi und Penguin klammerten sich zitternd aneinander. „B-Bösartige Dämonen?!“ Ihre Gesichter bleich bei dem Gedanken, noch bleicher bei Laws unheimlichem Lippenzug. „Dämonisch.“ „Du Wahnsinniger!“, warfen sie ihm vor. Laws Mundwinkel hoben sich weiter. „Ihr kommt doch mit, nicht wahr?“, süffisant blickte er hinab ins Meer, dann wieder zu den beiden Mützenträgern. „Oder wäret ihr an einem Bad in Lila interessiert?“ Ein synchrones Kopfschütteln, dann Nicken des Duos. „Wir kommen mit!“ Und auch sie grinsten. Shachi jubelte. „Auf nach Onigiria!“ Falsch. Penguin korrigierte; „Origamia.“ Falsch! Laws Augenbraue tickte. Sein innerer Perfektionist zückte ein Taschentuch und tupfte die Störenfriede weg. Zehaha wisch und weg. So ein Dreck.   Wahnsinnig, alle Drei. So betraten sie das fremde Land, taten den Schritt, der ihre Schicksalskette sprengte. Weit kamen sie nicht, doch sollten sie noch weit kommen.   Hinfort! Eine dunkle Impulswelle fegte über die Insel, riss die Menschen beinahe von den Füßen. So mächtig die Kräfte, die wirkten. Law rammte sein Katana in die Erde, stützte sich darauf, wirkte dem Stoßwind entgegen. Shachi und Penguin hielten sich an Bepo fest, hielten einander fest. Alle Augen auf das gerichtet, was sich ihnen näherte. Ein grollender Schrei. Ein bestialischer Kriegsruf, der ausgestoßen wurde. Von einer Vielzahl Mäuler, im dutzendfachen Echo. Hundert Drachen, die hinterm Horizont emporstiegen. Schwarze Kreaturen, Schatten einstiger Unlichter. Ihr Flügelschlag peitschte durch die Luft, erzeugte den Windschnitt, der den Menschen um die Ohren fauchte. Lauernd verharrten sie dort oben, gierten auf die schwachen Erdenwesen herab. Wartend auf- Law streckte seine Hand zum Befehl aus. „Macht euch bereit!“ – „Aye!/Aye!“ Schwert, Revolver und Schleuder gezogen.   Zur Antwort grollte der dunkle Zorn auf sie herab. Es begann. Wie eine schattenhafte Welle, die auf sie zurollte. Drohte, sie alle zu überströmen. Im Sturzflug jagten die Bestien auf sie hernieder. Die Mäuler weit aufgerissen, spitze Reißzähne zeigend. Flügelschläge schnitten Risse in ihre Kleider, rasiermesserscharfer Wind. Nur ein Skalpell war schärfer.   „Kommt nur!“, rief Law ihnen zu, schwang die heilige Klinge, die mit seinem Herz verbunden. Pulsartig vibrierte das Schwert, leuchtete im silbernen Licht. Laws Arm fühlte sich warm an, seine bewaffnete Hand kribbelte, als würde auf ihrem Rücken eine zweite Hand aufliegen. Vertraut. Jemand, der ihm beistand. Er holte aus, atmete ein, fokussierte sich. Beim Hieb entlud sich die gesammelte Kraft, schickte eine Druckwelle entgegen der dunklen Wand aus Feinden, spaltete sie. Das schwarze Meer, das sich teilte.   Einzelne Kreaturen kreischten, stürmten vor, gingen zum Angriff über. Schüsse rauschten durch die Luft, im doppelten Feuerecho. Penguin, der die rechte Seite der anrollenden Gegnerwelle ins Visier nahm. Peng – Volltreffer. Einen nach dem anderen holte er vom Himmel, pulverisierte sie zu Unlicht-Partikel. Mit heiligen Patronen, die er einem Krokodil unter Engelshand abgeluchst hatte. Instant-Kill. Links Shachi, der seine Schleuder spannte, aus dem Nichts Munition erschuf – aus seiner Fantasie. Weil es echt ist, was ich fühle! Gemeinsam drängten sie die schwarze Flut zurück.   Die Menschen glaubten daran. An sich. Daran, dass sie es schafften. Und erlagen bitterer Enttäuschung. Denn Glaube war in der Hölle Aberglaube.   Die Drachen stoppten ihre Bewegung, erstarrten, wie in der Zeit eingefroren. Bis sie pfeilgerade nach oben fegten, in einer Geschwindigkeit für Menschenaugen kaum sichtbar. Die Biester sammelten sich am Seelennebel-Himmel, rauften sich zu einer Masse zusammen. Und diese lachte bellend. „Uorororo!“   Hinter alldem lauerte etwas viel Monströseres. Warum genau diese Anzahl Drachen? Kaido – Der 100 Bestien   „Tch.“ Law war nicht erfreut, ganz und gar nicht. „So ein verfluchter Mist!“ Peng sah seinen Tod an sich vorbeiziehen. „Whoaaa~ Ein Drache!“ Shachi wollte schon immer mal einen streicheln.   Ein gigantischer Schlangendrache bebte am Himmel empor, ließ die Erde erzittern, schlängelte sich um die Insel. Sein blau-Schuppen Schweif samt gepanzertem Körper umklammerte das Land. Die Menschen eingeschlossen unter der monströsen Masse, die sich immer enger um sie sowie die Insel schlang. „Bepo!“ Das verschreckte Ross reagierte nicht. Sträubend schüttelte es seinen Kopf, trabte einen Schritt zurück, stieß mit dem Flammenschweif an den gepanzerten Körper der Bestie, wieherte verstört. „Der Kaiser wird uns fressen!“   Kaiser? Law musterte Besagten. Warum wollte er ihnen schaden? War der Höllendrache nicht auf ihrer Seite? Was versprach er sich davon? „Law, keine Zeit für Analysen!“ Penguin drängte ihn zur Eile, „überleg dir lieber nen Plan, wie wir-“ „Planung abgeschlossen.“ Laws wissendem Schmunzeln folgten Taten: Das lange Katana zurück in die Schwertscheide gesteckt, rammte er dessen Ende in den Boden, holte Schwung, stieß sich ab und sprang mithilfe des umfunktionierten Stabs auf den Rücken des Drachen. Das blaue Biest schien unbeeindruckt; Schuppenpanzer so dick, Körper so lang, dass er das menschliche Zusatzgewicht nicht als interessant empfand. Law stutzte. Sind wir etwa nicht sein Ziel?   Der Wind drehte sich, änderte die Richtung, wehte den Hinweis zu Law. Er roch es. Den Alkohol. Kaum zu glauben: war der Drache etwa...?! „Er ist betrunken“, offenbarte Law sachlich, reichte seinen Gefährten das Katana – an dessen Scheide – herunter, damit sie daran hochklettern konnten. Zunächst schoben Shachi und Penguin das sture Pferd an dessen Hinterteil nach oben, auf den schuppigen Leib, der durch dessen glatte Oberfläche ihre Aktion begünstigte. Erst dann stieg das Duo mit rauf. Die schlängelnde Bewegung des Schuppenpanzers brachte sie ins Wanken. Während Law unerschütterlich in seiner erhabenen Postion dort stand, rang das Duo um dessen Balance. „Betrunken?“, wiederholte Shachi neugierig, „wer?“ Penguin seufzte. „Der Drache, dem wir am Arsch vorbeigehen – wortwörtlich.“   Die mystische Schlange rollte sich weiter ein, umfasste die Totenkopf-Höhle, auf dessen Schädel er sein langes Kinn auflegte, seine Augen schloss. Als würde ein Drache seinen Schatz behüten... oder... „Sein Schlafplatz“, schlussfolgerte Law, „anscheinend haben wir ihn bei unserem Besuch geweckt.“ „Eher: beim Ausnüchtern gestört“, Penguin blieb skeptisch, „meinst du, das ist...?“ „Der erwartete Ehrengast, der nicht zum höllischen Gruselkabinett erschien?“ Law hob eine Augenbraue. „Möglich.“   Grollende Schnarchgeräusche entkamen der großen Bestie. Die gekräuselten Schnurrhaare bewegten sich bei den tiefen Atemzügen mit, erzeugten einen Luftstrom, der nach süßlichem Schnaps roch. Penguin kämpfte sich zu einem Halbgrinsen durch. „Immerhin hat er uns nicht... be... merkt- Wo ist Shachi?!“ Law und Penguin sahen es zeitgleich. „Dort“, sprach Law das Offensichtliche aus.   Shachi und Bepo rannten den Schlangenkörper aufwärts, Ersterer jubelte, Zweiterer jammerte. „Ich beschütz dich, Entschuldigung, ich beschütz dich!“, versprach er dem Jungen, überwand seine Angst und ließ sich mitreißen. Shachi wollte zum Kopf des mystischen Wesens, wollte es näher bestaunen, einmal die imposanten Hörner anfassen, die so groß waren, wie er selbst. Das Funkeln seiner Augen auf sein Ziel fixiert, glitt er mit seinen Füßen über die rutschigen Schuppen, surfte auf ihnen, schwungvoll den Hals aufwärts. Über den Nacken verlor er jedoch sein Gleichgewicht, fiel nach vorne, landete mit seinem Oberkörper zwischen den beiden Hörnern, direkt auf dem Kopf. Ehrfürchtig streichelte er über den Panzer. „Eine Schildkröte“, staunte Shachi, „groooße Schildi.“ Lächelnd riss er seinen Kopf herum. „Peeeng-!“ „Psch!“, zischte der Gerufene ihm lautstark zu, „sei still! Oder willst du, dass...!“ „Zu spät“, teilte Law ihnen teilnahmslos mit.   Der große Kopf, mitsamt den Vier erhob sich. Verschlafen blinzelte der blaue Drache und schaute sich um. Wenigstens sieht er uns ni- zu laut gedacht! Pengun starrte entsetzt auf die sich öffnenden Lippen seines besten Freundes. „Hier sind wir! Huhu~!“, winkte Shachi dem Koloss zu. Die mächtigen Augen schielten zu ihnen rauf. Penguin hielt den Atem an, Law beobachtete, Shachi lächelte. Der Drache schnaubte. „Auch zu zehnt habt ihr keine Chance gegen mich.“ Zu... zehnt? „Sieht er doppelt?“, überlegte Penguin laut. Law antwortete trocken; „Natürlich. Weil Vier plus Vier Zehn ergibt.“ „Du weißt genau, dass ich das so nicht gemeint hab!“ „Weiß ich. Es gibt nichts, was ich nicht weiß.“ Angeben mit Stil. Shachi fasste derweil ungerührt das raue Horn an, umarmte es. „Gehörnte Schildi.“   Langsam wurde der betrunkene Geist klarer, die Bestien-Augen klärten sich, Zorn funkte in ihnen. „Wie habt ihr den Kochtopf überlebt?“, wollte der Drache erzürnt wissen, „ich habe euch eigenhändig im Kessel des Fegefeuers schmoren lassen!“ Law knitterte die Brauen, verarbeitete die Information, indessen das Grollen weiter wütete. „Die roten Schwertscheiden, denen ich ihre Farbe verlieh, uorororo!“, lachte es gehässig, „und Oden, dem ich seine Bedeutung gab.“   „Halluzinationen“, Law war sich sicher, „er verwechselt uns.“ Penguin schluckte. „Das... heißt?“ „Nichts Gutes.“ „Du weißt wirklich, wie man jemanden aufbaut.“ „Mut ist nur etwas für die Schwachen.“ „War das'n Kompliment?“ „Sonne dem, der Sonne sieht.“ „Komm mir nicht mit deinen Weisheiten um die Ecke, die du mal in deinem Kaffeesatz gelesen hast!“ „Kaffeesatz“, zischte Law angewidert, „diese Beleidigung nehme ich persönlich.“ „Wenn's dir hilft...“   „Ähm...“, Shachi zeigte auf das stillschweigende Biest, spürte dessen Wandel über seine Hochsensibilität. „Nicht gut...“ Penguin erstarrte. „Gar nicht gut.“ Law machte sich zum Angriff bereit, hielt sein Katana in Position, fest vor sich. Der gigantische Drachenschlund atmete tief ein, aus dem Mundwinkel traten Flammenschwaden, die qualvolle Jammerlaute von sich gaben. Seelenfragmente, die er einst aufgefressen.   Knurrend schmiss der Drache seinen Kopf nach hinten, katapultierte die Menschen mit einem mächtigen Wurf in die Luft. Der gigantische Schlund öffnete sich, hinaus drang das bösartige Lachen. Ein angsteinflößendes Fauchen bebte über die Insel, spürbar bis in die Knochen. „Ich werde euch ein für alle male kochen!“, verkündete der Kaiser, riss sein Maul weit auf, das zuschnappte, die Menschen schluckte. Hungernd nach ihren Seelen.   Feuer verschlang sie. Fegefeuer, in das sie hinabstürzten.   . . .   Es endete und es begann. Von vorne. Die Geschichte wiederholte sich.   ~♫~   Oh, Rettich, Ganmo! ♪ Chikuwa und Ei! ♪   Ein, zwei, drei – los iss! ♪   Oden wäre nicht Oden... ♪ Wenn es nicht gekocht wäre! ♪   ~♫~   Ein traditionell japanisches Saiteninstrument erklang. Das 'Shamisen' wie von Geisterhand gespielt, erfüllte den zeitlosen Raum mit einer bunten Heiterkeit und zugleich dunklen Schwere. Wie zwei Vorhänge, die sich seitlich öffneten, offenbarte sich die Bühne einer anderen Welt. Die Bühne, welche die Menschen betraten.   Kirschblüten schwebten andächtig hernieder. Ein süßlicher Blumenduft lag in der Luft. Drei Strudel tanzender Blüten, im Rhythmus eines geteilten Herztakts, flimmerten über die Erde, bauten sich auf, höher und höher. Bis das Blumengebilde drei Figuren formte. Der Weltlichkeit angepasst, in Kimonos gekleidet; Penguin hellblau, Shachi hellgrün, Law schwarz-weiß mit rot-goldenem Umhang – als Zeichen des Anführers und der Zugehörigkeit des Teufels.   „Wo... sind wir?“ Penguin hatte jetzt schon keinen Bock mehr hierauf. Law analysierte. „Im Gaster eines nicht existierenden Fabelwesens.“ Penguin übersetzte. „Im... Magen des Drachen?!“ „Sagte ich bereits.“   „Blümelchen~“ Shachi jagte eines der Blütenblätter, die von dem großen Baum fielen. „Ich besteig den Baum!“, verkündete er und sprang mit einem Satz an die Rinde. Sofort stieß sie ihn mit einer Druckwelle von sich. Verdutzt plumpste Shachi ins Gras, sah zum Baum auf. „Verzeihung, Herr Holzkopf.“ „Er... pulsiert? Nicht zweideutig gemeint!“, beäugte Penguin den Baum misstrauisch und tat einen Schritt auf Abstand. Hier war ihm nichts und niemand geheuer. Im Ungeheuer. Law zog sich die Latexhandschuhe an, eines seiner medizinisch eingreifenden Schmunzeln tragend, tastete er die lebendige Rinde ab. „Das Herz“, seine fachmännische Meinung, die keiner hören wollte. „Ich kotz gleich“, warf Penguin geistreich ein, konnte Doktor Tra-Fasel-gar nicht unterbrechen. „Dies scheint das Herz... Demzufolge verkörpern die Kirschblüten... Blut? Blutkörperchen?“, murmelte er weiter, „schweben sie deswegen hier herum? Zur Blutzirkulation, um den Ort am Leben zu halten?“   „Wir haben Law verloren“, zeigte Penguin mit seinem Daumen auf den in Gedanken-vertieften. Shachi japste in Schock auf. „Oh nein! Da hilft nur noch eins!“, grinste er Peng an, der den Ausdruck spiegelte. „Letzte-Hilfe-Maßnahmen werden eingeleitet!“ Synchron stürzten sich beide auf Law, breiteten ihre Arme aus, die sie um den Chirurg des schwarzen Todes schlangen. Eine Umarmung von höchster Unerhörtheit. Der Distanzierte war höchst empört über den plötzlichen Körperkontakt – alle Gedanken zerstreut.   Shachi und Penguin zeigten sich einen Daumen nach oben. „Eingriff in die Privatsphäre ein voller Erfolg!“ Und rannten dann vor dem Zorn des Todeschirurgen weg. Lachend – nicht wirklich beschwichtigend. Silberne Skalpellblicke folgten ihnen, doch selbst war Law sich zu schade, um den beiden Dilettanten nachzulaufen. Die würden schon wiederkommen... Ob es ratsam war, sich in einem Dracheninneren zu trennen? Mitnichten. Aber so konnte Law wenigstens etwas Alleinsein genießen, streifte umher und erforschte das medizinisch Unerklärliche.   Das Duo rannte bis in die Hauptstadt hinein. Die leeren Straßen wohl die Blutbahnen... oder so. Penguin wollte sich nicht vorstellen, dass er auf Innereien lief. Verdrängung war ein Wundermittel der Neuromedizin! Wie nett, dass Shachi ihn erneut erinnerte. Wenn er ihn nicht hätte... hätte er's einfacher. „Das Herz eines Drachen ist ein Baum?“ Shachi drehte seinen Kopf in einen Winkel, der ungesund aussah. Penguin rückte Shachis Kopf gerade, seufzte. „Noch nie was vom Baum des Lebens gehört?“ Shachi verzog einen Schmollmund. „Nö.“ Seine Augen leuchteten. „Peng, sowas weißt du?“ „...Anscheinend.“ Sicher war Penguin sich dem selbst nicht mehr. Woher weiß er sowas? Wenn er nicht so stur wäre, hätte er das geflügelte Höllenhühnchen gefragt. Aber selbst beim dritten Mal fragen, antwortete Killer nicht. Schlimm genug, dass Penguin an ihn dachte...   „Du maaagst ihn~“, summte Shachi mit diesem verschwörerischen Lächeln auf den Lippen. „Ich hasse ihn-“ „Siehst du!“ Vertauschte Gegebenheiten; Hass gleich Liebe... Mist! „Was ich seh ist ein nackter Kerl in Unterwäsche.“ Penguin lenkte erfolgreich ab, zeigte mit dem Daumen auf den Kerl, der ihnen den Weg versperrte.   Mitten auf der leeren Gasse stand er. Tanzend. Nur ein weißes Lendentuch tragend, auf dem der Schriftzug [私] stand. Keiner der Menschen beherrschte diese Sprache. Und es wäre wohl unhöflich den nackten Mann zu fragen. „Was steht da?“, zeigte Shachi auf die bedeckte Mitte des Mannes, der in seinem Tanz innehielt. Die Hüpfbewegung auf einem Bein gestoppt, die Hände in der Luft verharrend, fielen die konzentrierten Augen auf den jungen Spross mit orangem Haar hernieder. Der muskulöse Mann errötete, ehe seine eindrucksvolle Stimme sang. „Rettich und Ganmo~ Chikuwa und Ei~“, zählte er auf, bewegte seine Glieder im Takt, klatschte in die Hände. „Die Zutaten von Oden.“ „Was ist ein Oden?“, wollte Shachi weiter wissen, „und was steht nun da?“ Der Mann lachte bellend. „Oden ist ein Eintopf“, blieb seine Stimme stolz und würdevoll, als er sich breitbeinig hinstellte und die Fäuste in die Hüften stemmte. „Auf dem Tuch steht die Zutat... steht: Ich.“   Shachi verzog den Mund nachdenklich. „Versteh ich nicht“, zuckte er mit den Schultern und entdeckte eine Kirschblüte am Boden, die ihn mehr interessierte. Penguin verschränkte die Arme, musterte den komischen Mann misstrauisch. Sein Blick blieb an den schwarzen, langen Haaren, deren Form an einen Teller erinnerte. „Warum stehst du hier? ...Tanzt... Nackt...“, nuschelte er am Ende leiser, Fremdscham brachte Penguins Wangen zum Glühen. „Nackt? Wer?“, sah der Mann sich um, „so was gehört sich aber nicht!“   Penguin knurrte. „Willst du mich verarschen?“ Und der Mann tanzte weiter, sang sein Lied, das Shachi nun auch zu summen begann. Penguin seufzte, packte Shachi und zerrte ihn mit sich, bevor dieser auch noch anfing, zu tanzen – zu spät. „Oden wäre nicht Oden~“ „Das Gejaule hält doch keiner aus“, Penguin war nervlich echt angeknackst, „Law, wo bist du, wenn man dich mal braucht?“   „Hier“, tauchte Gerufener neben den beiden auf. Vor Schreck stolperte das Duo rückwärts auf dessen Hintern. „Du- wie- hä?!“ „Sehr kluger Beitrag, Peng-ya“, schmunzelte Law, ehe seine Miene wieder ernst wurde. „Ich werde selbst nicht glauben, was ich nun sage... Wir“, knirschte Law mit den Zähnen, „sind“, tat er sich echt schwer, das auszusprechen, tat es mit einem Zischen, „verbunden.“ „Wir sind ver-?“ „Sprich es nicht aus!“ Die Fragezeichen über den Köpfen der beiden konnte man förmlich sehen – da waren wirklich welche. Und Shachi schnappte sich eines, das er zu einem Ausrufezeichen bog. „Wir sind in einem Comic!“ „Zu unserer Zeit gibt es noch keine 'Comic's.“ Laws Korrektur. „Hauptsache uns gibt es. Noch“, blinzelte Penguin das Ausrufezeichen an, das Shachi nun zu einem Herz bog und Law um den Hals legte, „muss ich das verstehen?“ „Mit einer Menge Phantasie~“, summte Shachi fröhlich, ignorierte Laws Todesblick, der das kitschige Objekt um seinen Hals zu sezieren versuchte.   „Zum Mitschreiben“, Penguin sprach verzögert, um wirklich mitzukommen, „Shachi hat zwei Fragezeichen aus dem nichts erschaffen? Dann genommen und verbogen... O-kay?“ Law legte eine Hand ans kurzbärtige Kinn. „Von allen Seiten betrachtet gar unmöglich... Es sei denn...“ Genervt verzog Law das Gesicht. Ihm gefiel nicht, was er gleich aussprechen musste. Es entsprach nicht seinem Glauben; dem Realismus, der auf Fakten beruhte. „Teufelsfrüchte“, erinnerte er an das Schlaraffenland des Kaisers mit Strohhut und dessen Brüder, „Shachi aß von ihnen. Dies“, deutete Law auf sie drei, „könnten die Auswirkung davon sein.“   Das Duo blickte ihn verdutzt an. Blicke, unter denen Law einknickte. Stumm seufzend, schloss Law seine Augen und zog den Schulterstoff seines schwarz-weißen Kimonos hinab, entblößte seine Schulter. Auf der ein doppeltes Herzsymbol eingraviert war; das innere schnörkelig, das äußere grob und simpel. „Daran habt ihr Schuld“, zischte Law die beiden an, „dies ist eure Handschrift.“ Dies stimmte in der Tat; Shachis Handschrift war meist verschnörkelt, während Penguins gröber war. „Moooment!“, Penguin war fassungslos, „du willst uns weismachen, dass-“   „Ich hab auch eins!“, erzählte Shachi stolz von seiner Entdeckung, drehte sich mehrmals um sich selbst, damit er es sehen konnte. „Guck!“, zeigte er sein linkes Schulterblatt, auf dem beinahe das gleiche Symbol vorhanden war; ein grobes Herz außen, ein beinahe unerkennbares innen. Penguin grinste. „Definitiv Laws Ärztehandschrift.“   Shachi blickte ihn mit funkelnden Augen an. „Zeig deins!“, forderte er Penguin auf, der weiterging. „Wir haben wichtigeres zu tun“, spielte er den Vernünftigen, kam nur zwei Schritte weit. Von zwei ungleichen Händen aufgehalten werdend, die ihn an je einer Schulter festhielten. Law und Shachi zupften zeitgleich am Schulterstoff von Penguins Kimono, um seinen Oberkörper freizulegen. Sexuelle Belästigung! Auf Penguins linken Brust war das Doppelherz; schnörkelig und fast unerkennbar. Doch worauf die beiden Augenpaare blickten, war etwas anderes: Die schwarze Feder, die Penguins rechte Schulter zierte. „Du...“ „Kein Wort“, knurrte Penguin, der errötete und sich den Stoff eilig wieder über die Schultern zerrte. „Das ist nicht von dem, der ihr denkt, von dem's ist.“ Jetzt war Shachi verwirrt. „Nicht von Kill-?“ „Nicht von ihm!“   Law neben ihnen wurde leichenblass. Eine Vorahnung ereilte ihn, die ihn nicht mehr loslassen wollte. Deswegen brannte sein Steiß seit... seit ihrer Ankunft in der Hölle schon. Nicht wegen den obszönen Blicken des Teufels, wie er vermutete. Bitte kein gehörntes Arschgeweih. Das gibt 'Stempel aufgedrückt' eine gänzlich neue Bedeutung. Es gab nichts, wovor der Chirurg des schwarzen Todes sich fürchtete. Doch diesen Blick auf sein Steißbein wollte er sich dann doch ersparen. Des Selbstschutzes wegen. „Wir gehen weiter“, entschied er für sie alle, „beten wir, dass wir nicht über den Verdauungstrakt ausgeschieden werden.“   Penguin verzog angeekelt das Gesicht. „Scheiße war's...“ Shachi klatschte die Hände zum Gebet zusammen. „Bitte, bitte, lieber Gott...“ Und ein Licht flimmerte um die Hände, in denen etwas entstand. „Eine-“ Law griff sie Shachi aus der Hand. „Die Karte von 'Wa no Kuni', übersetzt; 'japanisches Land'.“ „Wow“, staunte Shachi, „du kannst die Fremdsprache? Wie cool!“ Law stockte. Bis vor wenigen Minuten verstand er die Sprache noch nicht, aber jetzt. Das Mysterium Teufelsfrüchte... gaben sie einem auch Wissen? Und Penguin? „Hab nichts“, zuckte er mit den Schultern, fühlte keinen Unterschied, keine Zauberei. Er war ja eh nichts Besonderes, seiner Meinung nach.   „Shachi-ya“, Laws Blick, dem niemand etwas abschlagen konnte. „Erschaffe etwas. Sofort.“ Shachi schaute verdutzt zurück. „Hm?“, kicherte er verlegen, „wenn jemand zuguckt, kann ich nicht...“ Law fiel vom Glauben ab – fast. Er besaß ja keinen. Mit steinerner Miene wandte er sich an Penguin. „Tue etwas.“ „Ich geh“, gesagt, getan. Penguin wählte eine willkürliche Richtung – Zum Schnee, den er dort hinten sah. Law, der Anführer unter ihnen, holte schnellen Schrittes auf, lief eins-Komma-zwei Zentimeter vor. Aus Prinzip. „Schnee?“, beäugte er die Wetterverhältnisse, die hier eher an Frühling erinnerten. Wieder verfiel er in seinen Analyse-Modus. „Wir sind in den Innereien... könnte der Schnee-?“ „Wenn du Spermien sagst, bin ich raus“, schüttelte sich Penguin. Shachi riet mit, „Zucker?“ Laws Augen weiteten sich, glitten zu ihm. „Korrekt.“ Penguin blieb skeptisch. „Zucker? Wie... Blutzucker?“, seufzend schüttelte er seinen Kopf. „Das wird echt immer bescheuerter. Wer denkt sich so nen Mist aus?“ „Lolli?“, hielt Shachi ihm besagte Süßigkeit hin, die er erschaffen, als niemand hinsah. Nun war es Law, der seufzte. Nur von Einzellern umgeben. Shachi und Peng waren eine Einzelle, die bei der Geburt vertauscht wurde – Suchen Sie die Logik. Tun Sie's nicht. Law lächelte amüsiert, das Duo sah ihn verstört an. „Schlaganfall?“ Shachis Sorge war reiner Hohn. Penguin setzte noch einen drauf. „Kastriert worden?“ Zu Laws zuckende Mundwinkel kam das linke Augenlid. Seine Hand hob sich, langsam, in aller Ruhe, ehe sie zweimal hervorschnellte – gezielt beide Nacken traf und die zwei Nervensägen außer Gefecht setzte. Endlich Ruhe...   Zwischen beide Bewusstlosen setzte sich Law hernieder, im Schneidersitz, sein Katana neben sich im Boden gestützt. Die Augen schließend, genoss er das Alleinsein. Von irgendwo raschelten Blätter, aus der Ferne das Rauschen eines Wasserfalls zu hören, die fallenden Schneeflocken, das Zupfen des japanischen Saiteninstruments. Und Law merkte... Etwas fehlt. Eines seiner Augenlider hob sich dezent. Ein kritischer Blick auf seine beiden schlafenden Begleiter. Mitnichten, kein Herzmuskel rührte sich. Nur die Herzklappen flimmerten. Laws Gedanken schweiften weiter. Wer oder was könnte diese emotionale Diskrepanz hervorrufen? Und glühte es warm über seinem Steißbein? Es musste sein Bett in der irdischen Welt sein, in dem er noch immer lag. All dies konnte nach wie vor nicht real sein, Law blieb bei seinem Glaubenssatz der Rationalität. Was nicht ist, ist nicht. – Law Weisheit. Was nicht ist, wird! – Shachis Version dessen. Nicht, Nichts. – Pessimisten-Peng. Dass Law nun an die beiden dachte, war reiner Zufall. Selbstverständlich.   Erneut senkten sich Laws Lider, dem Desinteresse frönend. Bis sich ein Nackter in sein Sichtfeld drängte. Damit nicht genug, der Unsittliche wagte es, ihn anzusprechen. Der Mann bückte sich weit herunter, die Hände in die Hüften gestemmt, das Gesicht zu nah an Laws – Das manische Gesichtsmuskelzucken konnte nicht gesund sein. Hatte der Schamlose eine Sakeschale als Frisur? Er lachte. „Was schauste denn aus dem Lendentuch wie 7 Liter Soja-Soße?“ Laws Blick glitt runter, zu dem Tuch, das um den kräftigen Unterleib gebunden. Auf ihm stand: [ ばかげた王子 ] Langer Zensurbalken. „Mister... Deppenfürst“, entzifferte Law die Schrift, „würden Sie die Freundlichkeit besitzen und sich hinfort urinieren?“   Mit ernster Miene schaute ihn der Deppenfürst an, ehe sich sein Gesicht aufhellte und ihm einfiel: „Ich muss! Danke für die Erinnerung!“, tanzte er zum nächsten Busch, hob den Sichtschutz seines Tuchs und- Law sah weg. Tragischerweise konnte er nicht weghören. Ein zischendes Geräusch erklang. Weniger flüssig, mehr... „Feurig?“, war Laws Interesse geweckt. Es klang, als würden kleine Flammen aus der Öffnung treten – rein medizinisch gedacht. Ohne hinzusehen, wollte Law wissen: „Was sind Sie?“ Ein unmännlicher Schrei entkam dem Mann. „Hab mir meine Nüsse angesengt!“, sah er an sich runter, klopfte das Feuer aus, tanzte von einem Bein aufs andere. „Daran werd ich mich nie gewöhnen, haha“, grinste er dann wieder. Einen Moment stand er einfach nur da, stemmte die Hände in die Hüften und starrte Law an. Ehe er antwortete: „Ein Feuerelementar.“ Der Geist eines einstigen Menschen, dessen Todesursache zu seinem Element wurde – wie zuvor bei dem Sandkrokodil. Heißt das... das Sandkrokodil uriniert...? Und ejakuliert-?! ...Knirschend im Abgang.   Das Feuerelementar nahm das schwindend geringe Interesse Laws als Einladung und setzte sich vor diesen. Kurz schweifte der Blick über die drei Fremden, ehe das Dauergrinsen des Mannes fiel. „Ihr gehört hier nicht her. Warum seid ihr hier?“ Laws Augen warfen die Frage unvermittelt zurück. „Ich?“, erzürnt klatschte der Mann seine Hände auf seine blanken Schenkel. „Ich bin reingelegt worden. Verflucht, auf ewig gefangen in einer Zeitschleife. Im Fegefeuer sollte ich schmoren, unrechtens, wurde selbst zum Feuer.“ Law gähnte hinter vorgehaltener Hand, die er schwenkte, den Kerl zum Fortfahren aufforderte. „Der Kaiser ist ein falscher Fuffi – in Menschenjahren mit Ende fünfzig dahingeschieden.“ Darüber musste der Humorist dann doch lachen, ehe seine Mimik von Trübnis verfinstert. „Er fraß sie. Alle. Und nahm ihn mir. Meinen Sohn-“ „Behaltet Eure Tränenflüssigkeit für Euch.“ Law, das wandelnde Taktgefühl. Dafür kassierte er eine Faust auf je einen Arm. „Sei nicht so gemein!/Fiesling!“ Shachi und Penguin. Laws Stimme die Neutralität. „Gute Nacht.“ „Das heißt Guten Mo-“ Laws Hand legte sie wieder schlafen.   „Wo waren wir?“, besah er sich den Mann vor sich, der Nudelsuppe aß. Versteckte Nissin-Werbung. Woher er die Schüssel mit Stäbchen plötzlich hatte, wusste nur- „Der Kleine da hat sie mir gezaubert. Ein Hexer!“, lachte das Feuerelementar. Shachi wusste, wie man jemanden verzauberte. Rülpsend endete der Mann sein Mahl, klopfte sich auf den Bauch. „Ist der Wanst voll, wird getanzt toll!“ Mit einem Sprung erhob er sich, kam in der Hocke auf seine Füße auf – ein Sichelmond zierte den Knöchel – und hob die Hand. „Ich muss dann wieder, die Pflicht ruft!“ Er 'muss' schon wieder.   Laws Interesse war längst dahin, sodass er ihn nicht mal ansah, geschweige denn ihm nach. Warum er wohl tanzte? Sollte dies eine Art Regen-Feuertanz sein? Nicht von Laws Interesse. Nachdenkend fasste er zusammen: Ihre Mission war es, die Kaiser zu treffen und ihre Reiche zu passieren. Zurzeit befanden sie sich mitten in einem... Reich oder Kaiser? Galt der Durchgang eines Körpers als 'passiert'? Wenn dieser Körper der eines Schlangendrachen war, wie lange würde die Reise dann andauern? Und benötigten sie nicht die Ermächtigung besagten Kaisers? Der Höllenfürst hatte sie geschickt, Verbündete zu sammeln – spekulierte Law – weil Devil the Kid selbst eher unbeliebt in seinen eigenen Reihen war. Warum das so war, konnte Law anhand vieler Gründe benennen. Der Deal nur eine Farce, um das schlechte Ansehen zu wahren. So zumindest Laws Definition.   „Ich denke, er wollte uns seine Welt zeigen.“ Shachi, der ihn dümmlich anlächelte. Hatte Law seine Überlegung laut gesprochen? Seine Lippen blieben schweigend. Penguin äußerte sich dazu. „Ich glaub, er will unsre Seelen fressen.“ „Sei nicht immer so, Peng!“ „Okay, okay: Er wird sie erst durch die teuflische Arschritze ziehen, bevor er sie frisst.“ „Du bist ja noch grummeliger als sonst“, stellte Shachi grübelnd fest, „vermisst du jemanden? Ist es etwaaa~ Liebeskummer-?“ „Wenn du das nochmal singst, schwör ich dir, ich schieb dich durch den Hinterausgang des Drachen.“ „Das würdest du machen? Mich als erster durch den Notausgang lassen?“ Penguin rollte mit den Augen. „Law, mach was.“ „Ich gehe.“   „Wohin?“ Das Duo folgte seinem Anführer, der die Mitte dieser Welt ansteuerte. „Zum Herz.“ Laws Augen waren auf das rosa Gewächs gerichtet, auf das sie zuschritten. „Der Baum des Lebens?“, wiederholte Shachi, was er von Penguin gelernt. Law schüttelte den Kopf, korrigierte. „Der Baum der Leben.“ Law verstand, was 'Mister Deppenfürst' ihm mitteilen wollte. Ihre wahre Mission hier. Er hatte sie gezählt. Die Blüten. Einhundert an der Zahl. Nicht 100 Bestien...   Zu dritt standen sie vor ihm. Dem Kirschblütenbaum, dessen Blüten ihnen Kunde tun wollten... Sie riefen um Hilfe. Die Seelen, die dort gefangen. Gefressen, geopfert, gebend dem Drachen Macht. Dessen Kraftquelle nicht sein eigen Herz – die Höllenwesen besaßen derzeit keines, wie die Menschen sich erinnerten – Es war das Herz aller Verschlungenen. Eines Landes, welches nicht Kaido gehörte. Die gemeinsame Liebe aller dort Gelebten errichtete diesen Ort hier. In liebevoller Erinnerung.   Shachi und Penguins Augen weiteten sich. Ersterer sprach erstaunt; „Der tanzende Mann...“ Zweiterer führte fort; „Er... beschützt das Land? Die Menschen, die Seelen, das Herz...“ Shachi endete. „Ganz allein...“ Beide sahen sie zu Law. „Du wusstest das?“ Law lächelte leicht verlegen. „Es gibt nichts, das ich nicht weiß...“ Ablenkung. Seine behandschuhte Hand tastete die Rinde erneut ab. Penguin fragte zögernd; „Was... hast du jetzt vor?“, kritisch beäugte er Laws Tun. Dieser zog sein Katana. Ein irres Funkeln trat in seine Augen, chirurgisch eingreifend. „Ich werde es zerteilen.“ Ein unheimliches Schmunzeln auf seinen Lippen. „Bereit machen zur OP.“   „Yo-kay, sind bereit!“ Das Duo salutierte. Auch sie trugen Schwerter, von Shachi erschaffen, Laws ähnelnd, nur verspielter gestaltet. Keine dunkle Klinge und keine umgedrehten Kreuze, als Verzierung – sondern Schnörkel-Herzchen und Monde. Aber die Schärfe der echten Klinge ebenbürtig. Law schwang sein Schwert, seine Begleiter taten es ihm gleich. Ein markerschütterndes Knacken, Knochen ähnlich. Laws Katana schnitt durch mehrere Äste, Shachis und Penguins trennten keinen einzigen. Weil es in Shachis Phantasie keine Gewalt gibt. Nach dem Knacken, fielen die Kirschblüten, die sich in Lichtpartikeln auflösten. Der Baum weinte. Die befreiten Seelen fanden ihren Frieden.   Doch wo Frieden, war Krieg nicht fern. Die Welt erschütterte. Macht brachte alles zum Beben. „Haltet ein, Ihr Narren!“ Ein Schrei des Zorns. Zischend entbrannte der Baum. Gewalttätig griff das Feuer der Wut auf die Äste über, ließ die Seelenblüten leiden, wollte ihnen die letzte Lebensenergie saugen. Ein Baum, der als Brennholz verwendet.   Die Menschen sollten es am eigen Leib erfahren. Der Boden unter ihren Füßen wurde weggerissen. Sie fielen. Tief, immer tiefer. In eine Zeit vor der ihren. In eine Erinnerung. Nicht die ihre. Aber zu ihrer Realität werdend.   Das Trio fand sich in einem Topf wieder. Bereit, um im Fegefeuer zu kochen.   Ein dämonisches Grollen drang in ihre Herzen. „Bekennt euch eurer Sünden!“ Eine Aufforderung, die sie nicht verweigern konnten.   Den drei Menschen wurden ihre schlimmsten Vergehen vor Augen gehalten. Momentaufnahmen flimmerten an ihnen vorbei, rissen sie in den Strudel von Schuld und Sühne, stellten sie bloß. Konfrontiert werdend mit sich selbst, dem Teil des Ichs, das im finsteren Verdrängungskäfig eingesperrt. Jeder hatte seine dunklen Seiten. Negativ als Ausgleich von Positiv, um das eigene Yin und Yang zu wahren. Die zirkulierende Energie des Lebens, das Erfahrung sammelte. Eindrücke, die in menschliche Emotionen selektiert, als gut oder schlecht empfunden werden... Vor dem höllischen Gericht zählten keine Sentimentalitäten. Im Gottesglauben gab es die Zehn Gebote, nach denen gelebt werden sollte. Im Satanismus...   „'Gott' wird euch nicht mehr helfen können.“ Hier unten waren sie auf sich allein gestellt. Allein und doch nicht einsam, hatten sie einander. Einander geteilte Schuld. Es war eine Erinnerung, die alle drei Herzen teilten. Ihr schändlichstes Verschulden. 'Ruhe in Frieden'. Die Worte wiederholten sich im erinnernden Herz, das sie gesprochen. Law, Shachi und Penguin am Totenbett, begleiteten die Sterbenden zur letzten Ruhe. Es war ein heiliger Akt, den sie vollführten. Ein Akt der Nächstenliebe, die niemals erwidert. Doch auch die Toten erinnerten.   Was hatten sie nur falsch gemacht? Falsch und Richtig verschwamm hier, im Jenseits von Gut und Böse. „Ihr habt keine Gnade verdient!“ Das Mitwirken der Pest. Das 'Retten' der Unrettbaren... Das Schicken der Seelen ins Himmelsreich. Sühneopfer, die sie an Gott übergeben. Ob willentlich oder nicht war nicht von Bedeutung. Diese drei Individuen hatten dazu beigetragen, dass die Hölle zerfiel. Das Ungleichgewicht aufrechterhalten. Ein Störfaktor in der Gesamtheit. „Um Buße zu tun, ist es jetzt zu spät.“   Zischend entzündeten sich die Holzscheite unter ihnen. „Leiden sollt ihr!“ Der Kochtopf, in dem sie standen, begann sich langsam zu erhitzen. „Verbrennt an euren Sünden!“ Gefangen in Feuerfesseln, waren die verurteilten Seelen bewegungsunfähig. Noch immer verstanden sie nicht, warum sie angeklagt wurden – aber Verständnis war hier fehl am Platz. Es war der rachsüchtige Geist des blauen Drachen, der sie in seiner Gewalt hatte. Ob Unrecht oder Rechtens spielte keine Rolle, wenn man einmal im Fegefeuer schmorte.   Die Qual, die eine Seele im Fegefeuer erfuhr, war nicht mit irdischen Worten beschreibbar. Es war unvorstellbar grausam... Noch hatte sich die Brühe des Topfes nicht genug erhitzt, um Schmerz zu bereiten. Noch nicht. Lange würde es nicht mehr dauern. Dem Kaiser dauerte es zu lange. Er wollte sie leiden sehen, ihre Schreie hören, die ihm Genuss waren. Tief atmete er ein, bündelte Hitze in seinem Inneren. Mit aller Gewalt wollte er sein Ziel erreichen.   Groll, Machtgier und Rachsucht zerstörten dieses Land. Das Feuer des Höllendrachen sengte alles nieder. Das japanische Land zerfiel zu Asche. Alles zerbrach in Zorn und Missgunst alter Rachgier. Der Zornesträger war dabei, sich selbst zu zerstören, jeden mit sich zu nehmen. Das Negativ schwärzte das Leuchten des Feuers, kehrte dessen Schatten in diese Welt. Der Lebensraum vernichtet, die Szenerie in tiefstem Schwarz gefärbt. Die Finsternis brach über das Alles, dunkelte es zu Nichts. Und das Ende ward in Sicht.   Drei Augenpaare blickten ihm entgegen. Die Menschen gefangen im Kochtopf, der als einziges übrig blieb. Als wären sie in einer Kuppel, die sie vor dem Flammentod bewahrte. Eine Kuppel, von Menschenhand erschaffen. Finger, die ein Tattoo zierte. Fünf Buchstaben, die dem Ende trotzten. Die Hand von sich gestreckt, instinktiv wissend, was zu tun. Im Urwissen der Schöpferquelle.   Hütet euch, der Hüter erwacht!   Ein Ruf des Innersten, ein Aufleben uralter Mächte. Silber stieg am Horizont empor, tauchte die untergehende Welt in ein gleißendes Licht. Weder himmlischer, noch höllischer Angehörigkeit, nicht göttlich, nicht dämonisch – weltlich und doch nicht von dieser. Ein Riss zwischen den Dimensionen, eine Anomalie der Weltenordnung. Auf Erden geboren, des Höllenfürsten Eigen, vom geflügelten Herz beschützt... Irdisch, teuflisch, englisch: Law; das Gesetz der Gezeit.   Kommet, ihr Richter. Richtet über das Schicksal.   Das Meer folgte seinem Ruf. Im Nichts entstand das Rauschen von Wellen, lauter und lauter sich nähernd. Aus der Ferne die Gesänge geisterhafter Meeresbewohner erklingend. Wale und Pinguine. Erhöret ihn, erhört seinen Willen! Horizontsilber schimmerte metallen. Vom Mond beeinflusst, magnetisch angezogen und abgestoßen, schaukelten sich die Wellen auf. Pulsierend, wie von Herzschlägen getrieben, im Room der Gezeit. Stoßend gegen den Topf, der kippte. Der Freiheit Untertan. Höher, immer höher griff das Meer der Überwelt ins Geschehen. Bereit, die Geschichte zu ändern.   Ein Einzelner allein schaffte es jedoch nicht. Es brauchte mehr... Mehr Kraft. Der Mond erstrahlte in vollem Glanz des Seelensilbers. Kein Vollmond; eine Sichel. Eine, die die Schicksalsfäden durchtrennen konnte. Laws Hand drehte sich, sein Finger krümmte sich. Tact. Und die Silbersichel schnellte auf den brennenden Baum zu, schnitt sich in des Drachen Herz, um die dort Gefangenen zu befreien. Das Feuerherz glatt durchtrennt. Zahlreich fielen die Kirschblüten. Hundert an der Zahl.   Kaido der 0 Bestien   Es war an der Zeit... Beinahe. Noch nicht. Noch immer brauchte es mehr... Mehr Nakama. Im Echo drangen die Stimmen Verbündeter durch den Dimensionsriss.   „Treten wir dem Feuer in den Arsch!“ „Ich geb nen gehörnten Fick dazu!“ „Flying Fuck, angenehm.“   Es waren Echos noch nicht bekannter Ereignisse. Ungewisses, Unbestimmtes, Unbekanntes. Vergangenes, Gegenwärtiges und Zukünftiges verwirrten sich. Vereinten, vertauschten, im geordneten Durcheinander – Shambles.   Drei Heldenherzen alliieren sich mit drei anderen.   Schicksalsfäden werden gesponnen. Der Verlauf geändert, mit Blut umgeschrieben.   Vom Ende zum Neubeginn. Ein neues Zeitalter wird eingeläutet. Hier und Jetzt.   3 D 2 Y ↺ 2 Y 3 D   2 Jahre, die der Erde noch verblieben. Nun aus dem Testament gestrichen.   3 D.   Mit vereinter Kraft geschah das Unglaubliche, das den Ungläubigen neuen Glauben schenkte.   Nicht nur in dieser Welt war das Phänomen am Horizont zu sehen.   Zum Mond fand das Licht der Sonne. Ihr Strahlen traf warm in die Herzen der Wesen aller Welten.   Hoffnung. Heilung. Hilfe.   So wurde es überliefert. Vom flüsternden Wind, der den Sturm ankündigte.   Leben ward gegeben. Den Sterbenden 3 Erdentage hinzugefügt. Ein Trostschimmer im Untergang. Einer, der die Erdenwandler bewegte.   Nicht alle, nicht viele, aber welche. Unterstützer.   Der Hearts. Heaven or Hell?   . . .   So drehte sich die Zeit zurück. Shachi, Penguin und Law erwachten auf der Insel mit der Totenkopf-Höhle, auf der sie standen, zwischen den Hörnern. Die See um das Land ruhig, zu Friede gefunden. Der Kaiser verbannt, in eine andere Zeit. Ein neuer wurde von der Welt erwartet. Der wahre Kaiser.   Oh, Rettich, Ganmo! ♪ Chikuwa und... Ei! ♪   Zu ihren Füßen lag es. Die letzte Erinnerung. Ein Drachenei. Pink gepunktet. Es wackelte, knackte und brach schließlich. Zwei winzige Hörner und ein kleiner Kopf ragten heraus. Aus ihm schlüpfte ein rosafarbenes Drachenbaby. Der zukünftige Herrscher, in ferner Epoche. „Chichioya!“, rief das mystische Wesen nach seinem Vater, „Chichioya!“ Umarmt werdend vom väterlichen Feuer, das es gewärmt. Über all die Jahre in seinem Herzen. Darum das Feuerelementar, der Tanz... wahrlich ein Feuertanz. Der Vater nahm es summend mit sich, bis das Leben gebraucht.   Oden wäre nicht Oden... ♪ Wenn er nicht gemocht wäre! ♪   So endete diese Geschichte. Und die nächste wurde weitererzählt.   Law seufzte genervt, Shachi bestaunte die außergewöhnlichen Eierschalen, Penguin fluchte. „Was... verdammt war das? Und wo zum Teufel sind wir?“ „Sprich nicht seinen Namen!“, zischte Law, blickte zum Höllenhimmel. „Beehrt uns mit Eurer Abwesenheit.“ Shachi kniete sich zu den Eier-Bruchstücken, die er willkürlich zusammensetzte. „Fast wie neu!“ Penguin pustete leicht, das Scherben-Puzzle fiel in sich zusammen. „Scherben bringen Glück!“ Shachis Optimismus war nicht zu trüben.   Ein Wiehern und eine Entschuldigung drangen zu ihnen. Ihr treuer Gefährte hatte auf sie gewartet. Genau hier, auf dieser Insel, bei Sturm und Drache – vor dem Bepo sich gefürchtet. Seine Hufe schlugen auf Boden, galoppierten zu ihnen. „Ihr seid wohlauf! Ich dachte, ihr- Er hat euch gefressen!“, bäumte das Höllenross sich ängstlich auf. Verwirrt sahen die Drei ihn an. „Wovon redest du?“ „Von-!“ Law schnitt ein. „Für heute keine Ammenmärchen mehr.“ Bepo senkte gehorsam seinen Kopf, der von Shachi gestreichelt wurde.   Die Menschen erinnerten die letzten Minuten nicht – zumindest nicht im Gedächtnis. Doch im Herzen.   „Wir gehen zurück“, entschied Law, ging vor, steuerte die Brücke an, die zuvor nicht dort gewesen. „Zurück, wohin?“ Penguin, der pessimistische Skeptiker, lief neben Law, der sich in Schweigen hüllte. Die Lücke im Gedächntis machte ihm mehr zu schaffen, als er zugeben wollen würde. Shachi blieb zurück, redete beruhigend auf Bepo ein, der geknickt war. Warum glaubte man ihm nicht? War er nicht vertrauenswürdig? Es tat ihm leid, dass er nicht glaubhaft genug war. Shachi fühlte mit, wollte ihm so unbedingt helfen. Und tat etwas, was hier verboten war. Erneut.   Er umarmte das Tier, wärmte es mit seinem Herzen. Mit heiliger Kraft, die es ihm spendete. Lichtmagie. Bepo funkelte, von Innen nach Außen, leuchtete. Shachis Lächeln bewirkte es. Mächtig, wie das Sonnenstrahlen. „Ich wusste, dich gibt es... Ich wusste es!“ Phantasie oder Wirklichkeit? Bepos schwarzes Fell hellte auf, wurde immer heller. Die Flammen wandelten sich zu einer reinweißen Mähne, deren Haar dem Weich von Wolken glichen. Auf dem Kopf des Tieres thronte ein spiralförmiges Horn. Es schimmerte in der schönsten Farbe, nicht von dieser Welt. Hier gehörte es nicht hin.   Es musste gehen, flog fort, ohne Abschied. Shachi streckte noch seine Hand nach ihm aus... Und ihn erlitt das gleiche Schicksal.   Shachi löste sich auf. Nun gänzlich. Es begann bei seinen Händen. Die Finger, die durchsichtig wurden. Ein Kribbeln, ähnlich eines eingeschlafenen Körperteils, das nicht wieder erwachte. Shachi blickte auf seine Hand, die an Farbe verlor. Nein, nicht die Hand... seine Sicht nahm an Farbtönen ab, bleichte ins Schwarz-Weiß. „Leute?“, blasste auch seine Stimme, fand kein Gehör. „Peng? Law?“ Hilfesuchend sah er seine Freunde an, die es nicht merkten, ihn nicht hörten. „P-P...? L-L...?“ Seine Stimmbänder, die es traf. Folgend seiner Zunge, Hörsinn, Lunge... innere Organe und die Haut. Ein Gefühl von Atemlosigkeit, blind im Vakuum der Lautlosigkeit. Shachi fühlte sich leicht, leichter mit jeder Sekunde. Sein gesamter Körper wirkte gläsern, wie helles Porzellan. Ein Gefäß, dessen Inneres schwand. Zuletzt war es sein Herz, das ihm genommen. Dies war der Moment als seine Verbundenen es spürten. Die Kette ihres Bandes, in Schicksalen verknüpft, klirrte in ihrer Brust. Der Herzspiegel, der in ihnen zerbrach.   Law und Penguin drehten sich um, ihre Augen suchten ihren Verbündeten. Zu spät. Shachi war nicht mehr hier, nicht mehr bei ihnen. Fort. Nur noch die Glashülle seines Körpers dort; reinweiß. Seine letzte Botschaft, das Lächeln, das bis zum Ende auf seinen Lippen blieb – Ein 'Alles wird gut'. Zeitgleich streckten Law und Penguin ihre Hände nach dem Körper aus. Ehe sie ihn erreichten, zersprang er in tausend Teile, löste sich in Lichtpartikeln auf. Sie fühlten sich warm an, hüllten die beiden für einen Herzschlag ein, als würde die Seele ihre Verbundenen umarmen wollen. Dann kam die Leere. Die Erkenntnis, die Verleumdung.   „Nein!“, schrie Penguin, der auf seine Knie sackte, seine Hände in den Boden grub, wo zuvor noch sein bester Freund war. „Nein, das kann nicht sein! Das darf nicht-!“ Laws Hand auf seiner Schulter, die sich unter der Berührung versteifte. „Er ist fort.“ Objektiv, neutral, faktisch. Knurrend schüttelte Penguin Laws Hand ab, warf ihm einen bissigen Blick zu. „Bloß, weil es dir scheißegal ist, musst du nicht so verdammt-!“, brach seine Stimme in ein Schluchzen. Weil er es sah. Die einzelne Salzperle, die sich aus Silber schlich, Laws Wange benässte. Penguin klammerte sich an Laws Unterarm, dessen Hand haltlos in der Luft verharrte. Die Kappe mitsamt Kopf senkte sich, drückte sich gegen die tätowierten Finger. „Warum? Law, sag mir, Warum...“   „Dies ist irrelevant“, erklärte er nüchtern, „wir werden ihn zurückholen.“ „Wie?“ Penguins Schultern sackten nach unten. „Wir werden es tun.“ Laws ganze Überzeugung. Eine dritte Stimme mischte sich ein. „Ihr tretet den Wolken einfach in den Arsch!“   Traurige Stimmung zerstört. Aus Laws Plüschmütze kletterte eine kleine Figur, die sich auf die Krempe der gefleckten Mütze setzte, seine Beine darüber baumeln ließ. In Laws Blickfeld tauchten die Strohsandalen auf, ehe das lächelnde Gesicht über den Rand zu ihm herunterblickte. Mini-Luffy. „Shachi ist jetzt im Himmel“, strahlte ihn der Junge mit Strohhut an. Luffys helle Stimme warm und tröstlich. „Dort, wo meine Brüder sind. Alle Guten kommen in den Himmel.“   „In den... Himmel?“ In Penguins niedergeschlagene Stimme fand ein Mutfunke. „Also ist Shachi... am Leben?“ Luffy zuckte mit den Schultern. „Wir alle leben, sind tot... Der Tod gibt dem Leben erst seinen Sinn.“ Laws Augenbraue wanderte hoch, weit hoch. „Philosophie aus deinem Munde? Wer hat dir dies erzählt?“ „Erwischt! Shi Shi Shi“, war Luffy sich um nichts verlegen. „Sabo. Er war schon immer der schlaueste von uns – und Ace der Coolste! Aber ich der Beste.“ „Eingebildet sind wir gar nicht“, kommentierte Law. „Bildung? Nee, ist nichts für mich“, wank Luffy lachend ab, fand zur Ernsthaftigkeit. In seinen rehbraunen Augen die Zuversicht. „Ich muss der Beste sein, um mein Bestes geben zu können.“ Ob er wusste, welch tiefe Bedeutung diese Worte spiegelten?   Law fragte sich noch immer, warum er mit ihm gestraft war. Langsam wurde es fast... erträglich. Fast. Luffy blickte ihn strahlend an. „Immer, wenn du traurig bist, bin ich da.“ Nakama sind unantastbar.   Laws Mundwinkel hoben sich, sein Lippenzug anerkennend. Langsam streckte er seine Hand nach oben, öffnete sie, bot Luffy seine Handfläche an, auf die er hopste. Sich seinen Strohhut richtend, setzte er sich im Schneidersitz in Laws Hand, lehnte sich an den Mittelfinger, verschränkte seine Arme hinterm Kopf und machte es sich gemütlich. „Ich kann von hier deine Nasenhaare sehen“, drehte Luffy seinen Kopf schief, „ist da ein Pop-?“ Und da drehte sich die Hand um, ließ ihn achtlos fallen. Das Nervenbündel klammerte sich an Laws Kapuzen-Schnur, schwang sich lachend hin und her. In jeder Hand eine Schnur, schaukelte Luffy sorglos pfeifend auf Laws Brust. Sein Gummihintern federte ihn ab, erzeugte ein Boing-Geräusch, das Law langsam aber sicher in den Wahnsinn trieb. Seine Augenbraue tickte manisch, Level letzte Zuckungen.   Penguin beobachtete das Ganze, sah weg. Nicht seine Angelegenheit. „Brauchst du-?“, wollte er als Freund dann doch seine Hilfe anbieten, bekam Laws Grußfinger zur Antwort. Penguin tat es ihm gleich. „Grüße zurück!“ Er vermisste Shachi jetzt schon. Der heitere Weichkeks fehlte, war das Bindeglied, das sie zusammenhielt, und die Stimmung oben hielt. Shachi war der Zucker zu ihrem bitteren Kaffee mit saurer Milch.   Luffy hielt in seiner schaukelnden Bewegung an, zeigte zum Horizont. „Da, die Sonne! Die Sonne geht auf!“ In der Hölle die Sonne. Law brauchte nicht mal hinzusehen, um zu wissen, dass er verarscht wurde. „Nun guck doch hin!“, forderte ihn Luffy auf, kletterte Laws Schlüsselbein rauf, stand auf der Schulter und drückte ihm seine Mini-Hände in die Wangen, um den Kopf zum Drehen zu bewegen. „Na... los... Komm... schon!“ „Ein andermal“, erwiderte Law trocken, reagierte nicht, schaute stur woandershin. „Gum Gum~ Gatling!“, trommelte es gegen seine Wange. Nervig. Aber immer noch kein Grund- „Hast du mich abgeleckt?!“ „Du schmeckst nicht, bäh! Shishi...“   „Ähm, Leute?“, war es Penguin, der Law dazu bewegte, zum Horizont zu sehen. Dort stand ein Mann. Gekleidet in hellblauem Feuer. Ein Licht, heller als alle Weltensterne. Penguin tat einen Schritt hinter Law, der unerschrocken vortrat. „Mit wem haben wir das Verleiden?“, forderte er Antworten.   Die Gesichtszüge des Blonden erweichten zu Milde und Wärme. Seine Augen wirkten so müde von so vielen Leben. Seine Stimme besaß Wissen und hielt das Licht inne. Er breitete seine Arme aus, in einer Geste herzlichen Willkommens. „Überliefert werde ich die Sonne genannt.“ Die blauen Flammen, die ihn umgaben, loderten machtvoll auf, erstreckten sich zum Himmelszelt, als würden sie danach greifen. „Seit er im Himmel ist... ist sie fort. Meine Sonne. Mit ihm gegangen. Ihr rotes Feuer.“   Die Essenz jeder Seele ist Liebe.   Der Mönch trat vor, seine strahlende Aura so hell, wie das Sonnenlicht selbst. Himmelblau. „Ich bin der erste und einzige Sohn Buddhas. 'Rahula', der Name, der mir gegeben. Mein Geburtsname. Hier und heute trage ich den meiner Wiedergeburt. Marco, der Phönix.“ Die Flammen, die ihn umrahmten, nahmen die Form des mystischen Wesens an. Die Lichtgestalt breitete seine Flügel aus, schlug geräuschvoll, wirbelte Wind auf und umschloss die Menschen in dessen flammenden Flügeln. Umarmte sie, empfing sie offenen Herzens.   „Kommt. Vater wünscht, euch zu sehen. Kommt mit mir.“   Mit mächtigen Flügelschlägen flog er davon, nahm die Menschen mit sich.   „Wohin?“ „Zum Himmel, yoi.“ Kapitel 6: Knockin' on Heaven's Door ------------------------------------ Gibt es einen Gott?   Wie viele Menschen erfragten dies.   Ratlos, irrend. Ewig suchend.   Wie viele zweifelten, waren überzeugt, erlagen Lügen.   Päpstliche Prediger, Antichrist-Apostel, Kirchenketzer.   Alles Lügner und Betrüger! Gottlose und Verstoßene.   Dem Himmelsgesetz unterworfen. Zur legitimen Strafe gebracht.   Wenn Unrecht empfunden, gab es den Allmächtigen nicht.   Wenn Glück erfahren, hieß es: 'Gott sei Dank'   Nur, wenn er den Menschen ihr Sehnen erfüllte, hatte er ihre Dankbarkeit verdient. Wo blieb die Gerechtigkeit?   Der Mensch nimmt, der Herr vergibt.   Ein Geben; Nie genug genommen.   Meist erst in der leidvollsten Stunde wandte der Ungläubige sich an Gott.   Dann, wenn es zu spät war, die geschwärzte Seele reinzuwaschen. Dann begann Mensch zu verstehen. Und zu hassen.   Statt zu lieben, was Gottes Schöpfung war, das Leben bedanken, seine Lieben bewahren.   Verhasste der Mensch.   Die Zeit, die zu schnell vergangen. Das Leben, das ihm verendet. Der Liebste, der ihm entnommen.   Gott, weil er nicht half. Obwohl keine Hilfe erwünscht.   Mensch suchte Schuld woanders; gefunden hatte er das Unglück.   Immerzu gierte er nach mehr. Nie reichte es ihm.   Reich an Materie, arm an Seele.   Verkümmert im Dunkel der Versuchung.   Suchen, suchen, suchen - und sich weiter verlieren.   Erst in der Hölle, lernte er zu schätzen.   Sein Leben – ein Geschenk. Sein Sterben – eine Erinnerung.   Zurück. Auf den Weg zu Licht und Liebe.   Der Abzweig Unterwelt genommen, falsch abgebogen, vom Pfad abgekommen.   Der Höllenspirale Existenz entronnen, zurück zum Ursprung, neu begonnen.   Im züchtigenden Fegefeuer geendet. Dort lernte er wahre Furcht kennen.   „Mich.“ Manisch grinste der Teufel. „Ich bin der Schrecken, der die Ewigkeit durchwandert. Das, wovor euch eure Eltern immer gewarnt haben. Der feuchte Alptraum einer jeden Jungfrau. Der mit der echten Schlange der Verführung. Dämonisch gutaussehend, unwiderstehlich stehlich. Das heißeste Eisen, die Blut befleckte Empfängnis: D.evil the Kid.“   „Ich applaudiere.“ Killer schlug seine schwarzen Flügel an ihren Spitzen zusammen, erzeugte einen flattrigen Windhauch, der seine langen blonden Haare kurzweilig beschwingte. „Dies war mit Abstand ein neuer Rekord in unnötiger Großspurigkeit, mein dunkler Lord.“   „Ha!“ Kid riss jubelnd die Fäuste in die Luft. Freute sich über… sich. Mal wieder. Bis der Todesengel ihn kalt ernüchterte. „Jedoch ist kein Publikum hier, vor dem du mit dir selbst prahlen kannst.“   Weil ihre Gäste vom Bankett verschwunden waren, aus ihrer Welt entflohen, entführt von einem Gottesdiener. Kid spie das Wort in Gedanken.   „Die Ficker wollen die Himmelspforte durchstoßen.“ Der teuflische Lippenzug vom Wahnsinn verzerrt.   Mit einer erschreckenden Ruhe genehmigte sich der Teufel ein Engelsauge. „Sollen sie es ruhig versuchen...“   Zu satanischen Kreuze kriechend, würde Trafalgar Law wieder zurückkommen. Und kommen, das würde er.   . . .   „Wir kommen näher.“   Mächtige Flügelschläge rauschten im Aufwind. Beruhigend, behütend, beschützend. Die Flügel eines Phönix, der sie trug. Von kalt-brennenden Daunen umschlossen, Law und Penguin in einer Umarmung menschlicher Nächstenliebe gehalten.   „Gut festhalten, yoi!“ „Aye!“ / „Keine Befehle!“   Die Menschen erhielten Zuflucht im mystischen Licht des göttlichen Wesens. Heiligkeit. Marcos Schwingen kämpften gegen die bedrückende Mauer des klagevollen Seelennebels; die Decke der Hölle, die sie durchstoßen mussten, um zu höheren Ebenen zu gelangen.   Penguin beging den Fehler und sah runter. „W-Wenn wir fallen, sind wir Kadavermatsch!“   Laws Stimme blieb die Sachlichkeit. „Ich bin so freundlich und korrigiere dich; 166,89 Kilo Masse von Blut und Eingeweide sowie zweihundertsechs gebrochenen Knochen Plus diverser anderweitig austretender Körperflüssigkeiten.“   „Sehr freundlich. Und gar nicht beunruhigend.“   Unter ihnen erkennbar die letzten Umrisse der Unterwelt; Kaidos Schädel-Ruine, des teuflischen Fürsten Schloss, die Krokodils Pyramiden, das süße Land des jungen Kaisers... alles verkleinerte, verwischte hinter Nebelschwaden, in deren Grau sie aufwärts flogen, weiter und weiter rauf. Begleitet von Jammergesängen leidender Seelen, deren Boshaft sich in schwache Herzen krallten, gewillt sie von Innen heraus zu zerreißen. Diese drei Herzen waren stark. Unantastbar für das Böse. Weil sie einen Schutzpatron bei sich hatten.   „Law…? D-Du glühst!“ Penguins geweiteten Augen sahen auf Laws Brust hinab, deren linke Seite in Sanftrot glimmte, den Schutzraum der umarmenden Phönixflügel erleuchtete. Marco schmunzelte. „Wir sind nah.“ „Nah woran?“   „Nicht woran; an wem.“ Marcos Stimme ein Federstreicheln der Seele. „Spürst du ihn nicht?“   Laws tätowierte Finger berührten das Licht, fassten sich an die Brust. Das Rot verstärkte sich, das Leuchten pulsierte, erschuf Buchstaben auf seinen Fingerknöcheln: Auf seiner rechten Hand: D E A T H Auf seiner linken: D E A R T H   „Was...?“ „Unsere Fahrkarte nach oben.“   Mit einem kräftigen Aufschwung katapultierte sich der Phönix in die Nebelmauer. Mitten in den Kern der Schwärze. Unaufhaltsam. Vorbei an geplagten Seelen, vorbei an allem Leid, es hinter sich lassend. Weit hinter ihnen. Laws Herzlaterne vertrieb das Unheil, wies ihnen den Weg.   Hinauf, höher und höher.   Zur geistigen Barriere, dem Rande des Wahnsinns.   Die Schwelle zwischen Leben und Tod.   Jenseits aller Vorstellungskraft. Das Undenkbare.   Alles – Nichts.   Es ward Finster. Dessen unreinste Form.   Das abgrundtief Böse.   Unnatürlich dunkel. Spürbar lechzend. H u n g r i g.   Des Schicksals verschlungene Pfade.   Wie Tentakel nach ihnen greifend.   Verfehlend. Vertrieben, verflossen. Tropfenden Herzens.   Es regnete. Durch das Höllendach.   Die Tränen des Vaters, der seinen Sohn vermisste.   Eis, das splitterte. Liebe, die währte.   Das kalte Herz des Mondbringers fror die Tränen zu Schneeflocken.   Es schneite. Weiß fiel gen Dunkel. Zerschlug es, beleuchtend.   Ein Riss im Schwarz tat sich auf. Ein Weg, der ihnen eröffnet. Ein Weltenriss.   Ein Licht über ihnen. Ein Fluchen unter ihnen.   Des Teufels Groll, der sich in einer gigantischen Metall-Faust manifestierte.   „Gleich hört ihr die fucking Engel singen!“   K.O. Der Knock Out Stream.   Endstation ... Der Anfang – Der Himmel     . . .     Egal was die Sterblichen erwartet hatten. Dies war es nicht.   „Wir…“ Laws Augenbraue hob sich. Peng endete; „müssen anstehen.“   Menschliche Augen richteten sich auf den schier endlos wirkenden Schlangenpfad, auf welchem sich weiße Wolkenerscheinungen tummelten. Verschiedene Weißtöne, die bestimmt irgendwas zu bedeuten hatten.   „Bei Gelb würde ich mir Gedanken machen“, brummte Penguin. „Erspare sie dir. Deine geringe Denk-Kapazität.“ Laws gut gemeinter Rat. „Wären wir keine Freunde, würde ich dich Arschloch nennen - Du Arsch.“   Die Wattewolken versperrten ihnen den Weg, erschwerten das Vorankommen. In einer Reihe standen sie, den Schlangenpfad einnehmend, wo in der Ferne ein Umriss einer Treppe zu erkennen war, die zu den Himmelstoren führte. Dem Reich der Heiligen gar?   Die weißen Gestalten tuschelten in einer anderen Sprache – „Lichtworte“, wie Marco geruhsam erklärte, eine Hand zu seiner Brust führend. „Von Herz zu Herz.“   Peng verkniff sich den zynischen Kommentar nicht. „Die sind doch tot. Nur noch Schall und-“ „-Licht. Nachhall und Licht.“ Marco konnte sie mitfühlen. Ihre Lebenserinnerung. Ihr Leuchten. „Öffne dein Herz und ein anderes öffnet dir.“   „Es öffnen, hm?“ Law besah sich die Wesen, machte gedankliche Notizen und fragte sich, ob man diese nicht sezieren konnte. Vielleicht gab es ja doch ein Herz unter weißem Dunst zu erforschen. Ein neben ihm stehendes Wölkchen machte sich unter dem intensiven Blick des Arztes kleiner, huschte eilig davon. Einschneidende Erlebnisse.   Eine Wolke mit Brille schwebte zu ihnen, in den wattigen Armen ein Klemmbrett haltend. „Nummer ziehen“, merkte es an, „Sie werden aufgerufen.“   „Bitte wie? Das darf doch wohl nicht wahr sein“, Law massierte sich den Nasenrücken. Penguin fiel vom Glauben ab – und rutschte durch den Boden des Pfades. „Verdaaammt!“   Law sah ihm über dem Wegesrand nach. „Wo willst du hin?“ - ‚Nen Abflug machen, siehste doch!‘ Tätowierte Finger hielten Penguin am Handgelenk. Law hatte sich rechtzeitig gekniet, um seinen Fall abzufangen. „Hiergeblieben. Allein mache ich diese Schmach garantiert nicht mit.“   Penguin schenkte ihm ein wackeliges Grinsen. „Puh, ich dachte ich würde-“ Und wurde losgelassen, ruderte noch mit den Armen, rief seinem Kameraden Verwünschungen nach, bis seine immer leiser werdende Stimme nicht mehr zu hören war. „Yoi, warum hast du ihn losgelassen?“ Marco legte seinen Kopf schief, sah dem Tiefflieger ebenfalls nach. Tatenlos.   Weil er dieses Funkeln in den Augen hatte, das Law mit Sympathie beleuchtete. „Darum“, zeigte Law auf die schwarzen Federn, die Penguin wie durch Teufelswerk wieder nach oben beförderten. Er zeterte und fluchte noch immer.   „...vermaledeiter Tunichtgut- Oh, hey“, verlegen kratzte Peng sich am Hinterkopf, „wie viel hast du gehört?“   „Nichts.“ „Nichts?“ „Weil du nichts Wichtiges gesagt hast, habe ich nicht zugehört.“ Freundlichkeit in Persona.   Schweigen. Dann versteckte Penguin seine Augen hinter der Kappe, fragte kleinlaut; „Sind sie weg?“, zeigte mit dem Daumen hinter sich, wo er dieses seltsame Gefühl einer Umarmung gespürt hatte. Eine mit Federn, die nur einem gehören konnten. Der tödlichen Versuchung.   „Sie waren nie da. Dies ist alles Einbildung.“ „Das beruhigt mich kein bisschen!“   Law würde nie anmerken, dass ihn dieses Gefühl im Schritt seit jeher nicht verließ. Zusammen mit dem gehörnten Arschgeweih, das nicht existierte. Und nicht überm Hintern brannte. Mitnichten!   „Gott sieht alles“, mahnte der Mönch. Stalker, der! „Mit einem dämonischen Mal werdet ihr die Himmelspforte nicht passieren können…“, überlegte der Gläubige laut, „es sei denn…“   Zwei Augenpaare sahen ihn teils skeptisch, teils fürchtend an. Dieses Schmunzeln Marcos war nicht mehr barmherzig!   . . .   Währenddessen über den Wolken, im Himmelsreich.   „Was ist das?“, fragte ein Engel an den anderen gewandt. Beide besahen sich die zwei runden Bälle, die plötzlich hier bei ihnen aufgetaucht waren. Sie waren hautfarben und besaßen einen Knopf an ihrer Oberseite. „Sag, ob wir diesen drücken dürfen?“   „Da sind sie ja!“, hopste jemand zwischen sie und pikte mit dem Zeigefinger einen der Bälle, der wackelte. „Meine Möp Möps!“   Die Engel sahen sich ratlos an. Engel waren geschlechtsneutral. Ohne diese Anatomie. „Was sind denn…“ Je eine weiße Feder löste sich von ihrer Flügelpracht, ging in Flammen auf. Beide Gottesgeschöpfe warfen sich auf die Knie, senkten demütig ihr Haupt. „Vergib uns Herr, wir haben gesündigt!“   Shachi blinzelte perplex. „Ach was“, wank er ab, „vergeben und vergessen!“   Die beiden Himmelsbewohner schlossen ihre erblindeten Augen. Wie viele Vater-Unser wohl nötig waren, um den Blick auf das Sündhafte rein zu waschen?   Shachi zuckte mit den Schultern, auf denen er seine Möp-Möps platzierte, um sie stolz durch die Gegend zu tragen. Schließlich waren sie ein Geschenk von Ivan-chan und er wollte auch ein hübscher Schwan werden, wie Bon-chan!   „Ich nenn euch Peng und Law – weil ich sie so sehr vermisse!“   Dass er damit die Sünde in den Himmel brachte, war ihm nicht bewusst. Aber über die vielen weißen Federn am Boden wunderte er sich schon… Vorsorglich sammelte er sie alle ein, Umweltverschmutzung war ja nicht nett. Vielleicht konnte man die ja noch gebrauchen?   . . .   „Lächerlich“, kommentierte Law das Sonnengewand, welches sie umkleidete; Ein hellblaues Licht, das nur das Feuer eines Phönix erzeugen konnte. Es war unbeschreiblich warm und doch so unvollständig kalt. Die Wärme der Dual-Flamme fehlte. Ace…   Tiefes Schweigen ergriff den Mönch. Innere Stille, die aufschrie. „Ich werde dich finden…“, flüsterte Marco dem Himmel entgegen. Dort, wo die letzte Wiederkehr stattfinden sollte. „Warte nicht auf mich – Die Zeit führt uns nicht zusammen.“ Ein Lächeln der Erinnerung. „Die ewige Liebe wird es.“   Geduld und Ruhe kehrten ein. Die hier nicht existente Zeit schritt voran. Nach und nach rückten sie in der Schlange vor. Bis sie schließlich dran waren und die vielen Treppen der Himmelsleiter emporsteigen durften. Eine Ehre. Fühlte sich nur weniger ehrenvoll an. Es dauerte eine Ewigkeit – die man schließlich hatte, wenn man hier angelangt war.   Penguin schnaubte. „Ich hasse Treppen, die sind so stufig. Wer erfindet sowas?“ Law stimmte mit ein. „So viel Zeit… und noch immer keine bewegliche Treppe erfunden – Gottes Schöpfung ist wohl erschöpft. Und veraltet.“   Marco schwebte auf Phönixflügeln neben ihnen. Schmunzelnd. „Gottes Wege sind unergründlich…“ „Er nimmt bestimmt nicht diesen Weg. Sonst hätte er ihn längst umgebaut.“   Dem Kappenträger lief der Schweiß von der Stirn, die er sich außer Puste wischte. Law, in all seiner perfektionierten Erhabenheit, ließ sich nichts anmerken. Sein Hemd haftete ihm nicht am nassen Rücken. Natürlich nicht.   Ein gelangweilt aussehender Beamter nahm sie in Empfang. „Petrus? Bist du das?“, Marco grinste.   Der ergraute Pförtner schenkte ihm ein schmales Schmunzeln. Widmete sich dann den Menschen – erneut zu Tode gelangweilt. Er sprach sehr sehr langsam. Obwohl er sich in Lichtgeschwindigkeit fortbewegen konnte.   Beim Sprechen verrenkten sich seine Gesichtsmuskel, sein Mund verzog sich stark. Die Silben streckten sich in die Länge. „Eure Passierscheine?“, wurden sie ohne mit Umschweife aufgefordert, hielten ihre Tickets hoch. „So tretet vor zur Verlesung eurer Lebensgeschichte…“   „Die kennen wir schon“, Penguin rollte die Augen. Law zischte ungeduldig: „Wir haben es eilig. Geht das nicht schneller als am Totensonntag, wenn ich bitten dürfte?“   „Dürfen Sie nicht. Ahhh-men.“   . . .   Shachi derweil summte ein Lied. „Wandern auf Sonnenschein~ Ich wander auf dem Sonnenschein~“ - tat er wirklich. Während die Himmelsbewohner durchs finstere Tal wanderten – dem Tunnel neben der Wolkenschlossallee, weil’s eine Abkürzung war – hopste Shachi auf den Sonnenstrahlen, die sich wie ein goldener Weg vor ihm auftaten. Die Sonne er selbst – aus seinem Herzen heraus scheinend – rieselte funkelndes Glitter unter seinen Schritten. „Ich bin ein Glücksbärchi!“   Zu seinem fröhlichen Lachen gesellte sich eines mit einem sonnigen ShiShi~ Trommeln des Friedens verlauteten. Ihre Klänge der Fröhlichkeit, die sein Herz anschlug. Sein Strahlen, das die Welt erhellte. Er wie eine Wolkenformation, die tanzend feierte und einen Strohhut aufhatte.   „Was feiern wir?“, fragte Luffy, wusste die Antwort, die Shachi summte: „Das Jetzt!“   Jetzt ist, wann man lebt. Jetzt ist, wo man ist. Jetzt fühlt.   Während die beiden ihren Spaß hatten, traten die Himmelsbewohner einen schweren Weg an. Die Engel versammelten sich zur Gottesweihe. Doch davor musste einer nach dem anderen zum Beichtstuhl.   „Stuhlgang? Das ist ja ein großer Haufen Schei-“ „Scheitern, in der Tat, mein dunkler König.“   Wer hatte denn das Pentagramm dorthin gekritzelt? Rot geschminkte Lippen beleckten sich in sündhafter Vorfreude.   . . .   Am Eingang ward weiterhin Geduld angebracht. Die Lesung dauerte an. Es war nur ein Teil dessen, was sich ihnen offenbaren sollte. Law und Penguin wurden geprüft.   Schließlich, endlich und ewig; die Menschen schritten durch das Himmelstor, welches sich ihnen öffnete. Von reinem Licht empfangen, durchfuhr sie die Wärme wahrer Liebe. Der allgegenwärtigen auf Erden, hier ihren Ursprungsquell findend. Der Anfang und das Ende.   So eröffneten sich ihnen die Welt ihres eigenen Seins. Ihres Jetzigen. Jahre zuvor…   „Hat Lawli Aua gemacht?“ Ein erwachsener Law blickte ihm durch Kinderaugen entgegen. Dem großgewachsenen Mann im schwarzen Federmantel. In seiner Hand eine Box mit Pflaster, von denen etliche an ihm selbst hafteten.   „Such dir eins aus“, drehte der Blonde sich um sich selbst, präsentierte seinen Pflaster-Schmuck mit tierischen Motiven, „was darf’s denn sein? Ein Pandalein vielleicht? Ein Bärchen? Oder ein Schneeleopard? ...Den hab ich leider nicht da, aber warte!“, zückte er einen Stift, „ich mal dir einen drauf!“   Der Junge mit zu großer Plüschmütze plusterte seine Backen auf, drehte sich beleidigt weg. „Behandle mich nicht wie ein Baby, Cora-san.“   Tätschelnd klopfte der Vater seinem Sohn aufs Haupt, drückte die Mütze runter, sodass sie Kinderaugen verdeckte. „Ich weiß, ich weiß. Ein großer Junge mit noch größerem Herz. Nicht wahr, mein Engel?“   Kleine Finger krallten sich in die Plüschmütze, hielten sich daran fest. Ganz plötzlich wurde ihm warm. „Warum weinst du denn, Law?“   In den Arm wurde er genommen. Nicht das erinnernde Kind – der geliebte Sohn. Trafalgar Law, der all dies erneut erlebte. „D-Du bist nicht echt. Du bist tot!“   Sanft an den Schultern genommen, sah der Vater seinem Sohn tief in die Augen. „Selbst wenn… Ich werde immer bei dir sein. Hörst du, Law? Für immer und ewig.“   „Lügner.“ „Hier“, tippte Corazon ihm an die Brust. Law verdrehte die Augen. „Das Herz? Das ist nur ein anatomisches-“   „Nicht das Herz“, belehrte der Vater in sanftmütigem Ton, „deine Seele. Mein Licht wird dich begleiten, wo auch immer du hingehst. Ich werde über dich wachen.“   „Vergiss nie deine Träume, mein Engel.“ Es heißt, in Träumen spiegeln sich Leben wider. Vergangene? Parallele? Neue? Oder sind es Botschaften Liebender, die uns nah sein wollen? Träumende lernen zu leben und Lebende zu träumen.   Lebe, Law.     Illusionen verschwammen, Farben verwischten, Gefühle blieben. In einem anderen Seelenspiegel zeichnete sich ein Wald ins geistige Gebilde. Zwischen den Bäumen versteckt ein Junge mit einer schmalen Schlange auf seinem Arm, die sich um selbigen schlängelte, hin zu seinem Hals.   „Du machst mir keine Angst“, murrte er ihr zu, hielt Blickkontakt, duellierte sich eisernen Willens mit ihr. Am ganzen Körper zitternd vor Furcht, nicht aufgebend. „Du bist nur eine Schlange und ich bin… bin…“   „So cool!“, rief ihm jemand, den er später als Shachi kennenlernte, von den Baumkronen zu. „Schlangi ist eine Liebe, hab sie auch schon oft auf dem Arm gehabt und gestreichelt. Eine echte Ra-rität!“   Die Schlange verengte ihren Würgegriff, schnitt dem Jungen das Blut samt Luft ab. Einer von Glück gesegnet, einer vom Pech verfolgt. Doch nicht nur von diesem… Eine schwarze Feder schwebte auf das Tier hinab, bettete sich auf dessen Kopf, ganz zart – Die Schlange erschlaffte, ließ vom Jungen ab, fiel zu Boden, leblos. Es war an der Zeit. Ihrer Zeit. Abgeholt. Begleitet. Zum Totenreich.   Penguin, der die Kernerinnerung seiner Seele auf himmlischen Pfaden bewanderte, starrte auf die Feder, die nun so viel mehr Sinn ergab als zu jeder Zeit… Wie lange bewachst du mich schon?   Oft hatte er es miterlebt. Elend, Unglück, Ableben. Ein Pechbringer, der von etwas bestraft. War dies das sogenannte Schicksal? Oder wurde an selbigem gepfuscht? Antworten, um die nur der Allwissende wusste. Nur dieser? Der Todesengel war eine Begleiterscheinung Penguins.   „So etwas gibt es nicht.“ „Es gibt vieles, was es nicht gibt.“   ...Gibt es dich?     Endlich im Himmel angekommen. Den ersten Schritt getan, den Fuß auf englischen Boden gesetzt. Welcome~   Niemand da. Kein Empfang, kein irgendwas. Nur das endlose Weiß vieler vieler Wolken, hinter denen sich Bauten auftaten. Golden, edel, makellos – erinnernd an den Stil des irdischen Taj Mahal, in Indien. Doch nur auf einer Seite. Überall wirkten die Stile anders, grundlegend unterschiedlich – der Erinnerung der einstigen Lebenden nachempfunden. Engelswerk.   „Kitsch“, kommentierte Penguin, Law nickte zustimmend; „wahrlich eine Übertreibung.“   Marco besah sie mit gehobener Braue. „Seid ihr hier, um den Baustil zu kritisieren?“, seine Stimme gewann an Bedeutung, „Ich nicht.“   Weit breitete Marco seine blauflammenen Flügel aus, katapultierte sich mit einem kräftigen Aufschwung in die Lüfte, wo er Ausschau nach seinem Vermissten hielt. Ein letzter Blick zu den Menschen hinab. „Von hier an werdet ihr den Himmelspfad allein bestreiten müssen. Ihr seid niemals allein, vergesst dies nicht. Folgt eurem Herzen, es wird euch den Weg weisen.“ Wie es auch ihn zu Ace führen wird. Dann, wenn es an der Zeit ist.   Der Phönix flog feurigen Herzens davon. Und die Menschen standen vor ihrer Herausforderung.   „Sag mal, Law… Kannst du englisch?“ „Ich kann alles.“ Natürlich konnte er das. „Dir mangelt es echt nicht an Selbstwert.“   „Dir bedauerlicherweise schon.“ - Mitgefühl in Freundlichkeit verpackt. Penguin seufzte. „Du kannst einen wirklich aufbauen.“   „Hätte ich Architekt werden wollen, hätte ich mein Medizinstudium nicht mit Bestnote abgeschlossen.“ Laws bärtiges Kinn hob sich.   „Alles bestens und perfekt, klar doch.“ Penguins Grinsen wich einem Erschaudern. „Du, dein Medizinstudium aufgeben? Niemals. Dafür genießt du es viel zu sehr, Sachen aufzuschneiden. Ehrlich; dir morgens zuzusehen, wie du das Frühstückbrötchen sezierst, verdirbt mir immer den Appetit.“ „Gern geschehen.“   Sie schritten voran, ihr Gespräch in ein freundschaftliches Schweigen übergegangen. Je näher sie den Bauten kamen, desto intensiver wurde die Atmosphäre. Schwer von Bedeutung. Gefühlsfülle. Glaube. Wahrhaftigkeit. Sie gehörten hier nicht her, man wollte sie hier nicht. Als würde Schwerkraft wirken, erschwerte es ihnen das Vorankommen. Ihre Schritte wurden langsamer. In Wolken gedrückt, deren Beschaffenheit nachgab. Irdische Sümpfe waren nichts dagegen.   Penguin ächzte, fluchte, trampelte unbeholfen weiter. „Nochmal falle ich nicht durch!“ Laws Gehstil blieb aufrecht und edel. „Durchfallen war nie eine Option.“   „Für wen machst du eigentlich immer so eine Szene, Law?“ „Für mich.“ Natürlich. „Mein Narzissmus möchte genährt werden.“   „Weißt du, was noch heller strahlt, als dein poliertes Ego?“ „Ich möchte dies nicht in Erfahrung bringen und dennoch wirst du es mir mitteilen.“ „Genau das ist der Grund, warum Shachi nicht mehr 'Ich-sehe-was-was-du-nicht-siehst' mit dir spielt.“ „Und dies ist bedauerlich weil? Ich sehe darin reine Vorteilhaftigkeit.“ „Okay, okay. Nochmal von vorne; ich sehe was und das ist-“   „Huhuuu~!“ Über ihnen strahlte die Sonne. In Menschform. Das Schlagen von Hufen erklang. Ein Pferd – ein Einhorn?! – das einen Regenbogen nach sich zog. Shachi saß darauf, winkte seinen Freunden zu, die ihre Blicke eilig abwandten.   „Meine Augen!“, brummte Penguin. Zu bunt, zu kitschig, zu Shachi. „Für wahr eine optische Beleidigung“, Law fauchte wie ein Vampir. Beide gingen einfach weiter. „Hey!“ / „Entschuldigung.“   Noch ehe das weiße Ross den Wolkenboden berührte, sprang Shachi seinen Freunden um den Hals. Beide Arme um sie geschlungen, drückte er sie fest an sich. „Ich hab euch sooo vermisst! Schön euch wiederzusehen. Wo ward ihr? Und habt ihr meine Möp-Möps gesehen? Hab sie wieder verlegt…“   Der Schwall an Worten prallte an Law und Penguin ab. Macht der Gewohnheit. Penguin zog seine Kappe tiefer. Nein, seine Augen funkelten nicht. Und Laws Augenzucken hatte sich auch nicht beruhigt, seit er den Verlorenen wiedergesehen hatte. Ihr Bündnis fühlte sich wieder vollständig an. So sah Wiedersehensfreude aus.   „Ihr freut euch gar nicht“, Shachi blies die Backen auf. „Tun wir“, Penguin bohrte seinen Zeigefinder in die sommersprossige Wange, die die Luft auspustete. „Bloß haben wir schon so eine kitschige Szene bei deinem Abschied hingelegt. Brauchen wir nicht auch noch beim Wiedersehen.“ - Logik?   Neben ihnen scharte jemand die Hufen. „Bekomme ich keine Umarmung?“, sah das mystische Pferd betreten zur Seite, schämte sich für die schüchterte Frage. Law trat vor. Mit den Fingerspitzen tupfte er Bepo auf den Kopf, den er an die Hand seines menschlichen Gefährten lehnte. Nun mit der ganzen Hand fühlte. „Ich mag dich. Entschuldigung.“   „Wirst du rot, Law?“ Penguins Grinsen wurde von Shachis gespiegelt. „Deine Ohren glühen~“   Ein Zungenschnalzen. Dann schwang Law sich auf das Ross und- „Hey, lass uns nicht wieder hier stehen!“ …Genau das tat er.   Penguin seufzte. „Unglaublich.“ Und warf Shachi einen Seitenblick zu, ehe er ihm zu schmunzelte. „Hast gefehlt, Brüderchen“, strubbelte er Shachi durchs Haar. Wahre Bruderliebe.   Shachi schniefte ein Lächeln. „Willst du mal meinen Regenbogen sehen?“ „Unter anderen Umständen würde das echt makaber klingen… Zeig her.“   Und so fanden auch sie ihre Abkürzung. Eine große, viel zu bunte Rutsche.   „Juhuuu~“ „Verfluuucht!“   . . .   Vor dem Tempel des himmlischen Taj Mahal.   Betend faltete die Engelschar ihre Hände vor der Brust. Ihre weißen Flügel ehrfürchtig und dienend angelegt. Ihr Haupt gesenkt, ihre Augen geschlossen. In Demut vor ihrem Schöpfer, dem sie Ehre erwiesen.   Einer der oberen Himmelsdiener verlas die heilige Kunde. Ein nachsprechendes Murmeln ging durch die Reihen der Betenden.   „Vater unser, der du bist im Himmel. Geheiligt werde dein Name. Dein Reich komme. Dein Wille geschehe. Wie im Himmel…“   So nicht in der Hölle. So nicht, Daddy!   Der Teufel knackte seine Fäuste. „Devil is home, Birdie Bitches!“   „Hört, hört~“ Mit einem dämonischen Grinsen bemächtigte das Übel sich dem Mikro samt Sprechpult, vor das er sich präsentierend stellte. In all seiner sündigen Gloria. Wieder ein paar eingebüßte weiße Federn… Engelsblicke auf sich gezogen, begann Kid seine Ansprache.   „Sperma mein, das du bist im Pimmel. Gegeiligt werde mein Name. Ich komme~ Mein Wille geschehe. Wie im Bett, so auch in allen andren Bumsbaracken.“   Kids Blick machte Law abseits der Menge aus. Sündhaft goldene Augen verfluchten Laws. Und der Teufel selbst verkündete die Auferstehung. ...Seiner Hosenschlange.   „Dein Arsch knacke, mach dich nacke. Zack, Zacke.“   Geweitete Engelsaugen richtete sich allesamt auf Law. „Ich kenne diesen Okkultisten nicht.“ Eiskalt wandte er sich ab, gefassten Schrittes davon. Neutral nickte er der Menge zu. „Weitermachen.“ Und sie hörten auf ihn. Weil Law Teufelswerk war. So knieten sie erneut nieder und murmelten ihr Gebet.   Killer – der Beobachter weit oberhalb aller, chillend auf einer Wolke – legte seinen Kopf schief. Höchst interessante Wendungen des Schicksals, das musste man der Unendlichen Geschichte lassen. Auch Schöpfergeschichte genannt. Doch das, was nie überliefert; Killer hatte jedes Kapitel gelesen. Selbst die überarbeiteten. Die gelöschten. Die niemals erzählten…   Killer hörte sie allzeit im Ewig. Ihr sanftes Kratzen, ihre Schwingung. Die Feder, die stetig in Bewegung, die alles verfasste. Die schwarze Tinte des Kosmos nutzend. Weitreichend. Irdische Sterne symbolisierten die Punkte einer jeden abgeschlossenen Lebensgeschichte. Menschen nannten sie ihre Lieben, die über sie wachten. Nicht gänzlich abwegig…   Wie oft wohl eine der Buchseiten in letzter Zeit rausgerissen und umgeschrieben werden musste? Seit all dies hier vonstatten ging. Seit die drei Weltenreisenden das Schicksal herausforderten. Es veränderte vieles. Wie amüsant es doch war, mehr zu wissen als alle anderen. Unwissen war Segen und Fluch. Der Zugriff auf Allwissen und Schicksalsschriften ein hohes Privileg. Killers Schmunzeln war eines der Verheißung. Dafür lohnte sich die ewige Existenz. Dafür und für…   „Peng Peng, schau mal! Nun schau doch her! Huhu! Guckguck! Hallöööli~“ Shachi rüttelte an seinem besten Freund, den er an den Schultern gepackt hatte. Direkt vor ihm stehend. Doch die Augen des Kappenträgers gingen einfach an ihm vorbei; waren starr nach oben gerichtet. „Was ist denn da?“   Shachi folgte Penguins Blick, konnte aber nichts ausmachen. „Was verpass ich? Ich muss es wissen!“ Langsam wanderten Penguins Augen zurück zu Shachis, ehe er den Kopf schüttelte. „Nichts.“ Nur eine ganz üble Vorahnung.   „Menno, wie gemein!“ Beleidigt verzog Shachi eine Schmolllippe, holte eine der Engelsfedern hervor - eine besonders große wie schöne - und streichelte sie. „Du hörst mir zu, nicht wahr? Mein Federlinchen…“   In seiner Handfläche sprang die Feder plötzlich auf, hüpfte aufgeregt umher. „Hihi, das kitzelt! Hm? Was willst du mir sagen? Du und deine Kameraden wollt tanzen?“   Die Feder schwebte vor Shachis Augen, kritzelte etwas Unsichtbares dorthin.     ༄~Nur mit dem Herzen kannst du den Himmel berühren.~༄   Ba-bumm. Aus einem Herzimpuls heraus tat Shachi es; warf die weißen Daunen so hoch er konnte. Engelsfedern schwebten durch die Lüfte, verteilten sich, stellten sich auf, schrieben Zeilen ins Lichtblau des Himmels. Nicht jeder konnte sie lesen. Nur die Richtigen verstanden. Und aus der Ferne erklang der Nachruf.   In Herzgold eingegossen; Himmelsglocken stimmten es an. In Trauer, in Hoffnung, in Anteilnahme. Fühlst du es auch?   Auf Erden nannten sie es Engelschöre, die sangen. Hier, im Reich von Wolkenwärme und ewigen Lichts, war es der Spiegel dessen; Die Reflexion der Herzlichkeit in Resonanz zur allumfassenden Liebe. Wenn Mensch liebt, vergisst das Herz nie. Selbst nach dem Versterben nicht. Egal in welchem Leben. Ein Engel erinnert, wer ihn hatte geliebt.   Es brauchte keine Worte, diese Sprache war eine formlose. Nur für den Empfänger verstehbar, fühlbar. Herzgedanken, von lächelnden Tränen von Erden zum Himmel geschickt.   „Ich vermisse dich…“ „Hoffe, dir geht es gut, wo du bist…“ „Mach dir keine Sorgen um mich…“   „Wir sehen uns wieder...“ „Grüß ihn/sie von mir...“ „Ruhe in Frieden…“   Ich liebe dich. Liebe dich… Liebe…   Der Anfang und das Ende. Ein Gefühl. In die Ewigkeit graviert.   Auf Erden ging zeitweilen die Sonne auf. Licht, das zwischen den Welten brach, überbracht in liebevoller Verbundenheit. Selbst der Tod vermochte sie nicht zu trennen. Die tiefste Verbindung, in Schicksalsketten gefestigt, der Anker aller Zeit. Wahre Liebe.   Liebesbriefe Hinterbliebener vereinten sich zu Strophen einer Melodie, die im Himmel erstrahlte. Durch die Wolken dringend, im Nachleben die Erleuchtung bringend. Engelsflügel regenerierten sich. Mehr und mehr Federn fanden zurück auf Engelsrücken, eine jede in liebendem Herzschlag erschaffen.   Darum brauchte es die, die im Leben zurückblieben. Die Trauernden. Damit Engel bestehen konnten. Damit die Lichthüter über ihr Wertvolles wachen konnten. Ihr größter Schatz.   „Was ist das auf deiner Schulter, Law?“ „Erneut falle ich nicht darauf rein, Peng-ya.“ „Nein, wirklich.“ Penguin zeigte auf die einzelne Daune, die dort an Law haftete. „Was-?“   „Nichts“, war es Kid, der sie ausrupfte, zwischen seinen Fingern verbrannte. Sein Gesicht verzog sich schmerzvoll. Dieses elende Licht – Es fügte ihm Schaden zu. Er nahm es auf sich. Der Schmerz war nichts im Vergleich zu… Nein, niemals!   Law durfte nicht von dieser scheußlichen Emotion gebrandmarkt werden. Warum die Feder metallen war, wusste nur der Allwissende. Und dieser war anwesend. Allzeit. Überall. Denn Gott sah alles. Und was er unter seinen Kindern erblickte, erzürnte ihn.     Kid schnalzte die Zunge, die ihm zu nutzen verwehrt. Eine Verbannung auf ihn angewandt, ihn zum Stillschweigen gebracht. Gottes Wille, seinen Sohn zu lehren.   Ist es dafür nicht etwas spät, Daddy? Erziehung fehlgeschlagen, würd ich sagen.   Kids Busch brannte. … Au fuck au! Und Gott sprach; „Es ist nie zu spät, um sich der Liebe zuzuwenden, Sohn.“   „Raus aus meinem Kopf!“, Kid krallte sich ans Horn – eines fehlte, längst dem Kraftraub als Tribut gezahlt, „und weg von meinen Kingsize-Klöten!“   Reflexartig drehte er sich zu Law. „Oi, tret mir mal in die- Fuuuck!“ Laws Schuhspitze schnellte gezielt in teuflische Gefilde. „Nichts lieber als das.“ Zuwendung, genannt.   Penguins Ellbogen stieß in die Rippenseite des erschienenen Todesengels. „Sieh sie dir an. Gibt’s ein ehrlicheres Liebesgeständnis?“, witzelte Peng und grinste Killer an.   Die Atmosphäre änderte sich schlagartig. „Gibt es.“ Killer umschloss ihn langsam mit seinen schwarzen Flügeln, schirmte sie beide von allem ab. Dann lehnte er sich zu Penguin hinab. Weiter, nah, näher. Penguins Augen weiteten sich.   H-Hey. Was hast du vor? Ich werde dich küssen. So plötzlich?! Warte! I-Ich bin noch nicht-   Bereit war nur Penguins Herz, das Killer mit Ehrlichkeit begegnete. Die kalten Lippen des Todes erflehten die des Lebens. Killers geschlossenen legten sich auf Penguins geöffneten. Eine so innige Berührung, die den Stillstand der Zeit verursachte. Wahrhaftig.   Um sie gefroren alle Figuren, im Zeitriss verschleiert zur Nebensächlichkeit. Einzig ihre Lippen in Bewegung, die einander ertasteten. Penguins Atem vom dunklen Engel geraubt. Dieser erfühlte sie. Penguins Herzensmelodie, die ihm bislang verwehrt geblieben. Eine Melodie, die einen Text suchte. Geschrieben von einer dunklen Feder und blutschwarzer Tinte. Schwarz wie die winzige Träne, die Killers Wange hinab schlich.   Ein totes Engelsherz, das reanimiert. Ein Impuls, der durch Raum und Zeit reichte. Über den Tod hinaus. In verankerter Erinnerung an-   Abrupt löste sich Penguin. „Verdammt. Mir… ist schwindelig“, hielt er sich den Kopf, kniff die Augen zusammen, während um sie die Zeit wieder voranschritt. „-uuuck!“ Des Teufels abgebrochenes Fluchen endete.   Die schwarze Träne verbrannte, ungesehen. Aber nicht ungefühlt. „Verzeih.“ Killers Schmunzeln nur halb entschuldigend. „Meine Küsse sind umwerfend.“   Penguins Augen verengten sich, besahen ihn kritisch. „Was hast du gemacht?“ Keine Antwort. „Bist du ein Sukkubus oder sowas?“ Ein lockeres Zucken von schwarzen Flügeln. „Nicht gänzlich.“ Und er schwieg. „Dan-ke für die so ausführliche Erklärung, Arschloch.“ „Gern geschehen, Bittersweetheart.“   Penguins Blick blieb anklagend. „Das ist alles andere als romantisch, weißt du.“ „Ich weiß. Die Romanische Zeit ist Geschichte.“ Killer hatte sie gelesen. „Du- vergiss es. Vergiss einfach alles, was mit dir und mir zu tun hat.“ „Unmöglich. Ich vergesse nicht.“ „Gibt für alles ein erstes Mal, nicht? Guter Zeitpunkt, um damit anzufangen.“   Killer Schmunzeln war ein verführendes. „Ich sehe deine Lippen bewegen und frage mich – warum die meinigen nicht darauf sind.“ Penguin raufte sich die Kappe. „Grah! Kusch Kusch, verschwinde, Rabengefieder!“   Killers Lachen ging Penguin nah – was er sich nicht eingestand. „Natürlich nicht.“ Killers Kommentar - Raus aus meinen Gedanken! „Ich bin in deinen Gedanken? Wie schmeichelhaft.“   Killer wiegte den Kopf. „'Rabengefieder', hm? … Dies ist der niedlichste Spitzname, den du mir je gegeben hast.“   Shachi tänzelte hopsend um sie, warf mit schwarzen Rosenblüten um sich. „Habt ihr euch lieeeb?“   „Nein!“, kam es wie aus der Pistole geschossen von Penguin, der eine der Blüten verschluckte und aushustete. „Ver-flu-ucht!“, fiel ihm ein, dass nach höllischen Gesetzen Nein Ja hieß und der ganze Mist viel zu kompliziert war!   „Was er sagt“, wank Killers schwarzer Flügel zu dem sich ärgernden Mensch. Zu niedlich~   Weißt du, Menschlein… „Einst warst du ein Schmetterling.“ „Hm?“, Penguin blickte Killer fragend an. „Ich habe nichts gesagt.“   Eines Tages… wirst du verstehen. Ich warte auf den Tag. Auf dich.     Kid, der sich in die Hose schaute, murrte. Buschbrand ausgetreten. „Ey, können wir uns jetzt wieder um wichtige Dinge kümmern? - meine Klöten.“ Law setzte zum nächsten Tritt an. „Fuck, nein, stopp!“, hielt Kid sich den pochenden Schritt zu.   „Bedauerlich“, seufzte Law, ehrlich enttäuscht. „Es begann, mir Freude zu bereiten.“ Kid hob eine haarlose Augenbraue. „Ich weiß ja, dass’de an meine Eier ran willst, aber dass’de so pervers bist... Dominus-Neigung?“   Shachis sinnreiche Beifügung; „Minus und Minus ergibt Plus!“ Penguin klatschte in die Hände. „Wow. Clever kombiniert, Krümelmonster.“ Shachi strahlte ihn an. „Ich weiß, Danki! Nett von dir, Peng Peng.“   Ein Räuspern erbebte den Himmel. Die Engel gingen in die Knie, verneigten sich vor ihrem Erschaffer.   Kid buhte. „Bleib, wo der Pimmel wächst!“ Luffy klatschte. „Jetzt geht’s los, wuhu!“ „Woher kommst du wieder angekrochen?“ „Aus Laws Herzen.“   Genannter erschauderte in Ekel. „Ich habe kein Herz.“ Peng rollte die Augen. „Natürlich nicht, Drama machen wir gar keins. Besser als wenn er dir aus dem Arsch gekroch-“ Ob der grazile Tritt in die Pinguineier verdient war, darüber ließe sich gewiss streiten.   „Wer bist du?“ Shachi wandte sich ihm zu. Und er erschien ihnen. Luffy zeigte auf ihn: „Da ist er! Da ist Gott!“ Mit langer Nase, schwarzem Lockenkopf und ängstlich am Bibbern. „H-Hey, Luffy. Ich will kein Gott mehr sein!“   Und die Menge – verwandelt in Gladiatoren und Muskelmänner-Frauen – jubelte. „Gott Lysop! Gott Lysop!“ Luffy fiel ihm lachend um den Hals. Gegenwehr unmöglich. Stolz präsentierte der Strohhut ihm seine Kritzel-Zeichnung seines Bruders Ace. Lysop prustete los. „Wie aus dem Gesicht geschnitten!“   Laws Seufzen war ein genervtes. „Dies… soll der gefürchtete Weltenschöpfer sein?“ Wenn Sarkasmus einen Ton hatte, dann war es dieser.   In Blauflammen erschien er. Gerufen. Gebraucht. Marcos Stimme war die von Ergriffenheit. „Nein. Mein Vater ist ein anderer.“   Gibt es einen Gott? Die Antwort lautet: Ja und Nein. Es gibt ihn. Manchmal und oft. In einer Vielzahl.   Denn Gott hatte viele Gestalten. Göttlichkeit war in allen seinen Schöpfungen. In Verbundenheit mit allem, in Gedenken an das Allumfassende. In Glaube. Gott ist alles und nichts. Immer bei einem, nie dort. Engel seine Unterstützer, die helfen, wenn darum gebeten. Je stärker der Glaube, desto farbkräftiger Gottes Erscheinung. Jeder hatte sein eigenes Glaubensbild von ihm. Manche auch keines…   „Dies ist er. Wahrhaftig.“ Vor Marco erschien eine überragende Figur eines Mannes mit weißem Bart. „Vater…“   Dieser lachte. In grollendem Ton wahrer Väterlichkeit. „Gurarara! Mein Sohn. Sieh dich an. Wie groß du geworden bist! Wie geht’s deinen Brüdern und Schwestern? Sind meine Blagen wohlauf?“   „Sie-“ Marko schluckte. „Sie sind der Pest zum Opfer gefallen.“ Du solltest dies wissen… testest mich. Meine mentale und emotionale Stärke. Bitternis ergriff den Mönch, schwärzte seine heilige Aura. „Nur ich und Teach sind übrig geblieben. Letzterer ist abgehauen, yoi. Ich habe das Kloster auf dein Geheiß nicht verlassen… bis jetzt.“   Statt einem Tadel, stellte der Überragende eine weitere Frage. „Wo ist Ace?“ Schmerz, der Marco erfasste. Verlust. Vermissen. Sein Blick wich aus. „Ich… habe dieses Wissen nicht, Vater.“   Marcos Augen suchten die seines Hoffnungsankers. „Weißt du es nicht, yoi?“ Gott wusste alles. Nicht wahr? Marcos Hoffnungsfunke wurde erstickt. „Selbst wenn, dürfte ich es dir nicht verraten… Das himmlische Gesetz verbietet es.“   „Warum?“ Marcos Stimme festigte sich in Wut. „Du machst doch die Gesetze! Warum darf ich ihn nicht sehen?!“   Friedlich und ruhig der väterliche Ton. „Er war deine Strafe. Du hast sie verbüßt.“   „Das war’s? Einfach so?“, gehetzt klang der Phönix, der seine Flügel ausbreitete, in Flammen aufging. „Das akzeptiere ich nicht!“   Die zurückgehaltenen Emotionen – über Jahre des Einsiedlerseins und der Meditation, die in zerstreute Gedanken ausartete – brachen im blauen Feuer aus. Dunkle Schatten warf es. Die mystische Kreatur bäumte sich auf, in Angriffsstellung.   Whitebeards Augen weiteten sich. Amüsiert? „Sehen meine müden Augen das richtig: Du bedrohst mich, mein Sohn?“   Niemals. Marco war ein guter Sohn. Ein treues Familienmitglied – das treueste. Sein Erstgeborener. Leiblich. Noch nie hatte er sich aufgelehnt. Ansprüche gestellt. Seinem Vater widersprochen. Bis heute.   Menschliche Emotionen trübten die Reinheit des Mönches. „Wenn es mir ihn zurückbringt – Nur zu, bestrafe mich!“   Whitebeards Schmunzeln war ein schmales. „Ich habe solch einen törichten Sohn.“ Sein Seufzen klang milde. Verständnisvoll.   Der Wahrhaftige richtete sich auf, stand vor seinem Sohn in mystischer Gestalt. Der überragende Mann griff sich seine Waffe, auf die er sich stützte. Der Kriegsstab – ein Naginata: Nagi = Schlange; der biblischen Verführerin nachempfunden – wurde auf Boden gestampft. Sturm heraufbeschworen. Wolken teilten sich.   „Ist es das, was du willst, Marco? Eine Lehre?“ Belustigung funkelte in den Augen aller Weltenwissen. „So sei es. Komm! Kämpfe gegen mich!“   Mit einem Kreischen schoss der Flammenvogel in die Höhe. Im Sturzflug schnellte er auf seinen Vater zu. Von Sehnsucht angetrieben, von Groll geleitet. Sein spitzer Schnabel als Waffe eingesetzt.   Doch Whitebeard bewegte sich nicht. Wehrte nicht ab. Blieb einfach stehen. Die Liebe seines Kindes empfangend, die mit Schmerz verbunden. Der Phönixschnabel bohrte sich durch des Vaters Schulter. Ein Brandloch, aus dem dunkler Staub bröckelte.   Asche zu Asche. Liebe zu Liebe.   Und die große Hand fand auf den Hinterkopf seines Sohnes. Drückte ihn näher an sich. Vertiefte ihre Verbindung. Verursachte eine noch tiefere Wunde. „Wenn es das ist, was du möchtest… verletze mich, beschimpfe mich, verfluche mich.“ Whitebeards Lächeln war ein liebendes. „Marco… Nur tue eines nicht: Hasse mich nicht.“   Einen unmenschlichen Schrei stieß das mystische Tier aus. Der Schnabel wandelte sich zurück zur menschlichen Gestalt. Himmelblaue Augen weiteten sich. Sein Herz erlitt Reue. Seine Lehre. Die Tränen des Phönix fielen auf die offene Wunde, schlossen sie. Die oberflächliche. Das Kind krallte sich in den weißen Umhang. „Vater… Verzeih mir, Vater…“   „Ich war niemals wütend auf dich.“   „Du solltest es sein.“ Marco fühlte so. Wut auf sich. „Ich habe dich enttäuscht… Deine Befehle missachtet.“   „In keinem Leben könntest du mir eine Enttäuschung sein.“ Whitebeard schmunzelte. „Mein größter Wunsch ist, dass du frei bist, Marco.“   Marcos Kopf senkte sich beschämt. „Das kann ich nicht sein. Er… Ace… Ich bin an ihn gebunden.“   Eine weiße Augenbraue hob sich. „Du kannst nicht. Oder… du willst es nicht? Deine himmlische Schuld ist längst beglichen.“   „Ich meine nicht diese Art von Bündnis…“ Marcos Murmeln wurde leiser und leiser.   Whitebeard verstand. Und lachte bellend. „Was habe ich nur für einen hoffnungslosen Sohn!“ Seine tiefe Stimme nahm einen ehrfurchtgebietenden Ton an. „Nun gut. Dann suche ihn doch. Suche deinen Schatz!“   „Wie...?“ Marco fühlte es. Wie es von ihm genommen. Seine Kräfte.   „Dies ist mein Abschiedgeschenk an dich, mein Sohn.“ Eine Schicksalskette, deren Anker ausgeworfen. Getrennt, was zusammen. Seine Seele befreit von Himmelsfesseln. Die Begrenzung aufgehoben. Vom Heiligenreich verbannt, im Vaterherzen verbleibend. „Hiermit bist du frei zu gehen, Marco.“   Ein hoher Preis, den er dafür zahlte. Aber ein Vater unterstützte sein Kind auf allen Wegen. „Du musst nicht an mich glauben. Nicht mehr. Nur… vergiss mich nicht, Sohn.“   Marco löste sich auf, gehörte hier nicht mehr hin. Ein sterbender Phönix. Wenn Götterkreaturen dahinschieden, so hieß es, erschufen sie Magie.   Buntes Funkenflimmern rieselte auf Himmelswolken, färbte sie in Gefühlen. Öffneten ein Tor; von Erinnerungen, die Marco einst mit seinem Ewigengefährte teilte. Eine Parallelwelt, wo er ihm begegnen konnte. Ein Tor, das er durchschritt. Auf dem Weg, auf der Suche – Schatzsuche.   „Ich werde dich im Herzen tragen, Vater.“   „Und weg war er…“, das trockene Kommentar Laws. Gefolgt von Pengs; „Hat uns einfach hier oben sitzenlassen.“   Shachi schmollte. „Menno. Erfahren wir gar nicht wie die Lovestory ausgeht?“ Killer besah sich den gutherzigen Menschen. Diese Süße war hochgradig gefährlich. Der eiskalte Todesengel kapitulierte. „Soll ich es dir verraten? Wie die Geschichte weitergeht?“ Shachi jubelte. „Ja, bitte!“   Ins Ohr bekam er sie von Killer geflüstert. Shachis Augen funkelten. „Whoa! Wirklich? Ich wünschte, ich könnte DAS lesen…“   „Shishi. Warum die Geschichte nur lesen, wenn man sie erleben kann?“ Luffy – seinen Strohhut festhaltend - sprang lachend in das Tor, ehe es verschwand. „Ich komm mit! Zu Ace!“ Er lächelte Law zu. „Wir sehen uns in deinem Herzen, Torao!“   Es war der letzte Tropfen, der es entzündete. Teuflischer Zorn. Außer sich wütete das Unlicht.   Ein bestialisches Knurren. Unmenschlicher Naturgewalt. „Warum geht es um jeden, außer mich!“, zürnte der Teufel. Kid rastete aus. „Das ist meine Geschichte! Von mir soll sie handeln!“   „Um mich!“ Zerstörerisches Rot feuerte wie Meteoriten auf himmlischen Boden. Riss Wolken auseinander, stürzte das Himmelreich in Vernichtung. Engel flohen. Licht verfinsterte.   Kids Teufelsaugen manisch. „Genau wie damals, Daddy, was?“, sprach er zu dem, was nur er selbst sah. „Nie hast du mir deine Aufmerksamkeit gegeben. Mich nie beachtet. Immer alle anderen. Deine perfekten Engel. Deine braven Kinder. Was hätte ich sonst tun sollen, huh? Randalieren und zerstören war das, worin ich gut war. Der einzige Weg, dass du mich siehst!“   Der Hass des Teufels... Nach höllischem Gesetz war es Sohnesliebe.   „Du“, sprach Gott sanft, „Du warst meine erste Träne.“ Kid hielt inne. Die Hand gehoben, in welcher der Flammenball erlosch. „Was zum Teufel?“   Die Geschichte, die nie erzählt. Das, was Menschen verborgen geblieben. Hier und Jetzt wurde ihr ein Name gegeben.   Er, dem er als einzigen Sohn in Liebe eingraviert. D.evil the Kid – ohne das Evil, das er sich selbst gegeben. Englisch als Urquell seiner Engel. D. - Dearest : Geliebter.   Dearest My Kid   Wie eine biblische Erzählung erklang Gottes Stimme. „Meine Schöpfungen sind alles andere als perfekt. Das sollten sie niemals sein. Sie sollten leben, lernen, Fehler machen. Mensch sein. Um eines Tages zu mir zurückzukommen, Engel zu werden.“   „So ein Schwachsinn“, murrte Kid, „geistiger Dünnschiss.“   Unbeirrt fuhr der Erzähler fort. Tiefer im Stimmton. Traurig? „Doch Unglaube brachte Menschen vom rechten Weg ab. Die weltlichen Genüsse wurden zu Sucht und Selbstzerstörung.“ Er hat Nüsse gesagt. Hö Hö~ - Kids geistreicher Beitrag.   Ein tiefes Gottes Seufzen von Bedauern. „Ich konnte es nicht mehr mit ansehen, ertrug es nicht; Was meine Kinder sich antaten. Es war unerträglich. Die Zornesträne, die ich zur Erde schickte… Aus Glaube, Liebe, Hoffnung.“ Liebevolle Herzenswärme schnürte Kid die Kehle zu. Verbrennend. „Die Zornesträne. Du. Du entstandest aus ihr. Dein Leben entsprang ihr.“   „B-Bist du bald fertig, alter Sack?“   „Ich habe meine Kinder nicht aufgeben können, niemals. Weil ich selbst nicht tätig werden konnte und durfte – brauchte es einen Vertrauten.“ Ein Lichtstrahl fiel auf den Teufel herab. „...Brauchte es dich, Kid.“ Stille. Ehe Gott verkündete: „Du bist mein Geschenk an die Welt.“   „Du willst mich echt verarschen, huh?!“ Kid bebte vor tiefstem Groll. Hass. So viel Hass für seinen Vater. „Mich? Als dein scheiß Sündenbock?!“, lauter das Brüllen, „schieb dir deine Guter-Vater-Masche in deine rektale Gottverdammtheit-“   Ein heftiges Husten. In Kids Hand pechschwarzes Blut. „Oh Shit. Nicht jetzt!“ Killer war sofort an seiner Seite als sein dunkler Meister zusammenzubrechen drohte. Kid in die Knie gebracht, mit der Faust auf Boden aufgestützt, starrte er Gott nieder. „Verflucht seist du. Verhasst bis in alle Ewigkeit. Ich verkenne dich: Du bist nicht mein Vater.“ Bist es niemals gewesen.   Der Teufel raffte sich auf. Zorn gab ihm Kraft. Bosheit war seine Nahrung. „Wenn ich untergehe“, Kids Grinsen aus blutigen Lippen die Prophezeiung, „nehm ich euch Fickviecher alle mit!“   Dunkler Nebel umhüllte den teuflischen Korpus. Glutfunken stiegen um seinen Körper auf, der mutierte. Zu einer abscheulichen Gestalt – nicht mal ein Vater konnte dies mehr lieben. Kids Gesicht knackte auf. Risse fraßen sich in die Haut, die zu pechschwarzer Asche zerbröckelte. Goldene Augen entbrannten in rotem Höllenfeuer, das ausbrach. Blutrotes Feuer. Ein lautes Knochenknacken kündigte die Flügel an, die seinen Rücken aufbrachen. Das metallische Schimmern der knöchrigen Schwingen, die einen schaurig bösen Bass-Sound von sich gaben. Mit einem mächtigen Flügelschlag fegte der Zorn über die Welt der Engel.   Knisternd fauchten die Feuergeschosse, schmetterten auf Häuser, zerfetzten Wolken, brannten alles nieder. Himmelsbewohner lernten Furcht kennen, wahre Furcht. Kid lachte abartig. „Wo ist nun euer sogenannter Gott?“   Kid sah ihn nicht mehr. Unglaube erblindete ihn. „Zeig dich!“ Ein Knurren der Drohung. „Sonst äschere ich all deine Bastarde ein!“ Weiter und weiter krachten Hass und Groll auf den Himmel nieder. „Traust dich nicht, was? Du feiger Hurenbock-“   Etwas Fühlbares. Es brachte ihn zu Fall. Seine Macht erlosch. So plötzlich, dass es ihn zum Erliegen zwang. Glut wurde zu Asche. Zu Staub. Sein Körper, der zerfiel.   „Shit, sind das Schmerzen.“   Kid war es so leid. Warum half Gott ihm denn nicht, wenn er ihm doch ach so viel bedeutete? Warum ließ er die Hölle und seine teuflischen Diener verkommen? Gott brauchte seinen Sündenbock wohl nicht mehr, warf ihn einfach weg, in den Dreck! Fuck. Kid fühlte sich echt elend. Er hatte sich verausgabt, seine Kraftreserven waren seit Langem aufgebraucht. Nicht nur das Himmelsreich betreten, das ihm Kraft raubte. Sein Machtausbruch war sein letztes Urteil. Er war am Ende mit seinem Latein - ‚defututa puella‘ ; ‚ausgebumstes Ding‘ - fluchte er gedanklich. Das brachte ihn dreckig zum Grinsen.   „Lass- Lass abhauen, Killer“, wandte er sich an seinen Loyalen. Doch der Todesengel schüttelte den Kopf. „Verzeih. Ich habe nicht genug Nekromana übrig. Dein letzter Befehl war überaus kraftaufwendig.“   Kids Befehl, die Menschen zu beschützen.   „Scheiße.“ Wie war das möglich? Warum war Killers Kraft so erschöpft? Es krepierten doch ständig Menschen! Die Pest konnte nicht aufgehalten werden! Warum versiegten nun auch Killers Fähigkeiten? Der Todesengel seufzte. Ob er Penguin bitten sollte-   „Drei Tage“, erinnerte Gottes Nachhall von Überall. Plötzlich wieder da, ne? Unter den Augen der Allmacht fanden sich Law, Penguin und Shachi wieder, „diese drei Lichtbringer haben das weltliche Wunder vollbracht. Den Tod verhandelt, Leben verlängert.“ Das Duo fühlte sich unwohl, machte sich kleiner. Law gab sich völlig unbeeindruckt: „Ich glaube nicht an dich, so fürchte ich dich nicht.“   „Du bist vom Himmel gesegnet“, stellte die Gottheit fest, „und trägst den Fluch der Hölle.“   Law reagierte nicht. „Ich sehe und höre dich nicht“, schritt Law voran, zum liegenden Rotschopf, besah den Teufel, den er mit seinem Schuh anstieß. „Steh auf.“   Kids Augen brannten Law nieder. „Fick dich. Von dir lass ich mich nicht befehlen.“ Er konnte sich nicht rühren.   „Beliebt es dir eher, dort im Schmutz liegenzubleiben?“ Law seufzte. „Du gibst ein bemitleidenswertes Bild ab, Teufel.“   Kid öffnete seinen Mund zum Gegenfeuer, doch jedes Wort blieb ihm im Hals stecken. „Wie hast du mich genannt?“   Wieder dieses Gefühl. Es knallte wie der irdische Mond in dessen voller Größe in Kids Brust. Kerzengerade setzte er sich auf. Sein Körper gehorchte ihm wieder. Kraft erhalten. Kids Augen versanken in Laws. Ankerten darin.   Kid schluckte. Einmal, zweimal. Un-fucking-fassbar. Das, was er fühlte... Es war- „Du glaubst an mich, Law?“ -Glaube.   Wortlos kniete Law sich neben ihn, griff nach Kids Arm und legte ihn sich um die Schulter, hob ihn hoch. Keine Antwort. Kein Abstreiten. Law nickte den umherstehenden Gaffern lässig zu.   „Wenn ihr mich nun entschuldigen würdet“, schritt er mit Kid voran. „Ich habe eine Schuld zu begleichen.“ Für den Schutz des Todesengels auf fürstlichem Geheiß. Und die Heilung in Big Moms Lande. Denn nichts war schlimmer, als in teuflischer Schuld zu stehen.   Kids Grinsen war auf seinen dunklen Lippen festgetackert. Law benötigte viel Willenskraft, um dies zu ignorieren.   „Shachi“, rief er seinen Kameraden, der ihm mit einem Lächeln begegnete.   „Tadaaa~“, präsentierte Shachi sein neuestes Kunstwerk. Penguin grinste fassungslos. „Dein Ernst?“   In seinem Alleinsein und aus Langeweile hatte Shachi es gebastelt; Einen gigantischen Traumfänger aus zig Engelsfedern. Ein Portal, das sie von hier wegbringen konnte. Doch wohin? Was war ihr Ziel?   „Finden wir es heraus!“ Shachi sprang als Erster. Gefolgt von Law samt Kid im Schlepptau. Nur Killer und Penguin blieben zurück. Der Todesengel lächelte in kalter Verführung.   „Möchtest du dich auch bei mir bedanken?“   Penguins erster Impuls war der Hechtsprung ins Portal. Doch er hielt inne. Seine Augen wanderten forschend über das Gesicht, das von blondem Haar bedeckt. Ein Wind des Schicksals wehte die Strähnen zur Seite, entblößte das Lächeln. Es war so warm.   Penguin stutzte. „Sag... kennen wir uns?“   Killer schloss die Augen. „Dies ist nicht die korrekte Frage. Sie lautet: Kennst du mich?“ Erkennst du mich.   Furcht war keine Emotion, die der Todesengel empfinden sollte. Doch war es diese Antwort, vor der er sich fürchtete. Killer hatte Zugriff zum Allwissen. Nur dies traute er nicht zu lesen.   Penguin flüsterte; „Tut mir leid.“   Es schmerzte ihn. Killers Lächeln verkümmerte. „Dies ist nicht dein Verschulden-“   Wärme. Leben. Lippen fanden auf Killers Wange. Dort, wo zuvor noch die Träne geflossen. Killers Augen öffneten sich schlagartig. Doch der Mensch war schon im Portal entschwunden. Gewiss war er dies.   Das Wispern des dunklen Engels gravierte die Unendlichkeit. „Ich folge dir. Durch Hölle und Himmel. Leben und Tod. Bis dass die Ewigkeit uns scheidet.“   . . .   So machten sich die fünf Reisende auf ihren gemeinsamen Weg. Und der Himmel erstrahlte in neuem Licht. Das einstige Feuer des Teufels wurde zu Asche, die auf die Wolken niederfiel. Nährboden für einen Neubeginn.   Denn ein D. zerstört nicht – Es erschafft neu. Days… Dreams…   Disaster.         Währenddessen an einem Ort, den niemand je betreten sollte.   „Fu Fu Fu~“ Ein dunkles Lachen hallte durch den leeren Raum, der alles verschlang. Ein Lächeln, das alles verpestete. Drahtige Finger drehten die goldblonde Feder, die sie an der neuen Buchseite anlegten.   „Corazon… mein geliebter Bruder.“ Hinter der verdunkelten Brille warf er einen Blick auf das gläserne Gefäß. In ihm pulsierte es. Das Andenken an seinen Bruder. Zusammen mit der Feder, die er übers ewig währende Pergament führte. „Wollen wir sehen, wie dein Schützling in dieser Geschichte endet, hm?“   Das Kratzen der Federspitze gab eine schaurige Melodie kund.   Das Lied vom Tod, der Schrei des Schicksals.   Trafalgar D. Water Law. Dessen D. umgeschrieben.   „Sei des Todes.“   . . .   „Killer?“ „Hm?“ „Gib mir mal ne Todesfeder.“ „Sehr wohl, Meister. Wofür…?“   D̷ i̷ e̷ – 𝕯𝖊𝖛𝖎𝖑 Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)